Scharfrichter von Carabesh (Denn Töten muss nicht Sünde sein) ================================================================================ Kapitel 2: Der See ------------------ Disclaimer: *auf Rob Vel deut* Geistiger Vater Spirous! *auf Jije, Franquin, Fournier, Nic & Cauvin, Tome & Janry und Morvan & Munuera deut* Großartige Comiczeichner die alle das Copyright besaßen/besitzen! *auf Vermithrax deut* Nix! Vermithrax: T—T No money…. Kapitel 2 Der See Ganz egal, ob diese Kerle nun miserable Schützen waren oder nicht – wenn sie nur lange genug drauflosballerten, dann mussten sie ihn früher oder später, schon rein statistisch, treffen. Falls er nicht vorher erfror. Oder ihn der Sturm umbrachte. Oder er in eine Eisspalte stürzte und sich den Hals brach. Oder ihm der Himmel auf den Kopf fiel und ihn erschlug. Nein, dachte Ben grimmig, an unerquicklichen Möglichkeiten, zu Tode zu kommen, herrschte wirklich kein Mangel. [Wolfgang Hohlbein – Genesis Teil 1: Eis] Es dämmerte als Fantasio an der Villa es Grafen vorbeifuhr und auf die Landstraße zuhielt. Sie war in einem schlechten Zustand. Obwohl die weiße Winterpracht den Boden bedeckte und nur wenige pflanzliche Überreste herausstachen, konnte man die Dellen und Tücken dieses Fahrstreifens nur allzu gut erkennen. An manchen Stellen verschwand der Schnee einfach in grau-braunen Löchern während sich wiederum woanders der Schnee stark erhob und nur auf große Steine schließen ließ. Das Wetter hatte sich in kürzester Zeit dramatisch verschlechtert und auch der Wetterdienst im Radio hatte das Programm unterbrochen um für ihre Region ein schlechtes Wetter anzusagen. „Da wünscht man sich einen Ofen oder Kamin.“ Murmelte Fantasio und bemerkte ein leises Krachen aus dem unteren Teil des Fahrzeugs. „Ihr könnt ja den Wagen anzünden! Dann is es warm.“ Bemerkte Pips sarkastisch. Natürlich hörten die beiden Männer diesen lautgedachten Kommentar nicht. Das Auto rumpelte noch mehr und Fantasio fluchte, in was für einem katastrophalen Zustand die Straße doch wäre während Pips wiederum ein paar unfreiwillige Schaukel- und Rutsch-Aktionen über sich ergehen lassen musste. Spirou schlug sich bei einem besonders heftigen Stoß den Kopf an der Scheibe. „Entweder liegt es an der Straße oder an deinem Fahrstil.“ „Noch ein Wort und du läufst zu Fuß!“ erwiderte Fantasio mit einem ironisch aber erkenntlich genervten Ton. Sein Blick schweifte über den, für ihn, kaum befahrbaren Weg. „Alles zugeschneit! Schicken die hier nicht den Schneepflug lang?“ „Scheinbar nicht. Und wenn du nicht bald weiter mal weiterfährst sind wir hier eingeschneit. Da hinten braut sich ordentlich was zusammen!“ Spirou lehnte sich gegen die Scheibe um noch besser den wolkenverhangenen Himmel beobachten zu können. „Da kommt heute bestimmt noch was runter…“ murmelte er. „Ein Gewitter wird es nicht sein. Gewitter gibt es eigentlich nicht im Winter.“ „Meinst du, vielleicht ein Schneesturm?“ Spirou lächelte. „Das glaubst du doch selbst nicht. Rummelsdorf und Schneesturm, das passt nicht zusammen.“ Fantasio setzte mit verbissenem Blick auf die Straße zu. Er hatte Spirous letzte Worte nicht mitbekommen, da es ihn Mühe kostete, geschickt um die vereisten Stellen und tiefen Schlaglöcher zu manövrieren. Trotz allem ächzte der Wagen, als er vorsichtig über die Fläche kroch. Pips sprang kurz in den vorderen Teil des Wagens auf Spirous Schoß, um die im Radio wiederaufkommende Musik lauter zu stellen. Irgendein neues US-Sternchen trällerte munter ein Lied, von dem man prophezeite, es werde noch in einem Jahr aktuell sein. „Ja ja“, Dachte Pips und sprang wieder auf die Rückbank. „In spätestens zwei Monaten wird dich keiner mehr kennen. Und das Lied erstrecht nicht.