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Tanz des Schmetterlings

um die kleine weisse Lilie
von

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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Bestimmung ohne Hoffnung
 

Geschmeidige Bewegungen und die atemberaubende Sinnlichkeit dieser Darbietung versetzten die Zuschauer in einen Zustand, der einer Hypnose gleich kam. Die Genialität und die aufwendige Führung des langen Bambusstabes, der eigentlich viel zu schwer für die schmalen Handgelenke war, liessen erkennen wie viele Tage er in diese Prüfung investiert haben mochte. Die feinen Silberglöckchen, die man in die nachtschwarzen Haare geflochten hatte um ihn zu strafen, wurden genutzt um alles noch musikalisch zu untermalen und die kleine Arena, bis zum Rand mit Regenwasser gefüllt, sodass der Junge bis zu den Knöcheln im eisigen Wasser stand, erwies sich weniger als eine Schikane, sondern schien seine kreative Ader zu wecken, wie es selten etwas vermochte. Die aufgewirbelten Wassertropfen spiegelten sich in der rotgoldenen Morgensonne, als er den Stab über sich hievte und so einen Regen aus Licht auf sich niedergehen liess ehe er in einer sehr abstrakten und bestimmt scherzhaften Position verharrte, bis einer der Mönche den goldenen Gong schlug um die Prüfung zu beenden. Der Junge drehte sich wieder und gab den Stab den Prüfern zurück, er schien sichtlich erleichtert, das Gewicht los geworden zu sein und auch die Nervosität welche ihn den Schlaf gekostet hatte schien verflogen zu sein. Man reichte ihm einen Umhang den er sich um den nackten Oberkörper schlang und den Schülern ein strahlendes Lächeln zuwarf, die, teils an ihren Nägeln kauend, auf das Ergebnis warteten. Die fünf Mönche schienen nicht einig, doch das waren sie anbetracht dieses einen Schülers auch noch nie gewesen, daher kein Grund für ihn, sich zusätzlich zu sorgen. Die jüngeren Schüler tuschelten hinter vorgehaltener Hand, die ehrfürchtige Bewunderung und die doch herrschende Sorge ob der hohen Messlatte die sie erwarten würde, liessen die Aussagen feindselig werden, auch ein bereits bekanntes Problem.

„Ro en Draen hat die Prüfung gemeistert und sich so das Recht verdient, sich Krieger zu nennen und das Kloster zu verlassen, es sei denn, er wolle die höheren Pfade beschreiten und nach Erleuchtung suchen“, verkündete der Meister des Wachens und Ro blickte ihm völlig aus der Bahn geworfen an, ein Gesichtsausdruck, den sich bisher nur eine Hand voll Schüler zu Gemüte führen konnten. Die Menge brach in Jubel aus, doch der gefeierte wurde sanft zurück in den Tempel geschoben, vermutlich würde man ihm ein heisses Bad gönnen. Der leicht verzweifelte Blick, den er zurück warf, wurde nur von einer Person wahrgenommen, der gerade im Begriff gewesen war, alle Regeln zu brechen um zu ihm zu eilen, doch für alle Worte war später noch genug Zeit. Jemand klopfte ihm auf die Schulter und die wohl bekannten braunen Locken kitzelten seine Wange.

„Er wird gehen, nicht wahr?“, fragte er, namenlos wie es viele hier waren. Die dunklen Augen schimmerten unter Tränen während der Angesprochene Stumm nickte.

„Wie still es sein wird, ohne die Silberglöckchen und sein helles Lachen dass durch die Gänge hallt. Ob er in seiner Heimat herzlich Empfangen wird? Er hat doch nie Briefe erhalten“, mutmasste er weiter.

