Kurzgeschichtensammlung von Lissekatze ================================================================================ Linkas Story ------------ Sie hat im Grunde zwei Teile, aber natürlich poste ich hier jetzt beide gleichzeitig. ^^ Aber sie ist in zwei Sinnesabschnitte aufgeteilt, ihr werdet merken warum, sobald ihrs durchgelesen habt ^^ *~*~*~*~*~* Der letzte Weg Linka, einst stolze Alphawölfin eines starken Rudels, war nun nichts weiter als ein Schatten ihres früheren Seins. Durch den Verlust zwei ihrer Welpen und ihrem Gefährten hatte sie nur allzu verständlicher Weise die Trauer übermannt gehabt. Eine Trauer, aus der sie in ihrem Leben nicht mehr rausfinden konnte. Ihr fehlte die Kraft, der Glauben an sich selbst. Langsam, Pfote vor Pfote setzend, schleppte sich die frühere Alphawölfin des Windrudels, den steinernen Weg entlang. Hinauf zu der Höhle ihrer Vorfahren. Zum Berg ehemaliger Führer. Zu Kiras Berg. Linka hob lächelnd die schwarzen Wolfslippen hoch. Es war ein trauriges Lächeln. Eines, das vergangenen Zeiten galt, die sie nie wieder würde erleben können. Der Berg. Nun würde er einen neuen Namen bekommen, das wusste die Alpha. Genauso war es auch gewesen, als ihr Großvater gestorben war und ihr Vater diesen Platz eingenommen hatte. Nun würde es wieder so sein. „Alles wiederholt sich. Wieder und wieder und mit mir wird sich dieser Kreis nun endlich schissen", murmelte sie halblaut vor sich hin, stolperte jedoch bei diesen Worten über Geröll. Ob Linka wusste, welche Bedeutung ihre Worte hatten, war ungewiss. Sie hatte sie einfach nur so dahin gesagt. Es war nur ein Gedanke, von einer trauernden Mutter. Vielleicht hatte ihr Vater oder auch ihre Mutter den selben Gedanken gehabt, bevor sie hier rauf gekommen waren. Die Wölfin war einige Zeit lang liegen geblieben. Sie wusste nicht, wie lang sie gelegen hatte, denn es interessierte sie nicht. Doch nun richtete sie sich mühsam wieder auf, um zu der Höhle ihrer Eltern zu kommen ... Nein, zu IHRER Höhle. Ihrem neuen Heim. Oben angekommen blies ihr der Wind stark entgegen. Fast so, als ob er sagen wollte, sie dürfte noch nicht hier sein. Das Linka noch nicht bereit dazu wäre, das sie noch unten im Tal gebraucht wurde. Doch die Weißbraune ignorierte dieses Zeichen. So sehr in Gedanken vertieft, hielt sie es nur für den üblichen rauen Wind, der immer auf dieser Anhöhe wehte. Linka schnüffelte mit halb geschlossenen Augen die Umgebung ab und genehmigte sich dann einen Schluck, aus dem kleinen Bach. Während sie trank, schielte sie ins Tal. Dieser kleine Bach wurde zu einem großen Fluss und mündete in den Sternensee, an welchem ihr Rudelplatz gewesen war. Mit einem Seufzen streckte sie ihre Glieder und begab sich in das Innere der Höhle. Prüfend hob die Wölfin die Schnauze, konnte jedoch nichts gefährliches Wittern. Der Duft ihres Rudels hing in der Luft, die Höhle war wie immer, bis auf die Tatsache das sie nun der einzige Bewohner hier sein würde. Ihre Augen suchten die Umgebung ab und blieben an dem altem Schlafplatz ihres Vaters hängen. Dort wuchs Moos. Im Inneren der Höhle wuchs Moos! Linka stutzte. Wieso war ihr das früher nie aufgefallen? Wo die Körper ihrer Eltern waren, fragte sie sich jedoch nicht. Sie wusste, das diese wahrscheinlich schon längst von den Pumas der Berge verschleppt worden waren. Doch sie machte sich keine Sorgen. Keiner der Pumas hatte es je gewagt einen lebendigen Wolf anzugreifen und sie vertraute darauf, das es auch weiterhin so bleiben würde, weshalb sie es sich auf dem weichen Moos bequem machte und einschlief. Es war kein friedlicher Schlaf. Jede Nacht wurde Linka von Albträumen geplagt. Sieh sah den Bären wieder vor sich. Jenem hatte sie die Augen weg gekratzt, aus Wut, das er ihre Welpen und ihren Gefährten Ares auf dem Gewissen hatte. Doch der Bär war tot, was wollte er also noch in ihren Träumen? Sie wünschte sich sehnlichst, das auch die Bären ein Lied der Trauer kennen würden, damit jemand um sie weinen würde und sie das Land der Lebenden verlassen konnten. Wie Wölfe und wie sie es schnellstmöglich wollte. Es waren nun schon einige Tage vergangen und die ehemalige Alphawölfin des Windrudels lag, wie so oft in ihrem Moosbett und starrte auf den Eingang der Höhle. Auf einmal hörte sie Pfotenklappen auf dem felsigen Untergrund. Linka sah nicht auf, hob weder den Kopf, noch richtete sie ihre Ohren in die Richtung des Höhleneingangs. Sie kannte dieses Schrittmuster und wusste, wer sie da besuchen kam. „Hallo Mami, guck mal. Ich hab dir einen Hasen mitgebracht!