Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 93: Eine erstaunliche Auskunft -------------------------------------- Eine erstaunliche Auskunft „Ihr seid ja beide wahnsinnig!“ rief Lea und schüttelte vehement den Kopf, ehe sie hilfesuchend zu Louis und dann zu Lestat blickte. „Ich denke, bei diesem Unterfangen können wir überhaupt nicht auf einen gewissen Wahnsinn verzichten.“ schmunzelte Lestat und David meinte: „Ich würde deinen Wahnsinn gerne gegen meinen Verstand und Marius’ Organisationsfähigkeit eintauschen, dann stimme ich mit dir überein, Lestat.“ und begann damit eine heftigere Diskussion unter den Vampiren. Catherine bekam von alledem kaum etwas mit, da sie bereits überlegte, wie sie das Ganze bewerkstelligen wollten. Ab und zu hörte sie einzelne Wortfetzen, doch verbannte diese gleich wieder aus ihren Gedanken, um weiter zu überlegen. Viele Städte in Europa, die auf eine langjährige Geschichte zurückblicken konnten, besaßen solche Archive, die mehr oder weniger denselben Bestand hatten, damit bei eventuellen Unglücken wie Erdbeben und Feuer das gesammelte Wissen nicht verloren ging. Allerdings wusste Catherine, dass sie am besten gleich die Archive unter dem Vatikan in Rom für ihre Zwecke durchsuchen sollten, da diese die umfangreichsten waren und auch ununterbrochen fortgeführt worden waren. Kriege und Hungersnöte hatten die Vatikanstadt – besonders die kleine Gruppe der Bruderschaft - selten sehr berührt, weshalb alles seinen gewohnten Gang gegangen war. Über Jahrhunderte hatte man dort alles aufgezeichnet und geordnet, abgeschrieben und konserviert… Wenn sie noch etwas in Büchern und Schriften finden konnten, dann war es dort. Hatten sie es einmal geschafft, sich Zugang zu den geheimsten Räumen zu verschaffen, war für den Aufenthalt in den Katakomben kaum mit unlösbaren Schwierigkeiten zu rechnen: die Zahl der Mitglieder, die ständig dort unten waren, war äußerst gering, die Gänge waren voller dunkler Winkel, in denen man sich kurz verbergen konnte, die Gänge trugen den Hall von Schritten weit der gehenden Person voraus und die Türen zu den sehr gut geordneten Archiven – Catherine konnte es sich durchaus vorstellen, dass es einen eigenen Abschnitt ‚du Ravin’ oder so etwas Ähnliches gab - waren ebenfalls mit einem normalen Schlüssel verschlossen, den jeder Mentor ständig mit sich herumtrug und jeder höherstehende Ritter bei sich zu Hause oder an einem Ort hatte, an dem nur er und die Eingeweihten ihn fanden… ‚Ein Schlüssel!?’ schoss es Catherine durch den Kopf, doch konnte den Gedanken nicht mehr richtig zu Ende denken. „Lestat, das ist doch viel zu gefährlich, oder nicht?“ hörte Catherine Lea sagen und blickte auf, um zu sehen, dass Lea sie mit einem bedeutsamen und vielsagenden Blick betrachtete. „Catherine wird auch nicht mitkommen.“ meinte Lestat, worauf Catherine etwas erwidern wollte, er sie aber nicht ließ, sondern bestimmt meinte: „Nein, das ist wirklich zu gefährlich. Da gebe ich Lea Recht.“ „Du sollst nicht über mich bestimmen… Außerdem kann ich nicht mit: meine Schritte sind zu laut.“ entgegnete sie und erntete dann fragende und unverständliche Blicke aus sechs verschiedenen Augenpaaren, weshalb sie erklärte: „Die Gänge in den Katakomben besitzen eine sehr gute Akustik. Nur ihr könntet euch unbemerkt in ihnen bewegen.“ David und Marius nickten gleichzeitig, während Armand ein Lächeln über die Züge huschte, das Catherine etwas befremdlich fand. „Deshalb, also.“ murmelte Lestat und Catherine blickte ihn fragend an, bekam aber keine richtige Antwort mehr. „Das ist gut. Ich finde, du solltest nicht unnötiger Gefahr ausgesetzt sein.