Kibobannin von Sotar ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Prolog Unvollkommen! Die allmächtige Schöpferin sah auf ihr Werk. Es war unvollkommen. Sand und Gestein. Feuer und Magma. Mehr gab es nicht auf Zasajaka. Sie war enttäuscht von ihrer neusten Schöpfung aber ihr fehlte die Inspiration um erneut etwas einzigartiges zu erschaffen. So verweilte sie und fing an sich zu langweilen. Schließlich griff sie in die Gestirne, die Zasajaka umgaben und formte aus deren Energie den ersten Gott. Satirok, Gott des Krieges und des Kampfes war ihr erstes Kind. Der Gebieter über Ehre, Mut und Tapferkeit blickte auf die Welt, über welche er wachen sollte. Die Schöpferin war von ihrem Sohn begeistert. Er war groß und muskulös und in eine schimmernde Vollrüstung gehüllt. Sein Blick war entschlossen und voller Tatendrang. Aber er wusste nicht, wie er mit seinen Kräften diese Welt formen konnte. Seine Mutter war enttäuscht. Ein unvollkommener Gott! Damit konnte sie nichts anfangen. Sie kehrte der Welt und ihrem Sohn den Rücken und verließ Zasajaka. Also griff Satirok wie seine Mutter in die Gestirne um einen weiteren Gott zu erschaffen. Satirok besaß aber nicht die selbe Macht wie die allmächtige Göttin. Die ungebändigten Kräfte gerieten außer Kontrolle. Er verlor die Macht über die Sternenkraft. Eine Gewaltige Explosion jagte durch einen großen Teil der Unendlichkeit und hätte die Welt der Schöpferin fast zerstört. Im letzten Moment konnte der Kriegsgott seine schützende Hand über Zasajaka halten und das Schlimmste abwenden. Aber der Preis, den er zahlte war hoch. Seine Rüstung schmolz und der göttliche Stahl sickerte in seinen Körper. Schmerzen jagten durch seinen Körper, Schmerzen wie sie kein sterbliches Wesen ertragen konnte. So kam Satirok zu seinem Beinamen, der Stählerne. Was er aber dann sah linderte alle Pein. Zwei Männer blickten ihn an. Der eine weiß glänzend, wie die Sterne am Nachthimmel. Der andere schwarz wie die Nacht selbst. Er gab ihnen die Namen Ver und Un. Herrscher über Leben und Tod. Endlich konnte Leben auf der Welt entstehen und ein Kreislauf zwischen Entstehen und Vergehen geschaffen werden. Nur leider war die Umgebung zu unwirklich, so das Un die Wesen schon nach kurzer Zeit in sein Reich aufnahm. Und so trafen Satirok und Ver eine Entscheidung. Erneut griffen sie zu den Sternen, sich der Gefahr bewusst. Gemeinsam konnten sie jedoch die unbegrenzten Mächte beherrschen und die letzten sechs der neun alterwürdigen Götter formen. Akos, Gott des Tages, Wächter des Lichtes und Hüter der Sonne. Seine Schwester Lasia, Göttin der Nacht, Gebieterin über die Dunkelheit und Bewahrerin der zwei Monde. Danach folgten die Götter der vier Elemente. Naquine, Rek, Chiloia und Sales. Gebieter über Wasser, Erde, Feuer und Luft. Die Elementaren besahen sich ihre neue Heimat und schmunzelten. Es lag viel Arbeit vor ihnen. Sales, der Gott der Winde, kreierte Luft, welche von den verschiedensten Wesen geatmet werden konnte, ohne das sie dabei zu Grunde gingen. Naquine, Gebieterin des Meeres, erschuf die Ozeane und Seen. Flüsse und Bäche. Wolken und die unterirdischen Adern. Rek, Gott der Felsen, fomte die Erde, wie sie seiner Fantasie entsprach. Gebirge und Täler, Inseln und Küsten. Zuletzt erweckte Chiloia, die Flammenherrscherin, das Feuer in ihrer reinsten Form. Magma floss durch das Erdreich und erschuf Vulkane. Die vier betrachteten Zasajaka und waren mit ihrem Werk mehr als zufrieden. Nun konnten Licht und Dunkelheit das Werk vollenden. Sie brachten den einst starren Erdklumpen in Bewegung. Die Welt fing an sich auf der Stelle im Kreis zu drehen und Tag und Nacht entstanden. Anschließend legten sie unsichtbare Ketten zwischen Sonne und Zasajaka, wodurch die Welt um das himmlische Gestirn kreiste. Die drei Jahreszeiten waren geboren. Nun waren alle Bedingungen erfüllt. Leben konnte entstehen und bestehen. Vers Stunde hatte nun geschlagen. Menschen waren die ersten Geschöpfe welche die Welt betraten. Ihnen folgten Elfen und Zwerge, Orks und Drachen, Gnome und viele weitere Völker. Zusätzlich schenkte er der Welt verschiedene Tiere, die sich Erde, Wasser und Luft, je nach ihrem Geschmack, als Heimat auserkoren. So entstand unsere Welt, wie wir sie heute kennen. -Die Chroniken von Zasajaka, Kapitel I Die Geburt der Götter und die Erschaffung der Welt Kapitel 1: I. Die Invasion -------------------------- 561 n.A. im zweiten Monat Akat, Jelanar, Hauptstadt Jelus Der Lärm der tobenden Schlacht hallte nur leise in das kleine Zimmer. Er erschien der jungen Frau nicht lauter als das klirren ihrer Rüstung. Endlich befanden sich Brustpanzer, Arm- und Beinschutz über dem Waffenrock. Roter Stahl glänzte auf ihrer Stirn und schimmerte zwischen ihren pinken Haaren hindurch. Behutsam schwang sie sich den grünen Umhang über die Schultern und befestigte ihn an der Rüstung. Ihre blauen Augen funkelten vor Trauer und Zorn und ihr sonst so fröhliches Lächeln war nun nicht mehr als ein ernster, grimmiger Blick. Wie konnte es nur so weit kommen? Ihre zarte Hand griff nach dem langen Speer, der an der Wand ruhte und auf seine Herrin wartete. Bereit für den Kampf. Schritte halten über den Flur vor ihrer Tür. Das schwere Eichenholz wurde mit solcher Wucht nach vorne gedrückt, dass die Tür fast aus ihrer Verankerung fiel. "Was habt ihr hier noch zu suchen?" Ein Mann von mehr als zwei Metern Körpergroße betrat das Zimmer des Mädchens. In seinen Augen spiegelte sich die Sorge. Die grauen Haare hingen in langen Strähnen bis zur Schulter herab. Die graue Rüstung die er trug war schlicht, aber dafür sehr massiv und sie bot dem Gegner kaum eine Schwachstelle die er hätte anvisieren können. "Ich bereite mich auf den Kampf vor, was sonst?" "Das kommt gar nicht in Frage ihr müsst fliehen und zwar unverzüglich." "Nein das werde ich nicht tun." Antwortete sie trotzig. Beschwörend hob der Mann beide Hände. Von seiner Schwertklinge tropften rote Perlen des kostbaren Lebenssaftes. "Prinzessin ich bitte euch. Dies ist weder ein Trainingskampf noch ein kleines Scharmützel. Dies ist eine Schlacht, blutiger und brutaler als ihr sie euch vorstellen könnt. Ich zweifle nicht an euren Fähigkeiten aber euch fehlt noch die nötige Erfahrung und Sicherheit." Beruhigend legte der Krieger seine riesige Hand auf die bebenden Schultern der Frau die mit den Tränen rang. "Außerdem musstet ihr noch niemals jemanden töten. Und ich hatte gehofft, dass das für immer so bleiben würde. Wie mir scheint habe ich mich getäuscht." "Dann muss ich es eben jetzt lernen." "Nein! Nein. Es ist noch zu früh, glaubt mir Prinzessin eure Zeit wird erst noch kommen. Nun ist es wichtig das ihr überlebt, denn ohne euch wird unser Reich untergehen." "Nein Rulon! Ich kann doch nicht einfach fliehen." Tränen quollen aus den Augenwinkeln hervor, rollten sanft über das noch viel zu junge Gesicht und sammelten sich an ihrem Kinn um dort in die Tiefe hinab zu gleiten. "Ich werde euch nicht alle im Stich lassen. Ich bin ebenso ein Teil der königlichen Garde wie du und für die Sicherheit meines Vaters verantwortlich. Außerdem kann ich als Prinzessin nicht einfach so zusehen wenn mein Volk leidet." "Und wie wollt ihr euch um euer Volk kümmern wenn ihr im Kampf fallt?" Grollte Rulon. Entschlossen und mit grimmigem Blick richtete sich der Mann zu seiner vollen Größe auf. "Wie ihr selbst sagtet seit ihr Teil der königlich Garde und als euer General und Vorgesetzter BEFEHLE ich euch zu fliehen und euer Leben zu retten." Er sagte das so entschieden, dass jedes Widerwort schon vorher zerschmettert wurde. Stumm nickte die Thronfolgerin und folgte ihrem Mentor auf den Flur, wo ein junger Mann auf sie wartete. Er trug ein langes blaues Gewand mit metallenen Schulterplatten, einen Umhang der innen rot und außen blau war, sowie eine weiße Hose und lange, blaue Stiefel. Seine Augen waren ebenso blau wie die der Prinzessin. Auf seiner Stirn prangte ein teures, goldenes Diadem, dessen Enden unter den hellroten Haaren verschwanden. Die rechte Hand ruhte auf dem Griff des Rapiers während die Augen wach hin und her zuckten. Er lächelte der Prinzessin aufmunternd zu aber in seinen Augen lag die gleiche Traurigkeit wie in den ihren. "Der Fürst wird euch begleiten." Rulon nickte dem jungen zu. "Ich lege Ihre Sicherheit in eure Hände. Beschützt sie mit all euren Kräften." Der Fürst nickte. "Und wenn ich mein Leben für sie opfern muss. Ich verspreche euch das ihr nichts geschieht solange ich noch dieses Schwert halten kann." In den Worten des jungen Mannes lag keine Furcht. Er war bereit zu sterben, wenn dies seine Bestimmung sein sollte. Er war bereit zu sterben, wenn dies dazu beitrug seine Prinzessin zu schützen, sein Land zu retten. "Ihr beiden seid die Hoffnung von Jelanar. Selbst wenn unsere Hauptstadt fällt, selbst wenn unser Reich fällt. Solange ihr beide überlebt können wir hoffen. Hoffen, dass das Licht zu uns zurückkehrt. Haltet immer zusammen ihr beiden und überlebt." Der alte Krieger umschloss die beiden mit seinen kräftigen Armen und erlaubte sich ein einziger Träne der Trauer. Dann gab er die beiden frei und Schritt über den langen Flur. Es war Zeit das er auf das Schlachtfeld zurückkehrte. "Rulon! Versprich das wir