Esmes Geschichte von Lesemaus (CarlislexEsme) ================================================================================ Kapitel 17: Ein ganz normaler Tag? ---------------------------------- Soooo.... Ich melde mich seit einer wirklich langen Zeit auch mal wieder. Ich habe die letzten Monate an einem mir sehr wichtigen Projekt gearbeitet und habe deswegen diese FF vernachlässigt. Ich möchte mich nicht dafür entschuldigen, aber ich hoffe trotzdem, dass ich wenigstens auf ein bisschen Verständnis eurerseits treffe und wünsche euch ohne Umschweife viel Spaß beim Lesen^^ Liebe Grüße Lesemaus16 ******************************************************************************** Ein ganz normaler Tag? Ich sah ein blasses Gesicht im Wasser… Ein Gesicht mit tiefer Verzweiflung in den Zügen… Ein Gesicht mit rubinfarbenen Augen, die deutlich an Glanz in den letzten Stunden verloren hatten. Nach endlosen zwei Stunden, die ich einfach nur im Wohnzimmer in einer dunklen Ecke zusammengekauert verbracht hatte, immer noch bedeckt mit Blut, Dreck und Blättern, aber zu geschockt von mir selbst, als das ich mich dazu aufraffen konnte, mich wieder in einen Menschen, rein äußerlich natürlich, zu verwandeln, anstatt wie ein Neandertaler auszusehen und jeder Schönheitskönigin damit eine heftige Ohrfeige zu geben, schaffte ich es schließlich ins Bad zu schlurfen. Wie unter Taubheit stehend, zog ich mir die Reste meines Kleides aus, ließ es zusammen mit meiner Unterwäsche achtlos auf den Boden fallen, während ich den Wasserhahn in der Badewanne voll aufdrehte, mich einfach auf den Rand setzte und in das Becken schaute, wie es sich langsam aber stetig mit brennend heißem Wasser füllte, welches für Menschen überhaupt nicht auszuhalten wäre. Wasserdampf stieg auf, beschlug Spiegel, Fensterscheiben, alles was aus Glas war. Meine roten Haare fielen mir über die Schulter und dem nackten Rücken, bedeckte Halsbeuge und Dekolleté. Ich fühlte nichts. Warum fühlte ich nichts? Ich sollte etwas empfinden, Reue oder vielleicht auch Ekstase…Genugtuung, doch da war nichts. Es war als würde ein großes, schwarzes Loch in meiner Brust klaffen, unendlich groß, es konnte niemals gestopft, geschlossen werden. Ebenso schien mein Kopf wie leer gefegt zu sein. Die Gedanken zerflossen in meinem Geist zu unzusammenhängenden Sätzen, die keinen Sinn ergaben. Es war alles so…eh! Die Badewanne war schneller gefüllt, als ich gedacht hatte und ich hieß die Wärme, die sich um meinen Körper schlang willkommen, da ich mich innerlich wie tot fühlte und hoffte wenigstens etwas Wärme abzubekommen. Bis zur Nasenspitze versank ich in der reinigenden Flüssigkeit, die Knie eng an den Körper gezogen, mit den Armen umschlungen. Ich fühlte mich so klein…so einsam in diesem Moment, als wäre ich der einzige Mensch auf der Welt. Zart legte sich eine große Hand auf meine Schulter und ließ mich erschrocken zu der Person herumfahren, die mich unerwartet berührt hatte. Natürlich war es Carlisle, wer auch sonst? Außer ihm und mir befand sich schließlich niemand im Haus und Isilda und Lucas würden erst Morgen wieder kommen, um die Lebensmittel aufzufüllen, die sich in der Küche befanden. Ich hatte den Arzt gar nicht ins Badezimmer kommen hören… Hatte ich denn nicht abgeschlossen? Anscheinend nicht, denn ansonsten hätte er die Tür aufbrechen müssen, um ins Zimmer einzudringen und das hätte ich auf jeden Fall gehört, egal wie tief ich in Gedanken versunken war. Gefährlich schwappte das Badewasser, drohte durch meine ruckartige Bewegung über zu schwappen, aber ich hatte mich soweit im Griff, dass ich nicht vollends die Kontrolleüber mich verlor. Erschrocken schaute ich in Carlisles von merkwürdigen Gefühlen gezeichnetes Gesicht, die Seelenspiegel wieder in einem hellen Honigton gefärbt, was er nur dem Blut des Tieres zu verdanken hatte, welches er vorhin auf der Jagd getötet hatte. Seine Hand löste sich von meiner Schulter, hob sich langsam auf meine Augenhöhe, strich leicht über meine Wange, wobei er gleichzeitig eine meiner dicken, roten Haarsträhnen beiseite nahm, die mittlerweile durch einmal unter Wasser tauchen einigermaßen sauber war und nicht mehr einer Vogelscheuche glich. Dort wo er mich berührte kribbelte die Haut angenehm, verbreitete einen heißen Schauer, der mich innerlich derart aufwühlte, dass ich eine leichte Angst verspürte. Jeden Tag lernte ich diesen Vampir auf eine neue Art kennen, die mich wieder aufs Neue faszinierte, aber diese erste Jagd war für mich nicht nur ein tiefdringendes Ereignis für mich, ich hatte herausgefunden wozu ich in der Lage war, ohne meine Grenzen genau zu kennen und ich hatte allmählich selbst Angst vor mir, zu was ich womöglich noch in der Lage war, wenn ich in einen Blutrausch verfiel. „Wird es irgendwann besser?“, fragte ich mit bebenden Lippen, zitterte dabei verdächtig, mit Mühe hielt ich seinem intensiven Blick stand. „Es wird erträglich.