Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 108: Zerbrechliche Hoffnung ----------------------------------- Zerbrechliche Hoffnung Lestat holte seine Weggefährten tatsächlich kurz vor ihrer Ankunft in Paris ein und legte den Rest des Weges mit ihnen gemeinsam zurück. Keiner stellte ihm eine Frage. Niemand wusste eine Antwort auf die Fragen, die sie beschäftigten: Wann würde sich der skrupellose Plan der Bruderschaft bemerkbar machen? Wann würde das Blutvergießen beginnen? Hatte es vielleicht schon begonnen und hatte sich lediglich ihrer Aufmerksam entzogen, weil es erst der Anfang war? Was hatten sie noch zu erwarten und was konnten sie tun? Gab es wirklich nichts, was sie für Catherine tun konnten? Viele Fragen bewegten sie, als sie die Villa betraten, und sich in die Bibliothek begaben, während Lestat sofort die Treppe nach oben eilte, um nach Catherine zu sehen. Bruyard saß in der Bibliothek über Unterlagen und sah verzweifelt und entmutigt aus. „Haben Sie etwas über Catherines Zustand herausgefunden? Sagen Sie mir, dass Sie auf irgendetwas gestoßen sind, denn das hier… hilft mir nicht weiter!“ meinte er ohne Begrüßung und Scheu vor den Vampiren, als ob er schon seit ewigen Zeiten zu der Gruppe gehörte. „Wir haben das.“ meinte Marius, legte die Unterlagen und die Datenträger auf den Tisch und blickte den Arzt prüfend an. „Haben wir dazu überhaupt noch Zeit? Wie geht es ihr?“ „Das ist schwer zu sagen. Sie ist sehr schwach, aber… ich denke, dass sie noch zwei bis drei Tage…“ „Zwei bis drei Tage?“ unterbrach David und setzte sich sofort an den Tisch. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren, irgendeinen Sinn und eine Lösung in diesem Chaos hier zu suchen … und zu finden.“ Marius und Armand nickten, setzten sich ebenfalls. Louis saß schon lange und blätterte in mehreren Akten. Lea würde wohl bald auch zu ihnen stoßen. Sobald Lestat sie gehen ließ, da sie ihm über alles, was mit Catherine in seiner Abwesenheit vorgefallen war, Bericht erstattet hatte. Lestat wartete vor Catherines Zimmertür und beruhigte seine Nerven und sein Inneres. Es war nicht gut, wenn sie seine nervöse und verzweifelte Stimmung bemerkte. Es war nicht gut für sie und auch nicht für ihn, denn er hatte keine Ahnung, wie er ihr beibringen sollte, dass sie sterben würde… Außerdem hing im letzten Winkel seines Herzens noch ein Funke Hoffnung, der nicht verlöschen wollte. Leise öffnete er die Tür und sah Catherine in ihrem Bett schlafen, während Lea neben ihr eingenickt war und im Stuhl zusammengesunken war. Sie gaben ein so friedliches Bild ab, dass es ihm schwer fiel, den Gedanken zuzulassen, dass er dieses Bild bald nie wieder mit seinen Augen erblicken würde. Vielleicht würde er sie noch in seinen Träumen sehen, fühlen, spüren, wahrnehmen… „Ihr seid wieder da.“ stellte Lea leise fest, die aufgewacht war, und richtete sich verkrampft auf. „Ja… Louis ist unten.“ meinte er. Er brachte es nicht fertig, sie nach Catherines Zustand zu fragen, da er eine schlechte und niederschmetternde Antwort befürchtete, die er ohnehin schon kannte. ‚Unverändert’ war als Antwort noch die beste, die er erwarten konnte. „Sie schläft wieder, aber sie ist auch immer wieder wach.“ informierte Lea ihn und blickte hinunter auf Catherine, die überhaupt nicht gut aussah. „Und sonst?