Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 49: Überraschende Begegnung ----------------------------------- Überraschende Begegnung Dunkelheit umfing Catherine, als sie nach draußen trat. Er hatte doch mit Sicherheit gesehen, dass sie aufgestanden und ihm nachgegangen war! Wo war er jetzt? Catherine suchte die fast menschenleere Straße vor sich ab, doch entdeckte ihn nicht mehr. Trotzdem war sie sich noch sicher, dass er es gewesen war. Sie hatte deutlich das jungenhafte Gesicht und das rotblonde Haar gesehen. Sie sah es jetzt noch vor sich. „Armand, bitte.“ flüsterte sie tonlos und ging einige Schritte. „Ich weiß, dass du hier irgendwo bist.“ Catherine ging an einem Pärchen vorbei und bog dann um die Ecke, wo sie ihn sah. Er stand mitten auf dem Gehweg und schien auf sie zu warten. In seiner Hand hielt er irgendeinen Umschlag, den er nun in die Innenseite seines Mantels steckte. Das Gesicht blickte ihr regungslos entgegen, doch seine Hand hob sich leicht und lud sie zu sich ein. „Es war nicht leicht, dich zu finden.“ meinte er leise und wartete, bis sie noch ein paar Schritte näher kam. „Fürchtest du dich?“ fragte er und blickte sie an. Catherine schüttelte ehrlich den Kopf. „Warum bist du hier? Was willst du…“ fragte sie und schaute ihn ruhig an. „Nichts.“ unterbrach er sie und ging einige Schritte an ihr vorbei. „Du bist wohl nicht ohne Grund hier, oder doch?“ fragte Catherine und suchte seinen Blick. Armand verzog das Gesicht, doch blieb stumm. Catherine nickte und wollte sich wieder zum Gehen wenden. Lea wartete. „Lass’ sie warten.“ meinte Armand plötzlich. Catherine drehte sich wieder um und starrte ihn an. Konnte er hören, was sie dachte? Armand blieb noch einen Augenblick stumm, also sprach sie die Frage aus: „Kannst du meine Gedanken lesen?“ „Gedanken hören, lesen oder wahrnehmen, nenn’ es, wie du willst.“ meinte Armand und machte eine kleine Pause, ehe er antwortete: „Wir können das fast alle, aber deine Gedanken sind uns allen verschlossen.“ Catherine zog die Augenbrauen hoch. „Zweifelsohne hast du bei der Societas gelernt, sie gut zu verbergen.“ „Ich kann mich nicht erinnern, so etwas gelernt zu haben.“ „Dann ist es angeboren. Oder…“ Armand winkte ab. „War das alles?“ fragte Catherine. „Dann würde ich nun wirklich gehen.“ „Du bist mir hinterher gekommen, nicht ich dir. Also wolltest du offenbar etwas von mir.“ stellte Armand scharfsinnig fest, was Catherine ärgerte. Immerhin war er in dieses Bistro gekommen und immerhin hatte er gesagt, es sei nicht leicht gewesen, sie zu finden. Also: was wollte er? Einfach sehen, ob sie noch am Leben war… oder ändern, dass sie am Leben war? „Ich habe Fragen.“ meinte sie schließlich, um diesen Gedanken zu verdrängen. „Fragen? Was für Fragen?“ wollte Armand wissen und stellte sich wieder vor Catherine. „Du bist hier und hast mich gesucht, wie du vorhin gesagt hast. Was willst du von mir?“ „Ich wollte sehen, wie du damit klar kommst.“ „Womit?“ „Dass Lestat dich enttäuscht hat und einfach so verschwunden ist.“ Catherine kniff die Augen zusammen. „Wieso sollte ich damit nicht klar kommen?“ fragte sie. War das der einzige Grund? Und warum interessierte ihn das? Armand zuckte die Schultern. „Dann geht es dir gut?“ fragte er noch einmal, was Catherine noch mehr verwirrte. Sie schüttelte leicht den Kopf und sein Blick verfinsterte sich. Sie war verwirrt, das konnte er leicht sehen. Er selbst war auch verwirrt, da ihm nun kein guter Grund mehr einfiel, warum er sie so dringend gesucht hatte. Und er hatte sie gesucht. Er hatte sie gesucht, wie noch niemanden zuvor und es hatte ihn beinahe wahnsinnig gemacht, sie nicht zu finden. Dass es an ihrer Person lag, wagte er dennoch zu bezweifeln, doch weshalb war er hier? „Elizabeth wollte, dass ihr geht. Ich sollte meine Aussage bei der Polizei in Ruhe vorbereiten können und alles erledigen, was angefallen war.