Dark Age of Camelot von Lanefenu (Llienne's Life) ================================================================================ Kapitel 5: Unter Feinden...oder? -------------------------------- Neben mir hörte ich Keena spöttisch auflachen und mein Ruf brach schlagartig ab, als sich unwirkliche Dunkelheit wie ein unerbittlicher Schleier über uns legte und zumindest mir für einen winzigen Moment das Bewusstsein raubte. "Llienne? he, Llienne..." Keenas Stimme kam wie aus weiter Ferne. Ich spürte vage, wie ich an der Schulter gerüttelt wurde und schlug mit einem Ruck die Augen auf. Alles drehte sich um mich herum und ich hatte leichte Kopfschmerzen. "Sind wir...tot?" fragte ich geistesabwesend. Ich lag auf hartem Steinboden und blickte in einen wolkenverhangenen, grauen Himmel. Regen, dachte ich matt. Es wird bald Regen geben. Keena packte mich unter den Achseln und zog mich auf die Füße. "Du warst kurz ohnmächtig, weißt du das?" fragte sie, wobei in ihren Augen eine Mischung aus Spott und Besorgnis glimmerten. "Wie blöd von mir." Sie seufzte und betrachtete mich kritisch. "Du verträgst solche Reisen wirklich nicht, was?" ich warf ihr einen finsteren Blick zu und klopfte den Staub von meinem Umhang. "Ich werde mich noch dran gewöhnen," erwiderte ich gallig. Das war schon mehr als peinlich- ich war tatsächlich bewusstlos geworden! doch Keena schüttelte nur den Kopf. "Mir gings anfangs ja nicht anders. Wollen wir kurz warten, bis du dich wieder fit fühlst, oder können wir gleich los?" ich fuhr mir durch die Haare und streckte mich. "Mir gehts gut, meinetwegen können wir." Die Valkyn nickte, trat ein wenig zurück und breitete die Arme aus. Ich beobachtete sie gespannt, und wenig später erschienen wie aus dem Nichts die beiden Skelettdiener. Keena versah sich selbst mit ihrem magischen Schild aus Licht, ehe sie sich ihren Dienern zuwandte und mit leisen, fremdartigen Worten zu ihnen sprach. Auch über die beiden Gerippe senkte sich der Hauch unbekannter Magie und ich erschauderte. Über was für Kräfte mochte Keena wohl sonst noch gebieten? da ich nicht gänzlich tatenlos herumstehen wollte, begann ich, mein wohlklingendstes Reiselied zu singen und spürte Unternehmungslust in mir aufsteigen, während mir die Kraft in die Beine strömte und sie herrlich leicht machte. Das Katzenmädchen rieb sich begeistert über die Oberschenkel. "Was ist los? ich habe das Gefühl, als könne ich bis zum anderen Ende der Welt und weiter laufen!" ich lächelte stolz, während sich meine Ohren leicht rosa verfärbten. "Tja, Skalden können auf jeden Fall eins gut: rennen. Und jedem, der mit ihnen reist, ergeht es ebenso. Nicht schlecht, oder?" "Wahrlich nicht, das muss ich zugeben. Gut...dann wollen wir mal." Keena steuerte auf das grobe Holztor zu, was uns endgültig von unserer sicheren Festung und dem Kriegsgebiet trennte. Aus dem Augenwinkel sah ich ein paar Magier und Soldaten auf den Zinnen der Festung stehen. Sie blickten allesamt aufmerksam Richtung Norden, und nur ein schwarzhaariger Bogenschütze warf einen kurzen Blick zu uns herunter. "Dann macht Midgard alle Ehre, meine jungen Freunde. Und zeigt diesem Pack, was es heißt, sich mit uns anzulegen, verstanden?" er grinste und Keena salutierte zackig. "Aye," machte sie, ebenfalls grinsend. Gutmütig erwiderte der Mann den Gruß und richtete seine Augen dann wieder nach vorn. Ich zappelte vor Ungeduld und nickte nur heftig. Wie von Geisterhand öffnete sich das Tor und gab knarrend den Weg ins Unbekannte frei. Keena schritt aufrecht hindurch und ich folgte ihr mit klopfendem Herzen. Nun gehts los, dachte ich, wobei ich dieses selbst kaum glauben konnte. Bei Bragi, es geht wirklich los! ein Grollen ließ mich herumfahren und ich rechnete bereits mit dem ersten Feind, doch es war nur ein Vorbote des Gewitters, welches -ganz nach meiner Vorahnung- langsam heraufzog. Keena kicherte leise. "Mächtig aufgeregt, hm?" "Und wie. Ich glaube, mir wird gleich schon wieder schlecht." Die Valkyn schluckte die Antwort, die ihr auf der Zunge lang, gerade noch herunter und wurde dann wieder ernst. "Gut, Spaß beiseite nun. Es wird ernst. Bis hier oben wagen sich die Feinde für gewöhnlich nicht hoch, wir könnten erstens zu schnell in die Burg fliehen und zweitens werden die Wächter da oben ziemlich ungemütlich, wenn ihnen so ein räudiger Albioner in Schussweite kommt. Nur vor Schleichern müssen wir