“, wurde mir lediglich entgegnet, mit einer Stimme die sich wie die eines alten Mannes anhörte, tonnenschwer zu sein schien. Ich durfte nicht vergessen, dass dieser Mann schon mehrere hundert Jahre als Vampir lebte, nicht erst seit gestern, auch wenn sein Körper für ewig im Alter von dreiundzwanzig erstarrt bleiben würde, er war von Erfahrungen gezeichnet, die ich mir niemals zu träumen wagte und unter Garantie auf keinen Fall selbst durchmachen wollte, egal in welchen Schwierigkeiten ich einmal stecken sollte. „Und bei Menschenblut?“, fragte ich zögernd nach, da es mich interessierte, wenn die Versuchung so stark war, einen Menschen wegen des Hungers zu töten, warum hatte Carlisle sich von Anfang an mit tierischem Blut zufrieden gegeben und nicht der Versuchung nachgegeben? Mit einem Schlag verfinsterte sich sein Gesicht und ich wusste sofort bei seinem Stimmungsumschwung, dass ich das falsche Thema angeschnitten hatte. Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn, hart pressten sich seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, nicht bereit eine Information herauszugeben. Wortlos griff er nach dem Badeschwamm, der noch unberührt auf dem Badewannenrand lag, tauchte ihn in das brütendheiße Wasser, sodass er sich mit eben jener Flüssigkeit füllen konnte, eher er sanft in gleichmäßigen Bewegungen damit über meinen Rücken fuhr, den Augenkontakt zu mir unterbrechend, als müsste er genau studieren, was er dort tat. Abwartend betrachtete ich den blonden Arzt bei seinem Tun, um doch noch etwas über ihn herauszufinden, aber er war so undurchdringlich mit seiner Maske wie eh und je. In den letzten Jahren hatte er sich die verschiedensten Masken angeeignet und konnte diese bedingungslos Aufrecht erhalten, egal was man sagte oder tat, nur selten waren seine Gefühle in seinem Gesicht abzulesen, ganz im Gegensatz zu mir. Ich hatte leider die Eigenschaft, dass ich für alle Menschen um mich herum wie ein offenes Buch war, nur selten konnte man meine Gefühle nicht erkennen und das eigentlich auch nur, wenn ich vor der Konfrontation wortwörtlich floh und das Weite suchte. Ich erkannte so viel Schmerz in seinen Augen und kam mir wie der letzte Idiot auf der Welt vor, ihn etwas Derartiges gefragt zu haben. „Tut mir Leid, ich wollte keine bösen Erinnerungen wecken.“, sagte ich in die Stille hinein, die sich wie ein gespenstischer Nebel um uns gelegt zu haben schien und schwer auf das Gemüt drückte. Carlisles Augen sahen von seiner Tätigkeit auf, blickten mich unverwandt mit diesem klaren Blick an, der sein wahres Alter erahnen ließ, nicht seine menschlichen dreiundzwanzig, die ich mit meinen menschlichen sechsundzwanzig locker überbot. Wusste er eigentlich wie alt ich war?, kam mir die Frage in den Sinn, aber schließlich war er einer meiner behandelnden Ärzte gewesen, bestimmt wusste er es aus meiner Krankenakte! „Es muss dir nichts Leid tun.“, widersprach er mir. „Ich habe mich zwar nicht für dieses Leben entschieden, aber ich habe mich daran gewöhnt anders zu sein.“, erklärte er, aber ich wusste rein intuitiv, dass er das nur sagte, um mich von meinen trübsinnigen Gedanken abzulenken, in Wirklichkeit ging es ihm viel schlechter, als ich überhaupt erahnen konnte. So wenig ich ihn bisher auch kennen mochte, er war wie Edward eine unzerstörbare Naturkatastrophe, die nicht gebrochen werden konnte und so sah er mich auch gerade an, mit diesem undeutbaren Gefühlen in den Seelenspiegeln, die mein Herz angenehm flattern ließen, da ich wusste, dass er dieses Leben nicht einfach aufgeben würde, um sein Leben zu beenden, nur den Grund für diesen Mut weiterhin durch diese Hölle zu gehen, den wusste ich nicht und ich brachte, lechzte förmlich danach, diesen Grund endlich zu erfahren! „Und warum willst du unbedingt weiterleben?“, fragte ich leise, hielt gespannt auf seine Antwort den Atem an. Sekunden schienen zu vergehen, vielleicht auch Minuten, während wir unser Blickduell ausfochten, uns gegenseitig durchbohrten und versuchten den anderen aus der Reserve zu locken, ihn zum Reden zu bringen, alle Geheimnisse offen zu legen, bis nichts als die nackte Wahrheit blieb… Aber enttäuschte mich, als er sich mit einer geschmeidigen Bewegungen vom Fußboden erhob und sich von mir abwandte, Anstalten machte einfach zu gehen und das konnte ich nicht zulassen! Egal wie das Badezimmer nachher aussah, putzen konnte ich immer noch, außer Acht lassend, dass ich nichts an meinem Leib trug, schnellte ich nach oben und bekam gerade so die Ecke seines Hemdes zu fassen, brachte ihn damit zum Stehen, da er, um sich loszumachen, unter Garantie sein weißes Hemd in Stücke gerissen hätte. Innerlich schmunzelte ich. Schon lange hatte ich mir die Fragen gestellt, was unter seiner ernsten, vornehmen Kleidung lag, aber ich würde den Teufel tun und diesen Gedanken laut aussprechen! Bedächtig