Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 60: Im Rahmen des Möglichen ----------------------------------- Im Rahmen des Möglichen Catherine und Lea blieben lange auf, besprachen dies und das, jonglierten mit Möglichkeiten hin und her, bis Lea Catherine erneut auf die Deutung ihres Großvaters zu sangius ignis ansprach. Catherine wollte nicht darüber sprechen und weigerte sich, auch nur im Entferntesten jetzt schon darüber nachzudenken. „Lea, wir haben einfach zu wenig, um zu sehen, was es mit meinem Blut auf sich hat. Und ehrlich gesagt, will ich mich damit nicht unbedingt aufhalten, da mir seine Deutung etwas weit hergeholt erscheint.“ „Er war dein Großvater!“ „Deshalb kann er trotzdem irren. Und ich bin mir ebenfalls nicht sicher, ob er sich sicher war. Hätte er sonst nicht meine Eltern eingeweiht, wenn er so etwas Wichtiges entdeckt hat?“ „Er wusste ja nicht, dass es sich bei Lasair um dich handelt.“ warf Lea ein, die dem Ganzen nachgehen wollte. „Schön, da hast du Recht.“ gab sich Catherine in dieser Hinsicht geschlagen, doch meinte gleich darauf: „Wenn du deine Zeit in diese Nachforschungen investieren willst, tu’ das, aber ich werde mich an das Tagebuch halten und versuchen, mehr über die Geschehnisse auf Thirlestane Castle herauszufinden… Vor allem interessiert mich natürlich, warum eine Adelsfamilie ihre Heimat verlassen musste.“ „Ist das so selten?“ „Nein, vielleicht nicht, aber es ist selten, dass alle Namen ausgelöscht wurden, sodass kaum jemand darüber Bescheid weiß. Und deshalb müssen die, die darüber Bescheid wissen, auch irgendein Interesse daran gehabt haben, dass es verschleiert wird und geheim bleibt.“ „Wen meinst du? Die Bruderschaft?“ fragte Lea. Catherine nickte nur. „Selbst wenn das stimmt… Wissen wir mit Sicherheit, dass die Bruderschaft Bescheid weiß?“ Catherine nickte und Lea fuhr fort: „Was willst du tun? Die Bruderschaft zur Rede stellen? Das kann nicht dein Ernst sein.“ „Natürlich nicht, aber es wird andere Dinge zu tun geben.“ „Wie meinst du das?“ „Wenn wir mit den Unterlagen meines Großvaters durch sind und hier nichts Neues erfahren können, muss ich andere Quellen heranziehen.“ „Von welchen Quellen sprichst du?“ „Die Archive der Societas.“ „Das kannst du jetzt aber auch nicht Ernst meinen!“ „Doch. Ich habe überhaupt keine Wahl.“ „Das ist doch Wahnsinn! Wie willst du dort hineinkommen oder auch wieder hinaus? Ich denke, die Bruderschaft ist in ihren Katakomben abgesichert wie eine Festung!“ Catherine nickte. „Richtig, aber ich gehörte zu ihnen.“ „Das ist Wahnsinn.“ wiederholte Lea, was Catherine dazu verleitete zu lächeln. „Das ist nicht witzig.“ „Nein, das ist es wirklich nicht.“ gab Catherine ihr Recht und entspannte ihre Mundwinkel. „Hast du denn schon einen Plan, was dieses wahnsinnige Vorhaben angeht?“ „Keine Sorge, du sollst nicht mitkommen, wenn es soweit ist.“ „Und wenn ich will?“ unterbrach Lea sie. Catherine zögerte und meinte dann: „Ich gebe dir in einem Punkt Recht, Lea: es ist gefährlich. Und ich ziehe dich da bestimmt nicht mit hinein.“ „Aber dich selbst wirfst du so einfach in die Höhle des Löwen. Du spinnst wirklich!“ Catherine entgegnete nichts, sondern schien nachzudenken. „Hast du nun einen Plan oder nicht?“ „Darüber mache ich mir Gedanken, wenn es wirklich nötig ist, in die Archive zu gelangen.“ „Ich hoffe, es geht auch anders.