Gott und Krieg von angi19 (Geschichte eines Freigeistes) ================================================================================ Kapitel 1: Tagebuch - Part one ------------------------------ Liebes Tagebuch, mein Name ist Jasin. Ich bin 12 und wohne in einem Dorf, nahe Kabul. Warum ich anfange Tagebuch zu schreiben? Ich weiß es selbst nicht, vielleicht weil ich aus unserem Dorf das einzige Kind bin, welches das Glück hat zur Schule gehen zu dürfen, um Schreiben und Rechnen zu lernen. In der Schule sind immer sehr wenig Kinder, weil ihre Eltern kein Geld für die Schule haben. Doch bei mir scheint das anders zu sein. Meine Mutter sagt immer zu mir, wenn ich nach dem Geld frage, das Allah ihre Gebete erhört habe. Meine Schwestern freuen sich für mich, das wenigstens einer von uns zur Schule gehen darf. Ich bin der Älteste zu Hause. Meine fünf Schwestern müssen zu hause kochen und putzen sagt meine Mutter, damit sie auch was taugen wenn sie verheiratet werden. Ich finde, meine Zwillingsschwester Samia ist viel schlauer als ich und verdient es auch zur Schule zu gehen. Doch Mutter sagt dann immer, das Mädchen nur Wissen müssen wie man richtig kocht und den Haushalt macht, alles andere sei unwichtig. Abends bevor wir schlafen gehen, gehe ich immer noch mal zu Samia und erzähle ihr, was ich in der Schule gelernt habe. Samia versteht sehr schnell und hilft mir sogar manchmal. Doch leider hat Mutter uns schon erwischt und Samia bestraft. Nur Samia und mich nicht. Nun sind wir vorsichtiger geworden und reden nur noch über die Schule, wenn wir nachmittags auf dem Feld arbeiten. Die Arbeit auf dem Feld ist sehr anstrengend, vor allem wenn es so heiß ist wie heute. Ich glaube wir haben Sommer, falls es bei uns hier überhaupt einen Unterschied zu Sommer und Winter gibt. Heute haben wir hinter dem Haus, wo das Feld beginnt, versucht Körnen zu sähen. Der Boden ist steinhart und trocken, es hat Stunden gedauert bis wir die Furchen für die Saat fertig hatten. Nun liege ich auf dem alten Laken, mit dem alten Fell unseres Letzten Viehs unter mir und schreibe heimlich in dieses Tagebuch. Wie ich es bekam war recht sonderbar und Mutter weiß nichts davon. Einer meiner Lehrer kam aus Deutschland. Das hat er uns gleich in der ersten Stunde erzählt. Ich habe schon vor Jahren gehört, wie gut es dort den Leuten gehen sollte und träumte von einem besseren Leben. Ich mag ihn. Er wusste das alle Kinder in der Schule nicht viel Geld haben und kaufte uns ab und zu Stifte und Hefte zum Schreiben und Rechnen. Manche Tage brachte er etwas Süßes für uns mit, worüber wir uns alle sehr freuten. Als ich in einer Pause allein auf der Eingangstreppe saß, setzte er sich zu mir und fragte mich warum ich traurig sei. Natürlich war es wegen meinen Schwestern, besonders wegen Samia. Ich sagte ihm das meine Schwestern nicht zur Schule dürften, obwohl sie nicht dumm seien. Außerdem erzählte ich von Samia, meiner Zwillingsschwester, die noch viel schlauer war als ich. Und das Mutter sie nie hier her lassen würde. Fast jeden Tag nach dem Unterricht redete ich mit ihm und es tat so gut jemanden alles erzählen zu können. Eines Tages saß ich schon auf der Treppe und wartete. Als er dann endlich kam, hatte er ein Päckchen mit. Es war in braunes Papier eingewickelt. Lächelnd gab er es mir. Ich