Schuljungenreport von abgemeldet (Dr. D-chan klärt auf) ================================================================================ Kapitel 11: Onkel Doktor ------------------------ Ein ungläubiger Blick: "Das is doch ne glatte 1... wie hat er denn das hinbekommen?" Hijiri setzte sein Signum kopfschüttelnd unter die zur vollen Zufriedenheit gelösten Aufgaben eines Schülers und legte sie auf den Stapel der schon korrigierten Arbeiten. Er warf noch einmal einen Blick auf die erste Zeile und merkte sich den Namen: Sanji Shigami. Der saß doch neben Chiaki, seinem kleinen, widerspenstigen Lieblingsschüler. Aber er wollte sich diesen Gedanken doch aus dem Kopf schlagen. Er würde ihn nie haben. Morgen würde er mit Sanji über die ungewöhnliche Note in Geschichte sprechen. Der Schwarzhaarige war zwar nicht doof, aber auch nicht wieder so klug, dass er alle Aufgaben ohne einen Fehler lösen konnte. Was steckte dahinter? ~*~ Ein leises Klopfen an der Tür. "Sanji?" "Hn." Mizuki seufzte und trat ein. Er hatte es wohl doch ein wenig übertrieben, als sie gerade zum Frühstück aßen. Dabei wollte er seinen Kumpel (und bald schon Freund?) doch gar nicht bloß stellen. Er war ja selber überrascht von dessen Reaktion und dem Verlauf des Gespräches allgemein. Wer konnte denn ahnen, dass Sanji nach diesem Kommentar mit roten Wangen einfach den Raum verließ? Jetzt konnte er wenigstens mit ihm allein reden. Chiaki störte ihn zwar nicht wirklich, aber die halbe Kantine sollte nun doch nicht von ihnen erfahren. Er trat ein wenig zögernd ein und erblickte den Schwarzhaarigen auf seinem Bett. Er saß mit dem Rücken zu ihm und so sah er nicht, was er gerade tat. Wahrscheinlich grummeln... oder sein Messer wetzen, um es ihm für die Blamage in die Brust zu jagen. Er krabbelte über das Bett, hockte sich dann einfach neben den Sitzenden und legte vertraulich seinen Kopf auf dessen Schulter. "Du bist wirklich irre, oder?" "Das wüsste ich aber." "Sicher?" "Womit?" Die Antwort von Sanji ließ ein wenig auf sich warten: "Dass du... in mich verliebt bist." "Naja, wenn ich wüsste, was du von mir hältst, wäre ich mir auf jeden Fall sicherer." "Was willst du hören?" "Das, was du meinst." "Hm." Mizuki kicherte: "Ist das deine Antwort?" "Nun lass mich doch mal nachdenken!" Sanji schob den anderen unwirsch von seiner Schulter und stand auf, lief auf die andere Seite des mittelgroßen Raumes. "Ich würde gern was wissen, Sanji." "Und das wäre?" "Ob du... wirklich so ein Aufreißer bist." Sanji drehte sein Gesicht ein wenig weg und eine Geste der Verlegenheit folgte, indem er sich kurz über das Gesicht fuhr, um seine aufkeimende Röte zu verbergen. "Ich wüsste nicht, was dich das..." Halt. Mizuki war nicht irgendjemand, dem er so etwas an den Kopf werfen konnte. Der Blondi machte sich ernsthaft etwas aus ihm... und das sollte er nicht so einfach abschlagen, immerhin... "Ich bin Jungfrau." "Ach..." Man höre und staune! Nicht nur Chiaki war zu geistreichen Kommentaren und Bewertungen fähig: Scheinbar färbte sein Talent auf alles ab, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Wie jetzt?! Sanji hatte noch nicht einmal...?! Okey, da hatte er ihm schon mal etwas voraus: Er hatte früher schon einige