Orenji no Taiyou von Hiko-Seijuro (Ein Vampir namens Kei) ================================================================================ Prolog: Akt I: Ein Vampir namens Kei ------------------------------------ „Yuugure ni kimi to mita…“ Das Lied hallte immer noch in Keis Kopf, als er durch die dunklen Gassen des Hafenviertels schlenderte. Mit hängendem Kopf schleifte er sich durch die Dunkelheit. Sein Blick war leer, doch vor seinem inneren Auge sah er den Strand, an dem er am Morgen gewesen war. Er sah Luma, der im Sand kniete, hörte, wie dieser leise sang… „…orenji no taiyou…“ Er spürte, wie seine Hand unwillkürlich zuckte, als er an den Schmerz auf seiner Haut dachte, den die aufgehende Sonne verursacht hatte. Dann hatte er unter einer Brücke Schutz gesucht, die sich in der Nähe der Bucht befand, in der Luma von ihm gegangen war. Bis die Sonne wieder unterging, hatte er in den weißen Sand gestarrt und den Schreien der Möwen gelauscht. Doch seit sich die Dunkelheit über das Land gesenkt hatte, war er ziellos durch die Gegend geirrt. „…nakisou na kao o shite…“ Noch immer versuchte er zu verstehen, wieso Luma seinem Leben ein Ende gesetzt hatte. Vor einigen Jahren hatte Luma ihn zu einem Vampir gemacht, wie auch er selbst einer gewesen war. Seit dem war er Keis einziger Freund gewesen. Doch nun war er allein auf der Welt. „…eien no sayonara…” Regen setzte ein und durchnässte Keis schwarzen Mantel und seinen weißen Pullover. Doch das störte ihn nicht. Alles schien seine Bedeutung verloren zu haben. Kei schleppte sich in eine enge Gasse, die zwischen einer Kneipe und einem baufälligen Hochhaus hindurchschlängelte und anscheinend nur als Müllhalde und öffentlicher Abort diente. Aus den beleuchteten Fenstern des Pubs dröhnte Musik und das Lachen betrunkener Männer. Erschöpft ließ sich Kei zwischen einige große Kartons fallen und schloss müde seine Augen und legte den Kopf in den Nacken. Der kühle Regen fiel auf sein Gesicht und er versank langsam in einen traumlosen Schlaf. Plötzliches lautes Gelächter riss Kei aus seiner Ruhe. Langsam öffnete er seine schmerzenden Augen. Der Regen hatte aufgehört, doch hatte er tiefe Pfützen auf dem löchrigen Betonboden hinterlassen. Kei beugte sich nach vorne reckte seinen Nacken. Sein blondes Haar klebte strähnig in seinem Gesicht. Als er nach links sah, entdeckte er eine Gruppe von etwa sechs Mann, die herumalbernd und lachend aus der Kneipe wankten. Einer von ihnen erblickte Kei, zeigte auf ihn, sagte etwas zu seinen Freunden, das Kei nicht verstehen konnte, und kamen dann auf ihn zu. Kei ließ sich wieder mit dem Rücken gegen die Wand fallen und schloss erneut die Augen. Als er sie nach kurzer Zeit wieder öffnete, standen die sechs Männer in einem Halbkreis um ihn herum. „Seht mal, der Mantel sieht wertvoll aus.“, sagte einer von ihnen mit einer tiefen, kratzigen Stimme. „Ja!“, bellte ein dürrer Typ, „Viel zu wertvoll für einen halbtoten Penner!“ Die Männer lachten laut und stampften auf den nassen Boden. Kei sah die Männer nacheinander mit seinen müden Augen an, als verstünde er kein Wort. Ein massiger Kerl kam auf Kei zu und hof ihn mit Leichtigkeit auf die Füße und sah ihm ins Gesicht. „Na du Penner?“, sagte er herausfordernd, „Wie kommst du an so einen schönen Mantel, hm?