uns in acht nehmen." "Schleichern?" Keena nickte abfällig. "Sie sind Meister der Tarnung und Heimlichkeit und bewegen sich im Schatten. Du kannst sie praktisch nicht erkennen, selbst, wenn sie neben dir stehen. Sie sind sozusagen die Aasgeier hier...nehmen vorzugsweise Verletzte oder einzeln Herumirrende aufs Korn. Also sei vorsichtig und halt beide Augen offen!" ich nickte eifrig. Heute würde ich Keena mit keinem Wort wiedersprechen, ganz bestimmt nicht. Während wir uns -trotz meines magischen Reiseliedes- langsamen Schrittes den Hügel hinunter wagten, sah ich mich aufmerksam nach allen Seiten um, wobei eine Hand griffbereit an meiner Hüfte lag. Dieses Mal musste es einfach gut laufen. Keine Fehler, Llienne, sprach ich mir in Gedanken eindringlich zu. Und keine Schwäche. Ich warf Keena einen kurzen Blick zu, um zu sehen, ob sie genauso angespannt war wie ich und zu meiner Erleichterung fanden sich bei ihr zumindest deutliche Anzeichen von Nervosität: Ihre Augen blitzten, die Ohren bewegten sich argwöhnisch und sie gab leise, knurrende Laute von sich. Ich sog die nach Regen schmeckende Luft ein und machte meinen Kopf frei von allen Sorgen. Es wird gut ausgehen. Das muss es einfach. "Ja, das muss es." Ich warf Keena einen überraschten Blick zu, ehe mir klar wurde, dass ich den Gedanken laut ausgesprochen hatte. "Wie oft warst du schon hier?" wollte ich wissen. "Nicht oft," gab sie zu. Unbehaglich lachend fragte ich: "Und, hast du Angst?" zu meiner Verwunderung kam keine wie gewohnt schnippische Antwort. Stattdessen sah mich das Katzenmädchen mit seltenem Ernst an. "Ich fürchte mich ein wenig, ja. Aber das ist keine Schande. Eine begründete Furcht ist die Grundlage für Vorsicht. Und so musst du dich hier verhalten: wachsam und vorsichtig." Ich rieb mir den Nacken und nickte, ihre Worte überdenkend. Gerade, als ich etwas erwidern wollte, zischte Keena: "Da vorn ist was!" Ich spürte einen kurzen, heißen Aufschwall im Magen und schluckte trocken. Ein kalter Tropfen zerspritzte auf meiner Nase. Erst einer, dann noch einer. Gleich darauf wurde aus dem zögerlichen Niesel ein echter Regen. Ein tiefes Grollen sowie dunkle, bedrohliche Wolken vervollständigten die düstere Atmosphäre. "Wo?" flüsterte ich. "Ich seh kaum was!" Keenas Ohren bewegten sich nachdrücklicher, sie reckte die Nase in den Wind und schnupperte. "Ich bin nicht ganz sicher," murmelte sie zögernd. "Aber da hinten...bei den Bäumen..." ich ballte die linke Hand zur Faust, ehe ich Keena am Arm fasste. "Komm," sagte ich, von plötzlicher Angriffslust erfüllt. "Sehen wir nach, ich will mich nicht verstecken." Keena sah mich höchst erstaunt an, nickte aber zustimmend. Ich grinste verwegener, als ich mich wirklich fühlte, und hob meine Axt, ehe ich lautlos und wieselschnell auf die von Keena angesprochene Baumgruppe zuflitzte. "Hyaah!", machte ich und schwang die Axt. Knurrend duckte sich mein Ziel, was bei näherem Hinsehen alles andere als ein Albioner oder Hibernianer war: Ein mageres, von hässlich-verfilztem Fell gezeichnetes Etwas, was nur ein besonders hässlicher Hund oder missgestaltener Wolf sein konnte. Ich dachte gar nicht richtig nach und bohrte meine Waffe in die Flanke des Tieres, was diesem ein schrilles Jaulen entlockte. Auf einen scharfen Befehl von Keena hin stürzte sich auch noch ihr kriegerisches Skelett auf die arme Kreatur und setzte ihrem Leben in einer Folge rascher, gnadenloser Schwerthiebe ein jähes Ende. Einen Moment zuckten die Hinterläufe des Tieres noch, dann lag es still. Ich holte tief Luft und steckte meine Axt weg. "Also..." setzte ich verlegen an, ehe Keena mich wütend unterbrach: "...also das war wirklich eine wahnsinns Dummheit. Nun weiß definitiv jeder, dass wir hier sind!" ich schnappte empört nach Luft. "Du hast doch gesagt, dass hier etwas ist!", fauchte ich. "Ich habe gesagt, dass ich nicht sicher bin! das war jetzt eben die perfekte Chance für jeden Feind, uns feige aus dem Hinterha...argh!" ihr Satz wurde nie beendet, stattdessen lösten sich ihre letzten Worte in einen schmerzerfüllten Schrei auf. Ich fuhr mit einem Satz herum und sah, wie sie sich gequält krümmte. Und noch etwas fiel mir auf...ich blinzelte, um durch den mittlerweile heftig prasselnden Regen genauer erkennen zu können, was uns da angriff. Es war bizarr: Ein blasser, in unmöglich verkrümmter Haltung dastehender Körper schwang die