Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 118: Königin der Nacht ------------------------------ Königin der Nacht Lestat trank von ihrem dunkelroten Blut, bis er schließlich hörte, wie der Herzschlag nicht nur langsamer und schwächer wurde, sondern beinahe ganz zu schlagen aufhörte. Er löste sich von ihr, drückte mit der einen Hand auf ihre Wunde am Hals und biss sich gleichzeitig in sein anderes Handgelenk, zog Catherine schließlich wieder zu sich und strich sein Blut über ihre Lippen. „Trink’, Catherine. Trink…“ flüsterte er leise und öffnete ihren Mund ein wenig, sodass das Blut hineintropfen konnte. „Trink!“ beschwor er sie, bis er schließlich ihre Zunge spürte, die das Blut von seinem Handgelenk leckte, und ihre Lippen und Zähne, die gegen das Handgelenk pressten, um mehr zu bekommen. Lestat bemerkte, dass er vor Glück weinte, und streichelte Catherines Gesicht. Catherine öffnete die Augen und blickte ihn mit großen, hungrigen Augen an. Er betrachtete sie, als sie von ihm trank und ihre Lebensenergie von ihm nahm. Sie sollte von ihm nehmen, was sie brauchte, doch er wusste auch, dass er ihr nicht alles von sich geben konnte, weshalb er ihr nach einer Weile sein Handgelenk entzog. Catherine blickte ihn immer noch an, blieb stumm und fixierte seine Hand, die sich ihrem Mund näherte, um ein kleines Rinnsal von Blut zu entfernen. Catherine war verwirrt. Sie fühlte das Blut in sich rauschen, doch das Schlagen ihres Herzens schmerzte so sehr, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie presste die Lippen und Zähne zusammen. Sie fühlte sich so lebendig, doch trotzdem… irgendetwas stimmte nicht. „Es wird alles gut, Catherine.“ hörte sie Lestat wie von großer Entfernung sprechen, doch es kam nicht richtig bei ihr an. Die Schmerzen türmten sich auf, rissen an jeder Seite ihres Körpers, stachen zu wie tausende Messer und Nadeln, bohrten sich tiefer, dass sie irgendwann nur noch aus vollem Halse schreien konnte. Catherine wand sich und warf sich hin und her, da sie diesen Schmerzen entkommen wollte. Lestat entließ sie sofort aus seinen Armen, doch ließ mit den Augen nicht von ihr ab. Das Sterbliche in Catherine starb. Es starb bei allen unter enormen Schmerzen. Sie musste diese Schmerzen alleine hinter sich bringen. Sie wusste wahrscheinlich nicht einmal, dass er hier war, denn er bezweifelte auch, dass sie ihn vorher erkannt hatte. Wahrscheinlich hatte sie nur sein Blut und dessen Wichtigkeit für sie erkannt, aber nicht ihn als Person. Er konnte nur hier sitzen und warten, bis es vorbei war. Lea zuckte zusammen, als ein lauter Schrei ertönte und wollte schon aus dem Salon eilen, in den Marius sie gebracht hatte, da Lestat mit Catherine allein sein musste. Louis hielt sie zurück und schüttelte den Kopf. „Das ist normal. Es ist in Ordnung.“ beruhigte er sie, doch Lea schüttelte den Kopf. „Das kann nicht… Gott, das ist furchtbar!“ rief Lea und blickte von einem Vampir zum anderen. Sie alle standen mit angespannter Miene irgendwo im Salon herum und schienen in Erinnerungen versunken. Leas Blick fiel auf Bruyard, der kreidebleich auf dem Sofa saß und immer wieder den Kopf schüttelte. Mitleid stieg in Lea auf. Sie alle und diese gesamten Umstände waren schuld, wenn der alte Arzt einen Herzanfall erlitt. „Lea, es ist in Ordnung. Wir… alle mussten durch diese Schmerzen.“ redete Louis weiterhin auf sie ein, bis sie schließlich nickte und sich in die Arme nehmen ließ. „Warum… Warum hat man diese Schmerzen?