Fehler im System von Tetsu (Kao x Die, Yoshiki x Sugizo) ================================================================================ Kapitel 3: Ichigo Daifuku ------------------------- Kommentar: Wieder eine neue Person (und zwei weitere werden schon mal erwähnt)! Es fehlen zwar noch immer welche, aber ich komme langsam voran. Kommentare/Kritik/Wünsche/Vorschläge sind immer erwünscht! Ichigo Daifuku – Japanische Süßspeise (Normalerweise süße Bohnenpaste (Anko) in einer Hülle aus gummiartiger Klebreismehl-Matsche, in diesem Fall rosa eingefärbt mit Erdbeerfüllung (Ichigo = Erdbeere) ) Musik: Buck-Tick, Atsushi Sakurai Kapitel 3: Ichigo Dai-fuku Ich musste Lächeln, als Kaoru den Arm hob und seinen Armreif betrachtete. Er wirkte zufrieden und zum ersten Mal konnte ich die Einsamkeit in seinem Blick nicht sehen. Fast so, als wäre sie nie da gewesen. Obwohl ich in seine Erinnerungen eingetaucht war konnte ich nicht sagen, wie es zu dieser Einsamkeit gekommen war. Er schien lange allein gewesen zu sein. Aber warum? In meinen Erinnerungen hatte er bestimmt meine Familie gesehen. Wo war seine Familie? Die einzigen Menschen, die ich gesehen hatte waren Sugizo und der Mann an dessen Seite gewesen. Zwischendurch hatte ich noch vereinzelt Menschen gesehen. Aber niemanden oft. Keiner schien ihm wirklich nah zu sein. Ich verspürte den Drang ihn zu fragen... aber obwohl ich mich so verbunden mit ihm fühlte war ich noch nicht bereit ihm eine solch persönliche Frage zu stellen. Es war ein seltsames Gefühl. Ich war sicher ihn schon so lange zu kennen. Ihm so nah zu sein, wie sonst niemand und der Gedanke nicht mehr an seiner Seite zu sein war unmöglich. Dennoch sagte mir mein Verstand immer wieder, dass ich ihn vor ein paar Minuten zum ersten Mal gesehen hatte. Verhinderte, dass mir Worte über die Lippen kamen, zu denen mich meine Gefühle zwingen wollten. Ich hob meine Hand und fuhr durch das violette Haar, als wäre es etwas, das ich täglich tat. Das seidig glatte Gefühl ließ meine Finger kribbeln. Mein Blick begegnete Kaorus. Das ist es. Mein Leben. Meine Bestimmung. Niemals hätte ich geglaubt, dass solch ein Gefühl möglich war. Langsam lehnte ich mich vor, bis meine Stirn die seine berührte. „Es ist unfassbar.“ Er erwiderte nichts, aber ich wusste auch so, dass er mir zustimmte. Meine Gedanken, meine Gefühle und die Schläge meines Herzens waren dieselben wie seine. Wir waren eins. „Vollkommen“, auch wenn man uns Fehler nannte. Wer hatte eigentlich entschieden, dass wir die Fehler im System waren? Das System selbst konnte es nicht gewesen sein. Sonst wären unsere Verbindungen längst nicht mehr möglich. Die Regierung? Hatten sie irgendwann angefangen uns zu verfluchen? Wenn es so war, dann hatten sie bereits vor Ewigkeiten damit begonnen, denn ich wusste von keiner Aufzeichnung, die besagt, dass die Verbindung zweier Männer richtig sei. Wie auch immer es dazu gekommen war. Ein Leben würde nicht ausreichen um diese Vorurteile zu beseitigen. Auch wenn sich mein Körper etwas dagegen sträubte löste ich mich von Kaoru. Ließ zum ersten Mal komplett von ihm ab. Sofort schien mein Herz schneller zu klopfen. Um die Nähe meiner zweiten Hälfte zu betteln. Ich wollte gerade nachgeben, als ein Schrei durch das riesige Gebäude hallte, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die Verzweiflung dieses Schreis war so deutlich, dass man meinte sie greifen zu können. Kalte Schauer liefen mir über den Rücken, als ich zur Tür sah. Wohl wissend, dass ich durch das dunkle Holz nichts sehen können würde, konnte ich dennoch nicht verhindern, dass mein Blick dorthin wanderte. Und ich war auch gar nicht sicher, ob ich sehen wollte, was dahinter steckt. Ein weiterer Schrei folgte und diesmal mischte sich etwas so verrücktes in die Verzweiflung, dass es mir wirklich Angst machte. Fragend blickte ich zu Kaoru. Hoffte, dass er dem nicht nachgehen wollte. Zu meinem Erstaunen war der Ausdruck auf seinem Gesicht nicht ängstlich, sondern von einer tiefen Traurigkeit durchzogen. Noch bevor ich fragen konnte schüttelte er den Kopf. „Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Mehr ist nicht wichtig.