Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Getrennte Wege ------------------------- Getrennte Wege Catherine blieb die Antwort im Hals stecken, als sie Daniele erblickte, der langsam in den Salon trat. „Für Ihren Ungehorsam müsste ich Sie zu einer Untersuchung nach Rom schicken, Mademoiselle.“ „Aber?“ „Ich denke, wir werden uns auch so einig.“ Daniele kam auf sie zu und blieb dicht vor ihr stehen. Sie musste nicht nach oben blicken – sie waren ungefähr gleich groß. „Sie helfen Ihrem Bruder und wir vergessen den Vorfall.“ schlug er vor. „Niemals.“ widersprach sie hasserfüllt. „Woher kommt Ihre Sympathie für Hexen nur?“ meinte er und ging zum Fenster. „Aus meiner Sympathie für meine Mitmenschen, aber so etwas ist jemandem wie Ihnen sicher fremd.“ „Werden Sie nicht unverschämt. Ich repräsentiere den Hohen Rat.“ „Ah, den Hohen Rat… Dann sagen Sie mir doch, wo meine Eltern sind. In Rom sind sie allem Anschein nach nämlich nicht. Woher hatten Sie noch gleich das Notizbuch? Gab Ihnen das mein Vater nicht in Rom?“ „Worauf wollen Sie hinaus?“ „Dass irgendjemand der Beteiligten nicht ist, was er vorgibt zu sein. Es kann ja wohl nicht beides richtig sein.“ „Ihr Vater ist in Rom. Genau wie Ihre Mutter.“ „Hören Sie auf, mich für dumm zu verkaufen!“ rief Catherine und fuhr wütend herum. „Sie glauben, Sie können sich einfach so in Leben einmischen und Schicksal spielen?! Falsch! Das können Sie nicht! Leute wie Sie…“ Catherine brach ab, als er grinste. „Das ist nicht lustig!“ „Der Rat warnte mich vor Ihnen. Sie sind ihm bekannt, Catherine. Und ich warne Sie: Der Rat sieht sich das nicht mehr allzu lange an.“ drohte er. „Was meinen Sie damit?“ mischte sich Lucien ein. „Ihre Schwester ist eine Gefahr für die Bruderschaft. Sie hält sich nicht an ihren Schwur und sie …“ Catherine hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr anwesend zu sein. Was war sie hier? Objekt? Eine Sache? Sie folgte kaum noch der Unterhaltung der beiden anderen. „Was soll das heißen? Sie hat bisher jeden Auftrag ausgeführt!“ versuchte Lucien, doch Daniele hob seine Hand. „Ja, sie hat oft Schlimmeres verhindert, aber dem Rat ist nicht entgangen, dass sie den Auftrag nicht in allen Details ausführt. Das tut sie schon lange nicht mehr. Sie vernichtet einen Dämon, aber nicht seine menschlichen Anhänger. Sie tötet einen Magier, vernichtet aber nicht seine Familie… Das geht nicht länger.“ Catherine wandte sich ab. „Und nun… Sagten Sie nicht, sie sei bereit, die Macht zu töten, die entstehen soll, nicht aber die Hexen oder den Altar zu vernichten?“ Lucien nickte. So hatte es sie gesagt. Nicht wörtlich, aber so in der Art. Catherine wusste, dass er Recht hatte. Sie führte ihre Aufträge schon lange nicht mehr so aus, wie von der Bruderschaft gewünscht. „Ich sehe nun einmal keinen Sinn darin, Kinder zu töten.“ „Sobald diese Kinder Nachkommen eines Magiers sind, sind sie nicht mehr unschuldig, sondern genauso ketzerisch wie ihr Vater oder ihre Mutter selbst! Sie müssen den Anweisungen des Rates Folge leisten. Sie müssen. Ob Ihnen das nun passt oder nicht. Sie haben es geschworen.“ „Ich breche diesen Schwur. Ich kann ihn nicht länger einhalten.“ „Das ist … Sind Sie wahnsinnig? Nicht nur, dass Sie sich selbst in höchste Gefahr begeben… Nein, Sie ziehen auch noch Ihre Familie mit ins Verderben.“ „Ich kann nicht gegen mein Gewissen und mein Mitgefühl handeln.“ Daniele schnaufte verächtlich. „Gewissen und Mitgefühl. Diesen Luxus sollten Sie sich nicht leisten.“ „Warum nicht? Dass Sie und die Bruderschaft auch weiterhin die Kontrolle ausüben? Die Bruderschaft wurde gegründet, um Menschenleben zu retten… So hieß es zu uns, oder nicht, Lucien?“ fragte Catherine. Lucien reagierte nicht. „Ich kann mich mit den Methoden dieser Gemeinschaft nicht länger identifizieren.“ fuhr Catherine fort und hielt Danieles Blick stand. Daniele schüttete den Kopf. „Ich gebe Ihnen noch etwas Zeit, sich zu besinnen. Treffen Sie Ihre Entscheidung – und treffen Sie sie weise. Auch die Zukunft Ihrer Familie hängt davon ab.“ Catherine nickte. „Ich habe mich entschieden. Mein Bruder hat sich für die Bruderschaft entschieden. Meine Eltern werden sich ebenso für die Bruderschaft entscheiden. Und somit gegen mich.“ Daniele blickte sie wütend an und zuckte dann die Schultern. „Das wird Konsequenzen haben, Mademoiselle.“ „Davon gehe ich aus.