Von hier bis in Ewigkeit von LittleGreenMonkey ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war ein sehr heißer Sommer. Die Jäger und Sammler hatten viel zu tun. Sie wussten, dass der bevorstehende Winter sehr lang und kalt werden würde. Während die einen Tiere jagten, sammelten die anderen Kräuter, Gemüse und Früchte. Besonders beliebt waren Beeren, die nicht nur süßlich schmeckten, sondern auch gesund waren und Kraft gaben. In den umliegenden Wäldern gab es viele Sträucher mit Beeren in den verschiedensten Farben. Das Jagen und Sammeln lief auf Hochtouren. Immerhin wollte niemand im Winter verhungern. In der Mitte des Dorfes war ein Holzhaus. Dorthin brachten sie all das Gejagte und Gesammelte. Beim Sammeln und Jagen halfen alle. Frauen und Kinder sammelten Früchte und Kräuter in Wäldern, während die Männer auf Jagd gingen. Die älteren Frauen blieben oft in ihren Hütten und flochten Körbe, in die man dann die Beeren tat. Beim Sammeln der Beeren halfen auch gerne die Kinder mit, da sie so ab und zu naschen konnten. In diesem Dorf lebte eine junge Frau, namens Aria. Sie war sehr fleißig beim Sammeln der Beeren. Sie brachte bereits den fünften Korb ins Dorf. „Ah, Aria, heute bist du aber fleißig. Was ist denn los mit dir?“ fragte ein alter Mann, der ihr den Korb abnahm und ihn ins Holzhaus auf die anderen Körbe stapelte. „Ach nichts, ich will bloß vorwärts machen. Ich habe weiter hinten im Wald eine schöne Waldlichtung entdeckt, in der es viele Büsche mit Beeren gibt. Ich möchte sie so schnell wie möglich pflücken. Ich habe also noch viel zu tun.“ „Aber bitte, gehe nicht zu tief in den Wald hinein, wenn du alleine bist und von keinem Jäger begleitet wirst. Du weißt doch, dass es in der Nähe einen Clan gibt, mit dem wir nicht freundlich gesinnt sind. Es ist gefährlich so ganz allein, ohne Schutz, dort herum zu wandern“, warnte er. „Aber ich bin doch gar nicht alleine“, log sie, „es sind noch ein paar andere dabei und helfen mir. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen!“ Der Mann streckte ihr einen leeren Korb entgegen und nahm dann den Jägern, die gerade ins Dorf zurück kamen, das Fleisch ab. Aria machte sich auf den Weg, zurück zu ihrem Arbeitsort. Im Grunde war sie ein sehr braves Mädchen und normalerweise log sie nicht. Doch vor einigen Tagen passierte etwas, das sie veränderte. Sie traf einen Mann aus dem verfeindeten Dorf und befreundete sich mit ihm. Er war damals im Wald auf der Jagd und sah jemanden, den er nicht kannte, Beeren sammeln. Zuerst dachte er, wer auch immer dort Beeren sammelte, er wäre mit ihm verfeindet. Er wollte ihn beinahe angreifen, dann aber sah er, dass es eine junge Frau war. Er war ein anständiger Mann und würde nie eine Frau angreifen. Sie hätte nichts, womit sie sich wehren könnte. Er fand, sie sah sehr hübsch aus und versuchte sich deshalb ihr zu nähern. Er schlich sie von hinten an, dabei vergaß er, wie er es bei der Jagd immer ist, vorsichtig zu sein, wo er hin lief. Er trat auf einen kleinen Ast, der am Boden lag und prompt knackte es. Sie erschrak und hatte Angst. Es dauerte eine Weile, bis sie merkte, dass er ihr nichts antun wollte. Seit damals behauptete er im Dorf, dass es ihm nicht so gut ginge und er deshalb lieber eine Weile nur Beeren sammeln möchte, bis es ihm wieder besser ging. Das Sammeln von Beeren sei nicht so anstrengend wie das Jagen wilder Tiere. Nun sammelte er jeden Tag am selben Ort Beeren, wie Aria. Die beiden verstanden sich gut. Sie hatten es sehr lustig und durch diese gute Unterhaltung vergaßen sie die Zeit und merkten nur wenig davon, wie schnell sich die Körbe wieder und wieder füllten. „Hey, auch schon wieder da?“ fragte er, nachdem Aria die Arbeitsstelle erreicht hatte. „Ja, Pedro.