Des Feuervogels Glut I von Lilienkind ================================================================================ Kapitel 25: Dranzer VS Black Dranzer ------------------------------------ Tokio, New Seaside Dome, Anfang Dezember Zügig montierte man das ramponierte Gitter ab, um die unverletzten aber mitgenommenen Blader zu befreien. Überglücklich hüpfte und stolperte Brian zurück zu seiner Bank. Unterwegs sprang er jubelnd auf Alex' Arme, jener unter dem Gewicht zusammenbrach. "Wow, das hatte mal ne vollkrassfette Besonderheit!", lachte der Amerikaner am Boden liegend. "Du hast deine Kraft genau richtig eingesetzt, niemand wurde verletzt und die hast die Arena nur teilweise zerstört! Sau geil, Mann!" Brian bekam vor lauter Aufregung nicht mehr als ein unkoordiniertes Gejapse heraus, hob dem Blondschopf vom Boden auf und drückte ihn erst einmal ganz gesittet. Als der Philippine ihn wieder losgelassen hatte, rief Alex den Bladebreakers, die ihre Blades aus dem Krater holten, nach: "Hey! Ihr könnt verdammt stolz auf euch sein! Das war ein großartiger Kampf!" Lächelnd rannte er hinüber zu den etwas verblüfften Rivalen und zerrte seinen Teamkollegen mit sich. An dem Funkeln in seinen Augen konnte man sehen, dass er ihnen mit Respekt und im vollen Ernst seine Hand entgegen streckte. Einen Moment zögerten die drei noch, dann ergriff Max als erster die Initiative. Auch er lächelte. "Ihr wart echt ein harter Gegner für uns. Es hat Spaß gemacht, gegen euch anzutreten", sagte er, als er Alex und Brian nach einander die Hände Schüttelte. Verlegen folgte Ray seinem Beispiel und versetzte Daichi einen kleinen Stoß, der sich widerwillig mit Brian versöhnte. Aller Zorn war vergessen. Freudestrahlend gewehrte man sich Anerkennung und wünschte sich gegenseitig viel Glück für das restliche Turnier. Es wirkte fast so, als wäre schon alles vorbei und die Siegesfeier würde jeden Moment beginnen. Doch als die beiden Teams zurück zu ihren Sitzplätzen gingen, bemerkten sie die Gesichter von Mina und Kai, deren Laune sich in keinster Weise geändert hatte. Sobald die Aufräumarbeiten abgeschlossen sein würden, würden erneut die Fetzen fliegen. Angespannt versuchte Kai die Überläuferin einzuschüchtern und doch noch von einem Kampf abzubringen. Sein Antlitz hatte während seiner gesamten Karriere noch nie so grimmig ausgesehen, er machte sogar Brians Grimassen ernsthafte Konkurenz. Mina hingegen war die Ruhe in Person und ließ dich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen. Ihr diabolisches, eiskaltes und doch völlig gelassenes Lächeln versetzte Kai mehr und mehr in Rage. Schließlich sprang er auf und ging auf die Transsylvanierin los. Zwei Sicherheitsleute, die gerade die Hände frei hatten, fingen ihn ab. Sie hatten große Mühe, ihn aufzuhalten. Mina hingegen hatte sich nicht einmal bewegt. Sie starrte nur immer wieder hinüber zu dem Sechzehnjährigen, den man inzwischen wieder losgelassen und zurück auf seinen Platz geschickt hatte. Was erlaubte sie sich, ihn dermaßen zu provozieren? Sie war so respektlos, dass sie sogar zu Tysons Team übergelaufen war, nur um ihn zu strafen. Hatte sie den Verstand verloren? Dieses verfluchte Miststück wagte es tatsächlich... "Bis wir hier aufgeräumt und die Arena ausgetauscht haben, wird es noch etwas dauern. Wir machen daher eine Stunde Pause", unterbrach Jazzman seine Gedankengänge. Im Publikum standen einige Leute auf und kauften sich etwas zu trinken. Brian und Alex, die immer noch im Siegesrausch waren, beschlossen, sich eine Pizza zu bestellen. Jonathan saß verschüchtert in einer Ecke und stellte fest, dass Beybladen wohl doch nicht das Richtige für ihn war. Es würde sich schon ein anderes Hobby finden lassen. Mädchen abschleppen zum Beispiel. Auch die Bladebreakers erhoben sich und