Angst von Luxury ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Während wir beim Frühstück saßen und genüßlich unsere Brötchen mampften, überlegte ich mir, wie ich wohl am Besten mit meinem kleinen Problem anfangen sollte. Wie konnte ich den Jungs am einfühlsamsten beibringen, dass ich ihnen die ganze Zeit über etwas sehr Wichtiges über meine Vergangenheit verheimlicht hatte? Ich wollte nicht Gefahr laufen, dass einer Jungs denken ich würde ihnen nicht vertrauen. Denn das tat ich. Wie sonst könnte ich mit ihnen befreundet sein? „Shou? Sag mal wo bist du eigentlich mit deinen Gedanken? Du hast gerade Salz in deinen Kaffee geschüttet.“ Tora zog eine Augenbraue nach oben. Scheiße! Na den Kaffee konnte ich damit wohl in den Ausguss kippen. „Ist noch Kaffee da? Den kann ich wohl nicht mehr trinken.“ Nao stand auf und nahm mir meine Kaffeetasse ab. Den Kaffee kippte er weg und goß mir den letzten Rest aus der Kanne ein. „Danke Nao. Reichst du mir noch den Zucker, Pon?“ Diesmal passte ich aber auf, was ich machte. „Sag mal Nao, wieviele Zuschauer sind heute Abend eigentlich da?“ Pon, von dem alle wussten wie aufgeregt er jedesmal vor einem Konzert war, musste immer alles ganz genau wissen. Vorallem musste alles wie immer ablaufen. Wenn auch nur die Obstschale, die für gewöhnlich in den Gaderoben rumstanden, einen Millimeter verschoben war, dann brach für ihn die Welt zusammen. „Mhmm, so um die 7.000. Also noch recht mittelmäßig.“ Pon verschluckte sich nach dieser Anwort erstmal an seinem Wurstbrötchen. „Mittelmäßig? Das reicht ja wohl für das erste Konzert.“ Pon, der sich nach kurzer Zeit wieder halbwegs erholt hatte, wurde kreidebleich. „Mein Gott, jetzt stell dich doch nicht so an. Du tust ja gerade so, als wäre das dein erstes Konzert. Sei mal ein bisschen professioneller.“ War ja klar, dass Saga sich da wieder einmischen musste. „Ach kommt schon, macht doch nicht schon am frühsten morgen so einen Stress. Die Konzerte werden bestimmt richtig klasse. Es ist schließlich schon eine Ewigkeit her, dass wir auf Oneman-Tour waren.“ Manchmal waren die Vier echt schlimm. Ich will ja nicht sagen zum wegrennen, aber wenn sie sich dann an solchen Belanglosigkeiten hochziehen, dann kann das schonmal mehr als belastend sein. „So und wer macht nun den Abwasch?“ Tora guckte fragend in die Runde. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie sich auf Sagas Gesicht ein Grinsen breit machte. „Ich würde ja sagen, der der fragt.“ Tora guckte Saga zwar skeptisch an, erhob sich dann jedoch und räumte das Geschirr rüber zur Abwäsche. „Wolltest du uns nicht was erzählen?“ Nao konnte auch einfach nichts vergessen. Innerlich holte ich bereits Luft und machte mich auf das Schlimmste gefasst. „Jetzt lass doch Tora erstmal abwaschen. Du hast doch vorhin gehört, dass Shou mit allen reden will.“ Danke Pon. Noch ein wenig Zeit bekommen. „Erstens Pon, bin ich anwesend und kann durchaus abwaschen und zuhören und zweitens weiß ich bereits um was es geht. Es betrifft hauptsächlich euch drei. Also dich, Nao und Saga.“ Tora du Trottel. Er wusste genau, wie schwer es mir fällt darüber zu reden. „Na wenn das so ist, dann schieß mal los Shou.“ Drei Augenpaare richteten sich wie auf Kommando auf mich. „Ähmm ja. Ich weiß grad nicht wo ich anfangen soll. Es ist nicht unbedingt einfach für mich darüber zu sprechen.“ Hilfesuchend sah ich zu Tora, in der Hoffnung er würde mir irgendwie helfen. Doch nichts kam. „Also es geht eigentlich um gestern Abend. Da hab ich euch doch erzählt, dass ich einen Schwächeanfall gehabt habe.