Ein sanfter Hauch von Wahnsinn von Leira ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hallihallo! Nun; Hier und heute feiere ich mein einjähriges Fanfictionjubiläum auf Animexx- und zur Feier des Tages gibt es einen kleinen Oneshot, zu dem Thema, um das auch alle meine anderen Fics hier kreisen- Detektiv Conan. Nun; zum Shot an sich braucht man nicht viel sagen. Die Thematik ist bekannt- ich erlaube mir nur, sie noch einmal mehr durchzukauen und mit meinen eigenen Worten zu erzählen… Ich danke hiermit allen, die mich bisher durch meine Fics begleitet haben… Danke, Leute- vielen, vielen Dank für eure Kommentare und eure Favorisierungen- ihr ahnt nicht, wie sehr mich das freut! *alleknuddel* Nun- ich wünsche viel Spaß beim Lesen! *Chamapgnerflascheköpft* Hochachtungsvoll, Eure Leira :D _____________________________________________________________________ Shinichi verdrehte die Augen, stöhnte leise auf. Ran stand vor ihm, und hatte keine Ahnung, was mit ihm los war. So langsam wurde sie unruhig. Langsam machte sie sich ernsthaft Sorgen. Er hatte sie hierher bestellt, weil er, wie er am Telefon gesagt hatte, mit ihr reden musste. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals ähnlich aufgeregt gewesen zu sein. Als sie ihn am Telefon hörte, und er sie gebeten hatte, zu kommen, war ihre Aufregung schier ins Unermessliche gestiegen. Und sie- sie hatte sich tatsächlich zuerst umgezogen und sich die Haare gekämmt, hatte ihr Aussehen überprüft, bevor sie losgegangen war. Und hatte sich selber darüber gewundert. Warum machte sie sich hübsch? Für ihn? Er wusste doch, wie sie aussah… Seit einer halben Stunde stand sie nun bei ihm, mit ihm, in seinem Zimmer, das ihr so vertraut war und doch noch nie fremder; genauso wie dessen Bewohner, der ihr so vertraut war- und doch irgendwie fremd. Sie musterte ihn genau. Man sah ihm die zwei Jahre, die er älter geworden war, an. Und sie standen ihm; das Kindliche in seinen Zügen hatte sich fast völlig verabschiedet, er war noch ein wenig gewachsen, war von der Statur her weniger schlaksig, als sie ihn in Erinnerung hatte, und er sah gut aus, so. Auch sein Verhalten erschien ihr anders. Er verhielt sich so untypisch. Wo war der selbstsichere, leicht arrogante Besserwisser, den sie kannte? Der brillante Detektiv? Wo war Shinichi, der auf jedes Problem eine Lösung wusste, der sich von nichts aus der Ruhe bringen ließ, der immer Herr der Lage gewesen war? Er stand vor ihr - und auch wieder nicht. Ihn beschäftigte etwas, er schien unsicher zu sein, er war nachdenklich, nervös- und diese Seite faszinierte sie auch. Also stand sie da und wartete. Immer wieder hatten sie ein Gespräch angefangen, und immer wieder war es im Sande verlaufen. Nun standen sie sich seit fünf Minuten wortlos gegenüber. Er war bis gerade eben noch im Kreis gelaufen, die Fäuste tief in seinen Hosentaschen vergraben, dann war er plötzlich stehen geblieben- und schaute sie nun unverwandt an. Er war außerordentlich blass um die Nase. So kannte sie ihn gar nicht… Was war nur los mit ihm…? „Shinichi…?“ Weiter kam sie nicht. Er hob die Hand, legte ihr einen Finger auf die Lippen. Ihre Augen wurden groß. Langsam ließ er den Arm wieder sinken. Holte tief Luft, und begann endlich zu reden. „Ich muss dir etwas sagen, Ran, und es kann sein, dass du mich hinterher hasst…“ „Was…?