Father Dest's Erbe von Pansy (Fortsetzung zu "Sinnlose Versprechen") ================================================================================ Kapitel 8: - 8 - ---------------- - 8 - „Die Wahrheit ist das, wovor sich die Menschen oftmals schützen wollen.“ Achtlos ließ Jason den kaputten Deckenfluter hinter sich und setzte sich auf einen der Küchenstühle. Er stützte seinen rechten Ellbogen auf dem Tisch ab und bettete seine Stirn in seine flache Hand. Killian Frimmingway wusste also, dass er – sein Auftraggeber – Jason Sartaren war. Das war wirklich bitter, denn das bedeutete einen Fehler seinerseits. Und Unbedacht war das, was ihn als Aspir nicht prägen durfte. Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich mit jedem Moment, der verstrich, während sich schwere Gewitterwolken draußen am Himmel zunehmend verdichteten. In der Finsternis der Nacht konnte man mit bloßem Auge allerdings kaum erkennen, was sich dort oben gerade abspielte. Ein Schnauben erfüllte den Raum. Die Frage nach dem woher – woher wusste Frimmingway, wer er war? - würde Jason letztendlich auch nicht weiterbringen. Ihm vielmehr den Verstand rauben, den er nun nötiger als je zuvor hatte. Er hob die Lider und sah nur verschwommen seinen Laptop, der immer noch unentwegt auf seinem angestammten Platz verweilte. Jasons Fokus lag zunächst auf seinem Unterarm, auf dem Nachtblau seines Hemdes, das seine Pulsader freigab. Ein eiskaltes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, während er sich vorstellte, wie das Blut stetig durch seine Adern rauschte. Gleichzeitig hallten gespenstische Klänge an den Wänden wider. Es war nichtig, woher der anerkannte Kritiker die Information hatte. Frimmingway würde gegen den jungen Sartaren nichts unternehmen. Das war sein eigener Vorschlag gewesen. Solange Jason nichts in die Wege leitete, um ihn des Schreibens der angriffslustigen Artikel zu bezichtigen, würde jener auf der sicheren Seite sein. Bis dato hatte Frimmingway Jason gute Dienste geleistet. Daher war der Verlust vielleicht nicht leicht hinzunehmen, aber hatte Jason nicht ohnehin nun Naid Greensthrow im Auge? Das Fernsehen erreichte nicht unbedingt mehr Aufmerksamkeit und Erfolg, aber Naids Zuschauerzahlen waren nicht zu verachten. Und das Nichtwiederauftauchen von R.I. war möglicherweise auch nicht so verkehrt. Schließlich würde das die Spuren nicht verdichten, die er anscheinend wider aller Vorsicht hinterlassen hatte. Er war unvorsichtig gewesen... Nachdenklich schüttelte er den Kopf. Er wüsste nicht, wo. Wo er sich den Fehler erlaubt haben sollte. „Mhh...“, stöhnte er und nahm dann seinen Arm vom Tisch. Mit seiner Rechten drehte er seinen Laptop zu sich und positionierte sie danach auf der schwarzen Maus, die nur wenige Zentimeter entfernt gelegen hatte. Sachte fuhr er mit dem Zeigefinger der anderen Hand über jede einzelne Taste und starrte kurz blicklos auf den Bildschirmschoner. Ehe er sich jedoch in den ständig wechselnden Bildern verlieren konnte, kniff er seine Lider einen Augenblick lang zusammen und betätigte simultan die linke Maustaste. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er auf die Homepage der Stadt, deren Forum beträchtlich viele Einträge aufwies. Der durch ihn ins Leben gerufene Thread könnte glatt in der Masse untergehen und doch haben sich schon mehr Menschen an ihm beteiligt als er gedacht hätte. Es erfüllte ihn mit tiefster Zufriedenheit, wenn er an den letzten Eintrag, den er gelesen hatte, dachte. Wer brauchte schon Killian Frimmingway? Es gab noch andere Wege und Mittel, Unmut gegen Tyrone von Zundersby und die korrupte Politik der Stadt zu schüren. Nicht zuletzt der direkte Weg, mit den Bürgern zu kommunizieren. Und das Internet war das Kommunikationssystem Nummer 1 heutzutage. Vor allem, wenn man jüngere Menschen erreichen wollte. Ein paar Klicks