Bittersweet Pain von --Tam-- (~° wenn alles dunkel ist, gibt es stets ein licht °~) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Titel: Bittersweet pain Teil: 1/1 Autor: TamTam86 Fanficton: Eigene Serie Disclaimer: Alle sind meine *grins* Gehören miiiiiiir! MIIIIIIRRRRRR! Rating: PG- 15? Warnung: Yûri, Lime, kein richtiges aber angedeutetes Lemon, ne Songfic Kommentar: Diesmal eine Kurzgeschichte, die ich schon lange einmal schreiben wollte. Ist mein erstes Yûri deswegen seid sanft mit mir ^____^ *nya* ~*>@<*~ Bittersweet pain ~*>@<*~ -1- ~ Sie saß direkt neben dem kaputten Colaautomaten. Schon seit Wochen, jeden Tag um die selbe Stunde. Auch wenn es regnete und sich das trübe Nass beim Nachhauseweg in ihrem rot gefärbten kurzen Haar verlor. Zwischen ihren Lippen- meist schwarz bemalt- hing eine Kippe die längst nicht mehr brannte. Ihre Hände steckten in den Taschen ihres kurzen rot-karrierten Rockes. Ihre Haut schimmerte golden im Licht der Straßenlaternen. Sie war ein Punk-Goth. Trug meistens schwarz und diesen hübschen kurzen Rock. Unter selbigen lugten gestreifte Strapse hervor, sie bemühte sich auch nicht die Falten des Stoffes so zu ordnen, dass man NICHT ihr Höschen sah. Sie bevorzugte anscheinend rot. Jeden Tag bemerkte Merle sie an diesem trostlosen Ort, mit einer Gitarre in der Hand. Sie sang und ihre Stimme glich der eines Engels. Sie schien nicht von dieser Welt zu sein und wollte auch gar nicht zu ihr gehören ~ "Morgen bringst du es mir aber mit, verstanden?", fauchte Keithlin böse, schubste Merle, so dass diese unsanft auf dem Boden aufkam. Sofort scheuerte sich ihr Knie an dem harten Asphalt auf, Blut rann in bemerkenswerter Geschwindigkeit über ihre blasse Haut. Keithlin lachte wütend, knackte mit ihren nicht sonderlich ausgeprägten Fingerknöcheln und verschwand. Merle indessen blieb einfach sitzen und unterdrückte den Drang erneut loszuheulen. In letzter Zeit war sie ohnehin nah am Wasser gebaut, doch was sollte sie tun? Sich gegen Keithlin durchsetzen? Das wagte sie nicht- Und so erhob sie sich erst nach vielen Minuten des Selbstmitleids, strich ihre Schüleruniform zurecht und machte sich auf den Weg. Immerhin war SIE ja wieder da. Merle musste nur eine Station mit der U-Bahn fahren, dann ging es ihr wieder gut. Sie fuhr diese Strecke mittlerweile jeden Tag. Jeden Tag kam sie an diesem kaputten Colaautomaten vorbei und dem Engel der daneben wartete. Und auch heute wartete sie. Mit der Kippe im Mund spielte sie auf ihrer Gitarre, nur ab und zu hauchte sie einen einzelnen Ton über die sinnlichen schwarzen Lippen und Merle fühlte ein angenehmes Ziehen, dass ihren Unterleib durchflutete. Meistens blieb sie nur fünf Minuten, ehe sie sich zu ihrem eigentlichen Ziel aufmachte. Dem Friedhof. Dort setzte sie sich unter die alten gebeugten Eichen, deren Blattwerk sie vom Rest der Welt völlig abschirmte. Sie zeichnete dort die alten Engelsstatuen ab. Mit feinen Kohlestrichen brachte sie das was sie sah zu Papier und ihre Bilder waren unter den Fans sehr beliebt. Kritiker lobten ihre Werke hoch in den Himmel, man vermutete, dass hinter der Zeichnerin eine komplexe und sehr tiefgründige Seele hauste. Doch Merle war nicht so. Sie war ein Feigling, nichts weiter. Sie war feige, weil sie sich von anderen Mitschülern mobben ließ. Sie war feige, weil sie stets unter einem Pseudonym ihre Bilder veröffentlichte. Sie war feige, weil sie nie zu öffentlichen Anlässen ging und auch sonst keinen Wert auf Gesellschaft legte. Sie war feige, weil sie schon drei Selbstmordversuche hinter sich hatte, alle drei aber mitten drin abbrach. Das erste Mal war es mit einer Rasierklinge. Sie schnitt tief ins Fleisch, spürte das blanke Metall, dass Haut und kleine Äderchen durchtrennte- doch als sie das Blut sah, schrie sie auf und ließ die Klinge fallen. Das zweite Mal schluckte sie Tabletten. Doch als sie sich langsam auf die Überdosis zuarbeitete bekam sie Panik, rannte ins Klo und steckte sich den Finger in den Hals, dammit sie die tödliche Sünde wieder erbrach. Das dritte Mal stand sie auf einem Hochhaus, starrte trübsinnig nach unten und wollte gerade loslassen, als ein Windstoß sie erfasste und sie fasst von alleine gefallen wäre, hätte sie sich nicht wie ein Ertrinkender an das Geländer und die Absperrung des Daches geklammert. Ja, klammern. So konnte man es ausdrücken. Merle war des Lebens müde, doch klammerte sie sich auch daran wie ein naives Kätzchen. Keithlin wusste das. Deswegen machte es Keithlin so Spaß sie zu mobben. Und dabei blieb es nicht bei Kleinigkeiten. Letzte Woche hatte sie die Ältere Schülerin auf den Strich geschickt. Jeden Tag nahm sie ihr Unsummen Geld ab. Meistens musste das Mädchen wieder Prostitution betreiben um 'die Kohle ranzuschaffen'. Keithlin schlug sie. Keithlin nötigte sie. Keithlin nahm ihr sämtliche Würde und Ehre, die sie noch besaß. Und jetzt verlangte Keithlin den Familienschmuck. Merle war verzweifelt, wusste nicht, wie sie das anstellen sollte. Der Schmuck war mehrere Generationen alt, Unsummen wert und nun sollte sie ihn stehlen und einem durchgedrehten Teenager in die Hände drücken. Das konnte sie einfach nicht! Niemals... Merle seufzte kummervoll auf, legte den Zeichenblock und das Stück Zeichenkohle weg, ehe sie ihre Knie mit beiden Armen umschlang und den Kopf darauf bettete. Sie heulte laut auf und Tränen rannen über ihr blasses in letzter Zeit sehr schmal gewordenes Gesicht. Warum strafte sie das Leben so? Warum gerade sie? Das fragte sie sich zum abertausendsten mal, ehe sie so wie sie war einnickte und nicht einmal bemerkte, dass es zu regnen begonnen hatte. "Hey, du... wenn du hier bleibst holst du dir den Tod!" Eine warme Hand rüttelte an ihrer Schulter und als sie müde aufsah, erkannte Merle zu ihrem Schrecken, dass es IHR Engel war. Verwirrt wich sie zurück, fegte die Hand von ihrer Schulter. "Was...", stieß sie halb erstickt hervor, ehe ihr Gesicht einen herben Rotton annahm. Das Mädchen saß direkt vor ihr, ihre kleine Punk-Göttin mit den roten Haaren und wie sie jetzt sah, mit wunderschönen kristallblauen Augen. Sie lächelte liebenswürdig und strich sich eine feuchte Haarsträhne aus den Augen. "Ich kenne dich...", unterbrach der Engel die Stille, die um sie herum herrschte und Merle stieß mit einem seufzenden Laut den kalten Sauerstoff aus ihren Lungen. "... du scheinst mir jeden Tag zuzuhören wenn ich spiele, oder irre ich mich? Was machst du hier?" Sie sah sich kurz um und ihr Lächeln wurde breiter. "Obwohl ich dich auch verstehen kan, hier ist es wunderschön..." "Es tut mir sehr leid!" Aufgeregt verbeugte sich Merle, ihre pinken Haarsträhnen berührten fast den Boden. Diese Haarfarbe hatte sie übrigens auch Keithlin zu verdanken, die sie bloßstellen und in Schwierigkeiten bringen wollte. "Für was entschuldigst du dich denn?" Der Engel grinste verwirrt, schien sich am immer stärker werdenden Regen nicht zu stören. "Es tut mir leid, wenn ich sie gestört habe, aber ich finde sie singen zauberhaft... ich wollte sie nicht belästigen und... und... beobachten..." "Ach herrje, denkst du denn ich sitze zum Spaß jeden Tag in dieser Ecke? Ich will doch gehört werden, Mädel!", lachte die Rothaarige laut auf und wuschelte Merle durch das kurze Haar. "Du bist ja süß! Ich freu mich doch, dass du mir zuhörst. Das gehört doch zu meinem Traum!" Als Merle nur verblüfft aufsah, ließ sich das ältere Mädchen neben ihr nieder und umschlang ebenfalls ihre Knie mit beiden Armen. Ihre Augen schweiften unablässig über den Friedhof, der durch den Regen in einen grauen Schleier gehüllt zu sein schien. Sie lächelte immer noch geheimnisvoll. "Ich will Sängerin werden. Ich warte darauf, dass mich jemand entdeckt. Ich schicke auch Tonbänder an Studios und Labels, bisher leider ohne Erfolg." Kurz verzog sich das Gesicht, ein bitterer Schleier färbte die Augen der Rothaarigen dunkel, doch dann war sie wieder die Alte. Sie strahlte merle fröhlich an. "Wie heißt du?" "M-Merle...", wisperte die Jüngere schüchtern. "Ich bin Lana!" Lana schnappte sich die Hand Merles und drückte sie liebevoll. Beide sahen sich tief in die Augen und waren kurzzeitig gefangen. Ein Zauber umhüllte sie. "W-warum bist du eigentlich hier...", unterbrach Merle schließlich das Gleichgewicht und Lana, schreckte wie aus einem Traum hoch. Erst nach wenigen Sekunden fand sie ihr Lächeln wieder und sie zuckte belanglos mit den Schultern. "nur so..." "Aha..." Beide Mädchen schwiegen und der Regen hüllte sie weiterhin ein, kroch ihnen in den Nacken, schlüpfte unter ihre Kleidung. "Bäh... lass uns nach Hause gehen... schade, deine Sachen sind nass geworden!", bemerkte Lana mitleidig, als sie den feuchten verbogenen Zeichenblock und den verwässerten Kohlestift betrachtete. "Ist nicht schlimm!", warf Merle rasch ein, erhob