Kibobannin von Sotar ================================================================================ Kapitel 9: IX. Reiseprobleme ---------------------------- IX. Reiseprobleme 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, nördlich von Taskan Der Regen perlte in Tropfen an den Glasscheiben herab. Einige Kerzen beleuchteten das kleine Zimmer spärlich. Vier harte Betten hatten in dem Raum platz, ebenso zwei alte Stühle, mehr Mobiliar gab es jedoch nicht. Die Tür quietschte schrecklich und es stank überall nach Alkohol und Pfeifenkraut. Das störte die kleine Gruppe aber nicht weiter. Hauptsache sie hatten ein Dach über dem Kopf und wurden nicht nass. Ihre Reise war überhaupt nicht so verlaufen wie geplant. Am zweiten Tag nach ihrem Aufbruch aus Taskan nahm das Unglück seinen Lauf. Sie ritten am frühen Morgen über eine einfache Landstraße die von leichtem Nebel überzogen war. Sie unterhielten sich wie am Tag zu vor bis Nikajana auf einmal aufschrie und aus dem Sattel fiel. Pferd und Reiterin hatten eine besonders heimtückische Baumwurzel übersehen, an der das arme Tier hängen blieb. Zu allem Überfluss hatte es sich dabei auch noch den Vorderlauf gebrochen, weshalb ihnen nichts anderes übrig geblieben war, als dem Leben des Pferdes ein schnelles Ende zu setzen, da sich keiner von ihnen mit der Behandlung von solchen Verletzungen auskannte. Am dritten Tag begann es dann zu regnen und sie setzten ihre Reise im unentwegt herunterrieselnden Nass fort. Natürlich erkältete sich die Prinzessin und auch die Gesundheit der anderen beiden wurde in Mitleidenschaft gezogen. Am sechsten Tag fanden sie dann endlich ein kleines Dorf. Nikajana hatte mittlerweile ernsthaftes Fieber und Luko seine Stimme verloren. Deshalb blieb es an der leicht verschnupften Niki, wie sie ihre beiden Gefährten mittlerweile nannten, eine bleibe zu organisieren. So verschlug es sie in die Kneipe Zum goldenen Greif über der eine recht alte Fahne des Königreichs wehte. Zu ihrer großen Erleichterung gab es auch einen Medikus in dem unscheinbaren Örtchen, der sich um die Erkrankten kümmerte. Da ihre Reisekasse dadurch aber mehr belastet wurde als geplant hatten sie sich dazu entschieden die beiden verbliebenen Pferde ebenfalls zu verkaufen. Zusätzlich trennte man sich von allen Dingen, die man nicht wirklich benötigte und legte sich einen kleinen Vorrat an Medikamenten an. Sobald der permanente Regen ein Ende fand und alle wieder Gesund waren, wollten die drei wieder aufbrechen. Sie hielten sich nun schon seit vier Tagen in der Schenke auf. Luko sah nachdenklich auf die schlafende Prinzessin herab. Niki besserte einmal mehr die Geldbörse ihrer kleinen Gruppe auf, indem sie die Bauern und Handwerker beim Würfeln und in einigen Kartenspielen schlug. Der Fürst durfte sich währenddessen um die immer noch kranke, junge Frau kümmern. Es erleichterte ihn zwar, dass es ihr von Tag zu Tag besser ging aber dennoch wurde er immer niedergeschlagener. Ihre Reise war ins stocken geraten. Noch bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte. Er gab sich zu einem großen Teil die Schuld daran. Er hatte entschieden was sie auf ihrer Reise mit sich führten. An Medizin hatte er dabei überhaupt nicht gedacht. Und das wäre der Prinzessin fast zum Verhängnis geworden. Nun brütete er jeden Tag über medizinischen Büchern und ließ sich von dem Medikus unterrichten, welcher froh war, jemanden gefunden zu haben, den die Medizin interessierte. Mediziner waren im allgemeinen äußerst selten. In kleinen Orten und Gemeinden wurde das unschätzbar wertvolle wissen schlecht bezahlt, weil die Menschen nicht so viel Geld hatten und in den großen Städten verließ man sich lieber auf die Weißmagier, die Krankheiten schneller und effektiver heilen konnten als irgendwelche Kräuter. Dennoch gab es Medikusse und Luko war in diesem Moment sehr froh darüber. Wenn er jedoch einmal nicht laß oder lernte, trainierte er. Luko war mit seinen Fechtkünsten noch lange nicht zufrieden. Er musste besser werden, viel besser. Schließlich war ihm das Leben der Prinzessin Jelanars anvertraut worden und diese Aufgabe nahm er ernst. Außerdem war Nika die einzige Freundin die ihm geblieben war. Die einzige Bezugsperson die noch lebte. Bei diesen Gedanken fing das Wasser an, sich in seinen Augen zu sammeln. Ohne das er etwas dagegen tun konnte, fing Luko an zu Weinen. Der Schmerz und die Trauer der vergangenen Wochen waren zu viel für den jungen Menschen. Unter dem Fensterbrett weinte er zusammengekauert all seinen Frust heraus. "Diese kleine Schlampe betrügt doch!" "Aber aber mein Herr. Ich habe einfach nur sehr viel Glück das ist alles." Versuchte Niki den aufgebrachten Mann zu beruhigen. Er hatte jetzt zum achten Mal verloren und das obwohl es erst gut für ihn ausgesehen hatte. "Vielleicht ist heute einfach nicht ihr Tag." "Die kleine hat Recht Horok, hör lieber auf eh du noch mehr