Aus Summen kürzen nur die Dummen von Yusuke ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Ich weiß nicht mal genau, wie lange ich bei dir gewesen bin und dich einfach nur in meinen Armen gehalten hatte und dennoch empfand ich diese Zeit viel zu kurz. Die Zeit, in der ich deine Nähe und deine Wärme spüren durfte. Bis du dich von mir weggedrückt hast und mir leicht lächelnd erzähltest, dass deine Mutter jeden Augenblick wieder kommen würde. Es fiel mir unendlich schwer zu gehen, dich zurückzulassen, obwohl ich wusste, dass wir uns wieder sehen würden. Und seitdem warte ich auf diesen Moment, in dem ich dich wieder in meine Arme schließen kann. Ich sitze wieder hier, in dem Nachhilfezimmer, das uns zugewiesen worden ist. Das Mathebuch, mein Taschenrechner und Hefte liegen vor mir auf der Tischplatte. Zugegeben, es gibt sicher schöneres, das wir gemeinsam unternehmen könnten, aber ich will auch nicht, dass du auf Grund deines Defizits die Klasse wiederholen musst. Mein Blick fällt zu der Uhr, die an der Wand hängt und unaufhörlich vor sich hin tickt. Meine Finger klopfen im selben Takt auf den vor mir stehenden Tisch. Du bist zu spät. Gesehen habe ich dich heute auch noch nicht, aber du hattest doch gesagt, dass du wieder zur Schule kommen würdest. Mein prüfender Blick fällt erneut zu dem Zeitmesser. Sieben Minuten. Zur Schule würdest du kommen, aber auch zur Nachhilfe, zu mir? Dazu sagtest du nichts. Aber warum solltest du nicht kommen? Oder hat dich das gestern schon wieder aus der Bahn geworfen, nachdem ich verschwunden war? Ich werde einfach nicht schlau aus dir… Zehn Minuten. Seufzend packe ich meine Utensilien wieder ein. Ich bin nicht wütend auf dich, vielleicht ein wenig enttäuscht, aber nicht wütend. Ich habe nicht das Recht dazu. Du hast nie erwähnt, dass du hier auftauchen würdest. Und spätestens morgen sehe ich dich ja wieder. Ich erhebe mich von meinem Sitzplatz, stelle den Stuhl beiseite und schiebe den zweiten, den ich für dich vorbereitet hatte, wieder an seinen Platz, hänge mir meine Tasche um. Ach, so ein freier Nachmittag ist doch auch etwas Schönes… Scheiß auf den Nachmittag. Ich will dich sehen… Murrend wende ich mich der Tür zu, will auf sie zugehen um diesen elenden Bau endlich zu verlassen, als ich dich in der Tür stehen sehe. Für einen Moment setzt mein Herz vor Überraschung aus. Ich spüre, wie sich ein sanftes Lächeln auf meine Lippen legt. “Ich dachte, du würdest nicht mehr kommen.” Du schenkst mir ein leichtes Lächeln, während du den Raum endlich betrittst, die Tür leicht anstupst, so dass sie scheinbar hinter dir zufällt, aber sich gleich wieder hinter deinem Rücken öffnet. Du hast es nicht einmal gemerkt. Süß. Kopfschüttelnd setze ich mich wieder an meinen Platz, drehe mich dennoch zu dir, beobachte, wie du auf mich zukommst. “Tut mir Leid. Ich musste noch zum Rektor und mich für die Fehlstunden entschuldigen lassen.” “Schon gut!” Erst jetzt bemerke ich das Grinsen, das auf deinen Lippen liegt und mit jedem Schritt, den du auf mich zugehst, breiter wird. Was hast du vor? Vorsichtig lässt du dich auf meinen Schoß sinken, lehnst deinen Kopf gegen meine Brust und beginnst einer meiner herunterhängenden Strähnen in deinen Fingern zu drehen. “Ich habe dich vermisst.” Ich dich auch. Und wie. Trotzdem schiebe ich dich sanft, aber bestimmt von mir, deute auf die Tür. “Kyo. Die Tür.” Verwundert schaust du dich um, richtest deinen Blick auf die Wand, springst sofort von mir herunter und stürmst zu ihr rüber. Du lehnst dich gegen die alte Holztür, bis ein leises Klicken verrät, dass sie verschlossen ist. Deine Schritte führen dich zurück zu mir, bleibst vor mir stehen und schaust verlegen zu mir herunter. “Ist schon gut, ja? Aber du musst vorsichtiger sein. Komm setz dich.” Ich zeige auf den Stuhl, den ich eben erst weggestellt habe. Seufzend schiebst du ihn neben mich, während ich die Mathesachen wieder auspacke. Ich beuge mich zu dir, drücke dir einen sanften Kuss auf deine Wange, die sich schon wieder leicht rötlich färbt. “Der Stuhl ist unbequem.” Quengelnd schaust du erwartungsvoll zu mir herauf, entlockst mir ein weiteres Lächeln, das ich dir schenke und dennoch schüttele ich meinen Kopf. “Nicht hier.” “Die Tür ist doch zu.” “Nicht, dass da trotzdem jemand reinkommen könnte. Soll’s ja geben. Unabgeschlossene Türen, die man öffnen kann und das sogar beidseitig.” Ich muss lachen, als ich deinen beleidigten Blick sehe. Jetzt schmoll nicht. Du weißt, dass es nicht geht. “Dann schließ halt ab.” “Sehr unauffällig.” Ich streich kurz über deine Wange, lege meine Lippen für einen kurzen Moment auf deine und widme mich dann wieder dem Buch, das vor mir liegt, überfliege einige Seiten und deute dann auf unser