“ fügte er hinzu, doch Catherine schüttelte den Kopf. „Ich will keine Diskussion über unnötige und nötige Gefahr anfangen, aber gut ist es eigentlich nicht, dass ich hier bleibe. Die Katakomben stammen aus einer Zeit von ca. 200 nach Christus bis ins 10. Jahrhundert. Soweit ich weiß, war in dieser Zeit niemand von euch im Untergrund von Rom. Ich würde mich dort unten wenigsten auskennen.“ „Wir haben einen guten Orientierungssinn.“ versicherte Marius und dachte kurz nach. „Ein Plan wäre trotzdem nicht schlecht.“ lenkte er ein, worauf Catherine nickte. „Ich zeichne morgen einen Plan über die verschiedenen Ebenen… Da ich denke, wir sollten nicht überstürzt handeln, sollte das reichen und früh genug sein.“ erwiderte Catherine und ließ ihren Blick über die Chronik streifen, die immer noch vor Marius und David auf dem Tisch lag. Der Schlüssel. „Lea, erinnerst du dich an den Schlüssel, der im Schließfach war?“ fragte Catherine nach einer Weile. „Ja, klar. Er liegt auch noch in der Schachtel mit den anderen Dingen, mit denen wir nichts anfangen konnten. Was ist mit dem?“ „Ich denke, ich kenne seinen Verwendungszweck. Es muss der Schlüssel zu den Archiven sein, der meinem Großvater gehörte. Deshalb konnte ich mir auch hier keinen Ort vorstellen, an den der Schlüssel passt.“ meinte Catherine und erzählte den anderen, was sie über die Archive wusste und woran sie vorhin gedacht hatte. „Sind wir sonst mit dem durch, was wie wissen sollten?“ fragte Armand, nachdem Catherine geendet hatte, erhob sich schon von seinem Stuhl und trat zum Fenster, um den noch dunklen Himmel zu beobachten. „Ja, eigentlich schon…“ zögerte Catherine und blickte zu Lea. „Was gibt es noch?“ fragte Louis und lehnte sich etwas vor, sodass er an Lea vorbei besser zu Catherine sehen konnte. „Lea sollte euch noch mitteilen, was sie vor einigen Wochen in meinem Unterbewusstsein erfahren hat.“ gab Catherine Auskunst, war sich aber sicher, dass Lea das nicht unbedingt wollte. „Ist es wichtig für uns?“ wollte Lestat wissen, der scheinbar auch nicht glücklich darüber war, dass Catherines Unterbewusstsein in aller Öffentlichkeit debatiert wurde. „Ich denke, es könnte helfen.“ entgegnete Catherine und blickte Lea bittend an. „Na, schön!“ seufzte sie und stand auf, da sie im Gehen besser über die Worte nachdenken konnte, die sie suchte, ehe sie zu sprechen begann: „Ich denke, ich brauche nichts über die persönlichen Opfer sagen, die Catherine für die Bruderschaft bringen musste. Wir können uns das eh nicht richtig vorstellen… Okay, hm. Catherine war jünger als alle anderen, als die Bruderschaft sie rekrutierte. Salieri wurde ihr Mentor. Sie schien überdurchschnittlich begabt zu sein. Diese beiden Dinge sollten wir vielleicht im Hinterkopf behalten. Vielleicht war der Bruderschaft schon damals klar, dass Catherine etwas Besonderes ist.“ „Ja, das werden wir herausfinden, wenn wir in Rom sind und es so war.“ meinte Marius und Lea fuhr fort: „Emmanuel Bruyard, der Arzt, war oder ist offenbar auch der Meinung, dass Catherine anders ist. Er wollte vor wenigen Jahren Tests mit ihrem Blut durchführen, hat es aber dann gelassen, soweit ich weiß.“ „Halt!“ redete Lestat dazwischen, als Lea mit einem anderen Aspekt fortfahren wollte. „Was weißt du darüber sonst noch?“ „Er meinte, es könnte Eisenmangel sein.“ „Ja, das wäre bei mir nichts Erstaunliches. Das hatte ich öfter.“ warf Catherine ein und Lestat nickte nachdenklich. „Nun, und dann gab noch die Sache mit der Wunde…“ fuhr Lea fort und kniff die Augen zusammen, um sich an das genaue Geschehen zu erinnern. „Eine Wunde?“ fragte Catherine. „Du hattest dich verletzt, sodass du am Bein mit zwei, drei Stichen genäht werden musstest.“ „Und?