Freundinnen und auch einen Freund gehabt, nach dem er dann vollends auf das gleiche Geschlecht umgestiegen war. Aber... Sanji? Der, der doch immer so tat, als könne er jedes Mädel haben, was er nur aus den Augenwinkeln anflirtete?! "Bist du dir da sicher?" Mizuki erntete einen irritierten und leicht genervten Blick von dem Gefragten, der daraufhin ein "Ja" zwischen den Zähnen hervorzischte. Und irgendwie erlebte der Blonde ein seltsames Hochgefühl, nachdem er diese bestätigende Antwort bekommen hatte. So sehr es ihn auch verwunderte, es erleichterte sein Herz ungemein. Wenn er Glück hatte, würde er also der erste für seinen Liebling sein... Das war ein schöner Gedanke. Und aufregend zugleich. "Und? Was ist nun deine Antwort? Hat dir die Zeit gereicht, um dich zu entscheiden?" "Wofür?!" Sanji schien wirklich verwirrt zu sein und blitzte den auf dem Bett sitzenden merkwürdig an. Dieser lächelte leicht: "Ob ich dir einen Kuss geben darf, damit es dir leichter fällt, zu sagen, ob du mit mir zusammen sein willst... oder nicht." Der Schwarzhaarige fuhr sich mit einer verwirrten Geste durch seinen Pony, der aus den Haaren bestand, die zu kurz waren, um in den Zopf gebunden zu werden, den er fast immer trug. Mit dieser Handbewegung löste er auch ein paar Strähnen aus dem locker gebundenen Zopf. Aber es war ihm egal, ob ihm jetzt noch mehr seiner Zotteln ins Gesicht hingen. Er war völlig durcheinander gebracht durch Mizukis Aussagen. Meinte dieser verrückte Kerl seine Worte ernst? Oder erlaubte er sich nur einen Spaß mit dem guten, alten Sanji, mit dem man das ja machen konnte? Er wollte gern daran glauben, dass der Blonde wirklich einen Kuss von ihm haben wollte. "Dann komm her, wenn du mich küssen willst." Mizuki zögerte nicht und stand sofort auf. Er näherte sich langsam dem anderen, bis er direkt vor ihm stand. Sanji war in etwa so groß wie er, deswegen fiel es ihm nicht schwer, ihm in die Augen zu sehen. Irgendwie fühlte sich Sanji etwas überrumpelt, hatte er doch gedacht, dass Mizuki sich nicht so schnell erheben würde, um zu ihm zu gelangen. Jetzt war er sich doch nicht mehr so sicher, ob er Angst hatte, dass Mizuki ihn nicht aufrichtig wollte, oder ob /er selbst/ nicht zuviel Schiss hatte. "Komm endlich her, du Sturkopf." Der Blonde hatte ihn etwas ruppig am Hinterkopf gepackt, seinen anderen Arm um ihn geschlungen und war schon dabei, Sanjis Lippen mit seiner Zunge zu befeuchten und sanft zu öffnen. Dieser hatte es sich schon irgendwie denken können, schließlich wusste er, dass Mizuki des öfteren mal drängelte und schnell ungeduldig wurde. - Gott, warum hatte er das nicht schon eher gemacht?! Seine Zunge war so flink und geschickt, dass er sie gern willkommen hieß und das kleine, heiße Spielchen mitmachte. Seine Arme schlangen sich wie von selbst um den schlanken Körper vor ihm und als Mizuki leise aufseufzte, weil er den Kuss erwiderte, schob er einfach sein Knie zwischen die Beine des anderen. Mizukis Seufzen wurde zu einem überraschten Keuchen und er löste den Kuss mit einem schiefen Grinsen: "Ich wusste gar nicht, dass du mich..." Sanji bewegte sein Bein leicht: "...so scharf machen kannst?" Mizuki war nicht der Typ, der in so einer Situation die Augen