uns wieder sehen!" "Ich verspreche es Prinzessin." Der Mann drehte sich nicht um als er antwortete. Er wusste das er seine Prinzessin belog und sie wusste es auch. Für sie gab es kein wieder sehen. Sein Schicksal war es hier, an der Seite ihres Vaters zu kämpfen und zu sterben. Die beiden jungen Menschen setzten sich erst in Bewegung als der Krieger aus ihrem Sichtfeld verschwunden war. Sie rannten genau in die entgegen gesetzte Richtung. Jetzt war es wichtig das sie schnell die Küche des Schlosses erreichten. Einer ihrer Ahnen hatte darauf wert gelegt, dass der Geheimgang, welcher aus dem Schloss führte, nicht im Thronsaal oder in der Bibliothek war, wo man ihn erwartete. Die beiden rannten lange Korridore entlang. Wann immer die junge Frau aus den großen Fenstern sah bot sich ihr das selbe Bild. Die Soldaten und Soldatinnen ihres Vaters leisteten erbitterten Widerstand gegen die feindliche Übermacht aber sie verloren immer mehr an Boden. Sie würden verlieren, daran bestand kein Zweifel. Die Soldaten wussten es ebenso gut wie sie und gerade deshalb kämpften sie so verbissen. Sie wollten dem Gegner zeigen das Jelanar nicht wehrlos war. Aber dem Untergang ihres Reiches würden sie damit leider nicht verhindern können. Jetzt konnte nur noch ein Wunder helfen. Ein Wunder auf welches die Prinzessin vergebens wartete. Die beiden preschten um die letzte Biegung und der Rotschopf stieß die Küchentür auf. Sie blickte noch einmal schnell über ihre Schulter um sicher zu gehen das ihnen niemand gefolgt war und trat dann durch die Tür, welche der junge Mann wieder hinter ihr verschloss. Zusammen betasteten sie eines der Regale in denen sich Töpfe und Pfannen stapelten bis er den Mechanismus gefunden hatte, welcher den Geheimgang öffnete. Eine Tür aus Stein schwenkte lautlos in die Küche hinein und wies ihnen den Weg in absolute Dunkelheit. Kurz entschlossen packten sich beide die längsten Äste die sie im Holzspeicher für die Öfen fanden und entzündeten einen der Holzscheite im immer noch glimmendem Feuer. Mit einem mulmigen Gefühl betraten sie das Tunnelsystem. Würden sie sich hier verlaufen gäbe es keine Rettung für die beiden. Zögernd schlossen sie die Geheimtür hinter sich. Als die Steine an ihren Ursprünglichen Platz zurückgekehrt waren konnte die Prinzessin förmlich spüren wie die macht der Finsternis sie umarmte. Die Dunkle Göttin hieß sie in ihrem Reich willkommen. Mit einem großen Kloß im Hals schritten die beiden Vorwärts. Die Augen nach vorne Gerichtet, während die Gedanken bei den Zurückgelassenen verweilten. Währenddessen, im inneren Schlosshof: Nach Atem ringend sank Rulon auf die Knie. Seine Rüstung war rot vom Blut und seine Schwertklinge dürstete immer noch nach dem Blut der ungebetenen Gäste. Hinter sich hörte er das schwere, vertraute Atemgeräusch seines Herrschers. Es war schon lange her das sie beide Seite an Seite kämpfen mussten und wäre die Situation nicht so eindeutig würde er sich darüber freuen. "Ich kann bald nicht mehr alter Freund. Stellt euch darauf ein, dass bald niemand mehr da ist der euch den Rücken freihält." "Ihr beliebt wohl zu scherzen Hoheit." Rulon erhob sich. Den tödlichen Blick auf die Feinde gerichtet und das Schwert fest in der Hand. "Solange ich noch Lebe, solange eure Garde noch nicht besiegt ist, werdet ihr nicht sterben." Der Krieger lächelte seinem König über die Schulter zu. Dieser sah seinen Beschützer kurz freundlich an und erlaubet sich dann einen Blick in den dunklen Himmel. "Es ist Schade das es so enden muss. Ich Verstehe es nicht. Ich hoffe nur, dass es meiner Tochter und dem Fürsten gut geht." Der Herrscher von Jelanar hob seinen imposanten Zweihänder und sein Schlachtruf hallte über den Schlosshof und wurde von den massiven Wänden zurückgeschleudert. Mit neuer Begeisterung warfen sich die Soldaten des Reiches gegen die Eindringlinge. Für jeden Verteidiger der starb fielen zwei der Angreifer. Dennoch fielen die äußeren Mauern und kurz darauf auch die inneren Mauern vollständig in den Besitz der feindlichen Übermacht. Feuer begannen in der Stadt verstärkt Fuß zu fassen und grelle Flammen züngelten zum Himmel empor. Asche regnete in den Schlosshof und erschwerte den kämpfenden das Atmen. Rulon fluchte als sich ein Pfeil durch seine lädierte Rüstung bohrte. Der Krieger brach den Schaft des Geschosses ab und ignorierte die stechenden Schmerzen. Seine Klinge bahnte sich weiterhin ihren Weg durch Rüstungen, Fleisch und Knochen. Auch die Waffe des Königs durchtrennte pfeifend mehr als nur Luft. Der Hof war zu einem bizarren Abbild des Krieges geworden. Einem Krieg, der mehr als nur diese Stadt verschlingen sollte. Später, aus dem frühen Abend war bereits Nacht geworden, abseits der Stadt: Steine hüpften den leichten Abhang hinab. Mitten im massiven Felsgestein tat sich ein großes Loch auf. Vorsichtig spähte ein Gesicht hinaus und sicherte die Umgebung in alle Richtungen ab. Erst als er keine Gefahr ausmachen konnte kletterte der junge Fürst nach draußen und bedeutete seiner Begleiterin ihm zu folgen. Sie hatten Glück. Das kleine Bot, welches im Fluss sacht hin und her schaukelte war nicht entdeckt worden. Die Prinzessin kletterte auf die wackligen Bretter während der junge Mann die Taue löste. Mit schwerem Herzen betrachteten die beiden das in der ferne brennende Jelus. Schon morgen würde von der einstmals prächtigen Hauptstadt nichts mehr übrig sein. Leise tauchten die Paddel ins Wasser und drängten das Gefährt der beiden Überlebenden nach Norden. Sie waren noch lange nicht sicher. Erst mussten sie ihre Heimat verlassen und das konnte nur an Bord eines richtigen Schiffes gelingen. Sollten sie die Hafenstadt Sanur nicht vor ihrem Feind erreichen war vermutlich alles umsonst gewesen. Leider wussten die beiden nicht ob die Zeit ihr Verbündeter war... ___________________________________________________________________________ Jaja... schon wieder ein neues ff^^" Die Idee kam mir ganz spontan und ich konnte einfach nicht wiederstehen, zudem fehlt mir für die anderen geschichten zur zeit iwie die inspiration hoffe das Kibobannin dem ein oder anderen gefällt und freu mich schon mal auf eure kommis ;) Kapitel 2: II. Der Anfang des Krieges ------------------------------------- II. Der Anfang des Krieges 559 n.A. im elften Monat Kur, Kaiserreich Aganon, Hauptstadt Alantinon "Wooohhhh!" Wie jedes mal staunte das Mädchen, als das gewaltige Alantinon sich ihnen zeigte. Selbst König Julka von Jelanar, der in einer der schönsten Städte des Kontinents residierte war sprachlos. Inmitten der staubigen Wüste schimmerte es blau von den unzähligen Dächern der Stadt. Das Wasser des Grabens, der die Stadt schützte schimmerte sanft. Auch das glitzern der zahlreichen Teiche erschien der kleinen Reisegruppe fast göttlich. Es war einfach erstaunlich das sich in diesem, sonst so toten Teil des Landes Leben behaupten konnte. Unzählige Kanäle transportierten das kostbare Blau durch die gesamte Stadt und förderten das Gedeihen der Palmen und Sträucher, welche der Stadt einen angenehmen grünen Ton gaben. Die Häuser sahen prunkvoll aus mit ihren blauen Dächern aus kostbarem Meerstein und den zahlreichen gewundenen Türmen, die jedes Gebäude wie ein Schloss erscheinen ließen. In der Stadtmitte erhob sich der Kaiserpalast, das Ziel des Königs und seines Gefolges. Der Palast war genauso aufgebaut wie die Häuser des einfachen Volkes, nur viel größer und überwältigender. Der Sandstein der Mauern strahlte in der Sonne und raubte einem fast die Sicht. Nur mühsam konnten sich die Menschen aus Jelanar von diesem fantastischen Bild loslösen und ihren Weg, die Dünen hinab, fortsetzen. Einige Minuten später, vor den Toren der Kaiserstadt Die Soldaten salutierten sofort als sie den König Jelanars erkannten. Einige Offiziere kamen auf die Reisenden zu und verbeugte sich knapp. "Es freut mich euch zu sehen euer Hoheit. Wir erwarten euch schon seit zwei Tagen und der Kaiser hatte bereits angefangen sich sorgen zu machen." "Verzeiht. Unsere Pferde sind das trockene Wüstenklima nach wie vor nicht gewöhnt, wodurch wir gezwungen waren des öfteren zu rasten." Die freundliche Stimme des Königs passte zu seinem gütigen Blick. Er war der weiseste Herrscher auf Orun und sein Volk liebte ihn für seine Güte. Auch die anderen Herrscher sahen in ihm einen klugen Kopf und schätzten ihn deshalb als Freund und Verbündeten. Die Freundschaft zwischen ihm und Kaiser Aion V war jedoch älter. Die beiden lernten sich während ihres Dienstes in der Orunischen Armee kennen. 