“, flüsterte er. Schien abzuwarten, ob ein weiterer Schrei folgen würde. Aber es blieb still. Wer hatte geschrien? Und warum? Lebt er auch hier? War seine zweite Hälfte ebenfalls ein Mann?Von wo aus hatte er geschrien? Es hatte so weit entfernt geklungen. So verzerrt, als sei dieser grausame Schrei durch unzählige Wände gegangen. Hatte sich dessen zweite Hälfte verletzt? Dann wäre Kaorus Ausdruck wohl eher besorgt als traurig. Er schien genau zu wissen, aus welchem Grund es diesen Schrei gegeben hatte. Und warum meinte er, dass ich keine Angst vor ihm haben solle? Würde ich dieser Person bald begegnen? „Lass uns zu Sugizo gehen.“ Auch wenn Kaoru versucht hatte es so locker wie möglich zu sagen war ich dennoch sicher, dass der Satz in seinem Kopf anders geklungen hatte. 'Lass uns nach Sugizo sehen'. Er machte sich also doch Sorgen. War es hier gefährlich? Warum machte er so ein Geheimnis darum wer geschrien hatte? Erst als Kaoru die Tür öffnete war es mir möglich die Gedanken abzuschütteln. Ich wollte die Angst verdrängen. Aufhören zu zittern, aber die grausame Vorahnung, die mir diese Schreie in den Kopf gesetzt hatte schien immer wieder zu flehen von hier zu verschwinden. Noch bevor ich das Ende der Treppe erreicht hatte waren Schritte zu hören, die von dem Gang zu kommen schienen in dem auch die Tür zu Bibliothek lag. Ich hielt inne. Wollte genauer hinhören, doch als Kaoru sich weiterbewegte setzte ich mich wie automatisch wieder in Bewegung. Als würde mein Körper verhindern, dass ich mich weiter von ihm entferne. Es lief mir eiskalt den Rücken runter, als ich mich umdrehte und langsam den Blick auf den Gang richtete, aus dem die Schritte kamen. Dieses Wahnsinnige, das so deutlich aus dem Schrei heraus zuhören war... Noch bevor ich die Person in dem Gang erkennen konnte fing sie an zu sprechen. „Sugizo ist bei ihm.“ Als hätte man einen Schalter umgelegt verflog das ungute Gefühl. Es war eine andere Stimme. Und die Stimme des Mannes hatte auch nichts bedrohliches an sich. Gespannt, wen ich gleich vor mir sehen würde folgte ich Kaoru. Konnte nicht verhindern, dass mir der Atem einen Moment stockte, als ich die Gestalt entdeckte. So männlich die Stimme auch gewirkt hatte- Bei dem Anblick, der sich mir bot war ich mir nicht mehr sicher, um welches Geschlecht es sich handelte. Blonde, teilweise hellbraune Locken fielen dem Wesen ins Gesicht. Verliefen weiter, bis sie ein Stückchen über der Hüfte halt machten. Schwarze Perlenketten schmückten den hübschen Hals. Dazwischen ein großer dunkler Stein. Ein schwarzer Mantel schmiegte sich an die schlanke Gestalt. Wies leichte Verzierungen an Kragen und Ärmel vor. Die Beine waren in eine dunkle Hose gehüllt, die seitlich geschnürt war. Im Schatten der Treppe sorgte die blasse Haut dafür, dass ich sicher war einer Puppe gegenüberzustehen. Die Augen glänzten derart ausdruckslos, dass jede Bewegung etwas unheimliches an sich hatte. Erst, als der Fremde näher trat wirkte er lebendiger. Seine hübschen Lippen hatten sich zu einem Lächeln verzogen und seine eben noch toten Augen strahlten derart viel Freude aus, das es unmöglich war ihm in irgendeiner Art und Weise wütend gegenüber zu treten. Nur kurz nickte