„Ja, die Stille wird wohl lange unerträglich sein“, antwortete er schlicht und schob die Hand mit einem Lächeln fort um Ro persönlich zu gratulieren. Die steilen Stufen, insgesamt waren es weit über fünfhundert, erklomm er inzwischen ohne Pausen und dennoch war er ausser Atem als er oben die Platte erreichte. Er erinnerte sich noch gut an seine Ankunft vor zwei Jahren, als er die Blasen an seinen Füssen verfluchte und sich wie jener verzogener Bengel benommen hatte, zu dem ihn seine Mutter erzogen hatte. Seine innige Freundschaft mit Ro, der damals noch keinen Namen trug, begann bereits zu jenem Zeitpunkt, als er die Hallen erstmals betrat und Zeuge einer Strafe wurde, deren Narben heute fein und silbern den schmalen Rücken zierten und ihn nicht entstellten, sondern daran erinnerten, dass Äusserlichkeiten den Charakter verhüllen konnten. Die Glöckchen erhielt er noch bevor man die leuchtenden Striemen verbunden hatte. Er trug sie heute mit dem Stolz eines Tigers, denn er hatte gelernt, sie völlig zu beherrschen. Nur wenn der Wind an seinen Haaren zerrte konnte er dem süssen Klang nicht entgegenwirken.

Man liess ihn ohne Nachzufragen ein, schrubbte ihm die Füsse rosig und nahmen ihm die Kleider ab um sie durch ein weisses langes Hemd zu ersetzen, dass ihm bis zu den Knien reichte. Üblich war das wirklich nicht, ein Bad war den Mönchen und den Prüflingen vorbehalten, doch diese Ehre zeugte nur davon, welchen Wert ihre Freundschaft für die Mönche hatte. Natürlich, sie war mehr als ungewöhnlich, ihre Beziehung, doch da sie selbst die Wahrheit nicht lange zerstören konnte, sahen sie wohl einen Lichtblick in der Zukunft. Nachdenklich liess er sich in das dampfende Wasser am seine Seite sinken. Die langen Wimpern warfen Schatten auf die von der Hitze geröteten Wangen ehe sie aufgeschlagen wurden und das tiefe Blau freigaben, das in seiner Familie so charakteristisch war und der sinnliche Mund bog sich zu einem liebevollen Lächeln.

„Yaron“, flüsterte er, der Intimität seiner Begrüssung deutlich bewusst und strich ihm sanft wie eine Berührung von Schmetterlingsflügeln mit über die Wange, Sie hatten einander in einer erbärmlich kalten Winternacht einst offenbart, wer sie ausserhalb der Klostermauern waren, der Schock darüber hatte sie ganze drei Monate voneinander fern gehalten, ehe sie den Mut fanden, aufeinander zuzugehen und die alte Feindschaft zu begraben die zwischen ihnen herrschte.

Yaron, der keinen Namen tragen durfte, umfasste das für einen Krieger zierliche Handgelenk und drehte es fürsorglich zwischen seinen Händen,

„Es war ein unfairer Zug von Bruder Arenz, dir den Bambusstab aufzubürden. Ich habe befürchtet, dass du dir deine Handgelenke brechen würdest“, teilte er seine Sorge leise mit, obwohl sie vermutlich nicht belauscht wurden.

„Es war einfacher als ich dachte, doch meine Arme erscheinen mir so schwer wie es der Stab war und ich bin völlig erschöpft“, erklärte er frei heraus, denn vor Yaron brauchte er keine Maske zu tragen.

„Einfach, ja?“, brummte er verstimmt, denn er hatte die dritte Prüfung nur knapp bestanden und war froh darüber, nur bis zu vierten Stufe bleiben zu müssen.

„Man könnte meinen, dass dich mein Bestehen unglücklich macht“, wechselte er geschickt das Thema, auch wenn es ein noch heikleres und düsteres war und liess sich bis zum Kinn in das Wasser sinken.

„Das ist ja auch wahr. Sobald du diese Stätte verlässt, werden wir Feinde sein“, flüsterte Yaron und sein Unmut war deutlich zu hören. Er streckte die Hände nach ihm aus und Ro liess sich bereitwillig in seine Umarmung ziehen.

„Du wirst nie mein Feind sein Yaron, aber dein König und deine Armeen die gegen meine kämpfen um ein Blutbad anzurichten, den Boden zu verwüsten und den Hass zu schüren, werde ich immer verachten“, meinte er nur und liess sich vertrauensvoll gegen die warme Brust sinken, die zuckte obschon der kalten Haare.

