You are my Enemy - for eternity von JunAkera ================================================================================ Kapitel 3: Das erste Mal ------------------------ „Irgendwie ein komisches Gefühl…“ Misty starrte das schwarze Leder in ihrer Hand an. Sie wusste dass ihre Freunde und auch Professor Eich draußen in der Küche auf sie warteten. Ja, es war endlich so weit. Nach zwei ziemlich harten Wochen, in denen sie jeden Tag einige Stunden mit Stefanie, David und Bianca verbracht hatte um zu trainieren und ihre Fertigkeiten als Vampirjägerin immer mehr zu festigen, war der Tag endlich gekommen an dem sie das erste Mal richtig auf die Jagd gehen würde. Heute würde sie zum ersten Mal selbst losziehen um das was sie gelernt hatte anzuwenden. Sie war sichtlich nervös und schaute seit ungefähr fünf Minuten dieses Ledertop an. Irgendwie beschlich sie ein komisches Gefühl. Es war merkwürdig. Sie hatte zwei Wochen so hart trainiert und nun sollte es soweit sein. Heute sollte sie das erste Mal einen richtigen Vampir sehen und ihn töten. Gary hatte recht behalten. Ja, Misty hatte jetzt schon etwas Angst und es würde ihr schwer fallen in die Nacht hinauszugehen um ihre nun neu auferlegte Pflicht zu erfüllen. Die anderen Vampirjäger und auch Professor Eich hatten ihr zwar versichert, dass sie in ihrer zweiwöchigen Ausbildung mehr als nur einfach gut zurecht gekommen ist und die Jagd ihr nicht schwer fallen sollte. Aber nun sollte es ernst werden. Kein spaßiges Training, in dem sie ab und zu Witze mit Bianca und Stefanie machen könnte. Kein David, der sie sticheln könnte, da Misty einfach nicht das Tempo von David halten konnte. Es würde ernst werden. Sie durfte sich keine Fehler erlauben, wenn sie nun einem echten Vampir gegenüber stand. Heute würde sie nicht mit dem Pflock in einen unechten Stoffvampir stechen… Sie liess sich auf das Bett sinken und starrte nervös auf den Boden. Wieder vergingen einige Minuten ehe sie ihren Kopf heftig schüttelte, so dass ihre offenen Haare um ihr Gesicht wehten: „Nein, ich werd das durchziehen!“ ‚Ich bin stark! Ja…!’ Das Bett quietschte etwas als Misty aufsprang und schnell ihr blaues Shirt auszog um es gegen das Ledertop zu tauschen. „Ich werde es den anderen schon beweisen, dass Professor Eich recht hat und ich dieser Verantwortung gewachsen bin!“ Eine Gänsehaut zog sich über ihren Körper als sie das kalte Leder über ihre Haut streifte. Eng lag es auf ihrem Oberkörper und sie musste kurz schlucken als sie das lederne Top auf ihrem Körper betrachtete. Schon allein das schwarze, knappe Ledertop verwandelte Misty in eine ganz andere Person. Wie sie wohl aussah mit dem gesamten Outfit? Nun konnte es das junge Mädchen nicht mehr erwarten. Sie griff sich die schwarze, hautenge Hose und zog sie sich über. Die Hose passte sich perfekt an ihren Körper an. Langsam verstand sie, wieso sie dieses Outfit zum jagen trug. Die Klamotten passten sich exakt ihrem Körper an. Es dürfte ihr nicht schwer fallen in dieser Kleidung einen schnellen Sprint hinzulegen oder einen Kampf auszutragen. Ihr Herz klopfte ihr langsam richtig gegen die Brust. Am liebsten hätte sie gleich einen Blick in den Spiegel geworfen, aber sie wollte erst schauen wenn sie fertig angezogen war. Aufgeregt und nervös liess sie sich auf ihr Bett nieder während sie sich die ebenfalls schwarzen Stiefel zu sich zog und sogleich in den ersten hineinschlüpfte. Nachdem auch der zweite Stiefel übergezogen war, sprang sie auf und lief erstmal einige Schritte in ihrem Zimmer herum um auch die Stiefel zu testen. ‚Ich glaub es nicht… Diese Ausrüstung und die Kleidung sind wirklich genial.’ Ja – sie fühlte sich richtig wohl in ihrem Jägeroutfit. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Langsam legte sie sich den Hüftbeutel um und befestigte ihn. Ihr Blick blieb auf ihm hängen, während sie den ebenfalls perfekt um die Haut schmiegenden Handschuh und die Lederbänder anzog. In diesem Beutel befanden sich ihre Utensilien. Ja – der Beutel war klein und Misty wusste selbst, dass sie nicht viele Sachen auf die Vampirjagd mitnehmen würde. Das wichtigste Instrument, das sich im Beutel befand war der für Vampire tötliche Holzpflock. Langsam legten sich ihr Zeigefinger und ihr Daumen auf den kleinen Reisverschluss des Beutels. Ihre Freunde müssten noch etwas warten – sie musste nachschauen, was Professor Eich ihr alles mitgeben würde. Den relativ kleinen Pflock erkannte sie als erstes. Mit zittrigen Händen nahm sie ihn heraus und legte ihn auf ihren Schreibtisch. Als nächstes zog sie einige Knoblauchzehen heraus. Oh ja – okay, daran musste sie sich gewöhnen. Vampire verabscheuten den Geruch von Knoblauch, aber Misty war nicht sonderlich begeistert gewesen als sie hörte dass es bei großen Vampirtumulten nötig war, dass sich die Vampirjäger damit einrieben. So konnten sie auf jeden Fall nicht gebissen werden. Doch Misty bezweifelte, dass sie diese Methode oft anwenden würde… Abermals griff sie in den schwarzen Beutel und hatte ein Taschenmesser, ein Seil und Streichhölzer in der Hand. Das war ihr ganzes Equipment für ihre Einsätze. Mehr brauchte sie auch nicht redete sie sich ein. Den Rest würde sie persönlich erledigen! Sie war nun mehr als bereit. Außerdem wollte sie ihre Freunde nicht noch länger auf die Folter spannen. Schnell packte sie die Sachen wieder ein, als ihr Blick auf das dunkle Halsband flog. Stimmt, das hätte sie beinah vergessen… An dem Halsband hang ein kleines, silbernes Kreuz. Misty strich sanft über dieses und lächelte etwas traurig. Das Kreuz war eines der wenigen Dinge, die sie noch von ihrer Mutter hatte. Es hatte früher ihr gehört, Misty hatte es vor drei Jahren bekommen als ihre Schwestern es zufällig wieder gefunden hatten. Nun hing es an einem Teil ihres Vampirjägeroutfits und Misty war froh, so wenigstens ein Teil ihrer Familie immer bei sich tragen zu können. Außerdem hoffte sie, dass ihr dieser Talisman Glück bringen würde - dass sie es schaffen würde ihre Aufgabe zur Zufriedenheit aller zu erfüllen. „Vielleicht traut sie sich nicht mit diesem bizarren Outfit herauszukommen…“ Vor Schreck drehte sich Misty zur Tür, hinter der sie soeben die Worte gehört hatte. Ihre Freunde waren wohl wirklich neugierig auf das Outfit der neuen Vampirjägerin. Aber wieso bizar? Leicht säuerlich lief Misty auf die Tür zu und öffnete sie, bevor Maike hereinkommen konnte um sie zu ermutigen herauszukommen. „Wieso sollte ich mich nicht trauen?“ Leicht genervt schaute Misty zu ihrer dunkelhaarigen Freundin und stemmte ihre Hände in die Hüften, „Und wieso ist das Outfit ‚bizar’? Hast du erwartet, dass ich mit Rüschchen und Reifrock auf die Jagd gehe?