er Kaoru zu, bevor sein Blick regelrecht an mir klebte. Er machte keinerlei Geheimnis daraus, dass er mich musterte. Als er die Hand hob um sich ein paar der hellen Locken aus dem Gesicht zu streichen konnte ich den Armreif an seinem Handgelenk sehen. Rostrot. Das hübsche Wesen gehörte also zu Sugizo. Kaum hatte diese Information in meinem Kopf Platz gefunden war ich bereits sicher, dass die beiden perfekt zueinander passten. Mein Gegenüber wirkte eigensinnig, ein Stück weit planlos und naiv. Jemand, um den sich ein Mensch wie Sugizo sofort kümmern würde. Die Vorstellung diesen jungen Mann neben Sugizo zu sehen brachte mich zum Lächeln. Es ist sicher ein hübsches Bild. „Du gehörst also zu Kao.“, eine Feststellung, die ich unnötigerweise mit einem Nicken beantwortete. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass er darauf wartete, dass ich mich vorstellte. Ein Zucken ging durch meinen Körper, ehe ich mich etwas unkontrolliert verbeugte und endlich den Mund auf bekam. „Andou Daisuke, es freut mich sie kennen zu lernen.“ Er lachte über die planlose Vorstellung und ich kam nicht umhin ihn zu bewundern. Trotz der schwierigen Situation war in seinem Blick nicht ein bisschen Traurigkeit zu sehen. Das die Menschen ihn für einen „Fehler im System“ hielten schien einfach an ihm vorbeizuziehen. „Nenn mich Yoshiki.“ Ich nickte noch immer etwas konfus. „Kommt mit, ich habe Tee aufgesetzt und etwas Süßes mitgebracht.“ Noch bevor einer von uns reagieren konnte hatte er sich umgedreht und war los gelaufen, sodass uns nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen. Wir liefen ein ganzes Stück den Flur entlang und ich konnte schon jetzt nicht mehr sagen hinter welcher Tür die Bibliothek gelegen hatten, so gleich sah alles aus. Wie schon bei Ryota kam es mir vor, als würde auch Yoshiki wahllos eine Tür öffnen. Ein bisschen so, als würde ihn jede an sein gewünschtes Ziel bringen. Vor uns lag eine kleine Küche. Der Tisch an der Seite des Raumes war bereits gedeckt und der Geruch von grünem Tee lag in der Luft. In gewisser Weise beruhigte mich ein so vertrauter Duft in diesem fremden Haus. Auch wenn es mir schwer fiel die dadurch aufkommenden Gedanken an meine Eltern wieder zu verdrängen. Kaoru schien meine kurze Unsicherheit zu spüren, denn er trat ohne zu zögern etwas näher und als seine Fingerspitzen meinen Handrücken streiften spürte ich sofort eine angenehme Wärme, die die Last von meinen Schultern zu nehmen schien. „Ich war einkaufen und habe einen ganzen Stapel Daifuku mitgebracht.“ Yoshikis Worte brachten mich endgültig wieder auf andere Gedanken. „Einkaufen? Ich dachte Fehler-“, ich stockte kurz, „Leute wie wir... können nicht in die Stadt?“ Es war mir unangenehm, dass ich das Wort 'Fehler' ausgesprochen hatte, aber Yoshiki schien sich nicht im geringsten daran zu stören. Es irritierte mich etwas, wie stark er zu sein schien, weil er auf den ersten Blick eher etwas schwach und sensibel wirkte. Konnte es sein, dass es Menschen gab, die ein solches Schicksal einfach hinnahmen? War es wirklich möglich einfach damit zu leben, ohne das einem etwas fehlte? Vielleicht war es mir auch einfach mich möglich hinter diese Fassade der Fröhlichkeit zu sehen. Ich schob den Gedanken von mir. Wollte mich an der Hoffnung festkrallen, dass es möglich war mit diesem Schicksal glücklich zu werden. „Es gibt auch außerhalb der Stadt Läden.“, antwortete er ohne das sein Lächeln in irgendeiner Weise wich, ehe er in Richtung Stühle deutete, woraufhin ich mich mit Kaoru niederließ. Für einen Kurzen Moment werkelte er herum, bevor er sich mit einem Teller voller rosa und weißer Daifuku dem Tisch näherte. In diesem Moment öffnete sich die Tür und obwohl ich mit dem Rücken zu der eintretenden Person saß wusste ich, dass es Sugizo war, weil Yoshikis Ausdruck noch etwas strahlender wurde. „Ein Dai-fuku für Dai?