Es braucht nicht alles einen Grund, was geschieht von Feenk7nig (- aber manchmal gibt es eben doch einen!) ================================================================================ Kapitel 1: Zombana und die Zombies ---------------------------------- Selbst die unsinnigsten Dinge haben einen Grund. Auch wenn dieser nicht immer sofort erkennbar ist. Wir befinden uns in einer Stadt. Sie ist groß, laut, schmutzig und vollgestopft mit Menschen, Autos und Geschäften. Die Regel ist, dass man durch die Scheiben der Straßenbahnen vor Dreck nicht hindurch sehen kann. Genauso verhält es sich mit Seitenstraßen, sie strotzen nur so vor Unrat, und wohin sie führen, das kann man nur erraten, sehen jedenfalls nicht. Mit dem Sehen ist das eh so eine Sache, denn die meisten Menschen in dieser Stadt besitzen einen verwirrten Blick. Das kommt daher, dass es in dieser Stadt Dinge gibt, die es in keiner Stadt geben sollte, und die diesen Menschen den Kopf verdreht haben, sie nervös gemacht, sie angegriffen haben. Diese Dinge sind noch nicht lange da, genau genommen, schleichen sie seit einem Monat in der Stadt umher. Die Stadt heißt im übrigen Zombana, die Einwohner werden als Zombaner bezeichnet und die neuen Dinge, die hat jemand Zombies genannt, und dieser Begriff hat sich durchgesetzt. Zombies. Im wahrsten Sinne des Wortes handelt es sich hierbei um Untote. Warum es nun Zombies in Zombana gibt, das hat noch niemand herausgefunden. Ein Junge hat im Scherz behauptet, das mache der Name, wo sollten Zombies denn hin, wenn nicht nach Zombana? Schließlich sind Zootiere auch im Zoo und Hausschuhe im Haus zu finden. Jener Junge ist sechzehn Jahre alt und heißt Assel, und auch das hat seinen Grund. Er wuchs nämlich zwischen all dem Dreck und Unrat dieser Stadt auf, direkt auf der Straße. Das hat Tradition in seiner Familie. Assels Vater säuft, er ist das Klischee eines Straßenmenschen. Seine Mutter ist Kartenlegerin in einem durchhängenden, großen Pappkarton. Sie ist wider Erwarten hübsch, aber das hat sie auch nicht weitergebracht. In Zombana gibt es viele hübsche Menschen, nicht erst, seit die Zombies da sind. Oh, ich sehe schon, das irritiert Sie, Sie haben gelacht, weil Sie dachten, dies sei ein Scherz, nicht wahr? Oder Sie haben die Augenbrauen zusammengezogen, Zombies, Untote die hübsch sein sollen? Oder ist Ihnen dieses Paradox etwa gar nicht aufgefallen, weil Sie gedanklich schon weit, weit von uns und Zombana abgedriftet sind? Tatsächlich! Überraschung! Diese Untoten besitzen einen Glanz, den man ihnen zu ihren Erstlebzeiten nur hätte wünschen können. Sie sind nicht etwa verweste, stinkende Leichenteile, nein nein, sie sind Schönheiten. Hirnlos zwar, verrückt, verwirrt, desorientiert, aber schön wie Narziss selbst. Sie atmen nicht und sie sind kalt, aber wer so schön ist, der hat Körperwärme und Atem gar nicht nötig, vor allem wenn es sich auch ohne leben lässt. Warum sie nun so schön sind, obwohl sie tot sind und teils langjährig in ihren Gräbern lagen, darüber wird noch gestritten. Vielleicht hatte der Verantwortliche - denn für alles muss es einen Verantwortlichen geben - ja einen gewissen, nun, nennen wir es: Geschmack. Er konnte sich anscheinend mit untoten Idioten anfreunden, aber nicht mit hässlichen. Vielleicht hätten die Zombies ja auch gar niemanden in Zombana gestört, wenn es da nicht ihren unangenehmen Tick gäbe, ihre Gemeinschaft zu vergrößern. So hatte der Junge Assel schon unzählige Male beobachtet, wie ein Zombie in einer der dreckigen Seitenstraßen einen Zombaner anfiel, ihn biss, zerkratze, ihm das Herz herausriss und es sich mit einem schwachsinnigen Lächeln in den Mund stopfte. Assel hatte ebenfalls beobachtet, dass die Zombies, wenn es darauf ankam, recht schnell sein konnten, selbst wenn sie sonst eher gemächlich durch die Gegend schlurften. Er wusste auch, dass es nichts brachte sie in die Luft zu sprengen, ebensowenig wie man sie nicht erstechen oder erschießen konnte. Auch einfangen und wegsperren hatte bisher wenig gebracht, denn obwohl die Stadtverwaltung veranlasst hatte, Sporthallen zu schließen und Straftäter aus den Gefängissen zu entlassen, damit man Platz hatte, waren es einfach zu viele Zombies; die Orte zum einsperren reichten nicht aus. Kurz und bündig: Man hatte noch keinen gescheiten Plan entwickelt um der neuen Plage Herr zu werden. Kapitel 2: Assel, und das Vieh mit dem Schakalkopf -------------------------------------------------- „Ich finde ihren Klamottengeschmack grässlich.