niederschlug - er küsste Sanji einfach wieder und fummelte ihm dabei das T-Shirt aus der Hose, was dieser Depp sich da hineingewurschtelt hatte. Er liebkoste die freigewordene Haut abwechselnd mit seinen Fingerspitzen, dann wieder mit den gesamten Handflächen. Dabei drückte er Sanji immer ein kleines Stück zurück, bis dieser sich zwischen Wandschrank und Mizuki wiederfand. "Das mit der Zwangsjacke war wohl doch kein Scherz, wenn du es so sehr zu genießen scheinst, mich in die Mangel nehmen zu können?" "Kann schon sein", grinste Mizuki und schnappte sich Sanjis Handgelenke, die irgendwo bei seiner Hüfte lagen, "jetzt küss mich weiter." Er führte die Handgelenke des Schwarzhaarigen langsam aber bestimmt über dessen Kopf und drückte sie dort mit einer Hand fest an das Holz des Schrankes. Mit der anderen fummelte er wieder irgendwo an Sanji herum und bekam sogar den Hosenknopf seiner ziemlich engen Jeans auf. "Wir haben hier zwei Betten rumstehen, die wir verwüsten können - wie wär's?" Mizuki bekam sein Dauergrinsen nicht mehr weg, aber ein Klopfen an der Tür und der Ruf "In fünf Minuten fängt die erste Stunde an!" brachte ihn und auch Sanji zurück auf den Boden der Tatsachen. Beide sahen sich etwas bedröbbelt und von der Zeit überrumpelt an. Mizuki beugte sich zu Sanjis Ohr und flüsterte: "Ich werde dir alles für heute Abend aufsparen und dann zeig ich dir, wie schön dein erstes Mal sein kann..." Wahrscheinlich war die Sache mit dem ersten Mal ein etwas peinlicher Punkt für den Schwarzhaarigen, denn er wurde rot und versuchte, ein überspielendes Lächeln hinzubekommen, was ihm aber ziemlich misslang. Mizuki strich ihm durch den verwüsteten Pony und gab ihm einen beruhigenden Kuss: "Keine Panik, ich kann auch vorsichtig sein... ich geb dir auch den besten Blümchen-Sex, den du haben willst..." "Nein!! Ich... ähm..." Der Blonde grinste schon wieder, als Sanji wohl gar nicht damit einverstanden zu sein schien, dass ihm hier die Soft-Nummer geboten wurde. "Du hast ja Zeit bis heute Abend, dann kannst du mir alle deine Wünsche sagen. Ich werde versuchen, sie zu erfüllen..." ~*~ Hijiri hob erstaunt eine Augenbraue, als Sanji sich schon wieder meldete und nachdem er drankam auch noch die vollkommen richtige Antwort gab. Was war nur seit ein paar Tagen mit dem Kerl los?! Er unterhielt sich kaum noch mit Chiaki - und wenn, dann nicht lange. Wieso wusste er auf einmal so viel und entwickelte sich zu einem Musterschüler?! Er war auch irgendwie ausgeruhter... - und Chiaki dafür umso weniger. Der süße Blonde hatte manchmal schon wieder diese Augenringe, die ihn so gar nicht niedlich aussehen ließen. Sondern mehr wie einen alten Mann. Und das erschreckte den Geschichtslehrer. Doch gleichzeitig forderte er sich selbst dazu auf, nicht mehr dem Engelchen hinterherzublicken. Wozu sollte er sich bemühen, wenn er doch nie etwas zurückbekommen würde außer böse Blicke... und diese sanfte Röte in seinem Gesicht. Hijiri machte es sich mit seinen eigenen Gedanken nicht gerade leicht, sein Vorhaben durchzuhalten. Doch er zwang sich wirklich dazu. Immerhin wusste Chiaki nun auch, dass... Hijiri sich verwandeln konnte, wenn man es so nennen mochte. Der Lehrer wusste ja nicht einmal, wie