“ Oh je – ihre hitzige Art war manchmal wirklich etwas fehl am Platze. Maike wollte ihr ja nur einen Gefallen tun… Sofort liess Misty ihre Hände von den Hüften gleiten und liess ihre Arme wieder herabsinken: „T-tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren…“ Sie blickte schuldbewusst in das grinsende Gesicht ihrer Freundin. Wieso grinste sie denn so? Bevor die junge Vampirjägerin noch etwas sagen konnte, hatte Maike sie schon an sich gedrückt. Als sie sich löste blickte sie Misty sanft in die Augen: „Ich kenn dich langsam gut genug dass ich mich nicht persönlich angegriffen fühle wenn du mal wieder etwas über den Rand schiesst.“ Misty schluckte. War das so typisch für sie selbst? Aber – sie hatte ja etwas vergessen… Sie stand nun mitten in der Küche – und wurde von vier Augenpaaren begutachtet. Sofort verfärbte sich ihr Gesicht rot und sie schaute automatisch in das ihr vertrauteste Gesicht. Gary starrte sie mit großen Augen an. Er sagte überhaupt nichts. Auch seine Miene veränderte sich nicht. Wie sollte Misty diese Miene deuten? Sie kannte ihn so gut, aber irgendwie war sie sich doch nicht sicher, was sie denken und fühlen sollte. Scham war gerade das einzige Gefühl, das sie offen zeigte. Aber wieso schämte sie sich so, in diesem Outfit vor ihre Freunde und insbesondere vor Gary zu treten? War es vielleicht weil das Outfit ihrer Meinung nach ziemlich sexy wirkte? Betörend? Atemberaubend – mit diesen eng an den Körper anliegenden, schwarzen Lederhosen und dem doch gut sitzenden Top? War es ihr deswegen so unangenehm, dass ihr bester Freund sie so anstarrte? Schnell fuhr sie mit ihren Händen durch ihre langen Haare und band die obersten Strähnen locker nach hinten um eine kurze Beschäftigung zu haben, dass sie nicht auf die Blicke achtete. „Also – ehm – ich muss echt sagen, dass ich das Outfit an dir überhaupt nicht mehr bizar finde…“ Der Blick der neuen Vampirjägerin glitt zu dem grünhaarigen Jungen und starrte ihn an. Er lächelte, schaute dann kurz zu Maike und wieder zu Misty, „Ich meine nur, weil Maike ja eben dazu bizar… ehm… gesagt hat… Du verstehst?“ Misty schluckte, nickte aber sogleich: „D-danke… Drew…“ Maike wollte sich wohl genauso rechtfertigen und sie tauchte sogleich neben Drew auf und kuschelte sich an seine Seite, während sie Misty sanft anlächelte: „Ich muss ebenfalls gestehen, dass ich das Outfit an dir richtig toll finde!“ Nun übertrieb Maike aber gewaltig und Misty spürte sofort wie sie abermals rot anlief. „Tut mir leid, Misty, dass ich das eben gesagt habe!“ – „N-nein, schon gut!“ Maike zwinkerte ihr kurz zu: „Langsam versteh ich auch, wieso immer gesagt wird, dass die Vampire den Vampirjägern nicht widerstehen können…“ Ihr Blick glitt an Mistys Körper entlang und dieser wurde die Situation immer unangenehmer. Gott – musste Maike immer so übertreiben? Und vor allem – musste sie immer Sachen sagen, die sie verlegen machten? Sie wollte nicht mit den Vampiren flirten – sie würde sie töten. Aber ja – ihr selbst war der Gedanke auch bereits gekommen. Sie hatte Bianca und die anderen auch noch nie in ihren richtigen Jägeroutfits gesehen, aber sie stellte sie sich so ähnlich wie ihre eigene vor. Vielleicht war das Teil der Strategie, die Vampire auch durch die reizvollen Outfits etwas zu verwirren. Da stellte sich Misty jedoch eine andere Frage in den Weg: Würden Vampire überhaupt auf Äußerlichkeiten reagieren? Würden sie tatsächlich ihre Deckung vernachlässigen, wenn ihnen ein attraktiver Körper gegenüber stand? Würden Vampire so einfach zu durchschauen sein? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Jedoch trieben ihre Gedanken wieder die Hitze in ihr Gesicht. Ein „attraktiver Körper“… Hatte Professor Eich ihr dieses Outfit gegeben um ihren Körper für die Vampire attraktiv wirken zu lassen? Oh man, sie schämte sich wahrlich für ihre Gedanken – und noch mehr als sie registrierte, dass sie Gary anstarrte. Seine Hand umschloss fest sein Glas, das auf dem Tisch stand, aber er hielt ihren Blick stand – auch wenn sie auf seinen Wangen ebenfalls eine leichte Röte sehen konnte. Sie wartete auf sein Urteil – sie wollte wissen, was ihr bester Freund zu ihrem ‚neuen Ich’ sagen würde. Und sie hatte ehrlich gesagt Angst davor. Würde er sie von nun an anders ansehen? Würde er sehen, dass sie eine starke Frau war? Aber – würde er sie auch weiterhin beschützen, wenn sie nicht mehr weiterwusste? Er schluckte und Misty liess seinen Blick los, schaute nun auf den Boden. „Ich kann Maike und Drew nur zustimmen, Misty. Ich finde, das Outfit steht dir.“ Das junge Mädchen schaute nicht auf, Professor Eichs Worte und sein Vertrauen ehrten sie, aber sie wartete immer noch. „Ja… find ich auch…“ Ein Klos bildete sich in Mistys Hals. Garys Stimme klang gepresst und unsicher. Der Braunhaarige stand auf, wich absichtlich ihrem Blick aus und lief langsam an ihr vorbei: „Viel Glück auf der Jagd später, Misty…“ Sie brachte kein Wort heraus, bevor die Tür zu Garys Zimmer zuging. Ihr Blick hing nur noch auf dem Stuhl, wo eben noch ihr bester Freund gesessen war. Das orangehaarige Mädchen bekam überhaupt nicht mit, wie Professor Eich aufstand und auf sie zulief. Immernoch waren ihre Gefühle total durcheinander. Sie hatte Angst, dass sie die Freundschaft zu Gary verloren hatte mit ihrer Entscheidung den Vampirjägern beizutreten. Die letzten beiden Wochen hatte sie nicht viel mit ihm geredet. Sollte das für immer jetzt so weiter gehen? „Misty…“ Die Hand des Professors lag auf ihrer Schulter und er schaute sie an, „er wird es noch verstehen – glaub mir.“ Ihre Augen suchten kurz die von Maike. Ihre Freundin lächelte sanft, bevor sie Drews Hand nahm und ihn mit hinaus zog. „Wie wär es wenn du einfach mal mit ihm redest?“ – „Ich komm doch momentan überhaupt nicht an ihn heran… Es kommt nur wieder zum Streit!“ Ohne auf ihre Worte zu hören, schob der Professor sie langsam zu Garys Zimmer. „Versuch es…“ Dann lief er langsam zur Wohnungstür, „Bianca wird gegen neun kommen und dich abholen! Viel Erfolg, Misty!“ Und schon war auch er verschwunden. Misty seufzte und starrte auf die buchefarbene Tür. Dieser Sturkopf! Wieso musste eigentlich immer Misty den Anfang machen? Sie war auch stur – aber im Gegensatz zu Gary konnte sie nicht lange ihrem besten Freund aus dem Weg gehen. Es war ihr wichtig, dass sie sich vertrugen… Langsam öffnete sie seine Tür und lief in Garys Zimmer. Sie schaute sich um – Ordentlich wie immer… Gary stand in der Mitte des Zimmers und werkelte an seiner Zimmerlampe herum. „Was machst du da, Gary?“ – „Die Glühbirne auswechseln!