“, hörte sie die Stimme ihrer jüngsten Tochter, Shadow. Stolz klang in ihren Worten mit und als die Hellbraune zu ihr sah, musste sie schmunzeln. Shadow kam näher und legte den erlegten Hasen vor ihrer Mutter hin. „Das hast du gut gemacht, kleine Schatten“, entgegnete Linka freundlich, doch ihre Stimme klang dabei unendlich erschöpft. „Mama!“, fiepte Shadow entrüstet und baute sich vor der alten Wölfin auf. „Es heißt She – do!“ Sie betonte es extra, setzte sich dann neben ihre Mutter und blickte sie an. „Außerdem bin ich nicht mehr klein. Bin schon fast erwachsen!“, fügte die Dunkelbraune hinzu und schleckte ihrer Mutter an der Schnauze. „Ja, das weiß ich doch, aber für mich bleibst du immer, meine kleine Schatten". Shadow, die dazu nun nichts mehr sagen konnte, begann von ihrer aufregenden Jagd auf den Hasen zu erzählen, doch Linka hörte ihr kaum zu. Sie dachte nach. Über ihren verstorbenen Gefährten und über Shadows Wurfgeschwister. Wäre sie doch nur rechtzeitig da gewesen. Wären sie alle rechtzeitig da gewesen, dann würde möglicherweise noch das ganze Rudel am Leben sein und ... alle Welpen. So verging ein weiterer Tag und Shadow machte sich auf den Weg ins Tal. Zurück zum Rudel, obwohl sie viel lieber bei ihrer Mutter geblieben wäre und das wusste Linka auch nur zu gut. Doch sie wollte nicht, das ihre Tochter zusah, wie die ehemalige Alphawölfin ihr Leben verlor. Sie wusste, nicht mehr lange und es würde so weit sein. Ob gewollt oder vom Schicksal bestimmt. Am nächsten Morgen wachte die Hellbraune relativ früh wieder auf. Es war eine traumlose Nacht für sie gewesen. Es war der erholsamste Schlaf, den Linka seit langem gehabt hatte. Langsam stand sie auf und streckte sich. Ohne auf ihre Umgebung zu achten, wie es Wölfe eigentlich normalerweise machen würden, verlies sie ihren Schlafplatz und ging zum kleinen Bach um etwas zu trinken. Doch noch bevor ihre Schnauze das Wasser berührte, hörte sie auch schon ein lautes Knurren. Instinktiv legte sie die Ohren an und sah in jene Richtung, aus der es kam. Dort entdeckte sie einen Puma, welcher sie mit einem grimmigen Blick beobachtete. „Du hast wohl Hunger“, sagte Linka leise, zeigte dabei jedoch keine Angst. Sie fühlte sich bereit, doch ... „Glaub ja nicht, das sich eine Alphawölfin einfach kampflos ergeben wird!“, rief sie plötzlich laut und ihre Stimme schien wieder an Kraft zu gewinnen. Der Puma verschwendete keine weitere Zeit und stürzte sich fauchend auf die hellbraune Wölfin, welche jedoch geschickt auswich. Mit einem Knurren fiel nun Linka die große Bergkatze an und verbiss sich in seine Schulter. Der Kater jaulte laut auf, doch biss auch er sogleich zu und zwar direkt in eins der Hinterbeine von der Wölfin, riss sie herum und schleuderte Linka von sich weg. Sie winselte schmerzvoll auf, doch war noch lange nicht besiegt. Stattdessen lief sie nun wieder auf den Puma zu, verbiss sich in dessen Hals und brach dem Kater somit das Genick. Linka lies den Kater los und beobachtete, wie sein Blut in den Bach überging. Sie selbst hatte nur das rechte Hinterbein einbüßen müssen, dennoch wusste sie, das es auch mit ihr bald vorbei sein würde. Zu sehr hatte sie sich in diesem letzten Kampf verausgabt gehabt. Noch bevor der Puma ganz ausbluten konnte, schob die Wölfin ihn über die Klippe, wo sein Körper in die Tiefe fiel. Sie wollte nicht, das dieser Platz, als solch ein Friedhof enden würde, obwohl er doch schon seit Urzeiten nichts anderes gewesen war. Langsam drehte sie sich um und ging wieder zu ihrem Schlafplatz, wo sie sich bequem hinlegte und die Augen schloss. Linka fühlte schon, wie die Kälte sich langsam durch sie hindurchfraß und sie einzuschläfern suchte. „Es tut mir Leid“, flüstere sie und öffnete noch einmal kurz die Augen. „Ich hätte euch beistehen müssen, ich hätte die letzten Monate ich selbst sein müssen, doch ... Ich wollte einfach nicht einsehen. Verzeiht mir.