Esmes Geschichte von Lesemaus (CarlislexEsme) ================================================================================ Kapitel 16: Die erste Jagd -------------------------- So^^ Hier bin ich schon wieder mit einem neuen Kapitel von Esme und Carlisle und möchte mich herzlich für die ganzen schönen Reviews bedanken, ich finde es klasse, dass euch meine Geschichte so gut gefällt und sie weiterhin Anklang findet, obwohl ich ein bisschen unregelmäßig poste^^ Ich nehme weiterhin am Schreibwettbewerb teil und werde wohl in Zukunft in Abständen von ein oder zwei Wochen hochladen, damit ich noch rechtzeitig vor Ende der Frist fertig werde^^ So, dann will ich euch gar nicht mehr weiter aufhalten und wünsche euch viel Spaß beim Lesen, lasst euch nicht unterkriegen, habt Spaß, lebt euer Leben so wie ihr wollt und bleibt gesund^^ Liebe Grüße Lesemaus16 ************************************************************************* Die erste Jagd Ich döste, eine sehr lange Zeit sogar, aber wie immer bekam ich alles genau mit, was um mich herum geschah. Carlisle hatte mich auf die Couch gelegt, eine Decke über mich ausgebreitet, obwohl er wusste, dass es nicht nötig war und setzte sich mir gegenüber in den Sessel, indem er auch schon vorhin Platz genommen hatte. Ich wusste nicht, was er tat, vielleicht las er ein Buch oder so etwas in der Art, während ich neue Kraft schöpfte, aber ich spürte ab und an seinen Blick immer wieder auf mir ruhen, als wenn er befürchten würde, ich würde plötzlich verschwinden, was ich natürlich nicht tat. Er hatte gesagt er hätte eine Überraschung für mich, aber irgendwie glaubte ich instinktiv, dass mir diese Überraschung alles andere als gefallen würde. Hofften wir einfach mal, dass ich mich irrte, denn ich glaubte sehr überzeugt sogar, dass dieses Unbekannte etwas mit unseren Wesen zu tun hatte und da sich das meiste bei uns um Blut drehte, gab es nicht viele vernünftige Schlussfolgerungen, die man haben konnte, außerdem fing wieder dieses unerträgliche, alles zerreißende Brennen in meiner Kehle an, welches es mir irgendwann unmöglich machen würde zu widerstehen. Ich BRAUCHTE Blut, das war eine Tatsache, keine Vermutung. Nachdem ich mich einigermaßen wieder klar im Kopf fühlte, strampelte ich die Decke von mir, was mir die Aufmerksamkeit von Carlisle einbrachte, der mir einen neugierigen Blick zu warf, bevor er sich, wie hätte ich es auch anders vermuten können, erneut seinem Buch zu wendete und stand von der gemütlichen Couch auf, um in schnurrgerade in die Küche zu marschieren, zum Kühlschrank. Ich fand es schon immer komisch, dass wir das Blut, welches Vampire nun einmal trinken mussten, neben normalen Lebensmitteln im Kühlschrank aufbewahrten, trotzdem nahm ich mir eine Flasche heraus, goss mir ein Glas der dicken Flüssigkeit in eine Tasse, stellte sie in die Mikrowellte und stellte diese an. Das gleichmäßige Piepen war zu hören, während ich mich mit dem Rücken an die Theke lehnte mit gekreuzten Armen vor der Brust, um in Ruhe abzuwarten, bis mein „Essen“ fertig war. Noch immer kostete es mich mehr als nur Überwindung dieses Zeug zu trinken, aber meine Kehle brannte derart stark, dass ich am liebsten irgendetwas kurz und klein schlagen wollte und bevor dieses wirklich schöne Haus hier noch zu Schaden kam, würde ich mich meinem Schicksal fügen, außerdem würde Carlisle mir wieder den Hals umdrehen, wenn ich nicht genug Blut zu mir nahm. Ein lautes Schrillen ertönte, mit Widerstreben nahm ich die nun dampfende Tasse heraus und nippte probeweise daran. Angenehm überrascht, dass dieses Mal das Blut einigermaßen gut schmeckte, nahm ich einen tiefen Schluck, spürte förmlich das Blut meine Kehle hinunterlaufen, sich in meinem Körper ausbreitend, mir neue Kraft gebend, wie nebenbei ließ es meinen Hunger sinken etwas oder jemandes zu jagen, zu zerfleischen und mich selbst wie ein Tier zu benehmen, das aus Hunger tötete. Leise seufzend schloss ich die Augen, ließ mir den metallischen Geschmack auf der Zunge zergehen und genoss die neue Kraft, die meinen Körper durchströmte, als hätte ich einen Powerdrink eingeworfen, der nun meine Lebensgeister aufweckte. Ich genehmigte mir einen weiteren Schluck und verschluckte mich beinahe an dem Blut, als ich spürte, wie sich mein Kiefer merkwürdig verhärtete, die Tasse knacksende Geräusche von sich gab, bis sie plötzlich in meinen Händen nachgab, zersprang, als hätte ich sie auf den Boden fallen ließen, nicht in meiner Hand zerquetscht! Blut spritzte, verteilte sich auf meinem weißen Sommerkleid, dem Boden, bildete eine Blutlache, als wäre jemand direkt vor mir abgestochen worden. Innerlich verdrehte ich die Augen: der Tag wurde immer besser. Das dumpfe Zuklappen eines Buchdeckels war die einzige Vorwarnung und er laute Satz: „Esme, ist alles in Ordnung?