“ fragte Lea leise und Louis antwortete: „Der Übergang von der menschlichen Existenz in die neue ist sehr schmerzhaft. Der Mensch und all das Sterbliche in ihm sterben, doch seine Seele bleibt.“ „Ihr wisst auch nicht genau, was geschieht, nicht wahr?“ „Nein, das wissen wir nicht. Es hat uns bisher auch nicht sehr interessiert, was mit unseren Körper geschehen ist. Wichtig war, ob wir noch wir selbst sind, ob wir verdammt sind oder einfach ….“ „Ein Wunder der Natur.“ meinte David, worauf Louis zu ihm blickte und verbesserte: „… oder eine Laune der Natur.“ „Habt ihr euch verändert?“ fragte Lea und löste sich von Louis, da sie das auch von den anderen wissen musste. „Marius?“ „Ja, in gewissen Dingen schon, aber das hatte nicht mit meiner Wandlung zum Vampir zu tun, sondern mit der Zeit, die ich gelebt habe.“ erklärte Marius und blickte zu Armand. „So ist das im Allgemeinen.“ antwortete Armand ausweichend und wandte dann den Blick ab. „Es ist für jeden von uns anders gewesen, aber… Ja, ich denke nicht, dass einer von uns sich sehr verändert hat. Charaktereigenschaften sind erhalten geblieben.“ entgegnete Louis und David nickte. „Catherine wird hinterher also noch Catherine sein?“ fragte Lea unsicher, worauf Armand meinte: „Nun, ihr Lieblingsessen wird nicht mehr… Spaghetti Bolognese sein, aber ansonsten… Ja, Catherine wird Catherine sein.“ Catherine fühlte sich sonderbar leicht, als die Schmerzen aufgehört hatten und sie die Augen aufschlug. Sie erinnerte sich nicht daran, doch sie musste in einem Zustand ähnlich einer Ohnmacht befunden haben, denn Lestat hielt sie in den Armen und blickte auf sie hinunter. Er lächelte, doch ihr entgingen die blutigen Tränen nicht, die in seinen Augen glitzerten, weshalb sie ihre Hand an seine Wange hob und ihn sanft streichelte. „Es tut mir leid, Catherine.“ flüsterte er, worauf sie den Kopf schüttelte. „Du hast die richtige Entscheidung getroffen.“ versicherte sie ihm und wunderte sich, dass ihre Stimme nicht rau klang, obwohl sich ihre Kehle so anfühlte. Ihre Hand tastete nach ihrem Hals und sie richtete sich langsam auf. Das enge Gefühl ließ nicht nach und sie räusperte sich zweimal, doch auch dann wurde es nicht besser. „Du hast Durst, Catherine.“ erklärte Lestat und erhob sich vom Bett, reichte ihr die Hand und zog sie zu sich. „Durst? Ich habe…“ begann Catherine und blickte sich in ihrem Zimmer um, da ihre Augen nun so viel mehr sahen und wahrnahmen. „Es ist unglaublich.“ meinte sie tonlos und blickte Lestat an, der lächelnd nickte, als sie sich von ihm löste und ihr Zimmer inspizierte. „Ich bin so verwirrt. Ich kann meine Gedanken nicht ordnen… Ist das normal?“ „Ja, keine Sorge. Das kommt alles wieder. Die ersten Eindrücke können überwältigend sein.“ beruhigte Lestat sie. Apropos überwältigend: Noch nie zuvor hatte er so etwas Schönes gesehen wie Catherine. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie schritt in ihrem Nachthemd leichtfüßig und barfuß über das Parkett und sah dieses und jenes an, bewegte sich mit grazilen Bewegungen weiter und berührte mit vorsichtigen Fingern die Vorhänge und die Möbel. Ihr Haar hing glänzend und lang ihren Rücken hinab und schlug sanfte Wellen, schlängelte sich über ihre Schultern und wippte mit jedem ihrer Schritte, als sie sich zu ihm umdrehte. Ihre Augen strahlten dunkelgrün und funkelten wie Sterne aus Smaragd. Ihre hellroten, beinahe roséfarbenen Lippen sahen so unglaublich weich und zart aus. Ihre Haut war nicht so sehr viel blasser als zuvor, doch sie hatte auch immer vampirisches Blut in sich gehabt, was das erklärte. Catherine wusste, dass Lestat von ihrem Anblick gefesselt war, kam auf ihn zu und lächelte ihn an, was ihre weißen Zähne und auch ihre neuen Eckzähne aufblitzen ließ. „Wie bist du darauf gekommen?