“ Es dauerte seine Zeit, bis Fantasio den vom Zeitungshändler beschriebenen See erreicht hatte. Umso größer war die Freude. „Der See! Endlich!“ Fantasio breitete stolz die Arme aus. „Jesus wird dich wohl kaum auf dem Wasser erwarten. Komm schon. Fahr weiter.“ Spirou gab dem Monturenbrett einen kurzen Klaps. „Ich glaub, die Heizung ist kaputt. Hier drin wird’s langsam kälter.“ Pips hatte es auch bemerkt. Er saß zwar in der Mitte der Rückbank, bemerkte aber bei den spontanen Lenkungen Fantasios, die ihn von einer Ecke in die nächste schleuderten, dass es nahe den Türen sehr viel kälter war. „Messias, wo bist du.“ Murmelte Fantasio noch scherzhaft und fuhr weiter und… Ein Knacken. Ein lautes Krachen. Der vordere rechte Teil des Fahrzeuges sackte ab, während der Motor ein letztes kurzes Mal aufheulte und dann erstarb. „Achsenbruch! Achsenbruch!“ Fantasio schlug die Hände überm Kopf zusammen. „Ein vermaledeiter Achsenbruch!“ „Nicht nur das!“ Spirou warf noch einmal einen kurzen Blick auf den Motor um sich zu vergewissern und schlug dann die Kühlerhaube runter. „Beim Motor scheinen ein paar Kabel abgerissen zu sein.“ „Du hast nicht zufällig Nylonstrümpfe dabei?“ „Wieso denn das?“ Spirou starrte Fantasio an. „Weil man mit Nylonstrümpfen etwas am Motor reparieren kann. Ich hab zwar vergessen was, aber es soll sehr gut funktionieren.“ Fantasio lehnte sich gegen die Fahrertür. „Es tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen: Ich hab keine dabei!“ ironischen fügte er noch hinzu: „Wir können es ja mal mit den Mullbinden aus dem Erste-Hilfe-Kasten versuchen.“ „Du kannst es ja mal ausprobieren“, Fantasio stieg in den Wagen. „Aber ich werde jetzt den Pannenservice anrufen.“ Pips sprang auf die Motorhaube und beobachtete den Blonden bei der Suche nach seinem Handy. Spirou nahm das Eichhörnchen, kraulte es kurz und setzte es dann auf seine Schulter. Er ging Richtung See. Der Rotschopf wusste, dass die Kinder aus dem Dorf immer im Sommer hier schwammen. Still lag er vor im, dunkel, trüb und kalt. Plötzlich bemerkte Spirou etwas im Wasser. Zuerst hielt er es für einen Ast und schenkte ihm keine größere Aufmerksamkeit. Dafür jedoch Pips. Das kleine Eichhörnchen starrte lange auf den, im Wasser vor sich hintreibenden, Gegendstand. Dann bemerkte es die langen goldbraunen Locken, die sich im Wasser kräuselten, wie kleine Wellen, die ein Bächlein hervorbringt. Pips stieß ein lautes Kreischen in Spirous Ohr aus und deutete auf die Person im Wasser. Nun hatte auch endlich Spirou die Haare erkannt. „Keine Angst! Ich komme!“ Er riss sich seine Winterjacke runter und sprang ins Wasser. Hinter sich hörte er Fantasio schreien: „Bist du verrückt geworden?!“ Irgendwo quietschten die Reifen eines Pkws. Das war alles, was er noch hörte, bevor sich die Stille des Wassers auf ihn übertrug, und ihn für alles, was von Außen herrührte unzugänglich machte Die Kälte des Wassers übertrug sich sofort auf seinen Körper, fraß sich bis tief in die Knochen und füllte sie mit einer bestialischen Trägheit und bleiernen Schwere. Nach nur ein paar Schwimmzügen fühlte es sich so an, als würden sich Tausende glühender Nadeln in seinen Körper bohrend. Tief und umbarmherzig. Die Anomalie des Wassers für den Menschen, so zu tun, als wäre es kalt und dabei doch irgendwann eine imaginäre Hitze zu entfalten, dass man nur noch Müde und Träge war, für die Kälte jedoch unerkennbar. Nach Luft schnappend erreichte er die Person im Wasser. Spirou schlang seinen Arm um sie. Es war ein Mädchen. Ihm war so verdammt kalt, oder bildete er es sich schon ein und er nahm die Kälte nur noch wissend zu frieren und es trotzdem nicht zu merken. Am liebsten hätte er aufgehört zu schwimmen, aufgehört, sie zurück ans Ufer zu ziehen, einfach