Angel´s Secret von himachan (Hunting for the Truth) ================================================================================ Kapitel 16: Before Sunset ------------------------- Kami-sama, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll! Jetzt ist es fast ein ganzes Jahr her, dass ich das letzte Kapitel hochgeladen hab *sich schäm* Aber ich hab die Story nicht vergessen und wenn das Kapi nicht so lang hätte sein müssen, dann hätte ich es auch schon zu den letzten Semesterferien hochgeladen bekommen. Doch ich wollte unbedingt genau bis zu diesem Punkt schreiben und im Semester fehlte mir leider die Zeit dazu. Ich bin grausam, ich weiß *sich da nichts vormach* Wenn ihr aber bis zum Ende vom Kapitel durchgehalten habt, werdet ich mich sicher verstehen ^^ *wenn es denn überhaupt noch jemand liest* Ich wünsche also viel Spaß beim Lesen! *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~**~*~*~*~*~*~*~*~* 16. Kapitel Before Sunset Alles war dunkel. Er konnte weder etwas hören noch sehen, nur die undurchdringbare Schwärze vor seinen Augen. Selbst die Zeit schien nicht zu vergehen, oder kam es ihm nur so vor? Irgendwann vernahm er ein schnelles Klopfen, rhythmisch gegen seine Brust. Ein Herzschlag, dachte Gackt, natürlich sein eigener, was hätte es auch sonst sein können? Dann plötzlich diese Schritte, immer lauter werdend, direkt hinter ihm. Viel zu spät erkannte er, dass auch sie von ihm selbst ausgingen und er kam sich mit einem Mal schrecklich dumm vor. Rannte hier durch die Dunkelheit, verfolgt von seinen eigenen, immer schneller werdenden Schritten. Und so etwas nannte sich Geheimagent! Fast hätte er aufgelacht, wäre dieses beängstigende Gefühl in seinem Innersten nicht gewesen, das sich einfach nicht abschütteln ließ. Doch wer hätte ihm das verübeln können, denn noch immer konnte Gackt nicht das geringste Bisschen sehen, ein Wunder, wie er da überhaupt rennen konnte, ohne ein einziges Mal auf ein Hindernis zu stoßen. Gerade als sich die Frage, wo er hier überhaupt war und wieso zum Teufel er nicht einfach aufhörte zu laufen, in seine Gedanken schleichen wollte, nahm er eine Veränderung wahr. Erst war es nicht mehr als ein Windhauch, der sein Gesicht streifte, trotzdem fühlte er sie plötzlich. Diese fremde Person ganz in seiner Nähe, er konnte ihren Geruch um sich spüren, als würde sie damit ein feines Spinnennetz immer enger um ihn weben. Gackt blieb stehen, doch die Schritte verstummten nicht. Er hörte sie näher kommen, bis er das Gefühl hatte nur noch den Arm ausstrecken zu müssen und dann würde er sie berühren können. Natürlich tat er es nicht, vielleicht weil die Angst in seiner Brust zu groß war, vielleicht weil er nicht wissen wollte, weshalb er diesen Geruch zu kennen glaubte. Längst konnten seine Sinne mehr wahrnehmen, als ihm lieb war. Das leise Atmen in seinem Nacken war fast ebenso deutlich zu spüren, als würden zarte Fingerspitzen ihn dort steifen. Gackt wagte sich nicht zu rühren, wollte sich wehren gegen das Gefühl der Vertrautheit, das ihn immer stärker werdend umhüllte. Alles war ihm so gut bekannt und doch wurde er das beklemmende Gefühl der Angst nicht los. Es war als spielte die Schlange mit ihrem Opfer, kurz bevor sie ihre Giftzähne in dessen Haut stieß. Ein betörendes Raubtier war es, dass ihn in seinen Fängen hielt und auch wenn Gackt das wusste, wenn er die Gefahr so deutlich spüren konnte, schmolz sein Widerstand dahin, wie Schnee beim Anblick der sengenden Sonne. Er ließ sie gewähren, die Finger auf seiner Haut, die überall waren, die Lippen an seinem Hals, die sich so passend anfühlten, als gehörten sie dahin und nirgendwo sonst. Dann traf ihn der Biss mit voller Kraft, giftig, tödlich, kalt. Eisiger Stahl an seiner Halsschlagader ersetzte die weichen Lippen. Gackt musste nicht sehen können, um zu wissen was es war. Den Lauf einer Pistole würde er immer erkennen können, selbst im Schlaf. Doch hatte er gedacht, das angenehme Gefühl, der betörende Duft seines Verfolgers würde verschwinden, so irrte er sich. Trotz all der Kälte, trotz dem durch die Stille hallenden Geräusch eines entsicherten Pistolenlaufs, blieb die Vertrautheit bestehen. Und genau das jagte ihm die größte Angst ein. Dann allmählich lichtete sich die Dunkelheit und Gackt sah aus den Augenwinkeln eine Gestalt hinter sich auftauchen, doch mehr als die stählerne Schusswaffe in ihrer Hand konnte er nicht erkennen, bevor das Bild vor seinen Augen zusammen fiel und er diese ob der plötzlichen Helligkeit zusammenkneifen musste. Als er sie erneut aufschlug umgab ihn ein Dämmerlicht, doch noch immer drückte kalter Stahl gegen seinen Nacken. Es dauerte eine Weile bis Gackt begriff, dass er in die leblosen Lichter seiner Gefängniszelle starrte und dass es ein Albtraum war, der ihn heimgesucht hatte. Ein Traum, nichts weiter als ein harmloser, unbedeutender Traum, wie ihm so viele Menschen Nacht für Nacht erlagen. Als der Braunhaarige den Kopf schüttelte, um sich von den letzten Resten der Müdigkeit zu befreien, verschwand auch der kalte Druck auf seinen Hals. Es war nur die Metallbefestigung des Bettgestells gewesen, an die sein Kopf im Schlaf gerutscht war. Genauer betrachtet befand er sich sowieso in einer recht merkwürdigen Position, doch es war ihm eh ein Rätsel wie es ihm gelungen war in dieser Umgebung und vor allem auf diesem unbequemen Untergrund einzuschlafen. Vielleicht ließ sich sein Traum darauf zurückführen, überlegte Gackt. War es nicht ein Beweis dafür, dass ihm zu viel Schlaf mehr schadete als nützte? Das ganze Gerede von Schönheitsschlaf war also nichts als Unsinn, man musste ihn doch nur angucken, um zu wissen, dass drei Stunden Schlaf in der Nacht absolut ausreichend waren! Wirklich besser ging es dem Sänger durch diese Erkenntnis allerdings nicht, zu tief steckten noch die Empfindungen seines Traum-Ichs in ihm und er wusste schon jetzt, dass sie sich nicht so leicht abschütteln lassen würden. Nannte man so etwas nicht Vorahnung? Etwas zu ahnen, bevor es wirklich eintraf… Gackt schüttelte bestimmt den Kopf, sicher war er einfach nur fertig gewesen vom letzten Tag. Wie oft wurde man schließlich von einem Schmugglerring gefangen genommen und blickte seinem nahenden Tod ins Auge? Und das der Geliebte einem seine so lange gehüteten Geheimnisse anvertraute, war auch nicht an der Tagesordnung. Wirklich, es war anstrengend gewesen, selbst für Gackts Verhältnisse. Wenn wunderte es da, dass er etwas überreagierte? Trotzdem, beim Gedanken an Hyde schnürte es ihm die Brust gleich noch viel stärker zusammen und er vermeinte wieder die sanften Klauen der Gefahr um seinen Körper zu spüren, vermischt mit diesem angenehm, vertrauten Geruch… „Nein!