Das Puzzle-Museum und eine Adoption von Gwee (Tödliches Sudoku) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Kate saß am Frühstückstisch und starrte auf die Zeitung. Ihre Tante Pru war heute morgen vorbeigekommen, so wie sie es mittlerweile jeden Sonntag tat. Es war zu einer Art Ritual geworden. Sie begrüßte es nicht unbedingt immer, aber Tante Pru meinte es ja nur gut. Sie wollte sie um jeden Preis unterstützen. Sie wusste, dass Tante Pru ihr immer noch dankbar wegen dem Einkaufszentrum war. Das war die ganze Stadt. Kate war viel zu bescheiden, um es zuzugeben. Sie war nur eine von vielen gewesen, die dafür eingetreten waren, das Zentrum nicht erbauen zu lassen. Es hatten immerhin noch weitere Häuser gefehlt, die abgerissen hätten werden müssen, außer dem Museum. Es war noch nicht allzu lange her, seitdem Jacob Donnelly festgenommen worden war, knapp zwei Monate. Es war ihr ein Rätsel wie sie diesen Mann nicht hatte beschuldigen können. „Katie, ich hab gestern mit Thomas Crick gesprochen. Ein netter, junger Mann. Gute Aufstiegschancen, sicherer Arbeitsplatz...“, erlöste Tante Pru ihre Nichte von ihren Gedanken. Doch Kate unterbrach sie sofort: „Aber ich bin doch letzte Woche erst mit diesem Arthur Cloudy ausgegangen.“ „Arnold Cloudy“, verbesserte Tante Pru sie sofort. Zugegeben hatte Kate absichtlich den Namen falsch ausgesprochen, sie erhoffte sich damit immer noch, dass ihre Tante endlich aufhörte sie mit irgendwelchen Männern zu verkuppeln. „Ich wollte noch zu Harry und Brandon“, erwiderte sie hastig und stand auf. „Aber du hast doch noch gar nicht aufgegessen“, wandte ihre Tante ein. „Ich muss mich beeilen. Sie wollten irgendwohin.“ Mit diesen Worten hatte Kate auch schon die Küche verlassen, sich ihren Mantel und Schuhe angezogen und war aus dem Haus zu ihrem Wagen geeilt. Natürlich hatte sie nur gelogen. Aber ansonsten hätte sie sich wieder eine Predigt darüber anhören müssen, dass sie nicht so nett zu Brandon Mitchell sein sollte und dass es ungesund war nicht gescheit zu frühstücken. Sie stieg in ihr Auto und fuhr los. Zu Chief Mitchell hatte sie mittlerweile ein relativ freundschaftliches Verhältnis aufgebaut, was wohl eindeutig Harry zu verdanken war, den er momentan bei sich aufnahm. Er war ein Waisenkind und der einzige Familienteil, den er noch hatte war ein brutaler Mann, der abgelegen von Granville wohnte. Harry Perkins hatte etwas besseres verdient. Und Kate wollte sich dafür einsetzen. Denn sie wollte ihn adoptieren. Kapitel 1: Die Ankündigung -------------------------- „Hast du deine Hausaufgaben bereits erledigt?“, fragte Brandon seinen Schützling und streckte den Kopf in die Küche, in der sie gerade noch gefrühstückt hatten. Harry machte diesmal den Abwasch. „Schon am Freitag Abend“, gab Harry etwas gekränkt zurück. Chief Mitchell sollte ihn mittlerweile schon etwas anders einschätzen können. Er war nicht der Typ Mensch, der die Hausaufgaben lange vor sich hin schob. Besonders wenn es um Mathematik ging, vollbrachte er außerordentliche Leistungen. Brandon hatte den Raum mittlerweile betreten und stand nun fast direkt hinter Harry. „Gut, ich fürchte, Kate wollte heute noch vorbeikommen.“ Harry drehte sich etwas um, um ihn zu betrachten. „Als ob sie immer noch dein Albtraum wäre.