Dunkelheit Part 7 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Tiefschwarz und kalt. Das war das einzigste, was er im Moment spürte. Trotzdem wollte er nicht weg. Hierher konnten ihm seine Ängste nicht folgen. Deshalb blieb er. 'Du kannst dich nicht ewig verstecken' meinte eine dunkle Stimme, die ihm aber keine Angst machte. Im Gegenteil. 'Ich kann es wenigstens versuchen' gab er trotzig zurück und zog sich weiter zurück in die Schwärze. 'Und was ist mit deinen Freunden? Willst du sie im Stich lassen?' Das hatte gesessen. Doch dann erinnerte sich der Junge, dass seine Freunde eh schon alle tot waren. 'Ich habe sie bereits im Stich gelassen' dachte er traurig und die Bilder, der am Boden liegenden Digiritter stieg in ihm auf. 'Und was ist mit den Menschen? Die, die noch leben?' 'Was soll mit denen sein?' 'Haben sie etwa auch den Tod verdient?' 'Nein aber... wie soll ich etwas dagegen tun können, wenn ich nicht mal meine besten Freunde beschützen konnte?' 'Sie hätten bestimmt nicht gewollt, das du so schnell aufgibst. Was ist überhaupt mit dir los?' 'Nix' 'Erzähl mir nicht, das du nix hast. Ich kenne dich und so, wie du im Moment verhältst, haste ein großes Problem.' Stellte die Stimme fest. 'Na und? Wen interessiert das schon?' 'Mich zum Beispiel. Oder deine Freunde.' 'Die sind aber tot.' 'Nicht alle' 'Wie meinst du das?' 'Da wäre einmal noch Yamato und außerdem sind deine anderen Freunde nicht wirklich tot.' 'Was meinst du?' 'Ihr Geist befindet sich in einem ähnlichen Zustand wie deiner. Aber ihre Körper sind unten im Keller in einer Art Kälteschlaf.' 'Sie leben noch. Allerdings nur so lange, wie die schwarze Macht nicht hereinkommt.' Sie leben! Sie leben! Diese Worte hatten etwas in ihm berührt. Langsam kam er aus seinem Versteck hervor und sah sich in der Schwärze um. In einiger Entfernung konnte er ein kleines Licht erkennen, dem er sich immer weiter näherte. Das warme Licht zeigte ihm den Weg, heraus aus der Dunkelheit. Jetzt spürte er erst, wie kalt es gewesen war und versuchte, ein Schaudern zu unterdrücken. Bevor er jedoch das Licht erreichte, hielt ihn etwas zurück. Es hatte ihn von hinten gepackt und zog den, sich wehrenden Jungen zurück in die Finsternis. 'Nein ich will nicht! Loslassen! HILFE' Leise unterhielt Yamato sich mit Alianda. Doch plötzlich lenkte ihn etwas anderes ab. Ein leiser Hilferuf. Die Zauberin schien es nicht bemerkt zu haben, denn sie redete unbeirrt weiter. Da. Schon wieder. Diesmal aber etwas energischer und jetzt erkannte Matt die Art des Rufes. Nur er konnte es hören, weil die Stimme ihn rief. 'Matt hilf mir. Ich schaffe es nicht alleine.' Das war eindeutig Tai. Seine Hand schloss sich um das Amulett um seinen Hals und er drehte sich zu dem anderen Jungen um. Da stimmte was nicht. Er schien sich gegen etwas zu wehren. Neben ihm ging Matt in die Hocke und fasste ihm am Arm. Er spürte die Dunkelheit, die den anderen Jungen langsam zurück zog. Dieser wehrte sich verbissen dagegen, hatte aber anscheinend nicht genug Kraft. Instinktiv packte Matt sein Amulett mit der einen, den Arm des Jungen mit der anderen Hand fester und konzentrierte sich. Warme Energie floss durch ihn und vorsichtig lenkte er sie in die Dunkelheit. Ein blauer Lichtstrahl schoss aus dem warmen Licht hervor. Als Tai schon fast keine Kraft mehr hatte packte er ihn. Der Strahl zog ihn endgültig