Chiaki darüber dachte, ob er wusste, was da vorgegangen war. Und wenn der Süße vor dem Schuldirektor ausplaudern würde, in welcher Situation das alles passiert war - nämlich im Arztzimmer, wo sich Onkel Hilfsdokor Hijiri Shikaidou an einem wehrlosen, kranken Schüler vergriffen hatte, würde er bestimmt nicht mehr lange hier an dieser Schule sein. "Herr Shikaidou, warum schreiben Sie nicht weiter?", fiel ein Schüler in Hijiris Gedanken und ließ ihn kurz zusammenzucken. Dann schrieb er den Stichpunkt zuende, den er schreiben wollte. Er hatte ganz vergessen, dass er sich noch im Unterricht befand. 'Chiaki...' Es fiel ihm so schwer, den hübschesten Jungen, der ihm je untergekommen war, nicht anzusehen. Doch wenn er es noch länger probieren und Avancen machen würde, tat er sich selber viel mehr Kummer an, als er es auf diesem Wege schon tat. Und außerdem würde er Chiaki so viel glücklicher machen. Schließlich war es doch sein größter Wunsch gewesen, dass Hijiri ihn nicht mehr... mit seiner ehrlichen Liebe belästigte. Da hatte er seinen Wunsch. Erfüllt. Sollte sich doch das tränenbenetzte Tuch über alle vorherigen Ereignisse legen. Dann war alles vergessen. ~*~ Chiaki wälzte sich in seinem Bett umher, träumend - halb wach. Mizuki und Sanji turtelten irgendwo im Dorf, wollten heute Abend mal "ausgehen". Und Chiaki hatte endlich mal wieder seine Ruhe. Eigentlich. Doch auch wenn er heute kein unterdrücktes Keuchen oder leises Flüstern und Kichern hörte, bei dem er dann immer freiwillig das Zimmer verlassen und im Gemeinschaftsraum auf dem Sofa geschlafen hatte, konnte er nicht ruhig werden. Sein Kopf war so schwer und er fühlte sich mal wieder so unendlich schlapp. Was sollte das denn?! Er war doch eigentlich fit... in letzter Zeit waren auch gar nicht so viele nächtliche Missionen gewesen. War es wirklich nur der Schlaf, der ihm fehlte? Das letzte Mal, als es ihm so schlecht gegangen war, hatte ihn Hijiri so oft besucht. Hatte ihn verwöhnt... mit seinen Lippen. Auch wenn es nur die Brust und der Mund gewesen waren, Chiaki glaubte, sich ganz genau vorstellen zu können, was Hijiri noch alles mit ihm machen konnte. Und zum ersten Mal ließ er diese Gedanken auch zu. Ohne davon auszugehen, dass es seine Triebe waren, die ihm da hineinredeten. Er schlang die Decke um sich und starrte an die dunkle Zimmerwand. Nur ein wenig Licht vom Mond erhellte das Zimmer. Spärlich. Und irgendwie romantisch. /Zu/ romantisch, wenn Chiaki bedachte, dass sein Kopf gerade voll war mit Gedanken an seinen Klassenlehrer. Plötzlich hatte er Angst. Was war, wenn diese Gefühle, die er da hegte, doch mehr waren, als nur die pure, sexuelle Lust? Wenn da so ein Gefühl von... Zuneigung und... Liebe mitschwang? Was war dann mit seinem Schwur, den er am Anfang des Schuljahres geleistet hatte? Er wollte sich - was auch passierte - nicht von einem männlichen Wesen verführen lassen. Was auch passierte... er hatte sich wahrscheinlich verliebt. War Liebe denn auch etwas, was einfach passierte? Eigentlich schon. Und das hieß, auch in diesem Fall durfte er sich nicht gehen lassen. Dürfen... wer sagte ihm eigentlich, was er durfte? Er selbst. Er selbst legte sich diese... Bürde auf, die er am Anfang als Schutz