“ Kei sah ihn trotzig an und spuckte ihm mitten ins Gesicht. Der Mann war sichtlich erschrocken und blickte Kei fassungslos an, der ihn belustigt angrinste. „Du jämmerlicher, kleiner…“, raunte der Mann und schlug Kei mit der Rückhand ins Gesicht. Dieser fiel Bäuchlings zu Boden. Er rappelte sich mühsam auf und spuckte Blut auf den Boden. Noch eh er sich weiter erheben konnte, spürte er, wie ihm ein Fuß mit Wucht in den Bauch gerammt wurde, sodass er auf die Seite geschleudert wurde. Gleich danach packte ihn eine kräftige Hand am Kragen und hievte ihn wieder auf die Beine. Der große Mann sah Kei verärgert an, doch dieser grinste ihm immer noch trotzig entgegen. Die Wut des Mannes schäumte über und schlug mit der Faust in Keis Gesicht, der wieder auf den Boden geworfen wurde. Nun stürmten alle sechs Männer auf ihn los und traten nach ihm. Kei fühlte wie, jemand seinen Mantel auszog und seine Uhr vom Handgelenk riss. Doch es war egal. Es bedeutete nichts. Nach einiger Zeit ließen die Männer von ihm ab. „Jetzt hast du wohl nicht mehr so eine große Fresse, was?“, keifte der Große und lachte. Seine Freunde stiegen in das Gelächter mit ein und zogen dann ihren Weges. Keis weißer Pullover war durchnässt mit Regen und Blut und an einigen Stellen aufgerissen. Auch seine Hose hatte einige Löcher abbekommen. Doch seine Wunden waren längst wieder geheilt, während er regungslos am Boden gelegen hatte. Er stützte sich auf seine Hände und stand mühselig auf, als er plötzlich einen Blick in seinem Nacken spürte. Wankend drehte er sich um und sah einen kleinen Mann, der ihn mit großen Augen anblickte. Sein Haar war grau und zerzaust, seine Kleidung schmutzig und kaputt. Er war eindeutig ein Obdachloser. „Ach herrjemine…“, brabbelte der Alte und tippelte auf Kei zu, „Diese Monster…“ Er zog ein dreckiges Taschentuch aus seiner Manteltasche und versuchte Kei damit das blutverschmierte Gesicht abzutupfen, doch dieser wich wankend zurück. „Ist schon gut.“, murmelte der alte Mann und hob die Hände zum Zeichen, dass er Kei nichts tun wollte. „Man nennt mich Kouhei. Normalerweise bin ich das Opfer dieser Männer…“, sagte er leise und Trauer trübte seine Stimme, „Aber dieses Mal hat es wohl dich erwischt, lass mal seh’n.“ Kouhei betrachtete Keis Gesicht, Arme und den Brustkorb. „Du hast wirklich wahnsinniges Glück gehabt junger Freund.“, sagte er lächelnd, „Ich kann keine ernsthaften Wunden finden.“ Das liegt daran, dass ich ein verfluchter Vampir bin, dachte Kei, doch schwieg. „Komm mit mir, lass uns hier verschwinden.“, schlug der Obdachlose vor und humpelte davon. Kei sah ihm nach und taumelte ihm dann hinterher. Sie gingen zu einem kleinen Verschlag am Hafen, von wo aus man die großen Schiffe sehen konnte. Kouheis Haus bestand aus Wellblech und einigen Holztrümmern, doch bot es Schutz vor Regen und Wind. „Eines Tages…“, schwärmte der Alte, „Werde ich auf so einem Schiff hier verschwinden.“, er wies auf die großen Frachter und Passagierschiffe, die in der Bucht ankerten. Ein verträumtes Lächeln umspielte seine Lippen. „Du bist wohl eher der schweigsame Typ, hm?“, fragte er, an Kei gewand. Doch dieser sah nur zu den Schiffen hinüber. Hier hielt ihn nichts mehr. Also wieso nicht Japan verlassen? So weit weg von hier, wie es geht. „Wen haben wir denn da?“, hallte eine tiefe Stimme durch die Dunkelheit. Kei schnellte herum und sah die sechs Männer auf ihn uns Kouhei zukommen. „Oh nein…“, raunte der Alte panisch, „Offenbar haben sie nur eine Runde gedreht und sind nun hier gelandet!“ Lautes Lachen hallte über den Pier, als sich die Männer auf Kei zu bewegten. „Lauf!