wandte er sich zu mir um und wie es typisch für die alte Schule war, wanderte nicht einmal ansatzweise sein Blick Richtung Süden, obwohl er natürlich wusste, dass ich beim Baden auf jede mögliche Kleidung verzichtete, nur seine Augen sprachen ihre Sprache für sich, denn sie hatten sich merklich verdunkelt in den finsteren Karamellton, den er immer dann hatte, wenn er hungrig wurde und neues Blut brauchte, aber das war momentan wohl das letzte, was er brauchte. Er hatte erst vor ein paar Stunden neues zu sich genommen, werden ich ebenfalls jagen war, es war unmöglich, dass er schon wieder welches brauchte. Wassertropfen perlten von meiner Haut auf den Fliesenfußboden, verursachten tropfende Geräusch, Carlisles Hemd blieb davon ebenfalls nicht verschont, aber er machte auch keine Anstalten sich von mir zu lösen. „Du hast mir diese Frage schon so lange nicht beantwortet.“, rügte ich ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, da ich mich noch gut daran erinnerte, wie er sich immer gekonnt durch Edward oder eine andere scheinheilige Ausrede aus der Affäre gezogen hatte, ohne mir die Möglichkeit zu lassen, etwas zu entgegnen, deswegen drehte ich nun den Spieß um. Er würde mir jetzt gefälligst eine Antwort geben, selbst wenn ich ihn dazu solange festhalten musste, bis wir beide halb am Einschlafen waren! „Ich werde dir diese Frage nicht eher beantworten Esme, wie du dafür nicht bereit bist.“, entgegnete er rätselhaft in einem tieferen Bariton seiner Stimme, mit diesem merkwürdigen zärtlichen Lächeln auf den Lippen, welches ich nicht verstand. Worauf wollte er denn jetzt wieder hinaus? „Und wann bin ich deiner Meinung nach dafür bereit?“, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue zweifelnd nach, da ich nicht ergründen konnte, was er genau meinte. Ich wusste, dass ich nicht das Passendste für eine solche Unterhaltung trug, aber ich konnte auch schnell in andere Klamotten schlüpfen, aber das schien ihm wiederum auch nicht zu passen. Konnte dieser Mann nicht einmal aufhören in Rätseln zu sprechen und direkt auf den Punkt kommen? Diese Diskussionen mit ihm waren auf die Dauer echt anstrengend! „Was hältst du davon, wenn du in Ruhe zu Ende badest, dir etwas anziehst und wir dann zusammen ans Festland fahren, um uns ein bisschen die Gegend anzusehen?“, fragte er mich unvermittelt, sodass ich ihn perplex ansehen musste, völlig von diesem unvermittelten Gesprächsumschwung überrascht. „Wie bitte?“, fragte ich stotternd, da er schon beinahe frech das Gesprächsthema gewechselt hatte. Ein mitfühlendes Lächeln wurde mir entgegen gebracht, sanft aber bestimmend die Hand von seinem Hemd entfernt, ehe er mich nachdrücklich, mit enormen Druck, zurück in das heiße Wasser drückte, damit ich zu Ende baden konnte. Ein weicher Kuss wurde mir auf die Wange gegeben, was mich reflexartig verstört dort hingreifen ließ, dann ertönte die Badezimmertür und ich wusste, Carlisle war getürmt, hatte mich allein gelassen und wollte anscheinend keinen Handel mit mir eingehen, was unsere nächsten Aktivitäten anging. Mürrisch betrachtete ich die Tür, da ich mir irgendwie abgeschoben vorkam. Ein letzter Seufzer entwich mir, bevor ich mit meinem Körper unter Wasser glitt, um meine Haare noch einmal nass machen zu können, damit ich sie waschen konnte. Es dauerte genau fünfzehn Minuten, ein neuer Rekord meinerseits, bis ich gestriegelt und gebürstet im Flur des Ferienhauses stand und nach dem Arzt Ausschau hielt, ob er nun seinen Vorschlag wahr machte oder wieder den Schwanz einzog. Meine Haarmähne hatte ich mit einem Zopfgummi zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden, damit sie mir nicht mehr im Gesicht herumhingen und andauernd meine Sicht behinderten. Ich trug ein weißes Kleid, gepaart mit grünen und knallig gelben Streifen, welches mir bis zu den Knien ging. Lockere offene Sandalen rundeten das Bild ab. Da draußen helligster Tag war, die Sonne war während ich gebadet hatte am Horizont aufgestiegen, hatte ich mich am ganzen Körper übergeschminkt, um nicht wie ein funkelnder Diamant der Sonne ausgesetzt zu sein, ansonsten würde ich keinen einzigen Schritt in der Stadt machen können ohne, dass die Leute dachten es würde ein Film gedreht werden oder ich wäre ein irrer Freak. Wobei, war ich das nicht schon? Außerdem bereitete mir Carlisles Verhalten Sorgen. Seit gestern Nacht, wo wir zusammen gejagt hatten, war er wie ausgewechselt. Er mied meine Nähe, vorher hatte er sich an mich geklammert wie eine lästige Klette, mich nicht aus den Augen gelassen, wie ein Adler über mich gewacht. Warum also machte er nun das genaue Gegenteil? Sofort wenn ich einen Raum betrat, floh er, spazierte direkt an mir vorbei, machte scheinheilige Ausreden oder schnappte sich das Telefon, um zu telefonieren, obwohl ich genau wusste, dass er nur in den Hörer herein sprach und so tat, da niemand je auf seine Worte