“ Sie zog verwirrt die Augenbrauen hoch. Ihn so reden zu hören behagte ihr gar nicht. Er schüttelte den Kopf. „Lass mich ausreden, bitte. Hör zu… ich… ich… es ist mir wichtig, dir das alles jetzt zu sagen, und ich möchte dich bitten, wenn du die ersten Sätze gehört hast, lauf nicht weg. Bitte. Du musst hier bleiben, dir alles anhören, denn sonst wirst du es nicht verstehen können. Ich - könnte nachfühlen, wenn du hinterher nie wieder etwas mit mir zu tun haben willst, aber es ist mir wichtig, dass du alles erfährst. Versprich’s mir…“ Er schluckte, wandte den Blick ab, starrte zu Boden. „Versprich mir, dass du hier bleibst, bis ich fertig bin…“ „Shinichi… was…?“ Der Grad ihrer Verwirrung stieg. „Bitte!“ Er schaute wieder auf. Ran erschrak - der Blick in seinen Augen hatte so etwas Verzweifeltes an sich. Entschlossen, aber flehend - und ein wenig Angst mischte sich wohl auch darunter. Ein Blick, den sie bei ihm noch nie gesehen hatte. Und der sie in den Bann schlug. „Okay…“, meinte sie zögernd. „Dann… dann setz dich bitte.“ Sie ließ sich von ihm zu seinem Schreibtischstuhl schieben, sank gehorsam auf die Sitzfläche. Er stand vor ihr, vergrub seine Hände wieder in seinen Hosentaschen. Seine Haltung war verkrampft, sein Gesichtsausdruck verbissen - er starrte auf den Teppich als suchte er dort nach Worten, als würde dort geschrieben stehen, was er zu sagen hatte. „Conan…“, begann er schließlich. „Was ist mit ihm?“, murmelte sie. Unruhe, Sorge, beschlich sie. Conan war vor zwei Tagen verschwunden. Ohne ein Wort des Abschieds gegangen. „Weißt du noch… weißt du noch, wie du mir im Bakerrestaurant gesagt hast, er wäre mir ähnlich?“ Sie schaute ihn fragend an, nickte langsam. Das unruhige Gefühl blieb - die Sorge schwand augenblicklich. Dass er so von der Sache zu reden anfing, konnte eigentlich nur eins bedeuten. Sie ahnte, worauf er hinauswollte, aber sie wollte es nicht glauben. Ihre Hände umkrampften unwillkürlich die Sitzfläche des Stuhls. So oft hatte sie es geahnt, und sich so oft täuschen lassen. Sie wollte nicht daran denken, dass er jetzt… unter Umständen… genau das… Dann rissen sie seine nächsten Worte aus den Gedanken. „Du gingst dabei sogar soweit, mir zu sagen, dass du eine Zeit lang geglaubt hättest, Conan wäre in Wirklichkeit ich. Im selben Atemzug hast du dich dann selber als verrückt bezeichnet… das wäre nicht nötig gewesen, denn…“ Sie presste die Lippen aufeinander. Also doch. Also doch… Langsam begann sie den Kopf zu schütteln. „Nein…“, hauchte sie. Und erst jetzt schaute er auf. „Doch…“, murmelte er langsam. In seinem Blick lag Bedauern. Schuld. „Du hättest dich damals nicht als verrückt bezeichnen müssen, denn du hattest Recht. Ich war Conan.“ Jetzt war es raus. Er atmete tief aus. „Nein…!“, wiederholte sie. Ihre Stimme klang weinerlich, verzweifelt, als sie langsam erfasste, was das bedeutete. Er hatte sie angelogen. Shinichi redete weiter. „Und vorher sagtest du noch, du hättest gedacht, dass ich in Schwierigkeiten stecke und Agasa hätte mir ein Mittel gebraut, dass mich in ein Kind… verwandelt. Du hattest da schon Recht. Einzig und allein deine Vermutung, der Professor hätte das Gift gemischt, war falsch. Er war es nicht. Aber ich steckte tatsächlich in furchtbaren Schwierigkeiten...