A Highschool Story von Leiser_Tod ================================================================================ Kapitel 40: Pudel und Löwe -------------------------- A Highschool Story Kapitel #40 A/N: Genau. Bevor ich es vergesse. Jemand hat es mir ans Herz gelegt, doch mal eine kurze Zusammenfassung des bisherigen Geschehens aufzuschreiben - immerhin war der Autor so faul und hat nicht an der FF gearbeitet, die zudem auch noch so verdammt lang ist und warum soll sich der Leser den Wisch 39 Kapitel lang noch mal antun? Recht so. Also. Hyde und Gackt treffen in hitziger Schulatmosphäre aufeinander und es gibt Stunk. Danach verlieben sie sich ineinander und es gibt wieder Stunk. Danach nimmt Gackt Hyde ein Haus weg und Hyde scheuert ihm eine. Äh. Dann gibt es einen Igel und eine große Bücherwanderung, wobei sich Gack und Hyde versöhnen und danach...gibt es wieder Stunk. Ah und dann kommt Gackts Schwester noch dazu und verfrachtet Hyde ins Koma! Daran kann ich mich noch gut erinnern. Öhm. Vielleicht solltet ihr euch lieber noch mal die Kapitel-Überschriften durchlesen... Ja, dann sollte alles klar sein, oder? Ein verhaltenes Räuspern riss Hyde aus seiner gackt-induced Trance. Die Schwestern studierten mit roten Wangen die Krankenzimmerwände. Peinliche Stille. Der einzige, der sich in keiner Weise aus der Ruhe bringen ließ, war der Blonde, der sich mit Enthusiasmus dem (seiner Meinung nach viel zu lange vernachlässigten) Hals Hydes zuwandte. Nun war es an dem Langhaarigen mit roten Wangen die Wände zu betrachten – bis ihm aufging, dass im Gegensatz zu den Schwestern er durchaus Mittel und Wege hatte, Gackt auf die Unangemessenheit ihrer derzeitigen Situation aufmerksam zu machen. Haidoman, der Ritter der holden Subtilität trat unverzüglich in Aktion. Dezent wurde zunächst am Ärmel Gackts gezupft. (Im Hintergrund liefen unaufhörlich die Bestrebungen, die Wellen der Erregung und das Verlangen, wohlig aufzuseufzen, zu unterdrücken. Hyde war sich nicht sicher, wie lange er das noch durchhalten konnte, ohne dem gesamten Krankenhaus auf eine sehr eindeutige und laute Art und Weise mitzuteilen, wie hübsch es sich doch anfühlte, was der Blonde da mit ihm anstellte. Nicht gerade ein Aushängeschild für Beherrschung und Kühle in Pers- Ah! Mach das nochmal!) Überraschenderweise reagierte Gackt nicht. Der Langhaarige zupfte etwas heftiger, dazu kam ein aus dem Mundwinkel gepresstes „Gaahaackt, wir sind hier nicht allein...“ Der Angesprochene hatte zumindest die Güte, seine Lippen von Hydes Ohrläppchen, zu denen er sich mittlerweile hochgearbeitet hatte, zu lösen, um ein gleichgültiges „Sollen sie doch schauen. Und lernen noch etwas dabei“ den Bemühungen des Langhaarigen entgegenzusetzen. Gackt küsste sich der schönsten Kinnlinie der Welt entlang, Schauer über Hydes Rücken sendend, bis „GYAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHH! NEEIIIIIN!“ seine Ohren zum Klingeln brachte. „Haido, was ist denn los?