“ fragte sie, was er nicht ganz verstand. „Worauf?“ fragte er und teilte einen Augenblick ihre Verwirrung, weshalb sie leise lachte. „Die Lösung.“ antwortete sie und wartete ab, bis er sich gefangen und seine Gedanken geordnet hatte. Lestat streichelte ihr Haar und betrachtete sie, während er gerne ihre Fragen noch länger ausgeblendet hätte. Er konnte noch immer nicht recht glauben, dass sie hier vor ihm stand und von nun an wie er ein unsterbliches Leben besaß. „Du hast gesprochen. Nun, nicht mit uns, aber du hast dich mit irgendjemandem unterhalten.“ meinte er schließlich, als ihm Catherines ungeduldiger Blick auffiel. „Margaret Barcley.“ entgegnete Catherine und nickte, da sie sich nun wieder deutlich daran erinnerte. „Da war so viel Blut. Es regnete Blut und die Luft war heiß und alles verlassen. Leer. Ich dachte zuerst, es sei die Hölle, Lestat, aber… es war die Zukunft.“ fügte Catherine hinzu und zitterte leicht. „Catherine, es ist alles in Ordnung.“ versicherte er und wollte sie in seine Arme nehmen, doch sie nickte vorher und meinte: „Ja, jetzt. Es war die Zukunft, wie sie eingetreten wäre, wenn ich einfach gestorben wäre. Das hat Margaret mir gesagt. Und dann meinte sie, dass die Antwort in meinem Traum zu finden sei.“ „Dein Traum, der nie vollständig war. Bis jetzt.“ erwiderte Lestat und konnte allmählich die verschiedenen Sätze von Catherine einem größeren Sinn zuordnen. „Du hast die Worte gehört, die Margaret kurz vor ihrem Tod gesprochen hat… und du hast die richtige Entscheidung getroffen.“ „Ich bin sehr froh.“ gestand Lestat und fuhr fort: „Ich bin sehr froh, dass ich dich nicht verlieren musste, Catherine.“ „Nur: wie bist du darauf gekommen?“ wollte sie wissen, doch er strich mit seinen Fingern vorsichtig und beinahe ungläubig über ihre Lippen. Langsam zog er sie dichter zu sich und senkte seine Lippen auf ihre, da er dieses Verlangen nicht mehr länger unterdrücken konnte. Catherine umschlang ihn mit ihren Armen und erwiderte seine Zärtlichkeit nur allzu gerne. Er fühlte sich gegen ihren Körper so anders an und doch so vertraut. Sie vergaß, dass sie ihn etwas gefragt hat, und presste sich an ihn. Er sollte sie nie wieder loslassen, denn mit ihm wollte sie die Ewigkeit verbringen, die nun auf sie wartete. Die Ewigkeit. Catherine legte den Kopf in den Nacken, als Lestat mit seinen Lippen ihren Hals berührte. Seine Zähne knabberten an ihrer Haut, was Catherine leise lachen ließ. „Ich vermute, ich werde niemals genug von dir bekommen.“ sagte er leise und sie spürte seinen Atem dabei über ihre Haut streichen. „Ich vermute, damit werde ich kein Problem haben.“ gab sie zurück und Lestat hob den Blick wieder zu ihr, küsste sie erneut auf die Lippen, ehe sich Catherine von ihm löste, da ihr einfiel, dass die anderen irgendwo warten mussten. Lestat gab ein unwilliges Geräusch von sich, ließ sie aber zu ihrem Schrank gehen, aus dem sie sich frische Kleidung holte. Er war zwar auch unglaublich froh, wenn er sie nur ansehen konnte, aber dennoch konnte er es kaum ertragen, auch nur wenige Zentimeter von ihr getrennt zu sein. Er hätte sie beinahe verloren. Er hatte sie schon verloren geglaubt. Und nun war sie hier bei ihm. Und sie blieb. Sie wollte bleiben. Seine Königin, die sein Herz in ihren Händen hielt. 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