verschwanden in einem der Tunnel. Zu letzt verließ auch Jazzman die Manege. Einzig und allein Kai und Mina blieben zurück, unbeachtet von den Zuschauern, die mit der Organisation von Verpflegung oder dem Besuch von Toiletten beschäftigt waren. Die junge Frau stand auf und begutachtete den Schaden, den Brian verursacht hatte. Glücklicherweise beliefen sich die Ausmaße der Verwüstung nur auf das austauschbare Modul, in dem die Arena eingelassen war. Das Metallgitter sah mitgenommen aus, konnte aber noch verwendet werden. Der zweite Kampf würde heute noch stattfinden. "Du weißt nicht, auf was du dich da einlässt.", hörte sie plötzlich Kais Stimme hinter sich. Ein messerdünnes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ohne sich umzudrehen, antwortete sie: "Nein, DU wusstest nicht, auf was du dich einlässt, als du mich aus dem Team geworden hast. Ich bin eine Phoenix und ich werde es bleiben. Ob du willst oder nicht." "Was soll das denn bedeuten?" "Nun, du willst doch, dass ich das Beybladen aufgebe, oder?" Woher konnte Mina wissen, dass... "...und wenn ich verliere, dann gebe ich dir Black Dranzer und verschwinde." Verblüfft über ihre Aussage starrte er sie an. "Und wenn du gewinnst?" "Dann...", sie zögerte einen Moment, dann drehte sie sich um und blickte Kai direkt in die Augen, "dann wirst du Brian und Alex die Wahrheit über Projekt Feuervogel sagen." "W...was?", stotterte der Sechzehnjährige. Wieso wusste Mina von diesen Dingen? Black Dranzer war damals eine zu große Gefahr gewesen. Dass er seine Kraft unter Verschluss nehmen wollte, war noch nachvollziehbar. Doch Projekt Feuervogel war eine strenggeheime Operation. Wie um alles in der Welt hatte sie davon erfahren und woher wusste sie, dass Alex und Brian indirekt davon betroffen waren? Die blauhaarige hüllte sich in geheimnisvolles Schweigen. "Nun gut, einverstanden.", stimmte der junge Mann zu. Auf ein Händeschütteln verzichteten sie beide. Die restliche Zeit verbrachte Kai in der Lounge der Phoenix. Die Ruhe verleitete ihn zum Nachdenken. Welcher Teufel hatte ihn nur damals geritten, Voltaire das Erbgut Dranzers zur Verfügung zu stellen? Nun gut, damals hatte er nicht gewusst, um wessen Labor es sich handelte. Aber was er getan hatte, war völlig pervers. Wie konnte er Dranzer, seinem treuen Weggefährten, so etwas antun? Es musste eine solche Schande für den stolzen Phönix sein. All die Jahre hatte das Bitbeast zu ihm gehalten, war ihm ein treuer Freund gewesen, während die Menschen ihn immer wieder verletzt hatten. Und auf diese Weise dankte er es Dranzer? Zögernd fasste er in seine Manteltasche und holte den Blade heraus. Das kalte Metall glänzte. Reumütig fuhr er über die glatten Kanten des Power-Rings. Noch bevor die Pause endete, begab sich der junge Mann zurück in die große Halle und wartete auf den Rest seines Teams. Dass Jonathan noch mal auftauchen würde, erwartete er nicht. Auch wenn der letzte Kampf seinem Stolz einen Seitenhieb verpasst hatte, war das Ego dieses Typen größer als der gesamte New Seaside Dome. Sein Blick fiel auf Mina, die, in Gedanken vertieft, an ihrem Blade herumbastelte. Wie sorgsam die junge Frau mit ihrem Eigentum umging, überraschte ihn. Er kannte Black Dranzer als kaltblütiges, grausames Wesen ohne Seele. Es hatte ihn damals manipuliert und sein stetiges Streben nach Macht und Anerkennung gegen ihn verwendet. Wieso passierte Mina nicht dasselbe? Oder war er selbst es gewesen, der Black Dranzer für Voltaires Zwecke benutzt hatte? War nicht das Bitbeast der schlechte Einfluss, sondern er? Was war er nur für ein Bastard, der so mit den Geisern der Bit-Chips umging? Halt! Er durfte so nicht denken. Nicht jetzt. Nicht unmittelbar vor einem so wichtigen Kampf. Er musste Mina besiegen. Auch wenn er eigentlich gegen Tyson