“, wurde der Beinah-wieder-ins-Koma-Zurückgefallene mit besorgten Blicken bedacht. „So, nun können wir ja mit der Untersuchung fortfahren“, lächelte der Arzt und steckte die Spritze wieder in seine Tasche. Der mörderische Blick seitens des Langhaarigen versprach einen langsamen und sehr schmerzhaften Tod in der Besenkammer, doch leider ließ sich der (immer noch freundlich lächelnde, der Teufel soll ihn holen) Quacksalber in keiner Weise davon beeindrucken. (Verdammte Scheiße aber auch. War denn jetzt jeder Hinz und Kunz gegen seinen Trademark-Deathglare immun?! Vielleicht würde es ja mit rot leuchtenden Kontaktlinsen besser klappen? War eine Überlegung wert.) „Wenn Sie dann so freundlich wären, draußen zu warten“, wandte sich der Leider-nicht-vom-Teufel-Geholte an den ganz und gar nicht über diese Unterbrechung begeisterten Gackt. „Wir haben hier noch viel zu tun...“ Bei diesen Worten lief es Hyde kalt den Rücken runter – das sinistre Grinsen des Arztes gratis mit dazu trug auch nicht unbedingt dazu bei, sein Nervenkostüm zu beruhigen. Aber es war ja nicht so, als hätte der Koma-Entlassene eine andere Wahl, denn sein blonder Ritter verzog sich gerade mit einem flüchtigen Abschiedskuss und dem leiste geflüsterten Versprechen, später noch mal nach Hyde zu schauen (also, in fünf, zehn Minuten, denn länger sollte man einen Hyde einfach nicht allein lassen), aus dem Zimmer. Trotzdem konnte sich der Langhaarige aus irgendeinem Grund der Vorstellung nicht erwehren, dass zu dem Zeitpunkt nicht viel von ihm übrig bleiben würde. (Durfte er seinen behandelnden Arzt tauschen? Bitte? Oh Gott, er kam immer näher...!) ### Wider Erwarten überlebte Hyde die Prozedur. Und die nachfolgenden Scans, Wertemessungen und was es sonst so an einem menschlichen Körper zu überprüfen galt, ebenfalls. Seine Genesung und Verbesserung der Motorik schritten voran, nicht zuletzt dank einer äußerst professionellen und extra auf Hydes Bedürfnisse abgestimmten Physiotherapie. Der Langhaarige vermutete Gackt hinter dieser, nach Hyperteuer riechenden, Behandlung und fragte sich, ob der Blonde Schuldgefühle wegen seines Überfalls hatte, aus welchem Grund auch immer. Er selbst hatte keinerlei Erinnerungen an den Vorfall, außer vielleicht ein Aufblitzen von blonden Haaren, das immer wieder den dunklen Schleier des Vergessens durchzuckte. Dies verleitete den Langhaarigen unweigerlich zu der Annahme, dass Gackt vielleicht weitaus mehr über das Geschehene wusste, als in die falsche Richtung zu rennen und Hyde dann blut- ... in keiner guten Verfassung wiederzufinden. Einen ruhigen Moment zu finden, in dem er sich mit dem Blonden darüber unterhalten konnte, war viel schwieriger als erwartet. Die schier endlose Kette von Besuchern – Polizei, Freunde, Eltern, Tetsu, Mitschüler, Lehrer (ließen es sich nicht nehmen, ihm zusammen mit Genesungswünschen doch glatt Hausaufgaben zu überbringen), Tetsu, Nachbarn, völlig fremde Leute, die Hyde noch nie in seinem Leben gesehen hatte, Tetsu, Aliens (die sich als Clowns verkleidet hatten und dachten, der Langhaarige würde es nicht merken, als sie ihm mit einem spastischen Lächeln einen Luftballon an den Bettpfosten banden – Hyde wusste es genau, es war ein außerirdisches Überwachungssystem, ihn führten sie nicht so schnell an der Nase herum!) – und den Untersuchungen und Therapien, bot keinen Platz für traute Zweisamkeit (außer vielleicht Drei-Sekunden-Küsse bis wieder irgendein Idiot dazwischen platzte). Ein wunderhübscher Morgen fand Hyde (gefüttert und gewaschen) in