heutiges Thema. “Ich habe gar keine Lust, heute.” Gespielt gähnend greift du nach meiner Hand, legst sie in deine eigenen und hältst sie fest. “Du hast nie Lust.” Verzweifelt versuche ich meine Hand zurückzuziehen, muss aber einsehen, dass du sie nicht mehr loslassen willst. Dann halte sie halt fest. “Also hast du noch irgendwelche Fragen, bevor wir mit dem neuen Thema anfangen?” “Stehst du auch auf Frauen?” Ich schaue dich zunächst irritiert an, stöhne dann genervt auf. “Solche Fragen meinte ich nicht.” “Jetzt sag’s!” “Das ist nicht das Thema!” Schmollend schaust du zu mir hoch. Vergiss es! Das zieht nicht… Jetzt hör auf, so zu schauen. Ich richte meinen Blick wieder auf das Buch. “Wir müssen wirklich mit dem Stoff anfangen, in drei Wochen schreibst du die erste Matheklausur.” Entsetzt schaust du mich an. “Ich auch?” Verwundert blicke ich auf dich, lasse eine meiner Augenbrauen fragend in die Höhe wandern. “Wie meinst du das?” “Ich dachte, dass du das irgendwie so drehen kannst, dass ich die Klausur nicht mitschreiben muss.” “Natürlich schreibst du mit!” “Kann ich die Klausur dann wenigstens schon vorher haben oder die Lösungen?” “Nein!” Darf ich mich gerade leicht ausgenutzt fühlen? Kopfschüttelnd lege ich dir ein Blatt Papier vor dich. “Du lernst jetzt gefälligst.” “Na toll. In zwei Wochen dieser bescheuerte Ausflug und dann die Matheklausur.” “Schau, dann haben wir noch eine Woche weniger zum Lernen.” “Kannst du nicht mitkommen?” “Zu eurem Ausflug? Wie soll ich das denn machen?” Schulterzuckend schaust du zu mir hoch. Du bist einfach zu niedlich. Lächelnd streiche ich dir über dein Haar, streiche dir einzelne Strähnen, die dir ins Gesicht hängen, zur Seite. “Das wird schon nicht so schlimm.” “Ich habe wirklich keine Lust zu lernen.” Du wechselst auch die Themen, so schnell komm ich nicht mit. Seufzend nehme ich das Blatt wieder an mich. “Du hast nie wirklich Lust.” Ich merke jetzt schon, dass es nichts bringt, wenn ich dich zwinge die Aufgaben zu rechnen. “Aber ab morgen wird gelernt, klar?” Strahlend schaust du zu mir auf und nickst. Ja ja und morgen meckerst du wieder rum und lässt dir wieder irgendwelche Ausreden einfallen. “Und was machen wir jetzt?” Erwartungsvoll schaust du mich an. “Du kannst nach Hause gehen.” Grinsend schaue ich in dein überraschtes Gesicht. “Ich dachte wir…” Du wendest deinen Blick ab. Lächelnd streiche ich dir über deinen Kopf, über deine weichen, blonden Haare, beuge mich etwas zu dir vor und flüstere dir leise Worte in dein Ohr. “War nur Spaß. Warte hier, ja?” Meine Lippen berühren dich für einen kurzen Moment, dann löse ich mich wieder von dir und laufe die Korridore entlang. Endlich kehre ich wieder zurück zu dir, stecke meinen Kopf durch die geöffnete Tür und betrachte deinen Rücken, den du mir zugewandt hast, für einige Augenblicke. “Kommst du?” Ich sehe, wie du kurz erschrocken zusammen zuckst, dich umschaust und schnell zu mir kommst. Du willst nach meiner Hand greifen, lässt es aber doch. Glaub mir, so ist es besser. “Wohin gehen wir denn?” Ich lächele dich an. “Überraschung! Aber pass auf, dass uns niemand sieht… Und wenn doch, sagst du, dass du an der frischen Luft besser lernen kannst.” Du nickst. Vorsichtig schleichen wir durch die Gänge der Schule, gehen die schier nie enden wollenden Stufen zum Dach der Schule hinauf. Wir gehen immer weiter und irgendwann bin ich derjenige, der nach deiner Hand greift. Hier oben wird keiner sein und es ist dunkel, nicht dass du stürzt und dir etwas tust. Ich führe dich die letzen Treppenstufen hoch und bleibe vor einer verschlossenen Tür stehen. Ich spüre, wie dein Körper, so nah an meinem, leicht zittern, ziehe dich vorsichtig näher an mich, sehe dich an. “Hast du Angst?” Vertrau mir, bitte. Doch du schüttelst den Kopf. “Mir ist nur kalt.” Du hast Recht, hier oben ist es kalt. Kein Wunder, der Dachboden hat keine Fenster, durch die die warme Frühlingsluft hätte einbrechen können und auch die Sonnenstrahlen bleiben diesem Ort fremd. Ich krame nach dem Schlüssel, halte ihn triumphierend in die Luft und nach einigen Versuchen, das Schlüsselloch zu treffen, öffnet sich die Tür mit einem dumpfen Geräusch und erste Strahlen der Sonne dringen in den verdunkelten Raum. Langsam betreten wir die Dachterrasse der Schule, schließe noch schnell die Tür hinter mir wieder ab. Du lässt meine Hand los, läufst einige Meter nach vorne und schaust auf das Schulgelände, das sich vor dir erstreckt, herunter. Bis du deinen Kopf der Sonne zuneigst, wie eine Blume, süchtig nach Licht. Deine Augen sind geschlossen, genießt die Wärme. Vorsichtig trete ich an dich heran, lege meine Arme um dich und bette meinen Kopf auf deinen. Der leichte Frühlingswind spielt mit unseren