packte es sofort aus und hielt ein Buch aus dunklem Leder in der Hand. Erstaunt gab ich es ihm zurück, doch er winkte ab und sagte mir, das er bald zurück nach Deutschland müsse und ich dann niemanden mehr zum reden hätte. Er meinte ich solle dem Buch meine Sorgen anvertrauen, solange er weg ist. Er hofft, das er wieder hierher kann, doch gewiss ist es nicht, sagte er mir noch. Das Buch war einfach nur schön und ich starrte es wie gebannt an. Kurz bevor er abreiste, gab er mir noch drei Stifte zum Schreiben. So bin ich an mein Tagebuch gekommen. Nun wird es wirklich Zeit, das ich schlafen gehe, morgen wird wieder ein harter Tag. Kapitel 2: Tagebuch - Part two ------------------------------ Liebes Tagebuch, heute kam Vater zu besuch zu uns. Er ist nicht oft zu hause, Mutter sagt er arbeitet weit weg, so das er nicht immer zu Hause sein kann. Aber mehr Geld haben wir trotzdem nicht. Viel Arbeit für wenig Geld, sagt Mutter immer ganz traurig. Vater liebt mich über alles, manchmal denke ich er liebt mich mehr als Mutter und meine Schwestern. Jedes Mal wenn Vater da ist verspricht er mir, das ich bald auf eine andere Schule gehen werde. Aber erst wenn ich 16 bin hat er gesagt. Wenn er nicht da ist, bin ich nun mal der Mann im Haus, weil ich sein einziger Sohn bin. Warum Männer höher geachtet werden als Frauen, verstehe ich sowieso nicht ganz. Mutter rollt immer mit den Augen wenn ich solche Fragen stelle. Sie antwortet stets gleich. Alles scheint im Koran zu stehen. Vielleicht hat sie Recht, aber die alte Schriftrolle die bei uns auf einem Altar liegt kann doch nicht über ein Leben bestimmen. Aber anscheinend kann sie es doch. Ich finde es trotzdem nicht gerecht. Nicht das ich den Koran nicht mag, ich bin damit erzogen worden. Mutter erzählt viele schöne Geschichten daraus, die gefallen mir immer sehr. Nur manche Dinge finde ich eben ungerecht. Doch wenn Vater da ist, ist es nicht immer schön. Heute hat er meine jüngste Schwester Laily mit einem Stock geschlagen, weil sie sein Essen nicht richtig gewürzt hat. Er ging mit ihr raus. Wir hörten sie nur schreien und wimmern, bis Vater zurückkam. Er winkte Samia heran und bat sie das Essen noch einmal zu würzen. Samia machte es richtig, doch Vater lächelte sie noch nicht mal an. Manchmal mag ich ihn nicht, obwohl er mein Vater ist. Erst zum Abendgebet kam Laily wieder in unser Haus. Ihr Gewand war dreckiger als sonst und ihre Augen rot vom Weinen. Als sie sich hinknien wollte , konnte sie sich nicht auf ihre Füße setzen. Doch Vater schaute sie böse an und sie gehorchte. Es tat ihr weh, man konnte es sehen. Spät am Abend als Vater schon schlief, wusch Mutter Lailys Po. Traurig schaute ich von meinem Versteck aus zu, wie Laily in Mutters Armen weinte. Mutter tauchte das dunkelrote Tuch immer wieder ins Wasser. Vater hatte sie so doll geschlagen, das sie blutete. Entsetzt bin ich zurück auf mein Bett geschlichen und habe geweint. So was hatte Vater bisher noch nie gemacht, geschlagen ja, mich auch. Aber niemals so doll das Blut kam. Wegen ein paar Gewürzen die eigene Tochter blutig zu prügeln. Manchmal hasse ich ihn, obwohl er mein Vater ist. Meine Tränen sind getrocknet und mir geht es schlecht. Ich glaube ich brauche schlaf. Gute Nacht Laily, ich bete für dich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)