seinem Krankenbett über seinen Büchern gebeugt – er hatte noch ein paar Stunden, bevor die Physiotherapie anfing und hatte sich fest vorgenommen, einige Mathematik-Aufgaben zu lösen, um seine grauen Zellen auf Trab zu bringen. Seit seinem Erwachen aus dem Koma waren drei Wochen vergangen und Hyde befand sich eigentlich für lebendig und funktionierend genug, um das Krankenhaus endlich verlassen zu können (Noch nie hatte er sich so sehr nach seinem kleinen blauen Jugendzimmer gesehnt – ach, die Ruhe und Entspannung! Und vor allem brauchte er dann nicht mehr das Klo zu teilen!), doch (gänzlich überraschend wider Erwarten und fern jeder Logik) waren seine Ärzte – besonders dieser eine Spritzenfuzzi, der nie aufhörte zu grinsen, hoffentlich bekam der Typ eine ordentliche Gesichtsverkrampfung – anderer Meinung. Anscheinend konnten sie es sich nicht nehmen, noch ein Weilchen länger an dem Langhaarigen herumzudoktern. So ganz unnachvollziehbar war die kleine Meinungsverschiedenheit allerdings nicht, denn Hyde und die Teufels-... äh, Kanni-... uhm, Ärzte befanden sich (laut hochprofessionellen statistischen Untersuchungen) am jeweils entgegengesetzten Ende der Nahrungskette. Doch, wirklich. Oder warum sonst kam sich der Langhaarige in regelmäßigen Abständen wie ein besonders vielversprechend-fettes Schweinchen auf dem Catwalk für moderne Wölfe vor? Mitten in diese tiefsinnigen Überlegungen platzte ein grinsender Tetsu mit einem Stapel Papier unterm Arm rein. „Oh, ich bin der erste, super! Das muss du dir unbedingt anhören, Haido, ich finde, es ist wirklich gut geworden, aber so viel Zeit haben wir nicht mehr, du musst dich kräftig ins Zeug legen, ich meine natürlich, wir alle, aber du bist nun mal unser bester Mann, wenn es um solche Dinge geht und-“ Tetsus besonderer Körperbau (bestehend aus drei Beinen, sechs Armen und fünf Mündern) erlaubte es ihm ohne besondere Unterbrechungen, Hydes Krankenzimmer im Sturm einzunehmen, auf dem Weg zum Besucherstuhl über die eigenen Füße zu stolpern, noch rechtzeitig seine Unterlagen einzufangen (wie er das geschafft hatte, würde auf ewig ein akrobatisches Geheimnis bleiben), seinen Hintern auf dem besagten Stuhl zu deponieren, dabei wie ein Wasserfall sinnloses Zeug zu sprudeln und gleichzeitig über beide Ohren zu lächeln, zu strahlen und eine ungläubige Miene zu verziehen, die ganz eindeutig „Um Himmels Willen, hast du dich schon wieder mit Büffelnitis angesteckt, bleib ja weg von mir!“ zum Ausdruck brachte. Es schien, als hätte ihr Bandleader gänzlich neue Höhen in Punkto Multitasking erklommen. Hyde schwirrte allein vom Zuschauen der Kopf. Er zögerte daher nicht, dem braunhaarigen Flummi mit einem betont gelassenen „Ja. Dir auch einen guten Morgen. Mir geht's bestens, danke der Nachfrage. Und dein Anliegen ist?“ den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein Versuch war es zumindest wert, denn Tetsu ließ sich davon in keiner Weise beeindrucken. „Mensch, Haido, siehst du das denn nicht?“ Er fuchtelte mit dem Stapel vor der Nase des Langhaarigen herum, als würde sich dadurch alles selbst erklären. Hyde hob eine Augenbraue. „Also, ich sehe nur homogenisierten Zellstoffbrei mit filibrierten Fasern, der unter Zusatz von Leim, Füll- und Farbstoffen gemischt, gesiebt, nach starker Verdünnung entwässert, gepresst, getrocknet und geglättet wird.