“, dann stand Carlisle auch schon direkt neben mir in der Küche, als hätte er dort schon Stunden zuvor verbracht, nicht als wäre er eben in dem Bruchteil einer Sekunde hier zu mir gestoßen. Ich musste aber auch ein makaberes Bild abgeben, als er mich mit hochgezogenen Augenbrauen musterte, wie ich noch immer mit den Händen in der Luft erstarrt war, wo ich zuvor noch die Tasse gehalten hatte. Ein erleichterter Laut verließ seine Lippen. Hallo? Sah ich so aus, als würde ich mir bei jeder Kleinigkeit gleich den Hals brechen? Nach seiner Meinung anscheinend schon, was doch schon ziemlich deprimierend war, zumindest für mich. „Tu nicht so, als würde ich mir bei jeder Kleinigkeit den Hals brechen, nur weil du mal nicht in der Nähe bist, um mich zu bemuttern!“, zischte ich ihn wütend an, während ich mir einen feuchten Lappen von der Spüle griff, um wenigstens ein klein wenig von dem schönen weißen Kleid zu retten, aber im Endeffekt verteilte ich das Blut nur noch schmieriger und großflächiger über das Kleidungsstück. Bestimmend wurde mein Handgelenk mit dem Lappen in einem festen, unnachgiebigen Griff gepackt, von meinem Kleid weggedrückt, was mich leicht verwirrt aufblicken ließ, direkt in die karamellfarbenen Augen von Carlisle. Man sah es zwar nicht, aber der Farbton der Augen hatte sich leicht verdunkelt, ob es nun allerdings von dem verschütteten Blut herrührte oder von etwas anderem, was ich noch nicht zu greifen vermochte, wusste ich nicht. „Ist…ist irgendetwas?“, fragte ich stotternd, mir meiner eigenen Stimme nicht mehr so sicher, da ich unter diesem eindringlichen Blick kaum ein Wort rausbringen konnte. Wenn Carlisle es nicht selbst wusste, musste ich ihm unbedingt mal erklären, wie dominant er mit diesem nichts zu deutenden Blick ausschaute, es war beinahe gruselig. Langsam hob er seine noch freie Hand, näherte sich meinem Gesicht, bis er beinahe mit seinen Fingerspitzen mein Kinn berührte, dann strich er mir zärtlich über die Wange, wischte dabei wie nebensächlich ein paar kleinere Blutspritzer von eben dieser, die durch die zerspringende Tasse dort gelandet waren. Dann beugte er sich plötzlich vor und leckte mir unerwartet einen Tropfen gesammelten Blutes aus dem Mundwinkel, sog dabei meinen Geruch auf, als würde er ihn zum Leben brauchen, rückte mir dabei automatisch näher, sodass sich unsere Körper leicht berührten, Kleidung an Kleidung. Nebensächlichkeiten, wie z.B., dass sich die spitze Kante der Arbeitsplatte der Küche in meinen Rücken bohrte, nahm ich gar nicht wahr. Es schien als wäre die Zeit in diesem Moment stehen geblieben, wenigstens dieses eine Mal schien sie auf meiner Seite zu sein, denn so ungern ich es auch zugab, gerade jetzt wollte ich von diesem Mann am wenigsten weg, schien ich ihn doch das erste Mal als dieses zu sehen und meine eigenen Gefühle zuzulassen. Ich empfand gegenüber ihm keinen Hass mehr, aber Liebe war es auch nicht, vielleicht konnte man es in die Sympathie eines Menschen einordnen oder so etwas in der Art, aber mehr wollte ich mir einfach noch nicht eingestehen, dafür war es noch zu früh! Mein Herz hätte aufgeregt wie ein kleiner Kolibri geflattert, hätte es noch geschlagen. Der einzige Mann, der mir jemals so nahe gekommen war, war Parker gewesen und der hatte mir niemals etwas Gutes getan, doch dieser Mann hier war anders, völlig anders. Er war liebevoll, hilfsbereit, herzlich, intelligent, gebildet, höflich, manierlich, aber auch dominant, stark, willensstark. Um ehrlich zu sein gefiel mir dieser Mann von Sekunde zu Sekunde mehr, auch wenn ich zugeben musste, dass das Schicksal die seltsamsten Wege ging, um mir diese Tatsache vor Augen zu führen, deren Ausmaß ich mir noch nicht ganz vor Augen geführt hatte. Jetzt sah ich diesen Mann vor mir, der mein Leben für immer verändert hatte, mit diesem beinahe raubtierhaften Ausdruck in den Seelenspiegeln, sein Atem über meine Wangenknochen streichend, die Lippen nahe an meinen und ich wünschte mir einfach nur, dass er seinem innerlichen Schweinehund endlich einmal nachgeben würde und mich küsste. Mehr als einmal hatte er schon die Gelegenheit dazu, aber er hatte sie nie wirklich genutzt, nur im Notfall und ich war ehrlich gesagt zu