Lernen loszulassen von JulieAna ================================================================================ Kapitel 8: Strandspaziergang Part1 ---------------------------------- Strandspaziergang Part1 Eiskalter Wind schnitt mir ins Gesicht sobald ich aus dem Auto stieg, zerrte an meinem Haar und lies mich frösteln. Der Strand lag vor uns, einsam und verlassen. Klar, wer sonst sollte auch so bescheuert sein, bei diesem Wetter hier raus zu kommen? Wenigstens regnet es nicht, dachte ich, doch so wirklich aufmuntern konnte mich das nicht. Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper und versuchte gar nicht erst meine schlechte Laune zu verbergen, ich war sowieso eine grässliche Schauspielerin. Plötzlich spürte ich einen Körper dicht hinter mir, warmen Atem in meinen Nacken, der mir trotz der Kälte wohlige Schauer über den Rücken jagte. Ich brauchte mich nicht umzudrehen um zu wissen wer hinter mir stand. "Weißt du, wenns dir hier draußen zu ungemütlich ist können wir auch zusammen im Auto bleiben...nur wir beide....allein...", wisperte Edwards Stimme ganz nah an meinem Ohr, ich bildete mir ein seine Lippen auf meiner Haut spüren zu können. Gereizt stöhnend entfernte ich mich ein paar Schritte von ihm und drehte mich dann zu ihm um. Gleichzeitig verfluchte ich mich innerlich dafür, wie schwer mir diese wenigen, eigenltich unbedeutenden Schritte fielen. "So verlockend dieses Angebot auch klingt, muss ich dich leider darüber informieren, dass ich lieber 10 Stunden lang alleine in einer Eiswüste stehen würde, als 10 Minuten lang zusammen mit dir im selben Raum." Ich schenkte ihm das gekünsteltste süße Lächeln das ich meistern konnte, dann wandte ich mich von ihm ab und den anderen zu, die immer noch am Auto standen und uns offensichtlich amüsiert beobachteten. "Nun, da das jetzt geklärt ist, wie wärs mit einem Strandspaziergang?", schlug Alice, enthusiastisch wie immer, vor und strahlte fröhlich vor sich hin. Was verdammt noch mal schluckte dieses Mädchen täglich, um die ganze Zeit über eine so unglaublich gute Laune zu behalten? Egal was es war, es war definitiv ungesund und nicht in der Natur des Menschen, so unverschämt fröhlich zu sein! Doch die anderen fanden die Idee offensichtlich auch nicht schlecht, und so wurde ich einvernehmlich überstimmt. Verdammte Demokratie! Also trottete ich den anderen in einigem Abstand hinterher, den Blick auf das aufgewühlte Meer gerichtet. So sehr es mir auch widerstrebte, musste ich doch zugeben, dass die Landschaft hier wunderschön war. Die Klippen, die sich scharfkantig vor dem ewig grauen Himmel abzeichneten, das lebendige Blau des schäumenden Wassers und selbst die grünen Wipfel des Waldes, die in einiger Entfernung zu erkennen waren und mir gar nicht mehr so pampig vorkamen, schafften es meine Laune etwas aufzuhellen. Zumindest bis ich bemerkte, dass plötzlich jemand neben mir herlief. Im ersten Moment dachte ich es wäre Edward und wollte ihm schon, wenig freundlich, zu verstehen geben mich endlich in Ruhe zu lassen und sich seine dämlichen Sprüche sonst wo hin zu stecken, als ich realisierte, dass es Jasper war, der sich meinem langsamen Tempo angepasst hatte und nun an meiner Seite ging. Der erste Gedanke der mir kam war, ihn einfach zu ignorieren und darauf zu hoffen dass er kein Gespräch führen wollte.doch gleich darauf bekam ich ein schlechtes Gewissen. Seit ich hier war, war Jasper immer nett zu mir gewesen, zuvorkommend und freundlich, während ich mich die ganze Zeit über wie ine verzogene Göre aufführte. Außerdem gab es da tatsächlich ein Thema, über das ich ihm gern ein paar Fragen gestellt hätte. "Hmm, Jasper, du und Alice...ihr seid ziemlich gut befreundet, oder?", begann ich zögerlich eine Unterhaltung, und betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. Kaum hatte ich Alice' Namen erwähnt, breitete sich dieses sanfte Lächeln auf seinem Gesicht aus und ich musste mir Mühe geben, mein Grinsen zu verkneifen. "Ja, wir sind beste Freunde, könnte man wohl sagen.Wir sind quasi zusammen aufgewachsen, ich kenne sie schon mein ganzes Leben lang." Sein Blick war nach vorne auf, Alice' Rücken gerichtet. Sie lief mit dem Rest der Gruppe in einiger Entfernung von uns und lachte gerade über irgendetwas das Emmett gesagt hatte. Ich fragte mich ob sie Jasper zu mir geschickt hatte, damit ich mich nicht ausgeschlossen fühlte, und kam mir gleich noch ein bisschen mieser dafür vor, dass ich mich so abgrenzte. Doch ich schien nicht die Einzige zu sein, die keine allzu große Lust auf Gesellschaft hatte. Auch Edward ging etwas abseits von der Gruppe, er wanderte allein am Wasser entlang, fast schon gefährlich nah, so dass das Wasser immer kurz vor seinen Füßen halt machte. Er wirkte tief in Gedanken versunken, fast schon verträumt. "Du solltest dir wegen ihm nicht zu viele Gedanken machen. Er war schon immer so, seit ich ihn kenne.", sagte Jasper plötzlich, er war meinem Blick gefolgt. Waren