“, fragte er grinsend, ohne zu seiner zweiten Hälfte zusehen. Ich blinzelte etwas irritiert, ehe ich nickte. Konnte Sugizo hinter mir leise über Yoshikis seltsames Wortspiel lachen hören. Ein Blick zur Seite verriet, dass auch Kaoru grinsen musste. Sugizo ließ sich auf dem Platz mir gegenüber nieder. Es wunderte mich ein wenig, dass die beiden sich noch kein einziges Mal angesehen hatten, aber ich nahm mir vor Kaoru später zu fragen, ob es einen Grund dafür gab. Nachdem Yoshiki jedem Tee eingeschenkt hatte – nicht ohne mich 'Daifuku' zu nennen – ließ auch er sich nieder. Zog den Stuhl aber beim Setzen ein kleines Stück von Sugizo weg. Sie schienen sich gestritten zu haben und dennoch konnte man beiden ansehen, dass sie etwas ruhiger waren, wenn ihre zweite Hälfte direkt neben ihnen saß. „Hast du etwas von Sakurai gehört?“ Kaorus Frage ließ das Lächeln sogar aus Yoshikis Gesicht weichen. Von einer Sekunde zur anderen wurde die Luft dicker und die warme, familiäre Atmosphäre schien zu verschwinden. Selbst der angenehme Geruch frisch gekochten Tees schien durch Kaorus Frage derart erschrocken, dass er innerhalb von Sekunden aus dem Raum wich. Der Dampf, der aus den Tassen und der Kanne aufstieg wurde dicker und langsamer. Fast zäh. Etwas verbotenes, lang vergessenes schien ausgesprochen worden zu sein und selbst wenn ich nicht wusste, wer Sakurai war konnte ich sagen, dass seine scheinbar schon längere Abwesenheit jeden Anwesenden sehr mitnahm. „Nein, nichts.“, war die geflüsterte Antwort. Es vergingen mehrere Minuten, in denen wir alle mit der schweren Luft zu kämpfen hatten, die es uns unmöglich machte etwas zu sagen. Es war schließlich Yoshiki, der das Thema wechselte. „Wie geht es Kyo?“ Obwohl die Frage an Sugizo gerichtet war blickte er ihn nicht an, sondern betrachtete mit wenig überzeugendem Interesse sein Ichigo-Daifuku, auf dem er seit einigen Sekunden nervös herumdrückte. Schon wieder war ein mir unbekannter Name gefallen. Mit so vielen neuen Dingen konfrontiert und derart unwissend fühlte ich mich fehl am Platz. Als wäre ich in eine fremde Familie eingedrungen. Ich beobachtete still das Geschehen, wie beim Gucken eines Films. Nicht wirklich direkt dabei. „Nicht sehr gut. Das schreckliche Gefühl, das ihn plagt ist einfach nicht vorstellbar.“ Von Sugizo scheinbar unbemerkt drehte Yoshiki erstmals den Kopf zur Seite um seine andere Hälfte zu betrachten. Eine ganze Weile sah er ihn nachdenklich an, bevor es den Eindruck machte als hätte er sich für etwas entschieden. „Jetzt hör doch auf sauer zu sein und sieh mich an. Ist doch alles gut gegangen, oder?“ Ich blinzelte etwas irritiert zwischen den beiden hin und her. Das wütende Zucken von Sugizos Augenbraue schien auch Kaoru nicht entgangen zu sein, denn er legte seine Hand auf meinen Arm und deutete an, dass wir den Raum verlassen sollten. Gerade als wir uns erhoben drehte Sugizo den Kopf zur Seite und blickte Yoshiki an. Seine Hand, die seine Tasse hielt zitterte so sehr vor Wut, dass er den Behälter einfach fallen ließ. Ein Riss zog sich quer über das weiße Porzellan. Für ein paar Sekunden war es so still, dass ich sicher war zu hören wie der Tee auf den Boden tropft. „GUT GEGANGEN?