aufgedunsenen Arme und hinter dem Ding schwebte scheinbar schwerelos ein Holzstab in der Luft. "Was ist denn das?" stöhnte ich, die Gestalt anstarrend. Eine Leiche. So unglaublich es klang, da stand mehr oder weniger aufrecht ein bereits von ersten Anzeichen der Verwesung geprägter Toter mit wild rudernden Armen und tat wer-weiß-was, was Keena offensichtlich große Schmerzen zufügte. Der schwebende Stab bewegte sich nach links und rechts, ein zischendes Geräusch erklang und Keena schrie erneut auf. Ich muss ihr helfen, dachte ich wie betäubt. Mit einem rauhen Schrei stürmte ich vorwärts und konzentrierte meine geistige Kraft auf den bizarren Leichnam. "Schlaf eine Runde, du Scheusal!" brüllte ich und ließ meiner Kraft freien Lauf. Sofort stand das Ding still, offenbar wirklich in den kurzen, aber heftigen Schlaf gefallen, in den ich Feinde für eine Weile hüllen konnte. Jetzt, als ich näher gekommen war, erkannte ich auch, dass der unscheinbare Holzstab alles andere als schwerelos in der Luft hing. Körperlos und wie aus Nebel selbst, schwebte ein unförmiges Etwas in der Luft und umklammerte den Stab mit geisterhaften Fingern. Zwei blasse, seelenlose Augen waren alles, was ich in dem durchscheinenden Gesicht erkennen konnte. Vor Entsetzen erstarrt, glotzte ich auf die Regentropfen, die durch die Gestalt hindurch fielen und den Erdboden nässten. Hinter mir hatte sich Keena wieder aufgerappelt und japste nach Luft. "Ein Nekromant," rief sie. "Das ist ein Albioner!" Ich ächzte und wich zurück. "Keine Sorge," sagte Keena triumphierend und stellte sich neben mich, wobei sie schon ihren Stab hob. "Als Geist kann er uns nichts tun. Nur sein Diener ist gefährlich. Gut gemacht! und nun...soll er sehen, wie dumm es ist, sich mit uns anzulegen...Attacke!" das letzte Wort brüllte sie, ehe sie sich auf den übel riechenden Leichnam stürzte, mit dem Stab auf ihn eindrosch und ihm dabei in regelmäßigen Abständen Kraft ihrer seltsamen Magie die Lebensenergie -oder das, was das Ding aufrecht gehen ließ- entzog. Ihr Kämpfer tat es ihr gleich und ich schlug ebenfalls auf den Feind ein, wobei ich ihn mit meinen gänsehauterregenden Kampfschreien malträtierte. Das Ding wehrte sich verbissen und der Geist, oder was auch immer es war, fuchtelte wie wild mit dem Stab und fügte Keena blutende Wunden zu, obwohl er sie nicht einmal berührte. Mit wachsendem Schrecken sah ich, dass für jeden feindlichen Hieb, der Keena traf, eine Wunde auf dem scheußlichen Leichenkörper verschwand. "Nein!" brüllte ich und legte alle Kraft und Ausdauer, die ich noch hatte, in meinen letzten Hieb. "Stirb!" Mit einem gurgelnden, übelkeiterregenden Schrei brach das Unding in die Knie und stürzte auf den schlammigen Boden. Im selben Moment verwandelte sich der stabschwingende Schatten und nahm feste Formen an. Mit schreckgeweiteten Augen betrachtete ich das Wesen, das mit einem gequälten Keuchen in den Schmutz fiel. Absurderweise war mein erster Gedanke, dass die Evolution sich hier einen Spaß gegönnt und Fisch und Mensch miteinander vereint hatte. Der Fremde -ein genauerer Blick auf seinen Körper ließ mich zu dem Schluss kommen, es mit einem 'Er' zu tun zu haben- besaß spitze, ausgefranste Ohren, eine bläuliche Hautfarbe und große, pechschwarze Augen. Ebenfalls schwarz war das Haar, was dem Knirps, der mir nicht einmal bis zur Brust ging, bis kurz über die Schulterblätter fiel. Neben mir schnaufte Keena erleichtert und ließ ihren Stab sinken. Auffordernd nickte sie mir zu. "Ehre, wem Ehre gebührt. Töte ihn." Ich betrachtete die vor Schmerz und Erschöpfung zitternde Kreatur, die da wehrlos im Schlamm lag und nicht einmal die Kraft besaß, nach ihrem Stab zu greifen. "Was ist das?" fragte ich, Keenas Aufforderung ignorierend. "Ein Inconnu," erwiderte das Katzenmädchen und sah auf den Albioner herunter, wobei sich ihre gelben Augen vor Abneigung verengten. "Und nun bring es zu Ende." In ihrer Stimme schwangen Wut wie anschwellende Ungeduld mit. Ich ignorierte ihre Worte abermals und ließ mich in die Hocke sinken. "He, du!" sagte ich und streckte die Hand nach dem Inconnu aus, ohne ihn aber zu berühren. "Verstehst du mich?" neben mir fauchte Keena ungläubig auf. "Was soll das jetzt, bitte?!" fragte sie zornig und packte mich an der Schulter. "Er ist ein Feind...ein F-e-i-n-d! er hätte uns ohne zu zögern getötet, hätte er die Möglichkeit dazu gehabt. Lass es