“ Entschlossen stand er auf, diesen einen Gedanken wollte er auf keinen Fall zu Ende führen, denn es konnte und durfte einfach nicht sein. Lieber rief er sich in Erinnerung, wie Shinobu-san ihm am vergangenen Nachmittag gegenübergesessen hatte, um seine Urlaubspläne zu besprechen. Sein Brief an den Geheimdienst war gleich nachdem er besonders schwungvoll seine Unterschrift auf das Blatt Papier gesetzt hatte, aufs genauste kontrolliert worden und Gackt war fast ein bisschen stolz auf sich gewesen, als Hydes Onkel ohne einen Einwand von sich zu geben den Brief akzeptierte. Auch das weitere Gespräch danach war ihm noch lebhaft in Erinnerung geblieben. „Sehr schön“, noch immer hatte der Sänger den Klang der kalten Stimme in seinen Ohren, „Jetzt werden Sie sicherlich nichts dagegen haben, sich um Ihren Flug zu kümmern, da wir das aus verständlichen Gründen leider nicht selber übernehmen können.“ Auf diese Worte war wieder das humorlose Lächeln über das Gesicht Shinobu-sans geglitten. Und Gackt war wirklich auf alles gefasst gewesen, aber mit dem Anblick, der sich ihm nun bot, hatte er doch nicht gerechnet. Das Objekt, welches einer der Männer vor ihm auf den Tisch platziert hatte, wirkte in etwa so passend in diesem leeren, weißen Raum wie sein neustes Model eines Mobiltelefons im 16. Jahrhundert. „Sehen Sie es als besondere Ehre an, dass wir es Ihnen zur Verfügung stellen, es ist ein Familienerbstück, also seinen Sie vorsichtig.“ Hätte der Sänger es nicht besser gewusst, so wäre er fast der Meinung gewesen, einen liebevollen Klang in der Stimme des Mafiosobosses wahrnehmen zu können. Stirnrunzelnd hatte er also die Hand nach dem antiken, mit dickem Stoff bezogenen Telefon ausgestreckt, das Hydes Ur-Urgroßmutter zu gehören schien und jeden Gedanken des Braunhaarigen an GPS-Ortung auf der Stelle hinfällig machte. Es war ja schon mehr als verwunderlich, dass man mit diesem Kasten noch telefonieren konnte, die Nummer zurückzuverfolgen war wohl ein Ding der Unmöglichkeit; eine gewisse Kreativität konnte noch nicht einmal Gackt Shinobu-san abschlagen. Dieser schob ihm dann auch gleich weitere Papiere über den Tisch zu, auf denen haarklein die Anweisungen für seinen Flug standen. Nachdem der Sänger tatsächlich eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung hörte und ihr seinen Namen und seinen, oder besser gesagt Shinobu-sans Wunsch durchgab, wusste er doch recht genau, weshalb er das Flugbuchen sonst immer seinem Manager überließ. Denn bis sich die Frau wieder soweit beruhigt hatte, um nicht bei jedem erneuten Wort Gackts einem halben Ohnmachtsanfall zu erliegen, brauchte schon eine ganze Weile. Schließlich befand sich der Name des Braunhaarigen aber doch auf der Passagierliste einer Maschine, die am nächsten Abend Richtung Okinawa starten sollte. Wer dafür auf seinen Urlaub verzichten musste, um dem berühmten Sänger Platz zu machen, wollte Gackt lieber nicht so genau wissen, doch wahrscheinlich hatte er einem Menschen gerade das Leben gerettet. Etwas zu schwungvoll ließ er dann den Hörer zurück auf die Gabel fallen, nachdem er der Dame hoch und heilig versprochen hatte, ihr so schnell wie möglich eine Autogrammkarte zuzuschicken und erntete einen gefährlich funkelnden Blick des Schwarzhaarigen, weil die Quaste des Telefons dadurch nahe am Abfallen waren. Trotzdem war er nur kurze Zeit später zurück in seine Zelle gebracht worden, wo er sich jetzt am späten Morgen noch immer befand. Seufzend ließ sich Gackt zurück auf das Bettgestell sinken und versuchte nicht an die vor ihm liegenden letzten und vor allem Dingen hydefreien Stunden zu denken und das Gefühl der Vorahnung so gut es ging zu ignorieren. Nicht weit entfernt, im japanisch eingerichteten Teil der Villa rieb sich zur gleichen Zeit ein etwa einen Kopf kleinerer Sänger müde über die von dunklen Ringen umrahmten Augen. Im Gegensatz zu Gackt hatte Hyde in dieser Nacht kaum Schlaf finden können und war fast in Versuchung geraten, sich noch einmal solch eine gnädige Ohnmacht wie beim Benefizkonzert nach dem Auftritt des Braunhaarigen zu wünschen. Wäre ihm denn wenigstens ein Weg für die Rettung seines Geliebten eingefallen, hätte die schlaflose Nacht noch einen Sinn gehabt, doch noch immer hatte er keine brauchbare Idee finden können. Auch Megumi, die von Anfang an die Rettungsaktion sehr viel optimistischer gesehen hatte als ihr „Verlobter“, wusste nicht wie sie das nächste Mal einen Kuss zwischen den beiden Sängern miterleben sollte. Dass sich die getrübte Stimmung in Hydes Schlafzimmer noch weiter verschlechtern konnte, bewies ein dezentes Klopfen an der Tür, welches die beiden Japaner aufschrecken ließ. Nach einem kleinen Schubs von Megumi und einem gequälten „Herein“ von Hyde, erschien der Kopf eines Hausmädchens im Türrahmen, das sich sofort mit gesengtem Haupt auf die Matten kniete. „Ihr Herr Onkel wünscht Sie in seinem Büro zu sehen, Hideto-san“, sagte sie leise und erhob sich sogleich wieder, nur um die Tür lautlos hinter sich zuzuschieben. Diskretion war wohl die größte Fähigkeit der Dienerschaft im Haushalt Takarai, wobei sich der Sänger bis heute nicht vorstellen konnte, dass irgendjemand freiwillig bei seinem Onkel arbeitete. Allerdings sollte er sich darüber lieber nicht auch noch den Kopf zerbrechen, denn wenn Shinobu-san ihn sprechen wollte, lag es sicher nicht an dessen Sehnsucht nach seinem Lieblingsneffen. „Geh besser Hyde“, meldete sich Megumi nach kurzem, angespannten Schweigen zu Wort, „du solltest ihn lieber nicht zu lange warten lassen und vielleicht kannst du ja heraus bekommen, was genau jetzt mit Gackt passieren soll. Wenn wir das erst mal wissen, fällt uns sicher auch etwas zu seiner Rettung ein!“ Das klang hoffnungsvoller, als sich die Schwarzhaarige fühlte, doch ein Blick in das übernächtigte Gesicht von Hyde zeigte ihr wieder, wie notwendig es war, dass wenigstens sie die Hoffnung noch nicht aufgab und sei es nur damit zumindest ein bisschen Farbe auf die Wangen des Laruku-Vocals zurückkehrte. Dieser zuckte nur kurz mit den Schultern und erhob sich dann tatsächlich. „Du hast recht. Schlimmer kann es jetzt wohl kaum mehr kommen, es sein denn mein Onkel überlegt es sich doch noch mal anderes und sperrt mich auch gleich noch in eine Zelle.“ Das war zwar nicht ganz die erwünschte Wirkung ihrer Worte, aber immerhin verließ Hyde das Zimmer und stand kurze Zeit später vor der zugeschobenen Bürotür. „Hideto, mein Lieber!“ Die kalte Stimme strafte die netten Worte Lügen, doch der Sänger schaffte es trotz des verhassten Anblicks seine ausdruckslose Maske aufrecht zu erhalten, obwohl er seinen Onkel noch nie so verabscheut hatte, wie in diesem Augenblick. „Setz dich bitte, ich habe ein paar Dinge mit dir zu besprechen.“ Nachdem sein Neffe der Aufforderung Folge geleistet hatte, sagte Shinobu-san gewohnt kühl: „Es freut mich zu sehen, dass du dich so gut mit Megumi-san verstehst.“ Natürlich, dachte Hyde, je eher ich verheiratet bin, desto schneller bist du mich los. „Doch jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt um über einen Termin für die Hochzeit zu sprechen, wie du vielleicht schon bemerkt hast, haben wir seit gestern einen Gast.