„Und dennoch würdest du mich ohne zu zögern töten, falls wir eines Tages gegeneinander kämpfen“, widersprach er der süssen Versprechung. Aufgebracht klirrten die Glöckchen unschön als er den Kopf wandte um zu ihm aufzusehen.

„Ich werde das zu verhindern wissen! Nie würde ich meine Waffe heben, um dich zu verletzen, das solltest du doch wissen, du närrischer maurenziner Prinz“, fauchte er ihm entgegen und entlockte Yaron ein mattes Lächeln

„Ja, ich weiss, aufgebrachter Wirbelwind, Lichttänzer, Lilie. Aber das ändert nichts.“ Die Worte waren nur ein Flüstern, das in einer Welle der Leidenschaft unterging und die Sinne davon ablenkte, dass die Mönche die sie lehrten, nach einem Weg suchten, den Krieg zwischen den Königreichen Maurent und Karayan zu beenden der seit zwölf Generationen andauerte und nicht enden zu wollen schien. Dass diese beiden Kinder einander so zugetan waren, konnte nur ein Zeichen des Schicksals sein, dass die Zeit reif war, die Waffen in den Hallen zu pflegen statt sie mit Blut zu besudeln. Es war den Prinzen schmerzlich bewusst, dass sie sich wohl nie wiedersehen würden, sobald einer von ihnen diese Oase verlassen musste. Die junge, törichte Liebe konnte nicht unter dem schmetternden Hammerschlag bestehen, zu tief verwurzelt war der Hass. Das Schlimmste was geschehen konnte, war, dass man die Gefühle ausnutzte um einen Vorteil zu erhaschen, denn sie könnten es ertragen, einander im Kampf als Feinde zu begegnen, ganz gleich was sie einander schworen, denn dazu hatte man sie geboren.

Rote Rose

Rote Rose

Sinnlose Liebe
 

Blutig und wund krallten sich die Finger an die Felskante, den einzigen Halt der ihnen geboten wurde. Jeden weiteren Schritt verfluchend tastete er sich weiter vor, der schmale Boden unter seinen Füssen bröckelte in die Tiefe hinab. Ein Blick nach links zeigte ihm, dass er die Klippe bald hinter sich gebracht hatte, dennoch war er davon überzeugt, sich nicht so lange halten zu können. Diese Gratwanderung hatte er auferlegt bekommen, damit er die vierte Prüfung bestehen konnte. Seine Stimmung war getrübt, denn noch vor der Abenddämmerung würde sein Liebster in sein Reich zurück kehren und ihn hier zurück lassen. Dass er hier mitten in den Bergen seine Prüfung ablegte statt ihn zu verabschieden nagte schwer an ihm, doch ändern konnte er es nicht. Mit stählerner Entschlossenheit kämpfte er sich weiter voran und zog sich mühevoll hinauf als er die Ebene erreichte. Erst blieb er eine Weile liegen und begutachtete seine Finger. Der einzige Trost war, dass er einst die gleiche Aufgabe erfüllen musste, auch wenn sie in einer Bestrafung endete. Die schmale Wölbung an die er sich geklammert hatte, bot damals dem kleinen Körper genug Platz, um sich auf sicherem Weg hindurchzuschlängeln. Obwohl man die Prüfung als bestanden ansah, büsste er diese unangebrachte Abkürzung mit dreizehn Peitschenhieben und den sieben Silberglöckchen. Yaron war schockiert gewesen von so viel Brutalität, man hatte ihn in einem goldenen Käfig aufgezogen, ihn unvorbereitet in die Welt gestossen und die Türen hinter ihm geschlossen. Seine beiden Brüder, die dazu bestimmt waren zu herrschen und den Krieg zu führen, wurden eines Nachts hinterhältig ermordet. Sein Überleben verdankte er der Tatsache, dass seine Existenz den Karayanern nicht bekannt gewesen war. Eigentlich war er bereits zu alt um hier zu lernen, würde er den Weg zu Ende gehen, indem er alle sieben Prüfungen meisterte wie es sein Liebster tat, würde er noch mindestens fünf Jahre rechnen müssen. Er erhob sich auf unsicheren Beinen und erklomm die vergleichsweise kleine Treppe hinauf zu dem weissen Schrein. In diesem Teil des Landes blühten nur gewöhnliche Blumen, wie in jedem anderen Land auch, doch die strahlende Blumenwiese vor ihm bestätigte das Gegenteil. Die weissen Blüten wiegten sich leicht im Wind und er schritt die Treppe hinab um eine der Lilien zu brechen, denn so wurde es ihm aufgetragen. Er betrachtete sie eingehend und genoss ihren weichen Duft, den sie verströmte. Einem weiteren Windstoss folgend erklang das helle Klangspiel, das ihm vertrauter schien als die Stimme seiner geliebten Mutter. Er wandte den Kopf und erspähte auf dem Bogen des Säulenganges seinen Liebsten.