537 - 539 n.A. , Erinnerungen König Julkas Im siebenten Monat Maschar wurde der Kontinent von einem unbekannten Feind bedroht. Es handelte sich um Menschen und Ejantis, einem Volk, welches schon seit fast einem Jahrtausend nicht mehr auf Orun existierte. Die Ejantis waren einst Menschen, bis sie von Naquine, der Göttin des Meeres, berührt wurden und ihr Fleisch und ihre Haut zu Wasser wurden. Sie kamen von jenseits des glänzenden Meeres und griffen des Königreich Halun ohne jede Vorwarnung an. Als Inselreich hatte Jelanar damals, wie heute immer noch, eine der am besten ausgerüsteten Seeflotten, weshalb das überrumpelte Halun Jelanar um Hilfe bat. König Julkas Vater hatte damals sofort seine Hilfe versichert und das gesamte Herr mobil gemacht. Kurz darauf fingen die Eindringlinge an das Kados Archipel zu überfallen um die Jelanarische Flotte dort zu binden. Allerdings wurde dadurch das Königreich Tunan auf die Gefahr aufmerksam und sicherte Jelanar und Halun seine Unterstützung zu. Dem Kaiserreich Aganon blieb als Tunans verbündetem nichts anderes übrig als ebenfalls in den Kampf zu ziehen. Das vereinte Herr dieser vier Länder, Jelanar, Halun, Tunan und Aganon, wurde Orunische Armee genannt. Die meisten Kämpfe der vereinten Streitkräfte fanden auf hoher See statt, wo die Überlegenheit der Ejantis deutlich zum Vorschein kam. Einige Schlachten wurden aber auch an Land ausgetragen, an der Küste Haluns. Dort lernte der damals sechzehnjährige Julka den siebzehnjährigen Aion V kennen. Die beiden Prinzen kämpften Seite an Seite und verteidigten Halun und damit ganz Orun in acht Schlachten an Land. Bis schließlich, zwei Jahre nach dem Beginn der Kämpfe, im Akat, die feindliche Flotte in die Flammenbucht gelockt und zerschmettert wurde. Es gab keine Gefangenen. Aber diese letzte Schlacht hatte unzählige Leben gefordert. Unter anderem das von Prinz Aions kleinem Bruder und das Leben des Königs von Halun. Zurück in der Gegenwart, die Gruppe bahnte sich einen weg durch die Stadt Die Pferde trabten ruhig durch die ungepflasterten Straßen. Der Wüstensand war durch die ständige Begehung so fest das man keine Steine brauchte um ihn begehbar zu machen. Nur in der Regenzeit wurde aus dem festen Boden eine gefährlich matschige Substanz. Die Menschen bestaunten die prächtig gekleideten Personen auf den, für das Kaiserreich sehr ungewöhnlichen Tieren. Die Aganier waren an Pferde nicht gewöhnt. Das Kaiserreich griff auf Grund des großen Wüstenanteils lieber auf Kamele und Zjakale zurück. Diese großen Echsen waren überaus Hitzeresistent und erstaunlich pflegeleicht. Allerdings waren Zjakale auch nicht ganz ungefährlich, weshalb sie ein langes Training absolvieren mussten bevor sie als Reittiere genutzt werden durften. Die Straße kroch indes einen kleinen Hügel hinauf, auf welchem der Palast stand. Das riesige Palasttor war mit etlichen Edelsteinen verziert, von geübter Zwergenhand geschliffen. Auch die Runen waren zwergischen Ursprungs und dienten als zusätzliche Verzierung. Leider beherrschte der König die Sprache und Schrift der Zwerge nicht, wie fast alle Menschen Oruns. Die Soldaten am Tor ließen sofort die Fanfarnen erklingen als sie den König kommen sahen. Geräuschlos schwangen die riesigen Torflügel auf und ließen die Jelanarer in die Palastanlage hinein. Einige Bedienstete stürzten heran und halfen den Besuchern beim absteigen um sich danach um das recht spärliche Reisegepäck und die Tiere zu kümmern. Das junge Mädchen, welches die ganze Zeit über die prächtige Stadt bewundert hatte, wie schon so oft zuvor, stürmte fast sofort drauflos. "Warte Nikajana!" Schrie der König seiner Tochter noch hinterher aber die Prinzessin hörte ihn schon gar nicht mehr. "Keine Sorge euer Majestät. Ich kann mir denken wo sie hin will. Ich werde ihr folgen und ein Auge auf sie werfen." Julka nickte Rulon dankend zu. Er wollte zuerst zu Kaiser Aion, danach konnte er seine Tochter immer noch maßregeln. Glücklich, endlich die Reise hinter sich zu haben, betrat der König den Palast, dicht gefolgt von den drei Soldaten seiner Garde. Währenddessen im inneren Palasthof von Alantinon Ein Vogel mit gelblichem Gefieder saß auf der Hand eines Mädchens und putze seine Federn. Die Sonne strahlte zwischen den Pappeln hindurch und spendete angenehme Wärme. Die hüftlangen, orangenen Harre glänzten im Licht und umschmiegten die Schultern der vierzehnjährigen. Sie trug ein Gewand in verschiedenen Blautönen und einen goldenen Halsreif welcher mit Saphiren verziert war. Ihre Haut war ungewöhnlich hell, zumindest für aganische Verhältnisse. Vorsichtig strich sie dem Tier mit dem Handrücken über den kleinen Kopf. Der Sonnentänzer genoss die Zärtlichkeiten und gurrte zufrieden. Das Mädchen kicherte und ihre blauen Augen strahlten förmlich vor Freude. Aufgeregt flatterte das kleine Wesen mit den Flügeln als ein laut lachendes Mädchen auf den Palasthof stürmte. Das pinkhaarige Mädchen winkte mit der linken Hand und strahlte über das ganze Gesicht. "Djaala! Ich bin wieder da, wie versprochen!" Schrie sie über den ganzen Hof. Djaalas gefiedertem Freund wurde das ganze allmählich zu laut. Verärgert flatterte der Sonnentänzer davon. Das Mädchen in dem blauen Gewand erhob sich und umarmte ihre gleichaltrige Freundin. "Es ist schon viel zu lange her dass wir uns gesehen haben Nika." Die Prinzessin Jelanars hatte sich mittlerweile an ihren Kosenamen gewöhnt, welchen aber nur Djaala verwenden durfte. Allen anderen hatte sie es streng verboten. "Wie geht es dir Nika? Und seit wann trägst du eine Rüstung?" Die Prinzessin drehte sich einmal im Kreis um ihre rote Rüstung besser zu präsentieren. "Die wurde extra für mich angefertigt. Sie ist zwar noch ein wenig zu groß aber Papa meinte dass ich da eh noch rein wachse." Ihre blauen Augen glänzten voller Stolz und Djaala hörte wie gebannt zu. "Rulon hat Papa überredet mich in die königliche Garde aufzunehmen. Er meinte dass es gut ist wenn ich das kämpfen lerne. Außerdem motiviert es wohl die Garde wenn ein Mitglied der Königsfamilie mit ihnen kämpft und mit ihnen auf einer Stufe steht. Rulon unterrichtet mich jetzt. Wir üben fast jeden Tag. Ich kann schon richtig gut mit dem Speer umgehen. Leider habe ich ihn zu Hause vergessen sonst würde ich dir ein wenig zeigen." "Eine Soldatin die ihre Waffe vergisst? Jelanar tut mir richtig Leid." Neckte Djaala. Nika stemmte beleidigt die Arme in die Seiten und blickte ihre Freundin trotzig an. Aber nach wenigen Liedschlägen mussten beide lachen. Sie kannten sich zu gut und waren zu gute Freundinnen. Sie konnten einander noch nie lange böse sein. "Guck mal da kommt er ja!" Rief die orange haarige und winkte dem riesigen Krieger zu, der fast lautlos auf sie zustapfte. "Es freut mich euch wohlauf zu sehen Prinzessin Djaala." Der Krieger neigte leicht den Kopf als Zeichen der Ehrerbietung. "Wie geht es euch Prinzessin? Ich hörte dass euch euer Vater täglich studieren lässt." Nika hörte Rulon neugierig zu und musste sich sehr zusammenreißen um die Neuigkeiten nicht aus ihrer Freundin rauszupressen. "Ja, das stimmt." Bestätigte die Prinzessin Aganons. "Mein Vater lässt mich zur Weißmagierin ausbilden. Unsere Hofmagier haben letztes Jahr überraschend festgestellt dass ich ein wenig Potential besitze." "EEECHT?!" Platzte es aus Nikajana heraus die ihre Freundin noch einmal stürmisch umarmte. "Das ist ja großartig. Meine Freundin wird eine Weißmagierin!" "Nun ja, nur wenn du sie jetzt nicht erwürgst." Hallte die kräftige Stimme Kaiser Aions durch den Hof. Der Herrscher des Kaiserreichs stand mit König Julka in dem steinernen Torbogen, welcher einen der zahlreichen Korridore mit dem Hof verband. Vor Schreck nahm Nika sofort die Arme von Djaala. Sie zwinkerte kurz und blickte dann verlegen ihre Freundin an die ihr nur zuzwinkerte. "Tut mir Leid Onkel Aion. Ich hab mich nur so für sie gefreut." Aion V schmunzelte nur während Djaala König Julka begrüßte. "Ihr beiden könnt noch ein wenig hier bleiben. Aion und ich müssen noch einige Dinge besprechen. Rulon wird aber auf euch aufpassen." Die beiden Mädchen nickten fast zeitgleich und setzten sich in den Schatten der nächsten Palma, um einander zu berichten, was sie so alles in letzter Zeit erlebt hatten. Die beiden Männer wandten sich von ihren Töchtern ab und gingen schweigend in Richtung Audienzzimmer. Im Audienzzimmer des Palastes von Alantinon Die beiden Herrscher saßen auf dem großen Balkon. Die Sessel waren außerordentlich bequem und auf dem kleinen Tisch standen eine Kanne Tee und zwei Tassen, in denen die hellrote Flüssigkeit dampfte. "Wie geht es eurer Frau?" Fragte Julka nach langem Schweigen seinen alten Freund. "Nicht besser." Kam die ernüchternde Antwort. "Unsere Weißmagier können nicht viel für sie tun. Die Weißmagier anderer Reiche suchen zwar auch nach einem Mittel gegen ihre Krankheit aber bisher ohne Erfolg." Der König Jelanars nickte schwer. "Sag mir bescheid wenn du Hilfe brauchst. Die Tore meines Landes stehen dir jederzeit offen." "Danke Julka. Ich weiß deine Freundschaft wirklich sehr zu schätzen." Die beiden betrachteten die Sonne, welche sich langsam auf den Weg in ihr Nachtlager machte, um dem Mond zu weichen. Langsam griff der König nach seiner Tasse und nippte an dem leicht bitteren Tee. "Ich hab deinen Sohn noch gar nicht gesehen. Ist er nicht hier?" "Alandrus macht eine Reise durch unser Land. Er wird irgendwann Kaiser sein und da ist es wichtig dass er jede Region seines Reiches schon einmal gesehen hat." Julka nickte. Ein Herrscher musste sein Land und sein Volk kennen. Das war seiner Meinung nach eine Grundsäule der Herrschaft. "Jelanar geht es vermutlich wie immer gut?" "Natürlich. Wie sollte es auch anders sein mein Freund? In meinem kleinen Jelanar ist kaum Platz für große Veränderungen. Aber in Aganon ist es ja auch seit vielen Jahren wieder ruhig." "Und das bleibt Hoffentlich auch so." "Ich glaube schon. Dein Volk steht hinter