sich und beobachtete ihren Engel dabei, wie sie ebenfalls austand. "komm mit zu mir, Mädel. Es liegt hier gleich in der Nähe!" Und ohne eine weitere Antwort abzuwarten, schnappte sie sich die Hand der Kleineren und zog sie brüsk mit sich- zwei Straßen weiter, durch eine Seitengasse, einen winzigen Berg hinauf, bis zu einem idyllischen Häuschen, das nicht von schlechten Eltern zu sein schien. "Du wohnst hier?", platzte es aus Merle heraus und Lana sah sie einen Moment lang bitter an. "Nur weil ich ein Punk bin, heißt das nicht, dass ich unbedingt arm bin. Mein Vater ist Makler, meine Mutter Anwältin. Wir haben Geld wie Heu... aber manchmal verfluche ich den ganzen Luxus!" "Warum?" Merle schien ehrlich verblüfft. Bis auf den Schmuck besaß ihre Familie nicht viel. "Das wirst du schon sehen!", war die knappe etwas gereizte Antwort, die die Pinkhaarige zusammenzucken ließ. Lana schloss rasch die Tür auf und zusammen betraten sie das Haus, welches unbeleuchtet war und totenstill. Rasch knipste die Ältere das Licht an, warf im gehen ihre Lederjacke weg und feuerte die nassen Springerstiefel in eine Ecke. Merle folgte ihr schüchtern. Betreten sah sie sich um und fühlte sich etwas unbehaglich. Hier war es so leer. Sogar die Einrichtung war schrecklich kühl. Stilvoll sicher- aber auch ohne jegliche Wärme. "Verstehst du mich jetzt?", fragte sie Lanas Stimme. Das Mädchen selbst war in einem Nebenzimmer verschwunden, was schwer nach einer Küche aussah. Merle nickte schwach, obwohl die andere das ja eigentlich nicht sehen konnte. "Meine Eltern sind meistens den ganzen Monat weg, wegen ihrer Arbeit. Sie kommen nur an einem Wochenende zu mir zurück. Den Rest der Zeit sind sie in Tokyo und übernachten in Hotels- getrennt natürlich. Ihre Ehe läuft nicht allzu gut schätze ich!" Mit diesen Worten trat Lana aus der Küche, sie trug ein Tablett, auf dem zwei dampfende Teetassen standen. Sie lächelte und unter der letzten Schicht Lippenstift schimmerte ein rosa Mund hervor. "Hier, du bist sicher unterkühlt!" Dann rannte sie eine Treppe hinauf, kam Augenblicke später mit zwei riesigen Badetüchern zurück. "Trockne dich ab!" Sie schleuderte Merle eines der Tücher an den Kopf lachte dabei herzhaft und begann sich selbst trocken zu rubbeln. Merle war im ersten Moment so perplex, dass sie zu keiner Aktion fähig war, weswegen Lana schmunzelnd ihren Part übernahm. Sie schnappte sich das Tuch, begann die Haare des Mädchens mit sanften Druck zu frottieren. "Du musst aus den nassen Sachen raus...", murmelte sie geistesabwesend, öffnete dabei die Knöpfe von Merles Schüleruniform, welche rot anlief und sich rasch freikämpfte. "Vielen Dank für die Gastfreundschaft, aber ich muss jetzt wirklich gehen!" Fast fluchtartig rannte die Pinkhaarige aus dem Haus. Lana blieb nur verstört zurück und besah sich ihre Hände. Hatte sie irgendwas falsch gemacht? Merle rannte und unterdrückte die Tränen- obwohl die bei dem Regen sicher niemanden aufgefallen wären. Warum hatte sie eigentlich so über reagiert? Lag es daran WIE Lana ihre Sachen geöffnet hatte? Die langen Finger, die langsam Knopf für Knopf aus den dazugehörigen Löchern schoben? Natürlich hatte es daran gelegen. Lana hatte die gleiche Art gehabt sie auszuziehen wie ihre Freier. Und Merle konnte, nein wollte einfach nicht daran denken, was dies Männer damals mit ihr gemacht hatten. Es war zu früh dazu. Sie war viel zu zerbrechlich für solcherlei Gedanken. Andererseits, Lana stellte doch gar keine Gefahr da. Immerhin war sie ein Mädchen wie sie. "Das heißt gar nichts...", murmelte Merle finster. Mittlerweile hatte sie aufgehört zu rennen, trottete statt dessen nach Hause. Mit gesenktem Kopf. Sie erinnerte sich daran, was Keithlin schon alles mit ihr angestellt hatte. Natürlich konnten Mädchen so etwas auch tun. Und es gab ja auch Lesben. "Aber Lana ist nicht so..." In Merles Gedanken waren Lesben etwas schlimmes, verwerfliches. Das hatten ihr ihre Eltern beigebracht und Keithlin, die sie stets mit diesem 'Schimpfwort' titulierte, nur weil sie nicht mit alten Männern schlafen wollte. "Nein Lana ist nicht so..." Und so ging sie einsam durch den Regen, war sich nicht einmal bewusst, dass sie doch gar nicht wissen konnte, ob Lana wirklich 'SO' war. Das Einzige was sie wusste war, dass sie sich dafür schämte wie sie reagiert hatte. Und zwar gewaltig. Wochenlang hatte sie sie beobachtet und heimlich bewundert. Und nun konnte sie endlich mit ihr zusammen sein und sie verdarb alles mit ihrer naiven dummen Furcht. Mit einem flauen Gefühl im Magen musste Merle an die Schmetterlinge denken, die sie stets gespürt hatte, wenn sie Lana ansah. Doch konnte sie diese Empfindung noch nicht zuordnen. vielleicht lag es daran, dass sie das rothaarige Mädchen irgendwie beneidete? Das musste es sein! Etwas anderes konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Minuten später stand sie vor ihrer eigenen Haustür, bemerkte nur halb, dass es schon stockdunkel war und das sie Stunden lang durch den Regen gelaufen sein musste. Sie schniefte unterkühlt, fischte aus ihrer Schultasche den Hausschlüssel und fingerte ihn umständlich ins Schloss, welches sofort aufgerissen wurde. "Wo warst du!", herrschte sie ihre Mutter mit blassem Gesicht an und zog das nasse Mädchen in eine innige Umarmung. "Ich hab mir Sorgen gemacht..."- "Ist sie da?", erklang es dunkel hinter der Frau welche bestürzt zusammenzuckte. "Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst nach der Schule gleich nach Hause kommen!" Ein Mann ergriff Merles Mutter bei der Schulter und stieß diese unsanft weg. Selbige schrie erschrocken auf, begann zu flehen, doch Merle wusste was nun folgte. Ein heftiger Schlag traf ihr Gesicht und feuerte sie gegen die nächste Wand. "Onkel-", setzte sie mutlos an, doch da erwischte sie auch schon der nächste Faustschlag. Diesmal im Magen. Wimmernd brach Merle zusammen, sah schwach zu ihrem Onkel auf, der sich die Fingerknöchel rieb. "Lass dir das eine Lehre sein!", drohte er noch, ehe er ins Wohnzimmer verschwand und weiter fernsah. "Es tut mir so leid...", stotterte ihre Mutter, als sie dem Mädchen schwach aufhalf und ihre blutende Lippe mit einem Taschentuch abtupfte. "Ich werde mit deinem Vater sprechen..." Doch Merle wusste, dass dies nichts bringen würde. Ihr Vater war wie sie ein Feigling. Seit seine Firma pleite ging und sie alles verloren hatten außer den Familienschmuck, lebten sie bei dem Bruder ihrer Mutter. Einem brutalen Säuferschwein. Doch er hatte Geld und nahm die Familie auf. Nur dass er Merles Mutter als Putze missbrauchte und sie selbst des öfteren schlug. Ihr Vater konnte nichts dagegen sagen. Er war den ganzen Tag auf Arbeitssuche, hielt sie mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Merle wusste immer noch nicht, warum sich ihr Onkel das Recht heraus nahm über ihr Leben zu bestimmen und sie zu schlagen. Doch wehren konnte sie sich nicht. Wie gesagt, sie war ein Feigling. Aus diesem Grund zog sie sich- wie so oft- allein auf ihr Zimmer zurück. Später am Abend, es war fast Mitternacht, kehrte ihr Vater nach Hause zurück und Merle konnte hören, dass er betrunken war. Er heulte laut, stritt mit ihrer Mutter, verbarrikadierte sich dann im Schlafzimmer, während sich die Frau auf das Sofa zurück zog. Merle unterdessen, presste das Gesicht ins Kopfkissen und versuchte sich mit anderen Gedanken abzulenken. Doch sie konnte einfach nicht einschlafen- zu viel ging ihr durch den Kopf und immer wieder tauchte Lanas Bild vor ihrem geistigen Auge auf. Das pinkhaarige Mädchen schniefte traurig, überlegte nochmals, warum sie eigentlich so über reagiert hatte, dann jedoch fielen ihr endlich die Augen zu. ~*~ Wenn Fäuste nieder hageln auf meinen sturen Leib. Wenn Worte mich fest nageln, aus Unmut, Hass und Neid. ~*~ Am nächsten Morgen wäre sie wie so oft überhaupt nicht aufgestanden, hätte ihr kleiner Wecker sie nicht immer und immer wieder daran erinnert, dass sie doch Schule hatte. Trostlos und furchtbar deprimiert schälte sie sich aus dem warmen Decken, schlurfte ins Bad um dort zu duschen und ihre Lebensgeister zu wecken. Erst danach begab sie sich in die Küche um dort zu frühstücken. Ihr Vater war wie so oft bereits weg und ihre Mutter mühte sich mit eingesunkenen Schultern und wilden Haaren ein Frühstück vorzubereiten. Merle selbst nahm sich ein paar Kornflakes, betrachtete ihren Onkel, der ebenfalls am Tisch saß und Zeitung las. Vorsichtig legte ihm Merles Mutter gebratenen Speck und zwei Spiegeleier auf den Teller, was selbiger jedoch nur mit einem Grunzen zur Kenntnis nahm. Merle sagte nichts, kaute auf ihren Kornflakes herum, die bereits alt schmeckten und modrig. Wer weiß, wie lange sie schon im Schrank versauerten, doch das gleiche Frühstück zu verlangen wie ihr Onkel- das wagte sie einfach