Gegen alle Regeln von BurglarCat ================================================================================ Kapitel 15: Unheilvolles Wiedersehen ------------------------------------ Schweigend saß Nami auf dem Beifahrersitz ihres Wagens neben ihrer Schwester und starrte schlecht gelaunt aus dem Fenster. Sonntag Abend hatte sie einen ziemlichen Streit mit Nojiko gehabt, da Nami absolut dagegen gewesen war ihren Vater zu besuchen. Das sie nun doch hier saß lag wohl allein daran, dass Nojiko sie gut genug kannte und sie vor einer guten halben Stunde überrumpelt und fast schon grob in den Wagen verfrachtet hatte. Seid her schwiegen sie sich an und Nami musste sich langsam mit dem Gedanken anfreunden ihren Vater bald wieder zu begegnen. Es war abzusehen, dass sie entweder schweigen oder ausrasten würde, wobei letzteres wohl das wahrscheinlichere war. Zu allem Überfluss war ihr Tag bis jetzt ohnehin nicht sonderlich gut verlaufen. Nach der Geschichtsstunde hatten einige ihrer Mitschüler Robin so lange belagert, dass sie noch nicht mal mehr Zeit gehabt hatten auch nur ein Wort miteinander zu wechseln. Langsam wurde die Stille erdrückend, aber mit Nojiko reden wollte Nami auch nicht, dazu war sie einfach zu stur. SIe beschloss das Radio einzuschalten, aber da kam Nojiko ihr auch schon zuvor. Allerdings passte Nami der Sender nicht und so griff sie kurz nach Nojiko zu den Schaltern, suchte einen anderen Sender und lehnte sich schließlich wieder mit verschränkten Armen vor der Brust zurück. Daraufhin warf Nojiko einen kurzen Seitenblick auf sie, schwieg aber weiterhin. Die Fahrt würde noch fast eine Stunde dauern, genug Zeit also, damit Nami ihren Gedanken nachhängen konnte. Etwas früher, als geplant kamen sie vor dem riesigen Gebäudekomplex an. Die etwa vier Meter hohe Mauer, auf der zusätzlich noch Stacheldraht befestigt worden war, war nur eine von insgesamt drei mauern, die das Gebäude umgaben. Die Fassade war in einem dunklen grau gehalten und Fenster gab es so gut, wie keine. Etwa 1200 Insassen fanden hier Platz. Zwar war ihr Vater im Vergleich zu den meisten Insassen ein kleiner Fisch, doch Namis Ansicht nach hatte er dennoch genug Schaden angerichtet. Nami stieg nach Nojiko aus und schlug die Tür zu, so fest sie konnte, wie sie konnte. Nojiko fing langsam an sich über ihren Wagen Sorgen zu machen, sagte aber wieder nichts dazu, sondern machte sich mit Nami auf den Weg zu dem großen Eingangstor, vor dem in einem kleinen Häuschen ein junger Wachmann saß und einige Monitore im Auge behielt. Während Nojiko kurz mit ihm sprach, blieb Nami vor dem schweren Eisentor stehen und blickte hinauf. "Nami, jetzt komm schon," rief Nojiko ihr von der kleinen Tür zu, die in der Seite des Tors eingelassen war. Mit genervtem Gesichtsausdruck folgte Nami ihrer Schwester durch den ersten Innenhof und wartete mit ihr vor der nächsten Tür, bis der Wachmann hinter ihnen die Tür geschlossen und verriegelt hatte. Kurz danach öffnete sich dir Tür vor ihnen und sie mussten die ganze Prozedur noch einmal über sich ergehen lassen. Dann betraten sie in den Innenhof, in dem sich auch die Gefangenen aufhalten durften. Der Weg, den sie zurück legen mussten, um in das Gebäude zu gelangen, war lediglich von einem Maschendrahtzaun von dem übrigem Hof abgegrenzt, so dass sie sich diverse Sprüche der Insassen anhören mussten. Nami fand, dass dies nicht zu den Übrigen Sicherheitsvorkehrungen passte, aber es würde schon einen Sinn haben, zumindest konnte man das nur hoffen, denn sonderlich beruhigend war es nicht zwischen den Insassen hindurch zu gehen, auch wenn ein Zaun zwischen ihnen war. Bis her war Nami nur einmal hier gewesen, zu einem Zeitpunkt, als das Verhältnis zu ihrem Vater noch nicht zerstört war. Seit her hatte sich in den Innenräumen nicht sonderlich viel verändert. Hier wirkte alles immer noch trostlos und kalt. Bevor sie in den Besucherraum konnten, mussten sie erst noch ihre Taschen abgeben und wurden