“ Die beiden verstanden sich seit der Aufklärung des Falles viel besser – Kate und Brandon. Und auch Harry kam ganz gut mit ihm zurecht. Es war ganz gemütlich bei ihm. Brandon wohnte in einem zweistöckigen Reihenhaus. Es war nicht überragend groß, aber die beiden passten locker gemeinsam hinein. Selbst eine dritte Person hätte hier noch mühelos Platz gehabt. Der Polizeichef konnte auf Harrys Kommentar nicht mehr antworten, da es bereits an der Tür klingelte. „Das wird sie sicher sein“, bemerkte er und Harry grinste nur. Er hatte überhaupt nichts gegen Kate. Ganz im Gegenteil, ansonsten würde er sich wohl auch nicht mehr so oft im Avondale Puzzle-Museum aufhalten. „Ah, guten Morgen! Ich hoffe, ich störe nicht“, hörte er von der Tür her und stellte die letzte Tasse ins Regal, bevor auch er in den Flur kam. Natürlich war es Kate. „Guten Morgen“, erwiderte Brandon langsam und ließ Kate schnell eintreten. Draußen war es schon sehr kalt, da der Winter begonnen hatte und weder Harry noch er wollten die kalte Luft im Haus haben. Schnee war allerdings noch nicht gefallen. Für ihn war es sehr erleichternd, für Harry allerdings nicht. Kate legte ihren Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe. Dann erblickte sie Harry. „Hey“, rief sie ihm entgegen und entledigte sich ihrer Schuhe. Sie hatte schnell gelernt, dass Brandon es hasste, wenn man mit schmutzigen Schuhen in seiner Wohnung herumspazierte. Überhaupt hatte sie seit sie sich nun kannten interessante Eigenschaften an ihm entdeckt. „Möchtest du etwas bestimmtes?“, fragte Brandon und ersparte Harry eine Antwort. „Ja, allerdings“, erwiderte Kate und richtete sich wieder auf, um ihm dann direkt ins Gesicht zu sehen. „Ich hab nun schon länger darüber nachgedacht.“ Der Chief hob eine Augenbraue an. Natürlich wusste er nicht, was sie meinte, aber wie er sie mittlerweile kannte, brauchte er gar nicht lange zu fragen, um von ihr die nötigen Erklärungen zu bekommen. „Ich schätze, wir sollten uns erst einmal setzen. Habt ihr schon gefrühstückt“, forderte Kate die beiden Männer auf und ging ihnen voran in die Küche. Widerwillig folgte Brandon, dicht gefolgt von Harry, der nun endlich sagte: „Eigentlich schon.“ „Oh, na gut.“ Kate ließ sich auf einen der Stühle sinken und wartete darauf, dass es ihr Harry und Brandon nachmachten, worauf sie auch nicht lange warten musste. „Was gibt es denn?“, fragte Ersterer neugierig. „Ich habe beschlossen dich zu adoptieren!“, verkündete sie lächelnd. Allerdings hatte sie weder mit dem skeptischen Blick des Chiefs, noch mit dem Harrys gerechnet. „Ist etwas daran nicht in Ordnung?“ „Falls du dich nicht erinnern kannst, das hast du letztens schon gesagt. Und auch jetzt bezweifle ich, dass du es ernsthaft umsetzen willst.“ Eigentlich missfiel es Brandon schon fast, dass Kate ihm Harry wegnehmen wollte. Er war den Jungen schon so gewohnt und fand seine Anwesenheit sogar als recht angenehm, ganz anders als am Anfang. Harry nickte langsam. Genau genommen hatte Kate es jetzt schon öfters erwähnt, seit der Mordfall geklärt worden war. „Aber diesmal meine ich es vollkommen ernst! Ich werde Harry adoptieren“, entgegnete sie entschlossen. „Es spricht doch nichts dagegen.“ „Wenn du wüsstest“, seufzte Brandon und verdrehte die Augen. Kate beachtete ihn gar nicht mehr. Lieber widmete sie sich Harry. Mit dem konnte man wenigstens eine vernünftige Unterhaltung führen. „Was sagst du dazu?“ Er zuckte die Schultern und sah hilfesuchend zu Brandon. „Die Idee ist gut...