nicht. "Hast du gut geschlafen?", fragte ihre Mutter zaghaft, zuckte aber sogleich zusammen, als Merles Onkel drohend über den Rand seiner Zeitung blickte. Er mochte es nicht, wenn am Tisch geredet wurde. Merle statt dessen nickte nur schwach, widmete sich ihrem scheußlichen Frühstück und versuchte das unangenehme Gespinst in ihrem Magen zu ignorieren. Doch je mehr Zeit verstrich um so unangenehmer wurde das Gefühl und als es Zeit war aufzubrechen, hätte sie am liebsten los geheult. Sie wollte nicht in die Schule... dort würde sie Keithlin wiedersehen und den Familienschmuck hatte sie immer noch nicht. Was würde die ältere Mitschülerin nur mit ihr anstellen wenn sie es erfuhr? Merle wollte am liebsten gar nicht darüber nachdenken. Ihre Mutter verabschiedete sie scheu an der Wohnungstür, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, ehe sie zurück in die Küche schlüpfte um das Geschirr zu spülen. Seit sie hier wohnten, pflegte ihre Mutter dieses Schattendasein und auch sie selbst begann immer mehr sich 'unsichtbar' zu machen. Wenn ihr Onkel sie gar nicht erst bemerkte, würde er sie auch nicht schlagen, das war die Devise. Auch in der Schule wurde es nicht besser. Den ganzen Tag über versuchte Merle Mäuschen zu spielen. In den Pausen versteckte sie sich sogar schutzsuchend in einer Besenkammer. Die Angst nagte an ihren Nerven und sie saß die ganze Stunde lang nervös auf ihrem Stuhl, hätte jedesmal fast aufgeschrieen, wenn ihr Lehrer sie dran nahm. So konnte das nicht weiter gehen, Merle wusste das. Draußen hatte es wieder zu regnen begonnen. Leise fielen die kleinen Tropfen zu Boden wie funkelnde Juwelen, versprachen dem Mädchen kurzzeitig die fragile Illusion von Schutz. Doch als es nach der letzten Stunde klingelte und alle Schüler aus dem Gebäude strömten- freilich unter ihren oft bunten Schirmen versteckt- verlor Merle das Katz und Maus spiel. Eine harte Hand legte sich auf ihre Schulter, drückte erbarmungslos zu, als sie gerade die Schule verlassen wollte. "Nicht so schnell!", wisperte eine kalte Stimme in ihr Ohr und Merle wurde zu den Schließfächern gedrängt, ehe sie sich umwenden konnte. "Bitte...", murmelte sie kummervoll, doch die Hand lockerte sich in keiner Weise. Im Gegenteil- nun wurde Merle brutal herum gerissen, blickte in die katzenhaften großen Augen ihres Untergangs. Keithlin sah sie zornig an, ihr Mund zu einem schmalen Strich verzogen, krallte sie ihre Finger immer tiefer in den Stoff von Merles Schüleruniform. Diese gab einen hellen quietschenden Laut von sich, wagte es aber nicht zu schreien. "Wo warst du den ganzen Tag? Ich hatte schon das Gefühl, dass du mir aus dem Weg gehst..." "N-nein, niemals!", versuchte sich Merle rauszureden, erntete eine heftige Ohrfeige dafür. "Schnauze! Wo ist der Schmuck? Du hast ihn doch dabei, oder?" Merles Herz zog sich krampfhaft zusammen und ihre Augen weiteten sich vor nackter Panik. Ihre Schultern bebten unablässig, ehe das Zittern ihren ganzen Körper ergriff. Ein riesiger Klos in ihrem Hals verwehrte ihr das Sprechen, so konnte das Mädchen nur geknickt den Kopf schütteln. "WAS!", schrie Keithlin daraufhin, presste Merle mit einem starken Stoß gegen die Schließfächer, so dass alle Luft aus ihren Lungen entwich. "Sehe ich so weichlich und milde aus, dass du dir solche Spielereien erlauben kannst? Hältst du mich etwa für dumm?'' "N-nein...", würgte Merle hervor, erntete nochmals einen Schlag, diesmal in den Bauch, der immer noch vom Vorabend weh tat. Diesmal schrie sie. "Halt den Mund!", fauchte Keithlin drohend. Ehe sie eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche zog und sich eine ansteckte. "Mir scheint, ich muss dir eine Lektion erteilen!" Mit diesen Worten nahm sie die angerauchte Kippe aus dem Mund, krempelte den Ärmel von Merles Schüleruniform nach oben und presste die Zigarette direkt auf das weiße empfindliche Fleisch der Armbeuge, dort wo eine kleine blaue Ader durch dei Haut schimmerte. Merle schrie, und ihre Stimme schwoll zu einem hysterischen Fiepen an, das selbst Steine erweicht hätte. Keithlin jedoch grinste nur, nahm die Zigarette von der verunstalteten Haut und betrachtete ihr Werk. "Was hast du denn... es blutet nicht mal..." Wimmernd wollte die Pinkhaarige zusammenbrechen, doch ihre Peinigerin ließ sie nicht. Statt dessen zündete sie die Kippe erneut an, nahm zwei Züge und deutete mit dem brennenden Glimmstengel auf das Gesicht Merles. "Noch mehr solche Sperenzchen und ich drück das Ding in deinem hübschen kleinen Gesichtchen aus!" Dann jedoch wandte sie sich ab, ging lachend ein paar Meter, ehe sie sich nochmals umwandte. "Morgen bringst du mir den Schmuck, sonst sieht dein linkes Auge nie wieder das Tageslicht!" Danach verschwand sie und Merle brach heulen zusammen. Vorsichtig tastete sie über die wunde Stelle und wimmerte kläglich. Schluchzend zog sie die Knie an, lehnte den Kopf gegen die Schließfächer und gab sich kurzzeitig ihren Tränenbächen hin, die einfach nicht versiegen wollten. Was sollte sie nur tun? Es gab wirklich niemanden, NIEMANDEN der ihr jetzt noch helfen konnte. "Aber ich kann doch Vater und Mutter nicht bestehlen... das geht einfach nicht..." trostlos saß sie noch viele Minuten allein in der Schule, ehe auch sie sich auf den Weg machte. Es regnete immer noch in Strömen, als sie aus der U-Bahn stieg und langsam die unzähligen Stufen zum Einkaufsviertel hinauf stieg. Um sie herum herrschte reges Treiben. Frauen mit ihren Kindern liefen, unter schwarze Schirme gequetscht, von einem Geschäft zum nächsten. Makler und Anwälte schoben sich mit ihren schweren Aktentaschen an ihr vorbei, würdigten sie jedoch keines Blickes. Merle lief langsam, hatte keinen Schirm und störte sich nicht an dem geschäftigen Treiben um sie herum. Ihre Augen waren auf nur ein Ziel gerichtet, dem einzigen Lichtblick an diesem schwarzen Tag. 'Was wenn sie sauer ist, oder sich gar nicht an mich erinnert?', schoss es ihr durch den Kopf, doch sie fegte den Gedanken mit einer unwirschen Handbewegung zur Seite. Lana saß wie jeden Tag an der gleichen Stelle neben dem kaputten Colaautomaten. Sie spielte wie immer ihre Gitarre voller Wärme und ihr Gesang machten all die schlechten Eindrücke des Tages wieder wett. Es war als würde in Lanas Welt nicht einmal Regen fallen. Sie selbst wurde jedenfalls nicht nass, was wohl an dem kleinen Vordach lag, das von einem winzigen Tabakgeschäft wegführte und den Automaten und somit auch das Mädchen abschirmte. Lana hatte die Augen geschlossen, sang ihr altbekanntes Lied, obwohl sich heute anscheinend niemand die Mühe machte inne zu halten und ihr zuzuhören. Schließlich regnete es und die Leute hatten besseres zu tun. Merle unterdessen stand nicht unweit von ihr auf dem großen Marktplatz, beobachtete sie dabei wie sie spielte und wurde immer mehr vom fallenden Regen durchgeweicht. Der Schleier aus winzigen Wassertröpfchen hüllte sie ein, doch das Mädchen bemerkte dies nicht einmal. Sie war viel zu gebannt vom Spiel ihrer gestrigen Bekanntschaft. Als das Lied beendet war, legte Lana seufzend die Gitarre weg und sah sich um. Ihr Blick streifte Merle, die wohl die einzige Person weit und breit ohne Schirm war und ein breites Lächeln verzog den schwarz gefärbten Mund des Mädchens. "Merle!" Die Angesprochene zuckte merklich zusammen. Kurz war ihr sogar nach weglaufen zumute, doch sie fasste sich recht schnell wieder. Immerhin erkannte sie Lana noch! Und Lana schien auch nicht böse auf sie zu sein! Vorsichtig schritt das pinkhaarige Mädchen zu ihr. "Ich hab mir Sorgen gemacht!", offenbarte ihr die Rothaarige fröhlich und steckte sich eine Zigarette an. Bei dem Anblick zuckte Merle unwillkürlich zusammen, was der Anderen nicht verborgen blieb. "Ja ich weiß... es ist ein schreckliches Laster und schlecht für die Stimme..." Mit diesen Worten feuerte sie die Kippe in den Regen, sah ihr jedoch einen Moment lang wehmütig nach. "Schade ums Geld ist es trotzdem..." "Tut mir leid...", entschuldigte sich Merle rasch, erntete aber nur ein wohlwollendes Lächeln von Lana. "Schon gut, Mädel... komm setz dich zu mir! Mir ist grade langweilig!" Es verstrich fast eine ganze Stunde, in der die beiden Mädchen nebeneinander hockten und sich herzlich unterhielten- obwohl es eher Lana war, die sprach. Merle unterdessen lauschte angeregt, bemerkte, dass ihr schlechtes Empfinden zunehmend von einem bohrenden Glücksgefühl abgelöst wurde. Nach der zweiten Stunde ging es ihr sogar relativ gut und es war, als wären ihre Sorgen wie weg geblasen. "Nah, ich sehe schon, das wird heute nichts mehr..." Lana seufzte enttäuscht, packte die Gitarre in eine kleine Stofftasche aus Nylon und Polyester. "Besser ich gehe nach Hause... und du solltest das auch tun, du bist pitschnass." Bei dem Gedanken an zu Hause verdüsterte sich Merles