nicht dazu kommen, bring ihn um!" ich starrte sie ebenso zornig an und schlug ihre Hand weg. "Du magst ja nur noch an Rache und Töten denken," sagte ich kalt, den kurzen Schmerz in ihren Augen ignorierend, "aber ich nicht. Außerdem ist er besiegt. Er kann uns nichts mehr tun." Der Inconnu schwieg und konzentrierte sich nur darauf, rasselnd Luft zu holen. Keena jedoch stieß einen gotteslästerlichen Fluch aus und sprang ein Stück zurück. "Bist du nun total übergeschnappt?" ereiferte sie sich. "Sobald er wieder auf den Beinen ist, wird er uns angreifen. Erwartest du etwa, dass er sich bei dir bedankt und jedem Albioner erzählt: 'Oh passt auf, Leute, das ist Llienne, bitte lasst ausgerechnet sie am Leben.' Lächerlich!" sie spuckte dem Albioner vor die Füße. Ich ließ mich durch ihren Wutausbruch nicht beeindrucken und ignorierte sie abermals. "Verstehst du mich?" fragte ich, an den Inconnu gewandt. Er schwieg, Keena knurrte. "Ich will dir nichts tun," sagte ich, Keena einen kurzen Blick zuwerfend, "und sie wird dich ebenfalls am Leben lassen." Die Valkyn schnaubte und schüttelte ihre blonde Mähne, dass das Wasser nach allen Seiten davonspritzte. "Und wenn du meine Sprache verstehst, dann sag mir deinen Namen. Ich heiße Llienne und das ist Keena. Also?" erwartungsvoll sah ich ihn an, doch er schwieg nachdrücklich. Da riss Keena der Geduldsfaden. Mit einem Satz war sie bei dem noch immer am Boden Kauernden und riss ihn grob in die Höhe. "Sie hat dich was gefragt, also antworte!" herrschte sie ihn mit gefährlich blitzenden Augen an. Der Inconnu verzog schmerzlich das Gesicht und holte tief Luft. "Ich...verr...stehe euch gut," sagte er stockend und mit einem schweren, fremdartigen Akzent. Keena lächelte geringschätzig und hielt ihn weiterhin gepackt. "Na also, es geht doch. Also...wie heißt du nun?" fragte sie im gleichen Tonfall weiter. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte ungnädig den Kopf. "Musst du so brutal sein?" fragte ich gelassen. Sie schnaubte und ließ den Inconnu zurück in den Schlamm fallen. Er jammerte leise und hielt sich den linken Arm, brachte aber zugleich das Kunststück fertig, beinahe hoheitsvoll zu Keena aufzusehen. "Mein Name...ist Brrakalu. Warrum wollt ihrr das wissen...tötet mich," sagte er ruhig, als ginge ihn die ganze Sache gar nichts an. Keena fuhr mit einem Satz herum. "Das kannst du gerne haben." Sie gab ihm einen kräftigen Stoß vor die Brust und hob den Stab, setzte ihn nur wenige Zentimeter über seiner Kehle an. "Halt!" befahl ich mit scharfer Stimme. Keena knurrte, ihr Stab fasste an des anderen Hals. "Was ist denn noch? wenn du es nicht schaffst, muss ich es halt selber tun," sagte sie wütend. Ich spürte einen kurzen Stich, ließ mich aber nicht zu einer unbedachten Antwort hinreißen. "Du wirst ihn nicht töten, Keena. Er kommt mit uns." Einen Herzschlag lang herrschte absolute Stille, nur der Regen peitschte auf uns herab. Ein tiefes Grollen ertönte, und ein Blitz erhellte für einen Moment das Himmelszelt. Keenas Stimme klang beinahe genauso wie das Unwetter, als sie mich nun anstarrte, als sei ich verrückt geworden, und gefährlich leise fragte: "Wie war das?" "Er kommt mit uns." Ich wunderte mich selbst über meinen vollkommen ruhigen Ton. Der Inconnu bließ mucksmäuschenstill sitzen und sah unbeteiligt zu Boden. Keena legte den Kopf in den Nacken und lachte. Ich sah ihr geduldig dabei zu. "Du hast 'nen Knall," stellte sie fest, nachdem sie sich beruhigt hatte. "Ehrlich. Ich glaube, nun schnappst du total über." Ich zuckte die Achseln. "Mag sein. Aber du wirst ihn nicht töten, weder heute, noch morgen, noch sonstwann. Er..." ich zögerte, ehe sich ein böses Lächeln auf meinem Gesicht breitmachte. "Er gehört mir. Ich habe dich gerettet und ich habe den letzten Schlag angebracht. Also ist er mein. Und du wirst ihn nicht anrühren, klar?" Keena schwieg und starrte mich nur an, als wäre ich eine völlig Fremde. Innerlich wollte ich mich sofort ohrfeigen und sie um Entschuldigung bitten. Schlimm genug, dass ein anderer Tonfall bei ihr offensichtlich nicht zieht, dachte ich bitter. Brakalu durchbrach die langsam peinlich werdende Stille: "Ihrr solltet euch schnell entscheiden...Feinde kommen." Keena verzog nicht eine Miene und ich sah ihn argwöhnisch an. "So, welche der Deinen, wie?" er schüttelte nur den Kopf und schwieg. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse. "Also, ich sehe nichts. Wenn du glaubst, dass ich..." was immer ich sagen wollte, es wurde nie ausgesprochen. Ich spürte nur einen kurzen, sehr heftigen Schlag im Rücken, sah Keenas überraschte Augen und merkte, wie die Welt sich drehte. Einen Moment war noch ein grauer Himmel über mir und Regen, der mir ins Gesicht fiel. Dann nichts mehr. Gibt es Walhalla? gibt es Erlösung? Was passiert, wenn die Welt nichts mehr ist als ein Spiel flüsternder Schatten, die den Kopf mit schwarzem Nebel füllen? Ich blinzelte, schaffte es aber nicht, die Augen gänzlich zu öffnen. Gedämpftes Licht und Stimmen, die mit Zungen sprachen, die ich nicht verstand. Neben mir zwei leblose Körper- Keena und der Inconnu. Ich seufzte matt und konzentrierte mich halbherzig auf die Stimmen, die zwar fremd klangen, aber irgendwie beruhigend wirkten. Auf- und abschwellend, ruhig, wie Meeresrauschen. "Ich glaube, sie wird wach!" Ich zog die Nase kraus. Nanu, das hatte ich nun doch verstanden, obwohl die wenigen Worte stockend kamen und von einem markanten Akzent begleitet wurden. "Verstehst du mich, Kind?" Ich schloss die Augen und die Schatten hatten mich wieder. Ich weiß nicht, wie lange ich bewusstlos in der kleinen Strohhütte gelegen habe und ich kann den Stimmen, die damals zu mir sprachen, heute keine Gesichter mehr zuordnen. Ich weiß nur eines noch: es waren Hibernianer. Und Keena, der Inconnu Brakalu und ich waren als Gefangene im Lande Hibernia, mitten unter Feinden. Ich träumte gerade einen unruhigen Traum, in dem ich wie erstarrt im Schlamm lag und hilflos dem Regen ausgesetzt war, der mir ungehemmt in die offenen Augen fiel. Es war entsetzlich und mein Kopf ruckte wild herum in dem Versuch, mich auch im Traum aus der Erstarrung lösen zu können. Plötzlich schob sich eine feingliedrige Hand unter meinen zerzausten Kopf und hob ihn leicht an. "Sscht," machte jemand. Mit einem Ruck öffnete ich die Augen und wollte mich aufsetzen, doch mein Körper fühlte sich an wie Blei. Leise seufzend sank ich zurück und kämpfe gegen die Wellen des Schlafes an, der mich schon wieder zu überrollen drohte. Was, bei Bragi, war mit mir geschehen? ich nahm mein Gegenüber erst jetzt richtig wahr- und erstarrte nun auch in der Wirklichkeit, allerdings vor Schreck: Die schlanke, hochgewachsene Gestalt, die sich neben ein Lager aus Fellen kniete, war ein Elf. Violettes Haar floss wassergleich den schmalen Rücken hinab und die Augen glitzerten in einem unwirklich anmutenden gelb. Der Mann, der eigentlich kaum mehr als ein Junge und etwa so alt wie Keena sein musste, sah mich forsch an. "Bleib ruhig, dir geschieht nichts." Seine Stimme gefiel mir nicht, obwohl sie nicht unfreundlich klang. Aber wahrscheinlich war das nur auf meine Verwirrung und Angst zurückzuführen. "Wer bist du?" stieß ich hervor und stierte auf seinen von goldenen Spangen geschmückten Arm. Seine Hand stützte meinen Hinterkopf noch immer sachte. Der Elf zog unwillig die Brauen zusammen. "Zaphykel heiße ich," sagte er kühl. "Und du bist Llienne, ich weiß." Ich schnappte nach Luft und starrte ihn mit wachsender Verwirrung an. Woher...? "Woher ich deinen Namen weiß?" fragte er, als hätte ich die Frage laut ausgesprochen. Ich konnte nur nicken und er hob die Achseln. "Du hast im Schlaf gesprochen. Viel sogar. Eigentlich kannst du froh sein, dass du noch lebst, bei all den ketzerischen Worten, die dir über die Lippen gekommen sind. Dankbar solltest du mir auch sein, ich habe Mikata gerade noch daran hindern können, mit ihrem Schwert auf dich loszugehen und dich aufzuschlitzen wie einen Fisch. Sie wollte unbedingt sehen, ob Midgarder ein Herz haben." Ich hörte ihm gar nicht so recht zu, mein Blick schweifte ab. Ich wusste nicht, wer Mikata war. Es wunderte mich nicht, dass der Elf so gut meine Sprache sprach. Ich...wusste gar nichts. Unvermittelt blinzelte ich- und gab mir eine heftige, laut klatschende Ohrfeige. Der Elf wich vor mir zurück, als sei ich verrückt geworden. "Warum verletzt du dich selbst?" fragte er misstrauisch. Ich spürte das heftige Brennen auf meiner Wange und hätte am liebsten aufgestöhnt. Aber ich war nun geistig wieder klar. "Damit ich nicht erneut einschlafe," erklärte ich. Er nickte, sein Blick blieb unverändert argwöhnisch. "Aha." Eine kurze Weile des Schweigens breitete sich zwischen uns aus und ich drehte mich zu Keena herum. Sie schlief, genauso