Zum Inhalt der Seite

Intertwined

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Disclaimer: Dieselbe Leier wie immer und überall - außer der Idee gehört nichts und niemand mir.

Teil: 1/8

Kommentar der Autorin: Die Story ist zu Ende geschrieben und wird häppchenweise on gestellt. Natürlich nur bei entsprechenden Reviews, versteht sich. Und keine Sorge. Mit der Zeit werden die Kapitel auch länger!
 

Ruki stand vor der Tür zum Keller, der ihren schalldichten Proberaum beherbergte und rauchte. Sie hatten eine Pause eingelegt, die er gleich dafür genutzt hatte, um seiner Sucht nachzugehen. Schlimm. Eigentlich wollte er schon seit - ja, seit wie lange eigentlich schon? - einer Ewigkeit damit aufhören, aber irgendwie hatte immer der Anreiz dafür gefehlt.

Er nahm einen tiefen Zug und seufzte, als er den Rauch wieder aus seinen Lungen entließ.

“Was seufzt du denn, Ruki-chan?”, raunte plötzlich eine vertraute Stimme hinter ihm, die ihn zusammenzucken ließ, da er die dazugehörige Person nicht hatte kommen hören.

Angesprochener knurrte kurz ob der Anrede, verbiss sich aber einen Kommentar und jegliche Antwort auf die Frage.

“Gibst du mir bitte Feuer?”, sprach Uruha nun, nachdem er sich neben den Kleineren an die Wand gelehnt hatte.

Der Sänger blickte sein Gegenüber nun direkt an und musste wie immer, wenn er das tat, wieder einmal denken, wie überirdisch schön ihr Gitarrist doch war. Doch an dieser Stelle verbat er sich jeden weiteren Gedanken. ‘Er ist schließlich SEIN Gitarrist.’ Wieder seufzte er, bevor er in seiner Jackentasche kramte, kurz ein “Klar!” murmelte und dem anderen schon das Feuerzeug hinreichen wollte, als eben jener sich näher zu ihm hinunterbeugte, die Zigarette schon zwischen den sinnlichen Lippen, und ihn mit seinem Blick festzunageln schien. “Ähm…”, brachte Ruki etwas dümmlich und verwirrt nur hervor.

“Die Frage war nicht ‘Gibst du mir bitte dein Feuerzeug?’ sondern ‘Gibst DU mir bitte Feuer?’”, wiederholte Uruha mit leiser, rauchiger Stimme, sein Gesicht immer noch nah an dem des Kleineren.

Hätte er es nicht besser gewusst, dann hätte Ruki gedacht, Uruha würde mit ihm flirten. Das sagte ihm auch sein heftig schlagendes Herz, doch sein Verstand betonte immer wieder, dass das nicht sein konnte, denn schließlich war sein Gegenüber ja schon liiert. Und das nicht erst seit gestern.

Letztendlich riss er sich aus seiner Starre, wisperte ein “Oh”, als ob er erst jetzt verstanden habe und zündete dann die Zigarette des Größeren an. Dieser blieb noch ein bisschen länger als notwendig in dieser Position, schloss die Augen auf Halbmast, während er genüsslich den ersten Zug nahm und ließ dabei den Sänger von the GazettE nicht aus den Augen. Erst, als Ruki sich nervös räusperte, ging Uruha wieder ein klein wenig auf Distanz, blieb aber immer noch nah bei ihm an der Wand gelehnt.

“Wieso bist du denn nicht drin bei Reita?”, fragte der Jüngere nun, um diese, wie er fand, peinliche Situation wieder in geregelte Laufbahnen zu lenken. Außerdem wunderte es ihn schon, dass Uruha seine Pause nicht lieber mit seinem Freund verbrachte, wie er das normalerweise immer tat. Seine eigene Zigarette schnippte er nun davon, denn die war ihm mittlerweile heruntergebrannt während der seltsamen Aktion Augenblicke bevor. Schnell hatte er sich eine zweite angesteckt.

“Ach, der bespricht grad noch was wegen dem Gig morgen mit Kai und Aoi. Und da du ganz allein nach hier draußen abgehauen bist, dachte ich, ich leiste dir ein wenig Gesellschaft.” Ein süffisantes Grinsen erschien auf den fein geschwungenen Lippen des Gitarristen, als er nun einen Arm um die Schultern des anderen legte.

Prompt verschluckte sich Ruki am Rauch seiner Kippe. Zwar hatte er sich diese Nähe zu seinem Bandmember schon lange gewünscht - und das bestätigte auch sein Puls, der wahrscheinlich gerade Achterbahn fuhr und im Moment in einem besonders aufregenden Looping hing -, aber doch nicht, nachdem dieser nun schon so lange mit seinem besten Freund zusammen war.

Besorgt streichelte Uruha ihm in einer beruhigenden Geste über den Rücken. “Alles okay, Ruki-chan?”

Hustend und leicht gebeugt, nickte Angesprochener und würgte nach wenigen Sekunden hervor: “Ja, alles bestens.” Das Anhängsel, das er eigentlich so gar nicht an seinem Namen leiden konnte, ließ er erneut durchgehen. Immerhin hatte der Größere ihn schon seit einer ganzen Weile nicht mehr so genannt. Um genau zu sein, seitdem er mit Reita zusammen war.

Auch, als er sich schon längst wieder gefangen hatte, lag die zarte Hand noch auf seinem Rücken und machte ihn ganz kribbelig trotz der Lagen Stoff, die sie von seiner Haut trennten. Er beschloss, sie einfach zu ignorieren und weiterzurauchen, als wäre nichts passiert.

Als sie beide fertig waren, gingen sie in stillem Einverständnis wieder rein, denn die Pause neigte sich ihrem Ende zu. Während Ruki wieder Stellung hinter seinem Mikro bezog, beobachtete er, wie Uruha zu Reita ging, der gerade noch mit Aoi erzählte und ihn nun in einen stürmischen Kuss zog. Und bildete er es sich nur ein oder sah Uruha ihn, Ruki, dabei über Reitas Schulter, der mit dem Rücken zu ihm stand, mit einem äußerst intensiven und nicht gerade harmlosen Blick an?
 

Zwei Stunden harte, aber zufrieden stellende Proben später, wollte Ruki nach einer allgemein in die Runde geworfenen Verabschiedung gerade den Keller verlassen, um sich nach Hause in sein Bett zu packen, da er für morgen ausgeruht sein musste, als Uruhas Stimme ihm noch hinterher rief: “Ich hol dich morgen ab, Ruki!”

Und so geschah es dann auch. Am nächsten Nachmittag stand der große Gitarrist vor der Haustür des Sängers, noch in normaler Straßenbekleidung, und wartete darauf, dass jener ihm aufmachte.

Murrend tat Ruki das auch schließlich und schlurfte ohne jegliche Begrüßung und mit kleinen Äuglein zurück ins Wohnzimmer, wo er sich wieder auf dem Sofa lang machte.