vor unbekannten Gefühlen und Wünschen aufgestellt hatte. Aber er wusste doch gar nicht, wie sich diese Gefühle anfühlen würden. Ob sein Körper entflammt wurde und sein Herz loderte. Man beschönigte diese Gefühle doch nicht umsonst, oder? Und eigentlich kannte er sie auch, wenn er an Marron dachte. Doch hier war eine ganz andere Welt. Hier war jemand verrückt nach /ihm/, nicht er verrückt nach jemand anderem. Hier lag es an ihm, die Bemühungen des anderen entweder zu erwidern oder abzublocken. Und bis jetzt hatte er sich wie ein verängstigtes Schulmädchen benommen. Er erfüllte ganz das Klischee von dem schüchternen Jungen, der mit seinen Gebärden versuchte, nicht schüchtern zu sein - der es in seinem tiefsten Innersten aber doch war. Die Fassade aufgebaut, damit man ihn ja nicht angreifen und gar treffend verletzen konnte. Gott, wie aus einem Kitsch-Roman... Chiaki seufzte tief und fand sein Leben immer beschissener. Von seinem Vater hatte er bis jetzt auch noch nichts gehört. Er konnte seine Stimme in seinem Kopf vernehmen: 'Ich hab viel Arbeit, Chiaki. Das verstehst du doch, oder? Ich schreibe dir bald.' Das waren die Abschiedsworte seines 'Daddys'. Ziemlich kurz und schmerzlos. Chiaki hatte nichts darauf gesagt und war einfach vor ihm die Treppe hinunter gegangen, um seinem neuen Klassenlehrer zuzuhören, was dieser über seine neue Heimat sagen würde. War ja so klar gewesen, dass sich Kaiki bis jetzt noch nicht gemeldet hatte. Für ihn war es wahrscheinlich ein einfacher und leichter Weg gewesen, so sich nicht mehr so sehr um seinen Sohn kümmern zu müssen. Das Internat war teuer, aber mit einer normalen Schule wäre der Blonde auch zufrieden gewesen. Vielleicht wusste das sein Vater auch, konnte es sich vielleicht denken. Gefragt hatte er nie. Fühlten sich so Depressionen an? Sie waren beschissen. Chiaki sehnte sich sogar nach Hijiri, das dieser einfach wieder auf diesem blöden Stuhl neben seinem Bett sitzen konnte. Einfach so. Seinetwegen konnte er ihn sogar anschauen, beobachten... liebend gern mit ihm reden... und ihn küssen. Alles machen, damit diese finsteren Gedanken weggingen. Sie hüllten ihn langsam ein, zogen sich immer fester um ihn und rissen ihn hinab in eine dunkle Tiefe, die ihn eisig kalt umschloss. Sein Herz pochte laut und hart gegen seinen Rippenpanzer und er hörte es sogar in seinem Hals. Er mochte dieses Gefühl nicht. Es war, als hätte er gerade bei einem Sprint die Bestzeit geschafft, doch auch trotz dieses Triumphes schmerzte seine Brust so sehr. Doch er wusste ganz genau, dass er es beseitigen musste. Und eigentlich wusste er auch, wie er das machen konnte: Aufstehen - Tür auf - den Gang entlang gehen - an Hijiris Tür klopfen - warten, bis man ihn herein ließ - kein Wort verschwenden - Hijiri küssenn. Nicht mehr und nicht weniger. Doch er konnte es nicht. Zuviel Angst. Außerdem hatte der Rothaarige schon seit einigen Tagen nicht mehr mit ihm gesprochen. Chiaki hatte seinerseits zwar auch keine Versuche gemacht, mit dem Lehrer wider in Kontakt zu treten, doch er hatte ihm ja auch schon in einigen e-Mails und auch von Mann zu Mann klar gemacht, dass er nichts von ihm wollte. Nun schien er es kapiert zu haben... doch Chiaki hatte sich