Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 17: Gastfreundschaft der Unsterblichen ---------------------------------------------- Gastfreundschaft der Unsterblichen Lestat erhob sich am nächsten Abend, sobald die Dunkelheit aufzog, und verließ das Nebenzimmer. Louis saß da und las in irgendwelchen Unterlagen, während er immer wieder auf den Tisch hinüber zu Catherine blickte. „Das Blöde daran, dass wir in den Highlands sind, ist die Tatsache, dass es hier kaum Menschen gibt.“ meinte Lestat und beugte sich über Catherine. „Davon rate ich dir auf das Dringlichste ab.“ entgegnete Louis ruhig, doch nicht weniger bestimmt. Lestat wandte den Kopf um. „Solange ich nicht weiß, warum diese Sterbliche alles auf den Kopf stellt, kannst du Gift darauf nehmen, dass ich meine Zähne nicht…“ „Gibt es Probleme?“ fragte Marius und trat ebenfalls in den Raum. „Nein, natürlich nicht!“ erwiderte Lestat und verließ das Gewölbe. „Er wird uns noch Probleme machen. Wollte er von ihr trinken?“ „Es scheint nicht so.“ antwortete Louis beiläufig. „Ich fürchte, ich muss mit ihm reden.“ Louis blickte auf und zog die Augenbrauen hoch. „Lestat war schon immer so, das müsstest du am Besten wissen.“ Marius nickte und betrachtete Catherine. „Warum kommt sie nicht zu Bewusstsein?“ fragte er, doch erwartete darauf keine Antwort, da sie Louis unmöglich haben konnte. „Kam Daniel noch zurück?“ Louis nickte und erhob sich. „Ich habe Durst. Ich bin gleich wieder da.“ „Was? Haben wir Ratten im Keller?“ Louis überhörte diesen Kommentar, legte die Unterlagen zurück zu Davids und verließ das Gewölbe. Lestat kehrte mitten in der Nacht zurück zum Unterschlupf und zog die Holztür hinter sich zu. Catherine lag noch immer dort, wo Marius sie abgelegt hatte. „Marius und David sind zu Saerlaith aufgebrochen. Louis ist noch nicht wieder da und ich will jetzt auch gehen. Bleib’ hier und lass die…“ „Zähne aus ihr.“ beendete Lestat genervt den Satz und blickte Daniel an, der gerade erst aufgestanden sein musste. „Wo warst du so lange?“ „Ich habe einiges für David besorgt.“ Lestat wartete zwar auf weitere Ausführungen, doch die bekam er nicht. „Ihr gefallt euch darin?“ „Worin?“ „In eurer Rolle, mir alles zu verheimlichen, was nur geht! Ich habe nicht einmal eine genaue Vorstellung davon, warum ich hier bin…“ „Na, das ist ja wohl eher dein Problem und nicht meines.“ unterbrach ihr Daniel. Lestat blickte den ehemaligen Journalisten nur an, dann drehte er sich auf den Absätzen um und hörte, dass Daniel den Keller verließ. Allmählich hörte Lestat dessen Schritte verklingen und verschränkte die Arme vor der Brust. Langsam trat er zum Tisch und betrachtete das Mädchen auf ihm. Einzelne Strähnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und lagen auf ihrer Stirn. Ihre Augenlider zuckten manchmal unruhig, während ihre Atemzüge leicht und in regelmäßigen Abständen ihre Brust hoben. Ihr Herz pochte sanft gegen ihren Brustkorb. Ihr Körper strahlte eine kaum bemerkbare Wärme aus. Ihr Blut rauschte förmlich durch ihre Adern. Lestat fuhr sich unwillkürlich über seine Lippen. Er hatte bereits getrunken, doch nicht viel. Der alte Mann, der ihm – zu dessen Unglück – begegnet war, hatte fad geschmeckt und kaum ausreichend seinen Gaumen benetzt. Es konnte nicht schaden, wenn er… Lestat riss sich selbst von ihrem Hals zurück und wich vom Tisch zurück. In sicherem Abstand setzte er sich in den kleineren Nebenraum und starrte gebannt auf die Wand vor ihm. Er durfte nicht daran denken, dass sie nicht weit von ihm entfernt ausgeliefert auf einem Tisch lag. Er durfte nicht…. Er durfte nicht… Plötzlich hörte er den Tisch knarren und erhob sich. Sie war bei Bewusstsein und blickte sich um. Der Horror war ihr ins Gesicht geschrieben. Lestat grinste. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt. „Du hast keine Ahnung, wo du bist, nicht wahr?“ fragte er in die Stille. Catherine fuhr erschrocken herum, rutschte schnell vom Tisch und brachte so das Möbelstück zwischen sich und den Fremden. „Wo… Wo bin ich denn?“ fragte sie. Ihre Stimme kratzte. Sie hatte das Gefühl, dass er sie nicht gehört haben konnte, so leise hatte sie gesprochen, doch er trat aus dem Schatten hinaus und meinte: „Ist das nicht unwichtig?“ Catherine sah seine weißen spitzen Zähne aufblitzen und zuckte zurück. Sie hatte fast mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass er Vampir war. „Sie sind der… der…“ Mann? Vampir? „Derjenige, der auf der Straße war. Und danach in meinem Zimmer.“ „Darauf solltest du dir wirklich nichts einbilden.“ „Warum haben Sie mich nicht da getötet? Macht es Ihnen Spaß, mit ihren Opfern zu spielen?!“ „Mit dem Essen spielt man nicht. Das heißt es doch, oder?“ Catherine schluckte. Er kam weiter auf den Tisch zu. „Bleiben Sie, wo Sie sind!