“ Sie arbeiteten weiter und waren in ein Gespräch vertieft. So sehr sogar, dass sie nicht einmal bemerkten, dass sie jemand beobachtete. Es war die jüngere Schwester von Aria. Der alte Mann vom Dorf hatte sie aufgefordert, ihrer Schwester zu folgen und zu schauen, ob alles in Ordnung wäre. Da Aria eine ehrliche Person war, hatte er sofort erkannt, dass sie gelogen hatte. „Pssst!“ sagte Pedro. „Was ist?“ fragte sie. „Hast du es nicht gehört?“ „Was?“ fragte Aria ängstlich. „Das Rascheln“, flüsterte er, „ich glaube, jemand beobachtet uns.“ Beide schauten sich vorsichtig um. Plötzlich hörten sie, wie jemand davon rannte. Es knackte, jemand stolperte und dann schrie jemand. Aria folgte dem Schrei und sah dann ihre Schwester am Boden liegen. „Aua, ich habe meinen Fuß verknackst“, wimmerte sie. „Oh, Kara. Was machst du denn hier?“ fragte Aria. „Der Dorfälteste hat mir befohlen, dich zu verfolgen. Er macht sich Sorgen um dich und ich glaube, dass er sich diese nicht umsonst macht. Aria, wer ist dieser fremde Mann? Ist er einer aus dem verfeindeten Dorf?“ „Der Dorfälteste braucht sich keine Sorgen zu machen. Es geht mir sehr gut. Pedro hilft mir beim Sammeln“ versicherte ihr Aria. „Aha, Pedro heißt er. Wie kannst du dich nur mit einem treffen, der mit uns verfeindet ist?“ „Er tut mir nichts, wirklich. Er ist sehr lieb“, sagte Aria. „Was soll das jetzt wieder heißen? Ihr seid also ein Liebespaar!“, sagte Kara geschockt. „Nicht doch, du hast Aria falsch verstanden. Wir sind kein Liebespaar“ ergriff Pedro das Wort und und fügte hinzu, „jedenfalls noch nicht!“ Als er dies sagte, wurde er ganz rot. Kara schüttelte ihren Kopf. „Aria, du bist meine Schwester und ich habe dich sehr gern. Ich möchte nicht, dass dir etwas Schlimmes passiert, deshalb wäre es besser, wenn du dich nicht mehr mit ihm triffst. Ich denke, die anderen im Dorf werden genau so denken, wenn ich ihnen davon erzähle!“ „Nein, bitte, erzähle ihnen nichts davon. Bitte, sage ihnen nichts“, flehte Aria. „Hm“, seufzte Kara, „na gut, aber dafür trefft ihr euch nicht mehr. Dann wird es niemanden auffallen. Versprochen?“ „Versprochen“, sagte Aria. Es war natürlich klar, dass Aria ihr Versprechen nicht halten würde. Wenn man jemand kennen lernt und ihn in sehr kurzer Zeit so lieb gewinnt, dann kann man nicht einfach aufhören, diese Person zu treffen. Vor allem ist dies nicht möglich, wenn man gerade auf dem besten Weg ist, sich in diese Person zu verlieben. Genau so erging es Aria und Pedro. Aus Angst, dass Kara sie wieder ausspionieren würde, trafen sich die beiden nur noch nachts, wenn alle anderen schliefen. So ging es eine sehr lange Zeit weiter und niemand kam auf den Gedanken, dass Aria nachts zu ihrem Geliebten schlich. Mittlerweile waren die beiden ein Paar und trafen sich möglichst jede Nacht. Doch die Zeit verging und so ging auch der Sommer. Der Herbst kam und mit ihm viel Regen. Die Nächte wurden kälter und deshalb konnten sich die beiden nur noch selten treffen, da sie die Kälte zu Hause im warmen Stroh hielt. An einem kalten Abend, als der Herbst seinem Ende zuging, stand Kara auf, wickelte einen Pelzmantel um sich und ging hinaus. Sie hatte sich in einen Jungen aus ihrem Dorf verliebt und konnte deshalb vor Liebeskummer nicht schlafen. Sie hörte jemand. Zuerst dachte sie, es wäre der Dorfälteste, der einen Rundgang machte, um zu sehen, ob alles in Ordnung wäre. Kara konnte die Person nicht genau erkennen, aber als sie sich der Person näherte, war sich Kara sicher, dass es eine Frau sein musste. Kara konnte aber nicht erkennen, wer es war, da diese Frau im Schatten stand. Als sie dann Richtung Dorfausgang lief, fiel das Mondlicht auf ihr Gesicht und Kara konnte erkennen, dass es ihre Schwester war. Aria verließ das Dorf. Kara folgte ihr auf Zehenspitzen. Aria merkte nicht, dass Kara sie verfolgte. Nach einer Weile erreichte Aria den Treffpunkt. Pedro war bereits da. Sie umarmten sich und zu Karas Entsetzen, gaben sich die beiden Liebenden einen Kuss. Diesmal wäre Kara vorsichtiger und würde keinen Lärm