“ Ohne sich dagegen wehren zu können, begann das Herz des Sängers schneller zu schlagen, obwohl er genau auf diese Worte gehofft hatte, um endlich genaueres zu erfahren. „Sicher wirst du ihm schon einmal bei einem Auftritt begegnet sein, er ist recht bekannt. Sein Name ist Gackt.“ Hyde schluckte merklich und versuchte so tonlos wie möglich: „Ja, ich kenne ihn“ von sich zu geben. Aber wenn du wüsstest, wie gut ich ihn kenne und dass es praktisch nichts gibt, das ich von ihm noch nicht gesehen hätte, würde ich schon längst hinter Gittern sitzen, fügte er in Gedanken hinzu. Sollte ich denn dann noch leben… „Gestern ist uns dieser Mann in die Quere gekommen und wie es aussieht, stellt er eine nicht zu verachtende Gefahr für unser Unternehmen dar. Du weißt, was ich mit solchen Personen zu tun pflege“, fuhr der Onkel fort und sah den Jüngeren durchdringend an, der schlagartig aus seinen Überlegungen, welche Körperteile er von Gackt wohl am besten kannte, wieder zurück in die Realität fand. „Vielleicht wunderst du dich, weshalb ich dich in diese Angelegenheit einweihe, wo du mich so enttäuscht hast. Sieh es als Belohnung dafür, dass du Megumi heiraten wirst und weil ich noch immer der Meinung bin, du seiest einer meiner besten Agenten. Doch bevor ich dich wieder auf Einsätze schicken kann, musst du mir in dieser Sache beweisen, dass du dich an die Regeln halten kannst. Gackt wird heute Abend einen Flug nach Okinawa nehmen, wo er allerdings nie ankommt. Deine Aufgabe ist es, bei der Manipulation des Flugzeuges mitzuwirken.“ Hätte Shinobu-san gewusst, was er mit diesem Auftrag von Hyde verlangte, so hätte vielleicht ein echtes Lächeln auf seinen Zügen gelegen, weil er seinen Neffen noch nie so sehr in die Enge getrieben hatte. Noch während die gefühllosen Worte durch das Büro hallten, wurde dem Sänger schwarz vor Augen. Plötzlich hatte sein schlimmster Albtraum die wohl grausamste Wendung genommen. Nicht sein Onkel war es, der für den leblosen Gackt zu seinen Füßen verantwortlich war. Nein, er selber hatte seinen Geliebten tödlich niedergestreckt mit genau diesen Händen, die er jetzt angewidert anstarrte. Nur sehr langsam schaffte es Hyde seinen Blick wieder zu heben und bereute es im selben Moment, als er in die schwarzen Augen vor sich sah. „Bring ihn um und du gewinnst mein Vertrauen zurück“, schienen diese zu sagen, so deutlich, dass jedes weitere Wort überflüssig wurde. „Ich erwarte dich in einer halben Stunde zum Aufbruch bereit in der Eingangshalle“, setzte Shinobu-san nach einem Moment des Schweigens hinzu und erhob sich. Das Gespräch war beendet. Mehr gab es nicht zu sagen. Es gab nichts, dass Hyde darauf hätte erwidern können, keine Worte, um ihr Schicksal noch aufzuhalten. Denn jedes Widersprechen hätte das Takarai-Oberhaupt nur zu einem veranlasst: Seinen Neffen gleich mit in das Flugzeug zu setzten. Mal wieder war es dem Sänger ein Rätsel, wie er es in seiner Verfassung zurück ins Zimmer geschafft hatte, doch Megumi, die mit einem leisen Aufschrei zu ihm stürmte, als er sich auf den Futon fallen ließ, schaffte es irgendwie zu ihm durchzudringen. Mit tonloser Stimme, aus der jede Gefühlsregung entwichen schien, berichtete er von dem Gespräch. „Da hab ich mich also doch geirrt! Ich darf nicht nur zusehen, wie sie Gackt umbringen, nein, ich habe sogar die Ehre es selber zu tun.“ Triefender Sarkasmus war die einzige Möglichkeit nicht völlig den Verstand zu verlieren. Denn genauso kam es ihm vor; würde er egal in welcher Weise mithelfen das Flugzeug zu manipulieren, so wäre es genau das gleiche, wie seinem Geliebten die Pistole eigenhändig an die Brust zu setzen. Megumi seufzte schwer, ihr sehnlich erwarteter Kuss hatte sich gerade in den Tiefen des Universums verloren. „Aber Hyde, denk doch mal nach“, versuchte sie die Lage zu entschärfen und erntete ein wütendes Funkeln aus braunen Augen. „Mit so vielen Informationen haben wir doch gar nicht gerechnet und dass du wieder auf einen Auftrag geschickt wirst, kann uns doch nur gelegen kommen. Nein, bevor du dich aufregst, hör mir erst mal weiter zu“, kam sie seinem mit Sicherheit folgenden Wutanfall zuvor. „Wer sagt denn, dass du mithelfen musst? Ich weiß, dein Onkel wird dich wahrscheinlich umbringen lassen, wenn das Flugzeug nicht abstürzt, aber andererseits kannst du Gackt am Flughafen abfangen und damit haben wir endlich eine Möglichkeit ihn rauszuholen. Außerhalb der Villa wird das sicher leichter als hier. Meinst du nicht auch?“ Die Schwarzhaarige hielt angespannt den Atem an und beobachtete Hyde, dessen Gesichtsausdruck in den letzten Sekunden von am Boden zerstört über stockwütend zu langsamem Begreifen gewechselt hatte. Wie er es verdammt noch mal hasste ihr ständig recht geben zu müssen! Das war nun schon das zweite Mal an diesem Vormittag und so ganz allmählich machte er sich doch Sorgen, wieso es Megumi immer mühelos gelang alles zu durchblicken, während er selber sich nicht schlauer anstellte als ein Grundschüler! Aber wenn es um Gackt ging, hatte er sich noch nie auf seinen Verstand verlassen können, wie konnte er jetzt etwas anderes erwarten? Um nicht noch mal ein erniedrigendes „Du hast ja recht“ von sich geben zu müssen, fragte er: „Und wie genau stellst du dir das vor? Ich werde wohl kaum der einzige sein, der zum Flughafen geschickt wird. Und dann ist da noch meine Mutter, die hier irgendwo festgehalten wird, ich kann sie nicht im Stich lassen und einfach mit Gackt abhauen. Sie ist die einzige in meiner Familie, die nicht so verdorben ist, wie der Rest. Mein Onkel wird sie umbringen lassen sobald ich weg bin, das hat sie nicht verdient“ Auch wenn er in letzter Zeit eher wenig an sie gedacht hatte, seine Mutter auf die gleiche Weise sterben zu sehen, wie seinen Vater konnte er weder ihr noch seinem Gewissen antun. Einen Augenblick zögerte Megumi mit der Antwort. Sie war erleichtert, dass sich Hyde wieder beruhigt hatte und wenn sie es recht überlegte, war sie sogar ein bisschen überrascht, wie schnell er über ihren Vorschlag nachdachte. „Ich denke, es wird das beste sein, wenn das Flugzeug gar nicht erst startet“, fing sie ihre Erklärung an, „Mit deinen technischen Fähigkeiten schaffst du das sicher und die anderen wirst du dabei wohl einfach an der Nase herumführen müssen. Das dürfte dir doch auch nicht so schwer fallen, oder?“ Sie zwinkerte ihm kurz bedeutungsvoll zu. „Und um deine Mutter werde ich mich kümmern. Falls hier doch etwas passieren sollte, ruf ich dich auf dem Handy an. Versprochen!“ „Du hast doch keine Ahnung, wo sie überhaupt festgehalten wird! Wie willst du sie da ganz alleine rausholen?“, warf der Sänger sofort ein. Er selber hatte schließlich auch nicht den leisesten Schimmer wo genau sein Onkel sie festhielt. Mit gespielter Entrüstung schürzte Megumi die Lippen. „Hey, du vergisst, wer ich bin! Ich kann sehr wohl auch mehr als nur gut auszusehen!