aus seinem dunklen Gefängnis. Zufrieden und glücklich sah Yamato, wie das Leben in Taichis Augen zurückkehrte. Schnell hatten diese ihren alten Glanz zurück. Das herausfordernde und manchmal neugierige Funkeln. "Wie geht's denn?" "Ganz gut, glaub ich." "Wie, du glaubst?" "War das da dein Licht, das mich da rausgeholt hat?" Matt musste grinsen und nickte. "Cool. Danke." Mehr fiel ihm im Moment nicht ein. Matt grinste immer noch. "Mach sowas aber nie wieder, verstanden?" "Versprochen" "Dann ist ja gut." Damit stand Matt auf und streckte sich leicht. "Ich hab da noch eine Überraschung für dich." Da war es wieder. Das neugierige Funkeln. Irgendein Schlaukopf hatte mal gesagt, dass die Augen der Spiegel zur Seele seien. Dieser Jemand kannte wohl den braunäugigen Digiritter, der jetzt ebenfalls aufgestanden war und ihn, den Rebellen musterte. Denn auch wenn sein Freund manchmal ein Pokerface hinbekam, was nebenbei gesagt nicht halb so gut war wie sein eigenes, seine Augen verrieten jedesmal seine Gefühle. Matt war so in Gedanken versunken, das er Alinada nicht bemerkte, die hinter ihn getreten war. Deshalb zuckte er erschrocken zusammen, als sie redete. "Er meinte bestimmt eure Freunde." Tai nickte langsam. Er hatte ja bereits gehört. Das war ja auch der Auslöser für seine Rückkehr gewesen. "Ich weiß. Sie sind im Keller und halten Winterschlaf, bis wir die Dunkelheit besiegt haben." 'Oder sie uns' fügte er in Gedanken hinzu. Allerdings war der Träger des Wappens des Mutes nicht bereit sich noch einmal von der Macht aus der Bahn werfen zu lassen und verscheuchte diesen Gedanken energisch. Eigentlich wartete er auf eine Antwort von Matt, der ihn aber nur stumm und mit ungläubigen Blicken musterte. Da er ihm weiterhin eine Antwort schuldig blieb, ergänzte er einfach. "Also auf in die Schlacht!" Bei diesen Worten hätte Alianda am liebsten Luftsprünge gemacht. Der erste war bereit und der andere würde ihm schnell folgen, wenn er erstmal den Schock verdaut hat. Die Zauberin fragte sich natürlich auch, woher der junge Digiritter davon wusste, da es nur wenige kannten. Aber sie hatte so eine Ahnung. Matt spürte die auffordernden Blicke seines Freundes. "Ja.. Auf in den Kampf." Meinte er dann etwas weniger enthusiastisch. Eigentlich verstand er ihn nicht. Eben noch war er ziemlich down und nun sprühte er nur so vor Energie. Langsam trottete er hinter Alianda, Kitrania und Tai her, die nach nebenan gingen. 'Wieso beamt die uns nicht einfach?' Fragte er sich immer wieder. Ihm blieb fast die Luft weg, als er mitten in Tai lief, der plötzlich stehen geblieben war. "Sach mal spinnst du? Einfach stehen zubleiben?" Matt bekam keine Antwort und schaute an Taichi vorbei. Staunend sah er einen riesigen Kristall, der in der Luft schwebte. "Was ist das?" Fragte er fast ehrfürchtig. "Das, meine lieben, ist der Stein des Lebens. Mit seiner Hilfe können wir eure Freunde und alle anderen Opfer der Schwarzen Macht wiedererwecken. Aber," sie blickte auf die beiden Jungen, die staunend nebeneinander standen, "die Sache hat einen Haken." Ihre kleine Atempause nutzte Yamato. "Aha, und der wäre?" "Dem Kristall fehlen Teile. Ohne die kann er seine Kräfte nicht entfalten. Eure Aufgabe ist es, diese Teile zu finden, herzubringen und den Kristall zu aktivieren." "Oh, mehr nicht?" Fragte Matt etwas sarkastisch und erntete ein paar