“, murmelte er. Tatsächlich fand er es eine brillante Idee, aber es war ein wenig beschämend. Noch dazu lag er dem Chief gerne auf der Tasche. Wenn er nun bei Kate wohnen müsste, würde er ihm allemal fehlen. „Oh, ich versteh schon“, meinte Kate und man merkte ihr deutlich an, dass sie sauer wurde. „Typisch Männer.“ Sie stand wieder auf. „Wo willst du hin?“, fragte Harry überrascht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Kate schon jetzt gehen würde. Hatten sie etwas falsches gesagt? „Zum Jugendamt.“ „Heute ist Sonntag, Katherine“, erinnerte Brandon sie und schürzte spöttisch die Lippen. „Sagte ich heute?“, entgegnete sie schnippisch, ging in den Flur, nahm ihren Mantel und wenige Sekunden später hörten Harry und Chief Mitchell auch schon die Haustür zuknallen. „Ich bezweifle, dass sie dich adoptieren darf“, erklärte Letzterer nach einigen Schweigeminuten und nun war es an ihm aufzustehen. „Wieso denn nicht?“, wunderte sich Harry und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo sie sich beide in eine Couch sinken ließen. „Inkompetenz, man braucht gewisse Voraussetzungen“, war das letzte, was Brandon noch zu sagen hatte. Dann schaltete er mit seiner Fernbedienung den gegenüberliegenden Fernseher an. Wie immer war es ein Zeichen für Harry, dass er ihn nun lieber in Ruhe lassen sollte. Dennoch machte er sich Gedanken über die Worte des Erwachsenen. Was konnte er tun, wenn es für Kate tatsächlich nicht möglich war ihn zu adoptieren? Schließlich konnte Harry doch nicht einfach so weiterhin bis er volljährig wurde bei Chief Mitchell leben. Oder doch? Im Jugendamt war er unfreiwillig zur Adoption freigegeben worden. Jedoch war es auch nicht die Wahl des Chiefs gewesen. Es war einfach seine Pflicht korrekt zu handeln. Kapitel 2: Der Abschied ----------------------- Shirley Sylvana Avondale-Donnelly stand in ihrem Zimmer – oder wohl eher ehemaligem Zimmer – und räumte ihre Klamotten aus ihrem Schrank. Sie sah sich noch einmal in ihrem Zimmer um. Es war groß, fast doppelt so groß wie das ihrer Mutter. Es war einer der Gründe, weshalb sie dieses Zimmer so liebte. Die Wand war in mintgrün gehalten, die Decke war weiß. Der Boden war aus dunklem Parkett. Die Schränke, ihr Bett und ihr Schreibtisch hatten die gleiche Farbe, dunkle Eiche. Mittlerweile sah das Zimmer schon etwas trister aus. Das lag daran, dass Shirley Sylvana schon die Hälfte ihrer Einrichtung eingepackt hatte, die das Zimmer zu einem gemütlichen Ort gemacht hatte. Vor ihr standen drei Koffer. Zwei davon waren bereits prall gefüllt. Nein, Shirley Sylvana würde nicht Urlaub machen, sie würde umziehen. Deswegen sollte sie auch nichts vergessen. Ihre Mutter wollte sie aus ihrem Leben wegsperren und zu ihrem Vater schicken, dem Mann den Shirley Sylvana wohl am meisten verachtete. Aber auch für ihre Mutter hegte sie keine rosigeren Gefühle. Das hatte ja schon alles allein mit ihrem Namen angefangen. Denn schon von Anfang an war festgestanden, dass sie nur ein Ausrutscher war. Erstaunlicherweise hatten sich ihre beiden Elternteile dennoch hartnäckig dafür eingesetzt ihre Namenswünsche durchzusetzen. Und damit war das Dilemma geschehen: Sie hatte zwei Doppelnamen. Shirley hatte ihre Mutter ausgesucht, Sylvana ihr Vater. An sich waren die Namen ja recht hübsch, wenn nicht jeder sie immer mit ihrem vollen Namen ansprechen würde. Auf Dauer konnte das ganz schön nervig werden. Denn dann war da ja auch noch ihr Nachname. Ihre Eltern hatten sich nach langem hin und her dafür entschieden