Travel to the USA von Yusuke-san (Ronnie's Zeit im amerikanischen Gefängnis) ================================================================================ Eine schreckliche Wendung ------------------------- Es waren etwa zwei Monate vergangen seit jenem Gespräch mit Jessalyn. Es war früh am Morgen. Ein schöner Morgen. Heute wurde ich mal nicht von den Beamten geweckt, sondern durch die hellen Sonnenstrahlen, die mich durch das Fenster blendeten. Für einen kurzen Moment dachte ich, ich wäre zuhause...dann öffnete ich die Augen. Natürlich, ich blickte an die graue Steindecke. Ich machte mir nichts mehr draus. Mittlerweile hatte ich mich an hier gewöhnt. So wie man sich anfangs an eine neue Wohnung gewöhnen muss. Ich war glücklich hier einen Menschen wie Jessalyn zu haben. Ohne sie wäre ich längst untergegangen. Ich saß auf meinem Bett, als mir das Frühstück gebracht wurde. Es war ein angenehmer Morgen; ich dachte es immer wieder. Da konnte doch etwas nicht stimmen. Am Nachmittag zeichnete ich die schöne Aussicht aus meinem Fenster. Ich sah einige Vögel aus dem Süden zurückkommen. Die Bäume fingen an zu blühen. Es wurde langsam Sommer. Ich freute mich auf den Hofgang. Freute mich, nach draußen zu gehen und dieses Wetter mit Jessalyn zu genießen. Als ich am Nachmittag den Hof betrat, sah ich mich um. Sie war noch nicht da. Normalerweise war sie immer vor mir da, weil ihre Zelle näher am Ausgang lag. Ich blieb in der Nähe der Tür, um dort auf sie zu warten und nicht unbedingt auf Ginger zu stoßen. Etwa fünf Minuten später kam Jessalyn schließlich. Ich erschrak, als ich sie sah; Sie sah schrecklich aus. Ihr Gesichtsausdruck hatte tiefe Spuren von Depressionen. Doch kaum hatte sie mich gesehen, nachdem sie ihren Kopf gehoben hatte, zwang sie sich zu einem gequälten Lächeln. „Ist das nicht ein schönes Wetter heute?“, fragte sie wie in Trance. „Hey Jess, was ist los?“. fragte ich besorgt, während ich sie an den Oberarmen packte und ihr tief in die Augen schaute. „Was soll sein?“, fragte sie immer noch gequält lächelnd. Zu erkennen wie schlecht es ihr wirklich ging, war etwa so schwierig, wie eine Maus von einem Elefanten zu unterscheiden. „Lass uns das Wetter genießen, Ronnie. Mir geht’s gut“, meinte sie erneut. Langsam machte ich mir wirklich Sorgen. „Ich sag dir was; ich lass dich nicht eher in Ruhe, bis du mir gesagt hast, was los ist“, erklärte ich ihr. „Ronnie...“, fing sie leise, traurig und mit Nachdruck an, „...lass uns dieses Wetter genießen, okay? Ich bin froh, dass es heute noch so schönes Wetter ist. Heute...noch einmal...“ Ihr stiegen Tränen in die Augen und schlagartig begriff ich. „Ach du Scheiße“, meinte ich völlig überrannt. Einige Sekunden herrschte Stille, bis ich in einem Flüsterton hinzufügte: „Johnny?“ Eigentlich wollte ich keine Antwort haben. Wirklich nicht. Aber da sah ich schon, wie Jessalyn ihren Kopf zu einem Nicken bewegte. „Nein! Nein! Ich glaubs nicht! Nur er? Oder hat er auch das Band dabei?“, kaum hatte ich zuende gesprochen, bereute ich es schon. Auch auf diese Frage wollte ich keine Antwort haben, denn ich wusste, was es für Jessalyn bedeuten würde. Sie hatte sich bereits auf eine der Bänke neben mir gesetzt und ihr Gesicht zwischen den Händen vergraben. Ihre langen schwarzen Haare hingen an den Seiten herunter, sodass ich ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte. Ich hörte ein leises aber tiefes Ausatmen. Ich setzte mich neben sie und legte meine Hand auf ihren Rücken: „Jess...hat er das Band dabei?“ Sie antwortete nicht. „JESS!“, schrie ich sie nun an und zog ihren Arm vom Gesicht. „BIST DU GLÜCKLICHER, WENN ICH ES DIR JETZT NOCH BESTÄTIGE, ALS OB DU ES NICHT AHNEN WÜRDEST?!“, schrie sie völlig fertig zurück, während ihr die Tränen die Wangen runterliefen. „Verdammt! Die werden mich für diesen Mord verurteilen!“, sagte sie diesmal etwas ruhiger. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Eine Zeit lang herrschte Schweigen. Dann ergriff schließlich doch ich wieder das Wort: „Bist du dir sicher, dass er das Band dabei hat?“, fragte ich erneut, diesmal vorsichtiger. Sie schien die Frage vernommen zu haben, ließ sich aber Zeit mit der Antwort: „...Ich...ich hab ihn getroffen...gestern Abend. Ich wurde in den Besucherraum gebracht, hatte aber nicht mit ihm gerechnet. Da saß er dann. Gegenüber von dem Platz der für mich vorgesehen war. Hinter der Scheibe...aber mir gegenüber. Ich wollte ihn nicht sprechen, aber die Beamten wollten mich nicht zurück auf die Zelle bringen, bis ich nicht mit ihm geredet hatte. Also setzte ich mich und hoffte, dass er beginnen würde. Er tat es: „Hallo Jessy...Lang nicht gesehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)