genervte Blicke. "Die Teile sind in einer Dimension, die noch nicht befallen ist. Dort müsst ihr sie suchen." "Wie kommen wir dahin und wie erkennen wir die Steine?" Tai witterte schon wieder Probleme. Matt sah ihn fragend an. Woran dachte sein Freund, fragte er sich und musterte ihn, als die Zauberin weiter erklärte. "Ihr werdet die Steine nicht erkennen, bis ihr sie in den Händen haltet." "Solln wir jetzt etwa alle Steine der Welt umdrehen?" Bei dem Gedanken wurde ihm ganz mulmig. Doch sie lachte. "Nein, natürlich nicht. Bei der Suche stehen euch zwei magische Wesen zur Seite. Die erkennen die Steine. "Mir wäre Agumon lieber" nuschelte Tai und Matt nickte zustimmend. Auch er hätte lieber seinen Digipartner dabei gehabt. "Ihr werdet euch gut verstehen. Kommt mit!" Damit standen sie draußen auf einer Wiese. Um sie herum flogen verschiedene Vögel und zwitscherten. Das Piepsen wurde lauter und ängstlicher, als ein großer Schatten auf den Boden fiel. Erstaunt blickten die Jungen in den Himmel und sahen, wie eine sandfarbene Gestalt zur Landung ansetzte. Da sie sich direkt in der Sonne befand, konnten sie sie zunächst nicht erkennen. So ein Tier hatten sie noch nicht gesehen. Es hatte den Körper eines Löwen. Aber es war mit Flügeln und Schnabel ausgerüstet. Irgendwie musste Taichi schon wieder an das Märchenbuch denken. Er hatte schonmal ein Bild gesehen... Unsanft riss ihn Alianda aus seinen Gedanken. Doch nicht nur sie. Das Wesen stand plötzlich direkt vor ihm und starrte ihm in die Augen. Dann streckte es eine Tatze vor. "Ich bin Patorus und freue mich, deine Bekanntschaft zu machen." Etwas verwirrt schüttelte Tai die Pfote und stellte sich ebenfalls vor. "Schön, das du so schnell kommen konntest." Alianda umarmte das Tier und das fing bei der Berührung an zu Schnurren. Fasziniert starrte der Junge auf diese Szene, bis Matt ihn etwas fragte. "Was?" "Ich hab dich gefragt, ob du weißt, was hier gespielt wird." Wiederholte sein Freund. "Kein Schimmer" Weiter kam er nicht, denn erneut verdunkelte sich die Sonne. Diesmal erschien ein schneeweißes Pferd, ebenfalls mit Flügeln ausgestattet. Vorsichtig stubste es Yamato an und stellte sich mit dem Namen Strila vor. Die Begrüßung, die die Jungen schon bei Patorus gesehen hatten wiederholte Alianda bei dem Pferd. Dann wand sie sich den beiden staunenden Jungen zu. "Tja, das sind eure Begleiter auf eurer Reise. Patorus, der Greif und Strila, der Pegasus. Das Orakel hat die beiden erwählt, weil sie euch am ähnlichsten sind. Deswegen dürftet ihr keine Probleme haben euch mit ihnen anzufreunden." Sie schenkte allen ein strahlendes Lächeln und verschwand. "Und was jetzt?" "Oh Tai, du bist echt zu dämlich." Matt schlug die Hand gegen die Stirn. "Hmpf" Eine helle vergnügte Stimme unterbrach sie einfach. "Wir fünf suchen jetzt nach den verschwunden Steinen." "Aber ich dachte, dass wir erstmal trainieren sollten." "Dafür reicht die Zeit leider nicht mehr." Strila sah etwas traurig aus, als es diese Worte sprach. Dann gingen die beiden Fabelwesen in die Hocke und ließen die Jungen aufsteigen. "Wohin fliegen wir?" Erkundigte sich Tai bei seinem Greif. "In den 'Wald der Ewigkeit'. Dort wohnt jemand, der uns bei der Suche helfen wird." Nachdenklich flogen die Digiritter auf den Rücken ihrer Begleiter ihrem Ziel entgegen. Einige Flugstunden später landeten sie auf einer