Tanz des Schmetterlings von Hime-chan (um die kleine weisse Lilie) ================================================================================ Kapitel 1: Schwarzer Schmetterling ---------------------------------- Schwarzer Schmetterling Bestimmung ohne Hoffnung Geschmeidige Bewegungen und die atemberaubende Sinnlichkeit dieser Darbietung versetzten die Zuschauer in einen Zustand, der einer Hypnose gleich kam. Die Genialität und die aufwendige Führung des langen Bambusstabes, der eigentlich viel zu schwer für die schmalen Handgelenke war, liessen erkennen wie viele Tage er in diese Prüfung investiert haben mochte. Die feinen Silberglöckchen, die man in die nachtschwarzen Haare geflochten hatte um ihn zu strafen, wurden genutzt um alles noch musikalisch zu untermalen und die kleine Arena, bis zum Rand mit Regenwasser gefüllt, sodass der Junge bis zu den Knöcheln im eisigen Wasser stand, erwies sich weniger als eine Schikane, sondern schien seine kreative Ader zu wecken, wie es selten etwas vermochte. Die aufgewirbelten Wassertropfen spiegelten sich in der rotgoldenen Morgensonne, als er den Stab über sich hievte und so einen Regen aus Licht auf sich niedergehen liess ehe er in einer sehr abstrakten und bestimmt scherzhaften Position verharrte, bis einer der Mönche den goldenen Gong schlug um die Prüfung zu beenden. Der Junge drehte sich wieder und gab den Stab den Prüfern zurück, er schien sichtlich erleichtert, das Gewicht los geworden zu sein und auch die Nervosität welche ihn den Schlaf gekostet hatte schien verflogen zu sein. Man reichte ihm einen Umhang den er sich um den nackten Oberkörper schlang und den Schülern ein strahlendes Lächeln zuwarf, die, teils an ihren Nägeln kauend, auf das Ergebnis warteten. Die fünf Mönche schienen nicht einig, doch das waren sie anbetracht dieses einen Schülers auch noch nie gewesen, daher kein Grund für ihn, sich zusätzlich zu sorgen. Die jüngeren Schüler tuschelten hinter vorgehaltener Hand, die ehrfürchtige Bewunderung und die doch herrschende Sorge ob der hohen Messlatte die sie erwarten würde, liessen die Aussagen feindselig werden, auch ein bereits bekanntes Problem. „Ro en Draen hat die Prüfung gemeistert und sich so das Recht verdient, sich Krieger zu nennen und das Kloster zu verlassen, es sei denn, er wolle die höheren Pfade beschreiten und nach Erleuchtung suchen“, verkündete der Meister des Wachens und Ro blickte ihm völlig aus der Bahn geworfen an, ein Gesichtsausdruck, den sich bisher nur eine Hand voll Schüler zu Gemüte führen konnten. Die Menge brach in Jubel aus, doch der gefeierte wurde sanft zurück in den Tempel geschoben, vermutlich würde man ihm ein heisses Bad gönnen. Der leicht verzweifelte Blick, den er zurück warf, wurde nur von einer Person wahrgenommen, der gerade im Begriff gewesen war, alle Regeln zu brechen um zu ihm zu eilen, doch für alle Worte war später noch genug Zeit. Jemand klopfte ihm auf die Schulter und die wohl bekannten braunen Locken kitzelten seine Wange. „Er wird gehen, nicht wahr?“, fragte er, namenlos wie es viele hier waren. Die dunklen Augen schimmerten unter Tränen während der Angesprochene Stumm nickte. „Wie still es sein wird, ohne die Silberglöckchen und sein helles Lachen dass durch die Gänge hallt. Ob er in seiner Heimat herzlich Empfangen wird? Er hat doch nie Briefe erhalten“, mutmasste er weiter. „Ja, die Stille wird wohl lange unerträglich sein“, antwortete er schlicht und schob die Hand mit einem Lächeln fort um Ro persönlich zu gratulieren. Die steilen Stufen, insgesamt waren es weit über fünfhundert, erklomm er inzwischen ohne Pausen und dennoch war er ausser Atem als er oben die Platte erreichte. Er erinnerte sich noch gut an seine Ankunft vor zwei Jahren, als er die Blasen an seinen Füssen verfluchte und sich wie jener verzogener Bengel benommen hatte, zu dem ihn seine Mutter erzogen hatte. Seine innige Freundschaft mit Ro, der damals noch keinen Namen trug, begann bereits zu jenem Zeitpunkt, als er die Hallen erstmals betrat und Zeuge einer Strafe wurde, deren Narben heute fein und silbern den schmalen Rücken zierten und ihn nicht entstellten, sondern daran erinnerten, dass Äusserlichkeiten den Charakter verhüllen konnten. Die Glöckchen erhielt er noch bevor man die leuchtenden Striemen verbunden hatte. Er trug sie heute mit dem Stolz eines Tigers, denn er hatte gelernt, sie völlig zu beherrschen. Nur wenn der Wind an