Hölleneis und Himmelsfeuer von Salim (Die Geschichte Lucifers - und des Teufels, der hinter ihm stand) ================================================================================ Kapitel 3: Froststimmung ------------------------ Auriel seufzte tief. „Nein, nein, so wird das nichts.“ Er strich sich eine Strähne silbrig glänzenden Haares aus dem Gesicht, die sich aus dem Band gelöst hatte, und ließ das Wasser, dass Lucifer gerade über ihn und den Stein unter ihm ergossen hatte, wieder in eine rot verzierte Tonschale fließen. Langsam bereute er es, sich diesem Dummkopf angenommen zu haben. Er hatte sich ohnehin nur dazu bereit erklärt, weil er dadurch über Meister Drâtwar Zugang zur Großen Bibliothek bekommen würde. Lucifer stöhnte. „Es ist nicht so einfach, wie du meinst!“, behauptete er und starrte missmutig auf das glitzernde Wasser in der Schale, das er in die Luft heben und gefrieren lassen sollte. „Tatsächlich?“, sagte Auriel kalt und setzte sich wieder vor ihm auf einen Felsen. Sie waren zum Üben nach Eden, der Welt der Menschen gegangen und befanden sich hoch oben auf dem höchsten Punkt felsiger Klippen, gegen die unablässig die Kraft des Meeres in wütenden gischtsprühenden Wellen rauschte. Dort hatten sie sich auf Felsen inmitten von einigen einsamen Bäumen und Gras niedergelassen. „Kaum zu glauben, dass du angeblich der talentierteste Feuermagier aller Erzengel sein sollst“, höhnte Auriel und seinem Gegenüber einen abschätzigen Blick zu. Lucifers Augen blitzten. „Feuer ist nun mal anders als Wasser...“ „Das Problem ist nicht das Wasser, sondern dein sturer Hitzkopf “, entgegnete Auriel kühl und verschränkte die Arme. Er stellte sich wirklich zu dämlich an! Da übten sie schon seit Stunden und er brachte es immer noch nicht zustande, dieses kleine bisschen Wasser in seine Gewalt zu bekommen. Ein hoffnungsloser Fall, dachte Auriel; aber es sollte ihm wohl gelegen kommen, sich weiter mit ihm zu plagen, wenn er an die bestens gehüteten Bücher der Bibliothek kommen wollte. „Wassermagie unterscheidet sich nicht besonders von der des Feuers. Nur ist die Quelle in dir nicht die Wut, oder deine aufbrausenden Gefühle, sondern eine Art innerer Ruhe... “ „Ich bin vollkommen ruhig.“, sagte Lucifer beleidigt. „Natürlich. So ruhig wie ein Gewitter bei Seesturm.“ Lucifer öffnete den Mund um etwas garantiert unfreundliches zu erwidern, schien es sich dann aber doch anders zu überlegen. Er warf Auriel nur einen funkelnden Blick zu, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Wasser zu. Auriel unterdessen blätterte eine bestimmte Seite in seinem Buch her und begann zu lesen, während Lucifer sich erneut abmühte das Wasser ohne jegliche Hilfsmittel zu Eis werden zu lassen, das sich jetzt tröpfchenweise wie bei Regen über seinem Kopf zusammenzog. Der schöne Engel kümmerte sich wenig um Lucifer selbst. Was er da tat, entsprang dem reinen Eigennutz. Denn genaugenommen kümmerte sich Auriel um niemanden, außer sich selbst. Er empfand keinerlei Zuneigung zu irgendwem oder –etwas, höchstens für seine Bücher. Sein Herz war aus Eis, ganz wie seine blauen Augen, deren Blick einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte, der schrecklich und doch gleichzeitig wunderschön war. Ein wütender Fluch unterbrach ihn erneut beim Lesen, als die schwarze Wolke über Lucifers Kopf zu regnen begann. „Vollkommener Schwachsinn!“, rief er aufgebracht und bis auf die Kleider durchnässt. „Was hat das denn bitte für einen Sinn Wasser abzukühlen, frage ich mich – will ich vielleicht einen Schneemann bauen?! So etwas Schwachsinniges!