Dark Age of Camelot von Lanefenu (Licht und Schatten) ================================================================================ Kapitel 28: Sechzehn kehren heim -------------------------------- Während Alazais schlief, kehrten sechzehn Gestalten aus dem Grenzgebiet zurück. Keiner von ihnen war unverletzt, einer trug eine blutige Binde um das linke Auge, dem anderen waren zwei Zähne ausgeschlagen worden. Stellan, der sie begleitete, trug einen schmuddeligen Verband um den linken Oberschenkel und eine Schnittwunde in seiner Wange war provisorisch mit etwas geflickt worden, das wie gewöhnliche Angelschnur aussah. Die Gesichter der Männer glühten vor Euphorie. "Ich kann nicht glauben, dass wir das geschafft haben," sagte Fynn, ein nordischer Heiler aus Mularn, mit heiserer Stimme. "Dann geh doch zurück und schau, ob unsere Flaggen noch über den Burgen hängen," erwiderte ein Frostalfschamane spöttelnd. Die Männer brachen in gröhlendes Gelächter aus. "Schade, dass es schon vorbei ist," knurrte ein katzengleicher Valkyn und hob die Hände, an denen gewaltige künstliche Krallen aus Metall angebracht waren. "Mal sehen, wann die Dosen merken, dass wir sie um Excaliburs Scheide erleichtert haben," feixte ein Skalde und begann vor lauter Begeisterung, ein ziemlich derbes Lied anzustimmen. Die Midgarder hatten Grund für ihre Hochstimmung. Eher zufällig waren sie im Grenzgebiet zusammen gekommen und hatten festgestellt, dass das Feindaufkommen recht niedrig ausfiel. Eine Weile hatten sie überlegt, was sie tun könnten: sich vor dem Eingang zum gewaltigen Labyrinth positionieren und auf ahnungslose Wanderer warten? die kleineren Wachtürme erobern und den Zugang zur Katakombenwelt Darkness Falls sichern? Stellan war es gewesen, der schließlich die waghalsige Idee geäußert hatte, sich am Raub eines Reliktes zu versuchen. Dies galt ohne Planung und mit so wenigen Kriegern als nahezu unmöglich. Die hibernianische Streitmacht hatte ihren letzten Feldzug wochenlang vorbereitet, aber sie hatten sich von ihrer eigenen Überheblichkeit blenden lassen und dachten damals, einfach alle Festungen der Grenzgebiete in ihre Gewalt bringen zu können. Der Angriff um Stellans Truppe hingegen war still und heimlich mitten in der Nacht erfolgt, kein feindlicher Späher hatte etwas bemerkt. Nun befand sich Albions Stärkerelikt in Midgards Besitz- ein herber Schlag für Camelots Kämpfer, denn nun fehlten ihnen gut zehn Prozent der magischen Kampfkraft, die der Besitz der uralten Relikte dem Reich verlieh, der es beherrschte. Die siegreichen Männer ließen sich vom magischen Teleportmeister in Svasud Faste zurück nach Jordheim bringen. "Erzählen wir es morgen," riet der Frostalfschamane. "Heute Nacht sind zu wenige wache Seelen unter uns. Ich finde, diesen Sieg haben wir uns mit anständiger Bewunderung verdient." Seine Begleiter stimmten zu und Fynn, der Heiler, wandte sich mit vor Bewunderung leuchtenden Augen an Stellan. "Dir gebührt der Ruhm, Kriegsjarl. Ich hätte meinen Arsch darauf verwettet, dass wir elendig vor den Wällen verrecken, aber bei Eir, nun stehen wir hier und sind siegreich." Die anderen nickten und scharten sich um Stellan, um dem Berserker auf die Schultern zu klopfen und ihm zu seinem Mut -oder auch selbstmörderischen Irrsinn- zu gratulieren. "Feiern wir," schlug der singfreudige Skalde vor. "Nur wir, heute Nacht. Morgen können die anderen daran Teil haben, aber diese Nacht gehört uns." Die anderen waren nicht abgeneigt und der Heiler erwiderte: "Wir treffen uns etwas abseits von Vasudheim. In einer halben Stunde. Lasst uns vorher ein bisschen zu trinken zusammen tragen." Stellan nickte. Seine Stimme war rauh vom Kriegsgebrüll und dem Schreien diverser Befehle. "Gut. In einer halben Stunde." Er nickte seinen Gefährten ruppig zu und wandte sich ohne ein weiteres Wort ab. Für echte Euphorie war er unbestreitbar zu müde, diese Narren hatten sich samt und sonders auf ihn verlassen und es war alles andere als ein Kinderspiel, fünfzehn Lebensmüde unter Kontrolle zu halten. Der Berserker kehrte mit etwas