“, beschwerte sich Venezia, Tochter des Bürgermeisters, rührte Zucker in ihren Cappuccino, hob die Tasse zum Mund, und sah, während sie trank, über den Tassenrand unseren Assel an. Die beiden hatten sich in einem kleinen Café in der Innenstadt niedergelassen. Es war Nachmittag, Frühling, und die Vögel sangen. Assel strich sich die schmutzigen langen Haare zurück, die aussahen wie schwarzer Seetang und zuckte mit den knochigen Schultern. „Ach was. So schlimm find ich es gar nicht.“ Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, für ein Straßenkind war er sehr häufig in guter Gesellschaft zu finden. Sein weibliches Gegenüber rollte mit den blauen Augen und meinte: „Das sagst du nur, weil du auch nicht besser gekleidet bist. Was sich schnell ändern ließe, wie oft muss ich dir noch anbieten, dir ordentliche, saubere Kleidung zu kaufen?“ Sie klang gereizt. Er zeigte ihr mit der schmächtigen Hand einen Vogel, sein Zeigefinger berührte seine blasse Stirn nur ganz kurz und hinterließ trotzdem einen schwarzen Fleck. Das Mädchen, das im Übrigen sehr hübsch geschminkt war, schrie auf: „Und warum nicht? Und red nicht schon wieder, dass man sie dir sofort klauen würde, dich fasst eh keiner an, dafür bist du zu schmutzig.“ „Na also, weißt du ´s doch. Was soll ich mir denn von dir neue Kleidung kaufen lassen, wenn es eh keinen Unterschied machen würde. Ich bin schmutzig, ich bleibe schmutzig. Ich gehöre dem Dreck, und ich mag es.“ „Ich hasse deine Einstellung!“, fauchte sie und fegte mit einer unbedachten energischen Handbewegung beinahe ihre Cappuccinotasse vom Tisch. Assel rutschte mit seinem Stuhl ein paar Zentimeter vom Tisch weg. Sein Mund wurde zu einer schrägen Linie, ehe er sich öffnete um dem Mädchen zu antworten: „Es ist ja nun nicht das erste Mal, nicht wahr? Ich meine, das zieht sich jetzt schon mehrere Jahre hin, ich sage dir jedesmal aufs neue, das ich so bleiben will wie ich bin, und du sagst mir jedesmal aufs neue, dass du damit nicht zufrieden bist. Aber, trotzdem sind wir Freunde, ich bin so wie ich bin, du bist so wie du bist, das ist doch toll, also können wir das mit dem Verändern nicht endlich mal sein lassen?“ Er legte den Kopf schräg und strahlte sie, immer noch auf Abstand, wie ein Honigkuchenpferd an. Sie knirschte mit den Zähnen, ganz laut, und sie sah aus, als würde sie jeden Moment anfangen wollen zu knurren. „Also, ich denke...“ Er erhob sich aus seinem Stuhl, der ehemals weiß gewesen war, nun aber eher gräulich schien, „ ...ich sollte dann mal los. Nicht wahr? Stell dir vor, deine Mutter sieht uns. Ich glaube nicht, dass sie mit deiner Wahl ihres Schwiegersohns zufrieden ist.“ Er streckte ihr seine Zunge heraus, die lang war, sauber, und leuchtend rot, dann sprang er schnell und lachend auf den Ausgang des Cafés zu, während sie sich ebenfalls vom Stuhl erhoben hatte: „Eine Frechheit! Als ob ich DICH als... als.... Du bist ein Idiot! Und du bist dreckig! Schmutzig,.... schmutzig...“ Das Mädchen biss sich überlegend auf die rot geschminkte Lippe. Was gab es denn noch für Wörter dafür? Assels Kopf war noch durch die offene Cafétür gestreckt, sein Körper befand sich schon auf der Straße, aber anscheinend schien er begeistert zu warten, ob ihr noch etwas einfiel. „Ach, du bist einfach BLÖD!