Crescent Moon 2 von abgemeldet
(Zeit der Stille)
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Kapitel 6: Lange Tage (Teil 2)
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Lange Tage (Teil 2)
Als Mahiru am nächsten Morgen die Treppe zum Gastraum hinunterging, waren keine
Spuren der nächtlichen Party mehr zu sehen, außer die sich unter Katsuras
Augen zeigten. Über Nacht hatte sie sich in Shion verwandelt, sie war von Frau
zu Mann geworden. Bei den Gästen hieß ihre männliche Identität Shion und war
der Zwillingsbruder von Katsura. Shion sah Katsura in soweit ähnlich, dass er
wie sie blonde, lange Haare hatte, die er immer im Zopf trug, und natürlich die
Augenfarbe, die von einem satten Grün war.
Unter seinen Augen waren tiefe, dunkle Ringe, und er schlurfte mehr durch die
Bar als das er ging. Mahiru musste ein Kichern unterdrücken, trat hinter die
Theke und band sich eine Schürze um. "Hat es noch solange gedauert?", fragte
sie lächelnd, als sie einen Spüllappen nahm und begann, die ersten Tische
abzuwischen.
"Irgendwann in den frühen Morgenstunden sind sie gegangen... Ich und Nozomu
haben sie kaum raus bekommen. Am Ende hätten sie hier noch übernachtet... Wenn
sie nicht so gute Musik machen würden, hätte ich glaub ich..." Shion musste
den Satz nicht beenden, den Mahiru wusste, was er sagen wollte. Sie quittierte
es mit einem Lächeln.
Wenig später kam Nozomu die Treppe herunter. Er sah wesentlich erholter aus als
Shion, was vermutlich daran lag, dass die Nacht seine eigentliche Tageszeit
darstellte, weil er ein Vampir war.
Gut gelaunt wie eh und je nahm er einen zweiten Spüllappen und arbeitete sich
von der anderen Seite der Bar hindurch indem er die Tische wischte, bis er und
Mahiru sich in der Mitte trafen. "Warum bist du gestern so schnell hoch? Es
wurde noch richtig lustig..." "So was ist einfach nicht mein Ding", erklärte
Mahiru. "Und es tut mir auch leid, das sagen zu müssen, aber ich mag diese vier
Leute nicht so ganz." "Wieso? Sie sind so nett wenn man sie näher kennt..."
"... und nicht meine Sache!", wiederholte Mahiru und ergänzte somit Nozomus
Satz. Sie knüllte ihren Spüllappen zusammen und streckte sich. Heute würde
eine Zahl von Aufgaben auf sie warten; unter anderem Einkaufen. Dazu würde sie
gleich eine Freundin aus ihrer Schulzeit, Midori Kazue (*sorry, weiß nicht mehr
wie sie richtig heißt T___T*), abholen.
Mit einem Gähnen zog sich Mahiru die Schürze aus und legte sie auf einem der
Tische ab. "Ich mache jetzt Frühstück. Wer will was?"
Während Mahiru für Shion und Nozomu Eier briet, ging Nozomu hinaus zum
Briefkasten. Es war ein schöner, sonniger Julitag, und ein azurblauer Himmel
wölbte sich über Tokio. Da die Bar in einem eher ruhigeren Teil der
japanischen Großstadt lag, hörte man kaum den Autoverkehr, der zu dieser Zeit
rege auf den breiten Straßen herrschte. Das hohe, aus weißen Steinen erbaute
Gebäude mit einem Flachdach, in dem sich die Moonshine-Bar befand, lag in einer
Straße die umgeben war von Mauern. Diese Mauern begrenzten einzelne
Grundstücke und über sie hinweg wuchsen grüne, breite Büsche und hohe
Bäume.
Als Nozomu den Briefkasten öffnete, entdeckte er dort einen einzelnen Brief,
der aus einem dicken, pergamentartigen Papier bestand. Verwundert zog er ihn
hinaus und drehte ihn in der Hand. Aber bis auf die Briefmarke stand nichts
darauf; nicht die Adresse der Bar oder irgendein Absender. Einige Sekunden lang
starrte Nozomu regungslos auf den Brief, bis er sich entschloss, zurück in die
Bar zu gehen und ihn Shion zu zeigen.
Dabei bemerkte er nicht den schwarzen Schatten, der auf einer der Mauern entlang
balancierte, und ihn mit übergroßem Interesse beobachtete.
"Schau dir das an, Shion!", sagte Nozomu, und drückte ihm den Brief in die
Hand. Shion gehörte zur Rasse der Alptraumdämonen, aber in der Art, wie er den
Brief anschaute, dachte man, er habe selbst grad einen Alptraum gehabt.