“ Dieser Satz hätte genauso gut von Gackt kommen können, fuhr es Hyde durch den Kopf und er musste unwillkürlich lächeln. Tatsächlich vergas er ab und zu, dass Megumi genau wie er auch in der Welt des organisierten Verbrechens zu Hause war. Was ja auch kein Wunder war, so oft wie sie von romantischen Küssen zwischen zwei Männern redete, gab sie nicht gerade das Bild einer typischen Verbrecherbraut ab. „Also einverstanden“, erklärte sich der Schwarzhaarige schließlich bereit und stand auf, um seine Einsatzklamotten zu suchen. Es behagte ihm zwar gar nicht, sich soweit von Gackt entfernen zu müssen, aber er sah ein, dass es notwendig war, wenn sie lebend aus dieser Sache herauskommen wollten. Und seine „Verlobte“ kannte er inzwischen auch gut genug, um zu wissen, dass sie auf der Suche nach seiner Mutter nicht lockerlassen würde. Am anderen Ende der Stadt, in der Einsatzzentrale des japanischen Geheimdienstes, herrschte seit Stunden schon höchste Betriebsamkeit. Im Konferenzraum hatte sich ein Haufen Agenten versammelt, um die Pläne noch ein letztes Mal durchzugehen, während die Technikabteilung noch immer an der Ausrüstung feilte. Schließlich durfte es bei dem alles entscheidenden Einsatz zu keinem unerwarteten Fehler kommen. Über Jahre hinweg waren sie dem Waffenschmugglerring schon auf den Fersen gewesen, in den letzten Wochen so dicht wie noch nie, doch die entscheidende Veränderung hatte es erst am vergangenen Abend gegeben. Als Yoshimura praktisch durch Zufall auf den genauen Standort der Verbrecher gestoßen war. Damit hatte sich auch geklärt, wohin das Aushängeschild des Geheimdienstes, das natürlich niemand anderes als Gackt sein konnte, verschwunden war. Schneller als vom Agenten erwartet, hatte der Chef der Zentrale, Naruse-san, eine Besprechung eingerufen und das auf der Karte aus dem Wohnzimmer des Sängers markierte Gebäude per Satellit suchen lassen. Vielleicht sollte es so etwas wie eine Wiedergutmachung sein, überlegte der Brillenträger, dafür, dass man Gackts Drängen, endlich etwas Handfestes zu unternehmen, so lange übergangen hatte. Jedenfalls vertrieben die Satellitenbilder alle noch vorhandenen Zweifel. Die große, japanische Villa inmitten eines gewaltigen Gartens, der rundum von dicken Mauern gesäumt wurde, schien nahezu perfekt für den Stammsitz eines Verbrecherclans zu sein und damit war der Einsatz beschlossene Sache. Was allerdings zur Folge hatte, dass so gut wie niemand in den Genuss von Schlaf in dieser Nacht kam. Trotz dieses Mangels hielt die geschäftige Spannung die ganze Nacht und den darauf folgenden Tag an, bis die Vorbereitungen weitgehend abgeschlossen waren und Naruse-san seinen Agenten mit grimmiger Gewinnermine viel Glück wünschte. Im Abstand von wenigen Minuten verließen drei geräumige Transporter das unterirdische Parkhaus des Hauptquartiers und fuhren durch die belebten Straßen Tokyos in Richtung des Villenviertels. Gegen fünf Uhr Nachmittags war es dann endlich so weit und sie standen vor der hohen Mauer des Anwesens. Nachdem sich die Männer in Teams aufgeteilt hatten und diese um die Mauer verteilt waren, gab Yoshimura, der zum Einsatzleiter bestimmt worden war, per Funkgerät das Signal zum Einstieg. Wie schwarze Insekten begannen die Agenten hintereinander auf die Mauer zu klettern. Durch die Satellitenbilder war zwar das ganze Anwesen bekannt, aber die Verteidigungsmechanismen hatten sich nicht erkennen lassen. Da sie aber sowohl mit der Alarmanlage als auch den Überwachungskameras gerechnet hatten, erfolgte das Übersteigen der Mauer einzeln. Sie mussten ja nicht früher als nötig auf sich aufmerksam machen; Takarai Shinobu würde ihre Anwesenheit schon früh genug bemerken. Trotzdem hatten sich alle Agenten schnell auf der anderen Seite eingefunden, ohne dass auch nur ein einziger von ihnen das dünne Kabel der Alarmanlage berührt hatte. Yoshimura gab ein Zeichen und ebenso lautlos wie Raubkatzen auf der Jagd schlichen die schwarzen Gestalten durch das dichte, grüne Gras, vorbei an den langen Schatten des abklingenden Tages, direkt in die Höhle des Löwen. Inzwischen hatte Megumi eine sehr viel genauere Vorstellung von dem bekommen, was es hieß zum Haushalt der Takarai zu gehören. Und irgendwie war sie doch recht froh, dass es so bald nicht dazu kommen würde, mal abgesehen von ihrer Vorliebe für ihr Lieblingspaar. Da Shinobu-san nachdem Hyde die Villa verlassen hatte, keine Andeutung machte, sie sollte währenddessen wieder zurück auf den eigenen Familiensitz gehen, konnte sie also ihren Teil der Vereinbarung erfüllen. So war zumindest der Plan gewesen. Doch sobald sie versuchte in den zweiten Stock zu gehen, erschien wie aus dem Nichts eines der Hausmädchen, dass sie mit höflichen Worten, aber ebenso bestimmend davon abhielt. Ihr war es fast schon ein Rätsel, wie sie es gestern zusammen mit Hyde so problemlos zu Gackts Zelle geschafft hatte. Zumindest schien klar zu sein, dass sich die Mutter des Sängers irgendwo in den oberen Stockwerken aufhalten musste. Nach fünf fehlgeschlagenen Versuchen beschloss die Schwarzhaarige ihre Taktik zu ändern. Sie ging erneut zu Hydes Zimmer und von dort aus auf die Veranda, vielleicht hatte sie ja von außen mehr Glück. Denn zu oft durfte sie dem Dienstpersonal nicht in die Hände laufen, sie hatte schon genug unnötigen Verdacht auf sich gezogen. So unauffällig wie möglich versuchte sie gleichzeitig den schönen Garten zu bewundern und dabei einen Blick auf die Fenster im zweiten Stock zu werfen. Das stellte sich als gar nicht so einfach heraus; sie hätte vielleicht vorhin doch nicht so vor Hyde angeben sollten. Während sie langsam das Haus in gebührendem Abstand umrundete und nach etwas Auffälligem Ausschau hielt, merkte sie nicht, wie schnell die Schatten der Bäume immer länger wurden. Mittlerweile hatte sie sich auch ein größeres Stück von der Villa entfernt, in der Hoffnung die oberen Etagen aus der Entfernung besser erkennen zu können. Erst als sie ein merkwürdiges Geräusch hinter sich vernahm, das ihr in der Stille des Gartens in den Ohren hallte, drehte sie sich erschrocken, man könnte sie nun doch entdeckt und als gefährlich eingestuft haben, um. Und dann ging alles furchtbar schnell. Sie sah die schwarzen Gestalten kaum kommen, da waren sie schon direkt vor ihr, hatten sie umzingelt und die glänzenden Waffen auf sie gerichtet. „Keine Bewegung!“, zischte einer von ihnen bedrohlich, während der nächste sie am Arm packte. Starr vor Schreck, mit so etwas hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, blieb Megumi so ruhig sie konnte. Bevor sie ihre Sprache wiedergefunden hatte, zückte ein anderer sein Funkgerät und sprach leise hinein. „Yoshimura, wir haben eine Frau entdeckt. Komm besser her!