“ Ran starrte ihn nur an. Er hatte sie benutzt. Ihr wurde kalt und heiß zugleich, als sie die Tragweite dessen, was er ihr erzählte, erfasste. Shinichi sprach weiter, schien Angst zu haben, dass er, wenn er den Wortschwall, der aus ihm hervorsprudelte, abreißen ließ, den Faden nicht wieder finden würde. Seine Stimme war leise, klang monoton und er sah sie nicht an, als er redete. „…Als wir damals im Tropical Land waren, bin ich doch einem merkwürdigen Typen hinterher… ich habe ihn bei einem Verbrechen beobachtet, seinen Partner hinter mir nicht bemerkt. Ich wurde K.O. geschlagen, und eigentlich… eigentlich wollten sie mich erschießen. Das wagten sie allerdings nicht, weil vom Fall zuvor noch zu viele Polizisten auf dem Gelände waren. Also haben sie an mir ein neuartiges Gift ausprobiert, das mich hätte töten sollen, aber das hat es nicht. Das hat es nicht… es hat mich… ins Kindesalter…“ „Nein!“ Ran sprang auf. „Hör auf damit! Hör auf!“ Sie schrie. Er hob den Kopf, blickte sie nun doch an. Da stand sie nun vor ihm, hielt sich die Ohren zu, kniff die Augen zusammen. Wegen ihm. Das hatte er angerichtet. Er streckte die Hand aus, zog einen Arm weg, und sie - sie hieb nach ihm, schüttelte ihn ab. Er wich aus, stolperte zurück. „Du Mistkerl…!“ Sie schlug sich die Hand vor den Mund. Er wusste, woran sie jetzt dachte. Ran dachte an ihr Geständnis. An all die Dinge, die sie zusammen gemacht hatten, an all die Sachen, die sie ihm erzählt hatte. „Du elender Scheißkerl…“ Ihre Lippen waren weiß, ihr Gesicht war leichenblass geworden, ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern. Sie wich vor ihm zurück, starrte ihn ungläubig an. Dieses Entsetzen, diese Enttäuschung in ihren Augen traf ihn mehr, als die Wut, die sich im nächsten Moment in einer schallenden Ohrfeige manifestierte. Unwillkürlich fasste er sich an die Wange. „Es tut mir Leid…“ Er schluckte. Seine Stimme begann, ihren Dienst zu versagen, er räusperte sich. „Es tut mir Leid, ich wollte dir nicht wehtun. Ich wollte dich nicht anlügen, ich wollte dir das alles nie antun, dass musst du mir glauben!“ Seine Selbstbeherrschung verließ ihn langsam, aber noch hatte er sich im Griff. „Du bist ein Lügner, Shinichi.“ Rans Stimme war erstaunlich kühl. Nach ihrem Ausbruch eben riss sie sich sehr zusammen. „Warum sollte ich dir auch nur noch ein Wort glauben. Mich so anzulügen… mir das anzutun… was hast du dir dabei gedacht. Du wusstest es doch… wie konntest du…“ Sie schaute an ihm vorbei. „Ich gehe jetzt.“ Er blickte sie an. „Ich bin aber noch nicht fertig...“ Sie wandte sich ihm langsam wieder zu. „Was könntest du mir jetzt noch sagen, Shinichi. Was denn… Ich will dich nicht mehr sehen. Ich gehe jetzt.“ Sie drehte sich um. „Du hast versprochen, dass du bleibst, bis ich fertig bin!“ Er klang gefasst. In ihm herrschte Chaos. „Ran…“ Er trat wieder näher, seine Stimme war leise, bebte, war voller Reue. Sie trat weiter zurück, schüttelte heftig den Kopf. „Es interessiert mich nicht, was du noch zu sagen hast, Shinichi Kudô! Dich hat in den vergangen Jahren wohl auch kaum interessiert, wie’s mir ging, denn sonst hättest du nicht-“ „Hör zu, ich wollte nicht… ich wollte das nicht…!