Days of Horror von Mikito (Bomben auf der Christopher Street) ================================================================================ Kapitel 38: Montag - 09.August ------------------------------ ~~~~ 27. Revier ~ Barclays Büro ~~~~ Nach einer kurzen Nacht betrat Barclay Ross am Montag früh das 27. Revier. In dem Großraumbüro, welches er links liegen ließ, herrschte bereits ein reges Kommen und Gehen. Nach so einem Wochenende eigentlich auch kein Wunder. Leichte Delikte wurden zu Protokoll genommen, bevor die Täter weitergeführt wurden, um ihre Fingerabdrücke registrieren zu lassen, es sei denn, diese waren bereits vorhanden. Dann durften die meisten wieder gehen, oder wurden in die dafür vorgesehenen Zellen im unteren Bereich des Gebäudes geführt. Im Laufe des Tages wurden diese kleinen Delikttäter dann dem Haftrichter vorgeführt. Ein ganz normaler Montag also. Ross hängte seine Jacke auf den dafür vorgesehenen Ständer hinter der Tür, ging zum Fenster und öffnete es. Sofort wurde er nicht nur mit einem Schwall Morgenluft, geschwängert von Abgasen, überrollt, sondern auch von dem dazu gehörigen Geräuschpegel. Doch das störte ihn nicht. Nach einer Weile schaltete er diesen gedanklich einfach aus. Als nächstes folgte, dass er den PC einschaltete und sich in seinen Sessel fallen ließ. Dann drückte er einen Knopf und sagte mit charmanter Stimme: „Kate, einen Kaffee, bitte.“ Keine Minute später betrat die junge Praktikantin, die am Empfang im ersten Stock ihre Stunden absolvierte, nach kurzem Anklopfen sein Büro und stellte die geforderte Tasse auf den Tisch. „Ein Löffel Zucker und ein Hauch Milch,“ erklang eine weiche, zierliche Stimme, die dem Commissioner ein kokettes Lächeln zuwarf. Barclay bedankte sich freundlich, wie jeden Morgen, wenn Kate ihm seinen Kaffee brachte. Normalerweise holte er ihn selbst, aber er mochte ihre Anwesenheit am Morgen, deswegen hatte er ihr diese Arbeit zugedacht. Außerdem schien es ihr nichts auszumachen. Hinzu kam, dass sie ihm mit ihrem kleinen Lächeln schon den Tag versüßte. Doch mehr auch nicht. Schließlich gab es in seinem Leben einen Partner, doch davon wusste die Praktikantin ja nichts. „Kann ich kurz?“ steckte Jim Cambel den Kopf durch die einen Spalt breit geöffnete Tür und schenkte nun seinerseits Kate ein warmes, aufrichtiges Lächeln. „Na, wenn haben wir denn da? Lässt du dich verwöhnen?“ fragte er in Richtung des Commissioner und zwinkerte ihm leicht zu, was Kate entging, weil sie sich schon auf dem Rückweg befand. „Was gibt’s denn, Jim?“ fragte er, nachdem die Tür zugefallen war und sie beide allein zurückließ. „Du warst gestern nicht da!“ „Sorry, aber ich musste... ich...“ „Schon okay, war doch kein Vorwurf. Aber ich dachte, wir hätten den Fall nochmals durchsprechen können.“ „Ich mach mir Sorgen, Jim. Sorgen um Ryo. Ich kann nicht sagen warum, aber irgendwie... ich fürchte, dass wir ihn zu spät finden werden.“ „Hör auf damit, Barc. Das ist... Red so was nicht. Ihr findet ihn schon... und ich hab da auch was, was dir helfen könnte...“ meinte Jim und ging hinter Barclay, um ihm die Schultern zu massieren. Sichtlich entspannt seufzte er nach zwei Minuten auf. „Siehst du, das hättest du gestern abend schon haben können,“ grinste der Spurensicherheitsexperte, beugte sich vor und küsste ihn leicht auf die Wange. „Nicht...“ zischte Barclay. Er wollte nicht, dass sein Geheimnis hier rauskam. Noch nicht. „Dann kommst du heute abend zu mir?“ „Ja, wenn ich kann! Also, was hast du für mich?!“ Kurz seufzte Jim, dann griff er in seine Jacke und beförderte ein Tütchen heraus, welches er Ross reichte. „Einige Fasern, nicht viel. Aber wir fanden Blutspuren dran. Nach der DNA-Analyse handelt sich eindeutig um Blut von Randy MacLane. Ich habe den Test zweimal durchlaufen lassen. Erst der Ring, dann das Blut...“ „Der Ring war an dem Finger von Fulton... Nicht wahr? Wo hast du die Fasern gefunden?