“ Die Wölfin schloss wieder die Augen, doch diesmal ... Sie machte ein paar letzte Atemzüge. Gleichmäßig, immer weniger, bis sie schließlich ganz still und friedlich dalag. „Wo bin ich?“ Langsam öffnete Linka ihre Augen und sah sich um. Alles war wie immer. Das Mondlicht fiel ins Höhleninnere und erhellte die kahlen Wände mit blauem Licht. Etwas unsicher richtete sich die Wölfin auf und erschrak. Sie fühlte sich leicht. So leicht, wie schon lange nicht mehr. „Was ist passiert?“, fragte sie verwirrt und trat einen Schritt nach vorne. Sie erinnerte sich genau an den Puma. Sie hatte ihn getötet. Ihre letzten Kraftreserven verbraucht, müsste sie dann nicht ... Ruckartig drehte sich die Hellbraune um und erstarrte. Auf dem hell beleuchteten Moos lag ihr Körper. Friedlich, als ob sie schlafen würde. „Also, ist es tatsächlich ..." Nein, sie wollte es nicht aussprechen. Allein der Gedanke reichte aus, um es zu akzeptieren. Sie war gestorben. Immer noch etwas unschlüssig stand Linka da und sah zu ihrem irdischen Körper hinab. Musterte ihr Fell genau, welches ganz verfilzt und verdreckt war. Sie war ausgemagert gewesen und so unglaublich dünn. Mit Abscheu drehte sie sich um. Wieso war ihr das zu Lebzeiten nicht aufgefallen. Sie hatte sich gehen lassen, wie nie zuvor. Traurig erinnerte sich Linka an ihre Vergangenheit. Bevor sie ihren Gefährten verloren hatte. Wie fröhlich sie gewesen ist und so schön, wie eine Wölfin nur sein konnte. Doch nach dem Angriff des Bären war ihr Stolz gebrochen gewesen. Sie war wütend auf sich selbst. So wütend ... Hastig drehte sie sich wieder um und stürmte zum Höhlenausgang, wo sie jeh stehen blieb. Auf dem Felsvorsprung lagen Wölfe. Ein paar ihrer Nachkommen, welche fest schliefen, dabei eng beieinander liegend. „Shadow ... Shio und … Kanya ...“ Letzterer schenkte sie einen warmen, liebvollen, aber zugleich auch entschuldigenden Blick. „Liebe Kanya ... verzeih mir.“ Linka setzte sich neben die braune Wölfin und beobachtete sie beim Schlafen mit einem traurigen Lächeln. „In der letzten Zeit habe ich dir so wenig Beachtung geschenkt. Viel zu wenig und es tut mir unendlich Leid ...“ Wie sehr wünschte sich die frühere Alphawölfin, das Kanya sie hören würde. Sie wollte sich für ihr Verhalten entschuldigen. Kanya war als Einzige nicht in das Rudel hineingeboren worden. Linka hatte sie gefunden gehabt und ihr versprochen ihre Mutter zu sein. Die Hellbraune stand wieder auf und strich mit ihrer Schnauze durch das Fell von Kanya. Eigentlich dürfte diese es gar nicht spüren, dennoch öffnete sie für kurze Zeit die Augen und sah Linka verschlafen an. „Mama?“, fragte sie leise. Die ältere Wölfin war sehr überrascht, doch sie lächelte. „Ja, schlaf weiter, meine kleine Kanya“, sagte Linka sanft und stupste die Braune an, welche ihren Kopf wieder hinlegte und sofort wieder einschlief. Mit einem Lächeln wendete sich die ehemalige Alphawölfin zu Shadow, welche in der Mitte von den Dreien lag. „Meine, kleine Schatten ... ich weiß du bist stark ... höre trotzdem immer darauf, was Kanya dir sagt. Sie ist deine große Schwester und deine Patin." Ob Shadow ihre Worte hörte, wusste Linka nicht, doch sie wollte zu jedem ihrer Schützlinge noch ein paar letzte Worte sagen. Als Abschied. So kam sie auch zu Shio. Er war der einzige Welpe im vorletzten Wurf gewesen, deshalb war Linka um ihn besonders besorgt. „Mein lieber Shio ... Alle haben jemanden, nur du bist allein. Aber ..." Linka blickte zur Seite, genau