dir und selbst die Granitfäuste sind seit deiner Ernennung zum Kaiser still." "Stimmt. Aber ich habe den Zwergen auch viele Rechte gewährt, die sie lange Zeit nicht hatten." Und wieder senkte sich die Stille über den Balkon. Im Thema Zwerge hatten die beiden SEHR verschiedene Meinungen, weshalb keiner von ihnen das Thema weiter vertiefen wollte. Sie hatten in der Vergangenheit schon oft genug Diskussionen darüber geführt. Schweigend tranken die Herrscher den bitteren aber beruhigenden Tee. "Was hältst du von dem neuen Land auf Orun?" "Du meinst die Republik Talkana?" Der Herrscher Aganons zuckte mit den Schultern. "Ein Land das von Vertretern des Volkes regiert wird. Was soll man davon schon halten. Die Zeit wird zeigen ob dieses Land eine Daseinsberechtigung hat oder nicht." Julka nickte kurz. Es war erstaunlich wie schnell die Rebellen König Sigurd gestürzt hatten. Der Ruf nach Freiheit hatte sich in dem Land, in dem Versklavung zum Alltag gehörte, wie ein Lauffeuer ausgebreitet. Nach wenigen Wochen waren die Kämpfe entschieden. Sigurd starb auf der Flucht und die Anführer der Rebellen riefen die Republik aus. Das einstige Sangulin wurde in Talkana umbenannt. Zur Zeit taten sich die Königreiche noch schwer mit der Anerkennung des neuen Landes. Vor allem Aganon würde lange brauchen, dass zumindest konnte der König Jelanars der Tonlage seines alten Freundes entnehmen. Es tat sich zur Zeit einiges auf Orun. Die Frage war nur ob es sich zum besseren oder zum schlechteren wandte. 3 Tage später, an den Palasttoren Die Gruppe um König Julka machte sich wieder zur Abreise bereit. Die letzten drei Tage vergingen wie im Flug. Während die beiden Prinzessinnen miteinander spielten oder sich unterhielten diskutierten die beiden Herrscher. Es wurden neue Handelsverträge abgeschlossen, der Friedensvertrag wurde von beiden erneuert und viele weitere Dinge wurden geklärt. Die beiden Regenten verabschiedeten sich mit einem freundschaftlichen Handschlag. Die beiden Mädchen umarmten einander. "Versprich mir dass du bald wiederkommst Nika." "Das werde ich Djaala, immerhin sind wir doch Freundinnen." "Ja das sind wir. Freundinnen für immer." "Freundinnen für immer." Stimmte Nikajana zu. Einerseits glücklich wieder nach Hause zu kommen aber andererseits auch traurig weil sie ihre Freundin wieder verlassen musste stieg sie auf den Rücken ihres Pferdes. In langsamen Trab verließ die kleine Gruppe die Stadt, die sie erst vor so kurzer Zeit betreten hatte. König Julka war froh, dass er seinen alten Freund wieder einmal gesehen hatte und das der Frieden ihrer Reiche für die nächsten zehn Jahre gesichert war. Er hatte jedoch Angst vor dem Tag, an dem Aions Frau diese Welt verließ. Hoffentlich fanden die Heiler bald ein Mittel gegen ihre schwere Krankheit. Er wusste nur zu gut wie schmerzhaft es war seine Frau zu verlieren. Seine Gattin starb leider bei der Geburt von Nikajana. Hoffentlich blieb seinem Freund dieser Schmerz vorerst erspart. 560 n.A. im fünften Monat Hantar, Kaiserreich Aganon, Hauptstadt Alantinon "Waaaarrruuuummmmm?!" Hallte die verzweifelte Stimme immer und immer wieder durch den Kaiserpalast. Mittlerweile hatte auch das Volk des Reiches die traurige Botschaft erhalten das ihre Kaiserin in den frühen Morgenstunden das Antlitz dieser Welt verlassen hatte. Nur der Kaiser konnte und wollte den Tod seiner geliebten Frau nicht akzeptieren. Seit mehreren Stunden kniete er nun schon neben dem leblosen Körper und hielt die eiskalte Hand der Kaiserin. Nicht einmal seine Tochter hatte es geschafft ihn zur Vernunft zu bringen. Sein Geist versank immer mehr in Trauer und Selbstmitleid. Warum gerade seine Frau? Warum wurde er nur so bestraft? Fragen auf die er keine Antwort fand. Fragen, die seinen Zorn schürten. 560 n.A. im sechsten Monat Marein, Kaiserreich Aganon, Hauptstadt Alantinon Mittlerweile hatte auch der Rest von Orun von dem Verlust der Kaiserin Aganons erfahren und nacheinander kamen die Boten an, die ihr Mitgefühl im Namen der einzelnen Herrscher Kundtaten. Der Kaiser saß auf seinem Thron und lauschte den Worten, die ihn wie Messerstiche trafen. Jedes Reich trieb eine Klinge in sein verwundetes Herz. Mitleid gaben sie ihm. Mitleid?! "Sind sie nicht widerlich? Diese falschen Versprechen!" Der Kaiser wurde von der vertrauten Stimme aus seinen Gedanken gerissen und blickte mit glasigem Blick auf. Neben ihm kniete General Ikes. Ein recht hoch gewachsener Mann mit Hüftlangen, schwarzen Haaren. Er trug braune, hohe Stiefel, eine weiße Stoffhose und ein blaues Gewand. An seinem Gürtel hing das treue Katana. Der fanatische, funkelnde Blick seiner braunen Augen haftete auf dem Gesicht seines Gebieters. "Alle versprechen sie euch ihre Hilfe und ihren Beistand. Haben sie euch dies nicht schon versprochen als eure Frau noch lebte." Der Kaiser zuckte merklich zusammen. "Sie haben euch damals nicht geholfen und werden es auch jetzt nicht tun. Die Weißmagier und Herrscher der anderen Nationen haben über euch gelacht und euch verspottet, wegen eurer Sorge um unsere Kaiserin. Jetzt verachten sie euch und werfen euch ihr Mitleid vor die Füße. So wie man einem Hund einen Knochen hinwirft." "JA... du hast recht." Murmelte der Kaiser geistesabwesend. "Natürlich habe ich Recht mein Gebieter. Ihr konntet es nicht sehen weil ihr noch vom Schmerz des Verlustes benommen seid. Wir sollten ihnen zeigen was wir von Lügnern und Verrätern halten euer Hoheit. Zeigt ihnen, dass sich das Kaiserreich Aganon so etwas nicht gefallen lässt." "Was soll ich deiner Meinung nach den tun Ikes?" Fragte der Kaiser wie in Trance und die folgenden Worte und Sätze des Generals fraßen sich wie Gift in seinen labilen Verstand. "Sie vernichten, mein Kaiser. Zeigt ihnen wie stark und mächtig ihr seid. Dass ihr nicht auf ihr Mitleid angewiesen seid. Wir sind das erhabenste Reich auf Orun, mein Gebieter. Es ist an der Zeit alle Reiche unter uns zu vereinen. Die anderen Könige haben uns mit ihrer falschen Freundschaft betrogen und verdienen den Untergang. Kein Reich soll uns je wieder Betrügen können. Deswegen sage ich euch, mein großer und weiser Anführer, zerschlagt alle die gegen uns sind." Die Lippen des Generals verformten sich zu einem hinterhältigen Lächeln, als er das leichte Nicken Aions bemerkte. Bald würde es Krieg geben. Schon sehr bald. Am folgenden Tag, auf dem Vorhof des Palastes "Bürger Alantinons und Aganons." Laut hallte die Stimme des Kaisers vom Balkon aus über den Vorhof. Sein Volk hing an seinen Lippen. Gespannt darauf was ihnen ihr Kaiser Verkünden wollte. Die Schreiber auf dem Balkon kritzelten eilig, in feiner Schrift die Verlautbarung des Herrschers auf Pergamentrollen. "Seit dem Tod der Kaiserin werden wir von den anderen Völkern Oruns nur noch verspottet. Sie schicken Boten die ihr Mitleid bekunden aber hinter vorgehaltener Hand lachen sie über uns." Aus dem Volk kamen erst vereinzelt zustimmende Rufe aber es wurden langsam immer mehr. Der General lachte innerlich. Seine Getreuen leisteten ganze Arbeit. Wo ein Schaf blökte, blökten bald auch zehn. Es war so schön einfach Menschen zu manipulieren. "Und was haben sie zuvor für uns getan? Nichts! Nur leere Versprechen. Wir wurden belogen und verraten von unseren Angeblichen Freunden." Die Menge tobte mittlerweile vor Erregung. Jeder stimmte dem Kaiser mit lauten Rufen zu oder verfluchte die anderen Könige. "Ich sage euch, meinen treuen Dienern, das hat jetzt ein Ende! Wir werden uns nie wieder von anderen Ländern belügen lassen, denn wir werden sie alle unter dem Banner des Mächtigen Aganon vereinen." Er verstummte kurz um seinen nächsten Worten besonderes Gewicht zu verleihen. "Krieg den Verrätern und Frieden für Orun!" Brüllte Aion und tausende Kehlen erwiderten den Ruf. Ikes und seine getreuen Offiziere grinsten über das ganze Gesicht, zumindest innerlich. Aber nicht alle nahmen diese Kriegserklärung so positiv auf. Djaala war entsetzt und eine junge Frau mit kurzen, blonden Haaren, die mitten in der jubelnden Menge stand war kreidebleich. Einige Stunden später, im Audienzzimmer "Vater bitte überdenke deine Entscheidung noch einmal." "Nein!" "Aber Va..." "Es reicht jetzt Djaala!" "Ihr solltet aufhören eurem Vater zu widersprechen und stattdessen eine gehorsame Tochter sein." "Ihr wurdet nicht nach eurer Meinung gefragt Ikes." "Was habt ihr denn Prinzessin? Gibt es irgendeinen Grund warum ihr Groll gegen mich hegt." "Eure bloße Anwesenheit ist Grund genug." "Damit werdet ihr euch wohl abfinden müssen. Immerhin werde ich euren Vater die nächsten Wochen, Monate, ja vielleicht sogar Jahre in Kriegsfragen beraten." "Ihr habt überhaupt keine Chance. Die anderen Reiche werden sich vereinen und uns ..." "Nein Djaala. Sie werden nicht wissen was passiert bis es zu spät ist." "W... wie meinst du das Vater?" "Der Kaiser will sagen, dass diese Information die Landesgrenzen nicht überwinden wird. Wir werden den Befehl des Kaisers nur in Aganon verbreiten bis unser Heer versammelt ist. Dann werden wir Jelanar überfallen. Da es das kleinste Reich ist wird es schnell fallen, wodurch die anderen Reiche eingeschüchtert sein dürften. Es wird zu keinem Bündnis kommen." "Aber die Spione aus Tunan..." "Werden ihr Ziel nicht Erreichen