später scrollte Jason in seinem Thread zu dem Eintrag von Sweet Memories. Seitdem sie ihn verfasst hatte, war bald ein Tag vergangen und einige weitere Einträge waren hinzugekommen. Und genau diesen wollte Jason nun seine Aufmerksamkeit zollen. Hungry 11.November 03:20 Hey Leute, ich verfolge den Thread schon eine ganze Weile und habe mich endlich dazu durchgerungen, auch ein paar Zeilen lang meinen Senf dazu zu geben. Ich muss schon sagen, dass es wirklich reiner Idiotie gleicht, ein solches Thema gerade auf der HP der Stadt zu diskutieren. Insbesondere wenn ganz gewisse Namen fallen. Habt ihr denn nicht gesehen, was passiert, wenn man wider der Vorstellungen unseres ehrenwerten Stadtrates handelt? An eurer Stelle würde ich ein wenig vorsichtiger sein. Also mir ist mein Leben lieb. Und auch mein Ruf. Anscheinend ist es euch egal, was passiert, wenn der Falsche hier zufällig vorbeischaut. Naja, nicht mein Problem. Und nun hole ich mir endlich was zu essen... Nachdenklich fuhr sich Jason mit der Zunge über die Lippen. Gerade der Reiz des Wagnisses hatte ihn den Thread eröffnen lassen. Asht-Zero sollte sehen, dass nicht alle Bürger hinter den Urteilen von ein paar wenigen Menschen standen. Dass nicht der Stadtrat allein für die unterschiedlichsten Individuen Entscheidungen fällen konnte, ohne dabei ihre Wünsche und Vorstellungen auch nur einmal in Betracht zu ziehen. Geld mochte die Welt regieren, aber noch lange nicht jede einzelne Seele. Mit einem leicht fiebrigen Glanz in den dunklen Augen las Jason weiter: Beast 11.November 06:01 „Ich bin euer aller Untergang! Gehorchet mir oder ihr werdet es bitter bereuen! Auch nur eine Tat gegen mich und ihr seid verwünschet!“ So kommt mir die Politik hier vor... Free Opinion Speaker 11.November 08:48 Übertreibt ihr nicht ein wenig? Beast 11.November 08:50 Schere dich zum Teufel, oh Ignorant! Free Opinion Speaker 11.November 08:53 Ich habe nie verlauten lassen, dass alles Gold ist, was glänzt. Beast 11.November 08:59 Kritik vor allem anderen ist nicht immer ratsam, oh Angeklagter! Free Opinion Speaker 11.November 09:04 Und du willst richten? Tut mir leid, aber da verzieht sich mein Mund schon zu einem höhnischen Lächeln. Beast 11.November 09:12 Jeder ist ein Richter! Nun spreche dich aus! Free Opinion Speaker 11.November 09:33 Ungerechtigkeit wird es immer geben und vielleicht mag sie hier und da ausgeprägter und damit erschütternder sein. Jede Stadt wird durch eine Reihe von Menschen repräsentiert, die von den Bürgern selbst gewählt wird. Sich der Stimme enthalten ist kein Weg, um die Situation, in der wir uns alle bis auf wenige Ausnahmen befinden, zu ändern. Die Liste allerdings bedarf einiger Überarbeitung. Es muss dort angesetzt werden, wo der Fluss das Leben erhält. Die Quelle, der Ursprung. Der Beginn unserer Unzufriedenheit. Dort, worauf man an sich keinen Einfluss hat... Beast 11.November 9:45 Du deutest an, wir schwingen hier nur große Reden und haben im Grunde keine Ahnung, was nötig ist, um zu siegen? Free Opinion Speaker 11.November 09:51 Darum wiederhole ich mich an dieser Stelle: Ihr neigt zur Übertreibung! Der Disput zwischen den beiden erstreckte sich noch fast über eine Seite. Und ein Ende war noch nicht wirklich in Sicht. Dafür hatte Jason aber nicht die Nerven, obgleich ihn der Dialog schon etwas amüsierte. Zumindest zeigten sie Interesse und trotz des ersten Scheins steckte hinter beiden Argumentationssträngen im späteren Verlauf einiges an Wissen. Gerade als er das Forum schließen wollte, aktualisierte sich die Seite und ein neuer Name tauchte auf. The Judge... Zunächst vermutete er, dass es sich dabei um Beast handelte, doch die Worte, die unter dem Namen standen, ließen ihn aufmerken. Unwissentlich biss er sich auf die Unterlippe. Die Enttarnung! Jason Sartaren versucht euch, auf diesem Weg gegen