“ – „Aber es ist doch noch hell…?!“ – „Na und? Heute abend brauch ich Licht!“ – „Ah ja…“ Misty beobachtete ihn wie er die neue Glühbirne in die Fassung drehte und dabei die alte ungeschickt in der anderen Hand hielt bis sie ihm aus dieser fiel und auf dem Boden zersprang. „Na toll!“ Der Braunhaarige kniete sich nieder und sammelte die feinen Glasscherben zusammen. „Warte, ich helf dir dabei…“ Sofort liess sich Misty neben ihrem Freund auf die Knie fallen und half ihm, bis sie sich an einem etwas größeren Stück schnitt. „Argh!“ Sofort nahm sie ihren Daumen in den Mund und wünschte sich, Gary wäre etwas vorsichtiger mit der Glühbirne umgegangen. Dieser seufzte nur aus und zog Mistys Hand zu sich: „Tollpatsch!“ – „Hey, ich wollte dir nur helfen, klar?“ Sanft zog Gary seine Freundin hoch und wiess sie an, sich auf sein Bett zu setzen. Aus seinem Nachttisch zog er Taschentücher und Pflaster. „Hättest du es lieber gelassen!“ Misty schaute ihm kurz böse ins Gesicht, er jedoch kümmerte sich nur um Mistys Daumen und tupfte das Blut ab. „Wie kann man sich nur so an einer einzelnen Glasscheibe schneiden?“ – „Hast du gesehen wie spitz sie war?“ Gary schüttelte den Kopf: „Und du willst Vampire jagen!“ – „Ja will ich auch! Und ich werde das auch schaffen, Gary!“ – „Versuch auf jeden Fall vorsichtig zu sein…“ Sofort war die aufkochende Wut in Misty verflogen und sie schaute wieder von ihrem Daumen zu Gary hoch. „Ich kann dir da draussen nicht folgen und dir deine Schnittwunden gleich versorgen…“ – „Gary…“ Mistys Stimme war leise und als Gary ihr das Pflaster um den Daumen gewickelt hatte, umfasste sie mit ihrer Hand die seine. „Ich versprech dir, dass mir nichts passiert!“ Sie versuchte zu grinsen: „Du wirst sehen – morgen früh hast du mich schon wieder an der Backe!“ Auch um Garys Mund spielte nun ein Lächeln, aber sein Blick haftete auf seiner Bettdecke: „Ich vertrau dir.“ Nun schaute er ihr doch in die Augen: „Aber – du glaubst nicht, wie schwer es ist meine ‚kleine Schwester’ einfach loszulassen und sie in dieser Situation nicht beschützen zu können…“ ‚Gary…’ Ohne es zu wollen bildeten sich in Mistys Augen einige Tränen. Schnell liess sie sich gegen ihn fallen und drückte ihre Hände auf seinen Rücken. „Ich bin kein kleines Mädchen mehr… Aber – ich habe nichts gegen einen ‚großen Bruder’. Ich will dich nicht verlieren, Gary!“ „Das wirst du nicht…“ Misty spürte Garys feste Umarmung und sie fühlte sich endlich wieder geborgen in den Armen ihres besten Freundes. „Lass uns bald mal wieder etwas nur zu Zweit unternehmen, ja? Nur wir zwei – die besten Freunde!“ bat Misty während sie sich noch etwas an ihn kuschelte. Sie war so glücklich, endlich wieder einen halbwegs vernünftigen Draht zu Gary zu haben. „Das können wir machen…“ Langsam liess Gary seine Arme sinken, „Aber du musst doch gleich los nicht wahr?“ – „J-ja, das stimmt wohl…“ Die braunen Augen ihres besten Freundes schauten sanft in Mistys: „Dann geh – und mach die Vampire platt! Enttäusch mich nicht, klar? Ich vertrau dir!“ Über das Gesicht des jungen Mädchens huschte ein strahlendes Lächeln: „Du kannst auf mich zählen!“ Misty gab ihm einen vertrauten Kuss auf die Wange, bevor sie sich aus der Umarmung gänzlich löste, aufstand und glücklich zur Tür lief. „Ach ja, Misty?“ – „Ja?