Waldlichtung. Zehn Meter hinter ihnen stand eine kleine Hütte. Kein Vergleich mit Aliandas riesigem Schloss. In der Tür stand eine ziemlich griesgrämig blickende alte Frau und winkte sie missmutig hinein. Den Kindern wurde immer mulmiger, als ihre Reittiere draußen bleiben sollten. Doch ihnen blieb nichts anderes übrig. Als die Tür hinter ihm zufiel zuckte Taichi zusammen. Angestrengt versuchte er etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Dann gewöhnten sich seine Augen langsam an das Dämmerlicht und er erkannte einige Regale mit verschiedensten Flaschen, Kräutern und toten Tieren. Angewidert verzog er das Gesicht. "Nicht stehenbleiben" flüsterte ein leisen Stimmchen neben ihm und er setzte sich in Bewegung. Dabei zog er Yamato hinter sich her, der ebenfalls auf die Kadaver starrte. Vor sich konnte er die krächzige Stimme der Alten hören, wie sie vor sich herschimpfte. Leise beschwerte sie sich, das sie beide ja nur Kinder waren und somit keine Ahnung worauf sie sich einließen. Taichi störte das wenig. Er hatte vorgenommen sein bestes zu geben. Er wusste, das Matt genauso dachte. Die Alte führte Fee und Jungen durch einen unterirdischen Gang. Glühende Augen beobachteten die Gruppe und schienen jeder ihrer Bewegungen zu folgen. Yamatos Nackenhaare sträubten sich und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Wo zum Henker würde sie sie hinbringen? Ob das eine Falle war? Tausend Fragen schossen ihm durch den Kopf und so bemerkte er nicht, wie sie eine Tür erreichten. Tai zögerte, bevor er ihn mit durch die Tür zog. Sie schlug hinter ihnen ins Schloss. 'Na super. Willkommen in der Höhle des Löwen. Soeben ist das Fressen eingetroffen. Wir wünschen einen guten Appetit.' Als Taichi sich umdrehte und ihn entsetzt ansah merkte Matt, das er das laut gesagt hatte. Gelassen sah er zurück. "Was guckste denn so? Stimmt doch." "Dein Pessimismus bringt mich nochmal ins Grab" seufzte sein Freund. "Ohne mich wärste schon längst dort" gab Yamato schnippisch zurück. Die Augen des jüngeren weiteten sich geschockt. "Sorry, das wollt ich nich." Matt bedauerte seine Worte. Anscheinend hatte Tai dieses Erlebnis nicht so gut verkraftet. "Jaja, schon okay" Seine Stimme klang abwesend und genauso schaute er ihn an. Mitfühlend legte Matt eine Hand auf Tais Schulter und sah ihn forschend an. In der Finsternis, die hier herrschte, war das nicht so einfach. Trotzdem sah er, wie sein gegenüber den Blick abwand und falsches Interesse für die Wände an den Tag legte. "Wollt ihr da hinten Wurzeln schlagen oder kommt ihr endlich?" Die Worte der Alten rissen beide Jungen aus ihren Gedanken und eilig liefen sie hinter ihr her. Der schmale Weg führte sie an einem unterirdischen See vorbei, der durch Algen in fahlem grünen Licht schimmerte. Das leise Plätschern begleitete sie ein Stück ihres Weges und die phosphoriszierenden Pflanzen warfen lange, unheimliche Schatten an die Wände. Die Schattenspiele wurden wilder, als sie dem Flusslauf folgten, der den See mit frischem Wasser speiste. Seine Nerven waren zum Zerreissen gepannt. Ebenso seine Muskeln. Er war bereit, beim kleinsten Anzeichen einer Gefahr zu Handeln. Voller Misstrauen beäugte er die Schatten, immer Ausschau haltend nach einer verdächtigen Bewegung. Das beklemmende Angstgefühl verstärkte sich bei jeden Schritt in dieser unwirklichen Welt, tief unter der Erdoberfläche. 