zu Kanya. „Ihr seid gemeinsam aufgewachsen ... ihr seid euch so ähnlich ... Bitte beschütze meine kleine Kanya ..." Mit diesen Worten begab sich Linka ist Tal. Zu den letzten beiden Wölfen ihres früheren Rudels. Zwei Geschwister: Mik und Shana. Die beiden hatten nach Linkas Abtritt, die Führungsposition übernommen gehabt, deshalb fand die Wölfin sie auch am Alphafelsen vor. Dieser war am Rudelplatz, welches sich am Sternensee befand. Dort schliefen die beiden, Seite an Seite, friedlich nebeneinander. Linka musste lächelnd, als sie die beiden so sah. „Auch euch muss ich alleine zurück lassen, doch ich bin überzeugt, das ihr das Rudel gut leiten könnt, so das in Zukunft die Windwölfe wieder stark werden. Tut mir Leid, das ich euch dabei nicht mehr helfen kann.“ Als der Morgen begann, saß die Hellbraune am Ufer der Mündung des Flusses zum See. Sie beobachtete, wie Mik und Shana sich auf den Weg zum Bergpass machten. Sie hoffte, das die beiden ihren Tod den drei Jüngeren schonend beibringen konnten. Linka saß sehr lange dort. Sie wartete das ihre Kinder für sie bald singen würden, damit sie ihren Gefährten endlich wiedersehen konnte. Irgendwann war es Abend geworden und ihr kleines Rudel war wieder im Tal. Linka ging nicht zu ihnen, während die wenigen Wölfe sich einander pflegten und trösteten. Sie wusste, das sie es spüren würden, wenn ein Geist in ihrer Nähe wäre. Und es war nur zu oft, ein eher unangenehmes Gefühl, egal ob der Geist freundlich gesinnt war oder nicht. Erst, als die fünf Wölfe ihre Schnauzen zum Himmel hoben, um das Trauerlied anzustimmen, erhob sich auch die ehemalige Alphawölfin und lief in ihre Nähe. Sie hörte stumm der Melodie zu. Beobachtete jeden Einzelnen und ihr Blick, blieb zum Schluss an Kanya hängen. „Ich muss mich bei ihr entschuldigen ... ihr Kraft geben ...“, murmelte sie leise zu sich selbst. Langsam ging Linka zu der Braunen und wünschte sich, das Kanya, sie nun sehen konnte ... ein letztes Mal. „Kanya!“, sagte Linka laut, doch zunächst reagierte die Jungwölfin nicht. „Kanya!“, rief Linka nochmals und es wurde still um sie. Die Wölfe hatten aufgehört zu singen. Verwundert blickte Linka sich um, und musste feststellen, das die Wölfe in der Zeit stillstanden. Alle ... bis auf Kanya. „Ma ... Mama?“, fragte Kanya verwundert. Linka wurde von einem Licht umfasst, was es ihr Recht schwer machte, Kanya zu erkennen. Doch der Jüngeren ging es wohl ähnlich, denn diese kniff die Augen zusammen. Linka wusste instinktiv, das sie nun sehr bald diese Welt verlassen musste, deshalb wollte sie schnell noch ein paar Worte an Kanya richten. Auf die Frage, der jüngeren hatte sie nur lächelnd genickt. „Bitte pass gut auf Shadow und die anderen auf. Sie werden dich brauchen. Besonders Shio." Linka verstummte für einen Moment. Eigentlich hatte sie vorgehabt, sich zu entschuldigen, aber nun fing sie mit sowas an. Das Kanya auf die anderen aufpassen sollte. Doch, auch das war wichtig, also redete sie weiter. „Er wär sonst ganz allein, wenn du nicht mehr bei ihm bist", erklärte Linka mit einer liebevollen Stimme und versuchte sich an ihre Tochter zu schmusen. Sie wusste, das Kanya es nicht richtig spüren konnte. Auch Linka nahm es nicht wirklich wahr. Es war mehr ein Symbol. „Ja, aber kannst du denn nicht zurückkommen?", hörte sie unerwartet Kanya winseln. Linka entfernte sich wieder von ihrer Tochter und schüttelte betrübt den Kopf. „Nein. Leider nicht. Meine Zeit ist gekommen.“ Wie sehr wünschte sich Linka in jenem Moment, das sie wieder zurückkommen konnte, doch leider war dies nicht möglich und das verstand sie auch. Das Licht um sie herum wurde stärker und sie spürte, wie ihre Pfoten den Bodenhalt verloren. „Auf Wiedersehen Kanya. Ich hoffe das ihr alle glücklich werdet“, sagte Linka noch rasch, bevor sich die Zeitstarre wieder löste und sie nun hinauf zum Sternenhimmel getragen wurde. Von der Melodie des Wolfsgesangs. Finish Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)