schleppenden Schritten zurück in Richtung Hütte. In den vergangenen Stunden hatte er nicht ein einziges Mal an seinen Elfen gedacht und nun keimte erste Besorgnis in ihm auf- ob der Kleine sich wohl aus dem Staub gemacht hatte? bei dem Gedanken wallte heißer Zorn in ihm auf. Sollte dem so sein, würde er ihn jagen, bis er ihn zu fassen bekam. Unbewusst beschleunigten sich Stellans Schritte ein wenig. Wehe, dachte er grimmig. Wehe, du bist nicht da. Er holte tief Luft und trat an die Tür heran, wo er einen Moment stirnrunzelnd inne hielt. Das Holz sah schwer mitgenommen aus, gerade so, als habe jemand daran gekaut und gekratzt. Mit mahlenden Kiefern, aber trotz allem leise, öffnete er die Tür und spähte ins Innere. Im Kamin flackerte ein kleines Feuer und Alazais lag schlafend und unversehrt im Bett. Stellans Fäuste, die er unbewusst geballt hatte, entspannten sich. Mit überraschender Leichtfüßigkeit für einen Mann seines Schlages trat er näher und blickte ausdruckslos auf den Elfen herunter. Alazais' Gesicht war ein wenig blass und er sah aus, als habe er vor einiger Zeit geweint. Der Nordmann zögerte. Er streckte die Hand nach dem Schlafenden aus, führte die Bewegung jedoch nicht zu Ende. Rastlos strich er sich über den blonden Bart und wandte sich dann nach einem weiteren Moment des Zögerns ab, um sich stattdessen zur Bar zu begeben. Leise nahm der Midgarder das kleine Bierfass in die Hände und schleppte es nach draußen, ehe er einen Beutel mit Weinschläuchen füllte. Mit einem letzten, langen Blick auf Alazais verließ er die Hütte, schloss die Tür hinter sich und schwang sich den Beutel über die Schulter, ehe er das Bierfass umstieß und es vor sich durch den Schnee rollte. Drinnen schlug Alazais die Augen auf und blickte zur Tür. Sein Herz klopfte heftig und er empfand eine eigentümliche Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung. Beklommen drehte sich der Junge auf die andere Seite, schloss die Augen und versuchte wieder zu schlafen. Stellan indes bahnte sich seinen Weg durch die Dunkelheit. Seine Augen waren starr nach vorn gerichtet und das Bierfass, das er rollte, gluckerte und knarrte leise. Der Großteil seiner Mitstreiter war schon am vereinbarten Treffpunkt erschienen und einer hatte im Schnee ein Lagerfeuer in Gang gebracht. Ein Valkynberserker breitete dicke Felle auf dem weichen, weißen Teppich aus, der singende Skalde präsentierte der Gruppe gerade einen Beutel mit salzigem Trockenfleisch- und fisch. "Aha, da ist er ja," rief ein Zwerg und blickte Stellan erfreut entgegen. "Oh," machte er mit einem Blick auf das Bierfass und bekam leuchtende Augen, "das ist aber sehr zuvorkommend von dir." Mit einem Ruck stellte Stellan das Fass auf und ließ den Beutel mit den Weinschläuchen von seiner Schulter gleiten. "Ihr habt es euch verdient," sagte er nur. Auch die anderen hatten zum Teil Alkohol mitgebracht und schon bald wurde dieser in Humpen und Schläuche ausgeschenkt. Die Männer setzten sich im Kreis um das Lagerfeuer, beglückwünschten sich zu ihrem Sieg und gossen ein wenig Bier in den Schnee, um ihren Göttern zu danken, ehe sie tranken. Bjarne Haderade, ein milesischer Krieger mit wilden schwarzen Haaren, der sich sich immer durch besondere Grausamkeit auf dem Schlachtfeld aus der Masse hervor hob, setzte sich mit einem mächtigen Humpen Met neben Stellan. "Was ist los, Kriegsjarl?" fragte er. "Du siehst unzufrieden aus." Stellan schüttelte den Kopf und trank sein halb geleertes Horn in einem Zug aus. "Ich bin nur müde," erwiderte er wahrheitsgemäß und rülpste. "Na ja," meinte Bjarne und kippte sich ebenfalls Met durch die Kehle, "ich denke, das kann man dir nicht übel nehmen. König Eirik wird dich sicher belohnen, wenn er von dieser Geschichte erfährt." Der blonde Berserker grunzte. "Das kann er gerne tun, aber ich brauche keine funkelnden Glitzersteine, um mich über einen wohlverdienten Sieg zu freuen." Bjarne legte den Kopf schräg. "Was brauchst du denn?" wollte er neugierig wissen. Stellan schwieg, aber der singende Skalde, der dem Gespräch mit einem Ohr