sorgfältig abgetastet. Erst dann wurden sie von einem der Wachmänner einen langen, steril wirkenden Gang entlang geführt. Hier kamen ihnen nur wenige Leute entgegen, meist Wachmänner, die andere Besucher wieder zum Ausgang begleiteten. Am Ende des Ganges erreichten sie die Tür, die zu dem Besucherraum führte. Nami trat nach Nojiko in den Raum, wo der Wachmann sie zu zwei Stühlen an der Wand des Raumes befanden. Mit Holzplatten waren sie etwas von den anderen Besuchern abgetrennt, die sich noch hier befanden. Vor ihnen war eine Glasscheibe angebracht, hinter der sich der Raum für die Insassen befand. Seitlich, an der Holzwand befand sich ein Hörer, damit sie mit ihnen reden konnten. Nami und Nojiko nahmen Platz und wartete darauf, dass man ihren Vater zu ihnen brachte. Nami verschränkte die Arme vor der Brust und schlug ein Bein über das andere, während Nojiko sich etwas vor lehnte und mit den Unterarmen auf den Tisch vor der Glasscheibe. Sie mussten auch gar nicht lange warten, bis ihr Vater zu seinem Stuhl geführt wurde. Er ließ die Hände auf die Knie sinken und sah dem Wachmann nach, wie er sich entfernte, bevor er den Blick zu Nami und Nojiko hob. Für einen Moment saßen sie einfach nur da und sahen sich durch die Glasscheibe hindurch an. Nami hatte das Gefühl, als ob ihr Vater in dem letzten halben Jahr um Jahre gealtert war. Seine Wangen waren eingefallen, er hatte Augenringe und seine Augen sahen ungewohnt leer aus. Sie sah zu, wie ihr Vater nach dem Hörer griff. Nojiko tat es ihm gleich und hielt ihren so, dass Nami auch mithören konnte. "Hallo ihr zwei, wie geht es euch? Ihr seht gut aus," meinte er mit einem leichten Lächeln. "Und du siehst beschissen aus," gab Nami zurück, woraufhin sie ihren Vater durch den Hörer leise seufzen hörte. "Ich freue mich auch dich zu sehen, Nami." "Uns geht es gut, und wie geht es dir?" sprang Nojiko schnell ein, bevor sich die Situation hoch schaukeln konnte, da sie ihr klar war wie die beiden zueinander standen. "Es ist nicht einfach, aber ich schlage mich so durch. Ich habe ein Bett, ein Dach über dem Kopf und bekomme täglich eine warme Mahlzeit, also nicht das schlechteste." Wieder lächelte er etwas. "Schön, dass es dir nicht zu schlecht geht, also... wieso wolltest du, dass wir kommen?" Nun schwieg er wieder und schien über seine nächsten Worte nachzudenken. Dabei senkte er etwas den Blick. Als er wieder aufblickte, sprach er auch weiter. "Seid dem Tod eurer Mutter habe ich nicht mehr mit euch gesprochen. Ihr seid meine Töchter, alles was mir noch geblieben ist, ich wollte euch einfach wieder sehen." "Dann denk mal darüber nach, warum du nichts mehr von uns gehört hast," murmelte Nami vor sich hin. "Nami, bitte." "Nein, lass sie doch Nojiko. Deine Schwester hat schon immer frei ihre Gedanken geäußert, ich möchte auch jetzt offen mit ihr sprechen." Mit einer leichten Handbewegung deutete er Nojiko an, sie solle Nami den Hörer geben, was sie auch zögernd tat. Auch Nami sah erst von dem Hörer zu ihrem Vater, bevor sie ihn Nojiko aus der Hand nahm und an ihr Ohr hielt. "Ich möchte offen mit dir sprechen Nami. Also tue du es bitte auch." "Wer sagt, dass ich es nie getan hätte?" Nami sprach mit kalter Stimme und ein ganz ähnlicher Blick galt ihrem Vater. "Niemand.." Wieder hörte sie ihren Vater leise seufzen. "Du bist wütend auf mich, ich weiß. Aber glaubst du nicht, dass wir das wieder klären könnten? Oder willst du mich für den Rest deines Lebens hassen?" "Du willst Mums Tod ungeschehen machen? Viel Erfolg, wenn du es geschafft hast, sage ich vielleicht wieder Daddy zu dir," gab Nami sarkastisch von sich und schüttelte leicht den Kopf. Es war nicht zu übersehen, dass Nojiko etwas nervös neben ihr wurde. "Willst du mich wirklich für den Tod eurer Mutter verantwortlich machen?" "Ja, will ich. Du wusstest genau, dass es ihr psychisch nicht so gut ging, das was du gemacht hast, hat ihr den Rest gegeben, es ist deine Schuld, dass sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen hat." Nami war bereits etwas lauter geworden und es war abzusehen, dass dies nicht lange gut gehen würde. "Was passiert ist, habe ich für euch getan. Wir hatten nicht viel Geld, ich wollte nur, dass es uns besser geht. Wie hätte ich denn ahnen können, dass es so schief gehen würde?" "Für uns? Vielleicht hättest du vorher einmal nachdenken sollen, bevor du unser Leben zerstört hast!" Ihr Vater rieb sich mit einer Hand über das Gesicht und atmete hörbar ein. "Es war nie meine Absicht, das musst du mir glauben." "Selbst wenn, du hast es getan, ohne dir auch nur einmal die Frage zu stellen, was passiert, wenn dein toller Plan nach hinten los geht und wir müssen heute noch darunter leiden." Überrascht sah ihr Vater zu ihr auf, doch bevor er seine Frage stellen konnte, hatte Nami den Hörer schon wieder an ihre Schwester gereicht und stand auf. "Nami?" Nojiko sah ihr etwas besorgt nach. "Bin gleich wieder da," meinte diese nur kurz und verließ den Raum, einer der Wachmänner folgte ihr. Auf dem Flur lehnte Nami sich gegen die kalte Steinwand und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Am liebsten wäre sie etwas alleine gewesen, aber sie wusste, dass dies hier so gut, wie unmöglich war. Die ganze Zeit über spürte sie, wie der Blick des Wachmannes auf ihr ruhte, aber Nami war dankbar dafür, dass er einfach nur schwieg. Es war notwendig gewesen den Raum zu verlassen, bevor Nami sich nicht mehr hätte bremsen können. Ihr Vater war der letzte Mensch, dem sie ihre Probleme preis geben wollte. So stand die einige Minuten auf dem Gang, hörte, wie ab und an Türen geöffnet und wieder geschlossen wurden. Auf dem leeren Gang hallten die blechernen Geräusche einige Sekunden weiter, bis sie verstummten und wieder Stille auf dem Gang herrschte. Erst als sie das Gefühl hatte, sich beruhigt zu haben, ging sie langsam wieder zurück und betrat erneut das Zimmer, wieder folgte ihr der Wachmann und er war es, der die Tür hinter ihnen schloss. Nojiko führte inzwischen scheinbar ein ruhiges Gespräch mit ihrem Vater. Dieser unterbrach augenscheinlich seinen Satz, als Nami wieder das Zimmer betrat. Überrascht drehte Nojiko sich zu ihr um, wobei sie beobachtete, wie Nami wieder zu ihnen kam und sich auf ihren Platz setzte. Ihren Vater würdigte sie dabei keines Blickes und hörte auch nur halb hin, während Nojiko ihn grob über die Vorkommnisse des letzten halben Jahres aufklärte. Nami hatte den Eindruck, als ob Nojiko sich etwas zu versöhnlich gab, aber auch darüber würden sie sicherlich noch eine Diskussion führen, wenn sie wieder zu Hause waren. "Ihre Besuchszeit ist vorbei," hörte Nami den Wachmann eine halbe Stunde später sagen. Auf diesen Satz hatte sie nur noch gewartet. Sie wollte schon aufstehen, als Nojiko ihr wieder den Hörer hin hielt. Auf Namis genervten Gesichtsausdruck seufzte sie nur kurz. "Er will dir noch etwas sagen." "Und wenn ich es nicht hören will?" fragte Nami gereizt, blieb aber sitzen. "Meine Damen, Sie müssen wirklich gehen," wandte der Wachmann erneut ein und wirkte dabei etwas ungeduldig. "Warten Sie nur einen Moment.. Nami, bitte, das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt." Nojiko wirkte ebenso ungeduldig und schließlich griff Nami nach dem Hörer und sah genervt zu ihrem Vater. "Was willst du noch?" "Du sagtest zu mir, dass ich Schuld an dem Tod eurer Mutter sei, weil ich nicht über ihren labilen Zustand nachgedacht habe, richtig?" "Und so war es ja auch." "Aber ich hätte es nicht verhindern können." "Was willst du damit schon wieder sagen, natürlich hättest du, du hättest das ganze einfach lassen sollen, dann wäre das alles nicht passiert." Nami war schon wieder dabei lauter zu werden, was ihren Vater nicht weiter beeindruckte. "Aber du warst da, Nami. Du hättest bei ihr sein und sie aufhalten können. Und somit... macht es dich, deiner Theorie nach, ebenso zu ihrer Mörderin." Sie sahen sich beide mit kaltem Blick in die Augen, bevor Nami