umentschieden. Zu spät. Viel zu spät... Er konnte keine weiteren Gedanken mehr fassen, denn er war eingeschlafen. Endlich. Doch auch diese Nacht würde nur ein paar Stunden lang sein. Viel zu kurz, um richtig erholt zu sein. Das merkte er auch am nächsten Morgen. Es war Samstag, darum beschloss er, liegen zu bleiben. Als Sanji und Mizuki wieder einmal fröhlich kichernd zur Tür hereinkamen und ihren Zimmergenossen so halb tot im Bett liegen sahen, verloren beide ihre angeheiterten Gesichtszüge und kamen auf Chiaki zu: "Hey was ist denn mit dir schon wieder los? Du sahst auch schon mal besser aus." "Hm... ich weiß." "Sollen mir Onkel Doktorchen holen?" "Meinetwegen..." Vielleicht war es besser. Er hatte heute keine Lust, sich mit Leuten zu streiten. Als Mizuki schon halb zur Tür heraus war, beugte sich Sanji noch einmal zu dem Liegenden und flüsterte: "Tut uns leid, dass du wegen uns woanders geschlafen hast. Wir werden ab jetzt Rücksicht nehmen." Chiaki war tatsächlich ziemlich überrascht und zeigte das auch in seiner Mimik. Er hätte nicht gedacht, dass die Beiden trotz allem doch gespürt hatten, dass sie auch Schuld an Chiakis Zustand hatten. Er hatte sie so eingeschätzt, dass es sie nicht kümmern würde, wie es ihm ging, wo sie jetzt doch einander hatten. Doch er hatte sich geirrt. "Komm jetzt, Sanji! Wir holen den Arzt!" Jaja, Mizuki drängelte mal wieder... Sanji grinste leicht und tätschelte Chiaki den Kopf. Mit einem Blick wie 'Wir sind doch keine Unmenschen!' ging er mit Mizuki aus ihrem gemeinsamen Zimmer und Chiaki schloss die Augen. Toll, jetzt würde er schon wieder auf den strengen Arzt treffen, der ihn einfach nur ins Bett steckte und ihm die Decke wohl noch bis zur Nasenspitze hochziehen würde. Gut, es hatte auch das letzte Mal geholfen, vielleicht auch dieses Mal wieder. In diesem Moment klopfte es auch schon an der Tür. Mensch, dieser Arzt war wirklich fix: "Kommen Sie herein!" Die Tür wurde geöffnet und der Arzt trat ein. "Und? Bekomme ich schon wieder Bettruhe verordnet?" Ein Schmunzeln: "Genau. Aber nur, wenn der behandelnde Arzt mit im Bett liegt." Chiaki riss entsetzt die Augen auf und sah geschockt in dunkelrote Augen, die genau vor seinem Gesicht aufblitzten. Was suchte Shikaidou hier - und warum war er plötzlich so nah, wo er doch gerade eben noch an der Tür gestanden hatte?! Hatte der Teppich wirklich jeden seiner Schritt vollkommen verschluckt?! "Was suchst du denn hier?!" Sofort verfiel er in seine Gewohnheit zurück, den Lehrer zu duzen. Schließlich hatte er dies auch bei ihrem ersten Aufeinandertreffen getan, ohne sich Gedanken zu machen. "Ich bin der stellvertretende Arzt, schon vergessen?" Er legte seine Hand auf Chiakis Stirn und grinste: "Amnesie und Übermüdung... du solltest mal wieder ein bisschen schlafen." "Das weiß ich selber. Danke für die Info", erwiderte der Blonde bissig und konnte trotzdem den Blick nicht von Hijiri lassen. Doch diesem ging es genauso. Auch wenn er sich eigentlich nicht mehr um Chiaki kümmern wollte, war er doch so schnell zu ihm gekommen, wie er konnte. Immerhin wollte er nicht, dass es irgendeinem Schüler schlecht ging. Und das hier war nicht nur /irgendein Schüler/... das war sein Chiaki. Sein Süßer, sein