„Du bist ziemlich langsam, ich warte schon seit Stunden“, beklagte er sich, lächelte verlegen, denn es war nicht seine Absicht gewesen, sich so schnell zu verraten. Die langen Spagate die traditionell um seine Arme geschlungen waren und das weisse Band, das seine Lippen verbarg, enthüllten nun seine Abstammung. Geschmeidig, wie man es von einem Karayaner erwarten durfte, glitt er elegant herab und hatte es nicht nötig, sich richtig abzufedern.

„Wirrer Kopf, du solltest nicht hier sein“, schalt er den Jungen, doch eigentlich war er glücklich wie selten zuvor. Die Distanz überwand er mit grossen Schritten und schloss den für einen Jungen ungewöhnlich zierlichen Körper in seine Arme.

„Sicher? Dann gehe ich eben wieder“, murrte er und wand sich spielerisch in Yarons Armen. nur um sich näher an ihn zu schmiegen. Ihre Blicke trafen sich und Yaron hob die Hand an seinen Nacken und löste den Knoten des Bandes, das vom Wind erfasst und ein paar Schritte fort getragen wurde. Die beiden hatten jedoch keine Augen dafür, verführten sich förmlich mit ihren Blicken und schliesslich zog er Ro zu sich heran und liebkoste die kühlen Lippen die sich ihm seufzend entgegen drängten. Er schien wirklich schon seit geraumer Zeit auf ihn gewartet zu haben und Yaron bereute schon beinahe, so viele Pausen eingelegt und ihre verbleibende Zeit dadurch verkürzt zu haben. Während sie in das weiche, hohe Gras sanken löste er die Schnüre des Hemdes und zog es ihm von den Schultern

Ungezügelt und leidenschaftlich gaben sie sich das, was sie brauchten um den Schmerz zu verdrängen, der sie beide beherrschte, wie sie es sonst nur in völliger Abgeschiedenheit tun konnten, und selbst dann nur hastig und verhalten, der Schande bewusst, sollte jemand davon erfahren, dass sie enger aneinander gebunden waren als es sich gehörte.

Auch als sich die hellen Sonnenstrahlen allmählich golden färbten lagen sie noch in dem weichen Gras inmitten der weissen Schwertlilien, die Arme um den anderen gelegt und die Augen entspannt geschlossen. Erst die dumpfen Glockenschläge vermochten sie aus ihrer Zweisamkeit zu reissen und Ro war schneller auf den Beinen als sich Yaron bewusst wurde, dass die Leibgarde aus Karayan wohl gerade im Begriff war, prunkvoll in das Kloster einzumarschieren.

„Ich muss gehen“, flüsterte er, die Stimme gebrochen aufgrund der Tränen, die auf seinen Wangen wie goldene Perlen schimmerten. Er wandte sich ab, sah hinüber zu dem Sonnenuntergang und zu den blitzenden Dächern des Klosters, das er heute zum letzten Mal betreten würde. Yaron rappelte sich auf und schlang die Arme um die schmalen Schultern und strich mit seiner Nase kurz an seiner Ohrmuschel entlang. Inzwischen waren sie beinahe gleich gross, noch vor zwei Jahren war der Unterschied viel deutlicher zu sehen gewesen.

