Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 88: Treffen um Mitternacht ---------------------------------- Treffen um Mitternacht Catherine stellte nach einigen Stunden mehrere Bücher zurück an ihren Platz in den Regalen, als die Tür zur Bibliothek leise geöffnet wurde und kaum hörbare Schritte ertönten. Es waren wahrscheinlich Lestat und Louis. Catherine musste lächeln, als ihr auffiel, dass sie der Gedanke daran, dass Vampire in ihrer Nähe herumspazierten, nicht einmal nervös machte. „Lea, solltest du dich nicht noch ausruhen?“ fragte Louis, doch Lea schüttelte den Kopf. „Nein, wir haben hier außerdem etwas Wichtiges zu tun.“ „Wir? Catherine ist auch hier irgendwo?“ fragte Lestat und blickte sich um. Catherine musste leise lachen und wollte gerade rufen, wo sie war, als Lestat schon vor ihr stand und sie sanft auf die Stirn küsste. „Wir haben nur noch vier Stunden, Lestat.“ meinte sie und Lestat unterbrach seinen Kuss, nur um sie auf die Lippen zu küssen. „Und?“ fragte er, als er einen Moment von ihr abließ. „Lea und ich sind seit Stunden dabei, einige Informationen miteinander zu vergleichen… Ach, so eben mit allem drum und dran.“ „Habt ihr wenigstens etwas gegessen?“ fragte er. „Du verwirrst mich, wenn du so alltägliche Fragen stellst.“ „Das tut mir leid.“ grinste Lestat, doch Catherine meinte: „Lea hat sich etwas geholt. Ich hatte keinen Hunger. Wir sind gerade dabei…“ „Stop! Das kannst du mir gleich erzählen. Ich komme gleich wieder.“ „Wohin willst du?“ „Geh’ du schon einmal zurück zum Tisch, ich komme dann nach.“ meinte Lestat und verschwand. Catherine blickte ihm nach, schüttelte den Kopf, stellte die Bücher ins Regal zurück und streckte ihren Rücken durch. Sie war verkrampft vom stundenlangen Sitzen. Langsam trat sie in den Mittelgang hinaus und ging wieder auf den runden Tisch zu, an dem sich Lea leise mit Louis unterhielt und ihm scheinbar schon einmal erklärte, worum es ging. Die beiden ergänzten sich wirklich unglaublich gut – Louis beendete schon Sätze, die Lea begonnen hatte. Catherine setzte sich wieder an ihren Platz und vertiefte sich in die Aufzeichnungen, die sie bereits gemacht hatte. „Wo ist Lestat?“ fragte Lea, als sie bemerkte, dass er nicht mit Catherine gekommen war. „Ich weiß nicht. Er wollte aber bald zurück sein.“ entgegnete Catherine und blickte in zwei fragende Gesichter, die dann erschrocken einander anblickten. „Was?“ „Nichts.“ meinte Lea. „Du bist blass.“ sprach Louis aus, was beide gedacht hatten. „Ich fühle mich gut.“ versicherte Catherine und senkte den Kopf wieder, um in die Aufzeichnungen zu blicken, doch blickte stattdessen auf einen Teller mit belegten Broten. „Was…“ begann sie und hob den Blick. „Essen.“ erklärte Lestat und nickte ihr zu. „Du musst essen, Catherine.“ „Das ist viel zu viel!“ beschwerte sich Catherine, doch musste lächeln, da er ihr etwas gebracht hatte und sich scheinbar nicht davon abbringen ließ, dass sie hungrig war. „Dann teilst du es mit Lea, aber iss!“ meinte er, küsste sie kurz und setzte sich neben sie. Catherine nickte, stellte den Teller zwischen sich und Lea und nahm ein Käsebrot. Lea griff ebenfalls zu und begann, die beiden Vampire in ihre Arbeit einzuweihen. Danach fasste Catherine kurz zusammen, was sie gemacht hatte, damit sie weitermachen konnten. „Ja, und ich muss mir jetzt noch Gedanken darüber machen, was ich in Catherines Kopf gesehen habe. Dann können wir nur noch auf David und die anderen warten.“ meinte Lea nach einer Weile und Louis nickte. „Das ist sehr gut. Dann ruhst du dich bis dahin aus, Catherine. Du bist wirklich sehr blass.