geantwortet hatte und als Vampir war ich längst nicht taub geworden! Ein bisschen nervös war ich schon, da ich eben so wenig mit Carlisle unternahm, da ich im Zwiespalt zu dem stand, was er mit mir angestellt hatte, als das er sich gegenüber mir verhielt. Ich hatte nicht vergessen, dass er mich zum Vampir gemacht hatte, aber mit seiner fürsorglichen Art versuchte er mir das Leben so erträglich wie möglich zu machen, las mir jeden Wunsch von den Lippen ab, unternahm Dinge mit mir, beantwortete mir ohne Widerstand Fragen, brachte er mich derart aus dem Konzept, dass ich mir nicht mehr sicher war, auf welche innere Stimme ich hören sollte. Die, die erzählte, dass ich ihn hassen sollte, weil er mich zu einem Vampir gemacht hatte oder die, die gegenüber ihm ein bisschen auftauen wollte, da er sich gut um mich kümmerte und sich bemühte mir zu gefallen. Das war doch zum Hühner melken! Ein Luftzug streifte meine Wange und ich brauchte nicht einmal aufzusehen, um zu wissen, dass Carlisle an meine Seite getreten war, mir wortlos die Tür öffnete und diese mir aufhielt, damit ich hindurch gehen konnte. Ohne ein weiteres Wort gehorchte ich ihm, wartete eine Sekunde, bis er hinter uns das Haus abgeschlossen hatte, ehe wir Seite an Seite Richtung Pier gingen, wo bereits das Motorboot von gestern Abend vor Anker lag. Genau wie am vorigen Tag stiegen wir zusammen ein, während Carlisle auf dem Fahrersitz Platz nahm und uns in gemäßigtem Tempo zur Küste brachte, die an die fünfzehn Minuten entfernt war. Die Sonne knallte erbarmungslos auf uns herunter und ich war froh, dass ich die Idee mit der Schminke gehabt hatte, meine Haut funkelte nicht ein bisschen, also brauchte ich mir eigentlich keine Sorgen machen, wenn sich nicht mein Magen schmerzhaft zusammen ziehen würde allein bei dem Gedanken, dass ich das erste Mal seit ein paar Tagen wieder auf Menschen traf. Erwachsene, Jugendliche, Kinder, die zusammen mit ihren Familien normalen Urlaub machten. „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei den enormen Blutgerüchen unter den Menschen meinen Kopf verliere?“, fragte ich bei Carlisle prüfend nach. Bei ihm holte ich mir gerne Rat, denn er war wesentlich erfahrener als Vampir und konnte mich besser einschätzen, als ich mich selbst. Das laute Motorgeräusch des Antriebs überdeckte alle normalen Gespräche, deswegen musste mich Carlisle schon fast anschreien, damit ich ihn verstehen konnte. „Du hast gestern erst getrunken, es ist unwahrscheinlich, dass du jetzt auf menschliches Blut reagieren würdest, dass kommt bei gesättigten Vampiren sehr selten vor. Außerdem bist du noch ein junger Vampir, für dich werden viele Bluttypen gleich riechen, erst wenn du älter bist, entwickelst du eine feine Nase, um die verschiedenen Blutgruppen auseinander zu halten. Da brauchst du dir keine Sorgen machen!“, erwiderte er überzeugt, sprach beruhigend auf mich ein und in diesem Fall vertraute ich ihm mehr, als jeder anderen Person, die ich kannte, selbst meiner Schwester, auch wenn sie ein Familienmitglied ist, ist sie ebenfalls ein noch junger Vampir und weiß noch nicht alles über ihre blutsaugenden Kammeraden. Danach schlief das Gespräch zwischen uns wieder ein, nicht nur weil sich Carlisle auf das Fahren konzentrieren musste, sondern weil ich ihn durchgehend betrachtete, wie sich die Sonne in seinem Haar wiederspiegelte, es zum Leuchten brachte, als würde es die Sonne gleich brechen, wie seine durchdringenden karamellfarbenen Augen die Gegend nach etwas absuchten, was nicht da war. Er trug wie gewöhnlich, anders kannte ich ihn schon nicht mehr, ein Hemd aus leichtem Stoff, dunkler Hose, die sich elegant um seine Hüfte schlang, sich leichte, aber nicht zu aufdringliche, Muskeln abbildeten. Er sah wie der Adonisgott persönlich aus, unwiderstehlich, aber doch natürlich. Gefährlich wie ein wildes Tier, aber doch wieder so, als könnte er keiner Fliege etwas zu Leide tun. Er strahlte Sicherheit aus, obwohl er oftmals in meiner Nähe wie ein kleiner Junge wirkte, der selbst noch viel dazu lernen musste. Er sorgte sich um seine Freunde, Familie und kümmerte sich wie ein Vater um Edward, obwohl er nicht dessen Vater war. An einem Tag konntest du alles Wichtige über ihn erfahren, aber er überraschte dich trotzdem immer wieder aufs Neue und es wurde nie langweilig! Wenn ich diese Gedanken weitersponn, die mich förmlich in ihrem Bann gefangen hielten, war er der perfekte Mann für eine Frau, wenn diese ihn denn wollte. Und das war die Frage, die ich mir selbst schon oft gestellt hatte. Was empfand ich für diesen Mann? Wie fand ich ihn und wie stellte ich mir die Zukunft mit ihm vor? Bevor das erste Jahr meiner Umwandlung nicht vorbei war, konnte ich auf keinen Fall von ihm weg, außerdem wollte ich weiterhin den Kontakt zu meiner Schwester Elisabeth wahren und so würden wir uns auch wiedersehen, ob nun früher oder später