Gesicht und sie starrte trostlos auf den Boden. "Was ist?", fragte die Ältere einfühlsam, da sie die Stimmungsschwankung der Kleineren bemerkt hatte. "Nichts...", versuchte sich Merle rauszureden, erkannte aber in Lanas Miene, dass diese ihr nicht glaubte. "Ich muss dann los...." "Kommst du morgen wieder her? Dann können wir uns wieder unterhalten..." "Hm, mh!", nickte Merle kurz angebunden, ehe sie hinaus in den Regen rannte und aus Lanas Blickfeld verschwand. "Komisches Mädchen...", murmelte selbige freundlich und packte ihre Sachen, ehe auch sie nach hause ging. Merle streunte noch lange allein umher. Sie konnte sich einfach nicht dazu durch ringen nach Hause zu gehen. Es dämmerte bereits und die Gegend versank in einem trostlosen melierten Grau, das Stück für Stück durch ein finsteres Schwarz übermalt wurde. Es regnete immer noch und sie begann allmählich zu frieren. Kleine weiße Atemwölkchen stiegen gen Himmel, während sie eine Straße überquerte und vor ihrem Haus stehen blieb. Heute war es sogar noch später als am Tag zuvor und sie wusste was für ein Donnerwetter auf sie zukam. Sie zitterte leicht, hatte Angst vor der Reaktion ihres Onkels und dem Diebstahl, der ihr noch bevor stand und sie konnte sich einfach nicht dazu durchringen zu klingeln oder auch nur zu klopfen. Doch das brauchte sie auch gar nicht mehr, denn plötzlich wurde die Haustür aufgerissen und ihr wutschnaubender Onkel kam aus dem Haus gestürzt. "Du elendes Miststück, na warte wenn ich dich in die Finger kriege!" ... Lana schubste mit ihrer Kehrseite den Kühlschrank zu, während ein dickes Sandwich zwischen ihren abgeschminkten Lippen hing. Sie hatte sich umgezogen, trug nun einen roten Seidenpyjama, der ihr schmeichelnd die Haut koste. Ihr Blick war starr auf den Fernseher im Wohnzimmer gerichtet, den sie von der Küche aus sehr gut sehen konnte. Die linke Hand trug eine Flasche Milch, die Rechte einen Teller mit einem riesigen Stück Kuchen darauf. Heute war ihr einfach nach sündigen zu mute. Ihre rot gefärbten Haare waren unter einem hellblauen Handtuch verborgen, dass sie sich wie einen Turban um den Kopf gewickelt hatte. Wenigstens war sie jetzt trocken und es versprach ein gemütlicher Abend zu werden- wenn auch ein einsamer. Der Nachrichtensprecher erklärte etwas von weiteren Regengüssen, ehe Lana auf einen Musiksender umschaltete und sich das neuste Lied von 'Blast' anhörte. Sie nickte kurz, verzog dabei kurz das Gesicht, da sich das ganze doch schon sehr nach Mainstream anhörte. Als Blast noch unentdeckt und 'Indie' war, da waren wie richtig gut... doch jetzt. "Stuss, ich könnte das tausendmal besser!", murmelte das Mädchen gedankenverloren vor sich hin und warf einen Blick auf die Gitarre, die sie im Flur einfach in eine Ecke gefeuert hatte. Wie sehr sie sich doch wünschte auch mal so Musik machen zu können. Indie würde ihr schon reichen. Es musste ja kein bekanntes und beliebtes Plattenlabel sein. Sie seufzte und starrte trostlos auf den Teller mit dem Kuchen, den sie inzwischen mit der Milch auf den Couchtisch gestellt hatte. Das Sandwich steckte schon gut gekaut in ihrem Magen. Sie brauchte dringend eine Band, sonst würde sie es nie schaffen. Es gab selten Punk-Goth Bands mit nur einer Person. "Ich brauche einen Drummer und einen Basisten... vielleicht noch ne zweite E-Gitarre und Vocals... meine Stimme allein klingt langweilig...." Sie schüttelte kurz den Kopf, beschloss nochmals mit den Selbstgesprächen aufzuhören und überlegte sich fieberhaft ob sie nicht das nächste mal ihre E-Gitarre zum Marktplatz mitnehmen sollte. Natürlich nicht ohne ihren Verstärker. Als sie sich endlich dazu entschlossen hatte, die Musik für heute Musik sein zu lassen und sich statt dessen ihrem Kuchen zu widmen, da klingelte es plötzlich an ihrer Tür. Nur ganz kurz, fast überhörbar. "Wer zum Teufel ist das denn um diese Uhrzeit? Wenn das wieder so 'n Kerl von irgendeiner Sekte ist, dann..." Doch es war keine Sekte... ~*~ Dann lass mich nicht allein, wenn Dunkelheit mich hüllt. in schwarze Watte ein, die Leere mir nicht füllt!~*~ "Ach du sch...!" Lana blieb das Wort im Halse stecken, als sie auf das kleine Treppchen direkt vor ihrer Haustüre starrte. Direkt dort, mit dem gebrechlichen Rücken gegen die Hauswand gelehnt, saß Merle und der Regen hatte sie immer noch völlig durchweicht. Kleine Tropfen perlten wie funkelte Sterne von ihren Haaren und ihr heißer Atem kräuselte sich lautlos in der eisigen Abendluft. Lana musste zweimal hinsehen, ehe sie das zarte schmale Gesicht wiedererkannte, denn jetzt war es schrecklich verquollen und ein Auge war knallrot und zu geschwollen. "I-ich wusste nicht wo ich hin sollte... Störe ich? Wenn ja ich kann auch wieder..." Doch da hatte sie die größere schon am Handgelenk gepackt und zog sie ins Haus. Dort angekommen besah sie sich die auftauchenden blauen Flecken in Merles Gesicht und auf ihren Armen. "Wer war das!?", flüsterte sie leise, aber so scharf, dass die kleinere geschockt zusammenzuckte. Tränen sammelten sich in ihren Augen. "I-ich bin hingefallen..." "Stuss!" Lana zog das Mädchen in eine innige Umarmung und drückte sie fest an ihr Herz. Sie hätte fast selbst angefangen zu heulen. Wer zum Teufel konnte einem so süßen und zarten Geschöpf so etwas antun? "A-aber...", versuchte Merle einen halbwegs vernünftigen Satz zu beginnen, doch die Tränen ließen ihre Stimme brechen wie dünnes Eis. Sie klammerte sich haltsuchend an die Rothaarige presste ihr Gesicht fest an deren Halsbeuge und weinte bittere Tränen der Verzweiflung und Scham. "Shhh... ganz ruhig, lass alles raus!", lullte sie Lana mit sanfter Stimme ein, brachte Merle damit sogar so weit, dass ihr vom vielen weinen die Augen zu fielen. "Kann ich heute Nacht..." "Natürlich kannst du bleiben! Du kannst im Gästezimmer schlafen..." Sie sah dem pinkhaarigen Mädchen sanft ins Gesicht und wischte vorsichtig eine Träne weg. Merle unterdessen blickte etwas betrübt zu Boden und knetete unwirsch an ihren Fingern herum. "Kann ich vielleicht auch bei dir schlafen..." "Klar!" Lana zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe, legte aber schützend einen Arm um das zitternde Bündel, als sie Merle zur Couch bugsierte und sie darauf setzte. "I-ich kann heute Nacht einfach nicht allein sein... w-weißt du...", stotterte die Pinkhaarige aufgewühlt und wischte sich mit ihrem Hemdsärmel das Gesicht. Lana verließ sie für einen Moment um den Verbandskasten aus dem Keller zu holen, mit dessen Hilfe sie die zahlreichen Wunden versorgte. "Ich hol ein Steak aus 'm Kühlschrank." "Oh, ich hab aber keinen Hunger..." "Nicht zum Essen, Dummchen!", lächelte Lana amüsiert und tippte der Kleineren sanft an die Stirn. "Für dein Auge, damit die Schwellung zurück geht." "A-ach so...", murmelte Merle und lief unwillkürlich rot an. Lana lachte leise, wuschelte ihrem Patienten kurz durch das halblange Haar ehe sie ein Stück Fleisch aus der Tiefkühltruhe fischte und es ihr brachte. Merle unterdessen lehnte sich haltsuchend an die Polstergarnitur und kämpfte damit nicht einzudämmern. Das Weinen hatte sie müde gemacht und sie wollte den Tag einfach nur vergessen. Unterdessen verband Lana die Wunde in Merles Armbeuge, die mittlerweile rot umrandet und leicht entzündet war. "War das die selbe Person, die dir das angetan hat?", fragte Lana und deutete auf Merles Gesicht. Diese jedoch schüttelte nur resigniert den Kopf und sah beschämt zur Seite. "I-ich sag doch... i-ich bin hingefallen..." "Und bekommst davon eine Zigarettenbrandwunde in der Armbeuge. Ja klar!" Lana verzog beleidigt den Mund, sagte aber nichts weiter. Wenn Merle nicht darüber reden wollte konnte sie nichts weiter tun, als ihr so weit zu helfen wie es im Moment nötig war. "Du kannst heute Nacht von mir einen Pyjama haben wenn du willst und Waschzeug haben wir auch alles doppelt. Meine Eltern haben öfters Besuch wenn sie mal da sind..." Die Verbitterung in der Stimme der Älteren war nicht zu überhören und Merle sah betrübt auf. "Ich möchte wirklich nicht stören..." "Und ich sagte schon: Du störst nicht! Ich bin doch sowieso die ganze Zeit allein. Einen Freund hab ich nicht, der hier herrein schneien könnte, also mach dir keinen Kummer!" "Vielen Dank..." Merle senkte beschämt den Kopf, konnte nicht verhindern, dass erneut Tränen zu fließen begannen. Was war denn los? Normalerweise weinte sie doch nur wenn sie allein war. Und auch jetzt konnte sie nur noch denken: 'Sie sieht dich! Hör auf das schwache Girlie raushängen zu lassen!' Doch ihr Gesicht brannte wie Feuer und ihr Arm schmerzte. Ihr Onkel hatte sie mit voller Wucht geschlagen, ohne einen Rückhalt hatte es sie durch den halben Vorgarten gewirbelt. Ihre Mutter wollte den Mann noch aufhalten, doch er schüttelte sie ganz leicht ab, ehe er Merle wieder auf die Füße