“, schimpfte Lucifer weiter und drückte das Wasser aus seinen Haaren heraus. „Ich versuche ja auch nicht, Feuer zum Erlöschen zu bringen.“ Auriel zog die Augenbrauen hoch. „Du stellst dich einfach zu dumm dazu an.“ „Von wegen“, brauste Lucifer auf, „das kann niemand. Wahrscheinlich hast du dir diese Aufgabe nur ausgedacht, um mich zu provozieren!“ „Natürlich“, erwiderte Auriel freundlich und lächelte liebenswürdig, „nichts liegt mir mehr am Herzen, als dich mit sinnlosen Übungen zur Raserei zu treiben und meine kostbare Zeit damit tot zu schlagen, dir beim Fluchen zuzuhören - im übrigen sollte ein Erzengel überhaupt nicht fluchen.“ Lucifer unterdessen war mittlerweile aufgestanden. „So? Warum machst du es dann nicht einmal vor, wenn du es für so wichtig hältst?“ Auriel klappte sein Buch zu. „Das ist nicht Teil meiner Arbeit, ich bin nicht hier, um dir Zauberkunststückchen vorzuführen.“, antwortete er ruhig. „Ha!“, stieß Lucifer triumphierend hervor. „Du kannst es selbst nicht! Wusst’ ich’s doch!“ „Freu’ dich nicht zu früh...“ „Hab ich’s mir doch gleich gedacht“, rief Lucifer schadenfroh und stellte sich mit der Schale an den Rand der Klippe. Unter ihm schlugen die Wellen rauschend gegen die Felsen und fraßen sich in jeden noch so kleinsten Riss im Stein. „Du nimmst mich nur auf den Arm – als ob du es selbst könntest. Von wegen! Ich wette, du hast selbst keine Ahnung davon, wie man Wasser wirklich beherrscht und hast Drâtwar nur was vorgelogen.“ „Sei still, du gehst mir auf die Nerven“ „Ach, sag nur.“, sagte Lucifer breit grinsend und warf die Schale in hohem Bogen über den Rand der steilen Klippen hinaus, bis sie in den Schaumkronen der tosenden Wellen verschwand. Dann baute er sich über Auriel auf. Immer noch ein schadenfrohes Grinsen ins Gesicht geschrieben schnappte er Auriel einfach sein Buch weg. Diesem kleinen arroganten Angeber würde er noch gründlich die Meinung geigen. „Na, da bist du sprachlos, was? Weißt wohl nicht mehr, was du sagen sollt, nicht?“ Auriels Mundwinkel zuckten. Flüchtig hatte Lucifer den Eindruck, das Meer noch heftiger gegen die Felsen branden zu hören, doch das lag wohl am Wind, der ebenfalls an Stärke zugenommen hatte. „Weißt du...“, sagte Lucifer gedehnt und hielt das Buch, in dem Auriel vorhin gelesen hatte, fröhlich über den Klippenrand hinweg, „... wenn du dich entschuldigst, dann will ich noch einmal gnädig sein und dir verzeihen, dass du mich für dumm erklärt hast, obwohl du selbst auch nichts kannst.“ Komisch, was war das für ein Getöse hinter ihm? „Ich wusste gleich, dass du nur ein neunmalkluges Kind bist, also sag, es tut dir Leid, und wir vergessen diese Peinlichkeit“, forderte Lucifer grinsend und ließ das buch einfach los. Auriel sah ihm ausdruckslos nach, wie es nach unten fiel. Ja ja, da verschlug es ihm die Sprache. Der seltsame Lärm hinter Lucifer wurde lauter. Kündigte sich da etwa ein Sturm an? Lucifer drehte sich hämisch um, um dem Buch nachzuschauen und riss die Augen auf, als sich die riesigen Wellen der See schäumend vor ihm erhoben, wie eine gewaltige Mauer aus blauem wild sprudelnden Salzwasser sich über ihm auftürmte und die gewaltigen Wassermassen dann mit unbändiger reißender Kraft unter ohrenbetäubendem Getöse donnernd auf ihn niederschlugen. Er wollte erschrocken Luft holen, schluckte dabei jedoch nur eine Unmenge von Salzwasser. Das Gewicht des Wassers drückte ihn nieder, dann spürte er plötzlich, wie er seine Glieder nicht mehr bewegen konnte, es knirschte, und im nächsten Moment waren die gesamten Wassermassen von der Bucht bis über die fünfzig Meter hoch gelegenen Klippen um ihn herum zu Eis erstarrt. VERDAMMT war das kalt. Der Hohe Rat der zwölf Erzengel hatte