fest wie der Albioner. "Was habt ihr mit uns gemacht?" fragte ich, wobei stückweise die Erinnerung zurückkehrte. "Wir sind hier doch in Hibernia. Warum? wieso habt ihr uns nicht gleich getötet?" der Elf hob die Schultern. "Wäre es nach mir gegangen, hätte ich es sicherlich getan. Aber Rhee wollte unbedingt, dass wir euch lebend hierher schaffen. Sie war schon immer ein bisschen sonderlich." Ich nickte und wusste nicht, ob ich Rhee, wer immer er oder sie war, dankbar sein oder vefluchen sollte. "Warum wachen die beiden nicht auf?" fragte ich weiter und deutete auf Keena und Brakalu. "Was ist mit ihnen?" Zaphykel verschränkte die Arme vor der schmalen Brust. "Oh, es geht ihnen nicht schlecht. Du hast genauso dagelegen und geschlafen- wie eine lebende Tote. Die Pfeile unserer Waldläufer sind sehr effektiv." "Waldläufer?" fragte ich verdattert und Zaphykel nickte. "Sie haben euch beobachtet, als ihr- das heißt du und die Valkyn- euch um diesen Albioner gestritten habt. Es ging wohl darum, wer ihm zuerst den Schädel einschlagen darf, ich weiß es nicht. Typisch Midgard, kann ich nur sagen." Ich knurrte und richtete mich ein wenig auf. "Soll ich dir gleich mal was sagen? ich werde..." "Zaphykel!! sind sie wach?" wie der Blitz stürmte eine kleine Gestalt in die runde Hütte, die unser Gefängnis bildete. Im ersten Moment glaubte ich idiotischerweise, es mit einem Kobold zu tun zu haben, doch das Ding sah eher aus wie eine Miniaturelfe mit großen Augen und einer kartoffelgleichen, knubbeligen Nase. Gekleidet war die Lurikeen, wie man dieses närrische Volk nannte, in eine bunt gefärbte Schuppenrüstung. An der einen Seite ihrer Hüfte hing ein Schild, der bei der Lurikeen eher wie eine ganze Tür wirkte, und ein beidseitig geschliffenes Schwert an der anderen. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht in Gelächter auszubrechen, doch meine Empfindungen spiegelten sich wohl ein klein wenig zu deutlich auf meinem Gesicht wieder, denn die Gepanzerte sah mich ärgerlich an. "Hast du ein Problem, Barbarin?" ich verstummte und erwiderte ihren Blick aus blitzenden Augen. "Ja, dich, wenn du es genau wissen willst." Die Lurikeen sog scharf die Luft ein, trat einen Schritt auf mich zu- und schlug mir kräftig ihre kleine Faust in die Magengrube! ich krümmte mich und fiel auf das Lager aus Fellen zurück, wobei mir erst jetzt auffiel, dass man mich meiner verdreckten Nietenrüstung beraubt hatte. Stattdessen verhüllte nur ein knappes, bis auf die Oberschenkel fallendes Seidenhemd meinen Körper und ließ den Faustschlag ungehemmt seine volle Wirkungskraft entfalten. Ich keuchte und spürte Übelkeit in mir aufsteigen, ebenso eine wilde Wut, dass dieser kleine Knirps es gewagt hatte, mich, ausgerechnet mich zu schlagen. Ächzend wälzte ich mich auf die Seite und die Lurikeen baute sich breitbeinig vor mir auf. "Na, willst du noch mehr?" ich sah zu ihr auf und sah das hämische Lächeln auf ihren Lippen. Wut, dass wir einfach entführt wurden, Angst und Verwirrung ließen den Zorn wie einen Feuerball in meinem Kopf explodieren. Ohne groß nachzudenken, sprang ich auf die Beine und schleuderte der Lurikeen meine geistige Energie entgegen: Ihre Augen wurden erst tellergroß, dann trübte sich ihr Blick und sie schwankte. Es hatte funktioniert, das kleine Biest war hypnotisiert und für den Moment wehrlos. Neben mir sprang Zaphykel ein wenig zur Seite und hob seinen Stab, doch ich wirbelte sogleich herum. "Keine Bewegung," fauchte ich, "wag es nicht!" da man uns selbstredend auch die Waffen abgenommen hatte, blieben mir nichts als meine Hände zur Verteidigung. Die eine ballte ich nun drohend zur Faust, die andere legte ich alles andere als sanft um den Hals der Hilflosen. Der Elf starrte mich an und holte tief Luft. "Du weißt ja nicht, was du tust, Nordmädchen. Das ist sehr, sehr unklug," sagte er beinahe beschwörend und drängte sich an mir vorbei. Ich folgte jeder seiner Bewegungen mit misstrauischen Augen. "Das weiß ich selten, Elfchen!" gab ich schnippisch zurück. "Lass uns gehen!" Zaphykel lachte ungläubig. "Was für ein wunderbarer Witz. Selbst wenn ich euch hier rauslasse, ihr schafft es nichtmal bis nach Ardee, von Druim Ligen ganz zu schweigen. Glaub mir, du begehst gerade einen großen Fehler..." "Sei ruhig und lass uns hier raus!" ich spürte Panik in mir aufsteigen. Mein Zauber konnte nicht mehr lange andauern, die