Angel´s Secret von himachan (Hunting for the Truth) ================================================================================ Kapitel 2: Surprising Invitation -------------------------------- 2. Kapitel Surprising Invitation Die Proben von L´Arc en Ciel dauerten schon den ganzen Vormittag an und Hyde spürte das unbändige Verlangen nach einem kühlen Schluck Wasser, sonst würden seine Stimmbänder noch vollkommen austrocknen und selbiges konnte der Leadsänger der Band wirklich nicht gebrauchen. „Können wir nicht mal eine kleine Pause einlegen?“, röchelte er seinen Bandkollegen zu und diese nickten zu seinem Glück und legten keine Widerworte ein. Hyde schnappte sich seine Zigarettenschachtel und die große Wasserflasche und verließ schnellen Schritts ihren Probenraum. Er machte sich auf den Weg ins Freie, um ein bisschen Luft zu schnappen und damit der Zigarettenqualm nicht die ganze Luft in den Räumen verpestete. Diese Maßnahme war eigentlich überflüssig, denn auch Ken und Yukihiro waren starke Raucher, die nicht immer den Weg nach draußen schafften, weshalb der Zigarettenqualm sowieso in fast allen Räumen hing. Hyde seufzte, er versuchte trotzdem weiterhin immer nach draußen zu gehen, um zu rauchen. Manchmal glaubte er, dass er eindeutig viel zu gut für diese Welt war. Aber wenn das sein einziges Problem sein sollte, dann war er damit noch gut dran. Die Sache mit Gackt ent-wickelte sich nämlich langsam auch zu einem ernstzunehmenden Problem, dessen Auswir-kungen weit größer als die seiner Gutmütigkeit werden würden. Anfangs war es ihm ja noch gelungen sich einfach taub zu stellen und alle Gefühle auf Durchzug zu schalten, aber bei jedem weiteren Treffen wurde das schwerer. Immer wenn Gackt ihn mit seinen kristallklaren blauen Augen ansah, fühlte sich Hyde als würde er von oben bis unten durchleuchtet werden und als könnte Gackt jeden noch so kleinen Gedanken erraten. Die Wahrheit war schlicht und ergreifend, dass er weit mehr für Gackt empfand, als es für einen guten Freund normal war. Und immer wenn er ihn ansah, schienen diese Gefühle noch weiter anzuwachsen. Sich das aber einzugestehen war bei Weitem nicht so einfach für Hyde und bislang hatte er sich noch mehr oder weniger erfolgreich davor gedrückt, doch langsam war es nicht mehr möglich. Gackt machte es ihm aber auch nicht gerade leicht. Wie oft hatte er ihn in der letzten Zeit in seine Arme geschlossen? An das letzte Mal am gestrigen Abend konnte sich Hyde noch allzu gut erinnern. Ein Schauer lief ihm über den Rücken und ließ ihn erzittern, als er daran dachte. Vielleicht würde es einfacher sein, wenn er sich sicher war, was Gackt tatsächlich für ihn empfand. Die Möglichkeit, dass für Gackt alles nur ein Spaß war, so wie es Hyde vor ihm immer aufnahm, bestand schließlich immer noch. Tief in seinem Herzen hoffte er allerdings, dass Gackt es ernst meinte. Hyde seufzte und trat die aufgerauchte Zigarette auf dem Boden aus, dann begab er sich wieder zu den anderen in den Probenraum. Dieses Mal musste das Schicksal doch ein bisschen Mitleid für ihn übrig haben, denn genau in dem Moment, in dem Hyde um die Ecke bog, begann sein Handy du klingeln. „Scheiße!“, fluchte er und raste um den engen Gang. Gerade noch rechtzeitig erreichte er das verfluchte Teufelsgerät und drückte auf den Telefonhörer, um das Gespräch entgegen zu nehmen. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn er auch nur wenige Augenblicke später gekommen wäre. Wie hatte er gestern Nacht auch nur auf die Idee kommen können als Klingelton ausgerechnet „tsuki no uta“ einzustellen? Dafür hätte er sich selber in den Hintern beißen können! War er nicht eigentlich der Überzeugung gewesen, dass er es wieder geändert hatte? Mit den Gedanken war er natürlich wieder bei Gackt hängen geblieben und dann war ihm dieses Schrottteil von Handy unter die Finger geraten. Aber bevor Gackts Stimme ertönen konnte, hatte Hyde glücklicherweise das Handy erreicht und hoffte, dass seine Bandkollegen nicht allzu sehr auf den Klingelton geachtet hatten. „Moshi moshi“, keuchte Hyde ins Handy und sein Herz rutschte gleich eine Etage tiefer, als er die Stimme des Anrufers erkannte. „Na mein Engelchen, was hast du denn so anstren-gendes gemacht, dass du so rumkeuchen musst?“, fragte niemand anderes als ein besorgter Gackt und Hyde konnte sich nur zu gut seinen Gesichtsausdruck vorstellen. War es ein Wunder, dass er wieder rot anlief? „Ich hab gar nichts gemacht“, antwortete Hyde, dessen Atmung sich mittlerweile wieder normalisiert hatte. Schnell suchte er das Weite, schließlich mussten die anderen nicht unbedingt sein Telefonat mitbekommen. „Weshalb rufst du mich an Ga-chan?“, fragte er dann. „Brauche ich denn einen Grund, um bei dir anzurufen?“, maulte Gackt in den Hörer und Hyde musste unwillkürlich grinsen. „Nein, brauchst du nicht“, sagte er in einem schon versöhnlicher klingenden Tonfall. „Also was gibt´s?“ „Ich wollte dich nur fragen, ob du nicht Lust hast heute Abend mit mir essen zu gehen. Wir könnten uns danach wieder an unseren Text machen. Was hältst du davon?“, fragte Gackt schnell und Hyde glaubte in seiner Stimme einen Tick Verlegenheit bemerkt zu haben. Verlegenheit bei Gackt? Konnte es so etwas wirklich bei ihm geben oder bildete er es sich nur ein? Hyde musste wohl einen Moment zu lange mit der Antwort gezögert haben, denn Gackt meldete sich wieder zu Wort. „Wenn du keine Lust hast, bin ich dir auch nicht böse, dann treffen wir uns eben nur für den Song.“ Nein, böse wäre er Hyde nicht, er wäre nur tieftraurig. Doch Hyde antwortete schnell: „Klar hab ich Lust mit dir essen zu gehen, schließlich sind wir ja sowieso verabredet, da können wie auch vorher noch gemeinsam essen.“ „Super!“, grinste Gackt in den Hörer. „Ich hole dich dann um halb sieben ab, okay?“ „Ist gut, mach das.“ „Bis heute Abend“, verabschiedete sich Gackt, bevor Hyde es sich noch einmal anders überlegen konnte und legte auf. Hyde grinste und ging zurück in den Probenraum. „Kommst du uns auch mal wieder besuchen?“, fragte ihn Tetsu, der mit seinem Bass in der Hand startbereit im Raum stand. „Sorry“, meinte Hyde und ließ das Handy wieder in seine Jackentasche gleiten. Er schnappte sich das Mikrofon und begab sich ebenfalls wieder auf seine Position. „Jetzt können wir weiter machen.“ Die Band probte noch bis zum Nachmittag an ihren neuen Songs und alles verlief recht zufriedenstellend, so dass Hyde mit guter Laune wieder nach Hause kam. Gackt saß nach dem Telefonat mit Hyde glücklich in seinem eigenen Probenraum und war gerade dabei seine Pläne für heute Abend, jetzt da Hyde ihm zugesagt hatte, erneut zu überdenken, als ihm sein Violinist auf die Schulter klopfte. „Sag mal Gackt, wie lange soll ich deine Viecher eigentlich noch versorgen? Nachdem du sie vor einem Monat bei mir abge-liefert hast, hast du noch nichts unternommen, um mich von den Plagegeister wieder zu befreien“, fragte You und deutete demonstrativ auf eine langgezogene Kratzspur, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Gackts Katze Mai stammte. „Oh“, machte Gackt. Bei allem was er in letzter Zeit um die Ohren hatte, war ihm doch tatsächlich entfallen, seine beiden Haustiere wieder von You abzuholen. Wegen seinem letzten Auftrag hatte er die beiden praktischerweise einfach bei ihm geparkt. Doch jetzt musste er ja auch wieder verreisen. Sollte sich You also ruhig noch eine Weile um sie kümmern, sie würden ihn schon nicht komplett in Einzelteile zerlegen. Hoffte Gackt zumindest. „Wärst du vielleicht bereit und würdest sie noch ein bisschen länger nehmen?