“ gestand Lea und blickte Catherine an, bevor sie wieder auf die Unterlagen vor sich blickte, die allerdings nur wiederum bestätigten, was sie längst wussten. „Bevor die Archive der Bruderschaft relevant werden, muss ich auch noch einmal in Paris suchen.“ meinte Catherine leise und wandte sich wieder dem Tagebuch zu. Nachdem sie die Einträge der nächsten Tage gelesen hatte, ließ sie das Buch sinken und meinte plötzlich: „Lea, gibt es eine Möglichkeit, Träume zu provozieren?“ „Du meinst, einen Trank, sodass du träumst?“ fragte Lea nach und ließ ebenfalls ihre Unterlagen sinken. „Ja. Gibt es so einen Trank?“ „Es gibt eine Reihe von bewusstseinserweiternden pflanzlichen Mixturen…“ „So wie die, die du mir an Ostara gegeben hast?“ unterbrach Catherine und blickte sie prüfend an. „Das waren wirklich keine Drogen. Ich musste sie dir geben, sonst hätte das Elizabeth misstrauisch gemacht.“ „Das war auch kein Vorwurf. Was waren das für Bestandteile?“ „Salbei, Baldrian, Tollkirschen, etwas zerstampfter Mohn und Mondkraut.“ „Tollkirschen? Sind die nicht giftig?“ fragte Catherine nach. „In kleinen Mengen ist sie völlig unbedenklich. Der Trank war außerdem noch mit Wasserblatt und Kreuzgarbe angesetzt. Diese Kräuter neutralisieren zusätzlich bestimmte pflanzliche Gifte, nehmen ihnen die betäubende Wirkung aber nicht.“ „Dieser Trank hat mich in Trance versetzt und mein Bewusstsein erweitert. Das stimmt.“ überlegte Catherine laut. „Was hast du gesehen?“ „Lestat und Marius in Venedig.“ „Deshalb konntest du Armand also sagen, du wüsstest, wo sie sind.“ schloss Lea. Catherine nickte. „Könntest du einen Trank beschaffen, der mir hilft….“ begann Catherine, doch Lea hob die Hand und schüttelte den Kopf. „So etwas gibt es nicht. Es gibt zwar Tränke, die dich in Trance versetzen oder dich einschläfern können, doch keinen Trank, der sich etwas Bestimmtes träumen lässt. Es gibt auch keinen Trank, der dich eine bestimmte Vision haben lässt. Das liegt nicht in unserer Macht.“ klärte Lea sie auf. „Schade.“ meinte Catherine und wollte sich wieder in das Tagebuch vertiefen. Sie hatte so gehofft, dass es solch einen Trank geben würde, sodass sie weiter vorwärts kamen, denn immerhin träumte sie scheinbar Wichtiges. Erst vor kurzer Zeit und dann erinnerte sie sich dunkel an einen Traum, in dem sie verfolgt und schließlich gefangen worden war, und ihr gesamtes Inneres schrie ihr zu, dass der Inhalt dieses Traumes ebenfalls von Relevanz war, doch da war offenbar nichts zu machen. Und wenn es auch keine Tränke gab, die Visionen herauf beschwören konnten, fiel diese Möglichkeit ebenfalls weg und sie würde nicht noch einmal hören, was George gesungen hatte oder worüber sich der Vampir und die Frau unterhalten hatten. „Es gibt eine Möglichkeit, aber erwarte dir nicht zu viel von ihr.“ sprach Lea unvermittelt und legte ihre Unterlagen weg. „Welche?“ fragte Catherine sofort und blickte sie gespannt an. „Sie wird dir vielleicht nicht gefallen.“ „Welche? Es ist mir egal, ob sie mir gefällt oder nicht.“ „Da wäre ich mir nicht so sicher.“ „Muss ich dich auf Knien anflehen, dass du mir endlich mehr erzählst?“ fragte Catherine im Spaß, worauf Lea leise lachte. „Das wäre eine neue Erfahrung für mich und sie könnte mir gefallen, also lassen wir das lieber.“ meinte sie und blickte sich im Zimmer um. „Hast du noch die Tür abgeschlossen?“ „Sicher. Was hast du vor?