“Och Gottchen, nein, wie süß!”, hörte er da auch schon die Stimme seines mehr oder weniger willkommenen Gastes und kniff die Augen missmutig zusammen, bevor er sich noch weiter zusammenrollte. “Du weißt aber schon, dass wir in ein paar Stunden ein Konzert geben, oder, Ruki-chan?”, quasselte der Ältere munter weiter, was nur ein Murren als Antwort nach sich zog. “Fein. Da ich mir schon dachte, dich in solch einem Zustand vorzufinden, hab ich dir Kaffee mitgebracht.”

Kaffee? Bei dem Wort setzte sich Ruki sofort aufrecht hin und blickte sich suchend um. “Wo?” Zu mehr Freundlichkeit reichte es noch nicht. Dafür war er einfach noch zu müde. Er hatte fürchterlich schlecht geschlafen, obwohl er sich doch sonst immer rühmte, dass er den Schlaf der Gerechten zu schlafen pflege und er eigentlich immer und überall ins Land der Träume abdriften konnte ohne größere Probleme.

Ein glockenhelles Lachen ertönte, das ihm einige Schauer über den Rücken rieseln ließ, bevor ihm eine ganze Thermoskanne des heißen, wach machenden Gebräus unter die Nase gehalten wurde. “Da hast du deine Droge, du kleiner Junkie! Und hier sind deine Kippen, nach denen du sicherlich auch in spätestens fünf Minuten verlangst.”

Nachdem er die Kanne zum Großteil geleert hatte, fühlte er sich schon wieder fast wie ein Mensch und um einiges wacher als noch vor wenigen Minuten. Auch die Fähigkeit zu sprechen hatte er nun wiedererlangt und so fragte er den anderen: “Kommst du mit auf den Balkon eine rauchen?” Er hatte es sich zum Gesetz gemacht, dass in seiner Wohnung nicht geraucht werden durfte.

“Sicher. Ich lass dich doch nicht allein da raus in deinem Zustand. Nicht, dass du mir noch abstürzt!” Ein breites Grinsen erschien in Uruhas makellosem Gesicht. “Was sollte ich denn dann den anderen erzählen? Und wie sollten wir dann das Konzert heute Abend geben können ohne unseren Sänger?”

Ruki beschloss, sich nicht ärgern zu lassen und ging auf das Spiel ein, während sie gemeinsam auf den Balkon traten und sich ihre Zigaretten anzündeten. “Du kannst dich ja hinters Mikro stellen, Uru-chan. Nur dumm, dass dann sämtliche Fenster der Halle zerspringen und alle Fans kreischend davon rennen würden”, erwiderte er mit zuckersüßer Stimme.

“Hach, danke, Kleiner, du bist zu liebenswürdig zu mir!” In einer theatralischen Geste verneigte sich Uruha leicht, in seinen Augen ein spöttisches Glitzern. Dann legte er wieder einen Arm um den Jüngeren, als er sah, wie dieser fröstelte. “Sag mal, scheint es nur so oder hat Mister Ich-schlaf-immer-und-überall-wie-ein-Stein-und-nichts-und-niemand-kann-mich-wecken tatsächlich schlecht geschlafen deinen Augenringen nach zu urteilen?”

Mehr als ein Brummeln brachte Ruki nicht zustande. Dafür irritierte ihn der Arm schon wieder viel zu sehr.

“Ich dachte ja, dass du noch nicht besonders fit bist, aber ich hätte eher angenommen, das läge daran, dass du dich überschlafen hättest.” In Uruhas Stimme schwang ein besorgter Ton mit. “Was ist denn los, Ruki? Was hat dir den Schlaf geraubt?”

‘Eigentlich schon vergebene Bandmitglieder, die sich allerdings dennoch in letzter Zeit an mich ranzuschmeißen scheinen und geradezu ein Schild mit der Aufschrift “Ich weiß, was du willst, also nimm es dir, Ruki!” vor mir spazieren tragen’, gab sich Gefragter in Gedanken selbst die Antwort. Dass er sie nicht laut aussprach, war natürlich klar. Zu seinem Gegenüber meinte er jedoch nur lapidar: “Gedanken.”

“Soso, und was für Gedanken, wenn man fragen darf?” Der Arm schloss sich fester um Ruki und zog ihn noch näher an den Älteren heran, während dieser ihn mit einem lauernden Blick bedachte.

“Nein, darf man nicht”, gab er patzig zurück und löste sich aus der Umarmung, nachdem er seine Kippe über den Balkon geschnippt hatte. “Und jetzt lass mich rein. Ich will mich anziehen gehen.” Normalerweise hätte er dies ja nicht sagen brauchen, aber der Gitarrist stand dummerweise genau so auf seinem extrem schmalen Balkon, dass er die Tür ins Innere blockierte und Ruki so nicht einfach an ihm vorbeikam.

“Und was, wenn ich dich nicht vorbeilassen will?”, wurde dem Sänger verführerisch entgegengehaucht, während sich Uruha besonders lasziv vor der Tür drapierte.

“Dann hast du wohl ein Problem”, knurrte Ruki, der einfach nur wütend und überfordert war. Er hatte innerlich schon längst mit dem Thema Uruha abgeschlossen, auch wenn seine Gefühle für ihn immer noch genauso stark waren. Doch war der Ältere tabu für ihn, seit er mit Reita ging und so würde es auch bleiben. Also warum zum Geier machte ihn der andere jetzt auf einmal so an? Warum spielte er so schamlos mit ihm?

“Für einen kleinen Wegzoll lasse ich dich passieren, mein Hübscher”, raunte Uruha nun und sah Ruki mit einem einladenden Lächeln und aus halbgeschlossenen Augen wartend an.

“Ich geb dir gleich deinen Wegzoll und jetzt lass mich durch!” Wütend und mit zur Faust geballten Händen stand er vor dem anderen, bevor er ihn einfach bei den Schultern packte, zur Seite drückte und sich an ihm vorbeischob, um ins Schafzimmer zu rauschen.
 

Als er einige Zeit später fertig angezogen und einigermaßen beruhigt wieder aus seinem heiligen Reich heraus und in den Wohnbereich trat, erblickte er seinen Gast auf seinem Sofa im Schneidersitz sitzend mit einer Tasse Tee in der Hand. Anscheinend hatte er sich selbst bedient. Eigentlich etwas, was Ruki nicht unbedingt mochte, aber er wollte sich ja nicht schon wieder aufregen. Das war nicht gut fürs Herz.

“Bist du endlich fertig? Fein, dann können wir ja los!” Und mit diesen Worten stellte der Gitarrist seine Tasse auf dem Glastisch vor der Couch ab, erhob sich geschmeidig und lief Richtung Haustür, wo er auf den anderen wartete.