riss und seine Faust in ihrer Magengrube versenkte. Ihr Unterleib pochte deswegen immer noch schrecklich. Danach hatte er ein paar Ohrfeigen ausgeteilt, die das Mädchen fast das Bewusstsein gekostet hatten Und als sie von ihm davon lief, schwoll das sonst dürre Gesicht in Rekordzeit zu einem roten blutigen Klumpen an. Merle wollte jetzt lieber nicht in den Spiegel schauen. Sonst schlug sie ihr Onkel selten ins Gesicht, aber heute war wieder so ein Tag gewesen, an dem er keine Rücksicht kannte. "Autsch!", zischte Merle leise, als Lana mit einem Wattebausch die Blutkrusten von ihrer Haut entfernte. "Am besten du bleibst gleich ein paar Tage da... so kann ich dich nicht zurück zu deiner Familie lassen. Das war doch sicher dein Vater, oder?" "Vater würde mich nie schlagen!", fuhr die Kleinere auf und erntete einen kritischen Blick seitens Lana. "Dann war es deine Mutter?" "Niemals!" Merle verzog ein wenig verärgert das Gesicht, ließ es dann aber, als ein immenser Schmerz ihren Kopf durchzuckte. "Wer war es dann?", bohrte Lana unbarmherzig nach und die Pinkhaarige gab schließlich resigniert auf. "Es war mein Onkel." "Was? Warum schlägt dich denn dein Onkel?" "Er ist unzufrieden, weil wir ihn nerven. Er will uns loswerden, doch wir können uns nicht mal eine Einzimmerwohnung leisten. Vater findet einfach keine richtige Arbeit und Mutter hat nie etwas gelernt, weil sie und Vater sehr früh heirateten. Ich bekomme seinen ganzen Zorn ab, weil ich mich am wenigsten wehre..." "Das ist schrecklich unfair!" Zornig funkelte Lana ins Leere und überlegte mit gierigem Groll, was sie dem 'netten' Onkel gerne antun würde. Wer konnte es auch wagen etwas so liebes zartes und zerbrechliches wie dieses Mädchen verletzen zu wollen. Sanft schloss die Ältere das Pinkhaarige Mädchen nochmals in die Arme und drückte sie tröstend. Am liebsten würde sie alles Unheil von ihr abwenden. Ein noch nie da gewesener Beschützerinstinkt erfüllte sie und daher ignorierte sie auch das verwirrte und beschämte Gesicht Merles. "Vielen Dank!", murmelte diese schüchtern, sah lange zu Boden, ehe sie erneut den Blick der Größeren suchte. "Du bist so schrecklich nett zu mir, wie kann ich das je wieder gut machen?" "Bleib bei mir!", schoss es aus Lana heraus und ihr Übermut überraschte selbst sie. "Bei dir zu Hause geht es dir schlecht und ich habe massig Platz! Ich will nicht, dass du dahin zurück kehrst!" "A-aber ich kann doch nicht... wir kennen uns doch gar nicht... ich meine..." "Dann werden wir uns eben kennen lernen müssen! Hier!" Sie hob ihre Faust und spreizte einzig und allein ihren kleinen Finger ab. "Ich will deine Freundin werden! Ich werde dich ab heute beschützen!" Und mit einer jähen Bewegung erfasste sie den kleinen Finger Merles und hakte sich fest ein. "Ein Schwur der nicht gebrochen werden kann!" Merle starrte sie nur perplex und verwirrt an. Es war das erste Mal, dass sie einen so direkten und unbeschwerten Charakter traf, der so viel Wärme einzig und allein in einem Blick ausdrücken konnte. Lächelnd drückte sie sanft zurück und nickte. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Augen erneut glasig wurden, doch das war jetzt ganz egal. "Versprochen..." "... ist versprochen und wird niemals gebrochen! Ab heute sind wir Freunde und beschützen einander!" Merle nickte und kleine Tränchen kullerten über die erröteten Wangen. Lana sah dies und grinste sanft, legte eine Hand auf die Wange ihrer neuen 'Freundin' und wischte das Nass mit dem Daumen ganz vorsichtig fort. "Ich glaub ich hab dich jetzt schon zum fressen gern!", scherzte sie und die Pinkhaarige kicherte kurz. Lana schaffte es doch tatsächlich sie von den Problemen des Alltags ein wenig abzulenken. "OK!", platzte es aus der Rothaarigen hervor, ehe sie aufstand und ihr Kreuz knacken ließ. "Hast du Hunger? Ich könnte uns was zum Essen machen! Was isst du gerne?" Erneut errötete Merle, als sie über diese Frage nachdachte und betroffen zu Boden starrte. Wie lange war es her, dass sie was anderes als Miso-suppe und Instand-Rahmen gegessen hatte? Aber was as sie denn nun gerne? Sie überlegte lange, ehe sie aufblickte und ihre Augen zu strahlen begannen. "Erdbeerpfannkuchen!" "Was?" Lana war überrumpelt. Sie starrte die Kleine eine Weile an, ehe sie zu lachen begann. "Was ist denn bitte schön das, Mädel?" "Du kennst es nicht?" Vorsichtig erhob sich nun auch Merle. Sie war ganz in ihrem Element. "Das ist ein Pfannkuchen mit kleinen Erdbeerstücken drin!" "Erdbeeren um diese Jahreszeit? Ich glaub nicht, dass es welche gibt und jetzt ist es eh zu spät um welche kaufen zu gehen... tut mir leid. Aber ich hab noch Äpfel. Würde das auch gehen?" "N-natürlich... ich wollte nicht anmaßend erscheinen...", murmelte Merle und ein zarter rosa Schimmer legte sich über ihre blauen Wangen. "'Anmaßend'? Du scheinst ziemlich klug zu sein... bist du gut in der Schule?" Lana stolzierte in die Küche, begann damit in einem Schrank nach einer Pfanne zu wühlen. "Ah hier..." Sie stellte sie auf den Herd ehe sie zum Kühlschrank schlenderte und die benötigten Zutaten heraus fischte. "Nein... ich bin nicht klug... ich hab ziemlich mittelmässige Noten. Und ich bin auch in keiner AG und so... in Mathe habe ich ziemliche Probleme sogar..." "Hm...", Lana sah auf und lächelte aus der Küche zu ihrer Freundin, die sich wieder auf das Sofa gesetzt hatte. "Ich kann dir ein wenig Nachhilfe geben wenn du willst. Ich bin eigentlich ganz gut in Mathe." "Das würdest du tun? Vielen Dank!" Merle strahlte von einem Ohr zum anderen, ließ aber auch das schnell sein, da ihre malträtierte Haut dadurch höllisch spannte. Auch ihr Magen rummorte noch wegen den Schlägen, doch sie konnte einfach nicht verhindern, dass sie sich allmählich wohl zu fühlen begann. "Essen ist in zehn Minuten fertig!" Lana kam aus der Küche um nach ihrem Schützling zu sehen und entdeckte selbige eingerollt auf der Couch- sie war eingeschlafen. Ein gutmütiges Lächeln zierte die Lippen der Älteren, als sie ihr sanft durch das kurze Haar strich und sie vorsichtig auf die Stirn küsste um sie nicht zu wecken. 'Es ist schön jemanden im Haus zu haben!', dachte sie glücklich und betrachtete lange das schlummernde Gesichtchen. Merle hatte bei dem sanften Kuss leise aufgeseufzt. ~*~ Bittersweet pain, sei mein einziger Schmerz! Bittersweet pain, nur du berührst mein Herz! Ich glaube an den fernen Tag an dem du mich erretten magst. Bittersweet pain! ~*~ Sonnenlicht weckte Merle in der Frühe. Als sie sich erschrocken aufrichtete wusste sie zunächst nicht einmal, wo sie war. Doch dann erinnerte sie sich an den vorherigen Abend und ein dunkler Schleier breitete sich über ihr Gesicht aus. Sie lag immer noch auf dem Sofa, doch Lana hatte sie keinesfalls allein gelassen. Das rothaarige Mädchen saß in dem kleinen Sessel neben ihr und war in ihm eingenickt. Über Merle selbst, war eine karierte rote Decke ausgebreitet. Sie lächelte, als sie Lanas schlafendes Gesicht sah und kurz durchströmte sie ein schwaches Glücksgefühl. Vorsichtig stand sie auf und suchte ein Bad. Selbiges fand sie im ersten Stock- direkt neben Lanas Zimmer wie sie feststellte. Langsam trat sie ein und wusch sich das Gesicht- sehr vorsichtig, als da Wasser auf ihrer Haut und in den Wunden zu brennen begann. Sie sah auf und betrachtete sich lange im Spiegel. Kurz hatte sie den Drang zu schreien, denn sie erkannte sich selbst nicht mehr. Ihr Gesicht war immer noch dünn und bleich, doch unter den augen war alles blau, grün oder tiefviolett verfärbt. Das rechte Auge war leicht zu geschwollen, rot und tränte immer noch. Ihr anderes Auge war blutunterlaufen und sah ebenso erschreckend zerschlagen aus. Ihre Unterlippe schien nur noch aus einer schwarzen Kruste zu bestehen und ihre fahlen Wangen wirkten durch die zahlreichen Beulen eingesunken und knöchern. "Was hast du getan?", flüsterte sie erschüttert und berührte sachte ihr eigenes Spiegelbild. Sie konnte es einfach nicht glauben, wie ihr Onkel nur so fest zuschlagen konnte, dass sie jetzt so aussah. Sie wimmerte unterdrückt und wandte sich ab. Irgendwie schämte sie sich jetzt aus dem Bad zu treten. Sie wollte nicht, dass Lana sie so sah und natürlich hatte sie keine Ahnung, dass sie am Vortag noch wesentlich schlimmer ausgesehen hatte als heute. "Du bist wach?", erklang eine schläfrige Stimme hinter ihr und Merle zuckte kreischend zusammen, duckte sich aus einem Reflex und schützte ihren Kopf. Lana sah erst perplex, dann entgeistert zu dem Mädchen hinab, die auf dem Boden hockte und sich vor Schlägen abschirmte. "Er hat dir wirklich weh getan und das nicht nur äußerlich...", stellte sie bitter fest und ergriff die Hand des Mädchens. Die Pinkhaarige ließ sich gerne aufhelfen, war aber knallrot im Gesicht, weil sie sich ihrer Reaktion wegen schämte und wegen