“ „Das hat dich aber nicht daran gehindert, es dennoch zu tun, wie’s aussieht!“ Sie hatte ihn angefaucht, atmete schwer, ihre Haltung war angespannt. Er starrte sie an, überrascht- und erkennend. Diese Schlacht war geschlagen. Er hatte sie verloren, noch bevor sie begonnen hatte. Shinichi schluckte schwer. „Hör zu, ich wollte das wirklich nicht. Ich wollte nicht… ich wollte dir nie wehtun. Aber ich wollte auch nicht, dass andere es tun, deswegen hab ich…“, versuchte er noch einmal, sich zu verteidigen. Seine Stimme war kaum mehr als ein Wispern. „Ich dachte, lieber mache ich es… bevor es… jemand anders tut. Weil ich… es kontrollieren kann, das… das war es, was ich glaubte. Ich dachte, ich kann aufpassen, dass dir nichts passiert, dir nur…“, er lachte bitter, „seelische Wunden zufüge, aber keine körperlichen, wie es andere getan hätten. Ich bereue es, dir das angetan zu haben, aber ich würde es wieder tun. Wäre ich wieder in der Situation- ich würde nicht anders handeln. Es- es tut mir so Leid, Ran, wirklich…“ Sie schaute zu Boden, ihre Augen waren zusammengekniffen, ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst; dann hob sie die Hand- und brachte ihn damit zum Schweigen. In ihrem Hals bildete sich ein Kloß, sie merkte, wie ihre Augen zu brennen anfangen, sich Tränen sammelten, in die Freiheit drängten. Sie konnte es kaum glauben. Konnte es nicht fassen, dass der Mensch, dem sie am meisten auf dieser Welt vertraut hatte, sie derart hintergangen hatte. Sie atmete tief durch. Ran war mit den Nerven am Ende. Wollte ihn nicht mehr hören, seine Entschuldigungen klangen nur von weit weg zu ihr durch. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich will dich nicht mehr sehen.“, wiederholte sie. Ihre Stimme zitterte. Tränen traten nun in ihre Augen. Sie schaffte es nicht, sie zurückzuhalten. „Nie mehr, hörst du!? Nie wieder!“ Damit riss sie die Tür auf, stürmte nach draußen. Er setzte ihr nach, über die Treppe nach unten. „Ran!“ „Lass mich in Ruhe! Du dreckiger Lügner! Lass mich…“ Sie stand bereits am Treppenabsatz ganz unten, starrte ihn an, wütend, verletzt, anklagend. Shinichi hatte sie am Handgelenk gepackt, sie gerade noch zu fassen gekriegt. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er wollte sie nicht gehen lassen, aber sie festzuhalten tat ihr weh- und das wollte er auch nicht. Tränen strömten über ihr Gesicht. Sie sah so verletzt aus. „Lass mich los…“ Sie zerrte an ihrem Arm, versuchte mit der anderen Hand, seine Finger zu lösen, seinen Griff zu brechen. „Glaubst du, das hat mir Spaß gemacht?! Glaubst du wirklich, ich wollte dich anlügen?! Hab ich jemals den Eindruck gemacht, als wärst du mir egal…?“ Seine Selbstkontrolle ging nun langsam doch flöten. Sie schluchzte. „Shinichi, lass los…!