schüchtern, um bei ihm den ersten Schritt zu machen, zu frisch waren noch einige tief greifende Erinnerungen an mein vergangenes Leben, welche nicht weichen wollten und mir das Leben zur Hölle machte, von den anfänglichen Problemen und vielseitigen Handicaps eines Vampires ganz zu schweigen. Wenn ich weiterhin so viel über mein Leben nachdachte, würde mir irgendwann das Gehirn mit Sicherheit wegschmelzen und aus den Ohren raus sickern! Die Spannungen zwischen uns waren wie sprühende Funken, kaum auszuhalten. Sie schienen förmlich auf unsere Körper überzugehen, ich spürte ein heftiges Kribbeln in meiner Magengegend, welches einfach nicht weichen wollte. Ich fühlte schon meine Knie weich werden unter seinem Blick, seinen Berührungen, die auf meiner Haut zu brennen schienen, mich versenkten und sich in meinem gesamten Körper wellenartig ergossen. Eine kräftige Hand vergrub sich in meinen langen roten Haaren, fixierte meinen Kopf, dass ich ihn nicht mehr von der Stelle bewegen konnte, wenn ich nicht Schmerzen dabei haben wollte. Noch immer strich der nun abgehackte Atem von Carlisle über mein Gesicht, ich sah deutlich in seinen Seelenspiegeln das Verlangen nach mir, die sich mehr und mehr zu verdunkeln schienen, aber auch den Kampf in ihm, den er mit sich selbst ausfechten musste, da hatte ich nicht mit zu bestimmen, ich hatte meine Wahl getroffen, ich würde mich nicht weiter wehren, wenn er jetzt weiter machen würde. Dann endlich beugte er sich zu mir rüber, legte sanft wie bei einem Schmetterling seine Lippen auf meine, dass sie sich kaum berührten. Flatterhaft schlossen sich meine Augen, ich versuchte mich nur auf das Jetzt und Hier zu konzentrieren, seinen Geschmack zu schmecken, seinen Duft zu riechen, seine Haut zu spüren, seine Gefühle zu fühlen und der Versuchung zu widerstehen, es weiter kommen zu lassen, als ich wahrscheinlich dazu bereit gewesen wäre. Zögerlich, beinahe vorsichtig, erwiderte ich den Druck seiner Lippen auf meinen. Seine Lippen waren schmal, fein geschwungen, aber trotzdem verführerisch, wie sie sich auf meine pressten, dass ich gar nicht anders konnte als gegen ihn zu schmelzen, wie Butter in der Sonne. Ich hatte das Feuer kennengelernt, genossen und fragte mich nun, wann ich mich an diesem verbrennen würde. Morgen, übermorgen oder vielleicht doch gleich? Ich hatte ihm all die Zeit widerstanden seit ich ihn kennengelernt hatte, attraktiv war er ohne weiteres und bestimmt hätten andere Frauen auch Probleme gehabt, sich gegen diese Anziehungskraft zu wehren, die ihm inne zu wohnen schien. Seine Hand, die noch immer meine umklammerte, lockerte sich, ging auf Wanderschaft, strich zart über die Haut an meinem Arm hoch, ehe sie zu meiner Taille überging, sich um meine Hüfte legte, somit mein Becken mit ein wenig Druck nahe an seines presste. Bei der Berührung fuhr ein Blitz durch meinen Unterleib, fühlte sich wie eine geballte Faust an, die immer heißer und heißer wurde. Ungewollt entwich mir ein Seufzer, was Carlisle wohl als Bestätigung nahm weiter machen zu dürfen. Er wurde herrischer, verlangender in dem Kuss, benutzte seine Zunge um meine Lippen zu teilen, in meine Mundhöhle zu gleiten, als würde er eine Höhle erforschen, fuhr Zahnreihen nach, bis er gegen meine eigene Zunge stupste, um sie zum Mitmachen zu animieren, was mich jedoch erschreckte und mich wieder zu meinem klaren Verstand brachte. Was war ich hier eigentlich gerade im Begriff zu tun? Hatte ich mich so selbstvergessen in diesem Mann verguckt, dass ich ihn einfach machen ließ, wonach es ihm gerade gelüstete? Auf keinen Fall! Ruckartig löste ich mich von ihm, indem ich Carlisle vor die Brust stieß, was durch meine neu gewonnenen Kräfte durch das wenige Blut bezweckte, dass er ein paar Schritte zurückstrudelte, sich wie ich an der Arbeitsplatte abfing, um nicht wenig elegant auf dem Fliesenboden zu landen. Ich konnte nichts anderes als ihn geschockt anzusehen, sowohl über ihn, als auch über mich selbst. Fahrig fuhr ich mir durch die durcheinander gewordenen Haare, fuhr mir über die Lippen, um dieses Gefühl der Geborgenheit und Wärme wegzuwischen, zu vergessen, da es doch niemals real sein würde! Vergessen war der Lappen, den ich ihm Eifer des Gefechts auf dem Boden fallen gelassen hatte, nur tat mir der traurige, beinahe verletzte Blick von Carlisle Leid, der mich genau beobachtete, nebenbei seine leicht verrutschte Kleidung richtete. Ich wollte etwas sagen, irgendetwas erzählen, aber meine Zunge schien mir in meinem trockenen Mund am