“ , fragte Gackt mit seinem breitesten Lächeln. Bevor der Gefragte antworten konnte, hatte Gackt schon: „Vielen Dank, du bist ein Schatz, You!“ geflötet und ihn einfach stehen gelassen. Der Violinist seufzte, man durfte Gackt einfach nicht den kleinen Finger reichen, denn er verschlang immer gleich die ganze Hand. Also würde er sich auf dem Nachhauseweg eine neue Großpackung Pflaster zulegen, um wenigstens seine Wunden im Kampf mit Mai versorgen zu können. Und dem kleinen Nachbarsjungen sollte er auch lieber noch mal ein paar hundert Yen zuschieben fürs Gassigehen mit Belle. Gackt hingegen trommelte seine weitverstreuten Bandmitglieder zusammen, um die Proben fortzusetzen. Schon etwas früher als üblich entließ er sie wieder, denn er hatte noch etwas Wichtiges zu besorgen. Nervös ging Hyde im Schlafzimmer auf und ab. Der Kleiderschrank stand schon eine ganze Weile offen und mehrere Kleidungstücke lagen auf dem Bett verteilt. So schwierig konnte es nun wirklich nicht sein, die passenden Klamotten für einen Restaurantbesuch auszuwählen. Er fing langsam noch an sich wie ein hysterisches Frauenzimmer zu benehmen. Okay, dachte er nach weiteren 10 Minuten in denen sich der Kleiderhaufen wieder um einiges erhöht hatte, ich fasse jetzt einfach mit geschlossenen Augen in den Schrank und was mir in die Finger kommt, muss dran glauben. Er bezweifelte zwar, dass diese Methode mit Erfolg beschienen war, aber noch länger suchen hielt er nicht mehr aus. Außerdem rannte ihm langsam aber sicher die Zeit davon und wenn er sich nicht endlich mal beeilte, stand er Gackt um halb sieben nur in Boxershorts gegenüber. Dieser würde an seinem Anblick sicher die helle Freude haben und Hyde konnte sich recht plastisch seine Kommentare vorstellen. Als er seine Augen wieder öffnete, hielt er eine dunkelblaue Jeans und kurz danach ein dunkelgemustertes Oberteil in den Händen. Damit konnte man durchaus leben, entschied er und zog sich schnell an. Dass er selbiges auch viel einfacher hätte haben können, war ihm selber klar. Hyde ging ins Badezimmer und versuchte seine schwarzen Haare in Ordnung zu bringen. Mit dem Ergebnis recht zufrieden, wartete er schließlich im Wohnzimmer auf Gackt. Kurz darauf klingelte es an der Tür und Hyde erhob sich, um sie zu öffnen. „Guten Abend Haido“, begrüßte ihn ein strahlender Gackt und reichte ihm lediglich die Hand. Es langsam angehen zu lassen, das war die Strategie, die sich Gackt für diesen Abend zurecht gelegt hatte. Man durfte ihn nicht gleich von Anfang an verschrecken. „Können wir?“, fragte er und als Hyde bestätigend nickte, begaben sich beide zu Gackts Wagen. Nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander gesessen hatten, fragte Hyde schließlich: „Was hast du dir denn nun für heute Abend einfallen lassen, Ga-chan?“ „Lass dich einfach überraschen.“ Gackt zwinkerte ihm zu. „Du wirst es noch früh genug erfahren.“ „Ja, spätestens wenn wir vor dem Restaurant angekommen sind. Ich hoffe du wirst mir dann nicht die Augen verbinden, um mich noch länger auf die Folter zu spannen.“ Der Braunhaarige musste lachen. „Das hatte ich eigentlich nicht vor, ist aber ein interessanter Vorschlag. Wenn du es gerne möchtest, werde ich es das nächste Mal machen, mein Engel.“ „Nein, danke, das kannst du dir sparen. Aber wenigstens bin ich jetzt vorgewarnt, falls du tatsächlich mal auf so eine Idee kommen solltest und kann dir dann rechtzeitig eins über die Rübe ziehen.