ihr beide aufzudrücken. Und mit diesen Namen war sie verflucht. Allein die Schule war so unerträglich. Eine Namensänderung war ihr alles wert. Doch momentan hatte sie größere Probleme. Sie wollte Boston, Massachusetts nur sehr ungern verlassen. Es war immerhin ihre Heimat. Und dafür würde sie nun nach New Hampshire fahren. Das glückliche, kleine Städtchen, das sie aufnehmen würde, hieß Granville – oder sollte sie eher Dorf sagen? Grundsätzlich hatte Shirley – wie sich selbst gerne abkürzte – nichts gegen Dörfer, im Gegenteil, aber es war doch eine Art Verlust für sie aus Boston wegzuziehen. Natürlich war es in Boston nicht so einfach einen ruhigen Ort zu finden, aber es hatte auch seine Vorteile. Und immerhin war es ihre Heimat. Zum Beispiel hatte sie das Glück um sich herum lauter große Geschäfte zu haben, in denen sie auch kurzfristig mal einkaufen konnte. Und die Freizeitgestaltung war auch sehr groß. Noch dazu lag Boston am Meer. Aber ihr Alltag würde sich nun vollkommen ändern und daran würde sie sich wohl oder übel gewöhnen müssen. Sie faltete gerade ihre Lieblingsjeans zusammen und legte sie in den letzten, geöffneten Koffer. Es war nicht mehr viel übrig. Größere Sachen hatte ihre Mutter ihr bereits abgenommen. Manches hatte Shirley nun auch weggeworfen. Wenigstens das war gut an diesem Umzug, sie konnte ausmisten. „Shirley, bist du fertig?“, rief ihre Mutter von unten herab. Sie lebten in einem zweistöckigen Haus in einem der wohlhabenderen Viertel Bostons. Nun, eigentlich lebte nun nur noch ihre Mutter hier, stellte sie fest. „Noch nicht ganz“, rief sie ihr nun zurück. Das hatte sie vor zehn Minuten schon einmal gefragt. Shirley wusste, dass ihre Mutter wegen ihres Vaters etwas aufgeregt war. Er konnte jede Minute eintreffen und ihre Mutter wollte so wenig Zeit wie möglich mit ihm verbringen müssen. Aber tatsächlich war Shirleys Kleiderschrank fast schon leer. Sie hatte nur noch zwei Jeans und ihre Socken einzupacken. Und dann noch ihre Bücher. Wehmütig blickte sie zu ihrem Bücherregal. Hoffentlich würde sie in Granville ein nicht weniger Großes besitzen. In der letzten Zeit hatte sie unheimlich viele Bücher verschlungen. Und erst gestern war sie noch einmal in ihren Lieblingsbücherladen geeilt und hatte sich noch einige Bücher gekauft. Wer wusste schon wie es in Granville damit aussehen würde? Und sie bezweifelte ernsthaft, dass ihr Vater sie in die nächste Stadt fahren würde, nur damit sie sich ein paar Bücher kaufen konnte. In den meisten Dörfern war es ja so, dass es nur wenige Läden gab und Shirley hatte mit Sicherheit noch keinen Bücherladen gesehen. Als sie nun das letzte Paar Socken in den Koffer geräumt hatte, widmete sie sich endlich ihren Büchern. Es war merkwürdig sie aus dem Regal zu nehmen. Deswegen hatte sie es auch so lange hinausgezögert. Sie hörte draußen Reifen quietschen. „Oh nein, das wird er sein“, dachte sie und hörte auch schon eine Minute später die Türklingel läuten. „Shirley, beeilst du dich bitte!