spielte dabei keine Rolle. Er war ja ganz nett, dass musste selbst ich einsehen, aber konnte ich mit diesem Mann auf ewig zusammenleben, der mich selbst zum Vampir gemacht hatte, aus welchem Grund auch immer, denn den hatte ich ihn noch nicht aus der Nase ziehen können, aber das würde ich auch noch geschickt anstellen, ich musste nur den richtigen Zeitpunkt abwarten. Über mich selbst die Stirn runzelnd und was ich mir schon wieder für Gedanken machte, die momentan alles andere als hierher passten, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das offene Meer zu, wo am Horizont die Küste in Sicht kam, genauso der Hafen, der mit reichlich Booten in allen möglichen Größen gefüllt war. Es tummelten sich kleine Fischerboote sowie große Yachten dort, selbst aus der Entfernung konnte ich den Trubel der Menschen erkennen, die sich um die verschiedensten Boote reiten, um sie für eine Spritztour zu mieten. Wenigstens um dieses Transportmittel mussten Carlisle und ich uns keine Gedanken machen. Ich war froh, dass Carlisle einen Bootsführerschein hatte, ansonsten wäre das mit dem „Einparken“ wirklich schwierig gewesen, da es durch den vollen Tumult am Hafen reine Zentimeterarbeit war, die allein schon durch eine etwas höhere Welle zu Unfällen hätte führen können und ich war mehr als heil froh, als ich endlich wieder normalen Boden unter den Füßen hatte. Ich wurde zwar nicht seekrank an Bord, trotzdem mochte ich das Land lieber, keine Ahnung warum. „Wow, du willst mich also wirklich umbringen!“, murmelte ich so, dass nur Carlisle es außer mir hören konnte, während ich die Menschenmenge vor uns betrachtete, die sich durch die Einkaufsgasse schlängelte. Menschen eilten durch die Gasse, große, kleine, dicke, dünne, weiße, schwarze. Es war ein buntes Gemisch aus allen möglichen Persönlichkeiten. Bei dem Gedrängel, das doppelt so schlimm war wie auf dem Bootssteg, befürchtete ich für mich das schlimmste! Lange, feingliedrige Finger schlängelten sich in meine, umschlossen sie und drückten sie mit beruhigendem Druck. „Keine Sorge, ich bin da, ich bleibe die ganze Zeit an deiner Seite und lasse dich nicht eine Minute aus den Augen!“, versprach er mir hoch und heilig, lächelte mich beruhigend an und führte mich im nächsten Augenblick auch schon die Straße entlang, wobei ich mich dicht an ihm halten musste, um nicht von anderen Personen angerempelt zu werden. Er zog mich dicht an sich, legte einen Arm um meine Taille, um mich zusätzlich zu stützen. Ich vergrub mein Gesicht an seinem Arm, um den Geruch der vielfältigen Blutgruppen wenigstens etwas zu überdecken oder zumindest nicht so stark zu riechen. Ich spürte zwar, wie meine Kehle leicht anfing zu brennen, aber es war nicht so, dass ich mich dagegen nicht wehren, nicht stemmen konnte, so viel Selbstbeherrschung besaß selbst ich als neugeborener Vampir. Mit Adleraugen beobachtete ich die anderen Menschen, um Berührungen zu vermeiden, zu verhindern oder rechtzeitig ausweichen zu können, falls mir einer mit zu schmackhaftem Blutgeruch zu nahe kam, Carlisles Versuche mich wenigstens etwas zu beruhigen, zu beschützen, kommt auf den Blickwinkel des anderen an, funktionierte mehr schlecht als Recht, aber ich ließ es zu… Wir schlenderten näher zu den einzelnen Ständen, die am Straßenrand aufgebaut waren und in denen Händler ihre Waren lautstark anboten, die aus den unterschiedlichsten Dingen bestand. Natürlich gab es hier auch Boutiquen und Einkaufsläden, aber die befanden sich erst weitere hundert Meter die Straße hinunter. Zum Teil doch neugierig und erfreut, dass Carlisle mich förmlich dazu gezwungen hatte, mit ihm hier herzufahren, spähte ich über die Stände. Es wurden die verschiedensten Sachen angeboten: Kleidungsstücke für Herr und Dame, Schmuck, edle Tücher, Uhren, Tiere wie z.B. Fische oder Seesterne aus dem Meer, Essen und Delikatessen aus der Umgebung. Es war eine Vielzahl in der für jeden Typen etwas dabei war. Ein Fotostand erregte meine Aufmerksamkeit, an welchem wir gerade vorbei gingen und ich hielt inne, musterte die bunten Bilderrahmen, in denen schon bearbeitete Bilder eingesetzt waren, die Familien, Neugeborene oder Liebespaare zeigten. Ein Hochzeitsfoto war auch dabei und wie aus einem Impuls heraus wollte ich mit den Fingerspitzen über das Glas streichen, als mich ein plötzlich aufleuchtender Blitz zusammenschrecken ließ! Ich stolperte einen Schritt zurück, stieß gegen Carlisle, der meine andere Hand, die er mit seiner verschränkt gehalten hatte, losgelassen hatte, als ich das Bild betrachten wollte und schlang seinerseits eben diesen zweiten Arm auch noch um meine Hüfte, sodass ich rücklings an seine breite Brust gedrückt wurde. „Und ein Foto für das frisch verheiratete Ehepaar!