Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 43: Botschaft des Unterbewusstseins ------------------------------------------- Botschaft des Unterbewusstseins Catherine wusste nicht, wann sie in dieser Nacht in ihr Zimmer gekommen war. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, war es draußen schon ganz hell. Catherine bezweifelte, dass es überhaupt noch am Morgen war. Sie erhob sich und tapste ins Bad, während sie sich verschlafen die Stirn rieb. Sie hatte wieder einen furchtbaren Traum gehabt, daran konnte sie sich erinnern, aber ob es der Traum gewesen war, in dem sie selbst verbrannt war, konnte sie nicht mehr sagen. Sie erinnerte sich nicht. Müde wusch sie sich und zog sich an, dann ging sie in die Küche hinunter, um etwas zu frühstücken. Sie trank zwei Tassen Kaffee und aß einen Toast, dann ging sie wieder nach oben und klopfte sofort an Elizabeths Büro. Niemand antwortete, weshalb Catherine wieder kehrt machte und in die Bibliothek ging. Auch dort war Elizabeth nicht, doch Elatha saß an einem Tisch und sah flüchtig auf, als Catherine in die Bibliothek trat. Sie ging an mehreren Tischen und Mädchen vorbei und beugte sich dann zu Elatha hinunter. „Ich möchte die Umschrift der Runen sehen.“ flüsterte sie, worauf Elatha den Kopf schüttelte. „Das ist nicht abgesprochen.“ „Dann bist du nicht informiert, Elatha. Saerlaith hat es mir gestern während des Ostara-Festes zugesichert.“ „Das kann ich mir nicht vorstellen. Das ist nicht richtig.“ entgegnete Elatha und schüttelte den Kopf. Catherine wurde ungeduldig. „Es ist abgesprochen, ob das dir passt oder nicht. Und ich will jetzt die Runen sehen!“ beharrte Catherine etwas lauter, weshalb die am nächsten sitzenden Mädchen die Köpfe zu ihnen wandten. Elatha erhob sich energisch und griff Catherine am Oberarm. „Komm mit!“ zischte sie und wollte Catherine mit sich ziehen. Catherine entzog ihr den Arm und folgte Elatha so. „Wo ist Saerlaith heute? Sie ist sonst doch immer in ihrem Büro.“ fragte Catherine, als sie Elathas eilendem Schritt durch die Halle folgte. „Sie erledigt die Einkäufe.“ entgegnete Elatha zögernd, worauf Catherine nur die Augenbrauen hochziehen konnte. Das würde Elizabeth Abbotsford ja auch sicher allein machen, obwohl sie sie in den Wochen, in denen Catherine nun schon hier war, nicht einmal selbst erledigt hatte. Hielt Elatha sie eigentlich für komplett beschränkt? Catherine schüttelte bei sich den Kopf und trat hinter Elatha in das Büro. „Schließ’ die Tür!“ hieß Elatha sie an, öffnete dann ein niedere Schranktür an der Seite des Schreibtisches, an dem sonst immer Elizabeth saß. Catherine hörte das Klicken eines weiteren Schlosses und sah erstaunt zu Elatha herüber. Elatha ignorierte es, doch Catherine war sich sicher, dass da im Schreibtisch ein Tresor war, in dem Elizabeth alles Wichtige verschloss. Das war sehr interessant doch hatte sie etwas anderes erwartet? „Wann wird Saerlaith zurück sein?“ fragte Catherine, da Elatha ununterbrochen in den Unterlagen stöberte. „Ich weiß es nicht. Hier ist die Abzeichnung der Runen.“ entgegnete sie und reichte ihr zwei Zettel. Den einen hatte sie beschriftet, den anderen hatte Lestat voll geschrieben. „Und die Umschrift?“ fragte Catherine, als sie ihr keinen weiteren reichte. „Die finde ich hier gerade nicht. Komm’ später noch einmal, wenn Saerlaith da ist.“ Elatha verschloss den Tresor wieder und schob Catherine mit ihren beiden Zetteln zur Tür hinaus. „Ich…“ „Um festzustellen, dass du das auch nicht übersetzen kannst, brauchst du wohl nicht die Büroräumlichkeiten, oder?“ unterbrach sie Elatha, worauf Catherine freundlich lächelnd den Kopf schüttelte. „Ich werde in die Bibliothek gehen.“ informierte sie Elatha und ging so schnell vor ihr her, dass sie nichts mehr dagegen sagen konnte. Seit Stunden saß Catherine schon in der Bibliothek über den beiden Blättern. Zuerst hatte sie sich einen Sammelband mit allen vorkommenden Runen geholt und dann die gezeichneten Runen versucht einzuordnen. Manchmal konnte sie nur danach gehen, welche sich am ähnlichsten waren, doch am Ende hatte sie zu jeder gezeichneten Rune eine Entsprechung in dem dicken Buch gefunden. Lestats Runen entsprachen den abgedruckten fast in jedem Detail. Das war unglaublich. Catherine fuhr mit ihren Fingerspitzen über sein Blatt und nickte lächelnd. Sie saß am Ende der Bibliothek ganz hinten, wo keiner sie störte, was ihr nur recht war. Schließlich hatte sie sie noch einmal sauber abgezeichnet, denn an die Anordnung erinnerte sie sich auf vor ihrem inneren Auge äußerst genau. Seit wie langer Zeit saß sie hier eigentlich schon genau und