“ entgegnete sie ruhig. Es war ihr schlicht und ergreifend egal – alles, was er nun noch sagte. Luciens Blick ruhte auf ihr und wirkte fast mitleidig. Warum hatte er nicht kommen sehen, dass sie mit der Bruderschaft brechen würde? Und warum wusste er, dass sie es keine Sekunde bereuen würde? Lucien stand in seinem Zimmer und packte schnell einige seiner Sachen zusammen. Warum? Er warf wütend seine letzten Hemden in die Reisetasche. Warum verriet sie ihn? Warum stellte sie sich gegen ihn? Warum war sie nur so… wie sie eben war? „Sind sie soweit?“ Daniele lehnte am Türrahmen. „Ich hatte Sie gebeten, unten zu warten.“ stelle Lucien fest und zog den Reißverschluss seines Gepäckstücks zu. „Sie haben doch nichts zu verbergen?“ Lucien reagierte nicht. „Ihre Schwester handelt nicht sehr klug.“ meinte Daniele plötzlich. Lucien blickte ihn an. „Handeln Sie klug und bleiben Sie der Bruderschaft treu.“ „Haben Sie daran etwa Zweifel?“ „Sie lassen Ihre Schwester also hier?“ „Ich begleite Sie.“ Daniele nickte nur, verließ das Zimmer und ging dann wieder die Treppe hinunter, wie Lucien hörte. Wenig später folgte er ihm, nachdem er einen letzten Blick in sein Zimmer geworfen hatte. Catherine stand unten an der Treppe und blickte ihm entgegen. „Daniele, könnten Sie bitte draußen warten?“ fragte Lucien, doch Daniele rührte sich nicht vom Fleck. Lucien nahm Catherine beiseite und meinte: „Was tust du?“ „Ich höre auf mein Gefühl, Lucien.“ „Und um welchem Preis?“ Catherine antwortete nicht. „Die Bruderschaft wird dich … Catherine, du bist in Gefahr und das weißt du. Ist dir das wirklich so egal?“ Wieder sagte sie nichts. Lucien schüttelte den Kopf und wandte sich von ihr ab. Catherine sah ihm nach und folgte ihm langsam zur Tür. Seine Tasche trug er über der rechten Schulter. Daniele wartete schon ungeduldig. „Warte!“ kam plötzlich aus ihrem Mund. Beide Männer wandten sich um und sahen sie erwartungsvoll an. Auf Danieles Gesicht breitete sich ein flüchtiges, hämisch anmutendes Lächeln aus, das Catherine ignorierte und an den beiden vorbei zur Tür ging. Sie legte ihre Hand auf den Türgriff und öffnete. „Bitte.“ meinte sie kühl. „Was..? Daniele starrte sie an. Lucien ließ ihr keinen Blick mehr zukommen. Ruhig lehnte sie an der Haustür und sah ihm ebenso ruhig zu, wie er an ihr vorbei über die Schwelle trat. Sie sagte kein Wort mehr. Nicht eines. Daniele musterte sie, doch er entdeckte nichts in ihrem Gesicht, das ihm weitergeholfen hätte. Warum hielt sie ihren Bruder nicht zurück? Warum nahm sie in Kauf, dass sie alleine gegen den Rest stand? Wusste sie in Wahrheit mehr, als sie zugab? Er begegnete dem Blick ihrer grünen Augen, in denen ein kaltes Feuer zu lodern schien. Er schreckte merklich zurück. „Ihr schlechtes Gewissen plagt sie schon jetzt.“ bemerkte sie. „Sie täuschen sich.“ Daniele errang seine Fassung so schnell wie er sie verloren hatte und trat ebenfalls an ihr vorbei. Catherine lächelte überlegen und ruhig. „Vielleicht jetzt noch nicht, aber der Tag wird kommen. Sie wissen es.“ entgegnete sie und nickte noch einmal. „Der Tag wird kommen.“ murmelte sie noch einmal. Catherine schloss die Tür hinter den beiden Männern, sobald sie draußen waren. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Daniele starrte auf die Tür vor ihm. Eine unerklärliche Gänsehaut war ihm über den Rücken geschnellt und verflog nur sehr langsam wieder. „Der Tag wird kommen.“ murmelte er. „Was?“ „Nichts. Gehen wir!“ entgegnete er und ging mit Lucien zum Wagen, den er in einer Querstraße geparkt hatte. „Haben Sie die Antwort erhalten, die sie hören wollten?“ fragte Lucien, als er sein Gepäck im Kofferraum verstaute. Daniele antwortete nicht, sondern meinte: „Ich muss mit der Bruderschaft unser weiteres Vorgehen besprechen.“ Lucien mochte ihn nicht, das konnte er ohne die geringste Einschränkung sagen, doch er hatte einen Auftrag. „Wo setzen Sie mich ab?“ „Sie werden mich nach Rom begleiten.“ „Der Auftrag… Sollte das Imbolc-Fest nicht…“ „Bis zum Imbolc-Fest sind es noch vier Wochen. Bis dahin sind Sie wieder aus Rom zurück. Und wenn Sie doch länger in Rom brauchen werden, wird die Bruderschaft den Auftrag weitergeben. Irgendjemand wird sich schon um die Hexen kümmern.“ „Ja, so wird es wohl sein.“ „So ist es.“ bekräftigte Daniele und fuhr Richtung Flughafen. Lucien blickte aus dem Fenster. Er konnte gerade noch die Baumwipfel sehen, die sich aus dem Park der Villa erhoben. „Ihren Eltern hilft es sicher sehr, dass sie wenigstens der Bruderschaft die Treue halten. Es wird sie trösten. Nicht auszudenken, was für ein Verlust es für sie wäre, wenn sie beide Kinder verlieren würden.“ ergriff Daniele wieder das Wort. Lucien sagte wieder nichts. ___________________________________ So, das war's mit dem 5. Kapitel. Das sechste kommt nächsten Freitag (25.01.08) Liebe Grüße. Elena. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)