Haarsträhnen, lässt sie wild um uns fliegen. Die rot schimmernde Sonne schickt ihre Strahlen auf uns herab. Viele kleine Schmetterlinge tanzen um uns herum, bevor sie für immer in den endlosen Weiten verschwinden. “Es ist wunderschön, hier.” Dein leises Flüstern erreicht mich, drücke dich noch fester an mich . “Ohne dich ist es nur halb so schön…” Ein leichter Rotschimmer legt sich auf deine Wangen. Dir ist nicht einmal bewusst, wie schön du bist. Ich spüre, wie du deinen Blick senkst. “Findet uns hier niemand?” “Es gibt nur einen Schlüssel. Und wenn wir uns nicht ganz blöd anstellen, sieht uns von unten auch niemand.” Vorsichtig lasse ich dich los, greife nach deiner Hand und ziehe dich mit mir. “Gleich sind die AGs, Förderkurse und der Nachmittagsunterricht zu Ende, nicht, dass sie uns von da unten sehen.” Ich lasse mich auf den, von der Sonne aufgewärmten Beton fallen. Meine Arme liegen unter meinen Kopf, schließe meine Augen und genieße das Sonnenlicht, das sanft auf meiner Wange kribbelt. Du bist still, sagst kein Wort. Ich öffne meine Augen, erkenne wie du neben mir kniest, mich anschaust. “Gefällt es dir hier nicht? Wenn du willst, können wir wieder gehen.” Du schaust beunruhigt, beinahe ängstlich. “Ich hab Angst, dass uns jemand findet.” Dein Blick richtet sich in die Ferne , zurück auf den Schulhof. “Wenn von dort aus jemand hoch schaut…” Deine Stimme klingt unsicher, als du auf das rostige Schultor deutest, zuckst kurz zusammen, als die Schulglocke ertönt und nur wenige Augenblicke später, füllt sich der Schulhof mit hunderten von Schülern. Lautes Gemurmel ist zu hören, als sie fröhlich auf das Tor der Schule zustürmen. Panisch siehst du zu mir, ziehst an meiner Hand. “Lass uns gehen, sie sehen uns.” Ich lächele leicht, als würden sie uns nicht sehen, wenn wir die Treppe runtergehen würden. “Kao!” Flehend schaust du weiter zu mir herunter. Hab keine Angst. Ich richte mich leicht auf, lege meine Arme um dich und ziehe dich mit mir auf den Boden. Dein Kopf ruht auf meiner Brust, lasse meinen Griff um dich lockerer werden, streiche über deinen Rücken. “Wenn du liegen bleibst, sieht uns keiner.” Du schließt deine Augen. Ich drücke mich näher an dich, beobachte zufrieden, wie sich dein Brustkorb leicht hebt und senkt, als du leise atmest. “Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.” Überrascht schaue ich in deine braunen, glänzenden Augen, die mich erwartungsvoll ansehen. “Sie könnten uns hören.” Natürlich können sie uns nicht hören, aber die Ausrede ist immerhin gut. Ungläubig schaust du mich an. “Niemand hört uns.” “Und wenn doch?” “Sag schon!” Ein gehässiges Grinsen schiebt sich auf deine vollen Lippen, als du mir leicht in die Seite kneifst. Mehr als überrascht sehe ich auf. “Lass das!” Doch du denkst gar nicht dran aufzuhören, pickst mich immer weiter in meinen Bauch und meine Seite. Lächelnd beginnst du mich zu kitzeln. Verdammt, warum bin ich nur so kitzelig? Ich versuche mich von dir wegzudrehen, deinen weitern Kitzelattacken so zu entgehen. Lachend krabbelst du mir hinterher, kneifst und pickst weiter, bis ich es endlich schaffe, deine Hände einzufangen und sie festhalten kann. Völlig überraschst schaust du mich an, als ich mich geschickt drehe und halb über dir knie, deine Hände neben deinem Kopf auf den warmen Beton drücke. Triumphierend grinse ich dich an. “Machst du das auch bei Frauen?” Und auch auf deinen Lippen liegt ein Grinsen. “Die meisten Frauen sind stärker als du. Die lassen das nicht so einfach mit sich machen.” Lachend schaue ich in dein beleidigtes Gesicht, beuge mich zu dir vor und hauche dir einen Kuss auf deine Lippen, ehe ich mich von dir löse, deine Hände loslasse und dir helfe dich wieder aufzusetzen. Die restlichen Schüler scheinen alle verschwunden zu sein. “Hmm… Scheint schon spät zu sein. Machen sich deine Eltern keine Sorgen?” Du nickst leicht. “Meine Mum macht sich immer Sorgen.” “Soll ich dich nach Hause fahren?” Du überlegst kurz, schüttelst dann deinen Kopf. “Ich geh zu Fuß. Das Wetter ist ja gut.” Lächelnd erhebst du dich, gehst auf die verschlossene Tür, die uns zurück ins Innere der Schule bringt, zu. Ich folge dir. “Bist du, als du letztens nach Hause gegangen bist, nass geworden? Das Wetter war doch so mies.” “Nur ein wenig… Ich war fast zu Hause, als es angefangen hat zu regnen.” Das nächste Mal wirst du trocken zu Hause ankommen, versprochen. Noch mal lasse ich dich nicht durch den Regen laufen. “Woher hast du eigentlich den Schlüssel?” Ich schaue auf das Metall, das ich gerade in dem Türschloss versenkt hatte. “Vom Hausmeister.” Vorsichtig schiebe ich die große alte Holztür bei Seite, nehme deine Hand und ziehe dich mit mir. “Und den hast du einfach so bekommen?” Schulterzuckend