Dieser stand noch immer ganz perplex im Wohnzimmer und blickte auf die Stelle, wo Uruha noch vor wenigen Sekunden saß. Der Ältere benahm sich ganz normal, als wäre nie etwas geschehen und das verwirrte Ruki nur noch mehr. Insgeheim hatte er befürchtet, gleich der nächsten unheimlichen Attacke ausgesetzt zu werden, doch stattdessen erwartete ihn solch eine banal normale Reaktion seines Freundes, dass es ihn schon wieder unruhig machte.

Schließlich zuckte er nur mit den Schultern, tat es als so ab, wie es war und verließ mit Uruha die Wohnung, um mit ihm zum Tokyo Dome zu fahren, wo ihr Konzert in ein paar Stunden stattfinden sollte.

Das Konzert ging im wahrsten Sinne des Wortes reibungslos über die Bühne und alle waren mehr als zufrieden über ihr gelungenes Heimspiel. Ein letztes Mal verbeugten sie sich vor den noch immer schreienden und tobenden Fans, bevor sie schließlich der Reihe nach hinter der Bühne verschwanden. Dort war erst einmal eine Gruppenumarmung angesagt, wie sie es immer taten nach einem erfolgreichen Live. Das Adrenalin pumpte noch immer durch ihre Venen und sie hüpften gemeinsam im Kreis, die Arme um die beiden neben sich befindlichen Personen gelegt.

Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, gingen Kai und Aoi schon einmal vor, um sich umzuziehen und abzuschminken, da sie noch was trinken gehen wollten zusammen. Uruha war noch immer total aufgekratzt und sprang noch ein wenig vor sich hinträllernd allein durch die Gänge, um seine überschüssige Energie abzubauen.

Blieben also noch Ruki und Reita, die noch immer direkt hinterm Bühneneingang standen, von wo sie das leiser werdende Gekreische der Meute in der Halle hören konnten. Sie sahen sich einen Moment schweigend an, bevor sie sich gleichzeitig in die Arme fielen. Das war etwas, was die Beziehung zwischen ihnen zu so etwas Besonderem machte. Sie verstanden sich ohne Worte.

Lange blieben sie so stehen, immer noch von dem berauschendem Gefühl, das so ein Konzert nach sich zog, erfüllt. Gemeinsam ließen sie es ausklingen und genossen die Nachwehen.

Bei keiner Person fühlte sich Ruki geborgener als bei Reita. Sie kannten sich nun schon so lang und waren schon so lang beste Freunde. Es war einfach richtig, so mit dem Bassisten dazustehen und ihn zu spüren.

Rukis Herz trommelte noch immer in einem schnelleren Takt, als es sollte. Das lag zum einen an der Aufregung, die noch immer zum Teil in ihm steckte, und zum andern an der Person, in dessen Armen er sich gerade befand.

Als er damals festgestellt hatte, dass er mit Frauen nichts anfangen konnte, da war das ein Schock für den kleinen Sänger gewesen. Als er dann aber auch noch feststellen musste, dass sein bester Freund hingegen eben jene Gefühle, die seiner Meinung nach ‘normale Leute’ dem anderen Geschlecht entgegenbrachten, in ihm zu wecken vermochte, da war er aus allen Wolken gefallen. Es hatte ihn Wochen oder gar Monate gedauert, mit dieser Erkenntnis leben und sie akzeptieren zu können. Und als dann auch noch Uruha in sein Leben getreten war und sein Gefühlsleben zu allem Überfluss noch mehr ins Chaos gestürzt und ihm mit dem ersten Blick aus diesen verführerischen Augen den Kopf verdreht hatte, da fing er an, an sich zu zweifeln. Es erschien ihm als nicht gerade normal, gleich in zwei Menschen auf einmal, zur gleichen Zeit verliebt zu sein. Zwar unterschieden sich die Gefühle für seine beiden Freunde - für Reita empfand er tiefe Zuneigung, Verbundenheit, Geborgenheit und das Gefühl, bei ihm immer willkommen zu sein; Uruha dagegen übte eine unheimliche Anziehungskraft auf ihn aus, die jedoch weit über körperliche Gelüste hinausging und ihn in Rukis Augen zu einem der wundervollsten Geschöpfe auf dieser Welt machte, sowohl äußerlich als auch innerlich -, doch konnte er ohne jeglichen Zweifel sagen, dass er beide von ganzem Herzen liebte.

Es war überraschend gekommen, als die beiden Personen, für die er soviel empfand, eines Tages ihm und dem Rest der Band, die sie in der Zwischenzeit gegründet und mit der sie erste Erfolge erzielt hatten, verkündet hatten, dass sie beide ein Paar wären. Für Ruki war in dem Moment eine Welt eingestürzt. Nun waren beide von ihm so lieb gewonnenen Menschen vergeben und er konnte seine Hoffnung auf wenigstens einen endgültig begraben. Doch im Grunde genommen hatte der Sänger schon immer gewusst, dass er weder mit dem einen noch mit dem andern jemals richtig hätte glücklich werden können, da er die zweite Person ja genauso liebte und dementsprechend vermissen würde. Also hatte er letztendlich eingesehen, dass es besser war für alle Beteiligten, dass es so gekommen war. Außerdem gönnte er den beiden ihr Glück wie nichts anderes und so stellte er seine eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund und freute sich lieber für das Paar, das in seinen Augen so perfekt war, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, an Stelle des einen dort zu stehen.

All dies ging durch seinen Kopf, als er so in den Armen Reitas hinter dem Bühneneingang des Tokyo Domes stand, bis jener schließlich seinen Griff etwas löste und ihn aus warmen Augen betrachtete, die soviel mehr als Worte zu sagen vermochten.

“Danke”, flüsterte Ruki nur und wusste doch, dass Reita ihn verstanden hatte, denn dieser nickte leicht, nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich in den Backstagebereich, damit auch sie sich fertigmachen und nachhause konnten.

“Das war ein wundervolles Konzert, findest du nicht?”, meinte Reita mit leiser Stimme. Sie schlenderten händchenhaltend durch die Gänge, um noch ein paar Momente zu zweit zu genießen, bevor sie wieder den drei lauteren Mitgliedern der Band begegnen mussten. Schon immer waren sie beide etwas ruhiger als die anderen gewesen und kosteten daher solche Augenblicke besonders aus.

“Ja, es war berauschend”, erwiderte Ruki ebenso besonnen. Er ließ noch einmal den Tag in seinem Kopf Revue passieren, doch kamen ihm dabei auch wieder die unliebsamen Gedanken an Uruhas seltsames Verhalten der letzten beiden Tage in den Sinn. “Du, sag mal, Rei-chan, warum sind Uruha und du nicht zusammen hier erschienen?”

“Ach, das war nur, weil ich vorher noch mal zu meinen Eltern zum Kaffeetrinken musste, weil sie heute Hochzeitstag haben und da wollte Uru-chan nicht unbedingt mit. Außerdem wollte er dich doch abholen, soweit ich weiß. Das hat er ja auch gemacht, oder nicht?” Reita sah ihn aus fragenden Augen an.