sich am späten Nachmittag in der größten der vier Hallen, nämlich in derjenigen, die mit dem Rücken direkt zur Bibliothek stand, versammelt. Die Engel, sowohl männliche als auch weibliche, saßen alle an einem sehr langen Tisch aus Elfenbein. Varga sah sich suchend um, aber sie konnte Lucifer unter all den anderen Engeln nicht entdecken – wo steckte er nur? Über ihnen hing in fast sieben Metern Höhe ein funkelnder Kronleuchter, der aus Hunderten von Kerzen bestand und seinen flackernden Schein an die Wände warf und den Saal in ein sanftes diamantenes Licht tauchte. An den Wänden selbst befanden sich unzählige sonderbare und unbenennbare Dinge, wie zum Beispiel ein großer, etwa fünf Meter großer Spiegel, in dessen reich verzierten Rahmen genau sieben rot funkelnde Rubine eingearbeitet waren. Ein paar Meter weiter zierte ein wunderschön goldener Bilderrahmen die marmorne Wand hinter ihm, doch in ihm selbst befand sich kein Portrait – es schien vielmehr eine Art flüssige rauchige Fläche zu sein, als hätte man einige Tropfen Tinte in Wasser gegeben und dieses dann an die Wand geheftet. Auf der gegenüberliegenden Seite stand unter anderem ein bis zur Decke reichendes, vollkommen schwarzes Bücherregal, das auf den ersten Blick mit grünen Zeichen bemalt war. Betrachtete man es jedoch näher, so ging einem auf, dass es kleine, grünlich glitzernde Smaragde waren, die man in das glatte Ebenholz eingesetzt hatte, um es mit der Alten Schrift zu versehen. Das Regal an sich war sehr dünn. Es bot gerade einmal drei Büchern pro Lage Platz. Tatsächlich aber befand sich in jedem der insgesamt 13 Stockwerke nur jeweils ein einziges, recht sonderbar aussehendes Buch, denn sie alle waren scheinbar mit einem Schloss versehen, dass in den Einband selbst eingearbeitet war. Jedes dieser Bücher hatte eine eigene Farbe. Neben jedem von ihnen lag eine kleine Schatulle in derselben Farbe. Nur die oberste Lage war leer, und das schwarze Kästchen lag offen und offensichtlich leer neben der Stelle, an der sein schwarzes Gegenstück liegen sollte. Außerdem war das Regal von einer Art Vitrine umgeben, sodass niemand einfach eines der Bücher oder einen der Schlüssel entnehmen konnte. Neben all diesen Herrlichkeiten gab es noch tausend andere wundersame und schöne Dinge in der Halle, aber am auffälligsten war das riesige schlanke Kreuz, das am Ende der Halle direkt am Anfang des langen Tisches empor ragte. An, oder besser gesagt ihn ihm befand sich, mit Ausnahme der Großen Bibliothek, das wohl Kostbarste, was das Helle Land, das Reich der Engel, den Wesen des Lichtes, besaß: In die Mitte des Kreuzes war ein großer Stein, der fast aussah wie eine gewöhnliche Murmel, eingelassen. Das Kreuz selbst schien aus purem Licht zu bestehen und war mittlerweile weniger das Symbol der Götter, sondern vielmehr das Symbol des Lichtes selbst. Die Kugel allerdings war ein Gegenstand, wie es ihn kein zweites Mal auf der Welt gab – weder im Hellen Land, noch in Eden oder Ungôr, dem Schattenreich. Denn dieses Kugel war in der Lage, ihrem Betrachter die Zukunft zu enthüllen. Seit jeher wurde sie von Sahla, dem dritten und ersten Weiblichen Erstgeschaffenen Engel, nach Michael und Lucifer, bewacht und sie sorgte sehr wohl dafür, dass niemand dieses Geschenk der Götter aus seiner Verankerung nahm und es benutzte – denn Sahla wusste nur zu gut, dass das Wissen um die Zukunft ein Segen, aber auch ein Fluch sein konnte. Vor eben diesem Kreuz saß nun Michael, der den Vorsitz im Hohen Rat innehatte und ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. Er hatte kurzes, blondes Haar, graue wachsame Augen und ein markantes Gesicht. Er