Lurikeen begann bereits jetzt, sich unruhig zu bewegen. Abgesehen davon hatte das Spitzohr wohl recht. Ich würde keine zehn Schritte weit kommen und außerdem waren Keena und der Inconnu noch bewusstlos. Der Elf schien zu spüren, dass ich geistig kurz abgelenkt war, denn er schrie: "Packt sie!" ich riss die Augen auf und spürte starke Hände, die der Aufforderung sofort Folge leisteten und sich von hinten um meine Schultern, Oberarme und meinen Nacken schlossen. Ich musste die Lurikeen loslassen und begann zu strampeln, zu treten und in meiner Muttersprache zu fluchen. Sofort wechselten die Kelten, die mich festhielten, von der Gemeinsprache ebenfalls in die ihre und gaben mir unter unverständlichem Geschimpfe -ich nahm zumindest an, dass es sich um Flüche und Beleidigungen handelte- einen kräftigen Stoß, der mich ein weiteres Mal auf das Felllager beförderte. Ich wollte aber nicht kampflos aufgeben und sprang mit einem Knurren auf die Beine, die Fäuste hebend. "Kommt, kommt bloß alle zusammen!" spuckte ich und sah wild von einem zum anderen. Zwei der Kelten zögerten, aber einer, ein Kerl mit einer dunkelblauen Gesichtstätowierung, machte einen Schritt nach vorn und schlug nach mir. Ich duckte mich flink und versuchte, ihm zwischen die Beine zu treten. Meine bloßen Füße stießen lediglich auf hartes Metall und ich heulte auf vor Schmerz. Die Gelegenheit nahm der Tätowierte wahr: er schlug erneut zu und seine kettenversehene Faust traf meine Schläfe. Wie vom Blitz getroffen brach ich zusammen und gab keinen Laut mehr von mir. "Kannst du denn gar nichts tun?!" Die Stimme, die mir wohlbekannt war und zweifellos Keena gehörte, klang höchst verärgert. Doch sie schwoll an und wurde leiser, klang verzerrt und unwirklich. Ich war abermals ohnmächtig geworden und das kurze Licht von Bewusstsein, was mich für einige Sekunden erfüllte, begann nun wieder, zu verblassen. "Oh nein, sie ist gleich wieder weg. Llienne, hörst du mich? verdammt nochmal, mach Platz, Fischkopf." Ich hörte, wie sich mit einem unwilligen Brummen jemand erhob, der gerade noch neben mir gesessen und mir Wärme gespendet hatte. "Nicht..." nuschelte ich. "Bleib...mir...'s kalt." Keena, die ich wie durch einen Nebelschleier sah, riss die Augen auf. "Llienne?!" "Hier ist eine..." Keena lachte erleichtert und legte die Hände auf meine Schultern. "Bist du wach?" ich stöhnte ganz leise. "Ich denke, ja." Sie seufzte und zog die Hände zurück. "Gott sei Dank. Wie hast du es nur geschafft, sie so zu reizen?" ich öffnte matt die Augen und blinzelte ein paar Mal. "Schande, ist mir schlecht," flüsterte ich. "Was ist passiert? ich erinnere mich kaum..." die Valkyn strich mir ein paar wirre Strähnen aus dem Gesicht und schüttelte den Kopf. "Ich weiß es selbst nicht genau...wir wurden wohl in Dun Abermenai von Waldläufern angegriffen...auch solche Schattenkriecher, von denen ich dir erzählt habe." Ich nickte nur leicht und machte eine müde Geste, um sie fortfahren zu lassen. "Tja, nun," fügte das Katzenmädchen nachdenklich hinzu, "dann wurden wir hierher verschleppt. Nach Hibernia, du meine Güte...das Fischchen," damit deutete sie auf Brakalu, der sie schmollend ansah, "und ich...wir sind irgendwann einfach so erwacht und fanden uns von einem wahren Regiment umzingelt wieder. Irgendwas hast du gemacht, was sie wohl dazu bewogen hat, uns ein bisschen besser zu bewachen. Wenn man dieser unausstehlichen kleinen Kröte von Lurikeen glauben kann, hast du erst einen Elfen bedroht und dann sie angegriffen." Durch meinen Schleier von Mattigkeit drang ein spitzer Pfeil der Empörung. "Bitte was?! ich habe gar nichts gemacht...die blöde Kuh hat mir zuerst eine verpasst und nicht umgekehrt!" keifte ich entrüstet. Keena hob besänftigend die Hände. "Ist doch gut, ich glaube dir selbstverständlich. Tja, aber nicht zu ändern, wir werden nun annähernd so gut bewacht wie ein Relikt." Sie schnaubte. "Keine Chance, zu entkommen." "Sehr gut erkannt," bemerkte eine schneidende Stimme. Keena, Brakalu und ich sahen auf und bemerkten die Lurikeen, die mit vor der Brust verschränkten Armen in der offenen Tür stand und uns voller Abneigung musterte. Dabei grenzen besonders die Blicke, die sie mir zuwarf, an Hass. "Was willst du?" fauchte Keena in der Gemeinsprache, die sie beinahe perfekt sprach. Die Lurikeen zuckte nicht zurück. "Am liebsten würde ich euch die Kehlen durchschneiden," zischte