verschließe ich die Tür hinter uns wieder. “Ich hab gesagt, dass ich Inspirationen brauche.” “Brauchen so was nicht nur kreative Leute, wie Kunst- und Musiklehrer?” “Heißt das, ich bin nicht kreativ?” Du schweigst. Na vielen Dank auch. “Pass auf die Stufen auf.” Und in genau diesem Moment, höre ich, wie eine der Holzstufen knirscht und du dich leise quiekend an mich krallst. Tollpatsch. “Hast du dir was getan?” Wieso habe ich mir nicht den Fuß gebrochen? Wütend schmeiße ich meinen Wecker in die Ecke. Es ist zwar schon nach zwölf, aber trotzdem. Verdammter Ausflug. Die beiden letzten Wochen hast du mich das gesamte Mathebuch ausrechnen lassen und zur Krönung dieser tollen Wochen auch noch der bescheuerte, unnötige, menschenverachtende Ausflug. Vier Tage lang ohne Klo, Dusche, Bett und ohne dich. Ich will nicht. Müde stolpere ich die Treppe zur Küche hinunter. Im Flur steht schon das Zweimannszelt, das mein Vater extra gekauft hatte. Toll. Welcher menschenfeindliche Idiot kam auf die glorreiche Idee, seinen Wohnraum auf knapp drei Quadratmeter zu beschränken, auf jegliche Sanitäreinrichtungen zu verzichten und das auch noch als Spaß bringende Freizeitaktivität zu verkaufen? Murrend setze ich mich an den Küchentisch und beginne lustlos auf meinem Marmeladenbrötchen herumzukauen. “Pass auf, dass du nicht wieder kleckerst.” Die Stimme meiner Mutter dringt an mein Ohr, als ich schon etwas geleeartiges spüre, das sich auf meinem Shirt verteilt. Mit einer Kaffeetasse und seufzend lässt sie sich neben mich auf den freien Stuhl sinken. “Weißt du, dass wir eine Menge an Wasserkosten sparen würden, wenn ich deine Sachen nicht ständig doppelt waschen müsste? Demnächst isst du nur noch mit Lätzchen.” Ja lustig. Und die müssen nicht gewaschen werden oder was? Ich will noch etwas sagen, sehe aber, dass sie sich wieder erhoben hat, dem klingelnden Telefon entgegen hetzt. Nach einigen Augenblicken steht sie auch schon wieder vor mir, hält mir das Telefon entgegen. “Für dich!” Hab ich mir fast gedacht. Am anderen Ende höre ich Shinyas Stimme, zumindest scheint es einmal Shinya Stimme gewesen zu sein. Ich erhebe mich und verlasse den Raum, um in Ruhe telefonieren zu können. “Wie du bist krank?” Geschockt schaue ich den Hörer in meiner Hand an. So war das aber nicht geplant. Ich war derjenige, der krank werden sollte, nicht er. “Aha.” Ich höre ihm zu, wie Leid ihm das tut. Schön, das hilft mir auch nicht. Irgendwann verabschiedet er sich dann, wünscht mir nur viel Spaß. Danke. Wie lieb von ihm. Und was mache ich jetzt? Murrend gehe ich zurück in die Küche. “Mum? Ich fühle mich nicht gut. Ich glaube, ich werde krank.” Skeptisch schaut sie mich an. “Du siehst gesund aus und warm bist du auch nicht.” Sie nimmt ihre Hand wieder von meiner Stirn. “Kommt Shin etwa nicht mit?” Wieso weiß sie das? “Ich will nicht allein dahin.” “Du bist nicht allein.” “Die hassen mich aber alle.” “Weil du dich immer ausschließt. Vielleicht freundest du dich ja mit denen an.” Oh ja natürlich. Wo lebt sie eigentlich? “Und jetzt hast du sogar noch Platz in deinem Zelt. Kannst ja ein nettes Mädchen fragen…” “Mum! Können wir dann einfach fahren, bitte?” Sie zuckt nur mit ihren Schultern. “Von mir aus. Zieh dein Shirt vorher aber noch um.” Nach einigen Minuten stehe ich mit Koffer, Rucksack, Schlafsack, Zelt und einem neuen Oberteil vor dem Auto meiner Mutter, verstaue alles im Kofferraum und lasse mich entnervt auf den Beifahrersitz fallen. Zum letzen Mal für vier Tage drehe ich die Musik auf. Mein Mp3-Player ist mir gestern beim Baden in die Wanne gefallen, seitdem kommt nur noch Wasser heraus. Und viel zu schnell stehen wir vor dem Schulgebäude und auch der Bus, der mich in meine persönliche Hölle bringen wird, steht schon da. Seufzend will ich aussteigen, als ich die Hand meiner Mutter auf meiner spüre, die mich festhält. Irritiert schaue ich mich um. Sie zieht mich in ihre Arme, drückt mich fester an sich. “Viel Spaß, Tooru.” Danke, werde ich nicht haben. Sie lässt mich wieder los. Na hoffentlich hat das keiner gesehen. Und schon spüre ich ihre Lippen auf meiner Wange. “Mum!” Vergiss es. Hoffentlich hat DAS keiner gesehen. Seufzend schaue ich sie an. “Bist du fertig, kann ich gehen?” Sie nickt, drückt mir noch schnell ein kleines Päckchen in die Hand. Entsetz schaue ich auf das, was sich nun in meiner Hand befindet. Kondome. Ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht schießt. “Tooru, ich will nicht, dass du dir irgendwas einfängst.” Ich schmeiße ihr ihr Geschenk entgegen, knalle die Tür zu und wuchte meine Sachen aus dem Kofferraum, bevor ich mich auf den Weg in mein Verderben mache. Sie winkt mir noch mal zu, fährt dann davon. Super. Keuchend zerre ich den Koffer und das restliche Zeug hinter mir her. “Schaut mal, unsere jungfräuliche Schwuchtel ist auch schon da.” Nein, bitte nicht. Ich versuche die Stimmen hinter mir zu ignorieren, schleppe meine Sachen weiter auf den Bus zu, als sie sich auch schon vor mir aufbauen. Einer der drei Jungen reißt mir meinen Schlafsack aus den Händen, grinst mich blöd an. “Gib ihn wieder her.” Genervt schaue ich zu dem Größeren auf. Ich hasse meine Größe. Trotzdem versuche ich ihm mein Eigentum zu entreißen, komme aber einfach nicht an den Schlafsack, den er über sich in die Luft hält und irgendwann beginnt, ihn seinen Freunden zu zuwerfen. Sie stehen im Dreieck um mich herum, werfen meine Sachen wie bescheuert hin und her, lassen ihn hin und wieder absichtlich in den Dreck fallen. Verdammter Kindergarten. “Wo ist eigentlich dein Transenfreund? Ihr seid doch immer zusammen.” “Er ist keine Transe.” Jetzt lasst doch Shin in Ruhe und mich auch. “Oh wie süß. Er verteidigt ihn. Habt ihr was miteinander, Tooru-chan?” Grinsend wirft er mir Handküsschen zu, während die anderen beiden lachen. Darf ich bitte kotzen? Und danach nach Hause. Immer weiter klauen sie meine Sachen, beleidigen mich und diese Idioten an Lehrern stehen auf der anderen Seite des Busses und merken nichts oder wollen nichts merken. Wie ich mich auf diese Woche freue. Vielleicht hätte ich das Geschenk meiner Mutter doch mitnehmen sollen. Mit Kondomen kann man sich sicher prima selbst ersticken. “Was macht ihr hier?” Eine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Deine Stimme. Oder? Nein… das kann nicht sein. “Wir helfen Tooru mit seinem Gepäck.” Natürlich tut ihr das. Und jetzt kommt gleich die geniale Frage, Tooru, stimmt das? Natürlich stimmt das nicht, aber das kann ich nicht sagen, beim nächsten Mal hacken sie mir dann die Finger ab. “Lasst ihn in Ruhe.” Du gehst an mir vorbei, deine violetten Haare wehen leicht im Wind, als du auf einen der Jungen zugehst, ihm meinen Schlafsack aus den Händen nimmst und mir in die Hand drückst. Ohne ein weiteres Wort gehen sie davon. Ich starre dich immer noch an. “Was machst du hier?” Verwirrt schaue ich zu dir hoch, fange dein sanftes Lächeln auf. “Du wolltest doch, dass ich mitkomme.” Grinsend öffnest du einer der Klappen, die zum Kofferraum des Busses führen, stellst meine Sachen an ihren vorgesehenen Platz. Immer noch irritiert schaue ich dir zu. “Und dann bist du zum Recktor und hast gesagt, dass du unbedingt mit willst, weil du so gerne zeltest oder was?” Langsam etwas genervt verschränke ich meine Arme vor der Brust, warte auf deine Antwort. Lächelnd verdrehst du die Augen. “Natürlich nicht. Dein zweiter Jahrgangstufenleiter ist krank geworden und da bin ich eingesprungen. Freu dich doch und schau nicht so.” “Komisch. Shinya ist auch krank.” “Hab ich schon gehört. Die Grippe geht wohl wieder um.” Und wieso hat die mich nicht erwischt? Mein Blick fällt zurück zu dir, wie du weiter versuchst, meinen Koffer zwischen die anderen zu quetschen. Sollte das nicht eigentlich der Busfahrer machen? Vielleicht wird es ja nicht so schlimm, wenn du mitkommst. “Whoa Kyo, musst du so einen großen Koffer mitnehmen? Was hast du alles eingepackt?” “Das Nötigste.” “Du weißt aber, dass das nur vier Tage sind, ne?” “Ich habe das unnatürliche Talent meine Klamotten ständig dreckig zu machen. Da musste ich pro Tag mindestens drei Shirts einplanen.” Du fängst an zu lachen, drückst weiter gegen meinen zu großen Koffer um ihn in die zu kleine Lücke zu stopfen. “Wusste ich ja gar nicht.” “Das hier, ist auch mein zweites, heute.” Mit einem kräftigen Stoß ist auch mein Koffer endlich unfachgerecht verstaut. Triumphierend schaust du mich an. “Bravo!” “Das ist alles?” Deine Lippen verziehen sich zu einem Schmollen. Was willst du denn? Fragend schaue ich in deine braunen Augen, die leicht von deinen hinab hängenden Haarsträhnen verdeckt werden. Kurz schaust du dich um, beugst dich zu mir und hauchst mir einen sanften Kuss auf meine Lippen. Schnell sehe ich mich um, ob das auch niemand gesehen hat. “Das hätte jemand sehen können.” Nuschelnd schaue ich auf den Boden vor mir, zucke kurz zusammen, als die Klappe mit einem lauten Knall wieder zufällt. “Hat aber keiner gesehen. Hey. No risk no fun!” “Das ist nur Spaß für dich?” Entsetzt schaue ich dich an. Du beugst dich erneut zu mir, so dass ich in deine Augen sehen kann. “Nein.” Du schaust ernst, ehe du dich mir noch mal näherst, mir einen Kuss auf meine Stirn drückst. “Komm, sonst merkt wirklich noch jemand etwas.” Ich nicke nur, gehe langsam hinter dir her. Bist du jetzt sauer, weil ich dir das vorgeworfen habe? “Ich hab unseren letzen fehlenden Schüler gefunden.” Fröhlich gehst du auf die anderen beiden wartenden Lehrer zu, lässt mich hier allein. Meine Jahrgangstufenleiterin gibt erste Anweisungen, erklärt uns, dass wir in den Bus einsteigen können. Können? Müssen, würde es eher treffen. Ich warte ab, steige als letzter in den, gut mit viel Liebe, Bus. Ob Busse wohl die doppelte Abwrackprämie kassieren?