hörbar den Hörer auf seinen Platz knallte und mit schnellen Schritten den Raum verließ. Sie hörte, wie jemand nach ihr rief, doch Nami reagierte nicht, ihre Schritte wurden nur schneller, bis sie fast schon rannte. So schnell es die Sicherheitsvorkehrungen es zuließen verließ sie das Gebäude und blieb erst an ihrem Wagen wieder stehen. Schwer atmend stützte sie sich mit ihren Händen an der Wagentür ab und schloss die Augen, versuchte die Gedanken, die ihr Vater wachgerufen hatte aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie hatte Monate gebraucht, bis sie sie losgeworden war und jetzt waren sie wieder da, hatte er recht? "Nami, Nami!" Erst jetzt merkte sie, dass Nojiko bei ihr angekommen und sie an den Schultern gepackt hatte, um sie zu sich um zudrehen. "Was ist los mit dir?" "Was los ist? Verdammte Scheiße, wieso hast du mich hier her geschleppt?! Zu diesem Arschloch, zu dem Kerl, der unsere Mutter auf dem Gewissen hat?!" Nami schrie ihre Schwester an, ohne ihre Gefühle auch nur ansatzweise zurück zu halten. "Wenn du ihn unbedingt sehen willst, dann ist das deine Sache, aber für mich ist der Kerl gestorben!" "Nami.." flüsterte Nojiko, während Nami bereits Tränen die Wangen hinunter liefen. In letzter Zeit war sie wirklich sehr nahm am Wasser gebaut. Als sie Nami versuchte in den Arm zu nehmen, versuchte diese sich vehement dagegen zu wehren. Nur langsam gab sie schließlich auf und ließ Nojikos Umarmung schluchzend zu. Zehn Minuten später saßen sie wieder in ihrem Wagen und waren auf dem Rückweg nach New York. Man konnte Nami immer noch ansehen, dass sie geweint hatte, doch wie gewohnt schwie Nami dazu. "Es tut mir Leid, dass ich dich hier her gebracht habe. Ich hatte nicht erwartet, dass es dich wirklich so sehr mitnehmen würde." "Vergessen wir es einfach, ok?" "Habt ihr über Mum gesprochen?" Nojiko schien nicht einfach locker lassen zu wollen. Nami seufzte leise und sah weiter stur aus dem Fenster. "Kannst du dir das nicht denken?" Nojiko gab ihr zunächst keine Antwort, fuhr einfach nur weiter. "Was ist in letzter Zeit los mit dir Nami? Das dich die ganze Sache mit Mum und Dad belastet, weiß ich, für mich ist es auch nicht leicht. Doch es ist bereits ein halbes Jahr her und wir müssen langsam nach vorne sehen. Willst du nicht wenigstens versuchen ihm zu vergeben?" "Du meinst, ich soll ihm vergeben, dass er Mum in den Tod getrieben hat? Hast du das etwa schon getan, oder warum hast du dich so gut mit ihm unterhalten?" Nami legte eine Hand über die Augen, wurde aber wieder etwas lauter, als sie mit Nojiko sprach. "Wir wissen nicht, was Mum noch alles belastet hat, die Sache mit Dad kann unmöglich alles gewesen sein. Und was meine Beziehung zu ihm angeht, ich habe mir angehört, was er zu sagen hatte und wollte verstehen, was ihn dazu getrieben hat." "Geldgier hat ihn dazu getrieben. Vielleicht war es nicht der einzige Grund, warum Mum sich umgebracht hat, aber es war sicherlich der Auslöser." "Ich verstehe was du meinst, aber letztlich war es Mums Entscheidung, dass sie sich das Leben genommen hat." "Aber wir hätten da sein müssen!" Nami schrie schon fast, als sie nun zu Nojiko sah, die einen Moment etwas entsetzt zu ihr sah, bevor sie sich wieder auf die Straße konzentrierte. "Wir waren immer bei ihr wir hätten es nicht verhindern können." "Wenn wir nicht spazieren gegangen wären, wären wir bei ihr gewesen und sie würde noch leben!" Nojiko schwieg einfach, wobei sie hörte, dass Nami neben ihr wieder leise anfing zu schluchzen. "Hör zu Nami, wir hätten es nicht verhindern können, wenn es wirklich ihr Wille war, hätte sie immer einen Weg gefunden sich umzubringen. Du darfst die Schuld nicht bei dir suchen." Nami schwieg dazu einfach. Sie wollte nicht länger darüber reden, das war heute einfach zu viel. Wieso mussten in letzter Zeit immer solche Sachen passieren? Und wieso immer dann, wenn sie glaubte, es würde alles gut werden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)