'Wovor hast du eigentlich angst?' Fragte er sich in einem erneuten Versuch, dieses Gefühl loszuwerden. Innerlich verfluchte er sich. Er war ja kein kleines Kind mehr, das vor irgendwelchen Schatten angst hat. Ja, als kleines Kind. Damals waren sie grade aus dem WestEnd-Viertel ausgezogen, nachdem einige 'Monster' aufgetaucht waren. Diese Monster waren in Wirklichkeit Digimon, die durch irgendeinen dummen Zufall in ihre Welt eingedrungen waren. Doch das sollten sie erst einige Jahre später erfahren. Damals fanden er und seine Schwester ein Ei und Hikari kam auf die Schnapsidee, dieses Ei auszubrüten. Den Spass, den sie mit dem Koromon hatten, wie es digitierte und als Riesenagumon die Straßen unsicher machte. Den Angriff eines anderen Digimon und wie das Agumon zu Greymon digitierte, um sie vor dem anderen Monster zu schützen. Kari und er hatten danach noch einige Nächte auf die Rückkehr des Digimon gewartet. Ihre Eltern hatten danach beschlossen, wie ziemlich viele Familien auch, diese Gegend zu verlassen. In der neuen Wohnung waren auch einige unheimliche Schatten. Vorallem Nachts. Wenn Hikari sich nicht jedesmal, leise wimmernd und zitternd, zu ihrem großen Bruder geflüchtet hätte, wäre er wahrscheinlich nicht das geworden, was er nun war. In seiner Beschützerrolle gab es keine Angst und keine Tränen, die seiner kleinen Schwester noch mehr Panik machen konnten. Ein Schrei riss ihn je aus seinen Träumen und er merkte nur noch, wie er fiel. Dann schlugen eiskalte Wogen über ihn zusammen, pressten die Luft aus seinen Lungen und es wurde dunkel um ihn herum. Matt stand auf dem Abhang und starrte entsetzt auf den Weg vor ihm, wo jetzt ein Stück rausgebrochen war und Taichi mit in die Tiefe gerissen hatte. Der Weg stieg seit einigen Minuten sanft an und als Yamato sich weiter über den Rand beugte sah er, dass sie sich ungefähr zehn Meter über der Wasseroberfläche befanden. 'Muss der Junge auch immer vor sich hin träumen?' Fragte er sich aufgebracht. Natürlich hatte er versucht ihn zu warnen und zu halten. Bekam ihn aber nicht zu fassen. 'Komm hoch' flehte er stumm und starrte weiter auf die grünliche Oberfläche, die keine Spuren verriet, dass eben jemand ins Wasser gefallen war. "Mach keinen Scheiß" presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, als die Hexe neben ihm erschien. Mit hilfe seines Amulettes versuchte er seinen Freund zu finden. Keine Spur. Unter anderen Bedingungen hätte er sich keine Sorgen um den braunhaarigen gemacht. Unzählige Male waren sie beide schon vom Zehner gesprungen, wenn sie im Schwimmbad waren. Doch das war kein Zehnerbrett und sie waren auch nicht im Schwimmbad, sondern in einer kühlen, unterirdischen Höhle und vielleicht war das Wasser nicht tief genug, um den Sturz aus dieser Höhe... Matt wollte diesen Gedanken nicht weiter verfolgen. Er sprang. Die warme Energie seines Wappens durchflutete ihn und schützte ihn so vor der beissenden Kälte, als er untertauchte. Suchend schaute er sich in der relativ klaren Flüssigkeit um und folgte seinem Gefühl. 