“ Einstimmiges Nicken von Nao und Hiro. Saga sah mich nur schweigend an. „Ähmm, also... ich hab euch gestern angelogen. Ich hatte keinen Schwächeanfall. Sondern... .“ Ich brach ab. Ich fühlte wie das Zittern wieder durch meinen Körper ging. Eine warme Hand legte sich auf meine Schultern. Ich sah auf. Saga! Ein aufmunterndes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Shou, egal was es ist, wir sind alle für dich da. Aber sag uns bitte endlich die Wahrheit.“ Ich nickte. „Also ich leider unter Panikattacken, die teilweise sehr heftig werden kann, sodass ich manchmal versuche mir selbst weh zu tun bzw. schlimmeres.“ Ich sah auf den Tisch und knetete nervös meine Finger. Schweigen. Unerträgliches Schweigen lag in der Luft. Das einzige Geräusch was zu vernehmen war, war das leise Klirren vom Geschirr. Tränen stiegen in mir hoch. Ich versuchte sie zu unterdrücken, was mir jedoch nicht richtig gelang. Vereinzelt machten sie sich auf den Weg über mein Gesicht. Immer noch schwiegen alle. „Ok. Also ich hab ja mit viel gerechnet aber damit definitiv nicht.“ Nao war der erster der die furchtbare Stille durchbrach. Er sprach leise und ich konnte hören das er nicht richtig wusste was er sagen sollte. „Kann man da gar nichts gegen machen? Ich meine, helfen da keine Medikamente oder ne Therapie?“ „Naja, ich hatte als Kind mal eine Therapie, aber die ist nicht angeschlagen. Deswegen muss ich jetzt, wenn wieder eine Attacke kommt, Medikamente spritzen bzw. spritzen lassen, da ich selten im Stande bin das selbst zu tun.“ Mein Blick ging zu Tora, der sich zu uns gedreht hatte. Sein Blick hing jedoch an Saga, der bis jetzt immer noch nichts gesagt hatte. Ich wurde langsam unsicher, da gerade Sagas Reaktion mich besonders interessiert hatte. „Ich will dich jetzt nicht kritisieren, aber wieso hast du uns bis jetzt nichts gesagt? Ich will dir wirklich keine Vorwürfe machen, aber es irritiert mich nunmal. Und vorallem, weiß denn eigentlich die PSC davon?“ Nao sah ich unverwandt an. „Es war nicht weil ich euch nicht vertraue sondern weil es mir peinlich ist.“ „Wieso peinlich? Shou, das ist eine schwere Krankheit. Nenn mir bitte einen der sich darüber lustig machen würde?“ Ich hatte es geahnt. Irgendwann kamen diese Zweifel, diese Vorwürfe. „Ich habe nie gesagt, dass einer von euch sich darüber lustig machen würde, es ist mir nur einfach peinlich wie hilflos ich bin, wenn ich da zitternd und verängstigt auf dem Boden liege, weil ich einfach keinen Sinn mehr sehe zu leben. Wenn einfach jedes Gefühl aus meinem Körper verschwindet bis auf diese Todesangst. Wenn die Hitze in meinem Körper unerträglich wird und ich keinen einzigen klaren Gedanken fassen kann und keinen anderen Ausweg mehr sehe als mir etwas antun zu wollen nur um zu sehen ob ich überhaupt noch lebe.“ Ok, das musste jetzt einfach alles raus. Egal was die anderen von mir denken mochten. Ich wollte aufstehen und gehen doch leider saß zu meiner Rechten Saga, immer noch schweigend, und zu meiner Linken Nao. Es gab also keinen Ausweg. „Shou, gomen so war das jetzt wirklich nicht gemeint. Ich... ich wollte doch nur wissen warum du das solange verheimlicht hast. Ich wollte dir damit wirklich nicht zu nahe treten. Ich bin im Moment etwas naja überfordert mit der ganzen Situation.“ Nao schien förmlich auf seinen Platz zusammen zu sinken. „Tut mir leid Nao. ich wollte dir wirklich nicht so Feuer machen. Ich... es musste einfach mit raus, wenn ich schon einmal dabei bin, hier mein Herz auszuschütten.“ Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und hoffte einfach mal, dass ich damit alles überstanden hatte. „Weiß denn nun die PSC davon oder nicht?