“, rief Kouhei, der seinen eigenen Rat sofort in di Tat umsetzte und die Beine in die Hand nahm. Doch einer der Männer kam ihm zuvor, schnitt ihm den Weg ab und ergriff ihn. Kei sah zu ihm hinüber, dann wieder zu dem großen Mann, der breit grinsend vor Kei stehen blieb. „Hast dich ja gut erholt.“, ließ er verlauten. „Lasst ihn los.“, forderte Kei unvermittelt, woraufhin der Mann wieder anfing zu lachen. „Lasst ich los, oder ihr werdet es bereuen.“, drohte Kei nun. Der Mann holte aus und schlug Kei ins Gesicht. Doch Keis Hand schoss blitzschnell empor und fing die Faust des Großen ab. Verwundert sah er Kei an, doch nicht lange. Kei holte aus und schlug mit seiner Faust gegen die Brust des Mannes, der daraufhin meterweit zurück geschleudert wurde und mit einem lauten Platschen im Meer landete. Kei wirbelte herum zu dem Mann, der Kouhei in seiner Gewalt hatte. Alle Anderen machten einen Schritt rückwärts und sahen Kei misstrauisch und angsterfüllt an. Plötzlich erwachte ein altbekannter Durst in Keis Innerem. Gierig sah er den Mann an, der den Bettler im Schwitzkasten hielt, nun hastig ein altes Klappmesser aus seiner Westentasche zog und es Kouhei an die Kehle drückte. „Ein Schritt und er ist tot!“, schrie der Mann und seine Stimme überschlug sich vor Angst. Kei machte einen Schritt nach vorne. „Ich meine es ernst!“, kreischte Der mit dem Messer, „Ich werde ihn töten!“ Kei machte einen weiteren Schritt auf die beiden zu. Eine frische Brise wehte ihm entgegen und ließ sein mittlerweile wieder getrocknetes Haar wehen. Die Hitze in seinem Innern verdrängte das Frösteln, dass der kühle Wind verursachte, als er durch Keis löchrigen Pullover wehte. „Ich.. ich…!“, stammelte der Mann entsetzt ob Keis Weigerung, seiner Drohung beizukommen. Kei atmete tief ein, die kühle, salzige Luft durchströmte seine Lunge und ließ ihn sich lebendig fühlen. Er ging in die Hocke und funkelte den Mann mit dem Messer finster an. Dessen Augen weiteten sich vor Furcht und sein Kiefer klappte herunter als er das Leuchten in Keis Augen erblickte. Mit übermenschlicher Geschwindigkeit sprang Kei plötzlich los. Er legte die knapp zwanzig Meter bis zu seinem Opfer in weniger als einem Blinzeln zurück und ergriff dessen Kehle. Der Mann ließ Kouhei los, der unbeholfen auf den Boden stürzte. Mühelos hob Kei seinen Gegner empor und grinste ihn mörderisch an. Vor Entsetzen verzerrte sich das Gesicht des Mannes zu einer Fratze des Grauens als Kei ihn zu Boden schleuderte und seine scharfen Eckzähne in seinem Hals versenkte. Panische Schreie erfüllen die Luft, gefolgt von eiligen Schritten. Die vier übrigen Männer hatten die Flucht ergriffen. Als Kei sich gesättigt wieder aufrichtete, bemerkte er, dass der Mann, den er getötet hatte, seine Armbanduhr trug. Mit einem Stirnrunzeln zog Kei die Uhr vom Arm des Toten und legte sie um sein linkes Handgelenk, dann sah er nach Kouhei. Der alte Mann rappelte sich mühsam auf und hielt eine Hand an seine rechte Seite gepresst. Blut lief über seinen Handrücken und tränkte seinen zerfledderten Mantel. Das Klappmesser lang auf dem Boden, in einer dunkelroten Pfütze. Kei trug Kouhei in dessen kleinen Verschlag, der mit Sachen gefüllt war, die andere längst weggeworfen hatten, doch die der Alte noch benutzte. „Das wird schon wieder…“, murmelte der Alte, als Kei ihn besorgt ansah, „Du hast mit das Leben gerettet… Danke.“ Kei blickte beschämt zu Boden, es war nur seine Schuld, dass sie den Alten als Geisel genommen hatten. Wäre er nicht gewesen, hätte Kouhei vielleicht ein paar blaue Flecken abbekommen, aber keine Stichwunde. „Bist du Kampfsportler?