Sie konnten schon die Tür zum Backstagebereich sehen, auf den sie zusteuerten und in Ruki machte sich ein mulmiges Gefühl breit. Sollte er seinem besten Freund erzählen, wie sich dessen Geliebter verhalten hatte? “Ja, das hat er”, antwortete er letztendlich auf die Frage und beließ es dabei. Er konnte es einfach nicht mit sich ausmachen, es Reita zu sagen. Er wollte ihn nicht traurig machen und das Glück seiner beiden Freunde zerstören. Vielleicht hatte er auch einfach zu viel hineininterpretiert und Uruha meinte es alles gar nicht so, wie er es aufgefasst hatte. Vielleicht war das alles nur ein dummer Scherz, den er mal wieder einfach nicht verstand. Mit diesen Gedanken, die ihn leider nicht ganz so beruhigten, wie sie sollten, öffnete er die Tür, die sie noch von den anderen trennte und trat mit Reita im Schlepptau in den Raum ein.

Zwei Tage später rief Reita bei Ruki an und lud ihn zu einem DVD-Abend bei ihm zuhause ein. Ruki sagte natürlich zu.

Punkt acht stand er also vor der Tür der Wohnung, die der Bassist und der Gitarrist sich teilten, und rang sich durch, die Klingel zu betätigen. Er war sich ziemlich sicher, dass Uruha auch mit dabei sein würde. Klar, immerhin war das ja auch mit seine Wohnung und Reita war sein Freund. Der Sänger hoffte nur, dass der Größere sich heute wieder normal verhalten würde.

Mehr Zeit zum Grübeln und Hoffen blieb ihm allerdings nicht mehr, da in diesem Moment die Tür schwungvoll geöffnet wurde und ein über beide Ohren grinsender Uruha ihm entgegenblickte. “Pünktlich wie immer! Komm rein, Ruki-chan!”

Und bevor dieser auch nur die Chance hatte, etwas zu erwidern, wurde er auch schon in eine enge, innige Umarmung gezogen und die Tür wieder hinter ihm geschlossen. “Ähm, Uruha, du kannst mich jetzt wieder loslassen”, murmelte der Jüngere an der Schulter des anderen, der bis jetzt anscheinend nicht einmal im Traume daran gedacht hatte, ihn gehen zu lassen.

“Ja ja, gleich”, erwiderte dieser nur und streichelte mit seiner Hand zärtlich über Rukis Rücken, was diesem Gänsehaut und fast einen Herzkasper bescherte.

Schließlich gelang es dem Kleineren doch, sich von seinem Gegenüber zu lösen und er stellte die erstbeste Frage, die ihm in diesem Moment im Kopf rumschwirrte: “Wo ist eigentlich Reita?”

“Ach, du kennst ihn doch. Der war natürlich total geschockt, als es an der Tür geklingelt hat, weil er nämlich noch nicht fertig angezogen und gestylt war”, grinste Uruha.

Das brachte auch Ruki zum Grinsen. “Typisch Reita.”

“Was, typisch Reita? Lästert ihr etwa schon wieder über mich?”, kam es drohend aus Richtung Wohnzimmer, in dessen Tür der Bassist mit in die Hüfte gestemmten Armen und funkelnden Augen stand.

“Aber nein, wir doch nicht, Liebster! Das würden wir uns nie wagen, stimmt’s, Ruki?”, meinte der blonde Gitarrist scheinheilig und ging aufreizend zu seinem Freund, um sich katzenartig an ihn zu schmiegen und ihn versöhnlich anzublicken.

“Genau! Nie im Leben!”, stimmte Ruki zu und musste sich ein Kichern arg verkneifen. Die Umarmung hatte er schon wieder aus seinen Gedanken verdrängt. Wie konnte er auch nur auf die abstruse Idee kommen, Uruha würde ihn anbaggern? Man brauchte sich doch nur die zwei Turteltäubchen dort anschauen, wie sie sich gegenseitig verliebt in die Augen sahen und wie ihre Körper miteinander harmonierten und sich aneinanderschmiegten.

“Na, dann will ich euch mal glauben, ihr beiden. So, und jetzt rein mit euch und ab aufs Sofa! Die erste DVD wartet schon!” Voller Vorfreude gab Reita seinem Koibito noch einen kurzen, aber liebevollen Kuss und dackelte dann schon einmal ins Wohnzimmer, wo er den Film in den Player legte.

Die beiden anderen folgten ihm. Uruha ließ sich auf die Couch fallen, während es sich Ruki auf dem Sessel, der ein bisschen abseits stand und von dem aus man nicht so den perfekten Blick auf den großen Plasmabildschirm hatte, bequem machen wollte.

“Aber Ruki, du kannst doch mit bei uns auf dem Sofa sitzen. Das ist schließlich groß genug für uns drei”, meinte der Gitarrist und klopfte einladend auf den Platz neben sich.

Der war jedoch unschlüssig, ob er das wirklich tun sollte. Er wollte eigentlich ein wenig Abstand von Uruha halten. Nicht, dass der wieder etwas Unüberlegtes tat.

“Uru-chan hat absolut Recht”, sagte nun auch Reita, der sich neben seinen Geliebten pflanzte und einen Arm um diesen legte. “Vom Sessel aus siehst du doch auch gar nicht gescheit. Komm mit zu uns. Keine Sorge. Wir beißen auch nicht”, grinste der Bassist.

‘Du vielleicht nicht, aber dein Freund…’, dachte der Sänger und ging zum Sofa, um sich neben Reita zu setzen. So trennte ihn wenigstens sein bester Freund von dem anderen und das beruhigte ihn ungemein.

Nun, da sie alle ihre Positionen eingenommen hatten, startete Reita die DVD. Es handelte sich um einen Film, den Ruki schon immer einmal hatte sehen wollen, was er Reita auch irgendwann einmal gesagt hatte. Umso mehr freute er sich jetzt natürlich, dass der andere den Streifen besorgt hatte und sein Unbehagen löste sich in Spannung auf. Ja, Reita achtete eben auch auf solche Kleinigkeiten und das bedeutete dem Jüngeren viel.

Plötzlich klingelte es an der Tür. “Oh, das werden die Pizzen sein! Wird aber auch Zeit!” Und mit diesen Worten war der Nasenbandträger auch schon verschwunden. Natürlich erst, nachdem er auf Pause gestellt hatte, da er auch ja nichts verpassen wollte.

“So, jetzt sind wir zwei Hübschen also wieder einmal allein”, flüsterte auf einmal eine Stimme in des Sängers Ohr, der gar nicht mitbekommen hatte, wie Uruha näher an ihn herangerutscht war, da er Reita hinterher gesehen hatte. Erschrocken zuckte er zusammen und wich ein Stück vor dem Älteren zurück.

“Ähm, ja, aber Reita kommt ja gleich mit dem Essen wieder. Hab schon richtig Hunger”, versuchte Ruki, die Situation wieder einzurenken und die Bemerkung von eben einfach zu übergehen.