“ Tetsu starrte ihn verständnislos an. „Häh?“ War sein Kommentar nach einer längeren Pause. „Papier.“ „Ach so.“ Nach kurzem Überlegen: „Das wusste ich.“ Hyde grinste. „Feh, du brauchst gar nicht mit deinem supertollen Gehirn vor mir herumzuwedeln, ich weiß, dass du es kannst.“ Hyde grinste noch breiter. „Willst du mir denn gar nicht zeigen, was denn so Tolles auf deinem Zellstoffbrei-“, bei Tetsus mürrischem Blick ließ der Langhaarige jedoch Gnade walten, „ich meine, Papier natürlich, drauf steht?“ Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, waren alle Papierherstellungswissenslücken vergessen. „Das fragst du noch? Schau doch hin.“ Endlich fand der Braunhaarige die Geistesgegenwärtigkeit, seine mitgebrachten Notenblätter – denn nichts anderes waren sie – vor Hyde auf dem Bett auszubreiten. „Oooh...“ Dieser pfiff anerkennend. Vor ihm lagen drei Lieder in Notenform in seelenerwärmend fortgeschrittenem Stadium der Ausarbeitung (soll heißen, es waren nicht mal schnell hingekratzte Melodie-Ideen, sondern einheitlich aufeinander abgestimmte Akkorde). „Wow, ich bin wirklich beeindruckt, Tet-chan. Wie habt ihr das bloß hingekriegt? Soweit ich mich erinnern kann, wurden unsere Musikinstrumente allesamt über den Jordan befördert...“ Ein kurzer Moment der Trauer an dieser Stelle. „Auch wenn ich es nur äußerst ungern zugebe, wir sind in unser Klubhaus eingebrochen und-“ „Ihr seid WAS?!“ „Ja, das war richtig raffiniert! Du glaubst gar nicht, wie aufregend so ein Einbruch sein kann! Mitten in der Nacht auf das Schulgelände zu schleichen, den nachgemachten Schlüssel in das verrostete Schloss stecken, das Knarzen der aufschwingenden Tür- du musst auch mal irgendwo einbrechen! Das Feeling...“ Der Braunhaarige hatte regelrecht Sternchen in den Augen. „Tet-chan. Was hast du heute Morgen für Pilze gegessen?“ „Wie? Pilze? Hm. Also, da waren diese roten, mit den seltsamen Punkten drauf...“ „Ich würde den Typen, der sie dir verkauft hat, verklagen.“ „Uh, ja... Der kam mir gleich so seltsam vor.“ Tetsu kratzte sich am Kopf. Dann trafen sich ihre Blicke und beide brachen in Gelächter aus. „Oh Himmel, ich kann es echt kaum erwarten, hier endlich herauszukommen“, gluckste der Langhaarige. „Aber jetzt mal im Ernst, wie seid ihr diesmal an Instrumente gekommen?“ Tetsu winkte ab. „Es ist wirklich nichts Besonderes gewesen. Gackt hat uns den Klubraum überlassen. Er meinte, unsere Musik zu hören, würde dir guttun.“ Hyde versuchte krampfhaft, freundliche Passivität auf seinem Gesicht zu erhalten, doch das strahlend-hoffnungsvolle Schulmädchen-ist-von-ihrem-Schwarm-hin-und-weg-Grinsen wollte sich einfach nicht bannen lassen. „Und damit du dich nicht aus dem Prozess des Erfolgslieder-Schreibens ausgeschlossen fühlst, habe ich mir gedacht, dass du zu den Melodien die Texte beisteuerst.“ Mit einem atomaren Lächeln machte sich der Braunhaarige daran, Hydes blonde und blauäugige Seifenblase zu zerpieksen. „Der Wettbewerb ist in fünf Wochen, du darfst also keine Zeit verlieren!“ „Wie bitte?! Tet-chan, andere Bands brauchen für zwölf Lieder ein ganzes Jahr und ich soll drei Texte in knapp einem Monat schreiben? Ich scheiß die Dinger doch nicht! Außerdem, wann sollen wir überhaupt die Zeit finden, um das Ganze zu üben?