“ Dieses kurze Gespräch reichte aus, um den Verstand der Schwarzhaarigen wieder in Gang zu setzten. Die vermummten Gestalten, die sie im ersten Moment für die Männer von Hydes Onkel gehalten hatte, schienen aus völlig anderen Gründen in den Garten eingefallen zu sein. Und ihr fiel nur ein einziger ein, der dazu in Frage kam. Trotz ihrer plötzlichen inneren Aufregung wartete sie geduldig ab, bis der Mann namens Yoshimura zu ihnen getreten war, bevor sie sich laut räusperte. „Ich will ja nicht unhöflich wirken, doch Sie können mich ruhig wieder loslassen. Mit mir haben Sie die völlig falsche Person erwischt“, erklärte sie selbstsicher, stieß mit ihren Worten aber nur auf wenig Aufmerksamkeit, wobei sie wenigstens ein paar hochgezogene Augenbrauen bewirkte, wahrscheinlich aber nur, weil sie den Mut hatte überhaupt etwas zu sagen. Okay, dann eben deutlicher, dachte sie mit kämpferischer Miene und sagte dann laut: „Wenn Sie übrigens Gackt-san suchen, dann müssen Sie mich nur danach fragen. Ich weiß ganz genau, wo er sich befindet! Und ich sag es Ihnen, wenn Sie mich endlich loslassen!“, setzte sie noch schnell hinzu, denn das Gefühl in ihrem rechten Oberarm hatte sich schon seit einiger Zeit verflüchtigt. Dieses Mal fiel die Reaktion sehr viel besser aus. Alle Augenpaare drehten sich augenblicklich in ihre Richtung und der Neuankömmling fragte, mit dem vergeblichen Versuch seine Verwunderung und Neugierde zu unterdrücken: „Wieso sollten wir Ihnen das glauben? Ohne zu wissen, wer Sie überhaupt sind?“ Darauf schien Megumi nur gewartet zu haben. Mit einem unschuldigen Lächeln antwortete sie: „Ich bin die Verlobte von Takarai Hideto, oder wenn Ihnen der Name mehr sagte sollte, von Hyde!“ Diese Worte erzielten ebenfalls die gewünschte Wirkung, zumindest der Brillenträger riss überrascht die Augen auf. „Lasst sie los“, wies er seine Kollegen an, nachdem er sich wieder gefangen hatte, und Megumi bedankte sich mit einem weiteren Lächeln, das nun Yoshimura allein galt. „Das sollten Sie uns doch etwas genauer erklären. Vor allen Dingen, woher Sie wissen, wer wir sind und was Gackt mit uns zu tun hat“, wandte er sich wieder der Schwarzhaarigen zu. „Mit dem größten Vergnügen“, erwiderte diese und begann mit ihrer Geschichte. Konzentriert blickte Hyde auf den Schaltkasten vor sich und überlegte welches der vielen Kabel er am sinnvollsten durchtrennen sollte, damit das Flugzeug auf jeden Fall startunfähig wurde. Im Kopf ging er der Reihe nach durch, wohin die jeweiligen Farben führten und entschloss sich dann zwei Kabel schnell mit dem Messer zu kappen. Zu offensichtlich durfte seine Manipulation natürlich nicht ausfallen, zum einem sollte sie vor dem Start vom Flughafenpersonal nicht bemerkt werden, was Shinobu-sans Männer noch einmal gründlich überprüfen würden und zum anderen war Hyde um jede Sekunde dankbar, in der sein Onkel glaube, alles würde nach Plan verlaufen. Deshalb musste das Flugzeug bis zum Moment des Starts so funktionstüchtig wie möglich aussehen. Und deshalb durfte ihn in diesem Augenblick auch niemand entdecken, sonst war sein Plan mit einem Schlag zunichte gemacht. Es war nicht leicht gewesen sich vom Rest der Gruppe, mit der er gemeinsam per Auto zum Flughafen gefahren war, unbemerkt zu entfernen und der Sänger wusste, ihm würde nicht mehr viel Zeit bleiben, bevor sein Verschwinden aufflog, also versteckte er die Kabelenden so gut es ging und klappte die Metallabdeckung wieder zurück an ihren Platz. Geschickt kletterte er unter der Maschine hervor und wollte gerade in Richtung der anderen gehen, die weiter vorne noch immer mit der eigentlich Manipulation beschäftigt waren, als seine Hosentasche anfing zu vibrieren. Geschockt fuhr Hyde zusammen und nur wenige Sekunden später, als ein Blick auf den Display den Anrufer als Megumi identifizierte, schlug sein Herz ohrenbetäubend laut. Gackt! Irgendetwas musste passiert sein! Was, wenn sein Onkel es sich anders überlegt hatte, und ihn jetzt schon… Bevor er sich aber erlaubte diesen Gedanken zu Ende zu führen, nahm der Schwarzhaarige zitternd den Anruf entgegen. „Hai“, flüsterte er bestürzt und sofort meldete sich die fröhliche Stimme von Megumi am anderen Ende: „Hyde! Stell dir vor, der Geheimdienst ist hier, um Gackt zu befreien und deinen Onkel festzunehmen! Du kannst wieder zur Villa zurückkommen; so wie es jetzt aussieht müssen wir uns um den Flug keine Sorgen mehr machen!“ Es verstrichen einige Sekunden, bis Hydes Gehirn die Neuigkeiten gewinnbringend verarbeitet hatte, Sekunden in denen sein Herz weiterhin raste und Megumis Stimme mit leicht besorgtem Unterton schließlich fragte, ob er noch dran wäre. Dann aber entwich ein erleichtertes Seufzen seiner Kehle und er beeilte sich zu antworten. „Das ist…“, er suchte nach den richtigen Worten, „…großartig! Ich komme so schnell es geht zurück. Und Megumi“, er wollte schon auflegen, als ihn ein Gedanke zurückhielt, „sag Gackt, dass er keine Dummheit begehen soll, was meinen Onkel betrifft.“ Es war, als wäre die Kette, die sein Herz so lange schmerzhaft zusammengedrückt hatte, mit einem Mal gesprengt worden. Erleichterung durchflute ihn, zum ersten Mal sah er einen wirklichen Hoffnungsschimmer auftauchen. Die Hoffnung auf ein gemeinsames Leben ohne die Ketten, die ihn bisher gefesselt hatten. Wenn, ja wenn sein Geliebter jetzt keinen Fehler beging… Kurz verfluchte er, dass er vorhin auf Megumi gehört und die Villa verlassen hatte, auch wenn er wusste, dass keiner von ihnen diese unerwartete Hilfe vorhersehen konnte. Doch zum Vorwürfe machen, blieb jetzt keine Zeit mehr, er musste so schnell wie möglich zurück. Trotz all der Erleichterung, ließ sich das ungute Gefühl in seiner Magengegend nicht vertreiben, denn er kannte seinen Onkel gut genug, um zu wissen, dass dieser sich niemals ergeben würde! Als Hyde seine Aufmerksamkeit allerdings wieder dem Flughafengelände zuwandte, sprangen ihm die drei stämmigen Gestalten, die sich im Abstand von nur wenigen Metern vor ihm aufgebaut hatten, geradezu ins Auge. Mehr als ihr höhnisches Grinsen brauchte er nicht zu sehen, damit ihm klar wurde, dass er aufgeflogen war. Wahrscheinlich hatten sie auch sein Telefonat mitbekommen, nur soviel war sicher: Schnell zur Villa zurückzukehren, konnte er zumindest fürs erste vergessen. „So eine Scheiße!“, murmelte er zwischen zusammengepressten Zähnen, als einer der Männer mit gezückter Pistole auf ihn zu trat. Gackt wurde immer unruhiger. Nervös fuhr er sich zum achten Mal in Folge durch die Haare und dachte schon gar nicht mehr daran, was für einen bleibenden Schaden seine zitternden Finger in seiner Haarpracht anrichten konnten. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sein sonst so ausgeprägtes Selbstbewusstsein im Laufe des Tages fast vollständig zerstört worden war. Aber wer hätte ihm das auch verübeln können, schließlich blieben ihm nur noch wenige Stunden zu leben und dann würde das letzte, was er jemals zu sehen bekam, ein Haufen panisch schreiender Menschen in einem dramatisch schnell auf die Erde stürzenden Flugzeug sein. Wer konnte bei dieser Gewissheit von sich behaupten, nicht selber in Panik zu verfallen? Hatte er gestern noch so überzeugend wie möglich versucht Hyde klar zu machen, dass sie niemals die Hoffnung aufgeben durften, so konnte er jetzt nicht einmal mehr sagen, wann genau er seine heute verloren hatte. Und das schlimmste bei allem war, er konnte nicht das geringste bisschen dagegen tun. Er konnte schließlich überhaupt nichts tun, als in dieser verdammten Zelle zu hocken, seine Frisur immer weiter zu ruinieren und zu versuchen sich mit dem Gedanken abzufinden, seinen Engel nie wieder sehen zu können. Wobei letzteres und das wusste Gackt ganz genau, absolut unmöglich war. Um seiner Stimmung den Rest zu geben, hatte er es noch nicht einmal geschafft den Traum vom Morgen zu verdrängen. Jedenfalls so weit, dass er nicht ständig von dem Gefühl, die in Todesangst kreischenden Menschen wären bei weitem nicht das schlimmste was ihn heute noch erwartete, verfolgt wurde. Zu allem Überfluss war in den letzten Stunden sein Verlangen nach einer Zigarette fast ebenso schnell wie sein Verlangen nach Hyde angestiegen und das fehlende Nikotin ließ ihn nur noch nervöser werden. Kurzum, Gackt hatte sich noch nie in seinem Leben so miserabel gefühlt wie in diesem Augenblick, daran kam noch nicht mal die letzte Abfuhr, die er von seinem geliebten Schwarzhaarigen erhalten hatte, heran. Wie einfach es doch gewesen war, als er noch nicht geahnt hatte, welche Probleme wie eiserne Ketten auf ihrer Beziehung lasteten. Gerade als sich der Sänger gestatte den schönen, romantischen und so zerbrechlich wirkenden Erinnerungen einer glücklichen, gemeinsamen Zeit nachzuhängen, in dem vollen Bewusstsein, dass er Hyde anschließend nur noch schmerzlicher vermissen würde, schreckte ein unerwartetes Geräusch ihn hoch. Wobei eigentlich jedes Geräusch unerwartet kam, da außer seinen Seufzern nichts die Stille in der Zelle für eine lange Zeit durchbrochen hatte. Unwillig drehte er den Kopf in Richtung Tür, welche jetzt mit einem Ruck vollständig aufschwang und erwartete die Männer von Shinobu-san zu sehen, ihre Pistolen im Anschlag und bereit ihn zu seiner letzten Reise abzuholen. Auf Pistolenläufe blickte er tatsächlich, allerdings waren die Besitzer völlig andere als erwartet. Irritiert starrte Gackt zu den schwarzgekleideten Gestalten hinüber, die mit sichtlich erleichtertem Gesichtsausdruck auf ihn zu kamen. Erst als einer von ihnen direkt vor ihm stehen blieb, schaltete sich sein Gehirn dankenswerter Weise wieder ein. „Mensch Gackt, hast du mir einen Schrecken eingejagt!“, rief der Einsatzleiter mit einem Seufzer, der denen des Braunhaarigen in nichts nachstand. „Verdammt, wenigstens mir hättest du sagen können, was du vor hast! Aber freu dich schon mal auf die Standpauke vom Chef, wenn du zurück bist. So begeistert, wie er über deinen Brief war“, fuhr Yoshimura fort und runzelte besorgt die Stirn, als er genauer in das Gesicht des Sängers blickte. Denn was er dort sah, gefiel ihm ganz und gar nicht. Klar hatte er erwartet, dass Gackt mitgenommen von der Gefangennahme war, aber ihn jemals so deprimiert und hoffnungslos zu sehen, damit hatte er nicht gerechnet. Auch nicht nachdem er von Megumi zumindest einen kleinen Teil der Geschichte erfahren hatte. Was mochte bloß wirklich alles vorgefallen sein in den vergangenen zwei Tagen? Doch Zeit für lange Erklärungen blieb ihnen jetzt nicht mehr. Natürlich war das Eindringen des Geheimdienstes nicht lange unbemerkt geblieben. Noch während Megumi die Agenten zu Gackts Zelle führte und nebenbei Hyde über das Handy von der veränderten Situation berichtete, war es zu den ersten Kämpfen gekommen. Schnell durchschnitten zischende Gewehrkugeln die windstille Luft des Nachmittags und Yoshimura und seine Männer mussten sich einen Weg zwischen all den Gefechten suchen. Wäre die Zelle nicht schallisoliert gewesen, hätte bestimmt auch der Braunhaarige schon sehr viel eher vom Geschehen draußen etwas mitbekommen. So aber sprach er jetzt seit Stunden zum ersten Mal wieder und verzog gleich darauf sein Gesicht, ob dem rauen Klang seiner Stimme. „Wo ist Haido?“, fragte er ohne Einleitung, setzte dann aber noch ein gnädiges: „Danke, dass ihr gekommen seid“ hinzu. Bevor Yoshimura Zeit hatte auf die Frage zu antworten, mischte sich eine weitere Person in ihr Gespräch ein. Man konnte nicht gerade behaupten, dass Gackts Stimmung sich durch den neuen Gesprächsteilnehmer deutlich besserte. Doch Megumi zeigte sich unbeeindruckt durch seine finstere Miene, auch wenn ihr Lächeln nicht ganz so fröhlich wirkte wie sonst. „Hyde ist am Flughafen, um dein Leben zu retten. Ich hab ihm schon bescheid gegeben“, sie ließ das Mobiltelefon an einem Finger in der Luft baumeln, „er wird bald wieder hier sein. Und dann“, es war fast schon ein herausfordernder Blick den sie dem Sänger zuwarf, „hab ich aber eine Belohnung verdient, meinst du nicht auch?“ Gackt, dessen Gedanken sich bei dem Wort Belohnung in die völlig falsche Richtung bewegten, machte drohend einen Schritt auf die einzige Frau im Raum zu und Yoshimura stellte sich schützend vor diese, bevor die angespannten Nerven des Braunhaarigen mit ihm durchgehen konnten. „Ein bisschen mehr Dankbarkeit könntest du aber schon zeigen, ohne ihre Hilfe hätten wir niemals so schnell zu dir gefunden“, wies der Einsatzleiter seinen Freund zurück, der aber von Dankbarkeit in bezug auf Megumi nicht das Geringste wissen wollte und statt einer Antwort nach Yoshimuras Pistole verlangte. „Oder soll ich vielleicht unbewaffnet rausgehen und mich über den Haufen schließen lassen?“, setzte er nach einem fragenden Blick des Brillenträgers nicht sehr viel freundlicher hinzu. Da man mit Gackt im Augenblick wohl nicht vernünftig sprechen konnte, reichte sein Kollege ihm die Waffe, schließlich konnten ihnen die Schießkünste des Sängers bei der Überwältigung der Schmuggler nur weiterhelfen. Kaum fühlte der Braunhaarige die beruhigende Kühle des Stahls in seiner Hand, wandte er sich auch schon zum Gehen. Nicht einen Moment länger als nötig wollte er in dieser Zelle bleiben müssen! „Hey Gackt! Ich hab das Kommando für den Einsatz, also warte die Befehle ab!