59B Oneshot-Sammlung. von nue ================================================================================ Kapitel 1: Entschluss. ---------------------- „Das heißt… Es ist vorbei…?“ Stille. „… Sieht so aus…“ Du senkst deinen Blick und kurz darauf sehe ich auch schon dicke Tränen deine Wangen herunter kullern. „Belphegor…“ Dein Blick hebt sich wieder. Und ich schaue dir in die Augen… Ich bin wohl der Einzige, dem du diese… wunderschönen Augen je gezeigt hast. Und ich sehe sie vor mir, glasig wie noch nie. Die Kälte, die sie sonst ausstrahlen, scheint verschwunden. Nur diese Tränen… machen sie lebendig. Du erhebst deine Hand, ich spüre, wie sie sich meinem Gesicht nähert. „Gokudera… Nein…“ Wimmern, Zittern. Deine Stimme bebt. Wenn… wenn ich das jetzt zulasse… „Gokudera…“ Ich komme niemals los. Und da hab ich auch schon deinen Arm gepackt. Ein fester Griff. Es scheint, als stände die Welt, die Zeit, still. Dein Mund öffnet sich wie in Zeitlupe, einen Spalt weit. Es sollten Worte sein, die heraus kommen. Doch du stockst, kannst nichts sagen. Alles scheint irreal. Die Worte, die mir schon die ganze Zeit im Hals stecken, die ich nicht wagte zu sagen… sie wollen hinaus. „Ich liebe dich - Aber wir können nicht zusammen sein…“ Kälte. Worte, bestehend aus Kälte. Und wieder Stille. Nur die Laubblätter, vom Wind geleitet, scheinen noch etwas sagen zu wollen. Leises Rascheln… das ein Ende schreibt. Kapitel 2: Winternacht. ----------------------- Vorsichtig stampfe ich durch den Schnee, der mir inzwischen bis zu den Waden geht, schaue nach vorn. Der Wind bläst mir eiskalt in’s Gesicht und die Dunkelheit der Nacht verschluckt mich fast. Ich bleibe stehen und schaue nach oben. Die Flocken, die vom Himmel taumeln und die riesigen Mengen an Schnee sind das einzige, durch das ich überhaupt noch etwas sehen kann. Ein Prinz braucht keine Taschenlampe, natürlich nicht. Und ein Prinz braucht auch keine Jacke, wozu denn auch? Schon fast erbärmlich stehe ich nun hier und reibe mir die Arme, in der Hoffnung, dass mir zumindest ein bisschen wärmer wird. Vergebens. Drin hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste raus. Raus aus diesem goldenen Käfig, der mich gefangen hält. Die Anderen schlafen schon längst, der einzige, der vorhin noch durch die Gänge irrte, war Squalo. Schlafwandelte mal wieder. Ich warte nur auf den Tag, wo er sich von der Terrasse stürzt, dann hätte ich wenigstens mal wieder etwas zum Lachen. Denn da gab es schon ewig nichts mehr. Ja, ich hielt es nicht mehr aus. Planlos stolpere ich weiter, meine Stiefel sind schwer, der Schnee klumpt daran und nur mühsam komme ich vorwärts. Meine Wangen sind gerötet, ich zittere am ganzen Leib. Bis ich irgendwann nur noch das laute, kranke Pfeifen des Windes in meinem Ohr wahrnehme und zusammensacke. Die Hände in den Schnee kralle… Es ist kalt, verdammt. Kälte betäubt… oder? Warum tut es immer noch weh? Warum kann ich nicht einfach verdrängen? Dieses Gefühl wegsperren? Auch die Kälte scheint nichts zu nützen. „Gokudera…“ Der Name, den ich in die Nacht schluchze, verklingt einen Moment später auch schon wieder. Doch in meinem Ohr, in meinen Gedanken, bleibt er. Und dort war er schon immer. Der Name dieses Menschen, der mich immer so vorwurfsvoll ansieht, als hätte ich etwas verbrochen. Als wäre ich nicht ganz klar im Kopf. Dieser Mensch, der mich in die Arme nimmt, wenn es mir nicht gut geht. Der mich tröstet, wenn ich weine. Der mir immer wieder beteuert, wir seien Freunde. Selbst wenn ich wieder einen Wutanfall habe. Weil mir alles über den Kopf steigt. Der niemals hinterfragt warum, nur still mit leidet. Der so leise und liebevoll meinen Namen flüstert… „Belphegor...!“ … der einzige, der mir etwas bedeutet. Der, den ich liebe. So sehr, dass es wehtut. Weil ich weiß, dass er es niemals erwidern wird. Ich drehe mich um, starre ihn nur leer an, versuche nicht, in’s grelle Licht seiner Taschenlampe zu schauen. Der Schnee unter mir wird immer kälter, ekliger, ich klappere mit den Zähnen. Und er steht da, so stark und prächtig, als gäbe es diese Kälte und dieses scheiß Leben nicht. Langsam öffne ich den Mund, suche nach Worten. „Gokudera, ich-„ „Meine Güte, Bel! Du stirbst mir hier bei der Kälte noch weg!