“ „Ich habe vollstes Vertrauen in dich. Hier“, damit drückte der Bandleader seinem entsetzten Vokalisten ein Diktiergerät in die Hand, „wir haben alle drei Lieder aufgenommen. Du kannst es natürlich auch für deine ersten Gesangsversuche seit...seit etwas länger her benutzen. Dann können wir alle deiner wunderschönen Stimme lauschen.“ Der Braunhaarige strahlte wie eh und je und auch wenn Hyde das kurze Stocken, die Verweigerung allen Vokabulars, das auch entfernt auf „Überfall“ und „Koma“ hinwies, nicht entgangen war, ließ er das unkommentiert. „Aber ich habe natürlich nicht auf der faulen Haut gelegen“, mit einer schwungvoll-theatralischen Bewegung wurden zerkraxelte Blätter hervorgezogen, „und habe mich selbstverständlich auch an literarischer Verarbeitung unserer Musik versucht!“ Ein Blick auf das in arge Mitleidenschaft gezogene Papier verriet dem Langhaarigen sofort, warum sie das Schreiben von Texten gerne Hyde selbst überließen. „‚Strawberry‘? ‚A Ghost in my Bath‘? ‚What I see when you open your legs is nothing but brilliance‘...?“ „ Also, Letzteres war Kens Idee!“, beeilte sich Tetsu klarzustellen. „Ihm lächelt auch ab und an die Muse zu...“ „Ja“, stimmte Hyde trocken zu, „und garantiert eine halbnackte und breitbeinig in einem Hotelbett liegende.“ Die just in diesem Moment hereinkommende Krankenschwester versuchte sich an ihrem Lächeln, stammelte etwas von Therapie und verschwand schnell wieder. Hyde seufzte resigniert. Warum mussten Krankenschwestern ein so verdammt schlechtes Timing haben? Hätte sie nicht einen Satz später auftauchen können? „Haha, mach was draus“, klopfte ein grinsender Tetsu auf Hydes Schulter. (Klar, dich hält sie nicht für einen notgeilen Perversling, du bist fein raus.) „Das nächste Mal bringe ich Ken mit und stelle ihn deiner Krankenschwester vor – sie wird dich dann unter Garantie für einen Engel halten“, wurde hinzugefügt, als hätte der Braunhaarige Hydes Gedanken gelesen. (Unheimlich.) „Okay, mein Bester, ich muss dich nun schweren Herzens mit deiner Therapie allein lassen, ich weiß, du wirst mich schmerzlich vermissen, doch! keine Sorge, holde Maid! Morgen komme ich wieder. Und ich will Ergebnisse sehen.“ Tetsu erhob sich und zwinkerte dem ganz und gar nicht Begeisterten fröhlich zu. „Toll. Das hatte mein Mathelehrer auch zu mir gesagt“, kommentierte der Langhaarige mit einem pointierten Blick auf den beachtlichen Bücherstapel auf seinem Nachttisch. Falls der Braunhaarige auch nur einen kleinen Funken schlechten Gewissens verspürte ob dieser – Hydes Meinung nach unmöglichen – Forderung, so wusste er es superb zu verbergen, als er - ganz die Glühlampe auf zwei Beinen – zur Tür heraus spazierte. ### Nach einer Reihe von Trainingseinheiten (nicht ohne verlegene Blicke seitens einer rot angelaufenen Krankenhelferin), vereinzelten – mehr oder weniger freiwilligen – Besuchen... „Mamaaa, ich will nicht, ich kenn den doch gar nicht, außerdem verpasse ich die neueste Folge von „Desperate Husbands“! Ich MUSS einfach wissen, ob Paolo Joses Kind abtreiben wird oder nicht!“ „Sei still! Er ist der Neffe des Bruders des jüngeren Onkels der Mutter der zweiten Ehefrau deines Vaters! Außerdem schuldet uns seine Familie noch Geld!