“Oh ja, ich auch”, murmelte Uruha und bedachte ihn mit einem wirklich äußerst hungrigen Blick, der den Kleineren von seiner Hand ablenken sollte, die sich in eben diesem Augenblick auf dessen Oberschenkel schlich und ihn dort zu streicheln begann.

Mit weit aufgerissenen Augen richtete sich Ruki augenblicklich auf und stürmte zum Fenster, wo er erst einmal tief Luft holen und sich wieder beruhigen musste. In der Reflektion des Glases konnte er sehen, dass Uruha ihm nicht folgte, denn in eben diesem Moment konnte man hören, dass Reita wieder angeschlurft kam und keine zwei Sekunden später in der Stube stand.

“Nanu, Ruki, was machst du denn dort am Fenster?”, ließ der Bassist nun überrascht verlauten.

Angesprochener drehte sich wieder um und setzte ein, wie er hoffte, ehrlich wirkendes Lächeln auf. “Och, ich mag die Aussicht von hier oben und wollte die kurze Pause nutzen, um zu schauen, ob die Schreckschraube von gegenüber eine neue botanische Grässlichkeit auf ihrem Balkon stehen hat.”

Anscheinend kaufte Reita ihm diese Lüge sofort ab. “Soweit ich weiß, hat sie noch dasselbe Gehänge dort wie bei deinem letzten Besuch. Aber jetzt, Essen fassen!” Übermütig ließ sich Reita auf die Couch plumpsen und deutete Ruki, dasselbe zutun, weil er weiterschauen und dabei genüsslich seine Pizza verdrücken wollte.

Der sah sich allerdings mit einem mächtigen Problem konfrontiert. Es gab nur noch einen freien Platz auf dem Sofa und der war diesmal leider nicht neben seinem besten Freund, sondern neben Mister Ich-brauch-nur-mit-den-Fingern-schnipsen-und-den-Augen-klimpern-um-dich-ins-Bett-zu-kriegen. Zögerlich setzte er sich letztendlich neben eben jenen, allerdings soweit, wie nur irgend möglich, von Uruha entfernt und schnappte sich ein Stück Pizza, das er genüsslich verdrückte.

Soweit, so gut. Bis jetzt war alles ohne weitere, nennenswerte Zwischenfälle verlaufen. Die Pizzen waren aufgegessen, der Film hatte fast seinen Höhepunkt erreicht und neigte sich somit schon so langsam dem Ende zu und Uruha war brav und behielt seine Hände bei sich oder beziehungsweise bei Reita.

Ruki war vollkommen auf die DVD fixiert und nahm um sich herum nichts mehr großartig wahr. Er fand den Film noch um einiges besser, als in den Reviews, die er dazu gelesen hatte, geschrieben stand und daher fesselte dieser seine ganze Aufmerksamkeit. Bis der Sänger plötzlich einen vorwitzigen Finger seine Wirbelsäule hinauffahren spürte und er erschrocken einen Blick zu dem Gitarristen wagte, der ihn, wieder in Reitas Arme gekuschelt, unschuldig und mit Engelsaugen anschaute, die kleine Streicheleinheit seines Fingers dabei allerdings nicht unterbrechend.

Was sollte er jetzt bloß machen? Er saß schon ganz am Rand des Sofas. Würde er noch weiter wegrutschen, wäre er zwar außerhalb Uruhas Reichweite, säße dafür jedoch mit seinen vier Buchstaben auf dem Boden. Ihm war danach, einfach aufzuspringen, sich schnell zu verabschieden und nachhause zu flüchten, denn er merkte, dass diese sinnliche Geste - Ruki war extrem empfindlich am Rücken, besonders weiter unten - so langsam eine Wirkung zeigte. Aber das wäre dann wieder zu auffällig gewesen. Reita sollte schließlich nichts davon mitbekommen. Auch, wenn es wahrscheinlich falsch war, das Ruki so dachte, so wollte er doch seinem besten Freund den Schmerz ersparen, den dieser auf jeden Fall durchmachen müsste, würde er erfahren, dass Uruha ihn geradezu dazu aufforderte, mit ihm in die Kiste zu springen.

Nein, er musste jetzt seelenruhig hier sitzen bleiben, sich den Film noch zu Ende anschauen und dabei so tun, als wäre nichts. Oh Gott, womit hatte er das nur verdient?

Unterdessen waren die Berührungen schon etwas intensiver geworden und hatten ihren unschuldigen Charakter verloren. Uruhas Finger hatten sich unter Rukis dünnen Wollpullover geschoben und streichelten dort über dem Bund seiner Hose sanft seine Haut. Der Kleinere musste sich arg zusammenreißen, nicht einfach zu seufzen, so gut fühlte es sich an. Er fühlte sich verdammt schuldig, dass er diese Liebkosungen auch noch genoss. Schuldig seinem besten Freund gegenüber, da es eigentlich nur diesem vorbehalten sein sollte, solch eine Behandlung von Uruha zu bekommen und nicht ihm. Was die Sache nur noch dreister machte, war die Tatsache, dass sich das Ganze direkt vor Reitas Augen abspielte. Anscheinend spielte Uruha gern mit dem Feuer, denn sein Geliebter konnte dessen Aktion jede Minute bemerken und er - oder wohl doch eher sie beide, denn Ruki wehrte sich ja im Prinzip nicht aktiv dagegen - wäre aufgeflogen.

Verstohlen ließ Ruki seinen Blick zu dem Bassisten wandern, der jedoch gebannt auf das Geschehen auf dem großen Bildschirm starrte und nichts mitzubekommen schien. Ganz im Gegensatz zu Ruki. Der bekam zuviel von dem, was sich hier in diesem Raum abspielte mit, dafür aber gar nichts mehr von dem Film, auf den er sich nun einfach nicht mehr konzentrieren konnte, so sehr er es auch versuchte.

Er spürte, wie sich ein gewisser Körperteil besonders über die Aufmerksamkeit des Gitarristen freute und Ruki hätte jenes Teil im Moment am liebsten abgehackt. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Das konnte doch gerade alles nicht wirklich passieren! Oder etwa doch?

In diesem Augenblick sah er, dass der Abspann über die ‘Leinwand’ lief. Der Film war vorbei! Er hatte sein Ziel erreicht!

Etwas zu hastig stand er auf und entfernte sich Richtung Tür. Pure Erleichterung durchströmte ihn, als er die zärtlichen Finger nicht mehr auf sich spüren konnte. Gott sei dank hatte er eine weite Hose an, die verdeckte, was hätte peinlich werden können bei einer Entdeckung.

“Ruki? Wo willst du denn hin?”, hielt ihn plötzlich Reitas überraschte Stimme auf.

“Nachhause. Ich bin müde und will euch auch nicht weiter stören”, erfand er schnell eine Ausrede und hoffte, dass sie nicht als solche enttarnt wurde.

“Aber ich dachte, wir schauen uns noch mindestens einen Film an. Ich hab extra noch mehr mitgebracht aus der Videothek.”