“, gluckste eine amüsierte Stimme auf, schoss noch ein Bild von uns, kam mir mit der Linse der Kamera so nahe, dass ich merklich versucht war, hätte Carlisle meine Arme nicht in einem Klammergriff gehalten, auf diesen aufdringlichen Mann einzuschlagen und ihm mehr zu geben als eine saftige Ohrfeige! „Beruhig dich Esme.“, flüsterte er mir leise ins Ohr. „Wir wollen keine Aufmerksamkeit erregen, außerdem ist er nur ein einfacher Fotograf, ich werde ihn abwimmeln.“, versprach er mir. Ich musste das Gesicht abwenden, um nicht meine Beherrschung zu verlieren und meine Wut freien Lauf zu lassen! Ich verstand mich selbst im Moment nicht, warum ich so leicht aus der Haut fuhr, aber dieser Mann brachte mich mit seiner Aufdringlichkeit in die Ecke, wie ein zusammengetriebenes Tier und dagegen musste ich unbedingt etwas unternehmen, koste es was es wolle! „Könnten Sie bitte die Kamera senken. Meine…Freundin hält nicht viel von Fotos von sich selbst.“, erklärte Carlisle in seiner typischen ruhigen Arztsprache, die wohl jedes kleine Kind um den Finger gewickelt hätte. Und der Mann sprang darauf an. Mit gerunzelter Stirn nahm er die bestimmt teure Kamera von seinem Gesicht, sodass man ihn jetzt erkennen konnte. Er war ein klein gebauter Mann, vielleicht meine Größe, was sehr selten unter dem männlichen Geschlecht vorkam. Auf den ersten Blick machte er einen eigentlich netten Eindruck, bei mir hatte er es sich trotzdem versaut, da würde auch keine Entschuldigung etwas daran ändern! „Oh…Entschuldigung! Wir machen hier immer Probefotos von Paaren, unvorbereitet, damit sie so natürlich wie möglich wirken. Danach führen wir Ihnen die Fotos vor und geben ihnen Probedrucke mit.“, erwiderte er, schaute leicht beschämt, da er wirklich bemerkte, dass er einen Fehler gemacht hatte, deswegen packte er auch sofort die Kamera weg. „Kein Problem, aber machen Sie das bitte nicht noch einmal!“, äußerte Carlisle eindringlich, festigte seinen Griff um mich und lenkte mich von diesem Stand weg, damit ich wieder in Ruhe durchatmen konnte, bevor er noch einmal zu dem Stand zurückging, um die Situation zu klären, damit keine Unannehmlichkeiten folgten. Währenddessen stützte ich mich an einer großen Laterne ab, die gegen Abend ihr Licht anschalten würde. Erst langsam ließ diese brodelnde Wut in meinem Bauch nach und ich war selbst verwundert über meine angestaute Wut, da ich eigentlich vom Charakter zu den friedliebenden Menschen gehörte, die nur selten auf Konfrontation mit Fäusten ging! Ich klemmte mir meine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht hinters Ohr, bis mein Blick auf den Stand einen Meter neben mir fiel direkt auf ein Muschelarmband, welches mir vorwitzig im Licht entgegen funkelte. Es war hübsch fand ich und lenkte mich gut von meinen Gefühlen ab, selbst den massiven Geräuschpegel konnte ich gut ignorieren, der wie eine laute Sirene in meinen Ohren klingelte und jede Unterhaltung schwierig gestaltete, wenn man sich nicht gerade anbrüllte. Eine bleiche Hand griff zwei Minuten später an mir vorbei, nahm sich das Armband zusammen mit meinem Handgelenk und streifte mir das Schmuckstück Zentimeter für Zentimeter, bis es am richtigen Platz saß. Verwundert blickte ich auf, er hielt immer noch meine Hand und an der Stelle, wo sich unsere Haut berührte, kribbelte es wieder auf diese angenehme Art und Weise wie heute Morgen im Badezimmer, direkt in seine Augen, die mich freundlich ansahen. „Warum..?“, wollte ich ansetzen zu fragen, wurde aber durch einen Finger auf meinen Mund daran gehindert weiter zu sprechen. „Ich schenke es dir.“, redete er mir leise zu, denn wie sich herausstellte hatte er schon bezahlt, ohne dass ich es bemerkt hatte. Ich wollte zwar wieder widersprechen, aber der feurige Blick, der mich direkt traf, brachte mich unvermittelt zum Schweigen, ließ mich schlucken und wäre ich nicht schon ein Vampir, der keine roten Wangen mehr bekommen konnte, wäre ich knallrot wie eine Ampel angelaufen, deswegen vermochte ich nur eins zu tun: „Danke.“, flüsterte ich gerührt, strich zärtlich über das Armband, machte innerlich einen Freudensprung. Wann hatte mir zuletzt jemand, ausgerechnet auch noch ein Mann, etwas geschenkt? Es schien Jahre her zu sein! Parker hatte sich nie um Geschenke gekümmert, egal ob an unserem gemeinsamen Hochzeitstag oder meinen Geburtstag, die ganze Welt hatte sich immer nur um ihn gedreht…Bis jetzt. Ich konnte es gar nicht beschreiben, aber ich fühlte mich derart gerührt, dass ich am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre, hätte ich es denn noch gekonnt, stattdessen machte ich etwas total Untypisches für mich, was mich über mich selbst verwunderte. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, da Carlisle nun einmal ein gutes Stück größer war als ich, beugte mich nach vorn und drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange, aber wirklich nur einen kleinen! Nicht einmal eine Sekunde berührte ich seine Wange, bis ich mich auf den Boden der Tatsachen zurückholte, ihn auffordernd meine Hand hinhielt, damit wir zusammen weiter über den Markt schlendern konnten. Angenehm von mir angezogen, aber doch verunsichert wegen des Wangenkusses, folgte er meiner Aufforderung und wir setzten unseren Weg fort, wobei ich zu der Zeit noch nicht bemerkte, dass er eine kleine Plastiktüte in der Hand mit etwas Eckigem trug. Wie auch? Wenn die Plastiktüte mal an eines seiner Beine stieß, dabei ein Knistern verursachte, war es viel zu laut, um auch nur den Ansatz zu verstehen! Leider gab es an sich nichts mehr Interessantes auf dem Markt, sodass wir schon sehr bald wieder umdrehten, um zurück zur Insel zu gehen und das erste Mal überhaupt, seit wir uns kannten, darüber diskutierten, was wir heute Abend zusammen machen wollten. Schließlich pendelte es sich zwischen einem gemütlichen Fernsehabend und einem Kartenspiel ein, da wir beide unsere Dickköpfe durchsetzen wollten… * * * * * Am späteren Abend… „Du hast gemogelt!“, lachte ich befreit auf, feuerte mit ganzer Kraft aus Spaß ein Kissen auf Carlisle und traf mit hundert Prozent genau in sein Gesicht! Von der Wucht des Kissens getroffen, fiel er beinahe vom Sofa gegenüber runter, dass Kissen platzte dabei wie ein Federkissen und alles verteilte sich über den jung aussehenden Arzt, ließen ihn wie einen begossenen Pudel aussehen, wobei ich mir den nächsten Lachflash verkneifen musste um nicht giggelnd und den Bauch haltend vor Lachen auf den Boden zu kullern. „Ich hab nicht gemogelt, du bist einfach nur eine schlechte Verliererin!“, protestierte er ebenfalls mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, griff sich blitzschnell ein anderes Kissen von seinem Sofa und warf es in meine Richtung. Gerade noch rechtzeitig gelang es mir mich drunter weg zu ducken, da klatschte es schon an die Wand. Kichernd versuchte ich auf allen Vieren das Wohnzimmer zu verlassen, dabei so wenig Angriffsfläche wie möglich bietend. Plötzlich wurde ich am Fuß gepackt und mit erstaunlicher Kraft zurückgezogen! Ich keuchte überrascht auf, da Carlisle doch mit einer erstaunlichen Schnelligkeit bei mir war, wurde weiter zurückgezogen, bis ich einen Körper über mir spürte. Dann wurde ich mit einem etwas zu harten Griff auf den Rücken gedreht und fand mich Auge in Auge mit Carlisle wieder, der sich über mich gebeugt hatte, die Arme zu beiden Seiten an meinem Gesicht abstützend. Ich musste unweigerlich grinsen, da sich noch immer eine Feder in seinem strohblonden Haar befand, welches er aus seiner Sicht nicht erkennen konnte. „Du hast da noch etwas.“, sagte ich leise, hob vorsichtig die Hand, da er jede meiner Bewegungen mit aufmerksamen Blick folgte, vergrub meine Hand in seinen weichen, geschmeidigen Haaren, die sich sanft an meine Hand schmiegten und zog das nervende Etwas heraus, zeigte es ihm kurz und ließ sie danach neben uns fallen. Und es war genau die eine Sekunde, die alles zwischen uns veränderte… Es war nicht so, als hätten wir uns das erste Mal geküsst, aber es war das erste Mal, dass ich es seblst wollte, umso intensiver fühlte es sich an, als ich es bisher in Erinnerung gehabt hatte. Einen Moment starrten wir uns gegenseitig an, versanken in den Augen des jeweils anderen, musterten jeden Zentimeter Haut den es gab, waren uns der elektrischen Spannung bewusst, die sich zwischen uns aufbaute, unsere Körper erfasste und nicht mehr loslassen wollte. Es versenkte uns, von innen, von außen, schien unsere Adern in brennende Lavaströme zu verwandeln, einzig dazu da, um über einander herzufallen und einem niederen Trieb nachzugeben, den ich früher mehr als nur gehasst hatte. Ich war dieses Gefühl nicht gewöhnt, dieses begehrt werden, ehrlich begehrt werden, das Verlangen sich an einen anderen Körper zu schmiegen, es war mir beinahe gruselig und ich fürchtete eindeutig um meinen Verstand, der sich mit Minute zu Minute zu verabschieden schien, nie mehr sicher, ob er irgendwann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren würde! Weiche Lippen pressten sich unvermittelt auf meine, liebkosten sie. Eine Zunge schlängelte sich durch sie hindurch, leckte meine Lippen entlang, schob sich forsch zwischen sie, bis ich nichts anderes mehr konnte, als meine Lippen zu öffnen und ihr Zugang zu verschaffen, Gegenwehr fallen zu lassen, die sowieso schon mehr als bröckelte. Carlisles Gewicht auf mir nagelte mich am Boden fest, wo sich das Holz in meine Glieder bohrte. In mir kochte alles, war so empfindlich, so ekstatisch geladen, als würde ich das erste Mal von einer Frucht kosten, die ich doch schon kennengelernt hatte. Es kribbelte überall wo Carlisle mich berührte, ich konnte kaum still halten, deswegen hob ich meine Arme, schlang sie um seinen Nacken und vergrub sie in seinen Haaren, fuhr durch die blonden Strähnen, zerwuschelte sie, dass die Frisur auf jeden Fall ruiniert war und schloss dort das erste Mal meine Augen, um mich ganz auf diese neue