“ schrie sie, in Ermangelung eines passenden Wortschatzes, und warf ihm einen Löffel entgegen, den sie aus der Zuckerdose gegriffen hatte. Der Löffel prallte klirrend gegen den Türrahmen und fiel dann auf den Boden. Assels Kopf war schon verschwunden. Der Junge lief draußen auf der Straße und sah in den blauen Himmel, über den sich schon leicht der gelbliche Schatten des einziehenden Abends gelegt hatte. So sorglos, wie die jungen Leute waren, die Zombana derzeit als eine große Party mit ungeladenen Gästen empfanden, so beunruhigt waren die Erwachsenen. Es herrschte Ausnahmezustand, und es war überall zu spüren. Jemand schrie plötzlich grell auf. Assels Kopf ruckte vom Himmel weg in die Richtung. Tatsächlich, die Absperrungen zur Innenstadt waren wieder einmal überwunden worden, wie schon so oft sah er einen Zombie einem Zombaner hinterher schlurfen. Der Zombaner schrie nochmals auf, und die Leute fingen an zu rennen. Assel schüttelte den Kopf, er ging normal weiter, die Leute um ihn rannten, und der Zombie rannte. Was für eine Hektik, und was für ein Lärm! Der Junge seufzte. Der Großteil der Zombaner hatte es einfach noch nicht kapiert. Mit Zombies war es wie mit Hunden. Du rennst, ja, dann rennen sie auch und versuchen dich zu schnappen. Du läufst normal? Gut, der Zombie wird dir friedlich hinterher trotten, bis du ihn abhängst indem du ihn ablenkst oder flugs irgendwo hinter einer Tür verschwindest. Ja, Assel kannte Regeln, Mittel, Methoden, er forschte gründlich, und er war sich inzwischen sicher, dass für jeden festgesetzten Zombie, ein neuer hinzukam, und das dies kein Zufall war. Jemand plante. Aber mit welchem Ziel? Und wer? Und wie? Und von wo? Es war Nacht geworden. Der Junge saß im Schneidersitz auf einer Decke im Karton seiner Mutter, er war über sein Notizheft gebeugt, es lag auf dem kleinen wackligen Tisch, auf dem seine Erzeugerin tagsüber ihre Karten legte und wurde von einer Kerze erhellt. Er juckte sich am Fuß, und seine Hand streifte etwas kühles Glattes. Er sah überrascht nach, und fand eine der Tarotkarten. Unspektakulär. Gerade wollte er sie beiseite legen, da fiel sein Blick auf das Motiv und seine Augenbrauen schnellten in die Höhe. Der Tod. Wie auf Kommando hörte er auf einmal mächtigen Krach. Es rumpelte gegen den Karton, der die Größe einer Abstellkammer nicht überschritt und aufgrund seiner Beschaffenheit keinem Angriff standhielt. Der Karton verschob sich, die eine Seite kam auf Assel zugeprescht, wurde aber vom Tisch abgestoppt. Dieser wackelte, die Kerze fiel, entzündete sein Notizheft, der Junge schrie in Panik auf und versuchte es zu retten, er warf es auf den Boden und trat mit den Füßen darauf, um die Flamme zu löschen. Der Karton bewegte sich wieder und die Kerze kullerte darin entlang. Assel griff sein Heft und die Kerze und sprang durch den Vorhang hinaus. Er warf die Kerze in Richtung des Angreifers, sie landete auf dem Karton, der anfing zu brennen. Aus der Dunkelheit leuchtete Assel ein Paar Augen entgegen, diese lagen hoch, viel höher als Assels, der Angreifer musste groß sein. Der Junge war sich nicht sicher, sollte er rennen? Flüchten? Ohne zu wissen, wer den Karton seiner Mutter... nein, ihn! angegriffen hatte und warum? Er entschied sich dagegen. „Wer bist du? Was soll das?“, rief er wütend aber trotzdem ruhig, mit fester Stimme, die seine Angst nicht verriet. Er wartete, aber es kam keine Antwort, der Angreifer schien zu warten, der Karton brannte, und Assel sah durch die zunehmende Helligkeit einen Menschen, der schwarzes Fell hatte, und einen Kopf wie ein Schakal. Der Junge wich nun doch einen Schritt zurück. Ein Wolf... der die Statur hat wie ein Mensch?! Er überlegte fieberhaft, konnte das eine Verkleidung sein? Sollte dies verbergen und einschüchtern? „A...ach herjee.... Sie sind verkleidet, nicht wahr? Ich habe sie durchschaut! Sie.... sie....“ Der Wolf knurrte, es klang tief und kehlig, und Assel entschied sich nun doch für das was ihm am Klügsten schien, er rannte, er rannte so schnell er konnte und ohne sich umzudrehen. Er war den Müll und Unrat in den Straßen gewöhnt, er war es gewöhnt, schnell sein Gleichgewicht wiederzufinden, wenn er stolperte. Sein Körper war mit den Hindernissen dunkler Gassen aufgewachsen, und irgendwann, kam er völlig erschöpft, am anderen Ende der Stadt an, lehnte sich gegen eine Hauswand und lies sich langsam zu Boden gleiten, bis er saß. Die Zombies, die ihm vereinzelt gefolgt waren, waren im Müll auf seinem Weg hängengeblieben, und inzwischen war er sich sicher, dass ihm das Untier nicht gefolgt war. Hatten ihn die Zombies bisher eher erheitert und interessiert, so wünschte er sich, er hätte dieses schwarze Wesen nie zu Gesicht bekommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)