Gaumen festgeklebt worden zu sein, selbst das Schlucken brachte da nichts. Wir zuckten beide instinktiv zusammen und fuhren mit dem Kopf zum Flur Wohnzimmer herum, als das Telefon klingelte, welches ruhig und selig in seiner Telefonstation auf dem Wohnzimmertisch stand, als wäre alles normal. Aber es war nichts normal, absolut gar nichts mehr in diesem Haus, mit uns selbst, mit allem! Einen gehetzten Blick zu Carlisle werfend, schon zischte ich mit vampirischer Geschwindigkeit aus der Küche, packte den kabellosen Telefonhörer im Vorbeirennen und preschte aus der Terrassentür in den kleinen Garten mit der Poolanlage und dem Meer direkt vor der Haustür. Carlisle ließ ich hinter mir zurück. Es war mir egal wer am Telefon war, nur hoffte ich, dass es jemand war, der auch mit mir sprechen wollte. „Hallo?“, fragte ich mit zittriger Stimme in die Sprechmuschel, die Arme fest um meinen Leib geschlungen, da es so war, als würde ich nichts mehr an meinem Körper spüren, als hätte ich meine Seele, mein Innenleben bei ihm gelassen, bei Carlisle! Ich fühlte mich leer, wie tot, genauso als ich damals in Carlisles Armen gestorben war, als er mich aus dem Krankenhaus entführt hatte und ich würde verdammt sein, müsste ich diese Leere noch einmal durchmachen und das nur wegen eines Mannes! Ich war doch sonst nicht so abhängig von jemandem, wieso konnte ich diese Fassade jetzt nicht mehr aufrecht erhalten?, fragte ich mich innerlich, tausende Gedanken schwirrten in meinem Kopf, dass ich das Telefon beinahe vergessen hätte, hätte nicht die Person, die gerade anrief, hartnäckig, beinahe panisch durch den Hörer geschrien. „Esme..? Esme…? Alles in Ordnung bei euch? Hallo? Warum antwortet mir denn niemand? Sag endlich etwas!“, fauchte eine besorgte, aufgebrachte Stimme herrisch ins Telefon und kreischte mir dabei so laut ins Ohr, dass ich für einen Moment versucht war, den Hörer weit von mir wegzuschleudern, bis ich erkannte, wer da gerade gesprochen hatte. „Lizzie?“, fragte ich erstaunt, klang für Außenstehende so ungläubig, dass ich einen wütenden Schnauber vom anderen Ende der Leitung bekam. „Na wer glaubst du denn, würde euch sonst anrufen? Außer uns weiß schließlich niemand, dass ihr auf und davon seid, außerdem hab ich doch gesagt, ich mache Kontrollanrufe!“, entrüstete sie sich, was mich innerlichkichern ließ, da Carlisle und ich für Kontrollanrufe doch eigentlich schon etwas zu alt waren. Nachdem sie sich zu Ende aufgeregt hatte, vor mir die große Schwester zu spielen, fingen wir ein normales Gespräch an, während ich meinen Blick über das Meer wandern ließ, welches sich still, ruhig verhielt, als könnte es kein Wässerchen trüben, obwohl jeder wusste, dass genau das nicht der Fall war. Wasser konnte auf vielerlei Arten tödlich sein und ich war dankbar, dass ich bisher noch keine davon am eigenen Leib verspüren musste. Die Sonne senkte sich gen Abend, warf rote Schatten über den Ozean, bis sie unterging und dabei so aussah, als würde sie das Meer verschlucken, bis nichts mehr von ihr übrig blieb. „Wie geht es euch beiden denn? Benimmt Carlisle sich?“, fragte sie neugierig, riss mich dabei aus den Gedanken des Sonnenunterganges und so gut es ging, versuchte ich mir nicht anmerken zu lassen, wie ich momentan wirklich empfand. „Ja…es ist alles ganz toll hier.“, sprach ich zögernd, verdrängte dabei meine Gedanken über das eben geschehene in der Küche. Inständig hoffte ich, dass Carlisle mich mit dem Telefonat in Ruhe lassen würde, ich wollte mit Lizzie alleine sprechen, ohne einen zweiten Zuhörer in der Nähe zu haben. Angespannt schaute ich immer wieder über meine Schulter, die innerliche Unruhe war mir mehr als nur deutlich im Gesicht abzulesen, dass hätte bestimmt selbst ein Blinder mit´nem Krückstock gesehen! „Oh nein….Erzähl mir alles!“, forderte Elisabeth mich seufzend aus. Ich war wirklich eine miese Schauspielerin. „Das ist doch völlig egal!“, entfuhr es mir unwirsch, wenn das so weiterging und ich dauernd mit meinen Fingern durch meine wilde Mähne fuhr, hatte ich eben bald diese nicht mehr und würde als haarloses Monster rumlaufen. „Carlisle ist drinnen und ich habe wirklich keine Lust, gar keine, darüber zu sprechen!“, setzte ich sofort hinterher, als meine Schwester schon zu einem „aber“ ansetzen wollte. Ich kannte sie und sie mich, wir konnten uns gegenseitig nichts vormachen. „Was ist denn schief gegangen?“, fragte sie bekümmert, anscheinend hatte sie auf ein anderes Ergebnis gehofft, wenn wir zwei aus dem Urlaub oder was auch immer das ganze hier sein sollte, zurück kamen. „Ich hab Mist gebaut.