“ ... „Ooh, mein Fräulein, Sie sehen aber wieder bezaubernd aus an diesem wunderschönen Tag! Hmm, vor allem in den nördlichen Regionen sind Sie eine Wucht! Darf ich...nur ganz kurz...auf Festigkeit prüfen...?“ „Herr der Schildkröten, Sie haben schon wieder Ihre Brille vergessen, das ist ein Arzt!“ ...verbrachte der nervlich geschlauchte Hyde den späten Nachmittag singend im Bett. (Offenbar hatten die Mathe-Aufgaben den Kürzeren gezogen.) Das Diktiergerät auf dem Laken summte er die Melodie nach, suchte nach passenden Worten und merkte erst in dem Moment, wie sehr ihm das gefehlt hatte. Seine glückliche kleine Vokalistenwelt wurde von einer eindeutig eingeschüchterten Krankenschwester mit Ankündigung von Besuch eingerannt. Sehr seltsam...normalerweise hatten alle seine Besuche ziemlich wenig Hemmung, den Langhaarigen bei seinen Aktivitäten (von Klogang über Umziehen bis in den Zähnen stochern) munter zu unterbrechen, um ihn auf ihre glorreiche Präsenz aufmerksam zu machen. Wer also würde- oh, Himmel. Jeglicher Gedanke erstarb auf halbem Wege in Hydes Großhirn, nur um eine Kehrtwendung zu machen und panisch kreischend in sein Unterbewusstsein zu rennen. Seika Senior höchstpersönlich stand in der Tür. Ach du heilige Scheiße. Sein saccharines Lächeln war nicht weniger bedrohlich als das knurrende Enthüllen der Reißzähne eines hungrigen Säbelzahntigers. Hyde kam sich – gänzlich in seiner Rolle aufgehend – wie eine kleine und hilflose Maus vor, essfertig verpackt in Krankenbettlaken, ohne jegliche Möglichkeit zur Rettung oder Flucht. Mit der Selbstsicherheit eines befehlsgewohnten Menschen schritt Seika der Ältere zu Hydes Bett. Dieser fragte sich für einen kurzen Moment, ob es wohl merkwürdig aussehen würde, wenn er jetzt aus dem Fenster sprang. Oh, nein. Nein, nein! Er war stark, furchtlos und er hatte heut erst einen halben Liter Actimel weggesoffen, Bakterien und sonstige homo sapiens konnten ihm absolut nichts anhaben! (Anti-seikalisiert, wie es so schön in der Werbung hieß. Oder so ähnlich.) Aber ARGH! Es war eine Sache, im Beisein des Blonden den Vati-trotzenden Superhelden zu mimen - dem besagten Vati allein gegenüberzustehen, war schon etwas ganz anderes. (Ja, fuck noch mal, er konnte ja nicht mal stehen!) So ganz plötzlich schienen Gackts Gruselmärchen über die Blutrünstigkeit seines Zeugers nicht mehr so abwegig. Und dennoch, sie waren hier doch in einem Krankenhaus, oder? Hier konnte ihm niemand etwas antun, oder? Ein flüchtiger Blick zum Notknopf. Hyde konnte praktisch fühlen, wie Seikas Grinsen breiter wurde. Das Arschloch genoss es sichtlich, den Kranken in helle Panik zu versetzen. „Guten Tag, Takarai-kun, wir haben uns lange nicht gesehen. (Oh, Hyde hatte absolut nichts dagegen aus dem „lange nicht“ ein „nie wieder bis zum Grab“ zu machen.) Wie geht es Ihnen? Wie ich sehe, sind Sie auf bestem Wege zur Genesung...