"Wo hast du den her?", fragte er halb entgeistert, und Nozomun antwortete: "Er
lag im Briefkasten. Wieso?" "Er kommt aus Kyoto, vom Mondpalast." Bei diesen
Worten musterte Nozomu Shion erstaunt, aber als er etwas sagen wollte, hob Shion
die Hand und gebot ihm zu Schweigen. "Er muss von größter Wichtigkeit sein!
Weil unter anderen Umständen hätten sie uns einen Abgesandten geschickt...
also persönlich die Nachricht überbracht... Doch dieser Brief zeugt davon,
dass sie dazu keine Zeit dazu hatten..." "Woher willst du wissen, dass er vom
Mondpalast ist?" Nun mischte sich Mahiru ein. Mit einer Hand stützte sie sich
auf dem Tisch auf, an dem Nozomu und Shion standen, und blickte Shion fragend
an. "Es steht nichts darauf, dass er aus Kyoto kommt oder sonst etwas.
Vermutlich ist es nur Werbung, die jemand eingeworfen hat und sie nicht gleich
als Werbung zu erkennen geben wollte... Darf ich mal sehen?" Ohne eine Antwort
abzuwarten zog sie Shion den Brief aus der Hand und öffnete ihn ohne Skrupel.
Heraus fiel ein einziges Blatt mit einer hohen, steilen Handschrift, die sich
über die Hälfte dieses Blattes zog.
Das Blatt segelte leise raschelnd zu Boden, und als sich Mahiru danach beugte,
um es aufzuheben, bewegte es sich wie von einem sanften Windstoß getrieben fort
von ihrer Hand. Sie versuchte noch zweimal, nach dem Blatt zu greifen, bis Shion
sie leise lachend zur Seite schob und selbst danach fasste. "Du wirst dieses
Blatt nicht kriegen, Mahiru!", sagte er, und hob es auf. "Dieser Brief ist aus
dem Mondpalast, und der Zauber, der auf ihm liegt, erlaubt es nur einem
Angehörigen unserer Rasse, dieses Papier zu berühren. Das eben war der Beweis
dafür." Beleidigt verschränkte Mahiru die Arme. "Nach all der Zeit vertraut
ihr mir noch immer nicht?" "Es liegt nicht daran, dass du es bist, sondern dass
du ein Mensch bist.", erklärte Shion.
"Dürfte ich dann wenigstens den Inhalt des Briefes erfahren? Denn es ist schon
sehr untypisch, dass die Lunar-Rasse einen Brief schreibt, denke ich, oder? Wenn
sie uns irgendeine Botschaft senden wollten, hätten sie Misoka oder Meister
Oboro oder Masumi geschickt..." "Lass ihn erst Shion lesen. Er soll entscheiden,
ob wir beide es hören dürfen, Mahiru.", warf Nozomu.
Shion begann den Brief zu lesen. Er verzog dabei keine Miene, und gab so keine
Zeichen darauf, was für ein Inhalt der Brief besaß.
Erst nach Minuten senkte Shion den Brief ab und runzelte die Stirn. "Das ist
sehr ungewöhnlich!", bemerkte er, und seine Augen huschten noch einmal über
einige Zeilen, um auch richtig deren Inhalt zu erfassen. "Was denn?", erkundigte
sich Nozomu interessiert. "Das Schreiben stammt tatsächlich aus Kyoto. Aber es
haben weder Meister Oboro, noch Misoka oder Masumi aufgesetzt... nicht einmal
ein niederer Diener oder dergleichen. Dieser Brief ist von Kaiser Shirogane
direkt an uns gerichtet. Er betrifft uns alle, soviel ich verstehe, auch dich,
Mahiru. Denn Shirogane nennt dich bei deinem offiziellen Titel: Nachfolgerin der
Prinzessin." "Dann kannst du ja auch sagen, was drin steht!", verlangte Mahiru.
"Ich lese ihn vor, das ist besser.", sagte Shion und begann, den Brief
vorzulesen:
An Katsura Shion, Vorsteher der Außenstelle in Tokio und Alptraumdämon,
an Nozomu Moegi, Vampir und Untergebener von Katsura Shion,
an Mitsuru Suou, Tengu und Untergebener von Katsura Shion,
an Mahiru Shirashi, Nachfolgerin der Prinzessin und Mensch
Wie die Dame Masumi berichtete, wurde vor einiger Zeit ein magisches Artefakt
aus dem Kronschatz geraubt, der sich in dem Schrein befindet, wo die Tränen des
Mondes aufbewahrt werden. Man maß dieser Reliquie keine große Bedeutung zu,
nur deswegen, weil sie Teil des Kronschatzes ist und einst als Machtsymbol für
meine Familie verwendet wurde.
Euch wurde die Aufgabe zugeteilt, das Artefakt zu suchen, sobald der Werwolf
Akira Yamabuki wieder nach Tokio zurückgekehrt ist. Wie wir erfahren haben,
wird Akira in zwei oder drei Tagen eintreffen. Zwischenzeitlich haben auch
Meister Oboro, mein Onkel, und sein Gehilfe Misoka einiges über dieses Artefakt
herausfinden können.