“, unterbricht er mich und packt mich augenblicklich am Handgelenk, zieht mich hoch, nur damit ich leise schluchzend in seine Arme falle. Leicht perplex schaut der Weißhaarige zu mir herab, legt dann schließlich seine Hand auf meinen Kopf. Noch vor einigen Jahren hätte ich von so was noch nicht mal geträumt. Aber Vergangenheit ist Vergangenheit und Gegenwart ist Gegenwart… Nach einigen Sekunden hebe ich den Blick, schaue ihn verweint an, worauf er nur ein Kopfschütteln übrig hat. „Baka, du erfrierst…“ Gokudera klingt besorgt, aber auch sauer. Doch egal, was es für ein Ton ist: Er ist da. Er ist einfach nur da, bei mir. Ich muss ungewollt lächeln. „Was machst du hier…? Mitten in der Na-“ „Das könnte ich dich fragen!“, fällt er mir wieder mitten in’s Wort und beißt sich auf die Unterlippe. „Lass uns zu mir gehen.“ Ohne zu widersprechen lasse ich mich mitziehen, genieße einfach nur seine Nähe. Er wohnt nicht weit weg, nein. Wieso kommt es mir dann manchmal vor, als sei er Meilen entfernt? Bei ihm angekommen werde ich erstmal auf’s Couch gedrückt, er wirft mir eine Decke über den zitternden Körper. Setzt sich neben mich, schaut mich besorgt an. „Möchtest du einen Tee?“ Ich schüttle den Kopf. „Kakao?“ Und wieder. „Was zu Essen?“ Abermals. Er seufzt leise und streicht mir mit der Hand durch die Haare. „Was wolltest du da draußen?“ „… Sag’ mir erst, was du da wolltest.“ Er schmunzelt leise und nickt. Mein Blick haftet an seinen Lippen, die sich kurz darauf bewegen. So weich… „Frische Luft. Ich mag Nachtspaziergänge.“ Ach ja. Wie konnte ich das vergessen. Er hat mich ja selber schon nachts rausgejagt… allerdings war da Sommer und wir haben uns nicht den Arsch abgefroren. „Jetzt du.“ Soll ich es ihm sagen? Dass ich es nicht mehr aushielt da drinnen? Nur noch schreien könnte, weil ich ihn bei mir wünsche? Weil jedes einzelne Glied meines Körpers Sehnsucht nach ihm hat? Nein. „Ist egal.“ Ich schaue auf und sehe ihn an, er lehnt sich zurück und starrt an die Decke. „Es ist nicht egal! Ich mache mir Sorgen, Bel! Verdammt, ich-„ Er hält inne, beugt sich wieder vor und starrt vor sich hin. Ich merke, wie er zittert. Sein Blick haftet auf meinen Händen, die die Decke umklammern. „Was?“ Mehr als ein Flüstern bekomme ich nicht heraus. „Ich liebe dich.“ Ich blinzle ihn an, kann die Worte nicht fassen, die er da gerade verlauten ließ. Träume ich? Oder will er mich verarschen? … Natürlich! Er macht sich einen Spaß mit mir! Das ist aber nicht sehr nett. Ich darf Scherze auf Kosten von anderen machen, ich bin ein Prinz. Aber Gokudera darf das nicht, er ist kein Prinz. „Verarsch’ jemand anderen…“ Ich klinge leicht gereizt, der weinerliche Unterton ist allerdings nicht zu überhören. „Ich verarsche dich nicht.“ „Doch, tust du.“ „Nein.“ „Doch.“ „Es ist mein Ernst, Bel.“ „Du lügst…“ Schluchzen. Meine letzten Worte sind mit einem tiefen Schluchzer unterlegt, meine Stimme zittert, ich habe das Gesicht in den Händen vergraben. Unerträgliche Minuten, die ich so dasitze. Wie Jahre kommt es mir vor. „Ich liebe dich…“ Seine rauen Hände umfassen meine dürren Handgelenke, er zieht meine Hände weg vom Gesicht. Vielleicht ein, zwei Sekunden vergehen… und seine Lippen berühren meine. Ich muss träumen. Es kann nicht anders sein. Doch wieso ist es dann so real… Seine Lippen sind zart, er schmeckt nach Zigarettenrauch. … Aber mir war das noch nie so egal. Nichts hab’ ich mir sehnlicher gewünscht. Nichts anderes könnte meine hungrige Seele so sättigen… Und ich wünschte, dass dieser Kuss niemals endet. Dass er sich nie löst und dann alles wieder vorbei ist. Dass er mich dann vielleicht nie wieder berührt. Weil es vielleicht doch nur ein Traum war. Und dann ist es vorbei. Grüne Augen, die mich anstrahlen, wie die eines kleinen Kindes. Im Kontrast dazu die rauen Hände, die mir die Haare aus dem Gesicht streichen. „Du bist schön.“ „Ich weiß.“ „Ich liebe dich immer noch.“ „Ich dich auch.“ … Es ist doch kein Traum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)