“ erwiderte Catherine und sah Lea nach, die sich vom Bett erhob und in die Mitte des Raumes ging. „Du kannst lernen, dein Bewusstsein selbst zu erweitern.“ „Das hört sich doch schon einmal sehr gut an.“ warf Catherine ein und erhob sich ebenfalls von ihrem Bett. „Es ist nicht leicht, aber wenn ich deine mentalen Fähigkeiten bedenke, könntest du es vielleicht sogar schaffen.“ „Das empfinde ich als noch etwas Positives. Was genau soll mir an dieser Möglichkeit nun nicht gefallen?“ „Du musst dich selbst in einen Zustand versetzen, in dem du dich völlig öffnest. Da du von dir aus deine Gedanken und deine gesamte Aura kontrollierst…“ „Das mache ich nicht absichtlich.“ „Genau! Das wird auch das Schwierigste sein für dich. Du musst deinen automatischen Schutzschild, der dich seit Jahren umgibt, langsam auflösen.“ „Oh, das klingt wirklich nach einem kleinen Problem. Ich habe nämlich keine Ahnung, wie ich das anstellen soll.“ „Das dachte ich mir, aber dabei kann ich dir vielleicht helfen.“ entgegnete Lea und nickte bei sich. Sie schritt im Zimmer auf und ab und blickte immer wieder zu Catherine. Sie beobachtete Lea, die angestrengt nachdachte. „Gut, fangen wir an!“ meinte Lea schließlich und kam auf das Bett zu. „Was muss ich tun?“ „Du musst dich entspannen. Setz’ dich einfach bequem hin und schließe die Augen.“ Catherine folgte den Anweisungen, setzte sich im Schneidersitz auf ihr Bett und schloss die Augen. „Und jetzt?“ „Du darfst an nichts denken.“ sagte Lea, worauf Catherine wieder die Augen öffnete. „Ich kann nicht an nichts denken.“ widersprach Catherine. „Doch.“ Catherine zog die Augenbrauen hoch, schloss die Augen wieder und bemühte sich. Nach einer Weile meinte sie: „Wenn ich versuche, an nichts zu denken, denke ich daran, dass ich an nichts denken soll.“ Lea stöhnte auf, setzte sich neben Catherine. „Sieh’ mich an!“ Catherine öffnete wieder ihre Augen und Lea nickte. „Du entspannst dich jetzt und denkst einfach an nichts, was deine Konzentration beeinträchtigt. Okay?“ Catherine nickte, machte die Augen wieder zu und lockerte ihre Schultern. „Gut. Und jetzt konzentrierst du dich auf dich allein. Auf deine Atemzüge, auf deinen Herzschlag – ganz egal. Und du vergisst, dass ich hier bin.“ „Ich meditiere also.“ „Du kannst meditieren?“ fragte Lea, denn dann hätte sie sich das ganze Erklären sparen können. „Es war Teil des Trainings bei der Bruderschaft und sollte zur Leistungssteigerung dienen.“ erklärte Catherine, worauf Lea ein zustimmendes Geräusch von sich gab. „Noch etwas solltest du wissen.“ meinte Lea, worauf Catherine ein Auge wieder leicht öffnete. „Ich werde während dieser Zeit immer wieder überprüfen, ob du den Zustand erreicht hast oder ihm näher gekommen bist. Ich werde in dir lesen wie in einem Buch und werde dann auch auf Dinge aus deinem Leben stoßen, die mich nichts angehen.“ „Ist das notwendig?“ fragte Catherine, da ihr nicht wohl dabei war. Lea nickte. „Ja, erst wenn du einen Zustand erreichst, in dem du alles offen darlegst, kannst du einen Schritt zurückgehen und dich selbst den Träumen und Visionen öffnen. Es geht nicht anders.“ versicherte Lea, worauf Catherine zögernd nickte. „Gut, aber erschrick’ nicht. Du wirst auf viel stoßen, was du nicht erwartet hast.“ meinte sie schließlich und schloss die Augen wieder ganz, um mit der Meditation zu beginnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)