“ rief sie verzweifelt. Ihre Finger krallten sich abgestützt in das alte Holz. Ihre Handgelenke schmerzten und die Gedanken kreisten wirr in ihrem Kopf. Wo war sie? Wer war er? Wie war sie hierher gekommen? Wo waren die anderen? Was war überhaupt passiert? Catherine schloss die Augen. Sie erinnerte sich nur an den Kräutertrunk und dann… Nein, so sehr sie sich auch anstrengte: sie hatte es vergessen – oder nicht mitbekommen, was geschehen war. Lestat betrachtete sie. Der Kerzenschein warf kleine, tanzende Schatten auf ihre Erscheinung und ließ sie wie eine Erinnerung aus ferner Zeit wirken. Sie stand da und blickte ihn an. Das Haar hing in einem langen Zopf, aus dem sich kleine verwirrte Strähnchen gelöst hatten, über ihre Schulter. Das lange Kleid umgab ihren geschmeidigen Körper. „Fürchtest du dich?“ Catherine antwortete nicht. „Wenn ich dir sagen würde, dass es dafür keinen Grund gibt… Was würdest du dann tun?“ Catherine antwortete wieder nicht. Lestat wich wieder einige Schritte zurück. Sie blickte ihn an und verbrannte ihn fast mit ihren Augen. „Du fürchtest dich und du würdest mich gerne…“ Er brach ab. „Was würde ich gerne?“ fragte Catherine. Langsam wich ihre Angst und machte Neugierde Platz. Dieser Mann vor ihr war anders als die Vampire, die sie bisher gesehen hatte. Sie hatte es gespürt, denn vor anderen würde sie nicht zurückweichen. Sein Gesicht war ebenmäßig und seine Augen unglaublich. Seine Gestalt edel und wunderschön. Das mussten die Vampire sein, die Kardinal so bewundernd mit ‚Vampir’ bezeichnet hatte. „Lestat!“ Catherine fuhr herum und erblickte einen zweiten und einen dritten Vampir. „Du brauchst uns nicht zu fürchten. Wir sind…“ „Ja, klar!“ Louis blickte zu Lestat. „Was hast du mit ihr gemacht?“ fragte er ungehalten. „Überhaupt nichts.“ Catherine blickte unschlüssig von einem zum anderen. „Ich bin Louis. Das ist Daniel. Und der hier… ja… der ist Lestat, aber er hat sich dir sicher vorgestellt.“ Catherine sagte nichts, doch als Louis sie fragend anblickte, meinte sie: „Ich denke, das hat er – auf seine Weise.“ Louis schüttelte den Kopf und blickte Lestat vorwurfsvoll an, dann fuhr er fort: „Wir sind Freunde von Saerlaith. Verbündete sozusagen.“ Catherine brauchte eine Weile, bis sie ihnen das glaubte und auch jetzt, wo sie mit ihnen an diesem Tisch saß, hatte sie noch ihre Zweifel. Lestat saß nicht mit am Tisch, sondern lehnte an der Wand. „Die Bruderschaft hat das Imbolc-Fest überfallen und das Ritual unterbrochen. Wir dachten nicht, dass du so früh wieder zu dir kommst. Immerhin warst du ganz schön weggetreten. Auf jeden Fall haben wir dich hierher gebracht, da du hier vor ihnen sicher bist und dich ausruhen kannst. Saerlaith weiß natürlich davon. Es war überhaupt erst ihr Idee. Und wie gesagt: von uns hast du nichts zu befürchten.“ meinte Daniel. Catherine blickte immer noch von einem zum anderen, dann fragte sie: „Was ist mit den anderen Hexen? Saerlaith, Elatha, Keena… Was ist mit ihnen? Wer hat den Angriff der Bruderschaft geleitet? War das ein größerer junger Mann mit braunem Haar und einer Narbe an der Schläfe? War das…“ Louis hob die Hand. „Das weiß ich nicht. Marius und David sind bei Saerlaith.“ „Wer sind Marius und David?“ „Sie sind wie wir.“ meldete sich nun das erste Mal Lestat zu Wort. Catherine blickte ihn an und wandte sich dann wieder Louis zu. „Du brauchst sie nicht zu fürchten.“ „Ja, sie dürften getrunken haben, wenn sie zurückkommen.“ „Lestat! Es reicht! Auch wenn du Recht hast.“ Die Tür hatte sich wieder geöffnet und zwei weitere Vampire traten ein. „Da sind sie. Marius und David.“ Der Vampir, der als David vorgestellt wurde, eilte sofort zu seinen Büchern und Schriftrollen, während Marius am Tisch Platz nahm. Catherine fühlte sich nicht direkt unwohl, doch die Situation war trotzdem sehr befremdlich. Sie saß hier – als einzige Sterbliche mit Pulsschlag – inmitten von Unsterblichen ohne Pulsschlag. „Was habt ihr schon erzählt?“ „Nicht viel. Was gibt es Neues von Saerlaith?“ „Viele neue Hinweise. David meint, er kann etwas mit den Puzzleteilen anfangen. Ich glaube noch nicht recht daran. Es klang alles ziemlich… wirr. Wir werden sehen. Wir können nur warten, bis er es hat.“ „Warten?“ fragte Catherine. „Ja, bis wir zurück ins Schloss aufbrechen, bleibst du natürlich…“ „…hier.“ beendete Catherine den Satz. Marius nickte und musterte sie. „Wie geht es den Hexen?“ fragte Catherine noch einmal. „Den Umständen entsprechend.“ antwortete Marius in seine Betrachtungen versunken. „Was heißt das genau?“ fragte sie eisern. Irritiert blickte er auf und antwortete: „Viele Verletzte. Drei sind noch in Lebensgefahr und sechs sind tot.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)