“ Man gab sich gar nicht erst die Mühe, das Bedauern aus der Stimme zu verbannen. (Die wohlerzogene Höflichkeit in Person.) Der Langhaarige konnte sehr gut die eisige Kälte spüren, mit der ihn der Blick seines Gegenübers überzog. Brr. Hyde versuchte, die drückende Stille, die sich nach diesem Abklatsch von Smalltalk ausgebreitet hatte, so gut wie möglich zu ignorieren. Der Versuch stolperte, schrieb einen Abschiedsbrief, schnitt sich die Adern auf und verblutete kläglich auf der Stelle. „Welchem Umstand habe ich denn Ihren werten Besuch bei mir zu verdanken? (Damit ich ebendiesem Umstand langsam und genüsslich die Kehle zerdrücken kann.)“, erkundigte sich der Langhaarige und pflasterte sich ein Halblächeln aufs Gesicht, hoffend, dass es nicht allzu sehr nach Zähneblecken aussah. Doch egal, wie er sich gebärdete – es war ein ungleicher Kampf. Pudel gegen Löwe. Er konnte knurren und bellen, wie er wollte, aber mit nur einem Tatzenhieb würde die Welt um ein Lieblingsgericht reicher werden – Pudelgulasch. (Was selbstverständlich nicht hieß, dass er es nicht trotzdem versuchen würde.) „Oh, es ist nichts Besonderes. Ich bin lediglich neugierig, warum mein Sohn es für richtig und begründet hält, zwei Wochen Schule an Sie zu verschwenden. Vielleicht könnten Sie mich darüber aufklären?“ Das Lächeln auf Seikas Gesicht war tiefgefroren. Es war alles andere als aufrichtige elterliche Sorge, das aus diesen kalten Augen sprach. Und Scheiße, die Behauptung, dass Hyde nicht eingeschüchtert wäre, absolut keine Angst hätte, wäre eine glatte Lüge. Gut, dass er bereits im Bett saß, sonst wäre das Zittern seiner Knie nicht zu übersehen (ein Hoch auf das Krankendasein). Aber was zur Hölle sollte er darauf antworten? Was wusste der Vater genau? Was wollte er überhaupt mit diesem Verhör erreichen? War das alles nur ein Bluff? Hatte Gackt selbst aus Versehen etwas verraten? Wusste der Blonde vom Besuch seines Zeugers? Eine bestätigende Antwort auf die letzten beiden Fragen befand der Langhaarige sogleich als ziemlich unwahrscheinlich – die Beziehung von Vater und Sohn vermittelte nicht gerade den Eindruck, dass sich beide gerne miteinander unterhielten, geschweige denn ihre Freizeitpläne besprachen. Mist, Mist, Mist, in Hydes Kopf herrschte ein undurchsichtiges Gewusel von Gedanken- „Ach, tatsächlich? Ich bin ebenfalls sehr neugierig zu erfahren, was Sie denn das überhaupt angeht. Außerdem darf ich Sie höflichst auf die Tatsache hinweisen, dass ich in der fraglichen Zeit im Koma lag, sodass ich mich aufgrund dessen außerstande sehe, Ihnen nähere Informationen über den Verbleib Ihres Sohnes zu liefern.“ Doch Hydes große Klappe war anscheinend wieder einmal schneller. Dass man Löwen besser nicht reizen sollte, erfuhr der Langhaarige am eigenen Leib, als Finger in blitzschneller Bewegung sich um seinen Hals schlossen und zudrückten. Mit unverhohlener Mordlust starrten die blauen Augen auf ihn herab, während der Hyde vergeblich an dem Arm zerrte. Paniktragendes Adrenalin schoss durch seine Blutbahn, sein Herz hämmerte wie wild- er wird ihn doch nicht hier umbringen wollen?! Doch, er würde, er würde - eine Stimme flüsterte selbstsicher aus seinem verräterischen Bewusstsein, machte ihn noch panischer- „Lassen Sie mi-“, doch Hyde hatte noch genug Luft, um zu protestieren. „Ich sage es dir nur ein einziges Mal, also würde ich vorschlagen, du hörst gut zu.