Spezialeinheit A von kikidergecko ================================================================================ Kapitel 9: Feindkontakt ----------------------- Die nächsten Tage verliefen weitestgehend ereignislos. Tagsüber waren die drei Gefährten unterwegs, bei Einsetzen der Dämmerung schlugen sie ihr Lager auf und verbrachten die letzten Sonnenstunden mit Kampftraining. Nikolaj wurde immer schneller und wendiger im Umgang mit dem Stab, und von diesem Erfolg profitierte auch sein Selbstbewusstsein. Er hatte tatsächlich eine Sache gefunden, die ihm Spaß machte und nebenbei schien er auch noch Talent dafür zu besitzen. Mehr noch, er konnte sein eigenes Ki mittlerweile sogar spüren, es gezielt in die richtigen Bahnen lenken und so wurde er selbst Kyeran gefährlich, der diese Technik schon seit Kindestagen beherrschte. Auch Kyeran fand sich immer besser mit seiner Rolle als Kampfmagier zurecht. Die Feuerzauber schienen ihm nicht besonders zu liegen, doch dafür hatte er herausgefunden, wie er sich eine eisige Aura auferlegen konnte, die alle Lebewesen in seiner direkten Umgebung mit ihrer stechenden Kälte schwächte und hektische Bewegungen fast unmöglich machte. Im Kampf schoss er mühelos Blitzkugeln aus seiner Hand und wirbelte den roten Wüstenstaub mit einem gezielten Windstoß auf, um dem Gegner die Sicht zu nehmen. Er fühlte sich stark und schnell, beinahe wie eine jener Raubkatzen, die ihn zu Beginn der Reise fast zum Verhängnis geworden war. Seine Wunden waren komplett verheilt, was vor allem an Joes magischen wie handwerklichen Heilfähigkeiten lag. Es machte ihm Spaß, mit Nikolaj zu trainieren. Wenn die beiden mit ihren beinahe gegensätzlichen Fähigkeiten aufeinander trafen, stellte dies für beide gleichermaßen eine sportliche Herausforderung dar. Nikolaj musste aufpassen, nicht zu nahe an seinen Kontrahenten heranzukommen, damit er von der Eisaura nicht gelähmt wurde, doch gerade sein langer Kampfstab schien in dieser Situation die perfekte Waffe zu sein. Kyeran hingegen war ständig auf der Hut, wenn er mit Nikolaj kämpfte. Schon viel zu oft hatte dieser ihn in einem unachtsamen Moment den Kampfstab zwischen die Füße geschoben um ihn dann zu Boden zu reißen und nur Momente später mit einem Grinsen im Gesicht und dem Stabende auf der Brust des Verlieres wieder in sein Sichtfeld zu treten. Doch oft genug war es auch andersherum: Durch eine geschickte Finte oder den Einsatz von Magie verschaffte sich Kyeran den entscheidenen Vorteil gegenüber Nikolaj und bachte ihn letztendlich zu Boden. Joe hingegen trainierte auffallend wenig. Nur selten wagte er sich in den Nahkampf mit einem der anderen, und wenn, dann kämpfte er nur mit seinen Fäusten. Seine Waffen, die beiden alten Revolver, lagen meist im Rucksack, nur selten trug Joe die Waffen geholstert am Gürtel. Seitdem er den Berglöwen erschossen und Kyeran damit das Leben gerettet hatte, lag sein Finger nicht mehr auf dem Abzug. Statt dessen meditierte er oft in der roten Abendsonne, sammelte sein Kräfte und festigte sein Ki, denn er ahnte, was vor ihnen lag. Neugierige Nachfragen zu sein Waffen beantwortete er nur knapp und auf die Anmerkung Kyerans - die dieser bei fast jedem Gespräch zu diesem Thema vorbrachte - dass die Munition fehle, blieb er nur stumm. Langsam veränderte sich die Landschaft ein wenig. Der allgegenwärtige rote Wüstensand blieb bestehen, doch die Felsen, zu Beginn der Reise meist nur kniehoch waren, wandelten sich nun zu sichtversperrenden Hindernissen. Die Stimmung in der Gruppe wurde angespannter, tagsüber führten nun alle ihre Waffen griffbereit. Und schließlich war es soweit. Es war Nachmittag, die Sonne stand noch ziemlich hoch und bahnte sich einen Weg durch die