ihres erbärmlichen Äußeren. Lana jedoch musterte sie nicht und verzog auch nicht angewidert das Gesicht. Sie sagte lediglich: "Am besten, du gehst heute nicht in die Schule! So würden dich alle nur anstarren!" Wie froh Merle doch war dies zu hören! Ein Tag ohne Keithlin, dass war mal eine gute Nachricht! Am liebsten würde sie nie wieder zur Schule gehen. Traurig betrachtete sie den Verband um ihre Armbeuge und bemerkte nur zu deutlich die wunde Stelle darunter. Sie wusste, wenn sie Keithlin wieder ohne den Schmuck erwischen würde, würde sie das mehr kosten als nur ein wenig unberührte Haut. Merle seufzte und folgte Lana, die nichtsahnend in die Küche verschwunden war. "Ich hab die Pfannkuchen von gestern aufgehoben, da du ja eingeschlafen bist! Kalt schmecken sie dir doch sicher auch?" "Mh,hm!", nickte die Angesprochene eifrig. Alles war besser als modrige Kornflakes und halb saure Milch, da sie die frische des Onkels nicht anrühren durfte! Lana bemerkte den bitteren Blick ihrer neuen Freundin und wandte sich ab um sie nicht ihre eigene Wut spüren zu lassen. Was war das doch für ein Mensch gewesen, bei dem die Kleine geweilt hatte? "Wie wäre es...", schlug sie nach dem Essen vor und Merle betrachtete sie mit großen Augen. "Wollen wir nicht später zu dem Friedhof fahren wo ich dich das erste mal angesprochen habe? Dort können wir ein wenig zeichnen wenn du willst." "Du zeichnest auch?" "Ähm... eigentlich nicht...", gestand die Rothaarige stockend ein, ehe sie grinste. "Aber ich kann ja nebenher ein wenig Gitarre spielen! Dann geht das Zeichnen sicher um so besser..." Merle nickte schwach doch ihre Augen strahlten vor Freude. Mit Lanas Musik würde alles leichter von der Hand gehen. Wenn ihr Engel nur für sie spielte, das wäre ihr größtes Glück. "Dann gehen wir später... du kannst ein wenig Kleidung von mir haben, ich hab noch ein paar Sachen, die dir passen müssten. Wie alt bist du jetzt? Dreizehn? Vierzehn?" "Ich bin Fünfzehn..." "So, so..." Lana lächelte. "Ich hab noch ein paar sehr schöne Röcke und auch Kleider, die nicht allzu sehr nach Gothic oder Punk aussehen." "Und wenn... das würde mir nichts ausmachen!", warf Merle energisch ein. "Wenn es von dir ist, ist es gut!" "Süß!" Lana lächelte liebevoll und streichelte ihrer Freundin zart durch das kurze Haar. Unter der schwachen Berührung errötete das Mädchen zusehends und sah beschämt zur Seite. Was war nur mit ihr los? Sie bekam Herzklopfen bei Lanas Anblick. Unwillkürlich musste die Kleine daran zurück denken, wie die Rothaarige bei ihrem ersten Treffen versucht hatte ihre Bluse zu öffnen. Nein, lana war sicher nicht lesbisch... doch wie stand es mit ihr? War es normal in Gegenwart einer Frau Herzklopfen zu bekommen? "Was ist?", riss sie Lana aus den Gedanken und Merle schüttelte irritiert den Kopf. "Nichts... ich war nur in Gedanken..." Doch konnte sie nicht verhindern, dass ihr Gesicht wieder mit hochroten Feuerlöschern konkurrierte. ~*~ Wenn Worte mich zerschlagen, Fühl ich schon gar nichts mehr. Die Taten an mir nagen, Setz ich mich nie zur Wehr. ~*~ Heute regnete es seit Tagen das erste Mal nicht mehr und nur noch vereinzelt glitzerten kleine Regentröpfchen auf den Blättern der Holunder- und Haselnußsträucher. Merle zog die dicke Kapuze vom Kopf, brauchte sich hier auf dem Friedhof nicht mehr zu verhüllen, weil sich anscheinend niemand die Mühe machte die verstorbenen an einem so schönen Tag zu betrauern. Lana sog lautstark die Luft ein, ließ den Blick über die alten verwitterten Gräber wandern und fragte sich, ob wohl überhaupt noch jemand hierher kam. Das rosahaarige Mädchen indessen, setzte sich auf eine Bank, die durch das Sonnenlicht schon längst getrocknet war. Sie seufzte, betrachtete lange einen alten Grabstein, der eine Efeu umwucherte Statue trug, die einem gefallenen Engel glich. Aus dem Rücken der jungen Frau ragten wunderschöne Flügel, die durch die Pflanzen halb zersetzt waren, sich aber immer noch trotzig in Richtung Himmel reckten. "Es ist schon merkwürdig...", begann Lana leise und unterbrach so die anhaltende Stille. "Es gibt kaum Engelsdarstellungen, die nicht weiblich sind. Meistens ähneln diese androgynen Wesen immer uns Frauen." "Das glaube ich kaum...", bemerkte Merle lächelnd und zückte Papier und Bleistift. "Michelangelo hat zum Beispiel ganze Fresken nur mit männlichen Engeln gemalt!" "Ach, der war aber auch schwul!" Etwas beleidigt ließ sich Lana neben Merle sinken und starrte Löcher in die Luft, ehe sie sich eine Zigarette ansteckte und den blauen Himmel betrachtete, der nur vereinzelt mit metallisch grauen Wolken verhangen war. Die Kleinere der beiden lachte lauthals über diesen Kommentar und den schmollenden Anblick ihrer Freundin, ehe sie den Bleistift ansetzte und grobe Umrisse des Engels zu zeichnen begann. "Ich liebe Michelangelos Werke... er war ein ehr eigenbrötlerischer Mann. Und ein Perfektionist... manchmal hat er ganze Deckenfresken wieder zerstört, weil sie ihm nicht gut genug waren... ich bewundere ihn..." Lana hob nur eine Augenbraue, sagte dazu aber nichts. Ihr gefiel Merle eigentlich genau so wie sie war. Ohne es zu wollen legte sich nun auch ein zarter rosa Schimmer über ihre Wangen und sie stieß mit einem lauten Prusten den Qualm aus ihren Lungen, den sie einige Sekunden darin gesammelt hatte. Merle unterdessen war in ihrem Element und begann erst grob, dann immer feiner den Efeu umrankten Engel zu Papier zu bringen. Doch es war keine haargenaue Kopie, die sie anfertigte. Ihr Engel hatte kurze wilde Haare und einen festen Blick. Ein starkes, mutiges Gesicht strahlte ihr entgegen und ehe sie begriff was sie tat, hatte sie doch glatt Lanas Antlitz auf Papier verewigt. Diese musterte das Bild nur und lächelte. "Das ist aber lieb von dir!" Sie deutete grinsend auf den Engel und Merle bekam einen riesen Schrecken, als sie endlich begriff was sie unbewusst getan hatte. "Entschuldige...", murmelte sie verwirrt und griff zum Radierer. "Nein, nein! Lass es!", hielt Lana sie auf und legte sanft eine Hand auf die ihre. "Ich find das sehr nett von dir! Mir gefällt das Bild!" "Oh... o-okey...", stotterte die Pinkhaarige und lief knallrot an. Eine Tomate war ein Witz gegen sie. Die Rothaarige unterdessen suchte ihre Gitarre heraus und stimmte sie rasch. Ganz leise summte sie bestimmte Töne vor und straffte ein paar Seiten, ehe sie zu singen anfing und ganz leise dazu spielte. Es war nicht wie sonst- kein lautes singen, kein anbrüllen gegen die Schritte der Menschen und den Lärm der Straßen. Keine langen Fingernägel, die brutal in die Seiten schlugen um so möglichst viel aus dem Instrument heraus zu holen. Nun gab es nur Merle und sie. Nun konnte sie so leise spielen wie ein Lufthauch, wie ein Säuseln im Wind und ihre Freundin würde es trotz allem verstehen. Und so spielte sie Stunden lang, während die Kleine zeichnete und zeichnete. Und keiner der beiden bemerkte, dass sie beobachtet wurden. Ein unbekannter Mann im Nadelstreifenanzug schlich über den Friedhof, hatte eigentlich nur Blumen auf das Grab eines Jungen legen wollen, als er die Stimme der jungen Frau hörte und von ihr magisch in Bann gezogen wurde. Suchend schlenderte er auf die beiden zu, folgte den lieblichen Tönen, ehe er beide auf der Parkbank entdeckte und unweit hinter einer Birke stehen blieb. Lana unterdessen hatte ihr letztes Lied beendet und räusperte sich leise, ehe sie nach der Trinkflasche in ihrem Rucksack griff. Sie nahm einen kräftigen Schluck und bot selbige Merle an, die dankend ablehnte. Erst jetzt fiel ihr Blick auf den Fremden hinter dem Baum und ihre Augenbrauen kräuselten sich. "Hey, wer sind sie!? Kommen sie raus, ich mag es nicht von Fremden heimlich angestarrt zu werden!" "Oh, Verzeihung!" Der Mann gab seine Deckung auf und trat statt dessen auf die beiden zu. Er war noch jung hatte ein hübsches Gesicht und dunkle Augen. "Mein Name ist Subaru... und ich bin sozusagen ständig auf der Suche nach neuen Talenten... und du hast eindeutig Talent!" Er deutete dabei auf Lana, die nur kritsch zu ihm aufsah. "Inwiefern?", fragte sie spitz nach und der junge Mann lächelte wohlwissend. "Keine Sorge ich will dich nicht reinlegen. Ich bin Produzent eines berühmten Labels..." Er zeigte Lana seine Karte und diese bekam große Augen. "Ich denke du solltest schon von uns gehört haben..." "Ob ich schon von euch gehört habe?! Klar habe ich von euch gehört!", brustete sie los und sprang begeistert und nervös auf. Sie verbeugte sich tief, während Merle versuchte nicht allzu auffällig auszusehen. Sie wollte nicht, dass Subaru ihr Gesicht sah. "Das ist schön!" Subaru grinste und nickte in Richtung Ausgang des Friedhofs. "Wollen wir nicht irgendwohin gehen und reden über deine spätere Zukunft. Ich denke, ich habe ernsthaftes Interesse... seit 'Purple