hatte eine ernste Stimme und war – in allen Gesichtspunkten – schlichtweg das Gegenteil von Lucifer, denn er war besonnen, hielt seine Gefühle im Zaum und überlegte stets fünf mal, bevor er eine Entscheidung traf. Innerlich jedoch war doch eine Kämpfernatur und scheute keinen Kampf, wenn es denn einen gegeben hätte. Auch ihm fiel auf, dass Lucifer fehlte. Wo mochte er wohl sein? Dann räusperte er sich laut. „Also, ich frage euch, wer ist dafür, den Tempel in Eden zu bauen und damit etwas von dem Land, das den Menschen gedacht ist, in Anspruch zu nehmen?“ Einige der Engel, darunter auch Varga, hoben die Hand. Ezekiel, der zu seinem Leiden wiederum neben ihr saß, hob ebenfalls mit schmerzverzogenem Gesicht die Hand, nachdem ihm Varga mit bösem Gesicht auf den Fuß getreten war – im Zweifelsfall konnte sie sehr überzeugend sein. Der ruhige Engel Gabriel am anderen Ende des Tisches zögerte und sprach schließlich sichtlich unwillig. „Sollten wir uns in diesem Fall nicht nach Lucifers Meinung richten? Schließlich fällt diese Entscheidung hier in seinen Aufgabenbereich.“, sagte Gabriel stirnrunzelnd mit seiner vernünftigen Stimme und sah Michael tadelnd an. Es war offensichtlich, dass er nicht uneinverstandener hätte sein können. „Er ist aber nicht hier.“, antwortete Michael etwas unwirsch denn er wollte diese Angelegenheit endlich klären. Er hätte nie gedacht, dass solch eine einfache Entscheidung so viel Diskussionsbedarf wecken würde. Doch die Engel nahmen ihre Aufgabe als Beschützer der Menschen nun mal sehr ernst und waren sich deswegen auch nicht immer völlig einig. Sie selbst hatten die Völker der Menschen schließlich erweckt und betrachteten sie deshalb liebevoll vielmehr als ihre Kinder. Darum fanden eben auch einige, dass es nicht recht wäre, eines ihrer Gebäude in der Welt zu bauen, die doch den Menschen gehörte, selbst wenn dieser Tempel sehr wohl auf für sie von Nutzen sein konnte. Michael seufzte innerlich. Natürlich war das hier eigentlich Lucifers Sache und Lucifer sollte das letzte Wort haben... aber der war jetzt nun mal nicht da. Außerdem ärgerte es Michael auch ein wenig, dass er nicht erscheinen war – wo Lucifer doch sonst immer zuverlässig war, zuverlässiger als Michael selbst vielleicht sogar. „Wir können uns nicht ewig über dieses Problem streiten.“, erhob Michael erneut die Stimme und sah Gabriel dabei fest an. Ihm lag an seiner Meinung und er wollte sie sehr wohl hören. Gabriel blickte sich einen Moment lang um, dann zuckte er hilflos mit den Schultern und hob seine Hand. Michael nickte zufrieden. „Sehr gut, dann wäre das geklärt.“ Damit stand er auf und löste die Versammlung auf. Auch Gabriel erhob sich, noch immer die Stirn gerunzelt, beteiligte sich aber nicht an den erneuten Gesprächen, die nun teilweise wieder ziemlich heftig entbrannten. Das würde nur wieder böses Blut geben, da war sich Gabriel sicher. Aber auf ihn hörte ja niemand. Michael unterdessen verstaute die Papiere in einer Tasche. Auch er hatte das dumpfe Gefühl, dass er diese Entscheidung noch bereuen würde. Genaugenommen belastete ihn das schwierige Verhältnis zu seinem Halbbruder sehr. Doch sie waren einfach zu verschieden. Dabei mochte er Lucifer eigentlich und hatte sehr wohl Achtung vor ihm, vor allem Bewunderung für seine Gabe des Redens und des Überzeugens. Lucifer war ein starker Anführer. Michael seufzte noch einmal. Er nahm seine Aufgabe als Leiter des Rats sehr ernst und führte sie gewissenhaft aus, fand allerdings auch, dass er der Richtige dafür war. Sein Halbbruder war in seinen Augen zu temperamentvoll. Vielleicht hätte er es geschafft, sich besser mit Lucifer zu vertragen, aber Michael bemerkte nicht, dass er ihn oft bevormundete und dazu neigte, ihn wie seinen kleinen Bruder, ja, vielmehr wie ein Kind zu behandeln und trotz allem fiel ihm nicht auf, dass er selbst es war, der Lucifers Stolz verletzte und damit seine Abneigung gegen ihn nur noch schürte. „Michael!