* Ich setzte mich ganz nach vorne, bleibe in der Nähe meiner Lehrer und weit weg von den, wie meine Mutter sie nennen würde “Leuten, die mich nicht mögen, weil sie mich nur nicht richtig kennen.” Und so soll es auch bleiben. Ich drücke meinen Rucksack näher an mich, schaue aus dem Fenster beziehungsweise versuche durch die Matschspritzer und Staubkörner einen Blick nach draußen zu werfen. Draußen erkenne ich wie du in dein Auto einsteigst. Wolltest du nicht mitkommen? Aber wieso fährst du dann? Hast du noch etwas vergessen? Erschrocken nehme ich das Vibrieren unseres Gefährts, dessen Motor soeben angelassen wurde, wahr und spüre, wie es sich beginnt vorwärts zu bewegen. Entsetzt drehe ich mich um, schaue meine Lehrerin, die hinter mir sitz, fragend an. “Alles in Ordnung, Tooru?” “Ich dachte, dass Herr Niikura mitkommt…” Ich deute zum Fenster. “Wir brauchen jemanden, der mit dem Auto fährt und unsere ganzen Lebensmittel und Kochgeräte mitnimmt. Der Bus hat keinen Platz mehr.” Erleichtert lasse ich mich wieder auf meinen Sitz fallen, beobachte die eintönige Landschaft, die an mir vorbeizieht. Von den Bäumen, die an mir vorbei zu rasen scheinen, wird mir schlecht. Ich wende meinen Blick ab, schließe die Augen. “Hey Tooru-chan” Ich spüre einen leichten Druck auf meinem Kopf, eine Hand, die über mein Haar streicht. Noch immer müde, öffne ich meine Augen. “Nicht sabbern. Die Männer sind nicht echt. Hast nur geträumt.” Lautes Kichern ist auf dem ganzen Gang zu hören, als ich über meinen Mund wische. Ich hab überhaupt nicht gesabbert. Und von Männern träume ich auch nicht. Nur von einem… Ich sehe, wie sie alle nacheinander aussteigen. Ob wir schon da sind? Okay, sie holen ihre Koffer aus dem Bus. Gähnend erhebe ich mich, schlendere zu meinen Koffer, der noch immer eingequetscht neben den anderen steht. “Tooru, wegen deinem Scheißkoffer bekommt man die anderen nicht heraus. Wozu brauchst du den ganzen Platz.” “Lass ihn doch. Irgendwo müssen ja seine Tangas reinpassen.” Gut die Logik hab ich jetzt auch nicht verstanden, warum Tangas mehr Platz brauchen als normale Boxershorts. Egal. Denken war noch nie deren Stärke. Sie nehmen ihre Koffer und versammeln sich alle um unsere Lehrerin, die weitere Anweisungen gibt. Jetzt haben wir also noch ungefähr eine Stunde Zeit um unsere Zelte aufzubauen und uns dann das Campinggelände anzusehen. Toll. Gras und Zelte. Faszinierend. Gelangweilt lese ich mir durch, wie man das Zelt aufbauen soll. Na das kann noch was werden. Ich hab so ein Ding noch nie aufgebaut. Das hätte auch Shin machen sollen. Aber nach einer dreiviertel Stunde steht mein Zelt, zwar etwas verkrüppelt aber was soll’s. Vier Tage werde ich schon überleben, hoffe ich. Juhu und jetzt noch eine Viertel Stunde um das Gelände zu besichtigen. Ich verzichte… Stattdessen versuche ich mir meine kleine Unterkunft wohnlich einzurichten. Eine Decke hier, ein Schlafsack da, noch ein kleiner Tisch aka Koffer und voila ist die gute Stube auch schon voll. Ich bin begeistert. Fehlt ja nur noch das “Home sweet home” Schild. Ich frage mich wo wir eigentlich sind. Auf irgendeinem Campingplatz in einem Wandergebiet, aber wo genau? Die Fahrt hat ganz schön lange gedauert und es wird langsam dunkel. Die Sonne geht unter. Ich werfe einen Blick auf mein Handy, will wissen, wie spät es denn wirklich ist. Fünf verpasste Anrufe und eine besorgte Sms meiner Mutter. Ja, bin gut angekommen, nein, sie können mich immer noch nicht leiden und ja, ich hab daran gedacht meine Unterwäsche einzupacken. Genervt sende ich ihr eine Kurzmitteilung, kann endlich wieder auf die normale Displayuhr schauen. 21Uhr. Verdammt, wo zur Hölle sind wir? Ich werde dich einfach irgendwann fragen. Aber jetzt muss ich mich beeilen, immerhin sollten wir uns alle treffen. Seufzend trete ich auf die kleine Gruppe zu, die vor mehreren, im Kreis angeordneten Baumstämmen, steht. Hinter ihnen lodert ein kleines Feuer. Oh nein. Tun wir jetzt auf Pfadfinder? Singen gemeinsam, lesen Hasenspuren und lauschen den Gesängen des einsamen Kojoten? Ob es hier welche gibt? Du lächelst mich an, als ich endlich zu der Gruppe stoße. Ich bin froh, dass du da bist. Nach und nach kommen meine Mitschüler, setzen sich im Kreis um das knisternde Feuer. Ich sitze mit einem kleinen Abstand neben dir, dann ein großer Abstand und dann erst alle anderen. Ich fühle mich allein. Mein Blick wandert zu dem brennenden Holz vor