Zweifel von somali77 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Titel: Zweifel Fandom: Meine Liebe Autor: somali Pairing: keins, aber Orphe/Ed angedeutet warnings: angst Kommentar: Orpherus´ heimliche Zweifel... und wie er damit umgeht ~~~~~~~~~~~~~ Zweifel ~~~~~~~~~~~~~ Manchmal hatte er Angst vor der Zukunft. Im Sommer war alles voller Leben und Lerneifer und die Gänge und Kieswege und Aufenthaltsräume der Rosenstolz- Akademie waren angefüllt mit Schülern die eifrig plauderten, diskutierten, ihre Kenntnisse in verschiedensten Disziplinen zu bessern suchten. Zu diesen Zeiten, wenn die Rosen wild und buschig und blutrot in den Hecken standen und in der Orangerie in der Camus werkelte und wirkte, wenn es nach frischem Gras roch, nach Schäfchenwolken und sternklaren Nächten, wenn er mit Eduard ausreiten ging und sie sich ihre spaßhaften Rennen lieferten, das Feld mit den Apfelbäumen hinter der Schule hinauf, mit dem wilden Duft von Pferd in der Nase, von Leder und Freiheit - zu diesen Zeiten war es leicht eins mit den Dingen zu werden und sich einzufügen in den Fluss des Lebens, der munter dahinsprudelte- aber mit den Blättern und den Farben in der Welt, welkte und verblasste im Spätsommer und in den Anfängen der kalten, regnerischen Herbsttage auch der Mut und die Hoffnung. Manchmal fand Orpherus sich am Fenster stehen, träumend. Wie er vom ersten Stock in den Schlafsäälen der Knaben hinaus auf das Hauptgebäude spähte und das Tor zur Außenwelt dahinter wusste. Den breiten Kiesweg auf dem Kutschen kamen und gingen und wichtige Menschen kamen und gingen, und das Rosenstolz schien für einen Moment wie eine Luftblase unter Wasser- vertraut, und gleichzeitig der Welt seltsam fremd. Er fand sich am Rande des Ungehorsams, weil sie schlafen sollten, und es machte ihn mehr betroffen als heiß entschlossene Gänge in die Stadt für die er schwere Disziplinarmaßnahmen zu fürchten hatte. Es machte ihn betroffen weil er sich seltsam allein fühlte. Nachts, in der dumpfen Stille der alten Gänge wo es so schwer und eigentümlich nach altem Holz roch. Wie er mit den Fingerspitzen am Glas durch das Gitterfenster hinaus in den Regen starrte und innerlich so verloren war, wie sein Blick zwischen hier und anderswo. Er ging dann zurück zu Bett, wenn er auf Lehrer traf etwas von Schlaflosigkeit oder Übelkeit oder natürlichen Bedürfnissen erzählend, und lag unter der schweren Daunendecke die auf ihm zu lasten schien wie alle Sorgen dieser Welt, in einem Zimmer das ihn zu erdrücken schien mit aller Beengtheit seines Standes und seiner Fähigkeiten, und er fühlte sich ganz und gar fremd vor sich selber. Es konnte so schlimm werden dass er ratlos von aufwühlenden Gedanken aufstand und ein Hemd überzog, und im Zimmer umherwanderte, das Gefühl entsetzlicher Ratlosigkeit, wie Einer, der nach langem Traum in einer ihm fremden Wirklichkeit aufwacht und erkennen muss, dass nichts mehr vertraut ist, nichts mehr fassbar, alles weit weg und feindlich. Die Kommode, das Kruzifix in der Ecke, der kleine Ofen, alles stößt ihn von sich, und er fühlt sich nackt, gejagt, gefangen, eingesperrt, gezwungen in ein Schicksal dem er sich nicht gewachsen fühlt, denn wie, wie sollte ein Mensch in seinem Leben sich jemals so einem Schicksal gewachsen fühlen- Auf dem Höhepunkt solcher -Wachstumsschmerzen einer großen Persönlichkeit- wie es ein sanfter und sehr bemühter Pfarrer, dem er sich in einer Beichte der heimatlichen Kirche anvertraut hatte, einmal genannt hatte, schien das einzig Wirkliche das Medallion seiner schützenden Schwester. Und er brach unter Tränen davor auf die Knie zusammen, mit zitternden Schultern und nichts am Leib als einem Hemd und seinen Unterkleidern, klammerte die Hände darum und schluchzte stammelnd um Hilfe, um Schutz, um Beistand, er fühlte sich viel zu jung, und die Last der Schuld eine Maske zu tragen und allen Menschen die große Erwartungen in ihn setzten nie die ganze Wahrheit zu zeigen, trieb ihn aus Angst vor einer fürchterlichen Strafe, vor grenzenloser Enttäuschung und Desillusionierung, dorthin wo er als Kind immer Schutz gefunden hatte, wenn er aus purem Übermut schlimme Streiche ausgeheckt hatte, und wo nun nichts mehr war. In solchen Nächten war der Verlust von ihr überwältigend. Er hielt seine Hand vor den Mund um sein gebrochenes Weinen zu dämpfen und nicht die Nachtwache oder Zimmernachbarn auf sich aufmerksam zu machen. Es musste alles heraus. All der Druck. All die Angst. All die Zweifel. Was wenn Ludwig mit allem Recht hatte? Was wenn er nicht standhielt und im Herbst seines Lebens genauso zerbrach. Wenn er sich und die sterblichen Überreste seiner Schande verbrennen musste wie totes Laub. Was wenn alle seine Ideale nur Illusionen waren. In solchen erbärmlichen Nächten weinte er sich in den Schlaf, stundenlang, bis er so erschöpft war dass er langsam, und mit wehem Innern, ruhiger wurde. Und er wäre gern wieder wie ein Kind zu Eduard ins Bett gekrochen, um sich an ihn zu schmiegen und zu fühlen dass er wenigstens einen Freund auf der Welt hatte, der zu ihm stand. Manchmal, hatte Orpherus Angst vor der Zukunft. ~~Ende~~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)