Ruki zog sich das Herz zusammen ob des enttäuschten Tones seines besten Freundes.

“Du störst auch garantiert nicht”, fügte Uruha freundlich lächelnd hinzu und das war es, was Ruki letztendlich wieder in Erinnerung brachte, weswegen es wirklich ratsam wäre, sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen.

“Tut mir leid, aber ich schlaf wirklich gleich im Stehen ein. Ich hör mein Bett schon rufen”, meinte er und ging mit einem entschuldigenden Lächeln aus dem Raum. Die anderen beiden folgten ihm in den Flur, wo sie ihn noch einmal in eine verabschiedende Umarmung zogen.

Als Uruha ihn drückte, flüsterte dieser ihm ins Ohr, wobei er jenes mit seinen sündig weichen Lippen streifte: “Träum was Süßes!”

Das war das Letzte, was er noch gebraucht hatte, um regelrecht aus der Wohnung zu flüchten.

In Rekordtempo fuhr er zu sich nachhause und stürmte in seine Wohnung. Der Abend war einfach nur ein Desaster gewesen! Er hatte bereits als mittelschwere Katastrophe begonnen dank Uruhas Begrüßungsaktion und hatte in einem heillosen Chaos geendet. Da half jetzt nur noch eine Dusche, um die Berührungen von seinem Körper abzuwaschen, und eine gute Mütze Schlaf, um zu vergessen.

Also eilte der Sänger sofort ins Bad, wo er sich schnell seiner Sachen entledigte und in die Duschkabine hüpfte. Er drehte das Wasser auf eine angenehme Temperatur und ließ es sich seufzend über den Körper fließen, die Augen genießend geschlossen. Doch hätte er diese lieber offen halten sollen, denn sofort schlichen sich Bilder in seine Gedanken, die er wirklich rein gar nicht gebrauchen konnte. Bilder von Uruha und ihm, wie dieser ihn berührte und unanständige Dinge mit ihm trieb. Bilder, die ihn so gar nicht kalt ließen, wie er das gern gehabt hätte. Bilder, die ein zweites Mal an diesem Abend ein gewisses Körperteil wachsen und um Erlösung betteln ließen. Und Ruki war ja immerhin auch nur ein Mann, der schließlich auch nicht immer seine Triebe zurückhalten konnte.

Wenige Minuten später kam er keuchend in seine Hand und noch in derselben Sekunde fühlte er sich so schlecht wie noch nie zuvor in seinem ganzen Leben. Ein neues Bild erschien vor seinem inneren Auge: Reita, der ihn enttäuscht, verletzt und mit rot geweinten Augen ansah, bevor er sich von ihm abwandte und ging. Und dieses Bild zwang ihn in die Knie und ließ ihn ebenfalls in Tränen ausbrechen, die sich lange nicht beruhigen wollten in jener Nacht.

Die nächsten Tage vergingen ohne besondere Ereignisse. Die Proben fanden statt wie eh und je, doch Ruki war immer der letzte, der erschien und der erste, der wieder ging. Und auch sonst versuchte er, jeder Situation, in der er mit Uruha allein gewesen wäre, aus dem Weg zu gehen.

Jener verhielt sich wieder ganz normal. So, als ob nie etwas gewesen wäre. Vielleicht hatte er eingesehen, dass er es übertrieben hatte. Oder er riss sich einfach vor den anderen zusammen. Was auch immer der Grund für den erneuten Wandel des Gitarristen war - Ruki war mehr als nur dankbar, dass es anscheinend so einen Grund überhaupt erst gab und hoffte, er wäre von Bestand.

Insgeheim hatten ihn die Vorkommnisse der letzten Zeit nämlich doch mehr mitgenommen, als er nach außen hin zeigte. Er hatte immer gedacht, er wäre über beide hinweg und könnte damit leben, dass die zwei ein Paar waren, solange sie nur glücklich miteinander waren. Doch das Vorgefallene hatte Zweifel in ihm gesät, ob die Beziehung der beiden, die ja doch schon über ein Jahr andauerte, wirklich so perfekt und innig war, wie sie immer schien. Warum sonst hätte Uruha ihn angraben sollen? Oder lag das etwa daran, dass der Gitarrist herausgefunden hatte, wie es um seine, Rukis, Gefühle für ihn bestellt war und spielte jetzt nur mit ihm, um ihm einen Denkzettel zu verpassen? Nein, das konnte nicht sein! Das war unmöglich! Ruki hatte sich nie auffällig verhalten oder auch nur ein Sterbenswörtchen zu irgendjemandem gesagt. Uruha konnte es gar nicht wissen oder erahnen. Aber was rechtfertigte dann das Verhalten des Älteren? Weshalb hatte er ihm das angetan und ihm somit Tage voller Kummer, Zweifel, Ängste, Vorwürfe und Selbstverachtung beschert?

So lange er auch über dieses Thema nachdachte, er fand einfach keine Antwort darauf. Die konnte ihm wohl nur eine Person geben und für dieses Gespräch war er noch längst nicht bereit. Dafür waren die Ereignisse noch zu frisch und aufwühlend.

Seufzend und mit auf den Boden gerichteten Blick legte er den Weg von seinem Auto zu seiner Wohnung zurück. Er kam gerade von der heutigen Probe und hatte, da es schon später am Abend war, in einer Seitenstraße und nicht direkt vor seinem Haus parken können, da dort schon alle Plätze belegt waren.

Mit den Gedanken noch immer weit weg, nur nicht im Hier und Jetzt, schreckte er plötzlich mit einem Schrei auf den Lippen, der niemals eben diese verlassen sollte, aus seiner Trance, als eine Hand wie aus dem Nichts sich um seinen Arm klammerte und eine zweite Hand sich auf seinen Mund presste, um jegliches Geräusch im Keim zu ersticken.

“Keine Angst, Ruki! Ich bin’s nur, Uruha”, wurde da hinter ihm gesprochen und der Sänger sog hart die Luft durch den Mund ein, als dieser wieder freigegeben wurde.

“Keine Angst? Keine Angst?”, wiederholte der Kleinere fast hysterisch, während er nun den Gitarristen am Arm packte, um ihn unter den Hauseingang zu ziehen, wo wenigstens Licht brannte und er sein Gegenüber sehen konnte. “Wie soll ich denn bitteschön keine Angst haben, wenn ich im Dunkeln einfach so angefallen werde, hm?” Seine Stimme zitterte nur so vor Ärger.

“Es tut mir leid, Ruki, aber ich hab einfach keine andere Möglichkeit gesehen, dich mal wieder abzufangen. Du gehst mir geradezu krampfhaft aus dem Weg”, sprach der Gitarrist eindringlich und wenn Ruki sich nicht täuschte, dann schwang auch eine ganze Portion Enttäuschung und Verzweiflung in der Stimme des anderen mit, was ihm so gar nicht gefiel.