Zuckerstückchen. Nachdem er ihn jetzt die ganze Zeit über nicht mehr beachtet hatte, kam er sich ziemlich schäbig vor, auch wenn er einen Grund gehabt hatte. Schließlich hatte er nur versucht, ihn zu verdrängen. Aber jetzt, als er in die hellen, blauen Augen und das Fragende in ihnen sah, wollte er nur noch bei ihm sein. So, wie eigentlich die ganze Zeit. "Dir fallen gleich die Augen raus, Shikaidou-Sack. Kauf dir ein Lätzchen, wenn du sabbern musst." Chiaki konnte einfach nicht anders: Die kleinen, nicht böse gemeinten Gemeinheiten fielen ihm einfach aus dem Gesicht. Hijiri blinzelte verwirrt und klärte seinen Blick. Er grinste wieder und meinte: "Du glubschst mich aber auch ganz schön an. Kann es sein, dass du nur von dir ablenken willst?" "Eigentlich will ich nur, dass du woanders hin schaust." "Und wenn ich dich aber lieber beobachte? Ich will sehen, was du als nächstes machst, die Mimik in deinem Gesicht, deine Bewegungen... dein Körper macht mich wahnsinnig...!" Chiaki wurde ein bisschen rot: "Du hast ihn doch noch gar nicht gesehen!" "Du machst mir gerade Hoffnungen." "Das... das war nicht meine Absicht!" Hijiris schnelle Konter machten ihn ganz wuschig. Sollte es sein, dass er in ihm seinen Meister gefunden hatte?! Gab es überhaupt einen Meister für ihn?! "Ich hab dich schon mal im Sportunterricht gesehen, daher weiß ich in etwa, wie du in etwas engeren Klamotten aussiehst." Chiakis Röte steigerte sich. "Die muss ich da anhaben, sonst kann ich nicht turnen." "Schon klar. Du willst also keine deiner Mitschüler anmachen? Das könntest du problemlos, so elegant und aufreizend wie du dich bewegst..." "Danke - ich meine... - woher willst du das denn alles wissen?!" Hijiri seufzte: "Ich hab doch gesagt, dass ich dich zufällig bei einer Sportstunde gesehen habe. Und auch so bewegst du dich so, dass man dich einfach nicht aus den Augen lassen kann." "Hoffentlich geht es nur dir so." Chiaki bemerkte erst ein paar Sekunden später, was er da gesagt hatte, als er das Lächeln des Älteren sah, was dieser ihm schenkte. "Das hoffe ich auch." Von einem Moment auf den anderen hatte sich die leicht gespannt, aufgeheizte Atmosphäre in eine ruhige, angenehme verwandelt. Chiaki war selbst erstaunt, wieviel er mit Worten anrichten konnte. Er hatte sie eigentlich ganz anders gemeint, doch jetzt bemerkte er, dass es gar nicht so schlimm war, sie so zu verstehen, wie es Hijiri tat. "Ich hab den Sport vernachlässigt, hab auch nachts nicht mehr-" Chiaki stoppte ein bisschen zu spät seinen Redefluss, als er bemerkte, dass er sich gerade fast verplappert hätte. Gut, Hijiri war neben Marron der einzige Mensch, dem er sein Geheimnis eventuell anvertrauen könnte, aber er wollte es nicht. Etwas sträubte sich ihn ihm, dies zu tun. Und deswegen überlegte er nun auch fieberhaft nach einem alternativen Satzende, welches er nun hier anbringen konnte, damit sich Hijiris Augenbraue wieder senkte. "Nicht mehr so viel... geschlafen." Hijiri nickte und beide fuhren ein bisschen erschrocken zusammen, als sich die Tür einfach öffnete, ohne dass geklopft wurde. Herein kamen zwei eng ineinander verschlungene Jungenkörper, die man durch die Statur und die Haarfarbe unschwer als Sanji und Mizuki