starrte auf das Blatt? Seufzend stützte Catherine das Kinn in ihre Hand und schloss einen Moment die Augen. Die Zeichen schwammen in ihrem Geist umher. Schwirrend vertauschten sie sich untereinander und verschoben sich über-und untereinander. Wenn sie nicht bald zu einer Lösung käme, würde sie verrückt. Catherine spürte es tief in sich. Draußen wurde es allmählich dämmrig, doch die Nacht war noch weit entfernt. Sie öffnete die Augen und sah zum Fenster hinaus. Dort draußen erhoben sich die Gräber bereits im Halbschatten unter den Bäumen. Catherine dachte an den Park in der heimatlichen Villa in Paris. Wie glücklich war sie manchmal trotz allem dort gewesen – oder gerade deshalb? Sollte sie ohne Dämonen und Übernatürliches nicht existieren können? Würde sie jetzt wirklich mit irgendjemandem tauschen wollen? Catherine schüttelte leicht den Kopf und lächelte. Sie konnte schon ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe erkennen. Das lange Haar, das sie offen trug… Vielleicht, weil es Lestat so mochte. Sie wusste es nicht. Ihre blasse Haut und ihren schlanken Oberkörper von der Seite. Langsam wandte sie den Blick wieder vor sich. Sie wollte nicht tauschen. Vielleicht, weil sie es ihr Leben inzwischen akzeptiert hatte, wie es war. Vielleicht, weil es unsinnig war, überhaupt über die Möglichkeit nachzudenken. Vielleicht, weil sie keinen anderen Menschen auswählen mochte, der ihnen Platz einnahm. Doch musste ihr Platz wirklich besetzt sein? War es nicht Überheblichkeit, wenn Menschen sich als Retter der Menschheit aufspielten. Catherine dachte an die Bruderschaft und ihr Leben unter ihren Ansichten zurück. Früher oder später würde sie wieder mit all dem konfrontiert werden, das fühlte sie. Und sie wollte vorbereitet sein, also rief sie ihre Konzentration zurück und betrachtete sich wieder die Runen vor sich. Lestat wusste, dass er träumte. Es musste ein Traum sein, da er Catherine in seinen Armen hielt. Ein Traum. Nichts weiter. Catherine in seinen Armen. So real. Er fühlte Wärme von ihr ausströmen. Die Wärme, die so sehr seiner eigenen glich, wenn er das Blut eines Opfers in sich aufgenommen hatte. Es pulsierte fiebrig und dunkelrot durch ihre Adern. Ihr Herz schlug gegen seines. Ihre Haut presste sich erhitzt gegen seine. Der Blick ihrer Augen war leicht verschleiert, doch er wusste, dass sie ihn fixierte. Das dunkle Grün leuchtete in der Dunkelheit und fing die spärlichen Lichtquellen der Umgebung in ihren Augen ein. Ein Lächeln. Sanft, doch trotzdem belustigt. Ihre Zähne blitzten glänzend auf. Das Lächeln! Nicht spöttisch, sondern erheitert. Lestat war sich sicher, dass er der Grund für ihr Lächeln war, was auch immer er getan oder gesagt hatte. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und zog sich ein Stück an ihm nach oben. Er zitterte in seinem Traum, als ihre Finger langsam seine Halsschlagader hinunterfuhren. Erneut suchte er ihren Blick, doch ihre andere Hand ergriff sein Kinn, bewegte sich zu seinen Augenlidern nach oben und fuhr leicht über sie, sodass er sie schloss. Er fühlte ihren heißen Atem gegen seine Haut wehen und legte den Kopf ein wenig zur Seite. Sie bedeckte seinen Hals mit federartigen Küssen, ehe sie ihre Zähne in seinen Hals senkte. Erschreckt fuhr Lestat auf. Ein Traum! Nichts weiter! Ein Traum wie jeder andere. Träume waren für ihn und alle anderen, die wie er waren, keine Seltenheit, keine Ausnahme, nichts… Beunruhigendes. Lestat rieb sich die Stirn. Es dämmerte und die Nacht würde bald ganz hereinbrechen. Und sie würde früh hereinbrechen, da es ein trüber Tag gewesen war. Es regnete immer noch. Diese Träume ereilten sie alle immer an der Schwelle zur Nacht, wenn sie kurz davor waren, sich zu erheben, um wieder eine Nacht zu durchleben. Lestat erhob sich von dem Bett, auf dem er gelegen hatte und trat zum Fenster. Was ihn am schlechten Wetter störte, war lediglich die Tatsache, dass er keine letzten, roten Sonnenstrahlen sehen konnte, sondern der Himmel und alles unter ihm sich nur von einem milchigen Grauton in ein nichts sagendes Schwarz wandelten. Solche Nächte kamen ihm trostloser als andere vor. Und dann noch die Träume, die er immer als lästig empfunden hatte, obwohl sie ihn dann doch beschäftigten. Vielleicht waren sie ihm deshalb lästig. Er wusste es nicht. Nachdenklich lehnte er sich an den Fensterrahmen an und tastete mit einer Hand unwillkürlich an seinen Hals. Vielleicht musste er doch mit Marius darüber sprechen, was noch zwischen ihm und Catherine geschehen war, wenn sie sogar in seinen Träumen sein Blut wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)