“ Die Angesprochene drehte sich nochmals zu dem Jungen um. „Dein Outfit…“ Ihr Blick strich an ihrem Körper entlang: „Ja? Was ist damit?” – “E-es sieht verdammt gut aus… Verdreh nicht gleich allen Vampiren da draußen den Kopf…” Mistys Augen schauten überrascht und gleichzeitig total verlegen zu Gary: “E-ehm…” Nun hatte ihr bester Freund sie komplett aus der Bahn geworfen. „Geh schon…“ Sie sah noch sein lächelndes, verlegenes Gesicht, bevor sie aus seinem Zimmer verschwand. Immernoch hatte Misty das Adrenalin im Blut und ihr Herz schlug aufgeregt gegen ihre Brust. Es war geschehen. Sie war das erste Mal richtig einem Vampir gegenüber gestanden. Auge in Auge. Und zusammen mit Bianca war es Misty gelungen den Vampir tatsächlich zu töten. Misty war sichtlich erstaunt gewesen. Bianca war noch eine Spur flinker und stärker in dieser Nacht als im Training. Als Misty dem Vampir fasziniert in die Augen gestarrt hatte, war Bianca bereits aktiv gewesen und hatte ihn verwirrt durch ihre schnellen Bewegungen und schneller als Misty es erwartet hatte, konnte sie bereits den Pflock in sein Herz stossen. Wirklich – so einfach hatte es sich Misty nicht gedacht. Sie hatte mit stärkeren Vampiren, blutigeren Kämpfen gerechnet. Sie starrte in die stechenden Flammen des Feuers, in das sie die Vampirleiche gelegt hatten. Bianca war in der Nähe, sie stand Wache, während Misty es noch nicht so ganz begreifen konnte. „Bitte glaub nicht, dass es immer so einfach ist…“ Misty schaute auf, als sich Bianca neben sie setzte und nun ebenfalls in das Feuer starrte. „Es gibt verschiedene Vampire – wie du ja weißt. Dieser hier war ein sehr, sehr einfacher Vampir…“ Misty schaute interessiert zu Bianca. Sie wollte so viel wie möglich darüber erfahren. Sie musste es wissen, denn sie hatte von Professor Eich die Zustimmung bekommen, morgen alleine jagen gehen zu dürfen. Ja – sie wollte es so. Sie wollte sich selbst auf die Probe stellen. Aber Bianca würde in derselben Gegend jagen, was bedeuten würde, sie könnte ihre Kameradin jederzeit kontaktieren wenn sie in Schwierigkeiten kommen würde. „Die gehören sozusagen in die ‚Unterschicht’ der Vampire – aber in unserer Gegend kommen die am häufigsten vor… Sie halten sich eigentlich immer in Stadtnähe auf um einzelne Menschen anzugreifen…“ – „Heißt das… es gibt dann also auch ‚adlige Vampire’?“ Bianca nickte: „Du hast es verstanden. Und dir ist sicherlich klar, dass diese ‚adligen Vampire’ um einiges stärker sind als der Vampir von gerade eben. Vor allem haben die ‚besseren Vampire’ besondere Fähigkeiten.“ Mistys Augen wurden größer: „Was sind das für welche?“ – „Naja…“ Bianca zuckte leicht mit den Schultern, „das kann ich dir so nicht sagen. Es gibt verschiedene Fähigkeiten. Einige können teleportieren… andere können Menschen manipulieren… und es wird erzählt, dass einige Auserwählte sogar die Naturgewalten beherrschen können…“ – „Wow…“ Bianca lachte auf: „Sei nicht so begeistert davon! Die Vampire benutzen ihre Fähigkeiten gegen uns. Von daher sei auf der Hut!“ Misty nickte und schien wieder in Gedanken versunken zu sein, bis Bianca ihre Hand auf Mistys Bein schlug und grinste: „Aber ich muss wirklich gestehen, bis auf deinen ersten Schock hast du dich wirklich gut geschlagen! Mach das am besten immer so – sei flink, verwirr den Vampir und dann greif an! Das ist eine der besten Taktiken gegen die Nachtgestalten…“ Die Angesprochene strahlte: „Danke… Und naja… es war wirklich das erste Mal – das allererste Mal, dass ich einem richtigen Vampir gegenüber stand…“ Bianca nickte: „Klar, ich versteh dich.