“ wollte Catherine wissen, die noch nicht wusste, worauf Lea hinauswollte. „Sie ist schnell geheilt.“ „Ich dachte immer, das sei gut.“ murmelte Catherine und Lea korrigierte sich: „Sie ist zu schnell geheilt. Nach neun Tagen war nicht einmal mehr eine Rötung zu sehen – ganz zu schweigen von einer Narbe.“ Catherine nickte und studierte die überraschten Gesichter der Vampire, die allesamt unentschlossen schienen, was sie davon halten sollten. Lestats Blick begegnete ihrem und betrachtete sie prüfend. Woran dachte er nur? Was dachte er nur? „War das alles?“ fragte er, ohne etwas zu seinen Gedanken zu sagen, und Lea nickte. „Sind wir jetzt fertig?“ fragte Armand vom Fenster und Marius blickte zu Catherine. „Es scheint so, oder? Catherine?“ fragte er und Catherine nickte geistesabwesend. Armand verschwand ohne ein weiteres Wort aus der Bibliothek und verließ die Villa über die Tür zum Park. Catherine hörte, wie der nächtliche Wind kurze Zeit in die Halle strömte und dann wieder verstummte. Louis, Lea und Marius verließen die Bibliothek ebenfalls, doch Catherine konnte nicht hören, wohin sie gingen. „Catherine, woran denkst du?“ fragte Lestat, der sich ebenfalls schon erhoben hatte, und sank neben ihrem Stuhl in die Knie, sodass er ihr ins Gesicht blicken konnte. „Vielleicht sollte Emmanuel die Tests nachholen, die er nicht gemacht hat.“ entgegnete Catherine, wobei das nicht alles war, was sie beschäftigte. „Dein Blut ist in Ordnung. Es duftet nicht seltsam. Es ist nur für mich viel anziehender als das Blut jeder anderen Person.“ „Ist das allein nicht schon seltsam?“ „Es kommt vor.“ gab er Auskunft und strich ihr mit zwei Fingern zärtlich über die Wange. „Ist das alles, was dich beschäftigt?“ Catherine nickte leicht und schüttelte gleich darauf den Kopf, was Lestat ein leises Lachen entlockte. Sie wandte sich ihm zu, schloss für einen kurzen Moment die Augen und meinte dann: „Ich bin seltsam.“ „Ja, das bist du. Du liebst mich.“ entgegnete Lestat ernst und küsste ihre Schläfe. „Du machst dir zu viele Gedanken, ma chérie.“ „Einer von uns muss sie sich vielleicht machen.“ „Ich mache mir auch Gedanken.“ versicherte Lestat und küsste sie weiter. „Richtig, aber…“ „Könntest du das Wort ‚aber’ aus deinem Wortschatz streichen, wenn du mit mir sprichst?“ erwiderte er amüsiert, worauf Catherine leicht den Kopf schüttelte. „Das habe ich befürchtet.“ gab er zu und brachte wieder einen kleinen Abstand zwischen sie, sodass er sie besser betrachten konnte. „Du denkst daran, dass du dich auch nach meinem Blut gesehnt hast, als wir miteinander geschlafen haben.“ stellte er fest. „Ja, es ist… Ich verstehe es nicht – im Nachhinein nicht mehr. Verstehst du, was ich sagen will?“ „Ich denke schon, aber ich mache mir darüber… Doch, ich mache mir Gedanken. Es beunruhigt mich nur nicht mehr. Dieses Verlangen scheint doch nicht wieder hervorgebrochen zu sein, oder?“ wollte Lestat wissen, worauf Catherine nickte. „Siehst du? Ich mache mir auch keine Sorgen mehr, dass du mich verletzt hast, als du deinen Namen Lasair bekommen hast.“ „Du hast bisher nie zugegeben, dass du dir überhaupt Sorgen gemacht hast.“ erinnerte Catherine ihn etwas überrascht. „Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht. So etwas kommt nicht alle Tage vor, wie du dir denken kannst. Was auch immer dich zu beidem veranlasst hat: du hast es unter Kontrolle.“ „Aber…“ „Catherine…“ unterbrach Lestat sie und berührte ihre Lippen zärtlich mit seinen, woraus ein leidenschaftliches Spiel entstand, das Catherine jegliche Gedanken vergessen ließ. „Ich bringe dich jetzt nach oben in dein Bett.“ raunte er leise gegen ihre Lippen und hob sie in seine Arme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)