“ Sie lachte beide und nur wenig später parkte Gackt den Wagen vor dem ausgewählten Restaurant. Es war ein französischer Nobelschuppen, mal wieder typisch für Gackt, dachte Hyde und betrat mit dem anderen Sänger das Restaurant. Sofort wurden sie von einem befrackten Kellner in Empfang genommen, der sie in französisch begrüßte und zu ihrem Tisch geleitete. Scheinbar hielt sich nur die Spitze der japanischen Gesellschaft in diesem feinen und wahrscheinlich sauteuren Lokal auf, denn wohin Hyde auch blickte, er konnte nur aufgetakelte Damen und Herren erkennen, die allesamt nach einer Menge Geld aussahen. Sie wurden zu einem Tisch, der etwas abseits der anderen lag, geführt. Dieser war mit Kerzen und Rosenblättern dekoriert und Hyde war sich sicher, dass Gackt alles im Voraus genaustes geplant hatte. Nachdem sie sich gesetzt hatten, reichte der Kellner ihnen die Speisekarten und entfernte sich mit einer Verbeugung. Hyde schlug die Karte auf und wurde von einer Flut französischer Namen erschlagen, wovon er so gut wie keinen einem Gericht zuordnen konnte. Wie sollte er denn da etwas Essbares auswählen? Eigentlich war er sich aber sicher, dass Gackt ihm die Auswahl bestimmt schon abgenommen hatte. Und er wurde auch nicht enttäuscht. „Also“, begann Gackt. „Damit wir nicht so lange herumraten müssen, habe ich schon überlegt, was wir essen könnten.“ Er sah Hyde fragend an und als dieser mit einem Grinsen auf dem Gesicht nickte, weil er mal wieder ins Schwarze getroffen hatte, winkte Gackt den Kellner wieder an ihren Tisch. „Willst du denn nicht wissen, was ich gleich bestellen werde? Sonst schmeckt es dir hinterher vielleicht gar nicht“, wollte Gackt wissen und guckte leicht überrascht. „Ach, ich glaube, ich kann auf dein Urteil vertrauen und wenn es trotzdem nicht schmecken sollte, können wir ja bei dir zu Hause noch Ramen essen“, antwortete Hyde, der ein kleines bisschen stolz darauf war, dass er es geschafft hatte Gackt zu irritieren, schließlich war es meistens genau anders herum. Der Kellner kam zu ihnen und Gackt fing an zu bestellen. „Wir hätten dann als Vorspeise bitte Salat Nicoise, danach Entrecote und zum Dessert Crème Brule.“ Der kleine Sänger musste schmunzeln, als er den Zettel sah, von dem Gackt die Gerichte ablas. Auf jeden Fall klangen sie schon mal interessant, jetzt mussten sie nur noch schmecken. „Wie Sie wünschen“, erwiderte der Kellner und Hyde war tatsächlich überrascht ihn japanisch sprechen zu hören, auch wenn sein Akzent stark französisch angehaucht war. Als er wieder gegangen war, fing Gackt plötzlich an unter dem Tisch herum zu wühlen und förderte schließlich eine kleine blaue Schatulle zum Vorschein, die er vor Hyde auf den Tisch stellte. Hyde starrte mit weitaufgerissenen Augen auf die Schatulle, Gackt lächelte ihn vorsichtig an. Fast war Hyde nicht mehr in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Genau so hatte er sich immer einen Heiratsantrag vorgestellt, mit einem Abendessen in einem schicken Restaurant und solch einem Kästchen auf dem Tisch. Aber das konnte Gackt doch nicht ernst meinen! Obwohl Hyde sich schon gewundert hatte, dass er heute Abend noch keinen einzigen Spruch von ihm gehört hatte, wo es doch sonst zu Gackts Lieblings-beschäftigungen gehörte Hyde anzügliche Bemerkungen entgegen zu bringen. Er hätte also mit etwas Ähnlichem rechnen müssen, aber doch nicht mit so etwas! Gackt sah ihm immer noch lächelnd in die Augen und Hydes Herz begann ob diesem Blick seine Geschwindigkeit zu verdreifachen. Ihm blieb nicht anderes übrig, als das Kästchen zu öffnen. Für eine oder zwei Sekunden starrte Hyde einfach auf den Inhalt, der im flackernden Kerzen-licht vor ihm lag. Kein Ring! Sollte er jetzt vor Erleichterung aufatmen? Wie hatte er etwas Derartiges auch nur für eine einzige Sekunde glauben können? Aber musste er sich nicht eingestehen, dass er es tief in seinem Herzen gehofft hatte? Hyde versuchte den Gedanken abzuschütteln, indem er den Gegenstand, der sich stattdessen in der Schatulle befand, betrachtete. Er