“, entfuhr es mir kläglich, lauschte dann jedoch aufmerksam in den Hörer, da auf einmal nichts von der anderen Seite zu hören war, bis sich ein lauter Lacher aus der Kehle meiner Schwester löste. Und das schlimmste war: sie wollte gar nicht mehr aufhören zu lachen! Mir kam es wie eine gefühlte Ewigkeit vor, als sie endlich wieder einigermaßen aufnahmefähig war, ohne nach Luft zu japsen. Es hätte wirklich nur noch der Anblick gefehlt, wie sie sich giegelnd auf den Boden vor Lachen gewälzt hätte, um mich endgültig auf die Palme zu bringen, denn es pochte bereits eine nervende Ader gefährlich an meinem Kopf und der Griff des Telefons knatschte schon protestierend! „Esme.“, ich konnte mir das Lächeln auf ihren zartrosa Lippen förmlich vorstellen, wie es mir sanft aber bestimmend entgegen gebracht wurde. „Du baust nie irgendwelchen Mist! Du bist die Sanftheit in Person und das sage ich nicht nur, weil du meine Schwester bist. Natürlich bist du manchmal verrückt und kannst auch gerne mal zur Furie mutieren, aber du bist das charakterschönste Wesen, was ich jemals kennengelernt habe und durfte. Wenn jemand Schuld hat, dann war es Carlisle, in mehr als nur einer Hinsicht.“, was sie mit dem letzten Satz sagen wollte, wusste ich nicht, konnte mir auch keinen Reim darauf machen oder weiter darüber nachdenken, da sie schon wieder weitersprach. „Ist er schon mit dir jagen gewesen? Ich habe mit ihm Zuhause darüber schon gesprochen gehabt und eigentlich hatte er heute meines Erachtens vor, dich in die Kunst des Jagens einzuweisen, damit du, falls du später mal alleine unterwegs bist, weißt wie es geht.“ Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. „Nein, hat er nicht.“, murmelte ich ins Telefon, da Lizzie schließlich meine Reaktion an meinem Gesicht nicht sehen konnte. „Das wundert mich aber!“, staunte sie, anscheinend hatte sie mit Carlisle etwas abgesprochen, von dem ich heute noch erfahren sollte. „Was habt ihr denn den ganzen Tag gemacht, dass er dir bisher noch nichts erklärt hat?“, fragte sie, aber ich musste ihr eine verneinende Antwort geben. Die Zeit mit mir zu reden hätte er gehabt, aber der Arzt hatte sie nicht genutzt. Warum also? Eine Gestalt löste sich hinter mir aus dem Schatten, griff nach dem Telefon, entwand es mir mit einer geschickten Bewegung des Handgelenkes, wobei sich unsere Fingerspitzen kurz berührten und ein Schlag, wie unter Strom, durch meine Hand schoss, ein angenehmes Kribbeln auslöste und selbst das Telefonat mit meiner großen Schwester übernahm. Ich konnte die Person nur erstaunt angucken, da ich nicht den leisesten Mucks von Carlisle gehört hatte, weder eine Bewegung noch das Auftreten seiner Füße. So leise musste ich erst einmal lernen zu werden und das wollte ich auf jeden Fall, dass nahm ich mir fest vor! Es wurden leise, eindringliche Worte zwischen Carlisle und Lizzie ausgetauscht, aber selbst mit meinem neuen, feinen Gehör vernahm ich nur Bruchstücke, selbst ihre Lippen bewegten sich in einer dermaßen schnellen Geschwindigkeit, dass ein Mensch überhaupt nicht gesehen hätte, DASS sie sich bewegten. Ich stand einfach nur daneben, traute mich nicht mich einen Zentimeter von der Stelle zu rühren, obwohl die Versuchung groß war, einfach Kehrt marsch zu machen und in mein Zimmer zu gehen, aber ich konnte auch nicht bei jeder kleinen Auseinandersetzung zwischen Carlisle und mir die Kurve kratzen, deswegen blieb ich stur auf der Stelle stehen! Es vergingen weitere gefühlte fünf Minuten, ehe Carlisle das Telefonat anscheinend für beendet hielt und auflegte. Er schwieg, als würde er nachdenken, dann wandte er sich zu mir um, sein Blick traf meinen und ich musste innerlich wieder schlucken, da diese Seelenspiegel nicht weit von dem Ausdruck von vorhin in der Küche entfernt waren, mir leichte Schauer über den Rücken jagten, die nichts Gutes versprachen. „Was machen wir jetzt?“, fragte ich, allein um von der gespenstischen Stille weg zu kommen, die sich wie ein Mantel um uns zu legen schien. Ich fühlte mich unruhig, aufgekratzt, wild, von allem etwas und ich wollte raus, mich bewegen, etwas machen, toben, um mein Gemüt zu beruhigen, es wieder in vernünftige Bahnen zu lenken, ohne gleich glauben zu müssen in die Luft zu gehen! „Wir machen das, was Lizzie dir gegenüber schon ausgeplaudert hat, ohne mich zu fragen, ob es überhaupt schon losgegangen ist.“, sprach er ruhig, was mich dazu veranlasste ein bisschen unbehaglich die Arme vor der Brust zu verschränken. „Du meinst das…Jagen oder?