mir, verliert sich darin. Beobachte wie das Feuer die Holzpfähle verschlingt, immer größer wird und kleine Funken über sich spuckt, die als graue Aschekörner wieder zu Boden sinken. “Willst du auch etwas essen?” Ich sehe auf und erst jetzt fällt mir der große Behälter auf, der vor den beiden anderen Lehrern, die fleißig Reis und Gemüse an die Schüler verteilen, steht. Skeptisch schaue ich dich an. “Wo habt ihr das denn her?” Du lächelst, deutest auf ein kleines Haus, zimmergroß. “Wir haben Stromanschluss und einen Kühlschrank. Moderner Campingplatz. Also willst du was?” Ich schüttele den Kopf. Bis ich an der Reihe bin, ist eh alles weg, da brauch ich mich gar nicht anzustellen. “Du musst was essen. Du hast sicher den ganzen Tag nichts gegessen.” Doch. Heute morgen ein Marmeladenbrötchen. Du drehst dich weg, lässt eine kleine Schüssel mit Reis füllen und drückst sie mir in die Hand. Zögerlich beginne ich zu essen, während ich den stechenden Blick meiner Mitschüler auf mir spüre. Jetzt hassen sie mich noch mehr. Nach kurzer Zeit werden die Pappschalen wieder eingesammelt und uns der morgige Tagesablauf erklärt. Wandern! Ich will nach Hause. Ab 22Uhr ist auf dem Campingplatz Ruhe angesagt, dass heißt wir müssen alle in unsren Zelten sein. Müde schlendere ich auf meines zu, bleibe davor stehen, sehe mich um und erkenne wie du in dein Zelt krabbelst. Es steht meinem direkt gegenüber, vielleicht zehn Meter entfernt. Allein dich in meiner Näher zu wissen, entlockt mir ein leichtes Lächeln. Meine Freude erstirbt aber schnell, als ich den dunklen Wald hinter meinem Zelt erkenne, von dem uns nur ein dünner Maschendrahtzaun trennt. Wieso ist der mir vorhin nicht aufgefallen. Ich schlucke, als ich mich ängstlich in meine Behausung begebe und versuche, es mir gemütlich zu machen. Mir ist kalt und mein Kopf stößt ständig an meinen Koffer. Irgendwann erstirbt auch das Gerede meiner Mitschüler, das man von draußen noch gehört hatte. Stille. Nur der Wind pfeift leise, lässt die Zweige der Bäume bewegen und raschelnde Geräusche erzeugen. Ich rutsche tiefer in meinen Schlafsack, kneife meine Augen fest zusammen. Ich hab Angst. Du hast sicher Angst. Nachdenklich schaue ich an die Decke meines kleinen Zeltes, lausche den Geräuschen der Natur. Sie haben etwas faszinierendes, gleichzeitig etwas bedrohliches an sich. Der Wind dringt durch das dünne Polyester, kitzelt meine Haut. Ein leises Kratzen an den Wänden des Zeltes, lässt mich aufschrecken. “Kao?” “Kyo?” Ungläubig ziehe ich den Reißverschluss nach oben, sehe auf deine zierliche Gestalt, wie du zitternd vor mir stehst und dein Kissen an dich drückst. “Was hast du?” Ich schaue mich um, will sicher gehen, dass uns niemand sieht. “Ich hab keine Lust allein zu sein.” Skeptisch wandert meine Augenbraue in die Höhe, mustere dich weiterhin. “Uns könnte jemand sehen. Geh zurück!” Ich schaue weg, kann dich nicht ansehen, es tut weh, dich wegschicken zu müssen, aber wenn jemand etwas mitbekommt, uns sieht, uns hört. “Ich hab Angst.” Deine Worte sind nur ein Flüstern, als ob du dich schämen würdest. Ich schaue zu dir. Vielleicht beruhigt es dich, wenn ich dir sage, dass hier nichts ist, wovor du dich fürchten müsstest, doch meine Worte bleiben mir im Halse stecken, als ich das verräterische Glänzen in deinen Augen erkenne. Bitte weine nicht. “Kyo.” Lächelnd strecke ich meine Hand nach dir aus, spüre, wie du sie sofort fest umklammerst. Vorsichtig ziehe ich dich zu mir. Du folgst meinem Ziehen, stolperst über deine eigenen Füße und fällst mir entgegen. Ich fange dich auf, drücke dich fest an mich, als du in meinen Armen liegst. Drückte dich aber leicht wieder von mir, um den Reißverschluss wieder zuziehen zu können. Ich wende mich dir wieder zu. Kniend sitz du neben mir und ich erkenne deine geröteten Augen und die roten Spuren auf deinem Gesicht, die die Tränen zurückgelassen haben. Ich will dich trösten, streiche über deine Wange, will dich beruhigen. “Hier gibt es nichts, wovor du Angst haben brauchst.” Doch du schüttelst nur den Kopf, schaust mich nicht an. “Das ist es nicht.” “Nicht?” Was hast du dann? Meine Finger streichen sanft über dein Gesicht, beuge mich leicht zu dir vor. “Verrate es mir.” Du siehst auf, schüttelst dann erneut den Kopf und lächelst mich an. “Schon gut. Ich hab übertrieben.” Dein aufgesetztes Lächeln kann die Traurigkeit in deinen Augen nicht verbergen. “Bitte sag mir, was du hast.” Durchdringend schaue ich in deine Augen. Rede doch mit mir. Ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt. “Ich…” Ich drücke dich wieder an mich, als ich dein Stottern höre, streiche über deinen Rücken, während ich deinem leisen Flüstern lausche. “… die anderen hassen mich alle… und eigentlich habe ich mich daran gewöhnt… aber eben beim Lagerfeuer… das tut trotzdem weh…” Dein Schluchzen unterbricht dich und ich spüre, wie einzelne Tränen sich ihren Weg auf meine Jogginganzugjacke bahnen. “… und als du gesagt hast, dass ich gehen soll…” Ich ziehe dich noch näher an mich, lege meinen Kopf auf deinen. Ein Flüstern verlässt meine Lippen. “Ich will nicht, dass du gehst.” Dennoch drücke ich dich etwas von mir, schaue in deine verweinten Augen. “Ich hab nur Angst, dass sie etwas erfahren. Dann können wir uns gar nicht mehr sehen.” Vorsichtig wische ich dir einzelne Tränen aus deinen Augenwinkel. “Denk nicht an die anderen. Das sind Idioten.” Meine Lippen berühren deine heiße Wange, küssen die Tränen weg, die noch immer über dein hübsches Gesicht laufen. Du nickst, ringst dich sogar zu einem schwachen Lächeln durch und dennoch zitterst du immer noch. Erst jetzt fällt mir auf, dass du nur ein Shirt und eine kurze Hose trägst. Unweigerlich fällt mein Blick auf deine schönen, makellosen Beine. Zögerlich streichen meine Finger über deine entblößten Schenkel. “Kao?” “Du hast schöne Beine.” Du errötest, nuschelst mir ein leises “Danke” entgegen. Sie sind kalt. “Hast du nur das zum Schlafen?” Ich deute auf dein Shirt und deine Shorts, die du trägst und beginne in meinem Koffer zu kramen, drücke dir nach schier nie enden wollendem Herumgewühle, meine Jogginghose entgegen. “Die sind wohl etwas zu groß, aber zum Schlafen wird das schon gehen. Zieh sie einfach drüber.” Nickend machst du das, was ich dir gesagt habe, lässt ein erneutes schüchternes “Danke” verlauten. Ich ziehe die dazugehörige Jacke, die ich selbst trage, aus und drücke sie dir in deine Hände. “Dir ist doch auch kalt.” Ich schüttele den Kopf. “Zieh sie an!” Widerwillig streifst du die Jacke über. “Meinst du, dass du jetzt besser schlafen kannst?” Du nickst nur, lässt dich auf die Decken, die auf dem Zeltboden liegen, fallen, kuschelst dich an sie und rollst dich leicht zusammen. “Ich meinte eigentlich in deinem Zelt.” Leise lachend lege ich eine weitere Decke über dich. Du richtest dich leicht auf, schaust mich ernst an. “Soll ich wirklich gehen?” Ich kuschele mich selbst an die weichen Decken, schlüpfe unter die Decke unter der du schon liegst und ziehe dich zu mir, drücke dir einen Kuss auf deine Stirn. “Ja… morgen.” Du liegst direkt neben mir. Ich sehe in deine dunklen Augen, streiche über dein Haar. “Bevor die anderen aufwachen, musst du wieder in deinem Zelt sein.” Du nickst und ich hauche dir lächelnd einen Kuss auf deine Lippen, ehe ich meine Augen schließe. “Kao?” “Hmm…?” Leise grummelnd öffne ich meine Augen wieder, erkenne den Rotschimmer, der auf deinen Wangen liegt. “Küsst du mich… irgendwann mal… richtig?” Ein Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. Sehr gern… Meine Finger fahren über dein Gesicht, streichen eine deiner Haarsträhnen hinter dein Ohr, lasse sie langsam zu deinem Lippen wandern. Meine Fingerkuppen streichen über deine roten, vollen Lippen, berühren das kalte Metall deiner Piercings für einen kurzen Augenblick, bevor meine Finger wieder von dir ablassen. Ich beuge mich leicht über dich, lasse meine Haarsträhnen neben uns, wie einen Vorhang, der uns umgibt, fallen. Lächelnd lege ich meine Lippen auf deine. Vorsichtig lasse ich meine Zunge über deine Lippen streifen, verlange Eintritt, den du mir schüchtern gewährst. Neugierig stupse deine Zunge an, fahre flüchtig über die Innenwände deiner Mundhöhle, ehe ich auffordernd deine Zunge berühre. Nur langsam bewegst du deine meiner entgegen, ehe wir uns in einem heißen Spiel verfangen. Bis wir uns endgültig voneinander lösen. Ich lege meine Arme um dich , ziehe dich so nah wie möglich an mich heran, streiche über deinen Rücken. “Das war schön.” Deine Stimme dringt nur als leises Flüstern an mein Ohr. “War das dein erster Kuss?” Ich spüre, wie du neben mir leicht zusammen zuckst. “Hat’s dir nicht gefallen?” Hab ich es doch gewusst, so unsicher und zurückhaltend wie du warst. Ich beginne zu lächeln. “Doch. Es war schön.” Nur langsam öffne ich meine Augen, spüre deine angenehme Wärme an meinem Körper und dein süßlicher Duft kitzelt in meiner Nase. Ich beobachte dich, wie du neben mir noch immer schläfst, wie du leise atmest und wie sich dein Brustkorb leicht heb und senkt. Glücklich streiche ich über deine blonden Haare, verteile kleine, sanfte Küsse auf deine Wange. Erst ein Rütteln an meinem Zelt, lässt mich aufsehen. “Kaoru? Sind Sie wach?” Geschockt beobachte ich, wie der Reißverschluss des Zeltes langsam nach oben gezogen wird… ----------------------- * [gibt es in Japan zwar noch nicht... aber ich konnte es mir nicht verkneifen^^~] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)