“ fragte er und trat nun endlich näher an das Bett heran, um sich darauf niederzulassen. „Nichts. Bruyard sucht nach einem Weg, ihr zu helfen. Ich denke, Catherine hat seinen Gedanken etwas auf die Sprünge geholfen, aber Genaueres weiß ich nicht. Ich wollte sie nicht unnötig wach halten und mit Fragen nerven.“ „Das ist gut.“ antwortete Lestat, meinte das aber nur in Bezug auf die letzten Worte, die Lea gesprochen hatte. Es machte die Situation nicht besser, wenn es eine Chance für Catherine gab, sie aber zum Wohle der Welt sterben musste. Er wusste, dass sie sich für das Wohl der Welt entscheiden würde. Ihr Leben gegen tausend andere… Keine Frage für Catherine. Eine klare Sache, das wusste er, obwohl sie niemals über solche Dinge unterhalten hatten. Und wenn er es ihr nicht sagte? Wenn es die Chance gab, sie zu heilen, und er sie einfach im Unklaren über die Folgen ließ? Nein, das war sicherlich etwas, das sie ihm niemals verzeihen konnte. Wie sollte sie auch damit leben? Und wie sollte er mit ihrem Zorn und ihrer Verachtung leben? „Ich habe ihr versprechen müssen, dass du sie weckst, wenn du da bist.“ „Ich denke, sie sollte schlafen.“ entgegnete Lestat und schüttelte den Kopf. „Sie will dich sehen, Lestat. Ich finde, du solltest ihr den Gefallen erfüllen. Sie wird schnell wieder einschlafen, aber dann weiß sie, dass du bei ihr bist.“ „Ich weiß nicht, ob ich bei ihr bleiben kann… Unten warten die anderen und wir haben so viel zu tun…“ „Wie ich die anderen kenne, haben sie eh schon angefangen, und werden es verstehen, wenn du hier oben bleibst.“ „In Ordnung. Danke.“ gab er sich einverstanden und Lea verließ das Zimmer, um in der Bibliothek zu helfen. Lestat strich Catherine sanft über die Stirn und die Wange, doch sie wachte nicht auf, weshalb er sie küsste und dann einige Male leise ihren Namen sagte, ehe sie auf seine Anwesenheit reagierte. „Catherine?“ fragte er, als sie langsam die Augen aufschlug. „Lestat…“ murmelte sie, schloss die Augen noch einmal und öffnete sie wieder, um sicher zu gehen, dass Lestat wirklich bei ihr saß. „Wie geht es dir?“ „Besser. Ich bin nicht mehr ganz so müde.“ meinte sie, wobei sie bemerkte, dass das so nicht stimmte. Sie fühlte sich zerschlagen und matt, doch ihr Geist schien wieder wacher und aufmerksamer zu sein, was ihr gefiel. Wahrscheinlich hatte das Schlafen doch genützt und ihr geholfen. „Wie war es in Rom?“ fragte sie, da sie ihre derzeitige Kraft nutzen wollte. „Das Labor ist nicht mehr.“ gab Lestat Auskunft. „Was ist passiert?“ wollte sie wissen. „Ich… Es ist besser, dass es nicht mehr da ist. Wer weiß, was sie noch in die Welt schicken wollten.“ wich Lestat ihr aus und streichelte ihr Gesicht. „Es ist schön, dass du wieder da bist.“ „Ich bin froh, wieder an deiner Seite zu sein, Catherine.“ versicherte er und ließ seine Hand hinunter zu ihrem Hals wandern, wo die Spuren seines Bisses kaum mehr zu sehen waren. „Sie sind beinahe weg, nicht wahr? Ich habe sie kaum mehr gefühlt, als ich das letzte Mal nach ihnen getastet habe.“ flüsterte sie und blickte ihn an. „Ja, sie sind gut verheilt.“ antwortete er und sie hob eine Hand an seine Wange, während sie ihn prüfend betrachtete. „Was bedrückt dich, Chéri?“ fragte sie ihn und bemühte sich um einen sicheren Tonfall, doch er schüttelte nur den Kopf. „Lestat, ich bin sehr, sehr feinfühlig, was diese Dinge angeht… Und bei dir müsste ich das im Moment nicht einmal sein.