“, fragte der Obdachlose mit einem gequälten Lächeln, „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der mit einem einzigen Hieb einen Gegner so weit weg schlagen kann.“ Hatte der Alte nicht gesehen, dass er einem Mann das Blut aus dem Hals gesaugt hatte? Er hatte auf dem Boden gelegen, vielleicht hatte er das wirklich nicht mitbekommen. Oder aber er verschwieg es absichtlich um Kei nicht zu nahe zu treten. „Mein Name… ist Kei.“, sagte er leise. „Freut mich, Kei.“, entgegnete Kouhei und lachte, was jedoch in ein gequältes Husten überging. „Ruh dich aus…“, sagte Kei ruhig und reichte dem alten Mann einen kleinen Eimer mit einigermaßen klarem Wasser und einige Stofflappen, die er auf einer schäbigen Anrichte gefunden hatte. Kapitel 1: Akt 2: Die Arche des Teufels --------------------------------------- Akt 2: Die Arche des Teufels Kei verbrachte die folgenden Tage in der behelfsmäßigen Hütte, um sich vor dem Sonnenlicht zu schützen und streifte bei Nacht durch das Hafenviertel um nach Essbarem für Kouhei zu suchen. Seinen eigenen Durst versuchte er zu ignorieren. Kouhei wunderte sich, wieso sein Gast das Häuschen nicht tagsüber verlassen wollte, doch wie üblich stelle er keine Fragen. Seine Stichwunde verheilte nur langsam. Er war alt und die medizinische Versorgung in dem Wellblechhaus eines Obdachlosen war mehr als schlecht. Mehr als einmal dachte Kei darüber nach, Kouhei zu einem Vampir zu machen. Er würde rasch genesen und wieder zu Kräften kommen. Doch nein, das konnte er nicht tun. Der Fluch des Vampirismus musste mit ihm sterben. Niemals dürfte er seine Geißel weitervererben. Nach etwa zwei Wochen, Kei war gerade auf seiner Streiftour durch die verlassenen Häuserschluchten, traf er wieder auf die Gruppe junger Männer, die Kouhei verletzt hatten. Als sie ihn erblickten, ergriffen sie rasch die Flucht. Mit einem Mal überkam Kei ein unzähmbarer Durst. Er hatte sich mit jedem Tag schwächer und ausgelaugter gefühlt, seit er nicht mehr getrunken hatte, doch nun kehrte seine Kraft zurück. Er erspähte einen der Männer, der den anderen einige Meter hinterher war, da er humpelte. Bei näherem Hinsehen erkannte Kei den großen Mann, den er ins Meer befördert hatte. Was für ein prädestiniertes Opfer… Kei sprintete los, selbst zehn mal schneller als jeder normale Mensch, holte er die Männer schnell ein. Sie kreischten vor Angst und flohen in alle erdenklichen Richtungen, einer versteckte sich sogar in einem Müllcontainer. Doch das war Kei egal, er wollte nur den einen, den großen mit der tiefen Stimme. Mit einem Satz sprang Kei wenige Meter vor ihn und blieb stehen. Der Mann bremste so abrupt, dass es ihn von den Füßen riss. Er fiel er Länge nach auf die schlecht betonierte Straße und kauerte sich zusammen. Kei spürte, wie ihm das Wasser im Munde zusammenlief als er den dicken Hals seines Opfers betrachtete. Vor Erregung kribbelten seine Fingerspritzen und ein bösartiges Grinsen breitete sich unweigerlich auf seinem Gesicht aus. Er machte einen Schritt auf den am Boden Liegenden zu. Plötzlich schoss dieser empor und zog einen Baseballschläger aus seinem weiten grauen Mantel. „Hehe, damit hast du nicht gerechnet, du Freak!