“ Bei diesen Worten wurde noch fester zugedrückt, noch schmerzhafter und Hydes Gegenwehr immer verzweifelter und kräftezehrender als sein ganzer Organismus nach Sauerstoff schrie. „Lass deine dreckigen Schwulettenfinger von meinem Sohn, verstanden?! Er ist nicht so abartig und krank wie du, also komm ihm ja nicht zu nahe! Ich bin einflussreich genug, um dafür zu sorgen, dass du dieses Krankenhaus lebend nicht wieder verlässt, überlege dir demnach gut, was du als nächstes machst.“ Der Langhaarige konnte die Worte über dem stetig anwachsenden Rauschen in seinen Ohren kaum noch verstehen, zu sehr war er damit beschäftigt, die paar Fetzen Luft, die ihm der stählerne Griff übrig ließ, krampfhaft in seine Lungen einzuziehen (ein paar seiner übermütigeren Gehirnzellen wunderten sich ob dieses eindeutigen sinnlosen Unterfangens, ein Opfer dermaßen zu bedrohen, dass es nichts mehr verstand, doch die Botschaft war auch ohne artikulatorische Untermalung eindeutig). „Ich...hah, kann...mich...nicht...gah...erinnern, Ihnen...das...Du ange...boten...zu haben...“ Schwarze Punkte tanzten an den Grenzen seiner Wahrnehmung, und er verfluchte sich für seine mit letzter Kraft geröchelten Verzweiflungsworte, während er genug Geistesgegenwart zusammenkratzte, um blindlings nach dem Notknopf zu hauen, in der Hoffnung, ihn getroff- Die Finger verschwanden genauso schnell von seinem Hals, wie sie hochgradig unwillkommen damit Bekanntschaft gemacht hatten. Anscheinend doch den Knopf getroffen – nur ein flüchtiger Gedanke, der sogleich in der Riesenerleichterung und gierigem Einsaugen von Luft und starkem Husten unterging. „Oder wäre Ihnen der finanzielle Ruin Ihrer gesamten Familie lieber? Entscheiden Sie sich.“ Das Lächeln war wieder an seinem angestammten Platz, war deutlich herauszuhören, doch der Langhaarige machte sich nicht die Mühe den Kopf zu heben und nachzuprüfen – er hatte genug damit zu tun, seinen vor Aufregung, Nahtoderfahrung und halbverdauter Panik zitternden Körper unter Kontrolle zu bekommen. Die schnellen Schritte auf dem Flur läuteten Hydes Rettung vor seinem Besuch ein. Erst viel später, als sich der Langhaarige nach den besorgten Erkundigungen der Krankenschwester, den gescheiterten Versuchen gegen sein panikbedingtes Schweigen anzukommen, anschließenden Untersuchungen, in resignierter Hilflosigkeit in sein Bett verkroch, sich ganz klein machte, die Drohung immer hämmernd im Kopf – erst als er die nach wie vor verstreuten Notenzettel einsammelte, fiel ihm das Diktiergerät auf. Und die mit einem sehr aufschlussreichen Gespräch zwischen einem bestimmten Patienten und einem sehr unzufriedenen Vater bespielte Kassette darin. TBC A/N: Lang ist's her, wer hätte jemals an eine Fortsetzung geglaubt? Ich jedenfalls nicht. Aber dank einiger sehr überzeugender Arschtritte (naja, bleiben wir bei der Wahrheit, es waren insgesamt zwei) habe ich mich doch durch das nächste Kapitel gebissen. (Gott, das ist ja schon irgendwo peinlich, nach so langer Zeit ein Kapitel hochzuladen, aber nachdem ich den ursprünglichen Plot um 45% gekürzt habe und es bis zum Ende nur noch etwa 5-7 Kapitel sein werden, hat mir endlich die Muse zugelächelt...) Ach ja. Das Kapitel nicht Korrektur gelesen, etwaige Fehler bitte melden. Beschwerden? Empörung? Ich würde mich freuen. Oder doch lieber eisiges Schweigen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)