“, tönte es von hinten. Er drehte sich zu Gabriel um, der mit ernstem Gesicht und verschränkten Armen vor ihm stand. „Du weißt, du hättest das eben nicht tun sollen“, sagte er und fixierte ihn streng. Michael wich seinem Blick aus. „Ich wollte einfach eine Entscheidung in dieser Sache erreichen!“, erwiderte er. „Über den Kopf des Zweiten im Rat hinweg? Er wird Gift und Galle spucken und dir den Kopf herunterreißen.“, entgegnete Gabriel vorwurfsvoll. Michael sah ihn an und wusste, dass er Recht hatte. „Ach Auriel“, jammerte Lucifer kläglich und sah sich hilfesuchend um. Er hatte alles versucht! Er hatte gejammert, gebettelt, geklagt und gefleht, er hatte das mitleidserregendste Gesicht, das er auf Lager hatte, aufgesetzt, hatte gemurrt, gemotzt, gemeckert, gedroht, gelärmt und gewettert, sich lautstark beschwert, hatte es mit demütigen Entschuldigungen und besserungsfreudigen Versprechungen versucht, er hatte gerufen, gekrächzt, gestöhnt, gebrüllt und genörgelt - aber Auriel ließ sich nicht erweichen. Er war immer noch in dem riesigen Einsblock eingesperrt, von dem nur sein Kopf herausragte und so langsam verlor er jegliches Gefühl in seinem gesamten Körper. Vermutlich hatte schon die Hälfte seiner Organe den Geist aufgegeben und nachdem er Auriel geradezu angewinselt hatte, war er sich bibbernd sicher, dass jetzt auch noch einige Gehirnzellen den Abgang gemacht haben mussten. Auriel dagegen saß, einfach am Rand der Klippen, ließ die Beine herunterbaumeln, schaute ins Blaue hinein und ignorierte ihn. Wie gemein! „Nun komm schon...“, bettelte Lucifer verzweifelt und fragte sich flüchtig, wie viele Zehen ihm schon in die ewigen Jagdgründe eingegangen sein mochten. „Ach, nun tu doch nicht so! So taub kann niemand sein!“, empörte er sich und musste entsetzt dabei zuhören, wie Auriel anfing fröhlich ein Liedchen zu summen. Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Hatte der Junge ein Herz aus Stein? „Na schön!“, sagte Lucifer schließlich erbost. Bis jetzt hatte er darauf verzichtet, Feuermagie zu benutzen, weil er das unangenehme Gefühl hatte, diese Menge an geschmolzenem Eis könnte ihm in geschmolzenem Zustand noch mehr zum Verhängnis werden, aber nun war ihm alles egal! Allein durch seinen Willen loderten große leuchtende Flammen hoch und fraßen sich knisternd in das riesige Eisgebilde. DA es aber zu groß war, ließ er das Feuer weiter wachsen, bis die Hitze so stark war, dass selbst das Eis aufgeben musste. Plötzlich ging ein Ruck durch die Eisplatten, kurz darauf wurde Lucifer von einer Welle kalten Wassers erfasst und einfach so über die Klippen hinunter gespült, als das Wasser wieder zurück ins Meer fiel. Prustend und hustend kam Lucifer wieder hoch und schnappte zitternd nach Luft, schluckte schon wieder mindestens zwei Liter Salzwasser und wurde von der Strömung gegen die Felsen gewirbelt. Nach einigem weiteren Husten und geblubberten Flüchen konnte er sich dann endlich auf der Wasseroberfläche halten und blickte nach oben. Auriel hatte sich lachend über den Felsenrand gebeugt, die Sonne glänzte auf seinem weichen silbernen Haar und seine wunderschönen azurblauen Augen sahen vergnügt zu ihm herunter. Von da an wagte es Lucifer nie wieder, auch nur ein Einziges von Auriels Büchern absichtlich anzurühren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)