Prinzessin. Euer Vater war so vorausschauend das er unsere Assasine schon gestern involviert hat. Jeder Verdächtige wird von ihnen eliminiert werden." "Aber... aber... Vater?" "Schluss jetzt! Ich will kein einziges Widerwort mehr hören Djaala. Du gehst auf dein Zimmer. Die Diskussion ist hiermit beendet." Fassungslos verließ die Prinzessin das Zimmer. Wer war dieser Mann der auf dem Thron ihres Vaters saß? Wo war der gütige Herrscher und liebenswerte Vater hin? Noch nie hatte Kaiser Aion so mit ihr gesprochen, noch nie hatte er sie angeschrieen. Was würde nun aus ihr werden? Was würde aus Aganon werden? Und noch viel wichtiger war, was würde aus ihrer Freundin Nika werden? Tränen der Trauer flossen ihr über das Gesicht und das Wissen, nichts tun zu können, was schmerzhafter als jede Verletzung. Währenddessen... Fast fünfzig Kilometer in nordwestlicher Richtung von der Hauptstadt des Kaiserreichs entfernt, jagte ein blondes Mädchen auf einem Zjakal an den Ufern des Besafons entlang. Angstschweiß glänzte auf ihrer Stirn, denn nur wenige Kilometer hinter ihr befand sich der Tod und ihr Überleben hing lediglich von der Geschwindigkeit und Ausdauer ihres Tieres ab. Kapitel 3: III. Auf der Flucht ------------------------------ III. Auf der Flucht 561 n.A. im zweiten Monat Akat, Jelanar, nördlich der Hauptstadt Die See war stürmisch an diesem Morgen. Das kleine Bot neigte sich gefährlich zur Seite und drohte des öfterem, einfach in den Wellen zu versinken. Dunkle Wolken verdeckten den Himmel. Es sah gefährlich nach einem Gewitter aus. Seitdem die beiden Flüchtlinge Jelus verlassen hatten war das Wetter halbwegs annehmbar gewesen. Vor allem der Seegang war sonst ruhig gewesen, wodurch sie recht zügig voran gekommen waren. Der Fürst konnte die Hafenstadt schon in einiger Entfernung sehen. Vermutlich brauchten sie nur noch knapp eine Stunde. Seine Begleiterin merkte von all dem jedoch nichts. Prinzessin Nikajana schlief tief und fest. die Anstrengung durch das permanente Rudern und die Erlebnisse in der Hauptstadt waren zu viel für sie gewesen. Der junge Mann gönnte ihr die Ruhe. Sie hatte sie sich verdient. Leider würde sie in den nächsten Tagen noch sehr viel Kraft brauchen. Dessen war er sich sicher. Selbst wenn sie nun vor ihren Widersachern, unbemerkt, in der Hafenstadt eintreffen sollten, so waren sie doch noch nicht sicher. Erst mussten sie Jelanar hinter sich lassen und Verbündete suchen. Vor allem aber mussten sie erfahren warum sie Angegriffen wurden... und der Fürst wollte unbedingt wissen wer der Angreifer war. Er hatte während ihrer Flucht durch den Palast, genauso wie die Prinzessin aus dem Fenster gesehen. Dabei war ihm aufgefallen, dass die feindlichen Soldaten die Rüstung Aganons trugen. Aber warum sollte das Kaiserreich einen Überfall auf Jelanar wagen. Ihre Reiche waren Verbündete, ihre Herrscher Freunde. Es ergab keinen Sinn. Der Rotschopf erwachte aus seinem Grübeln als sich Nika gemütlich rekelte. "Was ist los Luko? Du siehst so nachdenklich aus." "Hmmm... es sieht nach einem Gewitter aus. Das macht mir ein wenig Sorgen." Er wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Es lag noch viel vor ihnen. Sie mussten beide einen kühlen Kopf bewahren, ansonsten würden sie unweigerlich scheitern. "Dann helfe ich dir beim rudern. So kommen wir schneller vorwärts." "Ihr solltet lieber eure Kräfte schonen Prinzessin." Das pinkhaarige Mädchen winkte ab. "Ich bin ausgeruht genug Luko, mach dir keine Sorgen. Und sag ruhig Nika zu mir. Prinzessin klingt so förmlich. Wir sind doch fast im gleichen alter oder?" "Ähmmm... ja... Nika. Also ich bin 18." Der Fürst konnte seine Verlegenheit nicht verbergen. Er war es nicht gewohnt hohe Personen einfach so mit ihrem Namen anzusprechen. Er war von klein auf zum Staatsmann ausgebildet worden und legte als solcher viel Wert auf die Etikette. "Also bist du 2 Jahre älter als ich." Die junge Frau lächelte Luko an. Sie war glücklich wenigstens einen Freund an ihrer Seite zu haben. Zwar kannte sie den Sohn des Stadthalters von Jelus nicht besonders gut aber das würde sich in den nächsten Wochen bestimmt noch ändern. Wenigstens schien er ein netter Kerl zu sein. Das beruhigte sie ungemein. Nikajana lockerte noch kurz ihre Arme und machte sich dann an das gleichmäßige rudern. Ihre gemeinsame Anstrengung schob sie allmählich, Meter für Meter, ihrem Ziel entgegen. Nur wenig später, an den Docks von Sanur "Ihr Kinder seid wohl Lebensmüde hä? Sich bei solchen Wetter auf den See hinaus zu machen?" Der Fischer, der gerade ihr kleines Bot an einem der Stege vertäute musterte die beiden Flüchtlinge skeptisch. "Ihr kommt net von hier wa?" Skeptisch musterte der Mann die teure Kleidung der beiden und zuckte schließlich mit den schmächtigen Schultern. "Na mir solls egal sein. Kommt. Ich bring euch in unsre Kneipe. Das ganze Dorf ist dort versammelt. Unser Bürgermeister will irgendwas verkünden." Der Fischer schritt voraus und die beiden folgten nach kurzem Zögern. Luko blickte noch einmal in den mittlerweile pechschwarzen Himmel. Die ersten Blitze zuckten in einiger Entfernung über das Wasser und die Wolken gaben den üblichen, donnernden Laut von sich. Zu ihrem Glück hatten sie Sanur noch rechtzeitig erreicht. Ansonsten wären sie einfach ertrunken. Kein sehr wünschenswerter Tod. Neugierig bahnten sich die drei ihren Weg durch die engen Gassen der Hafenstadt. Die Häuser waren sehr einfach und zweckmäßig. Quadrate und Rechtecke aus massivem Stein. Hier an der Ostküste, wo es oft schwere Gewitter gab, waren Lehmhütten mit Holz- und Strohdächern, wie sie im Landesinneren teilweise vorkamen, nicht sehr sinnvoll. Die Straßen waren ebenfalls mit Steinen gepflastert, während es an den Seiten Rinnen gab, durch welche das Wasser abfließen konnte. Generell war die Stadt sehr gut an das Unfreundliche Wetter angepasst. Wetter, das man im nur wenige Tagesreisen entfernten Jelus merkwürdigerweise kaum kannte. Nach einigen Minuten erreichten sie einen großen Platz, auf dem eine kleine Statue des Stadtgründers stand. Die anliegenden Häuser hatten alle kleine Verkaufsstände vor ihren Türen, die nun jedoch leer waren. Auch in der Nähe des steinernen Riesen waren einige Holzgerippe der eigentlichen Marktstände zu sehen. Aufgrund der Witterung war allerdings schon alles sicher verstaut. Der Fischer hielt zielstrebig auf ein etwas größeres Gebäude zu, über dessen Tür ein Holzschild hin und her wackelte. "Zur Seeschlange" war in großen Lettern in das Holz geritzt. Leichtfüßig erklomm der ältere Man die zwei Stufen und öffnete die Tür. "Immer herein, nur kene falsche Scheu." Luko sah der Prinzessin besorgt nach, die sich sofort in die Taverne begab. Für ihn roch das Ganze stark nach einem Hinterhalt. Er konnte nur beten dass ihre Feinde noch nicht eingetroffen waren, oder dass ihnen zumindest nichts geschah. Mit ernster Miene folgte er seiner Schutzbefohlenen in das, von Kerzen hell erleuchtete Haus. "Ho! Wir haben Besuch!" Lukos linke Hand flog förmlich an den Griff seines Rapiers. Schnell sah er sich im Raum nach möglichen Feinden um. Die Versammlung drehte sich indes zu den drei Personen um. Lediglich zwei vermummte Gestalten hockten, jeder für sich, an den beiden hintersten Tischen. Der junge Fürst betrachtete zwar nun die Menschenmenge, die sich ihnen zugewandt hatte, blickte jedoch auch immer wieder zu den beiden, die ihm mehr als Verdächtig erschienen. Ein Mann, Mitte 30, mit einem langen, schwarzen Bart und schulterlangen Haaren näherte sich ihnen mit einem freundlich Lächeln. "Mein Name ist Okasi. Ich bin der Bürgermeister dieses Dorfes." Okasi verneigte sich leicht vor den Neuankömmlingen. "Was verschafft uns die Ehre so hohen Besuch empfangen zu dürfen? Denn eurer Kleidung nach zu Urteilen seid ihr Adlige unseres Landes." "Ihr seid ein guter Beobachter." Entgegnete der Rotschopf. "Wer wir sind kann euch egal sein. Wir wollen nur eine Überfahrt nach Tunan, mehr braucht ihr nicht Wissen." Der Bürgermeister machte ein leicht zorniges Gesicht. Die, eindeutig, abweisenden Worte, welche der junge Mann, nach wie vor, in einem sehr freundlichen Tonfall hervorgebracht hatte wollte er nicht einfach so akzeptieren. "Seid ihr etwa Flüchtlinge aus dem Niedergebrannten Jelus?" Luko zeigte keinerlei Reaktion um sich nicht zu verraten. Er hatte aber nicht an die Prinzessin gedacht, die bei diesen Worten merklich zusammenzuckte. Es war nur ein kurzer Moment. Eine winzige Chance eine Information über die beiden jungen Leute zu erhalten. Die Versammlung hatte sie jedoch nicht bemerkt. Der rechte der beiden Vermummten hingegen schon. Wie eine Raubkatze schoss er nach vorne. In der rechten Hand funkelte die todbringende Dolchklinge. Der Fürst stellte sich hastig vor Nikajana. Die Waffe vor sich haltend suchte er den Gegner, der die Versammlung als Sichtschutz nutzte. "Verdammter Feigling! Zeig dich endlich." Nur einen Wimpernschlag später tat ihm diese Äußerung bereits Leid. Der Vermummte sprang unvermittelt, links neben ihm aus der Menschenmenge hervor. Der Dolch durchschnitt die Luft und Luko wollte nicht herausfinden was diese Waffe noch alles durchtrennen konnte. Er zog sein rechtes Bein wenige Millimeter nach hinten um einen festeren