“ Ran ließ sich nach hinten sinken, drehte ihre Hand, wollte seinem Griff entkommen, stieg die letzte Stufe nach unten. Wimmerte, klang verzweifelt. Ihn ihm tobte es. Sie so zu sehen- so enttäuscht, so hilflos, kraftlos… und zu wissen, dass es ihr wegen ihm so schlecht ging, machte ihn fertig. Aber… „Ich will doch nur, dass du es verstehst…! Verdammt noch mal, Ran… du musst doch wissen, dass ich das nicht freiwillig getan hab…“ Er trat ebenfalls in die Eingangshalle, ließ die Treppe hinter sich. „Lass los… bitte…“ Kraftlos zog sie an ihrem Arm, ihr Kopf sank gegen seine Schulter, als sie aufgab, wieder nach vorn sackte, der Weinkrampf sie zu schütteln begann. „Lass los…“ Er schluckte. Es hatte keinen Sinn. Indem er sie festhielt, verletzte er sie nur noch mehr. Sie fühlte sich in seiner Nähe nicht mehr wohl, das musste er… akzeptieren. Also ließ er sie los. Aber sie ging nicht. Sie stand immer noch da, berührte mit ihrer Stirn seine Schulter, hatte ihre Arme um ihren schmalen Körper geschlungen, weinte. Er schluckte, sammelte das letzte Bisschen Courage, dass er noch hatte. Das hier war vielleicht die letzte Chance, diese Worte loszuwerden- und egal wie es endete, er wollte sie nicht mit in sein Grab nehmen. Shinichi wollte, dass sie es wusste. „Ich liebe dich. Ran.“ Er sagte es so leise, dass sie es fast nicht hörte. „Deswegen hab ich das getan. Ich wollte nicht, dass dir wegen meiner Dummheit was passiert, ich hab dich angelogen, damit du in Sicherheit warst. Damit du nicht auch noch solche Schwierigkeiten hast wie ich. Nur deswegen. Ich dachte, ich tu dir damit einen Gefallen, dich nicht in mein Dilemma hinein zu ziehen. Aber ich- ich kann verstehen, dass du mich hasst. Also wenn du willst, dass ich verschwinde, dann verschwinde ich. Du wirst nie wieder etwas von mir hören, wenn du das nicht willst, Ran. Es tut mir Leid, dich festgehalten zu haben. Wenn du gehen willst, dann darf ich dich nicht aufhalten…“ Er hatte aufgegeben. Es machte keinen Sinn, sie zwingen zu wollen. Er hatte selber Schuld- sie dazu zu zwingen, ihm zu verzeihen, wäre falsch. Es wäre nicht richtig. Er musste sich eingestehen, dass er gespielt und verloren hatte. Sie hob den Kopf langsam. Plötzlich fühlte sie sich schuldig, als sie die Qual in seinen Augen sah- die Erkenntnis von seinem Gesicht ablesen konnte, seine Erkenntnis, dass er das, was ihm wohl am meisten auf dieser Welt bedeutete, verlieren würde. Sie verlieren würde. Weil er es verbockt hatte. Und diese Tatsache hob ihre Welt aus den Angeln. Sie hätte nie gedacht, dass sie ihm derart viel bedeuten könnte. Dass sie überhaupt einem Menschen so viel wert sein könnte. Er hatte in ihrem Leben immer einen besonderen Platz eingenommen. Und nun sah sie, dass es umgekehrt genauso war. Sie schluckte, schaute dann zu Boden. Aber etwas in ihr sträubte sich, zuzulassen, sich ihm wieder anzuvertrauen. Er hatte ihr wehgetan, bewusst. So etwas konnte sie nicht ignorieren. Nicht, wo sie wusste, dass sie ihn so sehr liebte, dass sie sich ihm schon fast ausgeliefert fühlte. So sehr liebte, dass sie ihm fast alles verzieh. Sie ließ ihm fast alles durchgehen. Seine Stimme, seine Gesten, allein seine Anwesenheit machten aus ihr eine andere. Und das war wie Himmel und Hölle zugleich. Sie kämpfte mit sich, fällte ihren Entschluss. Als sie sprach, war ihre Stimme kaum lauter als ein Flüstern. „Ich kann nicht zulassen, dass du das mit mir machst. Ich kann nicht zulassen, dass ich dir alles verzeihe, dass ich dir alles durchgehen lasse, dass ich zulasse, dass du mir wehtust. Auch wenn du das nicht willst, aber du - du tust es. Du weißt das. Du tust mir weh. Unglaublich weh sogar.