“ meinte Lestat und Catherine wollte widersprechen, doch ließ es dann doch bleiben, und folgte ihm langsam aus der Bibliothek hinaus in den Salon. Die restlichen Stunden bis Mitternacht vergingen schnell. Catherine lag gebettet in Lestats Schoß auf der Couch und genoss seine Finger, die immer wieder zärtlich über ihren Haaransatz und ihre Stirn streichelten. Die Uhr schlug Mitternacht, doch David war noch nicht da. „Keine Sorge, ich spüre, wenn er in der Nähe ist.“ flüsterte er und beugte sich über sie. „Ich kann es kaum erwarten.“ „Ich weiß.“ grinste er. „Dein Herz schlägt viel schneller als gewöhnlich.“ erklärte er auf ihren fragenden Blick. Catherine lächelte und schloss die Augen. Ihre Finger verwoben sich mit seinen. „Geht es dir wirklich gut, ma cherie?“ „Ja, Lestat. Glaub’ mir, dass alles in Ordnung ist.“ entgegnete Catherine und blickte in seine Augen. „Es ist nur… Du hast beinahe unsere Farbe. Ich mache mir wirklich Sorgen.“ „Das ist nicht nötig. Ich war schon immer eher blass. Vielleicht habe ich in der letzten Zeit nicht so recht auf meinen Körper geachtet und bin etwas erschöpft, aber ich fühle mich nicht so.“ „Hm.“ „Wo wir gerade dabei sind… Du bist kalt. Wann hast du das letzte Mal getrunken?“ „Vor einer Weile.“ „Solltest du nicht…“ begann Catherine, doch brach ihren Satz ab, als er nickte. „Ja, ich sollte, aber ich will nicht.“ „Wie meinst du das?“ „Ich will … kein anderes Blut als deines.“ flüsterte er und Catherine richtete sich auf, um ihm auf gleicher Höhe ins Gesicht blicken zu können. „Ich dachte, das wird niemals geschehen?“ fragte sie leise. „Ja… Ich muss mich eben damit abfinden, dass ich anderes nehmen muss, aber dazu bin ich noch nicht durstig genug.“ Catherine musterte Lestat, dessen Augen an ihrem Halsansatz hafteten und schließlich langsam die Linie ihres Hals bis zu ihrem Kieferansatz verfolgten. Sie schluckte. „Ist das nicht gefährlich?“ „Ich habe mich unter Kontrolle.“ „Ich denke trotzdem nicht, dass es gut ist, wenn… Lestat, wenn du durstig bist und doch einmal die Kontrolle verlierst und ich dann in deiner Nähe bin… Ist es nicht umso gefährlicher, wenn du durstig von mir trinkst?“ „Ich werde nicht von dir trinken.“ meinte er fest, doch nicht so sicher wie sonst, und hob seine Augen wieder auf ihr Gesicht. Catherine nickte und strich ihm über die Wange, doch bevor sie etwas Weiteres sagen konnte, meinte er: „David und Marius sind da. Armand ist ebenfalls in der Nähe. Wir sollten zurück in die Bibliothek gehen.“ Mit geschmeidigen Bewegungen erhob er sich und reichte Catherine seine Hand, um ihr aufzuhelfen. Seine Haut war wirklich sehr kalt geworden und Catherine vermutete, dass er bald trinken musste. Es war doch sicher auch nicht gut für ihn, wenn er das, was ihn am Leben erhielt, so lange verweigerte. Gemeinsam betraten sie die Bibliothek, doch Lestat entließ Catherines Hand wieder, bevor sie in Sichtweite der Anwesenden kamen. Catherine blickte Lestat kurz von der Seite an, wandte dann den Blick wieder nach vorne und begegnete Leas und Louis’ Blick. Marius stand etwas abseits, während David schon über die Unterlagen gebeugt war und erst aufblickte, als Armand die Bibliothek über eine Tür, die zum Garten hinaus lag, betrat. „Catherine, das ist überaus interessant, aber noch ziemlich unausgereift.“ meinte David und Catherine nickte. „Ja, ich habe erst angefangen.“ entgegnete sie und wunderte sich etwas darüber, dass er nicht einmal Lestat richtig begrüßte. „David, du hast gesagt, du hast die Übersetzung der Runen.“ mischte sich Lestat ein und beäugte seinen Freund mit einem seltsamen Gesichtsausdruck. „Ja, Runen, Umschrift, Altenglisch und modernes Englisch. Französisch habe ich mir erspart… das brauchen wir nicht, oder?