Stand zu haben und platzierte die dünne Rapierklinge, um den Dolch zu blocken. Er hatte noch nicht einmal seine Stellung richtig eingenommen, als Blut seine Kleidung besudelte. Lukos Augen weiteten sich als der Attentäter vor ihm zuckend zusammenbrach. Ein Wurfmesser hatte sich von hinten in seinen Hals gebohrt und seinem Leben ein kurzes und schmerzloses Ende bereitet. Der zweite Vermummte saß immer noch auf seinem Platz. Die Beine lässig auf dem Tisch übereinander geschlagen. Seine Hand ruhte noch immer in der Luft. Die dunklen Augen starrten auf die beiden Flüchtlinge und jagten ihnen einen kalten Schauer über den Rücken. "Wer auch immer ihr seid." Sprach die rauchige Stimme. "Ihr solltet besser auf die Prinzessin aufpassen, wenn ihr sie schon nicht tarnt." Aufgeregtes Gemurmel war nun überall zu hören. Einige verbeugten sich sogar oder ließen sich sogar auf die Knie fallen. Nun trat auch ein Mann hervor, der die Uniform der jelanarischen Armee trug. Demütig ließ er sich vor der Prinzessin auf ein Knie herab. "Bitte verzeiht dass ich euch nicht erkannt habe. Meine Unaufmerksamkeit hätte euch soeben das Leben kosten können. Wenn ihr mich bestrafen wollt könnt ihr das gerne tun eure Hoheit. Aber bitte verschont meine Männer, ich werde dafür sorgen dass von nun an alle genau kontrolliert werden, die die Stadt betreten wollen." Nikajana stammelte vor sich hin. Sie wusste überhaupt nicht was sie zu dem Mann sagen sollte der da vor ihr kniete. "Ihr seid der Kommandant der örtlichen Miliz?" "Ähmm... ja, Hauptmann Lajakan. Zu euren Diensten." "Gut Hauptmann. Mein Name ist Luko, Sohn des Ehemaligen Stadthalters von Jelanar. Ich vermute dass diese Stadt noch vollständig eurer Kontrolle unterliegt?" "Selbstverständlich. Bisher haben uns die Truppen von Aion II noch nicht erreicht." "Was!?" Die Prinzessin starrte den Hauptmann fassungslos an. Der Rotschopf nickte traurig. "Also doch das Kaiserreich... Kennt ihr den Grund für diese feige Tat." "Nein. Leider nicht. Wir wissen auch erst seit kurzem dass es sich um die Truppen Aganons handelt. Auf jeden Fall müssen sie die ganze Aktion von langer Hand vorbereitet haben. Ansonsten hätten sie es niemals geschafft unbemerkt an unseren Kriegsschiffen und den Patrouillen vorbei zu kommen." "Aber warum??? Das ergibt doch gar keinen Sinn!" Mischte sich die Prinzessin in das Gespräch ein. "Das werden wir in Tunan schon noch erfahren Nikajana... Verzeihung... Nika. Und nun zu euch." Der Fürst ignorierte die vielen Menschen, die ihn und seine Begleiterin angafften und verbeugte sich leicht vor dem Vermummten, der immer noch regungslos dasaß. "Ihr habt unserem Reich einen großen Dienst erwiesen und ich würde mich gern erkenntlich zeigen." "Euer Dank ist mir im Moment genug, Hochwürden. Aber wir werden uns ohnehin wieder sehen. Vielleicht weiß ich dann, was ihr mir als Ausgleich für meinen Dienst geben könnt." Luko nickte. Der fremde war ihm nach wie vor nicht geheuer. Aber sie würden Jelanar ohnehin bald verlassen und es war unwahrscheinlich dass er die Spur der beiden Adligen verfolgen konnte. "Wann kann uns ein Schiff nach Tunan übersetzen?" "Sofort Fürst Luko. Im Osthafen liegt unser Schiff vor Anker. Es ist für ein Kriegsschiff zwar recht klein aber dafür sehr schnell und wendig und für eine Stadtmiliz vollkommen ausreichend." "Und der Sturm?" "Macht euch darüber keine Sorgen. Die Schiffe Jelanars sind an die raue See angepasst. Ein kleines Unwetter wird die Ignatzie nicht zum Kentern bringen." "Gut, wir sind einverstanden. Trefft alle Vorbereitungen und informiert uns sobald wir aufbrechen können. Solange würden wir uns gerne Stärken. Wir haben schon seit einigen Tagen nichts mehr gegessen. Ach... sorgt bitte dafür das die Leiche verschwindet und unser Retter seine Waffe zurückerhält." Der Kommandant der Miliz salutierte knapp und verschwand aus dem Gebäude. Der Wirt wies indes die Köchin an, alles zuzubereiten was in kürzerer Zeit möglich war. Okasi verscheuchte nacheinander die einzelnen Bürger und erklärte die Versammlung für vertagt. Stille kehrte in die Taverne ein. Nika konnte es immer noch nicht fassen das "Onkel Aion" für den Angriff auf ihr Reich und den Tod ihres Vaters verantwortlich war. Sie musste unbedingt wissen, was ihn dazu veranlasst hatte. Erst als der Eintopf vor ihr Stand erwachte sie aus ihren Gedanken. Die beiden hatten während ihrer Botsreise nur Trinkwasser dabei gehabt und machten sich nun, ausgehungert wie sie waren, über die warme Mahlzeit her. Die Köchin hatte in die zähflüssige Brühe neben einer ordentlichen Portion Fleisch noch Kartoffeln, Möhren und anderes Gemüse gemengt. Obwohl das Gericht nicht danach aussah, war es selbst für ihre verwöhnten Gaumen sehr gut und es füllte vor allem den viel zu leeren Magen. Nach sechs vollen Schalen kapitulierte die Prinzessin und ließ zufrieden den Holzlöffel sinken. Erst jetzt bemerkte sie, das ihre Waffe nicht da war. Seit ihrer Flucht war sie so abgelenkt gewesen, dass sie gar nicht darauf geachtet hatte. Doch sie kam nicht mehr dazu nach dem Speer zu suchen. Lajakan riss die Tür der Taverne fast aus den Angeln, als er hineinpolterte. "Fürst Luko. Die Ignatzie ist bereit sofort Segel zu setzen." Der junge Mann versenkte den Löffel im Eintopf und sprang auf. Hastig nestelte er ein paar Münzen aus einem Lederbeutel hervor und legte sie auf den Tressen. "Ich danke euch für das Essen. Das Geld dürfte ausreichen um eure Kosten zu decken. Nika. Wir sollten jetzt gehen." Die Prinzessin hatte bereits begriffen das irgendetwas geschehen sein musste und der Hauptmann deshalb so gehetzt war. Mit einem kurzem nicken signalisierte sie ihre Zustimmung. Die drei hasteten durch die Straßen der Stadt während ihnen der Anführer der Miliz erklärte, dass ihre Späher gemeldet haben, dass das aganische Heer nur noch eine halbe Tagesreise von Sanur entfernt war. Es war höchste Zeit diesem Land den Rücken zu zuwenden. Die Bürger verschanzten sich so gut wie es ihnen möglich war in ihren Häusern, während sich die Soldaten kampfbereit machten. Der Angriff des übermächtigen Feindes würde in der Nacht erfolgen. Sanur würde Fallen. Hoffentlich blieb der Hafenstadt das Schicksal von Jelus erspart. Ihre kleine Gruppe hatte den Hafen noch lange nicht erreicht, als sie auch schon die gehisste Fahne Jelanars sahen. Noch fünf weitere Gassen und sie hatten ihr Ziel erreicht. Der Zweimaster sah durchaus beeindruckend aus, auch wenn er im Vergleich zu den "richtigen" Kriegsschiffen ihres Reiches lächerlich ausgesehen hätte. Die Wellen schlugen gegen den Bug des Schiffes und Gischt spritzte. Die Meerestropfen vermengten sich mit dem Nieselregen der mittlerweile eingesetzt hatte. Die Kleidung saugte sich innerhalb von Sekunden mit dem Nass voll und blieb unangenehm an der Haut kleben. "Ihr werdet ohne mich auf das Schiff gehen müssen." Sagte der Hauptmann, der sich gerade seinen Helm über den Kopf stülpte. An seiner Kampfmontur lief das Wasser in kleinen Perlen hinunter und suchte nach Ritzen durch die es dringen konnte. "Einige meiner Männer werden euch zusammen mit der Schiffsbesatzung nach Antos bringen. Von dort aus sind es dann nur noch zwei Tage bis zur Hauptstadt Tunans. Dort solltet ihr unbedingt König Iroikhan aufsuchen. Ich bin mir sicher das er bereit ist euch zu helfen." "Wollt ihr uns wirklich nicht begleiten Hauptmann Lajakan?" "Nein Prinzessin. Ich muss hier bei meinen Leuten bleiben und dafür sorgen das Sanur halbwegs heil bleibt. Fürst Luko. Passt gut auf unsere Hoheit auf." "Selbstverständlich. Mögen die acht Götter mit euch sein." "Mögen die acht Götter mit euch sein." Erwiderte der Soldat und salutierte knapp. Ohne ein weiteres Wort wand er sich um und verschwand zwischen den Häusern des Ortes. "Seid ihr bereit Nika?" "Ja. Natürlich. Lasst uns aufbrechen." Mit einem äußerst dicken Kloß im Hals betraten die beiden das Schiff. Sofort fing der Kapitän an Befehle zu erteilen, woraufhin die erfahrenen Matrosen loseilten. Der Anker wurde gelichtet und die Segel weit ausgebreitet. Sofern der starke Wind ihnen die Segel nicht zerfetzte würden sie sehr schnell vorwärts kommen. Luko nahm das alles aber nicht sonderlich bewusst war. Er hatte seinen Stammplatz auf dem Schiff in dem Moment gefunden, als sie den Anker gelichtet hatten. So bleich wie ein toter hing er über der Rehling und fütterte die Fische mit dem leckeren Eintopf, den er vor gar nicht all zu langer Zeit so gierig verschlungen hatte. Nika unterhielt sich leise mit dem Kapitän des Schiffes, den das Wetter überhaupt nicht beunruhigte. Auch der Steuermann schien von den meterhohen Wellen unbeeindruckt zu sein. Die pinkhaarige Frau verdrängte, so gut es ihr möglich war, ihre Ängste und vertraute ihr Leben der Schiffsbesatzung an. Sie konnte, schon wieder, überhaupt nichts tun. Außer warten. Am Abend des selben Tages, Hafenstadt Sanur "Hauptmann. Was sollen wir tun? Es sind mehr Feinde als unsere Späher gemeldet haben." Der Soldat sprang von einem Bein aufs andere, während er auf eine Antwort wartete. "Ihr solltet euch ergeben. Sonst werden sie euch gnadenlos abschlachten." "Wer... ach. Ihr habt doch den Attentäter erledigt." Lautlos hatte sich die vermummte Gestalt genähert. Nun verharrte der