“ Er presste die Lippen aufeinander, nickte stumm. Ran fuhr fort. „Ich liebe dich auch… wie du ja… weißt… Aber ich kann das nicht… ich fühle mich ausgeliefert dir gegenüber. Du treibst mich zu Höchstleistungen, du verschaffst mir unglaubliches Glück- und du bereitest mir Leid, wie es kein anderer kann. Ich halte das nicht aus.“ Er nickte wieder. Dann öffnete er den Mund, schluckte, bevor er sprach. „Du…“ Seine Stimme klang rau. „Du hat Recht. Aber du… du weißt aber schon, dass ich das gleiche auch von dir behaupten kann?" Er schluckte. Ran schaute kurz auf- dann drehte sie ihren Kopf wieder weg, schaute die Wand an. Sie merkte, wie ihr Herz gegen ihren Brustkorb hämmerte, ihr bis zum Hals schlug. Sie liebte ihn. Sie wollte nicht weg von ihm. Aber sie wollte sich niemandem gegenüber so schutzlos fühlen. Ihr Atem ging schnell. Immer noch rollten ihr Tränen über die Wangen. Ran fing an zu zittern, ihre Nerven waren überreizt, sie war überwältigt vom Kampf ihrer Gefühle gegen ihre Vernunft. „Also war es… war es das jetzt…?“ Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Ran schaute auf, merkte, dass auch er mit den Tränen kämpfte. „Ja...“ Ihre Stimme versagte fast. „Ich… ich versteh das.“ Er verkrampfte seine Hände. Sein Magen drehte sich fast um, es war so schrecklich. Dieses Gefühl, dass das hier nun das Ende war. Dass sie gehen würde. Für immer. „Hm.“ Sie wischte sich über die Augen. Er räusperte sich, bemühte sich, seine Stimme fest klingen zu lassen. „Also… dann… ist es wohl Zeit, Lebwohl zu sagen?“ „Ja… Ich… ich kann das nicht.“ Worte, kaum mehr als ein Lufthauch, der ihre Lippen verließ. Sie sah wieder auf, in sein Gesicht. Sah diesen Schmerz, diese –Traurigkeit… aber auch die Bereitschaft, ihre Entscheidung zu akzeptieren. Und genau dieser Blick brachte sie dazu, über eben diese Entscheidung nachzudenken. Tat sie ihm nicht vielleicht ein wenig Unrecht…? Er war bereit, sie gehen zu lassen, obwohl es ihn so schmerzte… er dachte hier und jetzt nicht an sich. Nur an sie. Eine Träne rann ihr über die Wange, perlte auf ihre Lippe. Und Shinichi- konnte nicht anders. Er beugte sich nach vorne, hob ihr Kinn mit einer Hand an, küsste den salzigen Tropfen weg. Unglaublich sanft berührten seine Lippen die ihren, nur kurz, nur für Bruchteile einer Sekunde. Und doch fühlte er sich, als ob er sein ganzes Leben lang nur auf diesen Moment hingelebt hatte- auf diesen einen Augenblick, der nun doch so tragisch war. So bitter. Er brachte wieder etwas Abstand zwischen ihr und sich, atmete heftig, versuchte, sich endlich wieder unter Kontrolle zu kriegen. Er durfte sich nicht so gehen lassen. Sie starrte ihn erschrocken an. Sagte nichts. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. „Entschuldige… ich…“, begann er leise, bereute schon fast, ihr so nahe gekommen zu sein. Dazu hatte er kein Recht gehabt. Sie schüttelte den Kopf, schnitt ihm damit das Wort ab. Shinichi presste die Lippen aufeinander, schaute beschämt zur Seite. Als er sich ihr wieder zuwandte, lächelte er tapfer, auch wenn ihm zum Heulen zumute war. „Dann tu’s nicht, Ran." Er fing ihren Faden auf, begann bei ihren letzten Worten. "Wenn du es nicht kannst, dann tu’s nicht. Ich will, dass du glücklich bist. Wenn du das ohne mich bist, dann muss es mir Recht sein.