“ Einige Minuten vergingen in denen die zwei Frauen einfach nur ins Feuer starrten und warteten bis es verlöschte. „Bianca – wie erkenne ich die ‚adligen Vampire’? Ich meine, wie merke ich, wie ich mich verhalten muss?“ – „Das ist eigentlich einfach…“ Während Bianca weiterhin ins Feuer starrte, löste Misty den Blick und durchforstete die näheren Bäume. „Es ist genauso wie bei uns Menschen… Man sieht es hauptsächlich an der Kleidung.“ Schnell suchten Mistys Augen wieder Biancas Blick: „Aha… die Kleidung also…“ – „Der Vampir,“ Bianca deutete auf die Feuerstelle, „trug einfache Jeans und Tshirt. Das ist üblich für die ‚Unterschicht’. Sie sehen eigentlich stinknormal aus. Höhere Vampire tragen… ehm… bessere Kleidung.“ Bianca stand auf und trieb etwas Staub mit ihren Schuhen auf, dass sich immer mehr über das Feuer legte und letztendlich löschte. „Ich weiß nicht, wie ich das erklären kann. Oft tragen sie schwarzes Leder.“ Sie schaute leicht grinsend zu Misty: „Du wirst die Kleidung sicherlich erkennen, wenn du sie siehst… Vampire stehen auf Luxus – vor allem die ‚Adligen’…“ Misty nickte und stand ebenfalls auf. „Lass uns noch eine Runde machen, bevor wir für heute nach Hause gehen!“ Mistys Blick biss sich durch die anliegenden Bäume und sie stellte sich in Kampfpose: „Ich glaube, wir brauchen keine Runde zu drehen…“ Und sie hatte recht behalten. Als sich Bianca gerade herumdrehte, sprang ein dunkler Schatten aus den Tiefen des Waldes. Mistys Blick erstarrte als sie erkannte, dass der Vampir bereits einen leblosen Körper eines Menschen über der Schulter baumeln hatte und sie musste kurz einen Würgreiz unterdrücken. Die Haut des Menschen war bereits ganz trocken und von Falten übersät. „Wir müssen was tun und die Person retten!“ Biancas Stimme holte sie in die Realität zurück. Misty nickte und schnell liefen die jungen Frauen dem Vampir entgegen. „Die Rettung kommt leider zu spät…“ Biancas Stimme hallte in Mistys Kopf. Immer noch hielt sie die Frau im Arm. „Misty, komm schon!“ Aber – sie hatten versagt. Die Frau musste sterben. Der Vampir hatte sie bereits vollkommen ausgesaugt. Ihr Gesicht zeigte den Schmerz, den Schmerz den sie empfunden haben musste, während der Vampir seine scharfen Zähne in ihren Hals gebohrt hatte. „Wir müssen die Leiche verbrennen!“ Bianca nahm Misty den Frauenkörper ab und zerrte ihn ebenfalls in das Feuer, in dem bereits dessen Mörder verbrannte. „Es ist nämlich nicht auszuschliessen, dass aus der scheinbar Toten zum Schluss auch ein Vampir wird…“ Ohne jedes weitere Gefühl stellte sich Misty neben Bianca um abermals dem Feuer zuzuschauen, wie es die Körper verbrannte. Doch in ihrem Kopf türmten sich die Bilder der toten Frau. Die verkrüpelte Leiche, das verzehrte Gesicht, die trockene Haut. Sie fragte sich, ob sie dieses Bild jemals wieder aus ihrem Kopf verbannen könnte – aber gleichzeitig hoffte sie, dass sie es niemals vergessen würde. Denn nun wusste sie mit Sicherheit, dass sie ihre Stadt vor allen Dingen vor so einem Leid bewahren musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)