sie, "aber der König will vorher mit euch sprechen. Also, bewegt eure Ärsche und folgt mir!" aufreizend langsam ließ sich Keena in ihre Felle zurücksinken und starrte das unverschämte Ding aus ihren gelben Augen intensiv an. Der Blick brachte selbst die hochtrabende Mauer dieser kleinen Giftziege kurz ins Wanken. "Was ist, Pelzgesicht?" knurrte sie. "Steh auf. Und ihr zwei auch, los!" Brakalu ließ sich auf einen Streit nicht ein und trat gehorsam auf die Lurikeen zu, wobei er sie nur ernst ansah. Die junge Frau nickte ihm herrisch zu und winkte dann ungeduldig Keena und mich heran. "Macht schon, oder soll ich wieder die Kelten holen? Ergaron würde sich bestimmt freuen," fügte sie spitz hinzu und warf einen bezeichnenden Blick auf die gewaltige Beule, die meinen Kopf zierte. Ich knirschte mit den Zähnen und stand mühsam auf. "Dann bring uns zu deinem König...!" Keena wollte durchaus nicht als Einzige in unserer kleinen Hütte zurückbleiben. Sie warf der Lurikeen ein paar tödliche Blicke zu und folgte ihr schweigend. Als wir ins Freie traten, wurde ich beinahe erschlagen von all dem Leben, das hier tobte. Die Stadt, in der wir unfreiwillig wohnten, war nur klein, dafür herrschte jedoch viel Betrieb. Schmiedleute und Händler boten ihre Dienste an, einige Ausbilder betreuten ihre Schützlinge und Barden unterhielten die Anwesenden mit ihrer Musik. Dazwischen liefen Hühner und Katzen friedlich nebeneinander her und von irgendwo wehte Pferdegewiehr zu uns hinüber. "Na? Mag Mell ist ein bisschen hübscher als die lieblosen Trutzburgen, in denen ihr hockt, wie?" fragte die Lurikeen gehässig. Ich biss mir auf die Lippen und schwieg, Keena tat es mir gleich, nur Brakalu zuckte sachte die Achseln. "Sehrr bunt," kommentierte er. Die Lurikeen warf ihm einen finsteren Blick zu und ich grinste leicht. Ein Elf mit einer Laute kreuzte unserern Weg. "Gehst du Gassi mit den Barbaren, Mikata?" fragte er scherzend und sah uns neugierig an. Mikata grinste humorlos zurück. "Mein Vater will mit ihnen reden. Wenns nach mir ginge..." ich horchte auf. Diese Göre war die Tochter des hibernianischen Königs? na, viel Spaß, dachte ich grimmig. Da haben wir gleich noch viel schlechterte Karten. Der Elf kicherte leise und winkte. "Na dann. Aber du weißt, dass wir sie gerne heute abend beim Fest dabeihätten, ja?" Mikata zuckte nur die Achseln. "Geh weiter Lieder singen, Nharin. Du redest zuviel." Keineswegs beleidigt, verbeugte sich der Barde linkisch und zog von dannen. Mikata warf einen ärgerlichen Blick über die Schulter zurück. "Elfen," schnaubte sie. "Bis auf Zaphykel und Rhee können die anderen meinetwegen dahin gehen, wo der Pfeffer wächst." Keena hüstelte und betrachtete andächtig das Gras, und ich grinste breit. "Was ist so lustig?!" fauchte Mikata. Auch der Albioner sah uns stirnrunzelnd an, doch Keena und ich tauschten nur spöttische Blicke und schwiegen. "Na, euch wird das Lachen noch vergehen, das versichere ich euch!" raunzte die Lurikeen. "Beeilt euch gefälligst, hinter dem Hügel liegt schon Tir na nOgh." Als wir den kleinen Hügel überwunden hatten, fiel mein Blick auf Tir na nOgh. Ich hätte es später niemals zugegeben, doch alles, was ich in diesem Moment verspürte, war Ehrfurcht. Die weißen Türme waren beeindruckend und die große, goldglänzende Kuppel, die automatisch unsere Blicke auf sich zog, hätte jedes diebische Koboldherz heftiger schlagen lassen. Auf Mikatas selbstzufriedenes, arrogantes Schnauben reagierten wir gar nicht, sondern sahen uns satt an soviel Prunk und Protzigkeit. Die Wächter, die am gewaltigen Eingang postierten, sahen uns höchst misstrauisch an und hoben die Waffen, doch Mikata winkte lässig ab. "Schon gut, nehmt die Dinger runter," knurrte sie mit einem kurzen Blick auf die angriffslustig erhobenen Schwerter und Speere. Achtungsvoll neigte einer der Keltenwächter das Haupt. "Verzeiht, meine Prinzessin. Wir...sind es nur nicht gewöhnt, dass Midgarder und Albioner frei in unserem Reich herumspazieren, selbst wenn es noch Welpen wie die da sind," sagte der Wächter beiläufig und deutete mit dem Kopf auf uns. Keena knirschte mit den Zähnen, Brakalu senkte den Kopf und ich musterte den Mann nur feindselig. Mikata lächelte geringschätzig. "Das wird sich bald ändern," sie warf uns einen schwer deutbaren Blick zu, "sehr bald. Und nun kommt!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)