“ Sie nickte, ging zur Tür. Weiter kam sie nicht. Ran schluchzte hemmungslos auf, verlor die Kontrolle über sich. Warf ihre Vorsätze über Bord, vergaß, dass sie so etwas wie einen Verstand besaß, ließ sich nur noch von ihrem Gefühl leiten. Drehte sich um, ging zurück, streckte ihre Arme aus, zog ihn an sich, krallte ihre Finger in sein Hemd, sein Haar, suchte mit ihren Lippen die seinen. Fand sie, küsste ihn und weinte. Er legte ihre Arme um sie, drückte sie an sich, erwiderte ihren Kuss. „Schhh…“ Er löste sich von ihr, drückte ihren Kopf gegen seine Schulter. Verzweiflung stieg in ihm hoch. Er wollte sie nicht verlieren. Er liebte sie doch. Shinichi schluckte, atmete den Duft ihrer Haare, fühlte die Wärme ihres Körpers, hielt sie fest. Wollte sie nicht gehen lassen. Nicht loslassen. Und doch wusste er, würde sie es verlangen, dann würde er es auch tun. Ihr zierlicher Körper bebte, als sie immer weiter schluchzte. So standen sie, minutenlang. „Und was jetzt…?“, flüsterte er schließlich, versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen. Sie sagte nichts, vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Langsam beruhigte sie sich. Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bevor sie etwas sagte. „Ich muss wahnsinnig sein…“ Er spürte ihren warmen Atem auf seiner Haut, als sie es sagte. Er drang durch den Stoff seines Hemdes, brachten seine Nackenhaare dazu, sich aufzustellen. Er wagte fast nicht, aufzuatmen. Wagte nicht, seinen Schlussfolgerungen, die er aus ihren Worten zog, zu glauben. Schließlich musste er es doch wissen. „Also nicht Schluss?“ „Wie können wir Schluss machen, bevor wir angefangen haben…“, seufzte sie leise. „Sag, was machst du mit mir…? Ich kann machen was ich will, ich komm nicht weg von dir… warum nicht…?“ Er lächelte zaghaft. „Ich liebe dich…“, murmelte er, schloss die Augen. Erleichterung schwappte wie eine Welle über ihn hinweg, trug die Angst, die Anspannung mit sich fort, befreite ihn. „Das wird es sein.“ Sie lachte leise. Dann hob sie ihren Kopf, schaute nach oben, direkt in seine blauen Augen. „Aber ich bitte dich, tu mir nie wieder so weh. Wenn du mich so liebst, wie du sagst, dann lass mich nie wieder allein, tu mir so was nie wieder an…“ Das Lächeln verschwand von seinen Lippen. „Ich schwörs dir, Ran.“ Er schluckte, strich ihr die letzte Träne mit seinem Daumen vom Gesicht, nahm ihren Kopf sanft in beide Hände, lehnte seine Stirn an ihre. „Ich schwörs dir. Und ich danke dir so sehr, dass du mir diese Chance noch gibst. Denn verdient hab ich sie nicht.“, wisperte er. Sie streckt sich kurz, strich ihm mit ihren Fingern die Haare aus der Stirn, schaute in seine Augen. „Tja, wie ich sagte, ich muss wahnsinnig sein…“ „Nein, bist du nicht.“ Er lächelte. Und Ran ließ sich anstecken. Sie liebte sein Lächeln. Und sie sah ihn so gern lächeln. Sie machte ihn gern glücklich. Und sie liebte dieses Gefühl, das er in ihr wachrief. Glück. „Uns umweht wohl beide ein Hauch von Wahnsinn…“ Sie berührte mit ihren Fingern sanft seine Lippen- und er folgte ihrer stummen Bitte. Ganz im Stillen jedoch dankte er ihr an die tausend Mal für diese Chance, die sie ihm schenkte. Etwas, das sie nie bereuen sollte, dafür würde er sorgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)