hatte kämpfen wollen...aber das konnte er auch hinterher. Er würde den DJ darum bitten, fünf statt drei Runden zu veranstalten. Zufrieden fühlte er, wie der Zorn zurückkehrte. Die Wut war sein Antrieb. Aus ihr schöpfte er all seine Kraft, die er für seinen Sieg brauchte. Und er würde siegen. Egal ob gegen Mina, Tyson oder gegen beide zusammen. Nicht umsonst war er seit seiner Kindheit ein Elite-Blader. In diesem Moment kamen Alex und Brian, immer noch in Feier-Laune, von ihrem Fressmarathon zurück. Beide hatten gut gefüllte Bäuche und alberten herum. Auch die Bladebreakers kehrten inzwischen zurück, sie schienen ausgeglichen und glücklich. Wenn Tyson in diesem Zustand war, konnte man sich darauf verlassen, das er schwer zu besiegen war. Vielleicht war es doch ganz gut, dass er zuerst gegen Mina antrat. Eventuell würde sich seine Laune bis dahin wieder ändern. Allmählich nahmen die Zuschauer ihre Plätze ein. Der DJ kehrte zurück und die Arbeiter erledigten letzte Handgriffe. Eine neue Arena, die ebenso groß war wie die, die Brian zuvor auseinander genommen hatte, wurde hochgefahren. Man stellte das Gitter auf und ließ es an zwei Stellen offen, damit die nächsten Gegner den Käfig betreten konnten. "Uuuuuunnnd hier ist wieder DJ Jazzman aus dem New Seaside Dome! Wir senden live das Finale der Beyblade-Weltmeisterschaft in Tokio!", schloss die Stimme des Moderators die Pause ab. Die letzten Fans eilten zu ihren Plätzen. Mina erhob sich, hielt jedoch inne. Sie zog ihre Jacke aus und entnahm der Tasche an ihrem Stiefel ihren Dolch. Beides reichte sie Ray, der ihr am zuverlässigsten erschien, bevor sie pflichtbewusst zum Metallkäfig schritt. Auch Kai stand auf und ließ seinen Mantel hinter sich auf den Boden fallen. Darin befanden sich noch sein Schlüsselbund und seine Brieftasche, doch das war ihm im Moment so ziemlich egal. Alles, was zählte, hielt er in seiner Hand: Dranzer. Hinter Kai und Mina schloss man den Käfig. Der Moderator hielt beträchtlichen Abstand zu der Konstruktion und kündigte den zweiten Kampf des Turniers an. Ein paar Securitys hatten Feuerlöscher dabei und warteten schon auf ihren Einsatz. Im wahrsten Sinne des Wortes stand ihnen ein heißer Kampf bevor. "Seid ihr bereit? Und drei...zwei...eins....Let It Rip!!!!", hallte Jazzmans Startsignal durch den Dome. Voller Entschlossenheit begannen die Rivalen ihren Kampf. Ihnen war anzusehen, dass jeder von ihnen sehr viel mit dieser Begegnung verbanden. Ihre Zukunft hing weitestgehend davon ab. Würde Mina sich von Black Dranzer trennen müssen? Oder würde Kai seine Autorität gefährden und zu den Fehlern seiner Vergangenheit stehen müssen? Ihre Blades hatten kaum die Arena berührt, da erzitterte das gesamte Bauwerk schon unter der Wucht ihres Aufpralls. Gnadenlos hämmerten sie auf einander ein. Beide waren in Flammen gehüllt; Dranzer leuchtete orange-rot und Black Dranzer blau. Jedes Mal, das sich ihre Kanten berührten, erzeugten sie eine Schockwelle, ja sie schienen sich nicht einmal zu berühren sondern nur ihre gebündelten Kräfte gegeneinander zu richten. Auf einen schweren Schlag folgte sogleich der nächste. Nie zuvor gab es ein derart gewaltiges Kräftemessen in einem Beyblade-Match. Beide Gegner schienen Höchstleistungen an Energie und Konzentration aufzubringen. Selbst Tyson verschlug es die Sprache. Immer und immer wieder prallten Dranzer und Black Dranzer, Licht und Dunkelheit, aufeinander, wurden von der Wucht ihres eigenen Aufpralls zurückgeschleudert und holten Schwung, um erneut gegen einander zu preschen. Der ganze New Seaside Dome schien unter der enormen Krafteinwirkung zu erbeben. Die Arena war bereits von kleinen Kratern und Furchen durchlöchert, über die die Blades jedoch einfach hinwegzugleiten schienen. Das Kraftfeld aus Flammen, das sie