„Schön, nicht wahr? Sonst ist um diese Jahreszeit der Nebel zu dicht“, hauchte er ihm entgegen und drehte ihn zu sich, wischte die Tränen fort und zog erst das Hemd zurecht, ehe er es zuschnürte. Die weichen Leinenhemden trugen sie nur bei besonderen Anlässen und Festen, daher war es immer umständlich, die Bänder überkreuzt zu schnüren. Die herrschende Stille war angenehm und wehmütig zugleich. Als er die Hände sinken liess löste Ro eine der Silberglocken aus seinem Haar und hielt sie ihm in der offenen Hand entgegen.

„Damit du nie vergisst, was ich für dich empfinde, wenn du in deine Heimat zurückkehrst“, murmelte er und sah, erfüllt von Scham und Eifersucht, zu Boden um dem warmen Blick der braunen Augen nicht standhalten zu müssen.

„Arian, ich liebe dich, daran wird sich nie etwas ändern“, beteuerte Yaron, nahm die kleine Gabe an, die ursprünglich bestrafen sollte und nun als Liebespfand zwischen ihnen diente.

„Ich wäre ein Tor, wenn ich dir glauben schenken würde“, erwiderte er mit spitzer Zunge, doch das zufriedene Lächeln zeigte ihm, dass es genau diese Worte waren, die Arian hatte hören wollen.

„Wir werden uns vielleicht nie wieder sehen und du mögest mir vergeben, denn ich wünsche mir nichts sehnlicher“, gestand Yaron, strich mit den Lippen sanft über die kühle Wange als würde er versuchen, seinen Liebsten mit solchen Zärtlichkeiten zu bestechen.

„Ich muss jetzt gehen“, antwortete Arian und wich ihm so aus, die Augen schmerzlich getrübt. Wenn er denn eine Wahl hätte, wäre er geblieben, hätte den trügerischen Frieden angenommen und wäre wohl dem Pfad der Erleuchtung gefolgt.

„Ich weiss“, murmelte Yaron und schloss seinen Liebsten ein letztes Mal in seine Arme, sog den Duft seiner Haare ein, die nun an die Blüten erinnerten auf denen sie so lange lagen und schloss die brennenden Augen.

„Ich liebe dich, ich liebe dich Yaron“, flüsterte er und die wehmütigen Worte sollten noch lange auf dieser kleinen Idylle die Tränen in die Augen der Prüflinge treiben, die empfindsam genug waren, die Bitterkeit wahr zu nehmen.

Weisse Lilie

Weisse Lilie

Dem Untergang geweiht
 

Der schwarze Rauch verhüllte die Sonne und tauchte das Schlachtfeld in ein unwirkliches Licht. Der braune Wallach scheute zurück, das Feuer machte ihn nervös. Die Teergräben brannten schon seit Stunden und die Schreie jener, die hineingestossen wurden, hallten durch das kleine Tal. Unnachgiebig drängte er sein Pferd durch die Reihen der Gefangenen. Die Banner von Karayan hingen schlaff und in Fetzen gerissen von den Stangen herab. Sie bargen die Toten schon seit Stunden, das Leid der Verletzten, denen nicht mehr geholfen werden konnte, schien kein Ende nehmen zu wollen. Yarons Unruhe stieg, die Stille hielt viel zu lange an, kein Jubelschrei zerriss sie und schenkte ihm zumindest die Erlösung von der Ungewissheit. Auf die Köpfe der königlichen Familie Karayan war eine hohe Belohnung ausgesetzt, wer den König oder seinen Sohn lebend fing, den erwartete die Adelsehre.

Die Schlacht hatte Maurentien vor wenigen Stunden für sich entschieden und sollte man nun die königliche Linie zerschlagen, war auch der Krieg beendet. Der plötzliche Tumult weiter vorne liess ihn die Fersen in die Flanken des Pferdes drücken um es schneller voran zu treiben.