“ meinte sie schließlich mehr zu sich als zu ihm. „Wieso sagst du mir das? Das weiß ich.“ „War das der einzige Grund? Oder hatte Elizabeth einfach nicht mehr die Kraft, ihre Gedanken gegen eure mentalen Fähigkeiten zu verschließen? Wusste sie, dass sie nicht mehr lange dazu in der Lage sein dürfte? Wusste sie, dass auch Elatha langsam erschöpft war?“ fragte Catherine und blickte ihn direkt an. Armand zuckte die Schultern und schüttelte schließlich den Kopf. „Ich bin froh, dass ich damit nichts mehr zu tun habe.“ entgegnete er, worauf Catherine nickte. „Dann sollten wir wohl beide unserer Wege gehen und vergessen, dass du hier warst.“ Catherine wandte sich um und schritt langsam die Straße zurück. Sie blickte noch einmal über die Schulter zurück, doch Armand war verschwunden. „Willst du überhaupt nicht wissen, wo Lestat ist?“ fragte Armand, der stattdessen vor ihr aufgetaucht war. Catherine erschrak fürchterlich und wich einige Schritte zurück. Ihre Hand legte sich gegen ihre Brust und sie zwang sich zur Ruhe. „Ganz schön schreckhaft für eine Vampirjägerin.“ murmelte er leise und amüsiert. „Als solche habe ich mich nie gesehen.“ informierte sie ihn und antwortete nicht auf seine Frage. Lestat. „Willst du nicht wissen, wo Lestat ist?“ wiederholte er fast wörtlich noch einmal und blickte sie prüfend an. Überrascht bemerkte er, dass sie den Kopf schüttelte. „Ich weiß, wo er ist.“ flüsterte sie und blickte zur anderen Straßenseite hinüber, wo drei junge Leute vorbeigingen und lachten. „Tatsächlich?“ fragte Armand. Er konnte sich das nicht vorstellen. „Zumindest war er vor einer Woche noch in Venedig. Ich denke, dort ist er jetzt noch.“ fügte sie hinzu und blickte wieder in Armands Gesicht. Er presste überlegend die Lippen aufeinander, dann lächelte er. „Vielleicht. Möglich. Ich weiß selbst nicht so genau, wo er ist.“ durchbrach er dann die Stille. „Dann seid ihr alle nicht mehr beisammen?“ vermutete Catherine, worauf Armand erleichtert nickte. „Wir tun uns sehr schwer, längere Zeit beisammen zu sein. Irgendwann bricht unsere künstlich errichtete Gemeinschaft immer wieder auseinander. Das ist vorhersehbar und auch gut so.“ erklärte er und wandte sich zum Gehen. Als Catherine ihm nicht folgte, drehte er sich noch einmal um und streckte den Arm nach ihr aus. „Was soll das?“ fragte sie misstrauisch. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder es lassen sollte und dabei wusste sie nicht einmal, warum ihr jetzt eher nach Weinen zumute war. „Lea wartet. Ich bringe dich zum Bistro zurück.“ meinte er und Catherine setzte sich langsam in Bewegung. Sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und ging schweigend neben Armand her. Es war kalt ohne Jacke, aber sie hatte in der Eile nicht daran gedacht. „Ich bin im Moment wieder mit Daniel alleine unterwegs.“ meinte Armand beiläufig und Catherine blickte ihn von der Seite an. Sein Gesicht spiegelte keinerlei Emotion oder Gedanken wider. Daniel. Mit ihm hatte sie am wenigsten zu tun gehabt. Sie würde nicht einmal mehr beschreiben können, wie er aussah, wenn sie gefragt würde. „Marius und Lestat werden sich wohl auch wieder trennen… Und dann bleibt abzuwarten, ob Louis und David sich ihm wieder anschließen.“ fuhr er fort. „Wieso erzählst du mir das?“ brach Catherine ihr Schweigen und blickte wieder auf die Straße vor sich, da er den Blick zu ihr wandte. „Warum nicht?“ fragte er. Catherine schüttelte den Kopf. „Du weißt ziemlich wenig über uns.