“, brüllte er, doch die Angst in seiner Stimme verriet seine Verzweiflung. Kei verzog angewidert den Mund und machte einen weiteren Schritt auf den Mann zu, als dieser ausholte und mit voller Wucht zuschlug. Er traf Kei genau an der Schläfe mit einer Wucht, die ein Nashorn von den Beinen hätte reißen können. Auch Kei wurde von diesem Treffer von den Beinen gerissen, Blut lief von seiner Schläfe über sein Gesicht. Der wochenlange Durst hatte ihn geschwächt. Der Mann stand auf und holte erneut aus. Doch dieses Mal kam ihm Kei zuvor. Ersprang auf und fing den Baseballschläger mit einer Hand ab. Als er zudrückte, zerbarst er in tausende kleiner Holzsplitter. Der Mann sah Kei entsetzt an, als er sah, dass er nur noch den Griff in den Händen hielt. Wieder breitete sich ein Grinsen auf Keis Gesicht aus, als er sich das Blut mit dem Ärmel von der Wange wischte. Die Augen des Mannes weiteten sich vor Angst, bis Kei plötzlich nach vorn Sprang und seine Zähne in den Hals des Mannes grub. Wie immer, kam Kei kurz vor Sonnenaufgang zurück zur Hütte. Doch dieses Mal hatte er bei der ganzen Geschichte mit dem Mann mit dem Baseballschläger und der unendlichen Genugtuung des Bluttrinkens ganz vergessen, Kouhei etwas zu Essen mitzubringen. Als er die Tür aus groben und zerbrochenen Holzbrettern öffnete, schämte er sich ob seiner mangelnden Selbstbeherrschung. „Was ist mit deiner Stirn?“, fragte Kouhei besorgt, als er Kei erblickte. Er versuchte aufzustehen, stöhnte dann aber schmerzerfüllt und ließ sich wieder auf seine alte Matratze fallen. „Mir geht es gut.“, entgegnete Kei, nahm sich einen Lappen und wusch die letzten Blutspuren von seiner Schläfe. Kouhei seufzte tief und schien wieder eingeschlafen zu sein. Kei legte sich auch zur Ruhe, bis die nächste Nacht anbrach. In der Sekunde in der die Sonne hinter dem Horizont verschwand, öffnete Kei seine Augen. Er hörte leise Schritte, seine Nase roch Benzin. Doch eh er begriff was vor sich ging, hörte er eine Stimme rufen: „Brenne, Monster! Brenne!“ Kei erhob sich eilig, doch schon füllte sich der kleine Raum mit schwarzem Qualm. „Kouhei! Wach auf!“, Kei eilte zu ihm und schüttelte ihn wach. Der alte Mann hustete und schüttelte sich. „Was geht hier vor?“, fragte er verwirrt und kratzte sich am Kopf. Seine Augen huschten durch den Raum, in dem schon die ersten Flammen an den Blechwänden züngelten. „Lieber Gott…!“, entfuhr es Kouhei. Er versuchte aufzustehen, doch die Schmerzen seiner Wunde ließen ihn nicht. Kei half ihm auf und stützte ihn. Zusammen traten sie auf die Holztür zu, die Kei locker mit einem Tritt aus den Angeln beförderte. Dann traten sie hinaus auf den dunklen leeren Platz. Nach einigen Metern, drehte sich Kei um und sah, dass das Feuer die Hütte bereits verschlungen hatte. Eine Säule schwarzen Rauches schlängelte sich unheilvoll gen Himmel. Von den Männern, war keine Spur mehr zu sehen. „Was sollen wir nur tun?“, fragte Kouhei betrübt, „Die Hütte war alles, was ich hatte.“ Kei ließ seinen Blick durch die Gegend schweifen. Er musste sich schnell etwas einfallen lassen, bald würde die Sonne wieder aufgehen. Da erblickte er die großen Schiffe in Hafen. „Wir verlassen Japan…“, sagte er mehr zu sich selbst, doch Kouhei reagierte sofort. „Wie sollen wir das machen?“, fragte er verdutzt, „Wir haben doch gar kein Geld…“ „Mit einem dieser Frachtschiffe.“, Kei zeigte auf eine ganze Armader von riesigen Frachtern die wie finstere Berge in der Bucht ankerten, „Lass das ‚wie’ meine Sorge sein.