den neuen Bürgermeister aufzuhetzen. Er kann die Schmach seiner Niederlage nicht ertragen! Jemand wollte sicherlich nur wieder eine Hetzkampagne gegen ihn starten. Und stellte ihn als den Initiator und gleichzeitig als einen Übeltäter hin. Mehr konnte nicht dahinter stecken. Ein Schuss ins Blaue, um die Gemüter wieder gegen ihn aufzulehnen. Mit einem Schulterzucken tat er den Eintrag ab und doch konnte er die Augen nicht vom Display lassen. Solange keiner darauf ansprang, würde die Parallele zu ihm niemals geglaubt werden. Jeder war der Meinung, er habe endgültig von der Politik genug und würde unter Garantie keinen Finger mehr rühren, wenn es auch nur im entferntesten Sinne etwas mit den Obersten der Stadt zu tun hatte. Die Medien hatten ihn schließlich genug durch den Dreck gezogen. Das würde eine Lehre für ihn sein. Es konnte keiner wissen, dass er sich dennoch exakt gegenteilig zur einschlägigen Meinung verhielt! Aspir war als Name nie gefallen und sein wahrer Name ohnehin nie in diesem Zusammenhang. Außer Frimmingway wusste keiner, dass er weiterhin politisch engagiert war. Frimmingway... Das würde der Kritiker nicht wagen! Nicht, nachdem seine eigene Existenz auf dem Spiel stand. Und wenn er... alles so hinbiegen würde, erpresst worden zu sein? Eisenhaltiger Geschmack breitete sich in Jasons Mund aus. Killian Frimmingway war ein ehrenvoller Mann, obgleich er von ihm vorhin noch vor den Kopf gestoßen wurde! Dieser Mann würde ihn nicht an die Stadt verkaufen, wo er doch selbst gegen sie auf seine Art und Weise kämpfte. Wenn er Frimmingway also ausschloss, dann konnte es sich bei dem User nur um jemanden handeln, der persönliche Abneigungen ihm gegenüber hegte. Jeremy? Oder gar Tyrones neuer Geselle selbst? Xander? Das würde vielleicht sogar einen Sinn ergeben. Hatte jener nicht selbst ausgerichtet, dass er nicht unterschätzt würde? Die Beschattungen mochten aufgehört haben. Aber wurde er womöglich auf andere Art und Weise überwacht? Waren seine Sicherheitsvorkehrungen nicht sicher genug gewesen? Mit einer Hand fuhr sich Jason durchs helle Haar und rief sich dabei zur Räson. Er musste nun Ruhe bewahren. Noch ein Fehler war nun das allerletzte, was er sich leisten konnte. „Verflucht!“, stieß er laut aus und stand auf, um sich aus dem Kühlschrank eine Flasche Cola zu holen. Er brauchte irgendetwas, um sich abzulenken. In abgehakten Bewegungen schraubte er die Kapsel von der Plastikflasche und setzte letztere dann an seinem Mund an. Während er sich einen Schluck nach dem anderen auf Ex einverleibte, wanderten seine Augen wieder zum Bildschirm. Als er einen neuen Eintrag erblickte, stellte er die Flasche neben dem Laptop auf den Tisch. Castlerock 11.November 23:50 So ein Schwachsinn!!! Nach DEN Berichterstattungen würde ich an seiner Stelle gewiss nicht so was hier abziehen. Eben! Genau das wollte Jason nach außen hin vermitteln. Zwei weitere Meinungen erschienen und bestätigten ihn in seinen Taten der letzten Monate. Keiner glaubte, was The Judge oder Frimmingway oder Xander oder wer auch immer dahinter stecken mochte behauptet hatte. Ein überhebliches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Er hatte bereits einen Teil der Stadt auf seiner Seite. Das würde dem Verfasser seiner Enttarnung – die keiner für bare Münze nahm – gewiss nicht gefallen. „Und jetzt?“, fragte er an seinen Laptop gewandt, das im Begriff war, das Forum erneut zu aktualisieren. Doch es kam keine Antwort zurück. Er begann zu lachen. „Keiner wird dir glauben!