“ Sein Brüllen brachte uns dazu zusammen zu zucken, nur Yoshiki blieb still sitzen. Zaghaft bewegte ich mich mit Kaoru zur Tür. Jederzeit bereit zurückzukehren, falls Sugizo es verlangen sollte. Doch der schien uns vorerst gar nicht wahrzunehmen, als er mit der Faust auf den Tisch schlug, was sogar Yoshiki ein bisschen zu erschrecken schien. Dennoch kam mir der Gedanke, dass Yoshiki diese Ausbrüche seitens Sugizo schon gewohnt sein musste. Andernfalls hätte er mit Sicherheit sehr viel mehr Respekt vor dem wütenden Ausdruck seiner zweiten Hälfte gehabt. Ganz leise erreichten wir die Tür, während hinter uns ein Gewitter auszubrechen schien. Ich rechnete damit, dass Sugizo jeden Moment los schrie, sodass wir selbst draußen bei geschlossener Tür noch alles hören würden, weil das Geschrei durch jeden Spalt hindurch dringen würde. Doch nichts dergleichen geschah. „Setzt euch wieder her.“, Sugizos Stimme war ruhig. Seltsam entspannt, als hätte er die letzten Sekunden selbst nicht mitbekommen. Wir drehten uns wieder um und nahmen irritiert wahr, dass selbst sein Gesichtsausdruck keinerlei Wut mehr auffinden ließ. Eher zaghaft ließen wir uns wieder am Tisch sinken. Die Anspannung war nicht so leicht zu verdrängen. Yoshiki erhob sich, nahm ein paar Küchentücher von der Ablage und begann den verschütteten Tee weg zu wischen, während Sugizos Blick auf unseren Armreifen landete, was ihn deutlich zum Lächeln brachte. „Ihr wollt also zusammen bleiben?“ Ohne zu zögern nickte ich. Sah im Augenwinkel, dass Kaoru es ebenfalls getan hatte. Ein schönes Gefühl. „Es ist schön zu sehen, dass ihr den Mut habt.“ Eine Art von väterlichem Stolz schien uns zu erreichen. Löste ein seltsames Kribbeln aus. Sugizo drehte den Kopf etwas und sah nun ganz zu mir. „Du hast sicher viele Fragen, oder?“ Nickend griff ich nach meiner Teetasse. Trank einen Schluck, um das trockene Gefühl in meinem Hals zu vertreiben. Fragen hatte ich wirklich viele... nur ob es auch angebracht war diese zu stellen wusste ich nicht. Was, wenn ich ihnen zu Nahe trat? Wenn ich einen Fehler machte? „Frag einfach, Dai-fuku.“, Yoshikis Lächeln war ehrlich und nahm mir zumindest einen Teil der Ängste. „Wer ist Sakurai?“ Kurz glaubte ich etwas Wut in Sugizos Blick zu erkennen, doch als er den Mund öffnete war dieser Schimmer wieder verschwunden, sodass ich nicht sicher war, ob es vielleicht nur meiner Fantasie entsprungen war. „Sakurai lebt mit seiner zweiten Hälfte eigentlich auch hier. Die beiden sind ebenfalls... 'Fehler'. Er hat gute Kontaktpersonen innerhalb der Staatsmacht und versorgt uns so mit Informationen, was geplante Regelungen für uns angeht. In letzter Zeit gab es ein paar erschreckende Gerüchte, denen er auf den Grund gehen wollte. Die beiden sind los gezogen und noch immer nicht zurück. Ihr Fortgehen ist nun schon über 2 Wochen her.“ Ich nickte. Wollte eigentlich wegen der Gerüchte nachfragen, aber andere Gedanken kamen dem zuvor. „Wie kommt es, dass Kaoru hier ist und nicht bei seiner Familie?“ Yoshiki hatte die Scherben weggeräumt und ließ sich nun wieder am Tisch nieder. Rückte dabei mit dem Stuhl näher an Sugizo und schenkte ihm ein versöhnliches Lächeln, doch der beachtete ihn nicht weiter. Richtete seinen Blick auf Kaoru, der meine Frage scheinbar selbst beantworten sollte. „Es gibt keine Familie. Schon lange nicht mehr. Mutter und Vater waren Vollkommen. Vater hatte einen Unfall und sie waren beide weg.“, seine Stimme klang monoton, als erzähle er die Geschichte eines Anderen. Etwas, dass ihn nicht persönlich betraf. „Ich habe lange versucht alleine zu leben, es aber nicht ausgehalten. Ryota war ein Arbeitskollege meines Vaters. Er hat mich mitgenommen und hier her gebracht... das war vor 2 Jahren.“ Seine Antwort hatte neue Fragen verursacht, doch ich spürte deutlich, dass die Zeit dafür noch nicht gekommen war. „Wie... soll es nun weitergehen?“ „Ihr könnt hier bleiben, wenn ihr wollt.