“ Kouhei stützte sich auf Kei als sie zusammen den Pier entlang schritten. Nur noch wenige Stunden bis Sonnenaufgang, dachte Kei, doch welches Schiff sollten sie nehmen? Welches fuhr wohin? Wo könnte man sich gut verstecken? Sie liefen an einer langen Reihe von Schiffen entlang, doch eines sah aus wie das nächste. Kouhei hustete qualvoll und geriet ins Stolpern, doch Kei find ihn ohne Probleme auf. Da erblickte er ein Schiff, eines wie jedes andere, doch etwas in ihm trieb ihn voran. Etwas sagte ihm, dass er dieses Schiff nehmen sollte. „Kouhei?“, sagte er an den Alten gewand, „Ich habe unsere Möglichkeit gefunden.“ „Tatsächlich?“, fragte er ungläubig, „Und wie sollen wir an Bord kommen?“ „Es tut mir Leid…“, antwortete Kei kurz. „Was denn?“ Kei schlug Kouhei schnell und präzise in den Nacken, woraufhin dieser Ohnmächtig wurde. Kei machte sich zum Sprung bereit und im Nu waren sie an Bord um sich zu verstecken. Das Schiff trug den Namen: Ark 00-666 Kapitel 2: Akt 3: Ankunft ------------------------- Schwere Schritte schlurften über das hölzerne Deck und hallten in dem großen Lagerraum gespenstisch wieder. Alle paar Stunden kam ein Seemann herein, machte eine Runde, kontrollierte dies, besah das, und ging wieder. Doch noch keinem waren die beiden Männer aufgefallen, die sich in einer Ecke hinter einem großen Stapel Holzkisten versteckt hatten. Eigentlich war dieser Winkel zugestellt gewesen mit Waren, doch Kei konnte ihn dank seiner enormen Kraft einfach beiseite schieben und so ein recht sicheres Versteck für sich und den verwundeten Kouhei finden. Während Kouhei noch ohnmächtig war, hatte Kei einige Kisten nach Essen durchsucht. Letztendlich war er jedoch zu dem Schluss gekommen, dass keine Nahrungsmittel auf diesem Frachter transportiert wurden, sodass er sich in die Kombüse geschlichen und soviel Fleisch und Brot geklaut hatte, wie er tragen konnte. Kei saß auf einer etwa zwei Meter hohen Kiste und hatte die Augen geschlossen. In Gedanken sah er wieder das Meer, den weißen Sand. Er spürte den Wind in seinen Haaren und die Gesellschaft von Luma wie eine Aura des Vertrauten. Doch als er ihn erblickte, im Sand sitzend, änderte sich das Bild. Die Sonne schoss am Horizont empor und Luma ging in Flammen auf. Keis Haut brannte und qualmte. Er versuchte Luma zuzurufen, dass er fliehen solle, doch dieser rührte sich nicht. Er hielt den Kopf gesenkt und sang, während er verbrannte „…eien no sayonara…“ Kei schreckte auf und sah sich schwer atmend um, sein Herz raste. Als er zu Kouhei hinab blickte, der in einer schäbigen braunen Decke eingewickelt auf dem Holzboden lag, öffnete dieser gerade langsam seine Augen. „Kouhei!“, sagte Kei erfreut, schüttelte die Gedanken an seinen Traum ab und sprang von seiner Kiste direkt neben den alten Mann. „Wo bin ich?“, fragte Kouhei verwirrt während er sich den Kopf hielt und versuchte seine Umgebung zu erkennen. „Wir sind an Bord eines Schiffes.“, antwortete Kei rasch, „Wir verlassen Japan.“ Kouhei sah ihn ungläubig an, „Was sagst du da?“ „Es ist wahr, wir haben gestern abgelegt.“, beteuerte Kei. Die Augen des Alten weiteten sich, als er den Umfang ihrer Situation zu begreifen schien. „Aber wie…? Wie…?“, stammelte er aufgeregt. „Ich habe doch gesagt, überlass das mir.“, entgegnete Kei grinsend, „Wir haben hier alles, was wir brauchen. Und wenn wir in einem Hafen anlegen, verlassen wir das Schiff.“ Kouhei versuchte, sich aufzurichten, doch seine Wunde schmerzte noch zu sehr, sodass er sich sofort wieder hinlegte. „Ruh dich aus, iss etwas.“, sagte Kei ruhig und reichte Kouhei einen Laib Brot, den der Alte gierig verschlang. „Hast du eine Ahnung… wohin wir fahren?