bestand aus blauem Glas und hatte die Form eines kleinen Engels. In Hydes Augen war er einfach nur unbeschreiblich schön. Vorsichtig und als würde er es nicht wagen die zerbrechlich aussehende Figur anzufassen, streckte er seine Finger nach ihr aus. Zögernd nahm er sie schließlich aus dem Kästchen heraus und betrachte das durchsichtige blaue Glas in seinen Händen. Endlich konnte er seinen Blick wieder von dem Engel lösen und sah zu Gackt auf, der ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte und seine Reaktion gespannt verfolgte. Bis jetzt war Hyde noch nicht aufgesprungen und hatte das Weite gesucht, ein eindeutiger Pluspunkt für seinen Plan. Doch der Ausdruck in Hydes Augen, als er das Kästchen geöffnet hatte, war Gackt nicht entgangen. Fast sah es so aus, als hätte Hyde etwas anderes erwartet, was auch immer das war. Doch enttäuscht schien er nicht zu sein, denn der Blick mit dem er den kleinen Engel in seinen Händen herumdrehte, war einfach nur glücklich zu nennen. Wieder einmal war Gackt überwältigt, wie niedlich Hyde eigentlich war. Und als der Kleinere den Kopf hob und seinen Blick suchte, konnte er förmlich das Glitzern spüren, das in Hydes Augen tanzte. „Danke, Ga-chan“, murmelte Hyde mit belegter Stimme und wusste nicht wie er sich bei Gackt bedanken sollte, wieder fühlte er sich von seinen blauen Augen durchleuchtet und viel zu überwältigt war er von dem unerwarteten Geschenk. „Ach, ich bin zufällig auf die Figur gestoßen und musste an dich denken. Sie passt einfach perfekt zu dir. Sie gefällt dir doch, oder Haido?“, fragte Gackt, der bei Hydes Anblick leicht verlegen klang. „Auf jeden Fall gefällt sie mir! Sie ist wunderschön! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, erwiderte Hyde darauf und konnte seinen Blick immer noch nicht von Gackts Augen lösen. „Sag einfach gar nichts“, flüsterte dieser. Er beugte sich weiter über den Tisch, bis ihre Gesichter nur noch Zentimeter von einander entfernt waren und er sehen konnte wie Hyde die Röte ins Gesicht stieg. Wenn er sich jetzt noch ein Stück weiter vorbeugen würde, dann… Gackt zögerte, eigentlich war es der perfekte Augenblick, Hyde war durch das Geschenk abgelenkt und sein Plan war bis jetzt spitzenmäßig aufgegangen. Und trotzdem zögerte er, konnte sich nicht dazu durchringen den letzten Schritt zu tun. Würde er auf diese Weise wirklich Hydes wahre Gefühle herausbekommen? Würde er einen nicht wieder gutzumachenden Fehler begehen? Er war sich so sicher gewesen und jetzt war davon nichts mehr übrig. Hyde nahm ihm die Entscheidung ab. „Ga-chan, was machen wir jetzt?“, fragte er und zerstörte damit die knisternde Anspannung, die in der Luft gelegen hatte. Wie in Trance hatte er dagesessen und nur verschwommen mitgekriegt, wie der Jüngere ihm immer näher kam. Sein sowieso schon rasender Herzschlag hatte sich weiter erhöht, doch Gackt hatte plötzlich gestoppt. Bevor Hyde einen Fehler machen konnte, erhob er seine Stimme und zerstörte den Augenblick. „Ähm“, überlegte Gackt und setzte sich wieder aufrecht hin. Wie dämlich konnte ein einziger Mensch eigentlich sein? Da wurde ihm Hyde auf einem Silbertablett präsentiert und lief zur Abwechslung mal nicht weg und er war zu feige, dämlich oder sonst was, um ihn endlich zu küssen. Diesen für Gackt peinlichen Moment musste er jetzt so gut es ging überspielen. Er drehte sich um und zeige auf einen Konzertflügel, der fast direkt hinter ihrem Tisch stand. Dieser war Hyde bis jetzt noch gar nicht aufgefallen, allerdings hatte sein Augenmerk eher auf anderen Dingen gelegen. Eines dieser „Dinge“ begann wieder zu sprechen. „Wie wäre es wenn ich dir auf dem Klavier etwas vorspielen würde, solange bis unser Essen kommt?