“ „Gibt es etwas, das ich unbedingt wissen müsste? Wohl kaum, wenn diese Sache, die mich beschäftigt, euch nichts mehr angeht, oder? Oder sehe ich das falsch?“ fragte Catherine und blickte ihn wieder an. Armand nickte. „Wir werden nicht hören können, wenn du Hilfe brauchst, wenn du in Gefahr bist, aber andererseits… warum sollte uns das auch interessieren, nicht wahr?“ „Völlig richtig. Warum auch?“ stimmte Catherine ihm zu und lächelte flüchtig. Armand blickte sie an und verschwand ohne ein Wort des Abschieds in die Nacht, sobald sie den Eingang zum Bistro erreicht hatten. Catherine bahnte sich wieder einen Weg durch die Tische und Stühle und setzte sich schließlich neben Lea, die gelangweilt am Tisch saß. „Tut mir leid, es hat…“ „…länger gedauert, was auch immer dieses Nichts war, das dich beschäftigt hat.“ beendete Lea Catherines Satz und blickte sie vorwurfsvoll an. „Ich werde nicht gerne allein irgendwo sitzen gelassen.“ fügte sie hinzu. Catherine nickte und biss sich auf die Lippen. Ihr Essen war kalt, doch sie hatte eh keinen Hunger mehr, nachdem sie draußen so gefroren hatte. Und beim Gespräch war ihr das nicht einmal aufgefallen, doch dann hatte es sich angefühlt, als hätte die Kälte beinahe ihre Haut blutig geschnitten. „Es tut mir wirklich leid. Ich hätte überhaupt nicht gehen brauchen, da es sich nicht gelohnt hat.“ „Was war denn überhaupt?“ „Armand war da.“ erklärte Catherine und trank einen Schluck von ihrem Mineralwasser, das auch an Kohlensäure verloren hatte. Lea schluckte und schaute sie immer noch ungläubig an, ehe sie herausbrachte: „Armand. Was wollte er denn?“ Catherine stellte das Glas zurück und schüttelte den Kopf. „Nichts, absolut nichts.“ entgegnete sie, was Lea nicht ganz verstand. Catherine erzählte ihr kurz von ihrer Begegnung mit ihm und dann war auch Lea klar, dass Catherine wirklich nichts Neues erfahren hatte. „Da ist nur eine Sache, die vielleicht ansatzweise interessant ist.“ meinte Catherine, worauf Lea sie fragend anblickte. „Sie können unsere Gedanken wahrnehmen – nicht alle, aber die meisten von ihnen. Wie auch immer: Meine Gedanken sind ihnen verschlossen und ich habe nicht einmal aktiv etwas getan, sie vor ihnen geheim zu halten.“ Lea nickte, doch dann meinte sie: „Das ist wirklich ungewöhnlich. Ich habe bisher von niemandem gehört, der das nicht lernen musste. Wir mussten es alle lernen. Manche können es besser, manche weniger gut.“ Lea verstummte und überlegte. Schließlich fuhr sie fort: „Deine Kräfte sind enorm, aber bei dir bin ich mir nie sicher, ob es wirklich Hexenkräfte sind.“ „Wie meinst du das? Was denn sonst?“ fragte Catherine überrascht und schüttelte den Kopf. Lea schüttelte ebenfalls den Kopf und verwarf den Gedanken. „Du hast Recht: was sollten sie sonst sein?“ stimmte sie nickend zu und bestellte sich noch einen Orangensaft. Allzu lange wollten sie allerdings nicht mehr bleiben, doch Catherine gewährte sich auch noch einen süßen arabischen Tee, den Lea aber ausschlug, da ihr extrem süße Sachen nicht schmeckten. „Du verpasst wirklich etwas.“ meinte Catherine und führte das klebrige Getränk zu ihren Lippen, was Lea mit angewidertem Gesicht kommentierte. Ungenießbar! Lea betrachtete Catherine. Sie verstand nicht, dass Catherine in all ihren Wochen auf Thirlestane Castle nicht die geringste Lust verspürt hatte, ihre Hexenkräfte zu vermehren. Sie hatte zwar getan, was verlangt wurde und hatte einige Male dem ‚Unterricht’ beigewohnt, doch war bald nicht mehr gekommen. Vielleicht wusste Catherine in ihrem Unterbewusstsein, dass es für sie nicht mehr nötig war, ihre Kräfte zu vergrößern, da sie schon unglaublich groß waren, das konnte Lea nicht beantworten. Doch sie konnte es auch nicht ausschließen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)