“, fragte Kouhei zwischen zwei Bissen. Kei erhob sich, während er antwortete, „Nein.“ „Hmm.“, erwiderte Kouhei und nickte. Kei konnte nicht sagen, wie viele Tage vergangen waren bis sie anlegten. Die meiste Zeit waren sie in dem Lagerraum gewesen, der keine Fenster besessen hatte. Kouhei hatte so gut wie nur geschlafen. Er war noch zu schwach, um sich zu bewegen. Das Lager war immer seltener inspiziert worden. Offenbar vernachlässigte die Crew ihre Aufgabe nach und nach, was jedoch Kei nicht weiter störte. Doch plötzlich brach Hektik auf den Schiff aus. Männer der Besatzung liefen zwischen den Kisten auf und ab, überprüften Vertäuungen und Ware. Einmal hörte Kei zwei Männer reden, dass sie nun bald anlegen würden. Bald darauf fuhr ein kräftiger Ruck durch das Schiff und es stand still. „Wir entladen das Schiff morgen!“, rief ein Mann, woraufhin die Seeleute den Lagerraum verließen. In dieser Nacht weckte Kei Kouhei vorsichtig, dass dieser nicht zu laut war und damit die Mannschaft alarmierte. Kei hob Kouheis ausgezehrten Körper mit Leichtigkeit hoch und trug ihn bis auf das Deck. Die salzige frische Lust schlug ihm feucht ins Gesicht. Graue Wolkenschwaden und dichter Nebel verwehrten den Blick auf den leuchtenden Halbmond. Kei schritt die Reling entlang, auf der Suche nach einer Planke, die an Land führte, doch er fand keine. Kouhei hustete gequält, weswegen Kei sich wachsam umsah, ob ihn auch niemand gehört hatte. Doch niemand erschien. Erleichtert schlenderte Kei weiter das Deck entlang bis er am Bug des Schiffes angekommen war. Er sah in die Tiefe, doch durch den Nebel vermochte er die Distanz zum Pier nicht einzuschätzen. „Wer ist da?“, rief plötzlich eine Stimme, Kei wirbelte herum und sah zwei leuchtende Punkte auf sich zukommen. „Ergebt euch, ihr sitzt ohnehin in der Falle!“, rief eine andere Stimme feindselig. Kei blickte sich panisch um, auf der Suche nach einem Ausweg. Doch nun kamen auch von der anderen Seite zwei Lichtpunkte auf ihn zu geschwebt. „Kouhei?“, fragte er hastig. „Hmm?“ „Halt dich fest.“ Kei wirbelte herum, legte den alten Mann über seine Schulter, setzte einen Fuß auf das Geländer der Reling und sprang hinab in die unbekannte Tiefe. „Hey!“ „Er springt!“ „Er ist lebensmüde!“ „Haaaalt!“, Die Rufe verhallten im Nebel, der über Keis Kopf zusammenschlug und ihn in sich aufnahm, als würde er in eine andere Welt gezogen. Und er fiel. Plötzlich erkannte Kei den feuchten Stein des Piers unter sich und machte sich bereit zur Landung. Nahezu lautlos landete er auf dem steinernen Boden, Kouhei seufzte erleichtert. Kei schaute sich rasch um. Hinter ihm lag das gewaltige Schiff, vor und rechts neben ihm das Meer, schwarz und unheimlich. Der Pier führte nach links in den Hafen. „Ich werde dich noch ein Stück tragen.“, bedeutete Kei dem Obdachlosen. Kouhei seufzte einverstanden. Kei war sich nicht sicher, ob dieser wirklich ganz bei Bewusstsein war. Vielleicht war es auch besser, wenn er es nicht war. Eilig schritt Kei den Weg entlang bis er die großen Lagerhäuser des Hafens vor sich aufragen sah. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Zwischen den großen blauen Wellblechhäusern, deren Nummern in roten Lettern auf ihre Fronttore geschrieben waren, waren enge Gassen, die offenbar nur dazu genutzt wurden, Müll loszuwerden oder sich zu erleichtern. Wahllos entschied sich Kei für eine von ihnen und trug Kouhei vorsichtig in die Finsternis, die zwischen den Gebäuden herrschte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)