schleierhaften Wolken, die an diesem Tag den Himmel überzogen. Hinter einem Felsen entdeckte Joe aufgescharrte Erde, an mehreren Stellen durchzogen auf etwa zwei Metern Länge tiefe Furchen den roten Wüstenboden, häufig durchbrochen und mehrmals verwühlt. Mit erhobener Hand gab er den anderen zu verstehen, sofort stehen zu bleiben. Joe blickte sich vorsichtig um. Nichts weiteres war zu sehen, kein Lebewesen in der Nähe, kein Feind. Langsam und sehr darauf bedacht, wenig Lärm zu verursachen, setzte er seinen Rucksack ab und lehnte ihn gegen den Fels. Kyeran und Nikolaj gab er lautlos zu verstehen, dass sie seinem Beispiel folgen sollten. Dann zog er den rechten Revolver aus dem Holster, legte beide Hände um die Waffe und begann, vorsichtig um den Felsen herum zu schleichen. Kyeran und Nikolaj blieben verunsichert stehen und sahen sich an. Das war nun der Feindkontakt, dem sie schon so lange entgegenfieberten. Hier würde sich zeigen, was das Training der letzten Tage aus den jungen Männern gemacht hatte. Doch die Angst, die sie nun überkam, war heftiger als gedacht. Schließlich ging Kyeran vor, das Schwert erhoben und langsam eine Blitzkugel in der anderen Hand formend. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sich langsam um den Felsblock arbeitete. Plötzlich hörte er ein hämisches Lachen. Nikolaj hinter ihm konnte einen leisen Schrei nicht unterdrücken und Kyeran entschied sich im selben Moment, die Flucht nach vorn anzutreten. Mit einem Satz sprang er das letzte Stück um den Felsen und schleuderte den Blitz aus seiner Hand, das Schwert zum Schlag erhoben. Doch was er sah, war nichts womit er gerechet hatte. Vor ihnen tat sich eine kleine Freifläche auf, die auf fast allen Seiten von hohen Felsen begrenzt war. In der Mitte der Freifläche lag loses Geröll und einige kleinere Felsbrocken. Auf einem dieser, etwa kniehohen Felsbrocken stand eine Frau. Sie sah erbärmlich aus, abgemagert und schwach und fast leichenblass. Sie trug eine knielange, schwarze Leggins, die trotz des engen Schnitts an vielen Stellen Falten warf und darüber ein zerschlissenes Sommerkleid aus einem cremeweißen Stoff mit roten Blumen, unter dem sich ihre kleinen, spitzen Brüste abzeichneten. Ihre gesamte Kleidung war dreckig und an einigen Stellen sogar aufgescheuert, sie trug keine Schuhe. Doch weitaus auffälliger als dies war ihr linker Arm, der in einem schwarzen Lederhandschuh steckte. Dieser Handschuh zog sich bis zu ihrer Schulter hinauf und wurde dort von mehreren, etwa fingerbreiten, elastischen Riemen festgehalten. Das verstörendste am Anblick dieser Frau war allerdings weder ihr abgemagerter Körper noch das zerschlissene Äußere, sondern die Tatsache, dass diese Riemen direkt in ihren Körper hineinzuwachsen schienen. In der Rechten hielt sie ein Messer oder einen Dolch, doch die Hand hing locker herab, auf den ersten Blick schien von ihr keine Gefahr auszugehen. Dann folgte Kyeran dem Blick ihrer grauen Augen, die von mittelblondem, etwa schulterlangem Haar eingerahmt wurden. Sie blickte zu Joe, und auf ihren Lippen zeichnete sich ein Lächeln ab. Auch er hatte die Waffe gesenkt und schien zugleich überrascht und erfreut zu sein. "Ihr könnt eure Waffen wieder wegstecken, die sind tot. Wieder tot.", sagte sie. Joe atmete erleichtert aus und trat ein paar Schritte in Richtung der Frau. Zufrieden reichte er ihr die Hand und half ihr von dem Stein herunter. Sie hatte diese Hilfe natürlich nicht nötig, doch die Geste schien ihr zu gefallen. Beide sahen sich kurz an und lächelten, wie zwei Eingeweihte in das selbe Geheimnis. Dann sagte Joe: "Kyeran, Nikolaj, darf ich euch vorstellen: Unser viertes Teammitglied, Geraldine." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)