'Wie tief kann ein Mensch eigentlich tauchen?' Schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, als er immer weiter nach unten schwamm. Doch es gab wichtigeres. Da vorne. Ein wenig unter ihm erschien eine menschliche Gestalt und Yamato ruderte kräftig mit den Armen. Dann war er bei ihm. Tai schien das Bewusstsein verloren zu haben, denn er hing schlaff in seinem Arm, als Matt ihn hochzog. Er rührte sich auch nicht, als sie die Wasseroberfläche durchstießen und Matt nach Luft japste. "Du könntest wenigstens etwas mithelfen" fluchte Matt, als er sich und den anderen aus dem Wasser zog. Verzweifelt starrte er auf die leblose Gestalt neben ihm. Was solle er jetzt tun? Vorsichtig legte er sein Ohr auf das Herz, schloss die Augen und lauschte. Seine Befürchtungen wurden wahr. Er konnte den Herzschlag des anderen nicht hören. Auf einmal stiegen Erinnerungsfetzen in ihm hoch. Männer und Frauen in roten Badeklamotten, die an Stränden hin und her liefen und Ertrinkende aus dem Wasser fischten. Dann der Erste-Hilfekurs, an dem die ganze Klasse während eines Projektes teilgenommen hatte. Plötzlich wusste Matt, was zu tun war. "Du kommst mir nicht so einfach davon. Schließlich müssen wir zwei die Welten retten. Also atme, verdammt noch mal!" Stieß er zwischen Beatmung und Herzmassage hervor. Nach zwei Minuten, die Matt wie eine Ewigkeit vorkamen, bäumte sich Tai hustend auf und spuckte Wasser. Matt half ihm sich auf die Seite zu drehen, damit das restliche Wasser auch heraus konnte und er sich nicht daran verschluckte. Er fühlte sich wie gerädert. Seine Lungen brannten wie Feuer und er wusste, das er nur knapp dem Ertrinken entkommen war. Wiedereinmal hatte Matt ihn gerettet. Langsam drehte er sich zu seinem Freund und brachte ein schwaches "Danke, du hast mir wieder das Leben gerettet" hervor. "Ich hatte eine Scheißangst um dich." Bei dem Geständnis blieb Tai regelrecht die Luft weg. Vorallem, da er die Tränen sah, die über das Gesicht seines Freundes liefen. Es tat weh ihn so zu sehen, deswegen rückte er näher an den anderen Jungen heran und legte seinen Arm um dessen Schulter. Eigentlich hasste Matt es in den Arm genommen zu werden, genauso wie er es hasste zu heulen. Besonders vor anderen. Aber jetzt war ihm das herzlich egal. Für wen oder was sollte er die Maske des Unnahbaren halten? Für Tai? Der hatte ihn doch schon lange durchschaut. Ausserdem hatte er ein Händchen dafür, jemanden zu trösten. Auch wenn er verschiedene Wege dabei einschlug. Als sie sich kennenlernten, hatte er ihn für einen vertrottelten Träumer gehalten, den nichts zu interessieren schien als sein Fußball. Die Fliegerbrille, die er damals trug, schien auch die Blutzufuhr zu den letzten verbleibenden Hirnzellen unterbrochen zu haben. Solche oder ähnliche Vorurteile hatte er sich von allen gemacht, die in seinem Leben aufkreuzten. Doch keiner war so hartnäckig wie diese 'Turmfrisur', ausgenommen vielleicht sein Bruder, und hatte fest an das Gute in ihm geglaubt. Langsam beruhigte er sich, blieb aber weiterhin an Tai gelehnt. Durch seinen Weinkrampf ist ihm ziemlich warm geworden, doch dann spürte er, wie sein Freund zitterte. Matt hob vorsichtig den Kopf und blickte auf den anderen herauf, der ihn fragend anstarrte. "Gehts wieder?" Matt nickte. "Dir ist kalt" Das war eher eine Feststellung als eine Frage. Tai nickte und schnitt eine Grimasse. Als sein Freund aufstand keuchte er leicht. Matt erhob sich ebenfalls, immer ein Auge auf den anderen gerichtet. Als Taichi beinahe hinfiel packte er ihn kurzerhand und stützte ihn während wie ihren Weg fortsetzten. Hosted by Animexx e.V. 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