“, fragte ich überflüssiger Weise nach, obwohl ich die Antwort genau kannte, sein Nicken verdeutlichte mir nur, dass sich die Situation zwischen uns weiter zuspitzte. Prüfend besah ich mir mein Kleid. Es war alles andere als sauber, ruiniert obendrein, aber wenn wir jetzt jagen gingen, die Dunkelheit hatte schließlich inzwischen eingesetzt und kein normaler Mensch würde jetzt noch unterwegs sein, würde es sowieso noch weiter dreckig werden, da ich nicht glaubte, mich in irgendeiner Weise geschickt anzustellen. Eher im Gegenteil, hoffentlich war ich nicht der tollpatschigste Vampir, den es nun auf der Welt gab. „Und wohin gehen wir?“, fragte ich, da ich zum Teil wirklich neugierig war, wo er in dieser abgelegenen Gegend jagen wollte. Ein verruchtes, mysteriöses Grinsen bildete sich auf seinen Lippen, welches mir Sachen vorenthielt, die ich nicht wusste und ich kannte ihn mittlerweile gut genug, dass er mir Informationen vorenthalten würde, wenn er selbst es so wollte. Und mit diesem Lächeln wollte er es eindeutig, wie gemein! „Lass dich überraschen!“, versprach er mir, packte mich plötzlich an der Hand und zog mich ohne große Umstände in vampirischer Geschwindigkeit hinter sich her, bis wir einmal, jetzt schon mit zerzausten Haaren, ums Ferienhaus gelaufen waren, geradewegs zum Bootssteg, an dem ein Boot mit einem Tau angebunden war, damit es von den seichten Strömungen im Wasser nicht ins Meer gerissen wurde. „Aber wir haben gar nicht abgeschlossen und Licht brennt auch noch!“, protestierte ich, versuchte mich gegen ihn zu stemmen, aber er zog mich mühelos weiter mit sich, hob mich kurzerhand an der Hüfte hoch, um mich ins Boot auf einen der Sitzplätze zu bucksieren. „Das geht in Ordnung.“, wehrte er behände ab. „Das Licht habe ich angelassen, damit Außenstehende glauben wir wären Zuhause und selbst wenn jemand ins Haus eindringen sollte, haben wir eine Alarmanlage, die sich automatisch verriegelt, wenn das Haus verlassen ist. Es wird nichts abhandenkommen.“ So locker wollte ich eine Situation auch mal nehmen!, dachte ich innerlich, beobachtete Carlisle dabei wie er das Tau löste, elegant ins Boot sprang, den Motor anstellte und losfuhr, während ich mich seufzend an die Reling lehnte, ein wenig die Aussicht genießend. Mit meinen roten Augen konnte ich selbst in der Dunkelheit alles glasklar sehen, als wäre es ebenso helllichter Tag, da brauchte man zumindest kein Nachtsichtgerät mehr, dass hatte man sozusagen schon eingebaut. Der aufkommende Wind fuhr durch meine lange Haarmähne, zerzauste sie noch weiter, als sie eh schon war. Der laute Motor des Bootes war das einzige in der Dunkelheit zu hörende Geräusch, es war beinahe gespenstisch, auch wenn ich nicht an Geister glaubte. Nach wenigen Minuten Fahrt entdeckte ich in einiger Entfernung Umrisse am Horizont auftauchen, dunkle Schatten, gegen die Wellen schlugen. Weitere Inseln. Sie waren nicht besonders groß, jedoch um einiges größer als die Fläche des Hauses und es wuchsen hohe Bäume aus dem Boden, aus dem in der Zwischenzeit ein Wald geworden war, der die ganze Insel umfasste wie ein schützender Fächer der Natur. „Warst du hier schon einmal?“, fragte ich Carlisle ohne ihn anzublicken, denn er hielt zielgenau auf diese Insel zu, ohne den eingebauten Navigator zu verwenden oder einen Blick über die Seekarte schweifen zu lassen. Er war hier definitiv nicht das erste Mal. „Nicht oft, aber hier sind die Jagdbedingungen am besten. Die anderen Inseln sind zu klein, als das dort größere Tiere leben würden und viel zu nahe an der menschlichen Zivilisation, was sehr schnell zu Ärger führen kann, wenn die Menschen den Lärm mitbekommen.“, antwortete er mir. Ich dachte ich hätte mich verhört. Lärm mitbekommen?! Welchen Lärm? Man biss doch einfach nur zu oder? Allmählich wurde mir doch unwohl in meiner Haut, wobei sich das Gefühl noch steigerte, als Carlisle das Boot an Land befestigte und mir seine Hand bot, um mir gentlemanlike aus dem Boot zu helfen. Obwohl ich einen Moment zögerte bevor ich seine Hand ergriff, zuckte Carlisle nicht einmal mit der Wimper, obwohl ich glaubte einen Moment einen Flacker in seinen Seelenspiegel zu sehen, doch das war so kurz, dass ich glaubte ich hätte es mir nur eingebildet, wie so vieles in letzter Zeit. Als meine Füße den Boden berührten, ertönte im Gestrüpp des nächsten Busches ein Knurren, was mich auf merkwürdige Art und Weise herauszufordern schien. Ein Kribbeln zog sich