seinen Haaren zerrte konnte er dem süssen Klang nicht entgegenwirken. Man liess ihn ohne Nachzufragen ein, schrubbte ihm die Füsse rosig und nahmen ihm die Kleider ab um sie durch ein weisses langes Hemd zu ersetzen, dass ihm bis zu den Knien reichte. Üblich war das wirklich nicht, ein Bad war den Mönchen und den Prüflingen vorbehalten, doch diese Ehre zeugte nur davon, welchen Wert ihre Freundschaft für die Mönche hatte. Natürlich, sie war mehr als ungewöhnlich, ihre Beziehung, doch da sie selbst die Wahrheit nicht lange zerstören konnte, sahen sie wohl einen Lichtblick in der Zukunft. Nachdenklich liess er sich in das dampfende Wasser am seine Seite sinken. Die langen Wimpern warfen Schatten auf die von der Hitze geröteten Wangen ehe sie aufgeschlagen wurden und das tiefe Blau freigaben, das in seiner Familie so charakteristisch war und der sinnliche Mund bog sich zu einem liebevollen Lächeln. „Yaron“, flüsterte er, der Intimität seiner Begrüssung deutlich bewusst und strich ihm sanft wie eine Berührung von Schmetterlingsflügeln mit über die Wange, Sie hatten einander in einer erbärmlich kalten Winternacht einst offenbart, wer sie ausserhalb der Klostermauern waren, der Schock darüber hatte sie ganze drei Monate voneinander fern gehalten, ehe sie den Mut fanden, aufeinander zuzugehen und die alte Feindschaft zu begraben die zwischen ihnen herrschte. Yaron, der keinen Namen tragen durfte, umfasste das für einen Krieger zierliche Handgelenk und drehte es fürsorglich zwischen seinen Händen, „Es war ein unfairer Zug von Bruder Arenz, dir den Bambusstab aufzubürden. Ich habe befürchtet, dass du dir deine Handgelenke brechen würdest“, teilte er seine Sorge leise mit, obwohl sie vermutlich nicht belauscht wurden. „Es war einfacher als ich dachte, doch meine Arme erscheinen mir so schwer wie es der Stab war und ich bin völlig erschöpft“, erklärte er frei heraus, denn vor Yaron brauchte er keine Maske zu tragen. „Einfach, ja?“, brummte er verstimmt, denn er hatte die dritte Prüfung nur knapp bestanden und war froh darüber, nur bis zu vierten Stufe bleiben zu müssen. „Man könnte meinen, dass dich mein Bestehen unglücklich macht“, wechselte er geschickt das Thema, auch wenn es ein noch heikleres und düsteres war und liess sich bis zum Kinn in das Wasser sinken. „Das ist ja auch wahr. Sobald du diese Stätte verlässt, werden wir Feinde sein“, flüsterte Yaron und sein Unmut war deutlich zu hören. Er streckte die Hände nach ihm aus und Ro liess sich bereitwillig in seine Umarmung ziehen. „Du wirst nie mein Feind sein Yaron, aber dein König und deine Armeen die gegen meine kämpfen um ein Blutbad anzurichten, den Boden zu verwüsten und den Hass zu schüren, werde ich immer verachten“, meinte er nur und liess sich vertrauensvoll gegen die warme Brust sinken, die zuckte obschon der kalten Haare. „Und dennoch würdest du mich ohne zu zögern töten, falls wir eines Tages gegeneinander kämpfen“, widersprach er der süssen Versprechung. Aufgebracht klirrten die Glöckchen unschön als er den Kopf wandte um zu ihm aufzusehen. „Ich werde das zu verhindern wissen! Nie würde ich meine Waffe heben, um dich zu verletzen, das solltest du doch wissen, du närrischer maurenziner Prinz“, fauchte er ihm entgegen und entlockte Yaron ein mattes Lächeln „Ja, ich weiss, aufgebrachter Wirbelwind, Lichttänzer, Lilie. Aber das ändert nichts.“ Die Worte waren nur ein Flüstern, das in einer Welle der Leidenschaft unterging und die Sinne davon ablenkte, dass die Mönche die sie lehrten, nach einem Weg suchten, den Krieg zwischen den Königreichen Maurent und Karayan zu beenden der seit zwölf Generationen andauerte und nicht enden zu wollen schien. Dass diese beiden Kinder einander so zugetan waren, konnte nur ein Zeichen des Schicksals sein, dass die Zeit reif war, die Waffen in den Hallen zu pflegen statt sie mit Blut zu besudeln. Es war den Prinzen schmerzlich bewusst, dass sie sich wohl nie wiedersehen würden, sobald einer von ihnen diese Oase verlassen musste. Die junge, törichte Liebe konnte nicht unter dem schmetternden Hammerschlag bestehen, zu tief verwurzelt war der Hass. Das Schlimmste was geschehen konnte, war, dass man die Gefühle ausnutzte um einen Vorteil zu erhaschen, denn sie könnten es ertragen, einander im Kampf als Feinde zu begegnen, ganz gleich was sie einander schworen, denn dazu hatte man sie geboren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)