Sky' hat unser Label kein so vielversprechendes Talent wie dich gesehen!" "A-aber gerne!" Lana trat nervös auf der Stelle blinzelte zu Merle und sah sie fragend an. "Oh, mach dir um mich keine Sorgen...", die Rosahaarige hob abwehrend die Hände. "Geh ruhig mit!" "Danke!" Lana grinste, drückte ihrer Freundin rasch einen Schlüssel in die Hand. "So kommst du ins Haus, mach dir was zu Essen und sei nicht allzu einsam ohne mich. Ich komm dann später nach!" "Klar!" Merle lächelte, legte dabei den Kopf schief und beobachtete ihre Freundin und den Fremden, wie sie aus dem Friedhof schritten. Sie kam sich etwas blöd und fehl am Platz vor, doch was sollte sie anderes tun? Nach Hause konnte sie nicht und Lana an sich zu binden war doch reiner Egoismus. Trotzdem war sie böse, dass ihr gemeinsamer Tag so enden musste. Auch wenn sie sich für die Rothaarige freute. Schließlich konnte sie nun ihren Traum erfüllen und berühmt werden. "Besser ich geh dann auch mal...", murmelte sie Gedanken verloren und packte ihr Zeug zusammen. ~*~ Ref: Drum... Bittersweet pain, sei mein einziger Schmerz! Bittersweet pain, nur du berührst mein Herz! Ich glaube an den fernen Tag an dem du mich erretten magst. Bittersweet pain! ~*~ Lana kam erst spät am Abend und strahlte über das ganze Gesicht. "Ich habe einen Vertrag! Einen richtigen Plattenvertrag! Ist das nicht wahnsinnig toll! Ich bin so glücklich!" Sie fiel ihrer Freundin in die Arme uns drückte sie ganz heftig. Sie wusste gar nicht wohin mit ihrem überschäumenden Temperament. Merle versuchte ebenfalls freudig zu wirken, auch wenn eine tiefe Angst in ihr nagte. Wenn Lana berühmt wurde, was würde aus ihr werden? - 4 Monate später - "Was soll das heißen!", brüllte die Rothaarige aufgebracht in den Hörer ihres Handys, während eine Visagistin in ihrem Gesicht rum pfuschte. Lana war wütend knallte das teure Gerät auf den Frisiertisch und grummelte nachdenklich vor sich hin. Es konnte auch niemand ahnen, dass alles so kommen musste. Merle wohnte schon seit vier Monaten bei ihr Zuhause, auch wenn sie selbst selten da war und sie sich nur noch gelegentlich sahen. Meistens übernachtete Lana im Hotel, da sie auf eines ihrer zahlreichen Konzerte musste. Niemand konnte ahnen, dass ihre Eltern gerade jetzt nach Hause kamen- und natürlich hatten sie Merle einfach kurzerhand raus geschmissen. "Wo bist du jetzt..." Sorgenvoll blickte sie zur Uhr, die direkt über ihrem Kopf an der Wand prangte und erkannte zu ihrem Schrecken, dass es sehr spät war. Wo war die Pinkhaarige denn jetzt hingegangen? Nach Hause konnte sie nicht und sonst hatte sie niemanden. Am liebsten hätte sich Lana sofort losgeeist, doch sie hatte in zehn Minuten einen Auftritt und der Gig war wichtig. Sehr wichtig sogar! Aber war er so wichtig wie ihre Freundschaft zu Merle? Sie war hin und her gerissen. Doch ehe es zu einer Entscheidung kam, klopfte es an der Tür und Subaru trat ein. "Bist du fertig?", fragte er freundlich und erkannte sofort die Sorge in den blauen Augen seines Sternchens. "Was hast du?" "Ich-" Sie schwieg. Der Auftritt war für ihre Karriere wirklich grundlegend. Ohne ihn konnte sie fast wieder von vorne anfangen. Ihr ganzer Traum lag darin. Das konnte sie nicht aufgeben- wirklich nicht... "Schon gut...", murmelte sie matt lächelnd. "Ich bin gleich soweit." Und damit war das Thema gegessen. Merle unterdessen streunte allein durch die Straßen der Stadt und wusste nicht ein noch aus. Die Eltern von Lana hatten sie verständlicherweise kurzerhand raus geschmissen und nach Hause zurück konnte sie nicht. Erstens hatte sie sich seit vier Monaten dort nicht blicken lassen und zweitens hatte sich an ihrer Situation gar nichts verändert. Ihr Vater war immer noch arbeitslos und sie hausten bei ihrem Onkel, der genau so brutal und rücksichtslos wie eh und je war. Es brachte nichts nach Hause zu gehen. Das würde nur wieder blaue Flecke geben. Oder noch schlimmeres. Letzten Monat hatte sie eigenständig die Schule gewechselt, nachdem sie von der Alten wegen ständigen Fehlens geflogen war. Wenigstens musste sie sich nicht mehr mit Keithlin rumschlagen- das hatte also auch was gutes. Doch nun nagten ganz andere Probleme an Merle, mit denen sie noch viel weniger zurecht kam. Sie bemerkte, dass sie sich in Lana verliebt hatte. Und was noch schlimmer war: Sie merkte, dass sie selbiger eigentlich völlig egal war. Seit Lana berühmt war, war sie ständig auf Achse, nie Zuhause und wenn brachte sie immer irgendwelche Typen mit. Merle schrieb ihr fast jeden abend eine SMS um sich zu erkundigen, wie es der Rothaarigen ging, doch selbige meldete sich erst Tage später oder immer öfter überhaupt nicht. Merle zerbrach fast an diesem Gefühl der Distanz, die zwischen sie getreten war. Anfangs war ihre Zeit so schön gewesen. Lana hatte sich um sie gekümmert, sie hatten so viel zusammen unternommen- gelacht und geweint und waren glücklich gewesen. Nun war alles anders. Lana hatte neue Freunde gefunden und brauchte sie nun nicht mehr. Lana war erwachsen geworden, ohne sie. Die Rothaarige bewegte sich weiter im Leben, während sie selbst eintönig auf der Stelle trat. Und nun liebte sie sie. Es verging fast keine Nacht, in der Merle nicht von ihrem Engel träumte. Und diese Träume wurden immer konfuser, wenn nicht sogar eindeutiger. "Ich will dich so gerne sehen... du fehlst mir!" Schluchzend ließ sich das Mädchen an einer Hauswand hinab gleiten und umschlang beide Knie mit den Armen. Trostlos bettete sie den Kopf darauf und ließ ihren Tränen freien lauf. Sie saß dort Stunde um Stunde, ohne den Tränenfluss stoppen zu können, noch irgendeinen Plan gefasst zu haben, wie es nun weiter gehen sollte. Sie war allein. Obwohl das in letzter Zeit ja nichts neues war. und doch fühlte sie sich besonders an diesem Abend schlecht. "Weil sie es weiß... und mich nicht suchen kommt...", riet sie und erneut kullerten Tränen über ihre Wangen. "Weil ihr alles andere wichtiger ist, als ich..." "Lana..." Vorsichtig die Feuchtigkeit wegwischend erhob sich die Pinkhaarige und machte sich in Richtung Friedhof auf. Dem einzigen Ort, an dem sie heute noch Zuflucht finden sollte. Lana unterdessen sang sich die Kehle aus dem Leib. Sie brüllte ihrem immensen Publikum ihre groben manchmal morbiden aber auch wunderschönen Lied-Texte entgegen und sog die Masse an Begeisterung die ihr entgegen flutete, in sich auf wie ein Schwall frischer Luft. Ihre Stimme hallte aus den riesigen Boxen der Anlagen und die unzähligen Gitarrenriffs schmetterten ununterbrochen heiße Beats zu ihren wohligen Klängen. Es war wie ein Zauber oder ein Traum, aus dem niemand so schnell erwachen wollte. Lana grinste, riss ihr Mikro in die Höhe und ließ einen gellenden Schrei durch die Menge fahren. Dann wurde es wieder ruhiger, als sie sich kurz den klebrigen Schweiß von der Stirn wischte und ihr neues Lied zu spielen begann. Eine traurige Ballade, die sie während einer einsamen Nacht in ihrem Hotelzimmer geschrieben hatte. Sie selbst dachte stets an eine bestimmte Person, wenn sie das Lied spielte und auch jetzt tauchte Merles Ebenbild vor ihrem geistigen Auge auf. Und plötzlich fühlte sie sich schrecklich schuldbewusst, als sie den ersten Ton über ihre Lippen rieseln ließ. ~*~Bittersweet pain~*~ Wenn Fäuste nieder hageln auf meinen sturen Leib. Wenn Worte mich fest nageln, aus Unmut, Hass und Neid. Dann lass mich nicht allein, wenn Dunkelheit mich hüllt in schwarze Watte ein, die Leere mir nicht füllt! Ref: Bittersweet pain, sei mein einziger Schmerz! Bittersweet pain, nur du berührst mein Herz! Ich glaube an den fernen Tag an dem du mich erretten magst. Bittersweet pain! Wenn Worte mich zerschlagen, Fühl ich schon gar nichts mehr. Die Taten an mir nagen, Setz ich mich nie zur Wehr. Ref: Drum... Bittersweet pain, sei mein einziger Schmerz! Bittersweet pain, nur du berührst mein Herz! Ich glaube an den fernen Tag an dem du mich erretten magst. Bittersweet pain! Die Halle verstummte, alle lauschten andächtig den Klängen des unbekannten Liedes, während Lanas Stimme immer brüchiger wurde und plötzlich Tränen aus ihr hervor brachen. Wie konnte sie nur so selbstsüchtig sein und Merle einfach im Stich lassen? Hatte sie nicht geschworen auf ewig auf sie auf zu passen? Merle bedeutete ihr doch unendlich viel. Wie konnte sie das nur vergessen? Dieser bittersüße Schmerz, der sich jedes Mal tief in ihr Herz fras, wenn sie sie auch nur ansah. War das der Grund? War sie aufgrund dieses Gefühls, vor der Pinkhaarigen geflohen? 'Ich liebe sie', schoss es ihr immer wieder durch den Kopf, während sie das Lied weiter unter Tränen sang. 