“, schallte beängstigend aus seinem Mund. Donnergrollen mischte sich unter die Laute, die sich in der Leere des Raumes alsbald verloren. Eine neue Nachricht blinkte auf: Admin 12.November 00:08 Der Thread weist allmählich zu viel feindliche Gesinnung auf. Entweder das ändert sich oder er wird unter Vorbehalt gesperrt werden. Jasons Augen verengten sich. Seit wann interessierte das jemanden auf der Homepage!? Als die Menschen gegen ihn propagiert haben, war das noch völlig in Ordnung gewesen. Und es gab nicht gerade wenige Einträge, die ihn in ein überaus schlechtes Licht rückten. Manche beleidigten ihn sogar bis auf das äußerste Maß! Interessierte man sich plötzlich dafür, weil sein Name nun ein zweites Mal gefallen war? „Das könnt ihr nicht machen!“, knurrte er. Ein weiterer Verlust war nicht tragbar. Er legte seine Hände auf der Tastatur auf und... Er wusste nicht, wie er darauf reagieren konnte. Alles, was ihm einfiel, würde ihn outen. „So ein verdammter M-“ Das Wort blieb ihm im Hals stecken, als unerwartet etwas in seiner Hose zu vibrieren begann. Es war das Handy, das nur für Aspirs Zwecke zum Einsatz kam. Zu dieser Zeit? Verwundert holte er das Hightechgerät aus seiner Tasche und begutachtete das Display. Unbekannter Anrufer. „Ja?“, fragte er barsch in den Lautsprecher, nachdem er etwas zögerlich abgehoben hatte. „Wie gefällt dir unser Admin?“, kam es höhnisch zurück. Tyrone höchstpersönlich? Jason schluckte. Dann richtete er seinen Blick wieder auf den Bildschirm seines Laptops, der einen neuen Eintrag im Forum parat hielt: Beast 12.November 00:13 Jason Sartaren, mein Held! Selbst wenn Sie sich nicht hinter diesem Thread verbergen sollten, so verneige ich mich mit größtem Respekt vor Ihnen. Die Politik in Asht-Zero ist so korrupt wie die ganze, verdammte Welt! In Ergebenheit, Beast Dann blinkte auf: Free Opinion Speaker 12.November 00:15 Beast, das war das dümmste, was du machen konntest... „Ist das nicht Grund genug, um die Sperre endgültig zu verhängen?“, schallte es belustigt aus dem Lautsprecher. Jasons Finger umfassten starr das Telefon in seiner Hand. Laut und unregelmäßig entfloh der Atem seinem Mund. Ein roter Balken durchzog den Bildschirm, der eben noch viele schwarze Lettern aufgezeigt hatte. „Oh, das hat dir die Sprache verschlagen“, spottete Tyrone weiter. „Unser kleiner Möchtegernheld ist wieder einmal gescheitert. Wie fühlt sich die Schmach an, die dich erneut durchtränkt?“ „...“ Das höhnische Summen einer Melodie drang aus der Leitung an seine Ohren. „Wer zuletzt lacht...“, presste Jason kalt hervor. In seinen Augen zeichnete sich die reinste Abscheu ab. „Nichts wird dir nützen“, erwiderte Zundersby gelassen. „Das werden wir noch sehen!“ Damit legte Jason auf. Tyrone von Zundersby... ! Wie konnte sich dieser Kerl nur erdreisten, ihn erneut derart bloßzustellen? Wie war er nur an diese Nummer gekommen? Der Kerl hatte wahrlich überall seine Fäden gesponnen. Gierige, unsichtbare Dinger, die sich um alles und jeden spannen. Das war widerlich! Ließ sich denn wirklich jeder mit ein paar Geldscheinen aus der Reserve locken? Tief einatmend ließ sich Jason auf das Sofa fallen. So beherrscht er durch Aspir auch handeln konnte, DAS hatte ihn nun wahrlich kalt erwischt. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen. Damit hatte er nicht gerechnet. „Tyrone von Zundersby“, fauchte er und ballte seine Hände zu Fäusten. Nun würde ihm nur noch fehlen, dass Greensthrow auch noch den Schwanz einzog. Wenn Zundersby Frimmingway dazu bringen konnte – und Jason war sich nun sicher, dass er ihn auf irgendeine Weise aufgesucht hatte! -, dann war auch Naid Greensthrow vor ihm nicht gefeit. Sehr zu seinem Leidwesen vermutete der junge Sartaren, dass Tyrone auch von diesem Mann wusste. Denn wenn er die Nummer länger als einen Tag besitzen sollte, dann ließ er ihn unter Garantie auch abhören. Der Kerl war doch zu allen Gesetzesbrüchen fähig! Fahrig fuhr sich Jason durchs Haar. Wie konnte nur ein Mann derart mächtig werden, ohne dass andere etwas dagegen unternahmen? Selbst die FA war bisweilen gescheitert. Selbst sein Vater hatte es nicht vollbracht, Tyrone das Handwerk zu legen. Das