über meinen Rücken. Mit stechenden Augen fixierte ich die Stelle. Etwas tief in meinem Inneren regte sich wie an dem Tag, als ich Carlisle und Edward praktisch davongelaufen war, als sie mir offenbart hatten, was mein neues Wesen war. Ich spürte es brodelnd in mir, wie es an die Oberfläche wollte, sich befreien wollte, TÖTEN wollte. Herausgefordert fühlte ich mich durch die andere Präsenz des Tieres, herausgefordert meine Überlegenheit unter Beweis zu stellen, meine Kraft zu demonstrieren, aber auch diese brennende Kehle loszuwerden, die plötzlich wieder derart real im Raum stand, als würde sie mich schon den ganzen Tag plagen. Zittrig holte ich Luft, roch dabei einen exotischen, wilden Duft, der jedenfalls nicht Carlisles war. „Es gibt genau drei Regeln, die du beim Jagen beachten solltest.“, raunte mir Carlisle zu, der sich, während ich wie erstarrt stehen geblieben war, hinter mich gestellt hatte, langsam mit seinen großen Händen über meine nackten Oberarme strich, mir zusätzlich ein prickelndes Gefühl verpasste, dass ich bald zu platzen drohte. Es war alles elektrisierend, die Gegend, der Geruch des Blutes der Tiere, dieser Mann hinter mir…Ich wusste nicht mehr wo mir der Kopf stand, es schien als würde ich in alle Richtungen gleichzeitig gezogen werden, ohne Anhaltspunkt welche ich zuerst meiner Aufmerksamkeit zuwenden sollte. „1. Hör auf deinen Instinkt. Er wird dir alles sagen, was du wissen musst und ist dir ein Helfer und Freund, um Gefahren zu erkennen und gefährlicheren Tieren aus dem Weg zu gehen. 2. Vertrau auf deine Kraft. Es gibt kein anderes Lebewesen außer anderen Vampiren vor denen du Angst haben musst und 3. Töte, wenn du töten musst, aber beende kein Leben aus Spaß, denn jedes Leben ist kostbar, egal welches.“, wisperte er mir leise ins Ohr, strich selbst noch einmal mit seiner Nase meine Halsbeuge entlang, was meinen ganzen Körper beben ließ, dann trat er einen Schritt zurück, um mir freien Raum zu lassen. „Und dann lass einfach los und fühle nur noch das Hier und Jetzt.“, flüsterte er mir leise zu und alles verschwamm zu einer unförmigen, schillernden Masse aus Farben, Gefühlen und Formen. Hinterher vermochte ich nicht mehr zu sagen, welcher Teufel mich geritten hatte, es war als hätte ich einfach meinen Kopf ausgeschaltet und mich auf der Welle der Lust und des Verlangens tragen lassen. Carlisle hatte gerade mit seinen Erklärungen aufgehört, da stürzte ich auch schon los. Ich hatte mich selbst nicht mehr im Griff, bei den anderen Tieren damals, als ich die Flucht ergriffen hatte, war es anders gewesen, klarer, ich war zu abgestoßen von mir selbst, als das ich hätte Blut trinken können. Hier lagen die Dinge grundlegend anders, hier hatte ich schon Blut getrunken und ich verspürte den unweigerlichen, drängenden Druck in meiner Kehle, dass Brennen zu lindern. Den Busch den ich gewaltsam durchstieß berstete, knackte protestierend, bis er wie ein Häufchen Elend in sich zusammensackte. Ein paar Blätter hatten sich in meinen Haaren verfangen, die durch die Attacke mit den Ästen zerwuschelt waren, mein Kleid hatte grüne, braune Flecke dazubekommen, aber all das störte mich nicht, nicht mehr. Ich hatte meine erste richtige Beute schon anvisiert. Eine Wildkatze, ich glaubte ein Puma war es oder so etwas ähnliches in der Art, kauerte in Angriffsstellung keine zwanzig Meter von mir auf dem Boden, fauchte mich mit gebleckten, scharfen Zähnen an und ich nahm nur zu gerne diese derart offene Herausforderung an, die genauso heftig erwidert wurde! Wir sprangen uns gegenseitig an, trafen uns in der Luft, schleuderten uns mit kräftigen Hieben zu Boden. Es hörte sich an wie Donner, die Erde bebte unter uns, als wenn Bomben einschlagen würden. Kleinere Tiere erzitterten in unserer Nähe, flohen so schnell sie konnten vor uns. Ich fauchte wie eine Katze, die Pumadame ebenfalls. Mit langen, tödlichen Krallen versuchte sie mich zu zerfetzen, in Stücke zu reißen, was bei meinem Kleid auch wirklich funktionierte, nur nicht bei mir. Zwei Mal traf sie mich mit voller Breitseite, doch es war nicht einmal eine Schramme zu sehen, dann war ich für sie unsichtbar. Mit einem mörderischen Tempo umkreiste sie, Blätter wurden vom Boden aufgewirbelt. Ich wartete einen günstigen Moment ihrer Unachtsamkeit ab, um zu zuschlagen und dieser Moment kam, schneller als ich es mir erhofft hatte! Ich attackierte sie, sprang sie von hinten an, landete auf ihrem Rücken und drückte sie mit meinem steinharten Körper in die Erde unter