“ „Stimmt. Am kleinen Finger. Hat wohl sonst nicht gepasst. Die Fasern fanden wir am Eingang. Und wir haben noch Grasspuren gefunden. Die Analyse läuft noch.“ „Grasspuren? Du willst sagen, dass Fulton gerne in Parks spazieren ging?“ „Das überlass ich euch, das rauszufinden. Ich habe nur die Spuren gefunden, was ihr damit macht, ist euch überlassen,“ grinste Jim und steckte den Beutel wieder ein. „Den Berichten zufolge, die ich gelesen habe, soll Fulton ein Einzelgänger gewesen sein. Wenig Kontakt zu den Mitbewohnern, aber das ist ja hier nichts ungewöhnliches. Aber... warte...“ Ross griff nach einer Akte und schlug sie auf. „Ja, hier. Er war sehr selten unterwegs. Wenn, dann mit einem knöchellangen Trenchcoat und Schlapphut. Das passt auf die Beschreibung des Attentäters.“ „Und wenn ich mich nicht täusche, liegt in der Nähe der Pellstreet auch nicht gerade ein Park?“ „Ich werde das zusätzlich prüfen lassen. Warum meinst du, ist das wichtig?“ „Weil weder an seinen Schuhen oder an seiner Kleidung weitere Spuren gefunden wurden. Keine Haare oder weiteres Blut von Ryo, nur diese wenigen Fasern. Genauso ist es mit dem Gras. Das hat mich stutzig gemacht, also das wollte ich dir nur schnell sagen. Und hoffen, dass ich dir durch meinen Anblick den Tag verschönere, aber da war wohl Kate schneller.“ „Du weißt, was du mir bedeutest, Jim. Kate ist nett und freundlich. Sie bringt mir gerne meinen Kaffee... das ist alles... oder spür ich da einen Hauch von Eifersucht?“ „Ja, ich weiß es. Aber du sagst es nie, Barclay... Und ja, ich bin eifersüchtig. Weil du sie mehr siehst als mich.“ „Bitte, Jim. Können wir das nicht später klären?“ „Das sagst du immer... Aber wie immer, gebe ich nach. Und ich sage es dir sogar, was ich für dich empfinde, Barc. Ich liebe dich...“ hauchte er und hätte ihn jetzt gerne geküsst, aber das hätte der Ältere mal wieder abgeblockt. Ein kleines wehmütiges Lächeln zeigte sich. „Ich weiß... aber ich kann noch nicht... ich habe dir versucht zu erklären...“ „Vergiss es!“ unterbrach Jim ihn. Bevor er wieder die selbe Leier wie schon seit einem halben Jahr hören musste. Ein halbes Jahr, in dem er mit ihm zusammen war, wenn Barclay es wollte. Aber kaum, dass er ihn mal brauchte oder wollte, steckte der zurück. Immer bestimmte Barclay in ihrer ‚Beziehung’. Und er nahm es immer stillschweigend hin. Er war sich sicher, was er für den Commissioner empfand, aber auch, dass dies kein Zustand für die Ewigkeit war. „Schon was rausgefunden mit der Baufirma oder dem Jungen, der sich umgebracht hat?“ Barclay ordnete die Akte und wusste, dass er Jim weh tat, aber er konnte einfach nicht über seinen Schatten springen. Er wusste ja noch nicht einmal, ob er ihn wirklich so liebte, wie es der Blonde verdiente. „Nein. J.J, Ted und Drake sind heute morgen unterwegs, um das abzuchecken. Übers Wochenende hatten sie keinen erreicht, auch das Waisenhaus war auf einem Ausflug. Hat mal alles gepasst!“ sagte er und vermied den Blickkontakt zu Jim. „Und McNear?“ „Er ist wieder dabei. Er...“ sollte er es ihm erzählen? Aber wenn nicht ihm, wem denn dann. „Er stellte die Bedingung, dass er wieder mithilft, wenn ich ihm die Erlaubnis erteile, Dee zu besuchen. Da du meintest, dass es richtig sei, ihn wieder an den Ermittlungen zu beteiligen, habe ich zugestimmt.“ „Du hast was?“ „...“ „Ich hab ja keine Ahnung, was dieser Kerl mit Dee hat, aber unter den Bedingungen... Barc?!“ „Ich weiß. Aber ich denke, ich habe richtig gehandelt,“ untermauerte er seine Entscheidung. „Was hättest du gemacht, wenn ich... nein, ich will es gar nicht wissen.“ Barclay stand auf, ging zur Tür und schloss diese ab, zog dann alle Lichtblenden zu, so dass sie in seinem Büro abgeschirmt von allen waren. Dann ging er zu Jim, zog ihn kurzerhand zu sich. „Ich vertrau dir... deinem Urteil und allem, was uns betrifft. Deswegen höre ich auf deinen Rat. Du willst mich nicht hintergehen, bist offen und ehrlich zu mir... Hättest du mir etwas anderes geraten, wäre ich deinen Worten auch gefolgt. Du bist mir sehr wichtig, Jim...