konnte alles nicht wahr sein. Einfach ein böser Traum, aus dem man wieder erwachen konnte. Mit einem gefährlichen Glanz in den Augen stand Jason wieder auf und nahm ein Bild seines Vaters in die Hand. Kelvin war durch Zundersbys Hand gestorben... Seine Miene verzog sich nach einer Weile des stummen Verweilens zu einer Fratze. Der Drang, Tyrone zu stürzen, war mächtiger denn je. Vorsichtig stellte er das Porträt zurück an seinen Platz und lief dann rastlos durch die Wohnung. Was würde er nun tun? Die Antwort sollte ihm sogleich wie von selbst gegeben werden, als sein Telefon abermals an diesem Abend klingelte. „Bitte?“, ging er unfreundlich ran. „Hier ist Greensthrow.“ Jason hatte es geahnt und doch traf es ihn mitten ins Herz. „Womit kann ich dienen?“ Freundlicher war er immer noch nicht. „Ich wollte Ihnen nur sagen, dass-“ „... Sie aussteigen“, beendete er den Satz für den Moderator und stöhnte entnervt auf. „Woher wissen Sie...?“ Naid Greensthrow beendete seine Frage nicht, weshalb Jason nochmalig aufstöhnte. „Weil Sie ein verdammter Feigling sind!“, stieß er wütend hervor. Es klickte. Naid hatte die Leitung gekappt. Und Jason dankte ihm mit einem Tritt auf die Küchentür. Tyrone von Zundersby hatte ganze Arbeit geleistet. Für was hatte er sich monatelang abgeschuftet? Nur um sich nun noch mehr wie ein Spielball des Schlossherren zu fühlen? Dann tat Jason etwas, das er seit einer Ewigkeit nicht mehr gemacht hatte. Er ging raus in die Kälte und rannte sich die Seele aus dem Leib. Ohne Ziel, ohne Plan. Völlig außer Atem lehnte er sich Minuten später an eine große Eiche und fasste sich an die Seite, die betäubende Schmerzsignale aussandte. Unablässig prasselte der Regen, der schon vor einer Weile eingesetzt und das Gewitter begleitet hatte, auf ihn hernieder. Er war vollkommen durchnässt, weshalb er nicht lange stehen blieb, sondern sich zurück zu seiner Wohnung schleppte. Unter einem Ächzen schloss er die Haustür hinter sich und verlor seine Kleidung auf dem Weg ins Bad. Er schaute nicht in den Spiegel, als er unter die Dusche stieg. Sonst hätte er vielleicht die absolute Leere in seinen rehbraunen Augen gesehen. Heiße Perlen flossen ungeachtet über seinen Körper, sammelten sich auf dem weißen Boden und stürzten alsbald in die Untiefen der Kanalisation. Wie in Trance rieb sich Jason mit duftendem Duschöl ein und nahm eigentlich gar nicht wahr, wie der Raum plötzlich nach frischem Pfirsich roch. Feine Nebelschwaden zogen sich allmählich durch das Bad und beschlugen den Spiegel, dem Jason auch später keine Beachtung schenkte. Mit einem Handtuch um die Hüften ging er in die Wohnküche und ließ sich dort auf dem Sofa nieder. Seit er seine Wohnung betreten hatte, arbeitete es gewaltig in ihm. Er hatte noch nicht verloren, egal ob das Tyrone behauptet hatte oder nicht. Dieser Kerl mochte ihm einflussreiche Leute genommen haben, aber er hatte immerhin noch sich selbst. Er hatte sich in den letzten Monaten eingehend mit Asht-Zero beschäftigt. Welche Leute an welchem Hebel saßen und wo Zundersby überall seine Finger im Spiel hatte. Natürlich hatte er nicht jedes Detail herausfinden können, denn dazu hat er die Mittel nicht besessen. Darum hatte Tyrone ihn wohl auch so kalt erwischt. Dass er selbst die Telefonleitungen überwachen konnte, hatte Jason nicht ahnen können. Und doch zeigte das nur auf, wie korrupt die Stadt wirklich war. Das Wissen, das er sich angeeignet hatte, musste er nur auf einem anderen Weg geschickt einsetzen. Und er hatte bereits einen Plan. Einen, der Tyrones Männer und Tyrone selbst von ihm ablenken würde. Er mochte sich vielleicht der Menschen aus der Öffentlichkeit nicht bedienen können, aber was war mit solchen, die nicht im Rampenlicht standen? An denen Zundersby ohnehin ein gewisses Interesse hatte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)