Unbekannt im Halbdunkel. Die dunklen Augen musterten den Milizführer. Lajakan wusste zwar nichts über diese Person aber auf jeden Fall war der Vermummte gefährlich. Und er hatte Recht mit dem was er sagte. Mit einem Seufzer nickte er. "Die Stadttore sollen geöffnet werden und die Soldaten sollen keinen Widerstand leisten. Vielleicht verschonen sie wenigstens das einfache Volk." Er verfluchte sich dafür, dass er die Bewohner nicht schon längst hatte evakuieren lassen. Jetzt musste er sehen dass er das Beste aus der Situation machte. "Sind die Schiffe und Bote fertig." "Ja Kommandant. Wir haben fast unser gesamtes Petroleum verwendet." "Sehr gut. Veranlasst dass sie sofort in Brand gesetzt werden. Wir müssen zumindest dafür sorgen dass ihnen eine Verfolgung der Prinzessin unmöglich ist. Ich bin mir sicher dass sie hinter ihr her sind." Der Soldat nickte nur und verschwand dann sofort. Lajakan wandte sich langsam in Richtung des Stadttores. Er hasste sich dafür dass er keinen Widerstand leisten wollte. Aber es war die einzige Möglichkeit die Leben seiner Soldaten und die der Zivilisten zu retten. Als er ankam sah er die Truppen des Kaisers bereits die Stadttore passieren. Seine Leute hatten die Waffen bereits niedergelegt, so wie er es angeordnet hatte. Er wusste das es auch für sie ein harter schlag war. In den letzten Stunden hatten sie extra Pläne zur Verteidigung Sanurs entworfen. Sie alle waren nun hinfällig. Ohne auch nur einen Mann verloren zu haben marschierte Aganon in die Stadt ein. An der Spitze des Heeres ritten fünf schwer gerüstete Männer. Eindeutig hohe Ritter des Kaiserreichs. Und der Reiter in der Mitte machte keinen Hehl daraus wer der Anführer der Streitkraft war und von nun an hier das Sagen hatte. Ohne ein Zeichen von Angst stellte sich der Kommandeur in den Weg der Reiter. Die Reiter verlangsamten ihr Tempo und ließen schließlich sogar ganz anhalten. Amüsiert blickte der Aganische Ritter auf Lajakan herab. "Ihr müsst der Anführer dieses armseligen Haufens sein. Ich bin Kommandant Hakin. Scheinbar seid ihr halbwegs intelligent und habt euch deswegen entschlossen keinen Widerstand zu leisten." Die Reiter lachten verächtlich. Der Milizanführer kochte vor Zorn. Dennoch musste er diese Demütigungen schlucken. "Ich bin Hauptmann Lajakan. Anführer der örtlichen Miliz. Wir haben uns entschlossen uns kampflos dem Kaiserreich zu ergeben und vertrauen auf eure Weisheit und bitten demütigst um Gnade." "Ich weiß nicht, ich weiß nicht. Vielleicht sollten ihr noch auf die Knie fallen und betteln. Die Rolle eines Bittstellers scheint euch ja zu gefallen." "Es ist genug Hakin." Wie ein Gespenst schob sich der Vermummte aus den Schatten hervor. Die Augen sprühten vor Hass. "Was wollt ihr? Und wie redet ihr überhaupt mit mir? Bringt mir gefälligst den Respekt entgegen der mir gebührt oder..." "Oder was?" Wortlos öffneten und senkten sich die Kiefer des Kommandanten das vor Wut gerötete Gesicht fixierte den verhüllten Mann. "Ihr solltet euch nicht zu viel herausnehmen. Außerdem habt ihr wichtigeres zu tun. Ihr solltet eurem General melden dass die Prinzessin mit einem Schiff nach Antos unterwegs ist." Sprachlos starrte Lajakan den unbekannten an. Er war ein Spitzel des Kaiserreichs? Aber warum hatte er dann die Prinzessin beschützt. "Und warum habt ihr dieses Miststück nicht umgebracht? General Ikes hat doch..." "Euer dämlicher Ikes hat mir ebenso wenig zu befehlen wie ihr. Ich nehme nur Befehle vom verborgenen Rat entgegen und von sonst niemandem. Außerdem hat euer dämlicher Attentäter die ganze Miliz mit seinem unüberlegten Handeln in Alarmbereitschaft versetzt. Aber keine Sorge. Ich habe ihn für seinen Fehler schon bestraft. Sein Leichnam schwimmt bestimmt schon mit den Fischen im Hafenbecken." "Ihr Assasine glaubt wohl ihr könnt euch alles Erlauben. Ich werde dafür sorgen das ihr für eure Taten zur Rechenschaft gezogen werdet." Noch ehe der aufgebrachte Hakin reagieren konnte stand der Assasin neben ihm. Der Dolch schwebte gefährlich über den Weichteilen des Kommandanten. "Ihr solltet dankbar sein das wir den Kaiser überhaupt unterstützen... Kommandant." "Ja... ja ja natürlich bin ich dankbar." "Gut. Da wir das nun geklärt haben kann ich ja wohl dann gehen." Mit einem Ruck wandte sich der Mann ab und verschwand wieder in den Schatten. So lautlos wie er aufgetaucht war. Die Reiter waren mucks Mäuschen still. Auf den Straßen hallte jedoch lautes lachen. Die Soldaten Jelanars konnten sich nicht mehr beherrschen und auch der Hauptmann musste sehr mit sich kämpfen. "Ruhe!" Brüllte der erboste Kommandant schließlich. "Du! Lajakan. Morgen wirst du als Warnung an alle Hingerichtet. Deine Soldaten werden als Sklaven nach Aganon gesandt und diese Stadt wird in das Kaiserreich eingegliedert. Falls jemand Einwende hat, so wird sich der Schafrichter bestimmt über mehr arbeit sehr freuen." Aber niemand sagte ein Wort. Schweigend fand die Festnahme der Miliztruppen statt. Fluchend wurden die brennenden Wracks der Schiffe und Bote von den Aganiern zu Kenntnis genommen und anstatt einer jubelnden Menge, verfolgten am folgenden Tag die hilflosen Menschen die Enthauptung Lajakans. Kapitel 4: IV. Der Beginn einer Reise ------------------------------------- IV. Der Beginn einer Reise 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Kadonisches Meer Sanft fuhr der Wind über die ruhige See. Drei Tage waren sie nun schon unterwegs. Das Wetter hatte sich glücklicherweise beruhigt, so dass die Mannschaft der Ignatzie die sanfte Frühlingssonne genießen konnte. Nikajana lehnte an der Rehling des Schiffes und beobachtete die weißen Wolken, die am blau strahlenden Himmel dahin zogen. Neben ihr stand Luko dessen Blick an dem blau unter ihm hing. Er hatte das kühle Nass mittlerweile zu hassen gelernt. Den größten Teil des Tages stand er vornüber gebeugt auf dem Deck und erbrach das wenige was er gegessen hatte. Die Seereise machte ihm sichtlich zu schaffen. Die Matrosen hatten sich anfangs noch über ihn lustig gemacht aber nach einer scharfen Zurechtweisung von Nika blieb jeder spott aus. Auch wenn es schon merkwürdig war. Schließlich war ihr Heimatland ein Inselstaat und für seine Seefahrer berühmt. Vermutlich gehörte der Rotschopf zu den wenigen ausnahmen. "Du Luko?" Brach die Prinzessin das Schweigen. Mehr als einen bestätigenden Laut, dass er ihr zuhörte, bekam sie aber leider nicht zur antwort. "Was glaubst du wie es dem Hauptmann geht?" "Falls er noch lebt geht es ihm sicherlich schlecht." "Meinst du?" Unglücklich zog sie ihre Beine dichter an den Körper und umschlang sie mit ihren Armen. Ihr war klar dass der Hauptmann vermutlich tot war, gefallen im Kampf, aber sie hatte gehofft dass Luko etwas Erfreulicheres sagt. Eine weile betrachtete sie noch ihren Begleiter aber als sie merkte, das dass Gespräch zu ende war stand sie auf und begann über das Schiff zu schlendern. Die Segel blähten sich leicht durch den Wind und trieben, zusammen mit den Ruderern, das Schiff seinem Ziel entgegen. Zwanzig Männer saßen auf den Ruderbänken. Zehn auf jeder Seite. Gleichmäßig bewegten sich ihre, vom Schweiß glänzenden, muskulösen Oberkörper und Arme. Viele der Seeleute hatten Narben. Auch der Kapitän, ein etwas älterer Mann mit langen blonden Harren, die streng zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden waren, hatte zahlreiche Narben. Die Prinzessin hatte sich sagen lassen, dass die Ignatzie vor allem für Scharmützelkämpfe genutzt wurde. Die Piraten, die das Kados Archipel heimsuchten, waren ihrem Vater sehr lange ein Dorn im Auge gewesen. Es hatte einige Zeit gedauert bis die Scharmützeleinheiten erste Erfolge melden konnten und die Piraten immer mehr in Bedrängnis gerieten. Leider war das nun alles hinfällig. Mit dem Fall der Hauptstadt und dem Tod des Königs würde das Reich einen großen Teil seiner alten Kraft verlieren. Die Piraten konnten von nun an wieder ungestraft Plündern und Morden. Es schmerzte sie sehr an die Zukunft ihrer Heimat zu denken, die nun ganz anders aussehen würde, als wie sie es sich gewünscht hatte. "Ihr seht so niedergeschlagen aus. Kann ich euch irgendwie helfen?" "Oh... nein. Es ist nichts Kapitän Rulon." Sie lächelte den Mann an, der denselben Namen wie ihr ehemaliger Mentor trug. Der Schiffsführer trug einen schlichten Lederwams und eine braune Stoffhose. An seinem Gürtel hing ein breites Entermesser, dessen Klinge dringend eine Ausbesserung nötig hatte. "Es wird noch eine Weile dauern bis wir unser Ziel erreichen. Ich hoffe die Fahrt langweilt euch nicht zu sehr." "Nein, keine Sorge. Ich fühle mich nur etwas nutzlos. Gibt es vielleicht etwas was ich tun kann?" "Kennt ihr euch denn mit der Seefahrt aus?" "Nein leider nicht." Gab Nikajana etwas verlegen zu. "Dann kann ich euch leider nicht ans Steuer lassen. Es sei den, ihr wollt dass wir untergehen." Lachte der Kapitän und sie stimmte in die Heiterkeit mit ein. "Aber vielleicht könnt ihr unserem Smutje helfen." Jetzt sah sie den Kapitän erst recht verlegen an. Im Schloss hatten sich immer Bedienstete um das leibliche Wohl gesorgt. Aber der Kapitän lächelte sie ermutigend an und schob sie in die Kombüse. "Hey. Ich hab hier jemanden der was tun will." Der Schiffskoch