“ sagte er ergriffen und küsste ihn dann lange und zärtlich. „Wieso?!“ hauchte Jim, nachdem sich ihre Lippen gelöst hatten. Mehr brauchte dieser auch nicht zu fragen, denn Barclay wusste es, ohne nachzufragen. „Weil alle, denen ich meine Liebe gestanden habe, sterben... ich will dich nicht verlieren, Jim.“ „Ich bin nicht wie andere... Barc.“ „Lass uns doch so weitermachen...“ bat er rau. „Das kann ich nicht auf ewig... ich bin ein Mensch. Ich möchte auch hören, dass ich geliebt werde.“ „Okay... Ich liebe dich.“ Barsch löste Jim sich von dem Commissioner und sah ihn wütend an. „Ich will, dass du es auch so meinst, wenn du es sagst...“ fauchte er leise. Schließlich wollte er im Büro, auf dem Revier, keine Szene machen. Ohne ein weiteres Wort ging er zur Tür, riss sie auf und schmiss sie hinter sich leise aber energisch genug, damit Ross wusste, dass es ihm ernst war, zu. ~~~~ Ryo’s Gefängnis ~~~~ Ryo erwachte aus seinem Dämmerschlaf. Er schaute sich gehetzt um, nein, er war noch allein. Erleichtert ließ er sich zurück in die Kleidungsstücke fallen. Um ihn herum roch es. Er stank, wenn er es genau nahm. Ryo rappelte sich auf und ging mit inzwischen wieder festeren Schritten zum Waschbecken, um sich wieder ein wenig frisch zu machen, doch als er die Wasserarmatur betätigte kam nichts außer einem Röcheln aus den Rohren. Erst nun fielen ihm die Worte von seinem Peiniger ein und ihm wurde klar, dass dies kein leeres Gerede gewesen war, wie er gehofft hatte. Mit weniger sicheren Schritten näherte er sich dem Eimer in der Mitte des Zimmers. Sein Urin grinste ihn förmlich an. Er ließ sich davor nieder, atmete seinen eigenen Geruch ein und zog sich zurück, bis er die Wand wieder in seinem nackten Rücken spürte. Seine Beine zog er an und schlang die Arme um den merklich ausgezehrten Körper. Das Brot in der Ecke sah lecker aus, also beugte er sich rüber und ergriff es, ließ es dann jedoch fallen, als er sah, dass es bereits schimmelte. Alles zog sich in ihm zusammen und schon wieder wurde er von einer Welle der Erniedrigung ergriffen. Trocken schluchzte er auf, was ihm Schmerzen in seinem Hals bescherte. Sein Blick ging zu dem hellen Kreis auf seinem linken Ringfinger, wo bis noch vor wenigen Tagen sein Ehering geprangt hatte. Nun hatte er diesen auch verloren. Sollte er auch noch seine Würde verlieren indem er das tat, was sein Peiniger von ihm verlangte? Blieb ihm denn eine Wahl? Er musste sich entscheiden, obwohl die Entscheidung schon längst gefallen war. Es gab dort draußen Menschen, die ihm wichtig waren. Menschen, die auf ihn warteten. Menschen, die nach ihm suchten. „Dee... Sara...“ Hinter seinen Augen brannten die Tränen, doch er verbot sich, seiner Trauer, seiner Verzweifelung nachzugeben. Er musste einfach stark bleiben. Sonst würde er sich und alles was ihm wichtig war verlieren. Sein Magen knurrte merklich auf, als er sich ein Stück von dem Brot abbrach, den gröbsten Schimmel wegbrach und es langsam kaute, bevor er sich wieder dem Eimer näherte und seine Hand eintauchte, um das trockene Brot seine wunde Kehle hinunter zu spülen. Übelkeit überkam ihn, als ihm der Geruch in die Nase stieg, aber er schluckte tapfer. Er tat es nicht für sich, sonder er zauberte auch in dieser Situation Bilder aus seiner Vergangenheit hervor. Bilder, wo er noch glücklich gewesen war. ~~~~ In Black’s Wohnung ~~~~ Erneut wurde Black von einem lauten Lachen, welches hell durch seine Wohnung schallte, geweckt. Er drehte sich nochmals auf die andere Seite, bis ihm auch so bewusst wurde, dass er nur noch allein in dem Bett lag. Sein Lover musste wohl schon auf sein. Seufzend und die Frühe verfluchend, warf er einen Blick auf den Wecker und saß plötzlich senkrecht. „Morgen Schatz,“ wurde er begrüßt, als sich ein Tablett vor ihm aufbaute. Beladen mit zwei Tassen dampfendem Kaffee, einem bereits belegten Brötchen und einer blühenden Rose. „Die hat Sara dazu gepackt. Sie meinte, dass ihr Dad das bei Daddy auch so macht.