im Wasser liegen bleiben und wirklich rein gar nichts mehr bemerken. Auf nichts mehr achten, nur noch darauf, wie die Realität langsam der Einbildung wich. Seine Finger kratzten über sandigen Boden, oder bildete er es sich ein? Waren seine Finger schon taub? Der Boden im See ging viel zu schnell ab. Die Eltern mochten es nicht, wenn die Kinder hier schwammen. Nun stießen auch seine Knie auf harten Untergrund. Der Boden war real. Noch ein letzter Schwimmzug durch dieses kalte, tote Wasser. Lebte überhaupt irgendetwas in diesem See? In seinem Sichtfeld verschwamm alles. Ihm war nicht mehr kalt. Spirou konnte sich ins Wasser knien, hustete und spuckte. Er hörte, wie jemand durch das Wasser watete, auf ihn zuhielt. Er war wohl schon näher am Bewusstseinsverlust, als er dachte. Er glaubte ein Echo zu hören. War da noch eine zweite Person, die durchs Wasser lief? Ging es dem Mädchen gut? Jemand packte seinen Arm und zog ihn hoch. „Ist er wahnsinnig?!“ Die junge Frau sprang aus dem Auto. Fantasio war zum Ufer gerannt und hatte Spirous Jacke aufgehoben. „Das hab ich mich gerade auch gefragt!“ Fantasio hatte noch einmal versucht, den Pannenservice oder einen Arzt anzurufen, doch das Handy meldete nur, dass er sich in wohl dem größten Funkloch (neben den Polarkreisen) befinden würde. Er war drauf und dran dieses unpraktische Gerät gegen den nächstbesten Baum zu schleudern. „Oh nein!“, die Frau schlug die Hände vor den Mund. „Sehen sie nur: Er zieht jemanden raus!“ Beide rannten zu Spirou ins Wasser. Die Kälte griff sie sofort an und verbiss sich in ihren Beinen. Die Frau hob sanft das Kind hoch, während Fantasio den Rothaarigen stützte, der nicht mehr viel von der Umgebung mitzukriegen schien. „Das Mädchen muss in ein Krankenhaus! Ich fahre sie hin! Brauchen sie Hilfe?“ Fantasio verneinte und zog Spirou weiterhin aus dem Wasser. Die Frau hingegen war mit einem Satz in ihrem Wagen und fuhr mit hoher Geschwindigkeit (die Schlaglöcher ignorierend) die Landstraße Richtung Dorf hinab. Erst, als das Auto schon fast außer Sichtweise war, dämmerte es Fantasio, dass ihr Wagen so fahruntauglich war, wie die Hölle für einen Skiurlaub geeignet ist oder eine tote Eintagsfliege fähig, die Concorde zu überholen. Pips kommentierte dies mit einem: „Toll gemacht, Blitzmerker.“ Mit einem lauten Wutschrei verfluchte er sein, in Notsituationen aussetzendes, Kurzzeitgedächtnis und wünschte der Klapperkiste hinter ihm den Rost auf den Hals. Der Wagen nahm dies mit einem Knirschen zur Kenntnis und, um die Verzweifelung Fantasios noch zu steigern, seine eh schon gebrochene Achse noch mehr brechen, woraufhin sich das Rad fröhlich kreisend vom Rest des Wagens verabschiedete. (Innerlich wartete Fantasio nur darauf, dass der Wagen noch einmal ächzte und vollkommen auseinander brach.) Wer ist da? Bist du es? Michael? Gabriel! Wenn du es bist, dann antworte mir! Oder ist es doch Raphael? Oh bitte sei nicht Azrael! Nein. Rede mit mir! Ich habe alles wie verlangt befolgt und die Unreinen gereinigt so gut ich konnte! Mein Blut ist nicht böse. Es ist so rein, wie ein frischer Morgen oder ein klares Glas Wasser. Wasser. Ich mag das Wasser. Es kommt überall hin und es verbirgt Dinge, die niemand sieht, sieht jedoch alles andere. Ohne Wasser wäre kein Leben möglich. Ich bin wie Wasser. Ohne mich wäre kein reines Leben möglich. Ich warte. Zeig sie mir. Erhelle sie für mich. Ich will sie sehen. Der Weg war mit dem Auto kurz, zu Fuß jedoch ein beträchtlicher Marsch und Pips hatte sich schon lange unter Fantasios Pullover verschanzt. Dieser war damit beschäftigt Spirou zu tragen, da der Rotschopf fast das gesamte Bewusstsein verloren hatte und deutlich blass geworden war. Als die beiden ihr (Schrott-)Auto hatten stehen lassen, konnte Fantasio Spirou gerade noch dazu bringen, beide Jacken anzuziehen, was zwar recht komisch aussah, ihn jedoch davon abhalten sollte, zu erfrieren. Der Blonde zog die Nase hoch. Spirou würde sich auf jeden Fall irgendwas einfangen. Er hatte darauf allerdings weniger Lust. Plötzlich sah er neben sich das Schild, von dem der Zeitungshändler gesprochen hatte und ein kleines Freudenfeuerwerk startete in seinem Inneren. Bis jetzt hatte er es nicht gemerkt, da er eher gebückt gegangen war. Nun wollte er beinahe vor Glück tanzen und singen. Unter gewissen Umständen kann selbst ein einfaches, normales Werbeschild Euphorien verursachen. Pips wand sich unter seinem Pullover nach oben und quiekte ebenfalls voller erfreulicher Gefühle als er ‚International Health Pharmacy’ las. Mit neuem Mut setzte er ihren Weg fort und konnte, taubgefroren aber trotzdem erleichtert, wenig später an die Tür eines großen alten Hauses im englischen Stil klopfen. Es dauerte, bis die Tür geöffnet wurde und ein mittelgroßer, dunkelhäutiger man mit angegrauten Haaren im Türrahmen stand. „Hallo.“ Würgte Fantasio hervor. „Oh no! Quick! Schnell! Come in!“ und mit diesen (für alle drei (eigentlich zwei, da Spirou längst zur Ohnmacht gewechselt hatte) wunderbaren) Worten zog er sie hinein. Pips lümmelte sich auf dem Kaminsims herum, als Fantasio dankbar an einem heißen Tee nippte. Spirou war neben ihm unter einem Deckenberg begraben. „And euer Car also hatte eine gebrochene Achse?“ Fragte Richard Claude. Fantasio nickte stumm. „Hier habt meine daughter getroffen. Sie wollte in die Dorf um zu holen Shampoo and soap. Oh, ich mich entschuldigen für meine accent, but ich habe gelebt meiste Zeit in america. Meine Eltern zwar french aber sie never talked in french zu mir. Deshalb es klingen etwas silly.“ Er kratzte sich am linken Bein. Fantasio schielte kurz darauf. Sein Fuß war bis zum Knie in einen Gipsverband einbetoniert. „Poor boy. Ich can’t believe, dass er wirklich gesprungen in die kalte See. Bestimmt er wird kriegen Erkältung. Oder sogar pneumonia!“ „Pneumonia?“ „Wie ihr doch gleich sagen: Äh… ah! Lungenentschündung. Aber don’t worry! Er gehabt große luck. Ich bin zwar kein medic aber ich bin Apotheker. So I can take care.“ Das Feuer knisterte munter im Kamin und machte den Raum noch heller. Überall hingen Artefakte aus den verschiedensten Nationen. Afrikanische Masken glotzen von den Wänden, Indianische Traumfänger baumelten von der Decke und irgendwo blubberte ein Aquarium voller exotischer Fische neben einem japanischen Bonsai. Der Raum erweckte eine harmonische Stimmung und verführte zur innerlichen Ruhe und Glücksseligkeit. „Wenn du sein wieder aufgetaut you must help me deinen Freund zu bringen in eine heiße Bad und dann in eine warme Bett. Bad noch gehen, aber guestroom ist Treppe hoch.“ Richard Claude deutete auf eine hölzerne Treppe mit Geländer in der Ecke. „Ich werden einlassen hot water. Du nun tauen auf. More tea?“ Dankbar ließ Fantasio seine Tasse füllen. Währenddessen drehte sich Spirou unruhig im Deckenberg herum. „Oh good. He’s still living!”, Fantasio verschluckte und verbrühte sich an seinem Tee. „Als du ihn getragen rein, ich schon denken er sterben in the next two minutes.“ Mit diesem, vor schwarzen Humor triefenden, Worten schnappte sich Herr Claude seine Krücke und verschwand hinter einer Tür. Danach hörte man Wasser rauschen. Pips sprang vom Kamin zu Fantasio und kuschelte sich bei ihm zusammen. Der Blonde nahm noch einen Schluck Tee und seufzte. Ab jetzt konnte es nur noch besser werden. Erleuchtet mein nächstes unwürdiges Opfer! Erleuchtet es mir! Engel, Engel, sprich mit mir! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)