uns. Verzweifelt, fauchend, versuchte sie sich aus meinem Klammergriff zu befreien, strampelte, trat, windete sich, aber ich war besser. Mit einem festen Griff um ihren Kopf fixierte ich sie, packte fester zu und brach ihr das Genick mit einer einzigen schnellen Bewegung! Leblos sackte der tote Puma auf der Erde zusammen… Ich hätte bei diesem Anblick etwas empfinden müssen, Reue, Trauer, irgendetwas! Aber alles wurde von dem verzehrenden Hunger verschlungen, der wie ein kalter Kloß in meinem Magen saß. Ich packte den Puma im Nacken und drehte seinen Kopf so, dass ich mühelos an seinen Hals herankam. Ich atmete einmal tief durch, schnupperte an der mit Fell bedeckten Halsbeuge, verinnerlichte die süße Note des Blutes, die nun erstarrt in den Adern ruhte, doch nicht lange. Fauchend beugte ich mich runter und versenkte gnadenlos meine Zähne in den Hals, erwischte auf Anhieb die Halsschlagader des Tieres und begrüßte das frei gewordene, mir entgegen strömende Blut mit einem erleichterten Seufzer. Wie Carlisle das mit seiner Selbstbeherrschung machte, wusste ich wirklich nicht, ich hatte diese auf jeden Fall nicht, würde sie vielleicht auch nie haben! Mit gierigen, großen, tiefen Schlucken verschlang ich das Blut, spürte wie es angenehm meine Kehle hinunterlief, meinen Magen füllte, mich befriedigte auf eine ganz andere Art, als Sex es je getan hätte. Mit jedem Schluck mehr verschwand das Brennen in meiner Kehle, aber leider kehrte dadurch mein Geist allmählich wieder ins Hier und Jetzt zurück und ich registrierte allmählich, was ich gerade getan hatte. Aber es gelang mir erst mit dem Trinken aufzuhören, als ich vollends befriedigt war und keine Schmerzen mehr verspürte. Trotzdem blieb ich noch auf dem toten Körper sitzen, musterte ihn und strich wie zur Entschuldigung sein Fell lang. Nun sickerte die Erkenntnis in meinen Kopf: Ich hatte nicht nur ein gefährliches Lebewesen für Menschen getötet, ich WAR das gefährlichste Lebewesen hier. Ein kalter, unangenehmer Schauder ran mir über den Körper, ließ sich meine Härchen aufstellen. Ich wollte hier nur noch weg, einfach nur weg, wenn Carlisle mit seiner Behauptung Recht hatte, dass es hier viele wilde Tiere gab, würde der Kadaver mehr als nur bald verschwinden. Schwankend erhob ich mich, musste mich einen Moment am nächstgelegenen Baum abstützen. Verwirrt stellte ich fest, wie schnell das mir fremde Blut meine Lebensgeister stärkte. Ich fühlte mich schon viel kräftiger, mit geschärften Sinnen, meine Augen schienen noch klarer in der Dunkelheit sehen zu können, als vorher. Langsam, in menschlicher Geschwindigkeit, kehrte ich zum Boot zurück, welches immer noch am Sandufer strandete, darauf wartend, dass sein Besitzer wieder kam. Carlisle stand entweder noch immer an Ort und Stelle, wie ich ihn verlassen hatte oder schon wieder, dass wusste ich nicht und ich hatte ehrlich gesagt jetzt auch keinen Nerv mehr dazu mich mit irgendetwas auseinander zu setzen. Kurz wanderte sein intensiver Blick über meine Gestalt und ich wusste, wenn wir zurück am Strandhaus waren, musste ich mich erst einmal gründlich waschen, denn ich war bedeckt mit Staub, Erde, Blut und Blättern. Blätter in meinen Haaren sowie kurze Äste, Blut und alles andere auf Haut und Kleid. Ich sah bestimmt wie eine wilde Furie aus. Der Eindruck wurde durch das dünne Rinnsal an Blut, welches mir noch von dem Puma am Mund klebte, nur verstärkt. Auf einem Halloweenfest hätte ich wohl den ersten Platz gemacht. Unsere Blicke trafen sich, fixierten einander, aber ich schüttelte nur stumm den Kopf, als Carlisle seinen Mund öffnen wollte, was ihn ein müdes Lächeln einbrachte, an dem ich dann erst bemerkte, dass ein roter, kleiner Fleckt an seinem Mundwinkel klebte. Hatte er etwa auch in der kurzen Zeit gejagt? Ich hatte das Zeitgefühl komplett verloren und für mich fühlte es sich an, als wären nur wenige Sekunden in meinem Blutrausch vergangen. Stumm stiegen wir ins Motorboot zurück, kurz wurde mir tröstend über den Rücken gestrichen und in mir drohten dadurch alle Stämme zu brechen, aber ich riss mich zusammen, erlaubte mir keine Anzeichen von Schwäche und setzte mich mit verschlossenem Gesicht auf einen der freien Sitzplätze, dorthin wo ich zuvor schon gesessen hatte. Das laute Motorgeräusch war für lange Zeit das einzige Geräusch, was in der finsteren Nacht zu hören war… ************************************************************************** Kapitel Ende Hosted by Animexx e.V. 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