gelauscht hatte, gröhlte plötzlich los: "Ist doch nicht schwer zu erraten. Den kleinen Elfen, den er sich damals gefangen hat." Stellans Augen blitzten auf, doch er sagte nichts und füllte sich sein Methorn, wenngleich sich seine linke Hand wie zufällig auf den Griff seiner Axrt legte. Bjarne grinste beschwichtigend. "Das macht gar nichts. Ich habe gehört, er soll eine Schönheit sein. He, Stellan, wie wär's, hol ihn doch her!" ein paar begeisterte Stimmen wurden laut, andere murrten ablehnend. Stellan leerte sein Methorn und spülte das schwere Gebräu rasch mit mehreren Schlucken Met nach. "Nein," beschied er kurz angebunden und starrte mit kaltem Blick ins Feuer. Der Skalde seufzte enttäuscht, hob dann jedoch die Schultern und begann stattdessen, ein rauhes Lied anzustimmen, das von sechzehn Helden und albionischen Hasenherzen handelte. Weitere Humpen, Hörner und Schläuche wurden geleert und man legte Holz nach, um das Feuer zu erhalten. Nach etwa einer Stunde, die die meisten der Relikträuber mit angeregtem Erzählen über ihre gelungene Tat verbracht hatten, neigte Bjarne, der schon reichlich angetrunken wirkte, Stellan den Kopf zu. "Weißt du, eigentlich finde ich die Idee dieses Quacksalbers da gar nicht übel." Der blonde Berserker sah ihn gereizt an, auch er wirkte nicht mehr ganz nüchtern. "Wovon redest du?" der Schwarzhaarige grinste träge. "Dass du das Elflein herholst. Ich würde ihn gerne mal sehen." Stellan schnaubte. "Wenn du hibernianische Spitzohren sehen willst, solltest du dir künftig einen Moment Zeit nehmen und nicht nur im Laufen Köpfe abschlagen." Bjarne lachte dröhnend. "Komm schon, Stellan. Das wäre der perfekte Ausgang dieses Abends." Ein paar andere Midgarder sahen auf und ein Zwerg meinte angewidert: "Bah. Lass den bloß, wo er ist, oder ich kann für nichts garantieren." Der Frostalfschamane grinste und stieß ihm in die Rippen. "Wie soll man das verstehen?" der Zwerg funkelte ihn verächtlich an. "Genau so, wie ich es sage," gab er knurrig zurück, "wenn ich jetzt so ein dreckiges Elfending sehe, kann es passieren, dass mir die Axt ausrutscht." Stellan beobachtete mürrisch, wie eine echte Diskussion unter den Anwesenden losbrach. Einen Moment erwog er, dem Nächstbesten eine Wurfaxt ins Gesicht zu schleudern oder einfach zu gehen. Die Stimmen, die ihn jetzt baten und drängten, den Elfen her zu holen und zu zeigen, wurden allmählich lauter und der singende Skalde fauchte einen Valkyn an, der drohte, er würde ihnen bei Alazais' Anblick kompromisslos vor die Füße kotzen. Stellan leerte einen Bierhumpen und wischte sich über die Lippen. Der Alkohol, der reichlich und schier pausenlos geflossen war, erschwerte ihm das Denken. "Verdammt," grollte er gereizt und stand wankend auf. Ein paar Männer brachen in zustimmendes Gejohle aus und prosteten ihm zu, andere erhoben sich ebenfalls und verbeugten sich vor dem Berserker. "Lasst euch nicht aufhalten, wir legen auf hibernianische Gesellschaft keinen Wert," sagte ein Kobold und gähnte verhalten. "Und es ist ja spät genug, ich für meinen Teil könnte drei Tage durchschlafen." Die, die den Elfen ebenfalls nicht um sich haben wollten, stimmten ihm zu. "Treibt es nicht zu toll," meinte der Valkyn, der sich mit dem Skalden gestritten hatte. Die anderen murmelten, grinsten halb angewidert, halb amüsiert und wünschten ihren Kameraden, die immer noch feierten, eine gute Nacht. Dann schulterten sie Decken, leere Humpen und ihre Waffen und bewegten sich in Richtung Vasudheim. "Und nun?" fragte Bjarne erwartungsvoll, während er zu Stellan aufschaute und ihm einen Weinschlauch hinhielt. Der Berserker ergriff diesen und trank ein paar Schlucke. "Meinetwegen," knurrte er und rülpste erneut. Seine Zustimmung wurde erneut mit Gejohle und Händeklatschen aufgenommen. Stellan schnaubte, dann drehte er sich um und verschwand mit leicht schwankenden Schritten in der Dunkelheit, wobei sich ein übrig gebliebener Rest seines Verstandes fragte, warum er sich zu dieser albernen Torheit überreden ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)