“, rief ihre Mutter noch einmal, dann hörte sie von oben wie sie zur Haustür ging und den Ankömmling begrüßte. Jedoch verstand sie kaum ein Wort. Liebend gern hätte sie noch ein wenig getrödelt, aber sie wusste, dass sie es ihrer Mutter damit nur schlimmer machte. Eigentlich geschah es ihr recht – und ihrem Vater. Eilig, aber sorgfältig packte sie also ihre Bücher in den dritten Koffer und verschloss ihn endlich. Nun war ihr Zimmer vollkommen leer geräumt – und es schmerzte. Was würde ihre Mutter wohl nun mit ihrem Zimmer machen? Würde sie ihn bereithalten, falls sie wiederkam? Sicher nicht. Ihre Mutter war doch nur froh, wenn Shirley endlich weg war. Noch einmal sah sie sich um. Die großen Fenster würde sie besonders vermissen, von denen man einen wunderbaren Ausblick hatte. Aber sie musste sich davon trennen. Irgendwann musste man einmal loslassen. Sicher hingen an diesem Zimmer viele ihrer Kindheitserinnerungen, aber jeder Erwachsene, der seine Eltern verließ, musste damit auch fertig werden. Hinter ihr knarrten die Treppenstufen, die in den zweiten Stock führten, ihr Zimmer war direkt neben der Treppe. Sie hörte zwei Stimmen immer lauter werden. Nun musste sie der Tatsache ins Gesicht sehen. Es war so weit. „Hallo, Sylvana“, begrüßte sie schließlich ihr Vater und lächelte ihr von der Tür her entgegen. Allerdings sah es nicht wie ein ehrliches Lächeln aus. Er wollte sie genauso wenig haben wie ihre Mutter. Dass er sie Sylvana und ihre Mutter sie Shirley nannte, war schon immer so gewesen. Und es nervte. „Hallo, Dad“, entgegnete sie frostig und ließ ihn einen ihrer giftigsten Blicke ernten. Man merkte deutlich wie er schluckte. „Du bist fertig?“, hakte ihre Mutter nun nach, die im Gegensatz zu ihrem Vater das Zimmer betreten hatte. Shirley nickte langsam. „Hast du gehört, Jacob, du kannst die Koffer in dein Auto bringen“, fuhr ihre Mutter an ihn gewandt fort. Seufzend tat ihr Vater wie geheißen und schleppte die ersten beiden Koffer fort. „Den anderen kann ich nehmen“, murmelte Shirley. Je schneller die Koffer im Auto verstaut waren, desto schneller würden sie von hier fortkommen. Und das war der Wunsch ihrer Mutter. Natürlich fand Shirley selbst es auch nicht unbedingt toll, dass sie mit diesem Umzug so konfrontiert war. Wenn sie hier weg war, würde sie wahrscheinlich nicht mehr so schmerzlich in Erinnerungen schwelgen. Sie schnappte sich den übrig gebliebenen Koffer, der mit den Büchern, der somit am Schwersten war, und ging mit ihrer Mutter wieder die Treppe hinab. Es fiel ihr nicht leicht das Gleichgewicht zu halten, da der Koffer sie stark nach unten zog. Umso erleichterter war sie also, als sie endlich im Flur angekommen waren. So lang war ihr die Treppe nie erschienen. Ihr Vater nahm ihr den Koffer ab und ließ sie wieder mit ihrer Mutter allein. Jetzt hieß es Abschied nehmen. „Shirley, du weißt, es ist nur gut für dich“, begann ihre Mutter mal wieder und klang nicht einmal ansatzweise überzeugend. Es war nur gut für SIE. „Ja, ja, ich weiß. Das hast du mir nun schon tausendmal gesagt. Mach es kurz, ja?“, entgegnete Shirley trotzig. Sie wollte es ihrer Mutter absichtlich nicht leicht machen. „Pass auf dich auf“, antwortete sie ihr nur und das Mädchen musste es wirklich verkneifen die Augen zu verdrehen. Dann wurde sie in eine sehr kurze und schwache Umarmung gezogen. Sie wusste, dass es ihrer Mutter eigentlich widerstrebte sie zu umarmen. „Mach’s gut, Mom“, schloss Shirley ab und drehte ihrer Mutter den Rücken zu. „Können wir los?“, fragte sie dann ihren Vater ungehalten und stieg ins Auto. Wahrscheinlich hatte er gedacht, dass sie nicht so schnell gehen wollte. Aber genau das Gegenteil war der Fall. Und so fuhren sie vier Minuten später schweigend los – und das Schweigen hielt die ganze Fahrt an. Granville konnte kommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)