“, rief ein etwas perplexer Yoshimura ihm hinterher, stieß dabei aber genau wie Megumi mit ihrer Belohnung nur auf taube Ohren. Zeit für einen finsteren Blick in ihre Richtung blieb dem wiederbewaffneten Agenten allerdings schon noch und so langsam fragte sich die Schwarzhaarige ob Gackt nicht doch allmählich einer Aufklärung was ihre Harmlosigkeit betraf bedurfte, wie niedlich sie sein eifersüchtiges Gesicht auch fand. Zu spät fiel ihr die Warnung von Hyde wieder ein, Gackt was den Onkel anging zurückzuhalten, denn sie hatte keinen Zweifel daran wohin der Geliebte ihres „Verlobten“ unterwegs war und wen er dort zu treffen hoffte. Wie oft sich Hyde in den letzten fünfzehn Jahren schon in genau diese Situation gebracht hatte, vermochte er nicht zu sagen. Sicher war nur, so ungelegen wie heute waren ihm die auf seine Brust gerichteten Pistolen noch nie erschienen. Der Hoffnungskeim in seinem Herzen drohte zu ersticken, bevor er es überhaupt schaffte das Flughafengelände zu verlassen. „Sieh mal einer an, Takarai-san hätte seinem lieben, kleinen Neffen vielleicht doch nicht so schnell wieder vertrauen sollen“, ließ sich einer der Bewaffneten nach ein paar Minuten des hämischen Anstarrens verlauten. „Wie es aussieht hätte uns Hideto sicherlich sofort ein bisschen mehr über diesen Gackt verraten können, nicht wahr?“ Es war so klar, dass seine Wangen ausgerechnet vor diesen Typen, die er noch nie hatte leiden können, einen Rotschimmer bekommen mussten. Doch sollten sie ihn ruhig unterschätzen, das war schließlich schon immer sein Vorteil in einem direkten Kampf gewesen. Auch wenn die Männer seines Onkels es eigentlich besser wissen sollten. Vor allen Dingen sollten sie wissen, wie gründlich sich Hyde bei seinen Einsätzen vorbereitete und dass er ungern dem Zufall seinen Lauf ließ. So auch jetzt. Nachdem der erste Schreck vorüber war tatsächlich aufgeflogen zu sein, ging der kleine Schwarzhaarige vor sich aus näher auf die Pistolenträger zu und lächelte den Wortführer harmlos zu. Perplex starrte ihn dieser zuerst nur an, riss aber schon im nächsten Moment seine Waffe herum und drückte mit einem: „Na warte, uns legst du damit nicht herein!“ den Abzug. Der erwartete schallgedämpfte Knall wollte sich aber auch nach ein paar Sekunden nicht einstellen und bevor der Schütze zum zweiten Mal den Abzug drücken konnte, hatte er Hydes Stiefel mit Wucht in die Magengegend gerammt bekommen. Die Pistole flog ihm aus der Hand und landete ein paar Meter entfernt auf der Asphalt. Doch da hatte der Sänger schon längst zum zweiten Schlag angesetzt und den überraschten Lakaien seines Onkels ebenfalls auf den Boden gestreckt. Zu schnell verlief der Angriff um den beiden anderen mehr Zeit zu geben, als sich ebenfalls von der fehlenden Funktion ihrer Waffen zu überzeugen. Denn schon hatte sich Hyde ihnen zugewandt. Auch wenn sie vorbereiteter auf seine Tritte waren, gelang es keinem ihm länger stand zu halten. Geschickt wich er ihrer Gegenwehr aus und nach wenigen Augenblicken hatte einer Bekanntschaft mit Hydes Handkante in seinem Rücken gemacht und sank bewusstlos zu Boden. Den nächsten traf sein Schuhabsatz in besonders empfindliche Weichteile und um ihn endgültig auszuschalten, setzte er noch einen Schlag in den Nacken hinzu. Ohne sein Werk anschließend noch mal genauer zu betrachten, hob der Schwarzhaarige eine der Pistolen vom Boden auf und hatte nach einem kurzen Handgriff ein kleines Metallstück herausgezogen. Genau dieses war zuvor auf der Hinfahrt von Hyde zwischen Pistolenlauf und Magazin geschoben worden und hatte ihm vor wenigen Minuten das Leben gerettet. Die restlichen Pistolen hatte er ebenfalls unbemerkt bearbeitet, als Vorsichtsmaßnahme genau für den Fall, dass sein Hintergehen ans Licht kam. Trotzdem er also auf diesen Zwischenfall vorbereitet gewesen war, hatte der ihn wertvolle Zeit gekostet. Zeit, die ihn Gackt wieder näher gebracht hätte. Denn er musste unbedingt zurück in der Villa sein, bevor der Braunhaarige seinem Onkel alleine gegenüberstand! So schnell ihn seine Beine trugen rannte Hyde dem Auto entgegen, die neu gewonnene Waffe fest in der Hand. Er wusste ganz genau, dass er zufrieden sein sollte, wenn nicht sogar glücklich. Trotzdem passten diese beiden Wörter am wenigsten zu Gackts Stimmung, als er die langen Korridore entlang lief und sich dem japanischen Teil der Villa näherte. Er hätte froh sein müssen, dass er endlich aus der Zelle befreit worden war, dass der Geheimdienst seinen Brief richtig gedeutet hatte und sich im Kampf gegen die Schmuggler gar nicht mal schlecht schlug und dass Hyde auf dem Weg hierher war und bald eintreffen musste. Verdammt noch mal er sollte sich freuen! Schließlich war er noch am Leben und würde es voraussichtlich in ein paar Stunden immer noch sein. Warum also empfand er nichts dergleichen? Der Lauf eines Maschinengewehrs tauchte um die nächste Ecke auf, doch Gackt sah dessen Träger, bevor dieser ihn erkennen konnte. Instinktiv riss er Yoshimuras Pistole hoch und drückte ab. Seinem Ziel blieb noch nicht mal mehr Zeit einen letzten Laut von sich zu geben. Die Kugel traf ihn zwischen den Augen und reglos kippte der Getroffene nach hinten über. Gackt stieg über die Leiche und setzte seinen Weg ohne noch ein Mal zurückzublicken fort. Damit hatte er Nummer vier erledigt, doch mehr als einen Moment der Genugtuung brachte es ihm nicht ein. Viel mehr musste er den Gedanken verdrängen, dass er genauso gut einen seiner eigenen Männer hätte treffen können, so wenig Zeit hatte er darauf verwand sich den Mann erst anzusehen. Mit einer Wut im Bauch, die er sich nicht so recht erklären konnte, erreichte der Braunhaarige den traditionell japanisch eingerichteten Trakt. Auch wenn er hier noch nie gewesen war, so war er sich sicher irgendwo zwischen all den Papier bespannten Wänden und Tatami-Böden sein eigentliches Ziel zu finden. Sobald er um die ersten Ecken gebogen war, wurde es deutlich ruhiger. Der Lärm des Kampfes drang nur noch gedämpft zu ihm durch und ihm war, als hätte er die Schwelle in eine andere Welt übertreten. Sein Herz begann den Rhythmus zu beschleunigen. Hier musste er sein, der Mann auf den sich all seine Wut, sein Hass und seine schlechte Stimmung richteten. Der Mann ohne dessen Tod er nie wieder vollkommendes Glück verspüren würde, davon war er überzeugt. Takarai Shinobu, sein Name hatte sich seit damals im Bergwerk in die Gedanken des Sängers gebrannt und alles in ihm drängte danach es hier und jetzt ein für alle mal zu Ende zu bringen. Gackt überlegte nicht lange in welche Richtung er sich wenden sollte, er vermutete das Büro von Hyde Onkel in der Mitte der unteren Etage und nur dort konnte sich dieser jetzt befinden. Abgeschirmt vor den Kämpfen, vielleicht bewacht von seinen Bodyguards und darauf wartend, dass seine Männer gewannen. Genau wie ein Feldherr aus längst vergangenen Jahrhunderten, der von einem Hügel hinab die Schlacht aus sicherer Entfernung betrachtete. Je weiter der Agent kam, desto sicherer wurde er und nachdem ein paar aufgeschobene Türen ihm nur menschenleere Räume gezeigt hatten, öffnete er schließlich lautlos eine weitere und sah in dem rotorangen Licht der Abendsonne eine einsame Gestalt hinter dem großen, massiven Schreibtisch sitzen. Er hatte ihn gefunden. Für einen Augenblick erschrak Takarai Shinobu, als seine Tür sich öffnete und er in dem diffusen Licht den Eindringling erkennen konnte. Er hatte nicht damit gerechnet, jemand würde bis zu ihm vordringen und kurz verfluchte er seine