“ beharrte sie weiter und Lestat wandte den Blick ab. „Lestat…“ „Wir arbeiten daran, Catherine, aber…“ begann Lestat, doch brach wieder ab, setzte dann wieder an und fuhr fort: „Wir wissen nicht, ob wir dir helfen können.“ „Ich weiß.“ „Und es ist auch etwas, das Daniele gesagt hat, das uns… mich… rasend gemacht hat. Ich habe das Labor zerstört… Ich habe getötet und gemordet…“ „Was hat Daniele gesagt?“ wollte Catherine wissen und gab nicht auf, obwohl Lestat ihr das nicht sagen wollte. „Sie haben diese gedankenlosen Vampire erschaffen, um das Böse zurück in die Welt zu bringen – als sei das Böse nicht immer präsent und in den Taten der Menschen zu sehen. Sie meinen, dass die Menschen dann zum christlichen Glauben zurückkehren. Das ist ihr Existenzgrund.“ „Wie soll das gehen? Das Böse in die Welt zu bringen, das verstehe ich noch, aber was hat die Bruderschaft vor, wenn es einmal da ist?“ „Keine Ahnung.“ gab er zu und Catherine schüttelte den Kopf. „Sie müssen doch einen Plan gehabt haben, was sie tun… Ich meine, es ist leicht, Unheil zu stiften, aber damit es ist bei ihrer Mission nicht getan, denn sie müssen ja die gerechte Seite zeigen, Hoffnung bringen und Hoffnung wachsen lassen, damit das überhaupt Sinn gibt.“ „Bist du sicher, dass irgendjemand von dieser wahnsinnigen Organisation nach Sinn fragt?“ „Ja, denn sie haben ein erklärtes Ziel… Nein, ohne einen Plan geht es nicht. Sie müssen etwas geplant haben, das diese Schrecken beendet. Irgendetwas, das den Menschen Hoffnung spenden wird.“ „Die Schrecken haben noch nicht angefangen.“ murmelte Lestat und dachte erneut daran, dass Catherines Tod das Ende der Kreaturen bedeutete, doch das konnte er ihr nicht sagen. Sie würde dafür sorgen, dass es wieder Grund zur Hoffnung gab. Sie allein. „Ich denke, ihr solltet Augen und Ohren offen halten. Es ist leicht vorstellbar, dass in den Nachrichten natürlich nichts über Bisswunden und blutleere Körper zu finden ist, aber… Morde, Massaker und Serienkiller.“ „Wir werden das gleich in Angriff nehmen.“ „Gut, dann solltest du nach unten…“ „Nein, Catherine. Das kommt nicht in Frage.“ unterbrach er sie und schüttelte den Kopf. Zärtlich strich er ihr über das Haar und nahm eine ihrer Strähnen zwischen die Fingerspitzen. Sein Blick glitt über ihr Gesicht und er war froh, dass sie ihn anlächelte. „Du gibst mir das Gefühl, dass ich gerade nicht so aussehe, wie ich mich fühle.“ meinte sie immer noch lächelnd und hob ihre Hand wieder an sein Gesicht. „Du bist wunderschön.“ entgegnete er und küsste sie sanft auf die Lippen. Schließlich erhob er sich vom Bett und ging zum Regal hinüber, wo ihr Notebook lag, und nahm es mit zum Bett zurück, an dessen Fußende er sich setzte. „Du solltest noch einmal versuchen, ein wenig zu schlafen. Das scheint dir gut zu tun.“ meinte er, während er das Notebook anschaltete. „Wirst du recherchieren?“ „Ja, während du schläfst.“ machte er noch einmal seinen Standpunkt klar. Catherine nickte, da er ihre Hilfe wirklich nicht brauchte, und sie nicht die Energie hatte, ihm noch irgendetwas entgegen zu setzen. Das Gespräch hatte sie angestrengt, weshalb sie erschöpft die Augen schloss. Das Geräusch von Lestats Fingern auf der Tastatur, die im Internet nach seltsamen, zahlreichen und unnatürlichen Todesfällen suchten, hörte sie bald gar nicht mehr... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)