'Verdammt ich liebe sie! Was hab ich getan!?' Der Mikrophonständer fiel laut scheppernd zu Boden, während sie wie paralysiert in die Menge starrte. Ihre schwarze Schminke war verlaufen und sie machte sich nicht einmal die Mühe, das Geschmiere weg zu wischen. Das einzige woran sie denken konnte war Merle. Merle, die jetzt bestimmt irgendwo einsam herum hockte und weinte. IHRE Merle. Ohne auf Subaru zu achten, der ihr eilend entgegenlief, stürmte sie von der Bühne, geradewegs zum Hinterausgang. Sie wusste, wo sie jetzt hin musste und wirklich niemand konnte sie jetzt noch davon abhalten. Egal war ihr plötzlich ihre Kariere- sie dachte nur noch an Merle, die wahrscheinlich irgendwo allein saß und weinte. Was wenn sie fror, was wenn ihr etwas passierte? "Verzeih mir...", stieß sie keuchend hervor, während sie um eine Ecke bog und lärmende Fans hinter sich ließ. Die Nachtluft war eiskalt und brannte in ihren Lungen. Sie konnte nicht verhindern, dass weitere Tränen über über Wangen rannen und zur Seite ihres Gesichtes vom Winde verweht wurden. Die Geschäftigkeit der Straßen und Passanten um sie herum blieb ihr gänzlich verborgen. Getrieben von diesem einen inneren Sehnen bog sie um die Ecke und machte sich auf zu jenem fernen Ort, an dem sie die Geliebte vermutete. Es dämmerte bereits, als Lana endlich den Eingangsbereich des Friedhofes erreichte. Ihre Lungen brannten höllisch und sie bekam nur noch stockend Luft. Keuchend stützte sie sich mit beiden Händen auf die Knie und beugte sich wimmernd vor. Um sie herum herrschte vollkommene Dunkelheit. Es war selten, dass der Friedhof beleuchtet wurde. Eigentlich geschah dies nur im tiefen Hochwinter, weil es dort schon sehr früh dämmerte. Lana sah sich suchend um, konnte aber nichts erkennen. Trotzdem wusste sie wo sie hingehen musste. Vorsichtig schritt sie um die einzelnen Gräber herum, bis sie zu der alten Weide gelangte und wie vermutet wurde sie fündig. Merle lag schlafend unter dem Baum und zitterte in ihren unruhigen Träumen und wegen der Kälte. Sie war zu einem Bündel zusammengekauert und umschlang sich schützend mit ihrer Jacke. Im fahlen verbleichenden Licht des Mondes und dem fernen Licht der aufgehenden Sonne, das den Friedhof jedoch noch nicht richtig erreicht hatte konnte sie feine silbrige Tränenspuren auf den bleichen Wangen des Mädchens ausmachen und es war ihr, als würde ihr Herz heraus gerissen werden. Vorsichtig setzte sie sich neben die Schlafende und streichelte ihr sanft durch das rosafarbene Haar. Merle seufzte leise auf und bewegte sich unruhig unter der Berührung. Dann plötzlich schlug sie die Augen auf und fuhr hoch, erschrocken, wer um diese Stunde zu ihr gekommen war. "W-wer..." "Scht, ganz ruhig... ich bin es..." "Lana...", flüsterte die Pinkhaarige schwach. "Ja!" "LANA!" Weinend fiel ihr Merle in die Arme. Sie hatte sich so gewünscht, dass die Rothaarige sie finden würde! Und nun war sie da, ihr Engel war gekommen... nur für sie! Lana schloss sie lächelnd in die Arme und wiegte sie sanft im fahlen Licht des dämmernden Tages. Bald würden sie von weißem silbrig schimmernden Nebel eingehüllt sein und der Blässe, das mattgelben Sonnenlichtes. Bald würde es wieder mehr geben als nur sie beide, um so kostbarer war jener eine unberührte Moment. Lana legte sanft die Hand an das Kinn ihrer Freundin, zwang so deren Gesicht nach oben und sah ihr tief in die Augen. Merle lächelte ganz scheu und ihr Herz flatterte in der Brust wie ein kleiner Vogel, der frei kommen wollte. Sie schloss halb die Augen, als sich ihre Gesichter näherten. Vorsichtig legte sie die Arme in den Nacken ihrer Freundin und sie waren sich plötzlich so schrecklich nahe. Einen kurzen unbedeutend fragilen Moment dachte sie daran zurück zu weichen, doch dann lagen auch schon weiche Lippen auf den ihren. Ab diesem Zeitpunkt war der Kuss weder sanft noch unbescholten. Man merkte, dass Lana viel Erfahrung darin hatte. Gierig plünderte sie den Mund der anderen, raubte ihr die Luft zum atmen und forderte sie drängend dazu auf, dem Kuss beizuwohnen. Doch Merle hatte so überhaupt keine Ahnung von dem was sie tat. Die Kerle mit denen sie geschlafen hatte, hatten sie Gott sei Dank nie zu einem Kuss gezwungen. Aus diesem Grund war sie wenigstens in diesem Punkt noch Jungfrau. Lana merkte die unbescholtene Süße der Pinkhaarigen und wurde zum allerersten Mal in ihrem Leben sanfter und zurückhaltender. Es war ein langer, wunderschöner Kuss. Sie trennten sich erst Minuten später, auch wenn es beiden viel länger vorkam. Es war, als wären Jahrhunderte an ihnen vorbei geflogen. Merle öffnete seufzend die Augen und lächelte scheu, als sie Lana wieder ansah. Diese grinste breit und wischte der Kleineren einen kleinen Speichelfaden von der Unterlippe, welche von ihrem Lippenstift ganz schwarz war. "Ich liebe dich...", wisperte Merle leise und drückte sich an ihren Engel. "Bitte hasse mich jetzt nicht..." "Warum sollte ich dich denn hassen... ich empfinde doch genau so..." "Wirklich?" Nervös sah die Pinkhaarige auf, entdeckte aber nur jene Wärme und Sanftheit in den Augen ihrer Freundin, die sie schon davor stets in ihnen gesehen hatte. "Ja, natürlich... warum sollte ich dich belügen? Verzeih mir, dass ich kurzzeitig unser Versprechen vergessen hatte. Du bist das Wichtigste und das Beste, dass mir je passiert ist!" "Dito..." Lächelnd schlossen sich die beiden Mädchen in die Arme und genossen die Wärme, die sie sich gegenseitig spendeten. Erst viele Minuten später nahm sie Lana mit auf ihr Hotelzimmer. Und das erste Mal in ihrem Leben brauchte Merle keine Angst vor den Berührungen haben, die sie erwarteten. Zwar war sie keine Jungfrau mehr, doch in dieser Nacht erfuhr sie zum allerersten Mal, was es bedeutete von jemanden verführt und wirklich 'berührt' zu werden. Es ging Lana nicht um den bloßen Sex, auch wollte sie das Mädchen nicht demütigen, wie es Keithlin stets zu tun gepflegt hatte- nein sie schenkte ihr so fiel mehr, zeigte ihr mit ihren Küssen und Streicheleinheiten, was die Pinkhaarige ihr bedeutete. Merle selbst war von ihren schrecklichen Erfahrungen viel zu verkorkst um mehr geben zu können, als das blanke preisgeben ihres Leibes, was Lana zuerst verschreckte und zurück wies. Doch im Laufe der Minuten, ja sogar Stunden, lernten beide einander zu geben und zu nehmen. Keuchend presste Merle ihre Stirn gegen die Halsbeuge ihres Engel, während die sie weiterhin küsste und streichelte. Stöhnend bog sie sich ihr entgegen, konnte weder klar denken, noch richtig erfassen, was dort mit ihr geschah. "I-ich liebe dich...", hauchte sie schwach, während sie sich suchend der Hand ihrer Freundin entgegen bäumte. Lana lächelte zufrieden, liebkoste weiter, bis ein sanftes zusammenzucken und ein gewispertes 'Lana' ihr verriet, dass Merle gekommen war. Vorsichtig streichelte sie ihren Bauch, nahm das keuchende Etwas in die Arme und leckte sanft den zarten Schweiß von ihrem Hals, ehe sie neckisch an ihrem Kinn knabberte. "Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll!", flüsterte Merle viele Stunden später in die Stille des Tages, der ihr Reich jedoch nicht einnehmen konnte. Die dicken Vorhänge vor den Fenstern versperrten den Raum vor dem Tageslicht, ermöglichten so, dass sie auch am Tage noch selig schlummern konnten. "Für was?", fragte die Rothaarige neugierig und streichelte ihr sanft durch die feuchten Haare. Die Mädchen hatten vor einer Stunde geduscht und ruhten sich nun zusammen in dem breiten Bett aus. Während Merle die Worte in ihrem Geist zurecht legte, spielte ihr Engel fröhlich mit einer ihrer Haarsträhnen und blies ihr warmen Atem über die Haut. "Weil du mich damals gefunden hast... du bist so etwas wie ein Schutzengel für mich. Du hast mich aus dem tiefen Tal meines Lebens heraus gerissen und mich glücklich gemacht. Ich weiß nicht wie ich das je wieder gut machen kann." "Ich aber...", grinste Lana und beugte sich über ihre Freundin, küsste sie sanft auf die Lippen. "Bleib für immer bei mir...." "... gerne..." Wehmütig schlang die Pinkhaarige die Arme um den Hals Lanas und zog sie zu einem innigeren Kuss näher. Als sie sich Minuten später lösten schlug die ferne Turmuhr halb fünf abends. "Am besten wir bleiben noch die Nacht über hier und dann ziehst du zu mir... meine Eltern haben da gar nichts zu melden. Ich lass dich nicht mehr los..." Zärtlich bettete sie den Kopf der Kleineren an ihrer Brust und lächelte sinnlich in die Dunkelheit. "... mein bittersüßer Schmerz..." "Wie hast du mich genannt?" Neugierig sah Merle auf, doch Lana grinste nur geistesabwesend in die Schwärze des gemütlichen Zimmers. ~*>@<*~ OwArI ~*>@<*~ *blush* *weghoppel* Irgendwie ist mir das alles peinlich... was für ein schreckliches Süßholzgeraspel... *drop* Bitte tötet mich nicht... ich tu es auch nie wieder... ich schwöre, das bleibt meine einzige Yuri-FF, außer es wird ausdrücklich nach noch einer verlangt... *tagträumerrei* ^/////////^ *blubb* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)