Abscheu vor Überwachungskameras in den eigenen vier Wänden. Zumindest vorbereitet auf seinen Besucher hätten diese ihn und ihm außerdem ein genaueres Bild von den Kämpfen vermittelt, als es nur die Aufnahmen aus dem Garten und der Gefängniszelle konnten. So hatte er zwar Gackts Befreiung und Megumi Verrat miterleben und seinen Männern Bescheid geben können, aber offensichtlich nicht schnell genug, sonst stände der Braunhaarige jetzt nicht vor ihm. Schweigen erfüllte auch eine Minute nach Gackts Eindringen noch immer das Zimmer, in der sich der Sänger erlaubte das Glückgefühl, welches die auf sein Gegenüber gerichtete Pistole in seiner Hand in ihm auslöse, zu genießen. Diese eine Minute reichte auch aus, um die Angst wieder aus Takarai-sans Augen verschwinden zu lassen, ohne dass der andere sie je bemerkt hätte. Denn jetzt wusste er, dass Gackt genauso mit ihm spielen würde, wie er selber es in den vergangenen zwei Tagen getan hatte. Und das würde ihm Zeit geben wieder die Oberhand zu gewinnen. Unbemerkt drückte er einen Schalter an der Seite des Schreibtisches. „Guten Abend“, begann der Jüngere schließlich das Gespräch, „ich muss mich entschuldigen, dass es mir leider nicht möglich ist die geplante Reise anzutreten. Erst habe ich hier noch etwas Wichtiges zu erledigen.“ Shinobus Gesicht zierte ein unbeeindrucktes falsches Lächeln. „Bedauerlich, ein Urlaub hätte Ihnen nur gut getan. Doch seinen Sie versichert, dass wir eine andere Möglichkeit finden werden Ihnen Abwechslung zu verschaffen. Sie sind ein talentierter junger Mann, wäre es nicht schade so viele Fähigkeiten in den falschen Kreisen verkommen zu lassen?“ Unweigerlich schlich sich ein echtes Grinsen auf Gackts Züge. Hatte Takarai-san zuvor noch die ganze Zeit versucht ihn möglichst elegant aus dem Weg zu schaffen, bot er ihm nun im Moment der eigenen Bedrohung einen Platz an seiner Seite an. „Ihr Angebot ehrt mich, trotzdem werde ich es wohl abschlagen müssen. Was können Sie mir bieten, das mich reizen würde? Unschuldige Menschen abzuschlachten? Ich verzichte.“ Mit diesen Worten wandelte sich ihr Gespräch, das Lächeln der beiden Gegenspieler erlosch im gleichen Augenblick. „Sie werden diesen Raum nicht mehr lebend verlassen.“ Gackts Stimme verlor ihren gelassenen Tonfall, sie klang nun hart und ohne Gnade, erfüllt von seinem Wunsch nach Rache für das grausame Schicksal, das sein Geliebter hatte erleiden müssen. Für dich Haido, dachte der Braunhaarige, während er immer näher auf den Schreibtisch zu ging, die Pistole unbewegt auf das Herz des Älteren gerichtet. „Vielleicht, doch dann werden auch Sie Ihr Leben hier lassen. Glauben Sie nicht, dass ich so leicht zu schlagen bin.“ Bei diesen Worten hörte Gackt sie endlich, die Schritte in seinem Rücken und dann sah er geblendet vom schwindenden Licht des Tages Pistolenmündungen zielgenau in den Raum gerichtet, auf ihn gerichtet. War er durch sein Ziel vor Augen so blind und taub für das Geschehen hinter ihm geworden, das seine Aufmerksamkeit für nichts anderes als diesen verhassten Mann mehr reichte? Wahrscheinlich. „Wollen Sie uns gemeinsam in den Tod reißen, Gackt-san? Ist es Ihnen so viel wert?“, sprach Takarai-san weiter, insgeheim erleichtert, dass seine Untergebenen seinem Alarmsignal so schnell gefolgt waren. Doch wie immer war sein Gesicht nach außen hin unbewegt. Ja, wie viel war es Gackt wert diesen Mann sterben zu sehen? Sein eigenes Leben? Konnte er sich opfern um Hyde zu befreien? Vielleicht hätte er es tatsächlich getan, wenn er nicht genau gewusst hätte, dass seinem Liebsten damit nicht im Geringsten geholfen war. Denn ganz genau das war Hydes schlimmster Albtraum, den Braunhaarigen leblos und von seinem Blut umgeben auf dem Boden zu sehen. Gackt dachte an ihr Versprechen füreinander am Leben zu bleiben, das sie sich bei ihrem letzten Zusammentreffen gegeben hatten. Er durfte es nicht brechen. Hyde kam zu spät. Er wusste es, seit er die Villa betreten hatte, war er sich dessen sicher gewesen. Also warum raubte es ihm trotzdem den Atem? Jetzt, wo er vor der dünnen Wand zum Büro seines Onkels stand und jedes Wort verstehen konnte, als wäre er selber mitten im Zimmer. Er hatte es doch kommen sehen, all die Jahre in denen ihn der Albtraum gequält hatte, wusste er, dass es sein Schicksal war. Umsonst war er davon gelaufen, nur um jetzt hier zu stehen und zusehen zu müssen, wie die beiden Männer von Shinobu-san abdrücken würden, sobald Gackt auch nur mit der Wimper zuckte. Es brauchte nur einen kurzen Moment, indem Hydes Blut in seinen Adern gefror, um den Entschluss zu fassen. Der Sänger konnte nicht sagen woher er den Mut dazu nahm, er wusste nur, eine andere Möglichkeit gab es nicht mehr. Wenn er jetzt nicht handelte, würde Gackt sterben und er musste mit dem Wissen zurück bleiben, die letzte Chance ungenutzt gelassen zu haben. Vielleicht sterben wir auch beide, schoss ihm durch den Kopf, als er die Pistole fest umklammerte und das Büro betrat. Doch es war immer noch besser als ohne Gackt weiter leben zu müssen. Dieses Mal hörte Gackt die Schritte sofort. Aber er drehte den Kopf nicht um. Ihm war es egal wer das Zimmer nun ebenfalls betrat, in diesem Augenblick war ihm alles egal. Erst als er den Geruch des Neuankömmlings wahrnehmen konnte, der sekundenschnell den großen Raum auszufüllen schien, riss er den Kopf herum. Und der Albtraum von heute morgen ging weiter. Es war der gleiche Geruch, der seinen Verstand vernebelte, die gleiche Waffe, die auf ihn gerichtet war und das gleiche Gesicht, das aus der Dunkelheit vor ihm auftauchte. Blass wie der Tod und so schön wie nur ein Engel es sein konnte, starrte das Gesicht mit ausdruckslosen Augen zu Gackt, bevor es seine Pistole an dessen Halsschlagader setzte. Da wusste der Braunhaarige, dass er den Verstand verloren hatte. Denn wenn das die Wirklichkeit war, wenn sein Engel, sein Geliebter, der einzige, dem er sein Leben geschenkt hätte, hier vor ihm stand, musste er verrückt sein. Kein Albtraum konnte so schlimm sein. Ohne den Blick von Gackt abzuwenden, sagte Hyde mit gefühlsleerer Stimme: „Überlass das mir, Onkel. Ich werde mich um ihn kümmern.“ *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~**~*~*~*~*~*~*~*~* Damit ist mir wohl mein bisher fiesestes Ende gelungen, oder? *zumindest hoff ich es mal* Und hey, ich hab euch ja gesagt, dass ich grausam bin, also was habt ihr von mir erwartet? Aber ihr könnt ganz beruhigt sein, das nächste Kapitel wird nämlich das letzte sein und da werde ich mich bemühen alle offenen Fragen zu klären. Versprochen! Wenn ihr also wissen wollt, wie es mit den beiden weiter geht und was Hyde jetzt schlimmes mit dem armen Gackt anstellen wird *diabolisches Grinsen* dann habt bitte etwas Geduld mit mir! Ich werde die FF auf jeden Fall abschließen, das verspreche ich! Also bis dann, eure himachan Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)