verlierst." Riet ein anderer Bauer, der ebenfalls an der Spielrunde teilnahm. Niki spielte zusammen mit Horok und vier weiteren Bauern ein ziemlich simples Würfelspiel namens Gleiche. Das Ziel war es, mit einem Wurf sechs gleiche, also einen sechser Push oder eine Straße zu Würfeln. Dafür standen jedem Spieler drei Versuche zu. Wenn es niemandem gelang wurde die Runde einfach für ungültig erklärt. Wenn es mehrere gab die es in der gleichen Runde geschafft hatten war die Augenzahl über den Sieg entscheidend, um so höher um so besser, die Straße war am wertvollsten. Sollten einmal zwei Spieler das selbe gewürfelt haben, so müssen beide den Wurf wiederholen. So war es in der letzten Runde so das Horok gleich beim ersten Versuch einen sechser Push aus fünfen hatte und damit den Sieg schon fast sicher hatte. Aber Niki war es gelungen ebenfalls in der ersten Runde eine Straße zu Würfeln, wodurch sie gewann. Dadurch mussten alle, die es nicht geschafft hatten, in der ersten Runde einen Push oder eine Straße zu Würfeln einen Teil ihres "Vermögens" an Niki abtreten. Zwar hatte Horok nun kein Geld verloren aber er sah sich um seinen Gewinn betrogen. "Du hast jetzt schon zweiunddreißig Tunarische Taler gewonnen, zweiunddreißig. Das geht doch hier nicht mit rechten Dingen zu." "Und wie soll ich dann ihrer Meinung nach betrügen? Es sind nicht meine Würfel also kann ich sie nicht gezinkt haben. Und da ich nichts mit langen Ärmeln trage, kann ich auch nichts vor ihnen Verstecken." Der stämmige Schmied schnaubte nur in Richtung der jungen Frau und verließ grußlos den goldenen Greif. Erleichtert atmete Niki aus, sie hatte schon eine Schlägerei kommen sehen. Und das obwohl sie wirklich nur sehr viel Glück hatte. Zwar kannte sie den ein oder anderen Trick aber sie verzichtete darauf diese anzuwenden, da die Bewohner des Dorfes sie freundlich bei sich aufgenommen hatten. "Nimm es ihm nicht übel, er hat einfach schlechte Laune weil im Moment niemand Aufträge für ihn hat." "Jaja, ist schon in Ordnung." Ungerührt setzten die Anwesenden das Spiel fort. Und Nikis Glückssträhne wehrte noch eine ganze Weile. Erst als sie drei Spiele in Folge verloren hatte verabschiedete sie sich von der angetrunkenen und heiteren Runde und machte sich auf den Weg, die Stufen hinauf, zu ihrem Zimmer. Luko saß am Fenster und dachte über ihre weitere Reise nach als sich die Tür in seinem Rücken leise öffnete und wieder geschlossen wurde. "Du bist noch wach?" Fragte die mittlerweile recht vertraute Stimme in seinem Rücken. "Ja. Ich kann noch nicht einschlafen." "Aha." Sie näherte sich mit leisen Schritten um die schlafende Prinzessin nicht zu wecken. Klimpernd fiel der Lederbeutel auf das freie vierte Bett. "Ich hab heute einen passablen Gewinn gemacht. Damit kommen wir wieder eine Weile über die Runden." "Das hört sich gut an." Luko drehte sich langsam um. Seine Augen funkelten die Spionin entschlossen an. "Was ist?" "Ich habe nachgedacht." "Und worüber?" "Über unsere Reise." "Aha." "Wir werden den Rat König Iroikhans befolgen und in die Republik reisen. Und von dort aus mit einem Flotte nach Halun segeln." "Mit einer Flotte? Warum sollten uns die Republikler eine Flotte mitgeben? Und was willst du überhaupt in Halun?" "Sie wollten Tunan doch beistehen. Das ist ihre Chance am Krieg teilzunehmen." "Gut so weit kann ich dir folgen... aber warum Halun?" "Weil Nika dort Verbündete hat... weil wir dort Verbündete haben. Und wer weiß. Vielleicht können wir das Königreich davon überzeugen sich am Krieg zu beteiligen. Außerdem ist es von Halun aus nicht mehr so weit bis nach Aganon. Wir könnten ihnen in die Flanke fallen und so das Blatt wenden." "Der Krieg hat noch nicht einmal richtig angefangen und du legst dir schon Taktiken zurecht?" "Ich will nur vorbereitet sein." Wehrte Luko ab. Er musste eh abwarten was die Prinzessin von der Idee hielt. Sie musste die Entscheidung treffen. Aber erst einmal musste sie wieder gesund werden. "Warten wir noch ein paar Tage dann dürfte es Nika wieder gut gehen. Danach setzten wir unseren Weg fort." Niki streckte sich und ein herzhaftes gähnen entwich ihrer Kehle. "Ich werde mich jetzt auch hinlegen. Der Tag war wieder sehr lang. Du solltest auch nicht mehr so lange machen." Luko nickte während die Tunarerin unter die dicke, grobe Decke kroch. Kurz darauf verkündete ihr ebenmäßiges, ruhiges Atmen, das sie eingeschlafen war. Luko betrachtete seine beiden Begleiterinnen, musterte ihre Gesichter. Erst jetzt fiel ihm wirklich auf das die beiden sehr hübsch waren. Vor allem an Nikis Gesicht haftete sein Blick eine geraume Zeit. Irgendein Gefühl, das er nicht wirklich zuordnen konnte stieg in ihm auf. Mit einem leisen Seufzer kletterte er in sein Bett und warf sich die Decke über, Mit pochendem Herzen und einem leichten Kribbeln im ganzen Körper schlief er schließlich ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)