Sein persönlicher Albtraum hatte sich bewahrheitet und sein bester Freund, sein Geliebter, sein Feind, hing in den Armen zweier Soldaten, er schien das Bewusstsein verloren zu haben. Es wäre Yaron lieb gewesen, wenn sie ihn schon tot gefunden hätten, das hätte ihnen beiden weiteres Leid erspart und Arian die Folter, oder das was man am Hof über ihn zu richten hatte.

„Prinz, wir haben den Sohn des Mörderkönigs gefangen“, wurde ihm stolz von einem der Soldaten zugerufen, er konnte es ihnen nicht verübeln, konnte sie nicht dafür hassen ihn seiner Liebe zu berauben, ihn dazu zu drängen sie selbst abzulöschen. Es war ihm nie törichter vorgekommen Arian zu lieben als in diesem Moment und das Schwert das er zog erschien ihm zu schwer um es zu halten.

„Lasst mich aufrecht sterben“, sprach der junge Feind leise, doch es klang mehr wie ein Befehl denn einer Bitte. Es erschreckte Prinz Yaron, dass Arian sehr wohl wusste was ihm bevor stand und dass er keine andere Wahl hatte, sie hatten oft über diese Situation gesprochen und die blauen Augen sahen ihn ohne Furcht an, brannten sich für immer in sein Gedächtnis. Mit einer herrischen Geste deutete er den Soldaten ihn los zu lassen und Prinz Arian, wohl eher König Arian, denn sein Vater war bereits einem Pfeil erlegen, richtete sich auf und Yaron bewunderte seinen Feind, der noch immer ein liebliches Gesicht hatte, erwachsener zwar und schmaler, dennoch erinnerte er sich gerne an den Jungen, den er liebte. Er stieg vom Pferd und die Männer griffen nach Arians Armen um ihn daran zu hindern, sich zu wehren. Der Blick der ihm geschenkt wurde war bedeutsam, die stillen Worte eindeutig. Das zarte Band das sie verband drückte Vertrauen aus, Vertrauen darauf, dass es nicht weh tat, dass es schnell gehen würde, dass sie sich noch immer liebten.

Yaron fühlte sich seelenlos als der schmale Körper in der leichten Rüstung gegen ihn sank, er zuckte nicht einmal als er das hässliche Geräusch wahrnahm das entstand als er das Schwert zurück zog. Kurz schlang er den freien Arm um die Schultern, drückte das Gesicht in das schwarze Haar und nahm Abschied von seinem Geliebten.

„Verbrennt ihn mit seinem Volk“, wies er den Soldaten neben ihm an und er liess den Körper widerstrebend los, stieg wieder auf sein Pferd dessen Namen er nicht kannte und zog an den Zügeln, konnte nicht mit ansehen, wie er verbrannte und brauchte Ruhe, um den Schmerz zu fühlen und zu lernen, zu Ertragen.
 


 

Zwei Länder, im Krieg entzweit

Ein Zwist, geschmiedet für die Ewigkeit
 

Lang schon währte dunkler Krieg

In dem keiner erlangte den ersehnten Sieg
 

Die Könige, verblendet töricht und blind

Schicken in den Kampf jedes noch so kleine Kind
 

Doch Karayan sandte Mörder in das Feindesland

Um zu beenden das Lebenslicht der Prinzen durch blosse Hand
 

Der Jüngste, kaum alt genug zum stehn

Musste fortan an seiner Brüder statt in die Berge gehn.
 

Die Kuttenträger lehrten ihn was Vergeben hiess

Sperrte den Hass in seiner Seele Verliess
 

Zwei Feinde, die Gefühle entbrannt

Noch ehe sie sich als solche hatten erkannt
 

Schwarzer Schmetterling,

Bestimmung ohne Hoffnung

Verharrend der himmlischen Vergebung
 

Rote Rose

Vereint in sinnloser Liebe

Und müde all der Kriege
 

Innig bekannten sie sich der Liebe

Doch sie waren nicht ihrer eigenen Schicksals Schmiede
 

Ganz gleich was sie einander schworen,

Denn zu hassen, dazu hatte man sie geboren.
 

Weisse Lilie,

Dem Untergang geweiht



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