mehr machen. Sie war enttäuscht von Aria. Sie hatte ihr Versprechen gebrochen. „Sie hat sich nicht an ihr Versprechen gehalten. Nun werde ich mich auch nicht daran halten“, dachte sich Kara. Sie lief ganz leise und vorsichtig zurück ins Dorf. Dort würde sie ihre Eltern wecken und ihnen sagen, was Aria gerade tat. Es war ein Verbrechen, sich mit einem zu treffen, der aus einem verfeindeten Dorf kam. Als die Eltern wach waren und ganz aufmerksam ihrer jüngsten Tochter zugehört hatten, weckten sie alle Dorfbewohner. Alle trafen sich im Zentrum des kleinen Dörfchens, gleich neben dem Holzhaus und machten dort, trotz der Kälte, eine Sitzung. „Die beiden dürfen nicht weiterhin zusammen bleiben. Sein Dorf hat andere Götter. Wenn Aria mit ihm zusammen wäre, würde dies unsere Götter erzürnen“, erzählte ein Dorfbewohner, „das gibt Unglück!“ Viele stimmten ihm zu. „Was machen wir mit Aria? Sie hat eines unserer Gesetze gebrochen. Sie müsste sterben!“ „Nein, verschont mein Kind!“ sagte Arias Mutter verzweifelt und brach in Tränen aus, „sie war doch sonst immer ein braves Mädchen!“ „Na gut, Aria konnte vielleicht nichts dafür. Vielleicht hat er sie verzaubert mit einem Zauber seiner Götter. Er aber muss sterben!“ sagte eine Frau. Auch ihr stimmten einige zu. „Kara, weißt du, wo sich die beiden gerade aufhalten?“ Kara, war in Gedanken immer noch bei ihrer Schwester und Pedro. Sie hatte Schuldgefühle. Vielleicht wäre es gar nicht schlimm gewesen, dass sich die beiden immer trafen. Jetzt hatte sie die beiden verraten. Sie fühlte sich übel und hatte ein schlechtes Gewissen. Als jemand ihren Namen sagte, erschrak sie. „Kara? Wo ist Aria?“ „Ich weiß es nicht“, log sie. „Aber du hast uns doch gerade vorhin erzählt, dass du sie vorhin gesehen hast“, sagte ihr Vater, „dann solltest du doch wissen, wo die beiden momentan sind.“ „In der Waldlichtung, die im Süden des Waldes liegt“, sagte sie. Alle Dorfbewohner standen jetzt auf. Die Frauen gingen in ihre Häuser zurück und legten sich schlafen. Die Männer griffen zu Waffen. Dann gingen sie zur Waldlichtung. Nur Kara und ihre Mutter saßen noch da. Kara fing an zu weinen. Ihre Mutter führte sie ins Haus zu ihrem Strohhaufen, der damals als Bett diente. Kara legte sich hin und ließ sich von ihrer Mutter trösten. Der Einzige, der jetzt noch auf dem Dorfplatz saß, war der Dorfälteste. Er hatte die ganze Zeit lang geschwiegen. Er gehörte nicht zu denen, die Blut vergießen wollten. Er hatte auch nicht verstanden, wieso Aria und Pedro nicht zusammen sein durften. Doch wieso hatte er seine Meinung nicht geäußert? Vielleicht dachte er, dass seine Äußerung sowieso nichts gebracht hätte, da zu viele der Meinung waren, dass Pedro getötet werden müsse. Die Dorfbewohner erreichten die Waldlichtung. Ganz leise schlichen sie sich an das umschlungene Paar, das von alledem nichts merkte. „Ich liebe dich“, flüsterte Aria Pedro ins Ohr, „mir ist es egal, was die Leute von meinem Dorf denken würden. Mit dir würde ich weit weg fliehen, nur um in Frieden mit dir zusammen in Ruhe leben zu können. Und wenn du weggehen müsstest, ich würde dir folgen!“ Es war als ob ein Blitz in einen Baum schlagen würde, als die Dorfbewohner die beiden von allen Seiten angriffen. Alle schlugen auf Pedro ein. Aria wurde von zwei Männern festgehalten, damit sie sich nicht auf Pedro stürzen konnte, um ihn zu schützen. Aria hatte furchtbare Angst und schrie und bettelte, sie sollen doch Pedro in Ruhe lassen, flehte und weinte. Doch es war bereits zu spät. Pedro war tot. Aria weinte. Sie versuchte sich zu wehren. Sie wollte sich befreien und Pedro umarmen. Doch die Männer waren zu stark und schleppten sie zurück ins Dorf. Dort wurde sie in den Teil des Hauses gebracht, indem Stroh am Boden lag. Sie solle doch schlafen. Doch wer konnte bei so einem Erlebnis noch schlafen? Aria weinte. Sie konnte nicht verstehen, dass so etwas Furchtbares