umgab, wirkte wie ein Schutzschild. Tatsächlich berührten sie weder den Untergrund noch den Gegner. Sie wurden einzig und allein durch die Energie, die Kai und Mina in ihnen konzentrierten, umhüllt. "Ist das alles?", schrie Kai durch die Arena. Es war ungemein auslaugend, dieses Schild um Dranzer aufrecht zu erhalten, doch ihm schien, als wären seine Reserven unendlich. "Noch längst nicht!", brüllte Mina ihm entgegen. Beide hatten Mühe, einander zu verstehen. Das Kräftemessen ihrer Blades erzeugte nicht nur einen starken Wind, sondern auch einen Höllenlärm. Urplötzlich änderten ihre beiden Blades die Richtung. Sie zogen weite Bahnen quer durch die Arena, nahmen immer mehr Fahrt auf und bündelten eine ungeheure Menge Energie. Dann gingen sie auf Kollisionskurs. Mit atemberaubender Geschwindigkeit rasten sie aufeinander zu, doch je näher sie sich kamen, desto stärker wurden sie abgebremst. Sie glichen zwei Magneten, die sich gegenseitig abstießen und trotzdem mit ungeheurer Macht gegen einander gedrückt wurden. Das Flammenschild, das sie beide einhüllte, wuchs um ein Vielfaches und leuchtete grell, während die Ausläufer ihres Feuers nach hinten weggeschleudert wurden. Erst dadurch wurde sichtbar, welchem Widerstand sie sich entgegensetzten. Die in ihrer Mitte gegeneinander gekoppelte Energie stieg ins unermessliche, bis ein lauter Knall sie trennte. Bevor sich die beiden Blades auch nur annähern konnten, hüllten sie den Dome in ein so grelles Licht, das man es noch aus mehreren Kilometern Entfernung sehen konnte. Ein Hitzeimpuls jagte durch das Gebäude und versengte Jazzman die Augenbrauen. Einer Explosion gleich folgte der Hitze eine starke Druckwelle, die den Metallkäfig bersten ließ. Ein Meer aus Flammen breitete sich aus und hüllte die Kuppel in ein mystisches, rötlich blaues Leuchten. Als die Helligkeit nachließ, wurde das Ausmaß der Zerstörung nur allmählich sichtbar. Die Gitter waren völlig zertrümmert und teilweise sogar geschmolzen. Einige Scheinwerferbatterien fielen aus. Ein beängstigendes Knacken machte darauf Aufmerksam, dass sich durch das gewölbte Dach des Domes die ersten Risse zogen. Sicherheitsleute stürmten herbei und versuchten, gegen das gespenstisch wirkende Feuer anzukommen. Noch immer war die Stelle, an der sich das Bey-Stadium befunden hatte, in Flammen gehüllt. Doch was war mit Kai und Mina? Es dauerte eine Weile, bis der Löscheinsatz Wirkung zeigte. Als sich die Wolke aus Kohlendioxyd legte, enthüllte sie, dass beide, genau wie ihre Blades, von einer Art Schutzschild umgeben waren. Ihre Kleidung hing in Fetzen, doch sie selbst waren nahezu unversehrt. "Ach du heilige Scheiße...", staunte Brian, "wir müssen Mina da rausholen. Sonst bekommt sie noch was ab." "Nein, es ist ihr Kampf. Nur sie hat das Recht, ihn abzubrechen. Das müssen wir respektieren.", hielt ihn der Amerikaner auf. Nur zu gerne hätte er selbst eingegriffen, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als sich herauszuhalten. Das grelle Flammenschild um Kai und seine Gegnerin erlosch allmählich. Schützend hatte er die Arme vor seinem Gesicht verschränkt, doch Dranzer hatte ihn nicht im Stich gelassen. Auch die Transsylvanierin hatte, von ein paar Kratzern abgesehen, die Explosion gut überstanden. Ihre Blades kreisten im Inneren der Arena um einander. Sie waren intakt. Ohne ein Wort mit einander zu wechseln, starrten sich die beiden Kontrahenten an. In ihren Augen spiegelte sich das Feuer, welches Dranzer und Black Dranzer umgab. Ihr geheimnisvolles, fast mystisches Leuchten hüllte die bröckelnde Kuppel des Domes in eine gespenstische Lightshow. Von einer Sekunde auf die andere stoben erneut gewaltige Flammen um die Blades, als sie urplötzlich die Richtung änderten. Dranzer jagte rasendschnell in weiten Kreisen durch das 15 Meter breite Stadium. Mit jeder Sekunde wurde er schneller. Sofort nahm Mina die Verfolgung auf und setzte sich direkt hinter ihn. Beide umgab der helle Schein des Feuers. Die Luft innerhalb der Arena hatte sich so stark aufgeheizt, dass sie flimmerte. Tiefe Risse durchzogen die Wände des Domes. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis das Gebäude in sich zusammenfallen würde. Einem Kräftemessen wie diesem war selbst es nicht gewachsen. "Achtung, ich bitte um eure Aufmerksamkeit! Wir evakuieren jetzt! Ich bitte sie, sich zügig zu den Ausgängen zu bewegen. Bleiben sie ruhig!", gab DJ Jazzman bekannt. Die Zuschauertribünen leerten sich rasendschnell, es brach Panik aus. Glücklicherweise gab es keine größeren Schwierigkeiten, da die Rettungswege groß genug waren. Mittlerweise stürzten erste Trümmerteile hinab. Es glich einem Wunder, dass niemand verletzt oder eingeschlossen wurde. "Was ist mit euch beiden? Soll ich den Kampf abbrechen?", fragte der Moderator nach den Kämpfenden. Er erhielt keine Antwort und trat selbst die Flucht an. Von nun an übernahmen automatisch gesteuerte Kameras die Rolle des Vermittlers. In Eifer ihres Wettrennens klebten die Blades regelrecht an einander. Kopf an Kopf lieferten sie sich ein Kräftemessen, wie es noch nie stattgefunden hatte. Während ihre Geschwindigkeit und Hitze weiter zunahmen, lieferten sie sich einen blitzschnellen Schlagabtausch. Für die computergesteuerten Beobachter waren ihre Bewegungen längst zu schnell. Einzig und allein Mina und Kai konnten genau sagen, wo sich ihre Blades gerade befanden. Doch der Halbrusse hatte große Schwierigkeiten, bei diesem Tempo den Überblick zu behalten. Er war es nicht gewohnt, Dranzer solchen Wettrennen auszusetzen. "Was denn? Bist du an deine Grenzen gestoßen?!", provozierte ihn Mina. Ungläubig starrte er sie an. Wie konnte sie unter diesen Bedingungen die Kontrolle behalten? Ihm schien dieser Prozess so Kräfte zehrend, doch sie war noch immer nicht an ihre Grenzen gestoßen. Durch die ständigen Erschütterungen, die die Kämpfer verursachten, schritt die Zerstörung des Domes zusehends schneller voran. In diesem Moment kam die gewaltige Kuppel, die das Dach darstellte, herunter und gab die Sicht frei auf den inzwischen dunklen Himmel. Die riesigen Trümmer stürzten direkt auf Kai und Mina, doch über der Arena bildete sich eine Glocke aus Flammen, die die tonnenschweren Betonbrocken einfach abprallen ließ. Sie wurden in die leeren Tribünen geschleudert und legten diese in Schutt und Asche. Durch Black Dranzer jagte ein neuer Impuls, er erhielt einen gewaltigen Powerschub und von einer Sekunde auf die andere war er selbst für Kais Augen nicht mehr zu sehen. Orientierungslos schoss sein Blade durch das Bey-Stadium, während sein Gegner mehrmals pro Sekunde auf ihn einhämmerte, und zwar jedes Mal von einer anderen Richtung aus. Es war einfach Unmöglich, den nächsten Angriff vorherzusagen. Was um alles in der Welt hatte die Transsylvanierin mit ihrem Blade angestellt, dass er eine solche Leistung vollbringen konnte? Fassungslos musste Kai mit ansehen, wie Dranzer beinahe wie ein Spielzeug durch die Arena geschossen wurde, von etwas, das er nicht einmal sehen konnte. Irgendetwas an Minas Blade war anders... Er erinnerte sich daran, wie sie Black Dranzer vorhin in der Pause ein neues Teil eingesetzt hatte. Es bestand aus schwarzem Metall, das sehr auffällig geglänzt hatte. Nie zuvor hatte er ein solches Material gesehen. Ob ihr Blade deshalb zu solch unglaublichen Manövern fähig war? Jedenfalls war Dranzer seinem Gegner schutzlos ausgeliefert. Er hatte so gut wie verloren. Nichts konnte das Blatt jetzt noch wenden. Oder doch? Der junge Mann atmete tief ein und schloss die Augen. Alle störenden Geräusche in seiner Umgebung - das