“ vergewisserte sich David und blickte kurz auf, um ein Nicken als Zustimmung zu sehen. „Du bist blass, Catherine.“ meinte er und wandte sich dann wieder den Aufzeichnungen zu, die Catherine als letztes gemacht hatte. „Es geht mir gut, David…“ Ihr Blick wanderte zu Marius, der sie ebenfalls musterte und dessen Augen ihr verrieten, dass er das genauso sah. „Wirklich.“ fügte sie deshalb hinzu und zog eine Augenbraue hoch. „Die Runen, David. Können wir beginnen?“ fragte sie ungeduldig, um das Thema zu wechseln. Was interessierte bitte jetzt die Blässe ihrer Haut – wobei sie sich wirklich nicht schlecht fühlte? Es war etwas seltsam, dass David von anderen Unsterblichen zurückkehrte, und nicht einmal ein Wort von ihnen an die anderen überbrachte, fand Catherine, doch sah ein, dass sie nicht wusste, wie das Verhältnis zwischen Maharet und Lestat war. Vielleicht war das auch nicht üblich… Auch das interessierte sie im Moment nicht sehr. Die Runen waren da. David, Marius und Armand waren ebenfalls wieder in der Villa und der Kreis schien wiedervereinigt und vollständig. Wie mochte es mit ihnen allen weitergehen? „Sollten wir nicht lieber damit beginnen? Die Runen sind nicht…“ meinte David, doch Catherine schüttelte vehement den Kopf. „Die Runen. Wir suchen schon so lange nach Antworten, die sie uns liefern können. Das dort auf dem Tisch eröffnet uns nur neue.“ fand Catherine, und David war einverstanden. „Es handelt sich um ein Gedicht, das alledings heute kaum mehr jemand kennt. Offiziell ist der Verfasser unbekannt, doch habe ich herausgefunden, dass es bei den Hexen von Thirlestane Castle lange Zeit bewahrt wurde, ehe man es auch dort vergessen hat – warum auch immer.“ begann David. „Warum auch immer man es bewahrt hat oder warum auch immer man es vergessen hat?“ fragte Lestat dazwischen und erreichte so, dass David ihn das erste Mal seit seiner Ankunft direkt anblickte. „Vergessen. Bewahrt wurde es, da die Verfasserin aus dem Kreis der Hexen stammte. Ihr Name war Morair.“ „Morair. Margaret Barcley.“ meinte Lea und klärte die verwirrten Anwesenden in knappen Worten darüber auf, dass beide dieselbe Person waren. „Ah, gut, dann wäre das nun auch geklärt, warum Thirlestane Castle… Ah, ja. Sehr gut.” meinte David und machte sich eine Randnotiz auf eines seiner Blätter. „Was hat sie in ihrem Gedicht beschrieben?“ fragte Armand und nahm Catherine somit die Frage ab, die ihr auf der Zunge brannte. „Heo naefre wacode daegred to bisig mid daegeweorcum. Ac oft heo wacode sunnanwanung thonne nihtciele creap geond moras and on thaere hwile heo draeg tha losinga earla thinga the heo forleas. Heo swa oft dreag hire swale sincende. Heo ne cuthe hire heortan lust.” meinte Marius mit leiser und rauer Stimme und Catherine stockte der Atem. Sie kannte die Worte. Die Worte am Anfang waren ihr schon in ihrem Traum begegnet, doch auch der Rest kam ihr nicht unbekannt vor. Als sie auf Thirlestane Castle die Runen vor sich hatte, hatten einzelne Worte gestimmt, doch nicht alles. Diese Version war vollständig in altenglischer Sprache. „Und in modernem Englisch? Wie heißt es da?” fragte Catherine mit zitternder Stimme. „She never watched the morning rising, too busy with the day’s first chores. But often she would watch the sun’s fading as the cold of night crept across the moors. And in that moment she felt the loss of everything that had been missed. She used to feel the spirit sink. She had not felt her own heart’s wish.” entgegnete nun David, doch Catherine schüttelte leicht den Kopf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)