Wie die Dame Masumi euch erzählte, handelt es sich um ein Schwert, dass nur
noch im historischen Sinne wertvoll ist, wie wir zuerst dachten. Seltsam war
nur, dass der Dieb, dessen Identität wir bis heute nicht kennen, erstens in den
Schrein ohne Probleme gelangen konnte, der der best geschützte Ort im Palast
ist, und zweitens ohne Spuren zu hinterlassen wieder hinauskam und sich nur an
diesem Artefakt, und nicht an den Tränen des Mondes, die unsere wahre Stärke
darstellen, vergriff.
Dahinter vermutete Meister Oboro, dass diesem Schwert eine größere Bedeutung
zukommt als zuerst angenommen.
Die Nachforschungen ergaben jedenfalls, dass dieses Schwert in der 1. - 5.
Dynastie meiner Familie "Zeitenklinge" genannt wurde und anscheinend einen
mächtigen Zauber in sich trug, dessen Natur uns noch unbekannt ist. Bis zur 5.
Dynastie wurde "Zeitenklinge" als äußerliches Machtsymbol meiner Familie
genutzt, wie es in alten Quellen steht. Warum sie dann abrupt nach der 5.
Dynastie verschwand, und ihr Name nicht mehr auftauchte, ist ungewiss. Misoka
fand nur einen einzigen Vers, der darauf hindeutet:
,In alten Zeiten verklang
ihre Stimme,
als Mächtige sie zerbarsten.
Gebrochen und blind
sucht sie ihren
Weg.
Beraubt ihrer Stärke
sie einst einhüllte
wie ein schützendes
Schild. Sie verkündet Unheil
des Kaisers Geschlecht,
erstarkt sie neu und ihrer Rache
geführt durch des Bastards Hand,
wird gerichtet gegen das Reich.
So bewegt man sie, sich selbst
zu dienen.'
Es ist undeutlich, welche Kräfte ihr zugeschrieben werden, sicher ist aber,
dass man anscheinend diesen Zauber, der auf ihr lag, brach. Warum und weshalb,
wie schon erwähnt, konnten weder Meister Oboro noch Misoka herausfinden.
Aber alleine dieser Vers reicht, um uns wissen zu lassen, dass diese Waffe nicht
ganz so harmlos ist. Sie muss gefunden werden. Diese Pflicht obliegt Euch.
Sobald Akira zurück ist, beginnt eure Aufgabe.
Ihre Majestät, Kaiser Shirogane
Nozomu seufzte schwer, nachdem Shion geendet hatte. Er hatte Schwierigkeiten
erwartet - aber das auf eine Sache wie bei den Tränen des Mondes herauslief,
hatte er nicht gedacht.
Er nahm Shion den Brief ab und las ihn selbst noch einmal durch, während Mahiru
versteinert am Tisch stand und bleich war wie der Mond im Gesicht.
"Es ist, als würde es von vorne anfangen!", murmelte sie, und blickte Shion ein
wenig schockiert an. "Oder etwa nicht?" "Wir werden tun, was unser Kaiser
verlangt", erklärte Shion, "und was du tust, bleibt dir überlassen. Als Mensch
muss du ihm nicht gehorchen, aber vielleicht als fühlst du dich als
Nachfolgerin der Prinzessin uns verpflichtet."
"Wo denkst du hin! Natürlich helfe ich euch... ungeachtet dessen, ob ich
Prinzessin oder sonst etwas bin!", beschwerte sich Mahiru, jedoch sah man ihr
die Anspannung deutlich an.
Allerdings hatte die Sache ein Gutes für Mahiru: Akira würde nach Tokio
zurückkommen. Sie rechnete nach, wie lang sie ihn nicht gesehen hatte -
bestimmt über ein Jahr und länger. Und das er nun in 2 bis 3 Tagen hier
eintreffen sollte...
"Was tun wir ohne Misoka? Meinst du, Shion, er ist so unabkömmlich in Kyoto? Er
wäre uns sicher eine große Hilfe!", sagte Nozomu nachdenklich. "Zur Not kommen
wir auch ohne ihn zurecht. Wenn doch nicht, lassen wir einfach nach ihm
schicken.", bemerkte Shion. "Gut."
"Ich würde vorschlagen, wir frühstücken jetzt erst einmal, bevor weitere
Entscheidungen getroffen werden!", schlug Mahiru währenddessen vor. "Ja, ich
denke, dass ist eine gute Idee."
PS: Für eventuelle Fehler, was Aussehen, Namen, Beschreibungen usw. angeht:
Sorry! Leider kann ich nicht immer ganz genau nach dem Original gehen. Ich
versuche in Zukunft, solche Fehler zu umgehen! Falls jemanden etwas auffällt,
kann er mir gerne bescheid sagen.^^
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