“ Mick hockte sich auf die Bettkante, nahm einer der Tassen in seine Hand und pustete leicht darüber. „Es ist fast Mittag!“ knurrte Black und funkelte seinen Lover aus den grünen Augen an. „Du sahst fertig aus. Außerdem ist alles ruhig. Ich hab schon im Krankenhaus angerufen. Chris und Dee geht es gut. Sie hatten eine gute Nacht. Wir besuchen sie nachher. Nun trink erst einmal und versuch zu lächeln. Du bist nicht im Büro.“ Vorsichtig, um sich nicht zu verbrühen, nahm Prescott einen Schluck der dunklen Brühe. „Ich entscheide immer noch, wann ich...“ „Mund auf,“ sagte Mick einfach und hielt ihm das belegte Brötchen hin. Resigniert öffnete Aaron seinen Mund und biss ein Stück ab. „Weißt du eigentlich, wie man das trennt. Ich meine, Dad und Daddy? Dad müsste wohl Dee sein... und Ryo dann Daddy... Jedenfalls redet die Kleine Dee so an... ich würde da durchdrehen.“ „Du willst also keine Kinder?“ fragte Aaron kauend. „Bei dem, was wir tun? Ich glaube nicht, dass es für so einen Wurm gut wäre... Sie stünde doch dann auch ständig unter Gefahr. Das würde ich nicht durchhalten,“ gab Mick ruhig seine Bedenken preis und hielt Aaron das Brötchen erneut hin, der es ihm jedoch aus der Hand nahm und nun friedlich alleine frühstückte. „Was ist mit dir, Aaron. Möchtest du eins?“ „Ich hab mir ehrlich gesagt nie Gedanken gemacht. Aber seit Sara hier ist... seit der Sache mit dem Bomber und so... Irgendwie wäre es schon schön, so einen kleinen Wirbelwind um sich zu haben. Der einen von den alltäglichen Sorgen im Geschäft ablenkt...“ „Es wäre aber nicht nur abends, Beauty, sondern auch tagsüber. Einer von uns müsste sich einschränken.“ „Wir sollten das Thema lassen.“ „Aber du als Dad, Aaron... das könnte ich mir schon vorstellen. Nur schade, dass es nicht deine Augen haben wird...“ „Wir könnten eine Leihmutter...“ „Du meinst das nicht ernst. Könntest du mit einer Frau? Ich meine... also ich... nein... also,“ stammelte Prescott und unterbrach Aaron in seiner Ausführung. Er hatte zwar schon viel in seinem Leben gemacht, aber noch niemals mit einer Frau geschlafen. Er wusste schon in der Schulzeit, dass er schwul war, und er stand dazu. Seine Eltern hatten ihn immer dazu motiviert, seinen Weg zu gehen, und das hatte er immer getan. Sie hatten ihn auch nicht verstoßen, obwohl das Dorf, in dem er aufgewachsen war, es ihnen nicht leicht gemacht hatte. Aber sie wurden schließlich akzeptiert, weil sie zu ihm standen und sich nichts gefallen ließen. Ja, man konnte durchaus was erreichen, wenn man zu seiner Überzeugung stand. „Nein. Ich könnte es wohl nicht. Jedenfalls bezweifle ich, dass sie mich antörnen würde, so wie du... aber es gibt ja auch noch die künstliche Befruchtung. Unser Samen vereint in ihr... was meinst du? Wollen wir mal darüber nachdenken?“ Prescott bis sich auf die Unterlippe. Ein Zeichen, dass er nervös war. „Wenn du es wirklich willst... werde ich mitmachen, das ist doch klar... aber wir sollten wirklich alles gründlich abwägen. Bei Dee und Ryo war es anders... ich meine, er war schwanger... aber...“ „Ich merk schon, dass du nicht mal darüber nachdenken möchtest.“ „Das ist es nicht, Black. Es ist... es ist ein großer Schritt... und ich möchte, dass wir das gemeinsam entscheiden, wenn... wenn das hier alles vorbei ist. Okay? Verschieben wir es auf später?“ „Gut. Erst Ryo... dann reden wir nochmals darüber,“ gab Black sich geschlagen. Wer hatte eigentlich mit dem Thema angefangen? Aber so ein kleiner Schatz wäre schon was wunderschönes, und dann noch von ihnen beiden. Vielleicht konnte er Prescott ja noch überzeugen. Er musste nur bessere Argumente vorbringen. **** TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)