“Das hat ja auch einen Grund und den kennst du wohl besser als ich”, erwiderte der Sänger. Er war immer noch wütend und ließ Uruha das auch mit jedem Wort, das er sprach, wissen.

“Aber Ruki-chan, ich wollte dir doch nur nah sein und…”

Weiter kam der Ältere gar nicht, weil er von Angesprochenem barsch unterbrochen wurde: “Hör mit diesem verdammten ‘Ruki-chan’ auf! Du hast kein Recht mehr, mich so zu nennen! Wie kannst du nur sagen, du willst mir nah sein? Wie kannst du nur Reita so etwas antun? Er liebt dich, verdammt! Er hat das nicht verdient!” Immer weiter hatte sich der Kleinere in Rage geredet und war auch noch längst nicht fertig mit seiner Predigt. “Ich dachte immer, ihr zwei seid ein absolutes Musterpärchen. Aber dem scheint wohl nicht so zu sein, wenn du dich einfach so an andere ranmachst! Bis jetzt habe ich Stillschweigen gewahrt und Reita nichts über deine unmöglichen Taten erzählt, um ihn vor der Enttäuschung zu schützen. Aber damit ist jetzt Schluss. Er MUSS erfahren, mit was für einer Person er wirklich zusammen ist! Und ich werde es ihm sagen! Jawohl!”

Uruha sah ihn nur abschätzig an. “Bist du jetzt fertig?”

Auf diese Reaktion, die so ganz anders ausfiel, als Ruki das gedacht hatte, fehlten jenem die Worte. Eigentlich hatte er angenommen - oder nein, sogar gehofft -, dass Uruha sich nun nach dieser Rede entschuldigen und ihn anflehen würde, Reita nichts zu erzählen, weil er es wirklich nicht ernst gemeint hat. Doch stattdessen so etwas.

“Fein. Dann darf ich jetzt vielleicht einmal sprechen. Also, erst einmal, wir sind vielleicht kein Musterpärchen, aber dafür ein glückliches Paar, ob du es glaubst oder nicht. Und was Reita angeht - ich bezweifle, dass es ihm etwas ausmacht, wenn du ihm von meinen ‘unmöglichen Taten’, wie du sie nennst, oder eher meinen Zuneigungsbekenntnissen, wie ich sie nenne, berichtest.” In aller Ruhe hatte Uruha dies vorgetragen und schien kein bisschen eingeschüchtert oder nervös.

Im Gegensatz zu Ruki, der sich jedoch schnell wieder fing und dessen Wut immer noch in ihm brannte. “Und ob ihm das was ausmacht! Du bist die Person auf dieser Welt, die ihm am meisten bedeutet und da wird er natürlich ver…”

Ein ziemlich energisches Lippenpaar hielt den Jüngeren vom Weitersprechen ab und raubte ihm alle Gedanken, die bis eben noch wild in seinem Kopf herumgeschwirrt waren. Die vorwitzige Zunge Uruhas leckte harsch über Rukis Unterlippe, bevor sich der Gitarrist wieder von dem Sänger, dessen Augen vor Schock weit aufgerissen waren, trennte und ihm zuflüsterte: “Es wird ihm nichts ausmachen.” Im nächsten Moment war der Gitarrist verschwunden und hinterließ einen mehr als nur aufgewühlten Ruki, dessen Kopf wie leergefegt war, bevor er sich mit Unglauben und Verzweiflung füllte.

Nach einer mehr oder weniger schlaflosen Nacht hatte Ruki letztendlich einen Entschluss gefasst. Noch am selben Tag rief er auf Reitas Handy an, um auch ja sicherzugehen, dass niemand anderes - wie zum Beispiel ein gewisser Gitarrist - ranging und bat ihn darum, mit ihm einmal ernsthaft sprechen zu können. Und zwar allein. Sie verabredeten sich für denselben Abend in Reitas Wohnung. Uruha würde, laut Reitas Aussage, nicht da sein.

Wieder einmal machte sich Ruki auf den Weg zu seinem besten Freund. Stundenlang hatte er dieses Gespräch, das ihm nun unmittelbar bevorstand, in seinem Kopf durchgespielt und sich überlegt, wie er es dem anderen möglichst schonend beibringen sollte. Dennoch hatte ihn dies nicht beruhigen können, denn das mulmige Gefühl in seinem Bauch wuchs von Schritt zu Schritt, dem er seinem Ziel näher kam.

Noch einmal sog er tief die Luft in seine Lungen und straffte seine Schultern, um sich für das zu wappnen, was in den nächsten Minuten passieren würde, und legte schließlich seinen Finger auf den Klingelknopf. Nur Sekunden später wurde ihm von einem wie immer beruhigend lächelnden Bassisten die Tür geöffnet.

“Hey, Kleiner! Da bist du ja!”, begrüßte ihn Reita auch schon fröhlich, der als bester Freund als einziger das Privileg hatte, ihn ‘Kleiner’ zu nennen.

Ruki nickte nur, konnte das Lächeln des anderen einfach nicht erwidern, weil er wusste, dass er in Kürze derjenige sein würde, der das seines Freundes wegwischen würde.

“Na, komm erst mal rein”, meinte der Ältere nun und zog den Sänger in eine kurze Umarmung, bevor sie in die Stube verschwanden und es sich auf dem Sofa bequem machten. “Magst du etwas trinken? Eine Tasse Tee? Ein Gläschen Wein vielleicht?”

“Eine Tasse Tee wäre nett, danke. Ich muss heute noch fahren”, erwiderte Ruki und hätte sich am liebsten selbst eine Ohrfeige gegeben. Auch dieser letzte Aufschub würde ihn nicht vor dem Unvermeidlichen bewahren.

Er beobachtete, wie Reita in der angrenzenden Küche verschwand, um Tee zu kochen. Die Geräusche, die jener dabei erzeugte, beruhigten ihn nicht wie gewohnt. Nervös spielte er mit den Ringen an seinen Fingern.

“Was ist denn los, Ruki? Warum bist du so nervös?”, fragte Reita, der soeben das Zimmer beladen mit zwei Tassen Tee wieder betrat und eine davon Ruki reichte.

‘Jetzt geht es also los’, dachte sich dieser und musste schlucken, um den Frosch, der ihn am Sprechen hindern wollte, loszuwerden. “Also, ich muss mit dir über ein ernstes Thema reden, Reita, und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen und wie ich dir das beibringen soll.”

“Also, ich bin dafür, du fängst einfach beim Anfang an, wie das eben so üblich ist. Alles andere wird sich schon regeln”, redete der Bassist beruhigend auf sein Gegenüber ein, dessen Blick auf die bräunliche Flüssigkeit in der Tasse gerichtet war und ganz und gar nicht entspannt wirkte.

“Aber ich will dir nicht wehtun und ich weiß, dass das, was ich dir jetzt erzählen werde, dir wehtun wird.” Rukis Worte fielen heftiger aus als alles andere, was er bis zu diesem Zeitpunkt gesagt hatte und seine Augen sahen seinen besten Freund verzweifelt an.