Nähe einzulassen. Ich hatte mir zwar geschworen, mich nicht in diesen Idioten zu verlieben, aber wie jedermann wusste, waren Verbote da, um gebrochen zu werden. Sanft aber bestimmend schob sich seine Zunge in meinen Mundraum, erkundete alles, forderte durch anregende Stupsbewegungen meine Zunge auf mitzumachen, was ich erst zögerlich durch die Animierung machte, vorsichtig dabei war, als könnte er unter meinen Händen zerbrechen, was wohl meine letzte Sorge sein sollte, denn so schnell bekam man diesen Vampir nicht klein! Behutsam wurden meine Hände aus seinem Nacken gelöst, was ich mit einem Stirnrunzeln quittierte, aber weiter durch den Kuss abgelenkt wurde, der mir, hätte ich gestanden, weiche Knie beschafft und auf denen ich irgendwann nicht mehr hätte stehen können, ohne auf die Nase zu fallen. Auf einmal versuchte sich Carlisle von mir zu lösen, erhob sich ein wenig, neigte den Kopf nach oben, aber ich wollte nicht, dass es schon endete! Es würde nur die unumgängliche Realität warten, er würde sich wieder für etwas entschuldigen, was ich auch gewollt und ersehnt hatte und wir würden wieder von vorne anfangen, abgekoppelt voneinander, bis er sich nach tagelangem Nachdenken selbst überwinden konnte mir wieder in die Augen zu sehen, ohne von Schuldgefühlen mir gegenüber geplagt zu werden! Ich folgte ihm, behielt mein Gesicht an seinem, um den Kuss nicht zu unterbrechen. Seine großen Hände fuhren meine Seiten entlang, ein Zittern durchlief mich, ließ mich in den Kuss seufzen, bis sie sich um meine Hüfte legten, zum Teil meinen Po bedeckten und wir mit Schwung auf einmal die Plätze wechselten, bis ich mich auf seinem Schoss widerfand. Verwirrt über diese Tatsache öffnete ich meine roten Augen, fand mich mit seinen konfrontiert wieder, wie sie auf den Grund meiner Seele zu blicken schienen. Langsam lösten wir den Kuss, es gab ein schmatzendes Geräusch und mit der Erkenntnis, was ich hier eben getan hatte, wie ich mich zu so etwas hatte hinreißen lassen, einfach weil jemand da war, der anfing mir wichtig zu werden, der einzige Umgang an menschlicher Zivilisation, den ich in diesem Gott verdammten Haus hatte, kam die Scham. Unsere Position war eindeutig und ich wusste genau was da so viel versprechend an meinen Schenkel drückte, so auch Carlisle, der mich aus tiefschwarzen Augen ansah, die mir einen heißen Schauer über den Rücken jagten. Das letzte Mal hatte ich ihn in diesem Zustand gesehen, als ich mit Edward im Wohnzimmer Schach gespielt hatte und er beinahe fluchtartig das Weite suchte. Sollte das der Grund dafür gewesen sein? Allmählich kam ich auf einen Verdacht, der mir gar nicht gefiel und für den ich nur ungern die Hand ins Feuer legen wollte. Behutsam wurde mir an die Wange gefasst, darüber gestreichelt, die Konturen mit den Fingern nachgezeichnet und ich musste unter dieser Zärtlichkeit erstarrt auf dem Schoss von Carlisle sitzen bleiben. Ich fühlte mich wie gelähmt, innerlich und äußerlich, als könnte ich keinen Knochen rühren. Es hatte alles doch so harmlos angefangen…Warum hatte ich auch unbedingt das Kissen auf ihn werfen müssen, wahrscheinlich wären wir sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht in dieser mehr als peinlichen Situation! „T…Tut…mir Leid!“, wisperte ich heißer, kaum hörbar, musste mühsam schlucken, um nicht gänzlich die Fassung zu verlieren und einfach in mein Zimmer zu rennen. „Nein, dieses Mal muss ich mich entschuldigen. Ich bin zu weit gegangen, aber ich konnte nicht widerstehen!“, sagte Carlisle leise, aber seine Augen strafften ihn Lügen, als er sich noch ein letztes Mal vorbeugte, um meine Lippen mit seinen zu versiegeln, sanft, wärmend, entschuldigend, als wüsste er ganz genau, was für ein Chaos von Gefühlen er in mir ausgelöst hatte. „Ich werde draußen ein wenig Jagen gehen, um mich abzureagieren.“, hauchte er gegen meine Lippen, löste sich vorsichtig von mir, hob mich dabei von seinem Schoss wie ein leichtes Gepäckstück, ehe er mehr als schnell das Wohnzimmer verließ. Und das einzige, was ich für diesen Abend noch von ihm spürte, war das Kribbeln auf meinem Körper, ausgelöst durch seine Berührungen, meine rotgeküssten Lippen, die noch eine Weile weh taten und den leisen Luftzug, der mein Haar zum Aufwehen brachte, der durch sein schnelles Wegrennen verursacht wurde. Zu der Zeit konnten wir noch nicht ahnen, dass durch unsere bloße Existenz Steine ins Rollen gebracht wurden, die bald einen Sturm vom Zaun brechen sollten und nichts mehr so sein würde, wie es einmal war, weder für die Menschen, noch für uns Vampire. Denn es gab noch andere als uns. Bösartige, Menschenbluttrinkende. Welche mit besonderen Fähigkeiten, die diese skrupellos einsetzten. Und welche, die Gesetze erschufen, an die sich alle zu halten hatte, jeder einzelne, wenn nicht… …wurde derjenigegetötet… * * * Kapitel Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)