wir nicht grad noch beim Thema Alice?, dachte ich missmutig, konnte meiner Neugierde im Bezug auf Edward aber auch nicht unterdrücken. "Und wie hast du ihn kennen gelernt? Er ist doch erst nach Alice zu den Cullens gekommen, oder?" Ich versuchte meine Stimme möglichst beiläufig klingen zu lassen, erkannte aber an dem schiefen Blick den Jasper mir zuwarf, dass es mir nicht so recht gelang. "Ja. Als sie Alice adoptiert haben war sie noch ziemlich klein, vier glaube ich. Edward kam erst einige Jahre später, da war er neun oder zehn oder so." "Und, ähm, wo hat er früher gelebt? Was ist mit seinen Eltern passiert, seinen richtigen, meine ich?" Jasper schwieg eine Weile und als er mir schließlich antwortete klang er nachdenklich. "Ich weiß es nicht. Er redet nicht viel über sich. Ich kenn ihn jetzt schon seit ungefähr sieben Jahren, und, na ja, ich würde schon sagen, dass wir so etwas wie Freunde sind. Aber trotzdem weiß ich eigentlich so gut wie nichts über ihn. Edward ist ziemlich gut darin, während eines Gesprächs viel über dich herauszufinden, ohne irgendetwas von sich selbst zu verraten. Er schafft es sich mit jedem gut zu verstehen, wenn er will, aber gleichzeitig ist er immer so distanziert. Ich schätze er hat ziemlich viele Freunde, aber eben keine engen Freunde, verstehst du? Eigentlich lässt er niemanden so wirklich an sich ran, nicht die Mädchen mit denen er etwas hat, nicht die Typen mit denen er um die häuser zieht und sich besäuft. Nicht einmal Alice oder Esme oder Carlisle. Sie machen alle ein ziemliches Geheimnis um seine Vergangenheit, ich glaube selbst Alice kennt nicht die ganze Geschichte." Umso mehr ich über Edward erfuhr, umso rätselhafter wurde er mir. Erst sein abweisendes Verhalten mir gegenüber, dann Carlisles seltsame Andeutung, sein komischer Sinneswandel letzte Nacht, dann wieder seine Stimmungsumschwung heute morgen und jetzt Jasper, der mir erzählte, dass eigenltlich niemand wirklich etwas über Edward Cullen wusste, ihn kannte. Jasper schwieg eine Weile und ich dachte schon, das wäre alles was er mir erzählen würde, doch dann begann er wieder zu sprechen. "Ich weiß noch, als ich Edward das erste Mal gesehen habe. Ich war so um die zehn und bin rüber zu den Cullens, um mit Alice zu spielen. Er hat im Wohnzimmer gestanden, mitten im Raum, der kleine Kaffeetisch war umgeschmissen worden und da waren Scherben auf dem Boden. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber ich glaube er hatte einen roten Striemen oder so was auf der Wange, und ein blaues Auge. Er war ungefähr so alt wie ich, bloß ziemlich dünn für sein Alter, fast schon mager. Carlisle und Esme waren auch da, im Zimmer bei ihm, aber in sicherer Entfernung, als hätten sie Angst vor ihm. Aber sie sahen nicht ängstlich aus, eher besorgt, Esme sah aus, als sei sie den Tränen nahe. Und dann hat er zu mir rüber geschaut und ich hab seinen Blick gesehen. Er wirkte total verängstigt, fast schon panisch, hat so komisch gekeucht, als könne er nicht richtig atmen und er hat geweint. Nicht so richtig, ohne Geschluchze, die Tränen sind einfach so seine Wangen runtergelaufen. Das war das einzige Mal das ich ihn jemals hab weinen sehen. Und das einzige Mal, dass ich gesehen habe, dass er Angst hatte, oder seine Gefühle nicht perfekt unter Kontrolle. Danach bin ich schnell abgehauen, bevor die anderen mich entdecken konnten. Und am nächsten Tag hat Alice mir von ihrem neuen Bruder erzählt. Als ich ihn wieder getroffen habe, wirkte er fast normal, bloß der Blick in seinen Augen, der war seltsam, so ganz anders, als am Tag davor. So hart, und kalt. Den hat er auch heute noch meistens drauf. Ich glaube nicht das er mich an dem Tag überhaupt gesehen hat, er schien durch mich hindurch zu sehen, als hätte er die ganze Zeit ein anderes Blid vor Augen, etwas, das ihm diese panische Angst eingejagt hat. Jedenfalls schien er mich nicht wieder zu erkennen und ich hab ihn nicht drauf angesprochen. Schließlich häng ich an meinem Leben und wüsste er, dass ich ihn jemals so gesehen habe, egal wie lange es her ist, er würde mich definitiv umbringen." Das letzte fügte er mit einem schwachen Lächeln hinzu, doch mir war überhaupt nicht nach lächeln zu Mute. Ich war sprachlos, und anstatt auf Antworten, war ich bloß auf mehr Fragen gestoßen. Was war bloß schreckliches in seiner Kindheit passiert, das ihm so eine grässliche Angst einjagte? Was war mit seinen Eltern passiert? War er von ihnen misshandelt worden. Waren sie gestorben? Wie war er zu den Cullens gekommen? Und die ganze Zeit über ging mir ein Bild nicht aus dem Kopf. Ein kleiner Junge, mit bronzefarbenem Haarschopf und großen, grünen, verängstigten Kinderaugen der verloren in der Mitte eines Raumes stand und stumm weinte. Ein Bild, das sich einfach nicht mit dem des siebzehnjährigen Jungen, einige Meter von mir entfernt geistesabwesend aufs Meer starrend, vereinbaren ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)