“Lass das mal meine Sorge sein, Kleiner, hm? Sag mir lieber, was dir auf dem Herzen liegt und mach dir keine Gedanken, dass du mir damit wehtun könntest.” Erneut versuchte der Ältere den Sänger zum Reden zu ermutigen und diesmal hatte er Glück.

Ein letztes Mal schluckte Ruki seine Angst hinunter und begann dann, wieder mit gesenktem Blick, mit seiner Geschichte: “Es ging alles vor ein paar Tagen los. Uruha fing an, sich anders mir gegenüber zu verhalten. Er machte Andeutungen, die eigentlich nicht mehr als versteckt oder subtil durchgehen können, sondern wirklich eindeutig waren.” An dieser Stelle folgte eine Pause, weil er einfach nicht wusste, wie er weitermachen sollte.

Doch wurde er vorher von Reita schon unterbrochen. “So, Andeutungen also?”

Ruki zuckte zusammen unter den gleichgültig gesprochenen Worten seines besten Freundes. Er hatte gewusst, dass es nicht einfach werden würde, aber das Schlimmste, die Sache von gestern Abend, stand ihm ja noch bevor. “Ja, wirklich ziemlich konkrete Andeutungen. Bei dem DVD-Abend letztens war das auch der wirkliche Grund, warum ich so übereilt nachhause gegangen bin. Danach bin ich ihm ausgewichen und hab ihn gemieden, aber gestern Abend hat er mir aufgelauert und nach einer kurzen, aber heftigen Diskussion hat er mich geküsst und ist dann verschwunden. Das war der Punkt, an dem ich wusste, dass ich dir davon erzählen muss. Ich hätte das vielleicht schon eher machen sollen, aber es hätte ja auch nur ein Scherz sein können und außerdem wollte ich nicht, dass du deswegen leiden musst. Aber jetzt habe ich es durch mein Schweigen wahrscheinlich nur noch schlimmer gemacht und es wäre wirklich besser gewesen, wenn ich eher mit dir darüber gesprochen hätte. Es tut mir leid, Reita! Es tut mir so leid! Ich dachte wirklich, Uruha würde es gut mit dir meinen und dich genauso lieben wie du ihn!”

“Aber das tut er doch, Ruki, du kleines Dummerchen”, sprach der Bassist nun mit liebevoller Stimme und zog den verdutzten Sänger in seine Arme.

Verwirrt löste sich der Jüngere ein Stückchen, um seinem Gegenüber in die Augen sehen zu können. Er verstand nun gar nichts mehr. Keine Enttäuschung? Keine Verzweiflung oder andere negative Emotionen ausgelöst durch sein kleines Geständnis? “Wie…?” Mehr brachte sein in heillosem Chaos liegender Verstand nicht hervor.

Reita schaute sanft lächelnd auf Ruki. “Ich liebe ihn. Er liebt mich. So einfach ist das. Bis hierhin…”

“Und an der Stelle kommst du ins Spiel, Ruki”, meldete sich nun eine dritte Person zu Wort, die mit einem stechenden Blick auf den kleinen Sänger geradewegs aus dem Schlafzimmer kam.

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (28)
[1] [2] [3]
/ 3

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kanoe
2008-06-09T13:27:04+00:00 09.06.2008 15:27
interessant und schön gelöst *G*
Von: abgemeldet
2008-05-28T13:35:49+00:00 28.05.2008 15:35
boah.....da kann man ja echt nur total neidisch auf ruki werden xDDDDD *auch haben will*
also wirklich ...das war wahnsinnig gut gescjrieben *völlig sprachlos ist*
ich ich find das so toll, dass die jetzt eine dreierbeziehubg haben *_____*
das is ja sooo süß <3
und omg....also lemons kannst du wirklich schreiben!...O,.O
ich will mehr davon *lach* xDD
vllt. schreibst du ja bald mal wieder was neues (*wieder auf ne dreiergeschichte hoff*)
also...mach (unbedingt!) weiter so ^.~

lg yuki <3
Von:  Saga_the_Cheater_Kid
2007-12-26T04:38:22+00:00 26.12.2007 05:38
Schöne Story, gut geschrieben!!! ^o^v
Ich musste nur immer wieder kichern, wenn Reita zu Ruki "meine Perle" gesagt hat ^^" Ich fand das irgendwie süß, nur musst ich mich auch irgendwie erst daran gewöhnen, dass Rei das sagt *lach*
Nyo... jedenfalls eine sehr schön geschriebene FF!
Mach weiter so, du kannst gut schreiben *smile*
Und ich muss sagen, adult kannst du wirklich schreiben ;)

LG, Kyo
Von: Morwen
2007-08-21T14:47:48+00:00 21.08.2007 16:47
Oha, zum Schluss geht es aber ganz schön zur Sache... *gg*
Und meine Vermutung hat sich bestätigt. ^_^ ♥
(Da ich ein großer Fan von Dreierbeziehungen bin, habe ich auch irgendwie schon fast gehofft, dass es so ausgeht, wie du es dann am Ende geschrieben hast... ^^)
Bitte mehr davon! =)
Von: abgemeldet
2007-08-16T23:32:34+00:00 17.08.2007 01:32
uuuuiiii
*mit ruki mit schmacht*
war schön!
werd jetzt mit einem lächeln im gesicht einschlafen^^
Von:  -Uruha-
2007-08-15T13:08:19+00:00 15.08.2007 15:08
hot *,.*
aber so richtigg XDD
das mit dem Spiegel is geil..passt iwie voll zu uruha xd
man muss ja gucken ob die frisur nich sitz ^^''

aber wirklich ne geile lemon..ruki is son glückspilz *.*

mehr ff's von dir *.*
bitte
Von:  teufelchen_netty
2007-08-15T13:03:19+00:00 15.08.2007 15:03
hammer. also echt ein gelungenes ende
*_*
Von:  yukken
2007-08-14T19:58:45+00:00 14.08.2007 21:58
uhh jaa~ ^3^
det war schön X3... die stellung is herrlich XD ruki muss sich echt im himmel gefühlt haben XD und spiegel an der decke.. hm.. ja.. sehr an-/erregend XD
und sowieso schöne ff ^^ freut mich, dass es so geendet hat *3*
+mal applaus spend+
^^ LG, det psYChO X3
Von:  -Luna-Fee-
2007-08-11T21:04:44+00:00 11.08.2007 23:04
geil hammer was uruha und rei rei
wohl vorhaben böse jungs xd mach
schnell weiter lg
Von:  -Uruha-
2007-08-11T18:42:42+00:00 11.08.2007 20:42
wuha *.*
geil XD
aber warum hörst du am spannensten stellen immer af ;_,
das ist leser-quälerei u die beherscht du zu gut xDDD
aber im ernst..wirklich nen toll rübergebrachter blowjob
*kicher*

weiter >.<
ich will wissen wie die das nun zu dritt koordinieren


Zurück