“ Pon schien jedoch anderer Meinung zu sein. „Nein tut sie nicht und so soll es auch bleiben. Bitte wenn das Managment davon erfährt, kann ich mich einliefern lassen und das will ich nicht.“ Bloß nicht. Die eine Therapie hat mir vollkommen gereicht. „Wenn du meinst. Aber sag mal ehrlich, wie hast du es geschafft uns das solange zu verheimlichen?“ Mensch Hiroto, kannst du nicht einmal die Klappe halten? „Tora.“ Mehr sagte ich nicht dazu. Was sollte ich denn auch noch sagen? Tora hat mir immer geholfen, wenn ich Probleme hatte. Nao und Hiroto warfen Tora einen vielsagenden Blick zu. Der zuckte nur mit den Schultern. Er sah immer noch zu Saga. „Sag mal Saga, du bist auf einmal so still. Hast du gar keine Meinung dazu?“ Danke Tora. Ich hätte nicht den Mut gehabt ihn danach zu fragen. „Mhhmm?“ Saga schreckte hoch. Er schien völlig in Gedanken zu sein. „Tora will wissen was du über Shous Krankheit denkst.“ Hiroto half ihm etwas auf die Sprünge. „Ich? Was soll ich davon halten?“ Saga guckte fragend zu Tora. Er musste doch irgendetwas denken. „Ja du. Saga, ich glaub gerade deine Meinung dazu interessiert Shou am meisten.“ Tora sah ihn eindringlich an. „Wieso ausgerechnet die von Saga? Unsere zählt wohl gar nicht?“ Hiro zog seinen berühmt berüchtigten Schmollmund. „Pon, wäre es möglich wenn du dich ein einziges Mal mal nicht einmischen würdest? Saga weiß was ich meine.“ Tora strafte Hiroto mit einem genervten Blick. „Ich glaube nicht, dass dich das irgendetwas angeht. Außerdem muss ich das Ganze erstmal setzen lassen. Und wenn ich darüber nachgedacht habe, werde ich schon mit Shou reden. Er ist schließlich der Einzige, den meine Meinung zu interessieren hat.“ Für Saga schien dieses Thema somit erledigt zu sein. Für mich hingegen überhaupt nicht. Wieso brauchte er so lange? Vielleicht war es doch keine so gute Idee es ihm zu erzählen. Vielleicht wäre es besser gewesen nichts zu sagen. Doch nun war es zu spät. Was ist wenn er sich wirklich von mir abwenden würde? Was ist wenn seine Liebe sich nur auf Shou bezog und nicht auf Kazamasa? Was ist wenn Saga damit nicht leben konnte, dass ich eine so verängstigte und zerbrechliche Seite hatte? Mir wurde schwindlig. Erneut stieg Panik in mir hoch. Hitze durchflutete meinen Körper. Aber die Hitze war nicht angenehm sondern unerträglich. Saga. Alles drehte sich jetzt um ihn. Alles. Mein Leben hatte keinen Sinn mehr ohne ihn. Wieso nur musste es ausgerechnet Saga sein? Wieso konnte es nicht Nao oder Pon sein? Von denen kannte ich ihre Meinung nun. Aber Saga? Wieso konnte mir niemand diese quälende Last abnehmen? Andererseits konnte Saga unheimlich zärtlich und einfühlsam sein. Das hatte er ja gestern Abend bewiesen bzw. hatte seine Tränen heute morgen mir gezeigt, dass auch ein Saga mal schwach sein konnte. „Wenns dass dann gewesen ist, würde ich jetzt gerne meinen Kram für das Shooting zusammen packen.“ Saga war aufgestanden und verließ unsere Küche. „Saga? Bitte, sag endlich was dazu.“ Wieder flossen Tränen über mein Gesicht. Ich hatte Angst. Angst davor allein zu sein. Momentan gab es nur Saga und mich. Und der einzige Mensch, den es gerade für mich gab, war gerade dabei mich zu verlassen. Mich in dieser schrecklichen leeren Welt allein zu lassen. Ich spürte wie die Kraft aus meinem Körper wich. Wie ich immer schwächer wurd. Und es war mir egal. Ich war allein, ganz allein. Dunkelheit nahm mich gefangen und ich gab mich ihr ohne zu zögern hin. tbc. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)