geschehen konnte. Sie konnte nicht verstehen, wieso ihr Dorf so etwas Furchtbares tun konnte. Die ganze Nacht lang weinte sie und fragte sich wieso?! Neben ihr lag Kara, die sich ebenfalls miserabel fühlte. Doch sie traute sich nicht, Aria zu trösten. Nach einer Weile schlief Kara ein. Auch die restlichen Dorfbewohner fanden bald ihren Schlaf, da sie erreicht hatten, was sie wollten; den Tod von Pedro. Das ganze Dorf hatte einen tiefen Schlaf, nur jemand blieb wach und hörte nicht auf zu weinen. Am nächsten Tag war Aria spurlos verschwunden. Man suchte sie, jedoch vergebens. Auf der Waldlichtung, bei der Pedro den Tod gefunden hatte, war sie auch nicht. Die Leiche von Pedro war ebenfalls verschwunden. Nach mehreren Tagen gab man dann die Suche auf, da frisch gefallener Schnee alles bedeckte. Der Winter war sehr kalt. Da es normalerweise keinen Schnee an diesem Ort gab, zogen die Tiere fort und suchten sich einen wärmeren Platz, um den Winter zu überstehen. Die Dorfbewohner hofften, dass bald der Frühling komme, denn von Tag zu Tag hatten sie immer weniger Nahrung in ihrer Vorratskammer und da die Tiere fort waren, gab es auch nichts zum Jagen. Als dann endlich der Frühling kam, schmolz der Schnee. Es wurde wieder etwas wärmer und die Tiere kamen wieder zurück. An den Bäumen wuchsen Knospen, die bald zu wunderschönen Blüten wurden. In so einer schönen Zeit wollte der Dorfälteste einen langen Spaziergang mitten durch den Wald machen. Vielleicht wäre dies der letzte Frühling, den er erleben würde. Nach einer Weile, als er tief im Wald war, traf er auf einen Graben. Zu seinem Erstaunen, lagen dort zwei Personen darin. Ohne Zweifel, es war ein Liebespaar. Sie umarmten sich und es schien, als schliefen die beiden. In Wirklichkeit waren sie jedoch tot. Es waren Aria und Pedro. Als sie verschwunden war, hatte Aria versucht, die Leiche von Pedro möglichst weit weg zu tragen. Sie wollte ihn nicht den Tieren oder den Dorfbewohnern überlassen. Es hatte bald zu Schneien begonnen und der Winter wurde für Aria zweifelsohne noch tausendmal kälter. Sie versteckte sich und passte auf Pedro auf. Nach einer Weile spürte sie den Hunger. Doch sie wollte nicht ins Dorf zurück. Nicht einmal der Hunger brachte sie dazu, Pedro zurück zulassen. Die Tiere waren weg, in ein wärmeres Land gezogen. So konnte sie nicht einmal versuchen ein Tier zu jagen. Auch die Kälte spürte sie. Sie fror immer mehr und sie wurde müde. Sie wusste, wenn sie sich der Kälte hingab, würde sie sterben. Eines Nachts, als es besonders kalt war, konnte sie nicht anders, sie war sehr müde und sie wusste, dass sie den Winter sowieso nicht überleben würde, sie gab sich der Müdigkeit hin und schlief ein. Sie schloss die Augen und schlief für immer ein. Der Dorfälteste hatte Mitleid mit ihr. Wieso musste es nur so tragisch enden. Er hätte alles verhindern können. Er hätte den Dorfbewohner sagen können, dass sie Pedro sein lassen sollen. Doch nun war es zu spät. Beide lagen im Graben und schliefen und merkten nichts vom Frühling, den die warme Sonne mit sich brachte. Sie merkten nichts von den Vögeln die vom Süden zurück kehrten und in den Bäumen Nester bauten. Der Frühling war die Jahreszeit der Liebe. Überall hatte es Menschen die sich verliebten und zusammen kamen. Überall hatte es Tiere, die entweder ein Weibchen oder ein Männchen suchten um sich zu paaren. Doch ein Liebespaar würde nie mehr auf der Erde wandeln und anderen ihre Liebe zeigen. Der Dorfälteste erwies den beiden eine letzte Ehre. Er nahm all seine übrig gebliebenen Kräfte zusammen und nahm Erde, Steinen und Pflanzen und begrub die beiden. So konnten keine Tiere oder Menschen ihnen etwas antun. So blieben sie in ewiger Umarmung. Wenn die beiden schon ein so grausames Schicksal erleiden mussten, dann sollten sie wenigstens gemeinsam in Frieden ruhen. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)