“, Yoshiki lächelte ein wenig hoffnungsvoll. Zum ersten Mal meinte ich zu erkennen, was für einen Schaden, das 'Fehler' sein bei ihm verursacht hatte. Er war einsam. Unvorstellbar einsam. Es war eindeutig, dass er es genoss, mehrere Menschen um sich zu haben. Doch das war nichts, was als 'Fehler' selbstverständlich war. Bevor Kaoru zu ihnen kam... waren sie da nur zu zweit gewesen? Oder war dieser Sakurai damals auch schon hier? „Ich würde gern hier bleiben.“, Kaoru nickte zur Bestätigung seiner Worte und auch ich stimmte dem zu. Nicht unbedingt, weil es mein größter Wunsch war... sondern viel mehr, weil schon die Vorstellung grausam war Yoshiki zu sagen, dass wir gehen würden. War es das, was Kaoru damals wie auch heute hier gehalten hatte? Hatte er Yoshikis Verzweiflung ebenso deutlich gesehen? Verzweiflung... eine weitere Frage kam mir in den Sinn. „Wessen Schreie waren das vorhin?“ Kaum hatte ich die Frage gestellt war ich sicher eine Grenze überschritten zu haben. In einen Bereich getreten zu sein, der nicht für mich gemacht war. Eisiges Schweigen lag über dem Raum. Kühlte die Luft beinahe merklich ab. Es war schließlich Kaoru, der antwortete. „Kyo.“ Kyo... sie hatten gesagt, dass ihn irgendein schreckliches Gefühl plagt. „Wer... ist Kyo?“ Obwohl es mir schon vorher bewusst war, dass es falsch war weiter zu fragen konnte ich es nicht verhindern. Wieder schwiegen alle und selbst Kaoru schien es nicht zu wagen etwas zu sagen. „Er ist hier im Haus. Mehr geht dich nichts an. Wenn Kyo den Kontakt zu dir sucht, okay. Wenn nicht, dann musst du eigentlich nicht einmal wissen, dass er da ist.“, Yoshiki hatte nur zaghaft gesprochen. Den Blick dabei zu Sugizo gerichtet um sicher zu sein, dass er direkt aufhören würde, wenn dieser ihm ein Zeichen gegeben hätte. Doch scheinbar war er zufrieden mit der Antwort seiner anderen Hälfte, da er nur kurz nickte. Einerseits war ich froh, zumindest ein bisschen was gefragt zu haben, andererseits hatte ich eindeutig die Stimmung ruiniert und wusste absolut nicht, wie ich das alles wieder entspannen sollte. Und genau genommen hatten die Antworten nur noch mehr Fragen aufgeworfen. Was für ein Mensch war Kyo? Warum hatte er geschrien? Was bedeutete es, wenn er den Kontakt zu mir sucht? War er jemand, vor dem man Angst haben musste? Was brachte die Zukunft hier? Würden wir für immer hier bleiben? Wohin sollten wir sonst gehen? Wo war dieser Sakurai? Was tat er? Warum reagierte Sugizo nicht nur besorgt, sondern scheinbar auch mit etwas Wut? Die Liste der neuen Fragen schien unendlich weiter zugehen. Nach einer kurzen unangenehmen Pause eröffnete Yoshiki wieder das Gespräch. „Für den Fall, dass ihr euch diese Nacht kein Zimmer teilen wollen solltet kannst du Dai-fuku das Zimmer neben deinem geben.“ Kaoru nickte abwesend. War mit den Gedanken noch deutlich woanders. Sugizo hingegen war scheinbar wieder so entspannt wie seine zweite Hälfte. Was war mit seinem Wutausbruch? Würden sie das klären, wenn sie allein waren? „Es würde mich wundern, wenn ihr tatsächlich in getrennten Zimmern schlafen solltet.“ „Mich auch.“, rutschte mir raus, was die Anderen zum Lachen brachte und sogar Kaoru aus den Gedanken riss. Ein sehr gutes Gefühl nach den ganzen ernsten Themen. Mit einem Lächeln auf den Lippen griff Yoshiki nach seinem etwas zerdrückten Daifuku. „Ein Ichigo-Daifuku passt zu euch. Es ist rosa, wie Kaorus Haare und klingt wie du, Dai. Kaoru ist Ichigo und du bist Dai-fuku.“ Ich kam nicht umhin zu grinsen bei dieser seltsamen Feststellung. „Eigentlich müsste auf euren Armreifen ein Ichigo-Daifuku sein.“, meinte Sugizo in einem so ernsten Ton, dass wir alle darüber lachen mussten. ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)