“, fragte der Braunhaarige sein Gegenüber. Weil Hyde in diesem Moment einfach nichts Besseres einfiel und er immer noch nicht klar denken konnte, nickte er nur, nicht ahnend welche Folgen das noch haben würde. Der berühmte japanische Sänger, der in den letzten paar Minuten einiges an Selbstbewusst-sein eingebüsst hatte, stand auf und setzte sich auf den Klavierhocker. Er schlug den Deckel zurück und rückte den Hocker in die richtige Position. Dann ließ er seine Fingerspitzen über die Tasten gleiten und begann zu spielen. Am Nachmittag war er schon einmal hier gewesen, hatte sich einen passenden Tisch ausgesucht und auch das Klavier ausprobiert, um auf Nummer sicher zu gehen. Seine Finger glitten entspannt über die Tasten, eine langsame Melodie erklang. Sie hatte einen leicht traurigen Klang, der die Zuhörer sofort in ihren Bann schlug. Hyde erkannte das Lied sofort, unzählige Male hatte er es in letzter Zeit gehört und immer war er verzaubert gewesen von Gackts Gesang. Als Gackt seine Stimme erhob und zu singen begann, wurde es augenblicklich totenstill im gesamten Restaurant. Alle Anwesenden lauschten andächtig diesem kleinen Privatkonzert. Leise murmelte der Schwarzhaarige den Namen des Liedes: „hoshi no suna“ und drehte den blauen Engel unbewusst in seinen Händen. Gackt sag es für ihn, da war er sich sicher, wie sollte es auch anders sein? Weshalb nur mussten ihm jetzt Tränen in die Augen steigen? Weshalb nur mussten plötzlich alle so mühsam verdrängten Gefühle in ihm hochkommen und sich nicht mehr unterdrücken lassen? Die anderen Gäste des Restaurants, die allesamt die beiden Sänger anstarrten, nahm er schon gar nicht mehr wahr. Im normalen Zustand hätte er schon längst die Flucht ergriffen, weil es ihm zu peinlich geworden wäre, doch heute drang nichts anderes zu ihm durch als der Gesang von Gackt und sein Klavierspiel. „Aishiteiru“, sang dieser gefühlvoll und plötzlich trafen sich ihre Blicke. Hyde sah durch die Tränen in seinen Augen wie Gackt ihn mit seinem Blick festzuhalten schien. In diesem lag eine stumme Aufforderung, doch Hyde war ihr nicht gewachsen. Wie in Zeitlupe musste Gackt verfolgen, dass Hyde sich erhob. „Es tut mir leid, Ga-chan“, murmelte er, nicht sicher ob der Sänger ihn überhaupt hören konnte. Dann drehte er sich schnell um und verließ ohne einen weitern Blick zurück das Restaurant und damit einen völlig am Boden zerstörten Gackt. Viele der Gäste drehten sich nach ihm um, aber es war ihm egal, jetzt war ihm alles egal. Er rannte wieder davon, wie schon so oft. Aber dieses Mal hatte er alles zerstört! Von weit her hörte er immer noch die Stimme Gackts, als er wie durch ein Wunder mit seinen tränennassen Augen den Weg nach draußen fand. Weshalb nur konnte er der Wahrheit nie ins Auge sehen? „Weshalb nur?“, schrie die Stimme in seinem Kopf, wohl tausendmal, weil sie keine Antwort fand. Gackt blieb sitzen, er konnte nichts anderes tun, als weiter zu spielen. Seine Liebe ver-schwand tatsächlich, nicht nur in diesem Lied. Tieftraurig sag Gackt die letzte Strophe und legte all seine Gefühle in seine Stimme, auch wenn Hyde es nicht mehr hören konnte. Als der letzte Ton im Raum verklang, ließ er seinen Kopf sinken und merkte wie nun auch ihm die Tränen in die Augen stiegen. Er versuchte erst gar nicht sie zurückzuhalten, sollten sie ruhig fließen. Was machte es jetzt schon für einen Unterschied? Alles, aber auch alles hatte er ruiniert! Er war zu weit gegangen und hatte Hyde verloren, endgültig. Kaum war Gackts Stimme verklungen, erhob sich ein Gemurmel unter den Gästen, Köpfe wurden zusammen gesteckt und Stühle aneinandergeschoben. Die beiden Personen, über die so angeregt diskutiert wurde, bekamen davon nichts mehr mit. Jeder glaubte den anderen für immer verloren zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)