erkennen konnte. Chiaki grinste leicht und sah zum ersten Mal, wie Hijiri die Fassung verlor: Der junge Lehrer glubschte mit offenem Mund auf die ihm dargebotene Szene, in der die beiden Akteure, Pardon - Sanji und Mizuki gar nicht mitbekamen, dass noch jemand im Zimmer war und sich einfach in das nächstbeste Bett fallen ließen. Dort küssten sie sich gierig weiter, bis sich Sanji ein wenig erhob und Mizukis Hemdknöpfe öffnete. Da er hierfür die Augen öffnete, sah er nun auch, dass sie nicht allein waren, so wie sie gehofft hatten. Nachdem sie ausgiebig gefrühstückt und nebenbei auch ein bisschen gefüßelt hatten, waren sie auf einmal übereinander hergefallen und hatten sich knutschend und fummelnd bis zu ihrem Zimmer vorgearbeitet - und nun das! Der Schwarzhaarige zuckte zusammen und riss schnell die Decke an sich, obwohl er noch all seine Klamotten anhatte: "Verdammt!!!", fluchte er nicht gerade leise und fixierte den Lehrer mit verengten Augenschlitzen. "Was suchen Sie denn noch hier?!" "Die Frage ist wohl eher, was ihr hier macht?!" Jetzt mischte sich Mizuki ein: "Wir leben unser Sexualleben aus - sieht man das nicht?! Aber Sie haben uns ja jetzt ganz schön die Stimmung versaut...!" Schon klar, er war ziemlich sauer. "Sie behandeln Chiaki ja echt lange - schlechter Aushilfsarzt?", fragte Sanji schnippisch und bemerkte zum Glück nicht, dass Chiaki ein bisschen rot wurde. "Nee, extra lange Behandlung für meinen Lieblingspatienten", grinste der Lehrer und allen Dreien klappte der Unterkiefer auf den Boden. "Na hör mal!" Chiaki regte sich natürlich als erster auf, um sich noch etwas mehr verdächtig zu machen, während Sanji und Mizuki im Chor ein wenig entsetzt und entrüstet "Chiaki!" riefen, um ihrem Erstaunen Luft zu machen. "Du duzt Herrn Shikaidou?!" "Warum bist du sein Lieblingspatient?!" "Verschweigst du uns was?" "Möchtest du mit mir schlafen?" Als Chiaki die letzte Frage hörte, die natürlich der neben ihm sitzende Rothaarige gestellt hatte, bekam er eine Art Schreikrampf und zog sich die Decke über den Kopf. Das turtelnde Pärchen auf dem anderen Bett, was aus Höflichkeit immernoch nicht wieder angefangen hatte zu turteln, grinste breit und waren nun endlich mit Hijiri einer Meinung. Doch da erschien der Blondschopf unter der Decke und meinte energisch: "Ich bin doch nicht mit meinem Lehrer zusammen! Und ich werde auch /nicht/ mit ihm schlafen! Und ja, ich duze ihn! Na und?! Das hat doch gar nichts zu bedeuten!" "Ist ja gut, beruhig dich wieder. Niemand unterstellt dir was. Wär ja bloß irgendwie lustig gewesen", versuchte Mizuki die Stimmung zu beruhigen. Es folgte Stille. Beide "Parteien" waren im Stillen am überlegen, wer jetzt das Zimmer verlassen musste. Da sich Chiaki aber im nächsten Moment gänzlich aus seinem Bett schälte, seine Sporttasche schnappte und den Raum verließ, war die Entscheidung gefallen. Der Lehrer waren den anderen Beiden nun ausgeliefert, wie eine kleine Maus zwei Geiern. "Jaja, ich geh ja schon!", grummelte der Rothaarige und verließ nun ebenfalls das Zimmer. Das sollte man in den nächsten Stunden nicht betreten, wenn man nicht Zeuge eines Aktes der Lust und Liebe werden wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)