Zusammenstürzen des Gebäudes und das laute Rauschen der Flammenkuppel - wurden leiser, bis sie vollends ausgeblendet waren. Dann, ganz allmählich, konnte er sie spüren. Die Aura seines Bitbeasts. Sie war so präsent, dass er sie beinahe in der Dunkelheit sehen konnte. Ihm gegenüber erkannte er eine brennende Silhouette. Eigentlich müsste es sich um Mina handeln, doch er konnte nicht glauben, das die Siebzehnjährige eine solche Energiequelle darstellte. Woraus schöpfte sie nur diese unfassbare Kraft? Kai versuchte sich noch mehr zu konzentrieren. Früher hatte er mit Black Dranzer an seiner Seite gekämpft. Er kannte seine Aura, versuchte sich an sie zu erinnern. Es funktionierte. Und plötzlich konnte er Minas Blade ganz genau vor sich sehen. Ohne die Augen zu öffnen, dirigierte er Dranzer und schaffte es, seinem Gegner auszuweichen. Ehe die junge Frau begreifen konnte, was Kai gerade unternahm, war es schon zu spät. Nach einem weiteren Ausweichmanöver erhielt Kais Blade neue Kraft und passte Black Dranzer ab. Mit einem gezielten Treffer setzte er ihr schwer zu. Eine noch mächtigere Schockwelle ließ das Gebäude erzittern. Die Spalten in den Wänden wuchsen. Wieder breitete sich eine Flammenwand explosionsartig aus. Es dauerte eine Weile bis das Gleißen nachließ und die Sicht wieder möglich machte. Außerhalb der Arena lagen kleine Metallsplitter. Die mechanischen Kameras projizierten ihr Bild auf eine stark flimmernde Videoleinwand am Ausgang, wo die flüchtenden Teammitglieder der Kämpfenden sie sehen konnten. "FUCK! Kai hat es geschafft, Black Dranzers Hochgeschwindigkeitsring zu zerstören!", schrie Brian. Er und Alex kannten die Anatomie ihres Blades. Das zerstörte Bauteil hatte sie selbst in mühevoller und monatelanger Handarbeit angefertigt und perfektioniert. In ihm lag fast das gesamte Geheimnis hinter ihrer atemberaubenden Geschwindigkeit. Hatte sie ohne es überhaupt eine Chance? Und mal davon abgesehen, dass sie ihren Vorteil gegenüber Kai eingebüßt hatte, war ihr Blade durch die Lücke in seiner Konstruktion höchst instabil. Glücklicherweise hatte Kai nur den Hochgeschwindigkeitsring und nicht das neueste Bauteil zertrümmert. Ein kleiner Hoffnungsschimmer blieb damit noch, aber ihr lief die Zeit davon. Mit jedem Treffer, den Black Dranzer einstecken musste, wurde er schwächer. Und Kai hämmerte erbarmungslos auf seinen Gegner ein. "Siehst du, dass du mich nicht besiegen kannst?!", rief er durch die glühende Hitze der Arena, "Black Dranzer gehört mir!" "Geht es dir nur um Black Dranzer? Nur um die Macht, die er dir verleihen würde? Sieh es ein, nicht er ist eine Bedrohung, sondern du!", antwortete seine Widersacherin. "Du kannst mich aus deinem Team werfen. Du kannst meinen Blade zerstören. Aber du wirst niemals meinen Willen brechen! Wie kannst du es wagen, zu denken, ich würde nach einem kleinen Rückschlag aufgeben?!" Es schien, als erhielt Minas Blade mit jedem ihrer Worte mehr und mehr Energie. Er begann zu leuchten und im hellen Schein erkannte Kai den schwarzen Phönix, der seine gigantischen Schwingen ausbreitete und direkt auf Dranzer zuflog. In genau diesem Moment stieg die Wut im Inneren der Transsylvanierin binnen Sekunden ins Unermessliche. All der Zorn und Schmerz der vergangenen Jahre, den man ihr achtlos zugefügt hatte, all ihr verletzter Stolz brach aus ihr heraus und stellte eine schier grenzenlose Energiequelle dar. "FINAL FLASH!", brüllte sie aus vollen Hals. Es wirkte beinahe so, als würde sie selbst in einem hellen Feuerschein aufgehen und von innen explodieren. Dies war der Gnadenstoß für den New Seaside Dome. Die Halterung, auf der sein Fundament Stand, zerfiel in alle Einzelteile. Nichts hielt das Gebäude noch davon ab, ins Meer zu stürzen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)