sah von dem Fisch auf, welchen er gerade zerlegte. Wortlos wies er mit dem Messer auf einen Stapel Kartoffeln und Möhren. Aufmunternd klopfte Rulon dem Mädchen auf die Schultern und verschwand wieder aufs Deck. Nikajana atmete einmal tief durch und griff nach dem Küchenmesser. Dann schnappte sie sich eine Kartoffel und fing an zu schälen. Ohne den geringsten Widerstand fuhr das Messer durch die Kartoffel und nach und nach fiel die Schale auf den Tisch, ohne das die Prinzessin sich schnitt. Als sie dem Smutje das Resultat zeigte schüttelte dieser nur mit dem Kopf. Zusammen mit der Schale hatte sie über die Hälfte der einst faustgroßen Frucht abgeschnitten. Behutsam griff der Mann nach der Hand der Prinzessin. Mit der anderen gab er ihr eine zweite Kartoffel. Vorsichtig setzte er ihre Hand auf das Knollengewächs und gemeinsam begannen sie langsam zu schälen. Es war zwar mühsam aber das Resultat konnte sich durchaus sehen lassen. Diesmal war die Frucht noch fast genau so groß wie zuvor. Entschlossen nahm sie sich eine weitere und begann diesmal alleine zu schälen. Langsam bekam sie den dreh raus und es machte ihr sogar ein wenig spaß. Aber vor allem konnte sie etwas Nützliches tun. Irgendwann gesellte sich der Smutje zu ihr und machte mit den Möhren weiter. Nika blieb aber lieber bei den Kartoffeln. Ein schritt auf dem Weg zur Meisterköchin war für heute genug. Als die beiden endlich fertig waren nickte ihr der Schiffskoch anerkennend zu und entließ sie aus der Küchenarbeit. Fröhlich vor sich hin summend verließ die Prinzessin die Küche und trat in den gleißenden Sonnenschein, der das Deck flutete. Der Kapitän stand neben dem Navigator und unterhielt sich leise. Luko hing noch immer über der Rehling, hatte aber wieder Farbe im Gesicht. Ansonsten war alles ruhig. Die Matrosen und Soldaten gingen ihrer ganz normalen Arbeit nach. Langsam gesellte sie sich zu dem Fürsten, der sie nur kurz ansah. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Holzbalustrade des Schiffes und legte den Kopf in den Nacken, während sie die Lider schloss. Der Wind war immer noch sanft und umschmiegte ihr schmales Gesicht. Die Strahlen der Sonne brachen sich auf ihrer Rüstung und brachte sie zum schimmern. Wie eine Lichtgestalt stand sie da und lauschte dem ruhigen Klang des Meeres. Schließlich war das Essen fertig und die Mannschaft machte sich gierig über die Mahlzeit her. Als sie die schmatzenden Gesichter sah, denen es anscheinend gut schmeckte war sie wieder ein wenig stolz auf sich. Ihr Selbstvertrauen, welches in den letzten Tagen sehr gelitten hatte, fand zu seiner alten Größe zurück. Anschließend machte sich die Mannschaft wieder schleunigst an ihre Arbeit. Kleine Kurskorrekturen wurden vorgenommen und das Rudertempo erhöht, da der Wind abflaute. Danach ging es wie gewohnt weiter. So verging der Tag bis die Sonne begann im Meer zu versinken. "Schiff voraus!" Kam kurz vor Einbruch der Dunkelheit der alarmierende Ruf des Ausgucks. Sofort wanderten alle Augen nach oben um den Rufer zu fixieren oder nach vorne um das Schiff im Zwielicht auszumachen. "Freund oder Feind!" Der Kapitän hatte mittlerweile ein Fernglas in der Hand und musterte die Silhouette, die auf sie zukam. "Vermutlich Freund Käptn! Sie haben unsere Flagge gehisst und es ist ein Fünfmaster." Der Kapitän pfiff beeindruckt. "Ein ganz großer Fisch also. Sehr unwahrscheinlich das der gekapert wurde. Die Wachen sollen sich für den Notfall dennoch bereithalten und macht die Kanonen schussbereit." Die bewaffneten nickten. Sie konnten es sich nicht leisten ein Risiko einzugehen. In aller Eile wurden Kampfvorbereitungen getroffen während sich die beiden Schiffe einander näherten. Allmählich ließ der Kapitän das Rudertempo verringern und die Segel reffen, damit er mit dem Kapitän des anderen Schiffes reden konnte. Denn bei den jetzigen Lichtverhältnissen war eine Kommunikation über Flaggensignale unmöglich. Angespannt stand die gesamte Mannschaft auf dem Deck, die meisten hatte eine Hand am Knauf oder am Griff ihrer Waffe. Ganz, ganz langsam schob sich das riesige Schlachtschiff neben die Ignatzie. Eine kurze Strickleiter wurde heruntergelassen und ein kahlköpfiger Mann ließ sich auf den Dreimaster hinab. Ihm folgten zwei Soldaten in der Rüstung Jelanars und flankierten den Mann. "Willkommen auf der Ignatzie meine Herren." Eröffnete Rulon das Gespräch und stellte sich kurz vor. "Es freut mich eines unserer Schiffe so weit weg von der Heimat zu sehen. Ich bin Kommodore Jumas Halin." Nikajana und Luko musterten den Kommodore genau. Zur Zeit standen sie noch hinter einer Reihe der Milizsoldaten. Falls es doch verkleidete Truppen waren, war es besser, wenn sie die beiden jungen Menschen nicht zu Gesicht bekamen. "Darf ich Fragen was euch hier her verschlagen hat Kommodore?" "Wir sind die Eskorte für Kaiusa Ina, Diplomatin unserer Majestät. Sie sollte einige Dinge mit König Iroikhan klären. Vor vier Tagen hat uns das Gerücht erreicht dass die Hauptstadt angegriffen wurde. Also sind wir Unverzüglich aufgebrochen, die Diplomatin haben wir, zu ihrer eigenen Sicherheit in Taskan zurück gelassen." Etwas unsicher wich Rulon dem forschenden Blick aus. Halins Mine wurde immer besorgter. "Was ist an den Gerüchten dran Kapitän?" "Ich glaube das können wir euch besser beantworten Kommodore." Die warnenden Gesten Lukos ignorierend schob sich die Prinzessin an den Wachsoldaten vorbei und stellte sich neben den Kapitän. Sie sah dem kahlköpfigen an wie sein Gehirn arbeitete und versuchte das Gesicht zuzuordnen. "Verzeiht mir. Würdet ihr mir sagen wer ihr seid junge Dame?" "Gern Kommodore. Ich bin Prinzessin Nikajana von Jelanar. Zukünftige Königin unseres Reiches." Als ob sie ihm einen Hammer ins Gesicht geschlagen hätte stand der Mann da, unfähig sich zu rühren. Erst als einer seiner Begleiter die Fassung zurückerlangt hatte, sich auf ein Knie niederließ und die Waffe vor sich auf den Boden legte, rührte er sich wieder und tat es seinen Männern gleich. "Ihr braucht nicht vor mir niederzuknien. Zur Zeit bin ich ein einfacher Flüchtling. Die Gerüchte sind leider wahr. Die Hauptstadt ist nur noch ein Haufen Asche und mein Vater, König Julka, ist tot." "Mit Verlaub Prinzessin, ihr seid kein einfacher Flüchtling. Ihr seid die Zukunft unseres Landes." Jumas erhob sich und schob sein Krummschwert in die Scheide zurück. "Erlaubt mir bitte die Frage, wohin ihr nun wollt, eure Majestät." "Wir wollen nach Taskan und mit dem König Tunans sprechen. Er wird uns bestimmt helfen." "Da bin ich mir leider nicht mehr so sicher Nika." Sagte ein sehr ernster Rotschopf, der seitlich hinter ihr stand. "Wie meinst du das Luko?" "Wie konnte die Information so schnell nach Taskan gelangen? Zugegeben, die Spione Tunans sind mit Abstand die besten auf Orun, dennoch können sie unmöglich vier Tage vor uns in Taskan angekommen sein und Brieftauben über eine solche Entfernung zu versenden ist unmöglich." "Ihr meint, sie wussten schon vor dem Angriff von den Absichten des Kaiserreichs?" Schaltete sich Rulon ein. Luko nickte nachdenklich. "Aber warum sollte Iroikhan so etwas tun?" "Vielleicht ein Handel. Die Spione Tunans arbeiten für das Kaiserreich und dafür bleibt das Königreich verschont." "Wir werden dennoch nach Taskan gehen." Schockiert blickten die drei Männer ihre Prinzessin an. Sofort wollte jeder aufbegehren aber Nikajana hatte ihre Entscheidung getroffen. "Wir müssen dieses Risiko eingehen. Entweder ist Tunan auf unserer Seite und der König hilft uns oder Tunan ist unser Feind. In diesem Fall hätten wir ohnehin keine große Chance davon zu kommen." Widerwillig stimmten die Männer zu. "Dann erlaubt mir euch wenigstens nach Taskan zu geleiten." "Nein Kommodore. Ihr werdet uns und die Ignatzie nur bis Antos geleiten. Dann werdet ihr und Kapitän Rulon umkehren. Ich will dass ihr so viele unserer Schiffe wie möglich um euch scharrt und nach Halun segelt. Dor werdet ihr eure Dienste dann der Königin anbieten. Halun hat genauso mit Piraten zu kämpfen wie wir und wird euch deshalb ganz sicher nicht ablehnen." "Was!?" Kamm es von den beiden Kapitänen ungläubig. "Die Idee ist gar nicht so dumm." Stimmte der Fürst, zum Entsetzen der beiden Männer, auch noch zu. "Da Halun sich aus den Kriegen anderer Reiche stets raus gehalten hat, wird Halun das letzte Ziel des Kaiserreichs sein, wodurch ihr sicher währt. Und ganz nebenbei hätten wir eine, unter Umständen, schlagkräftige Flotte, auf die wir zurückgreifen können." Die beiden Männer sahen zwar nicht sonderlich begeistert aus, aber die Argumentation ergab einen gewissen Sinn, weshalb sie nach anfänglichem zögern zustimmten. Die Kapitäne wechselten noch schnell ein paar Worte, anschließend kehrte Jumas Halin mit seinen beiden Begleitern auf sein Schiff zurück und ließ es vorsichtig wenden. Da es bereits dunkel war, segelten die beiden Schiffe mit einigem Abstand zueinander und nur sehr langsam im Schein des Mondes nebeneinander her, um das Risiko einer Kollision zu minimieren. So ging es langsam Vorwärts, dem Ziel entgegen. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Hafenstadt Antos Als die beiden jelanarischen Schiffe in den Hafen der kleinen Stadt einliefen war die Miliz der Stadt in heller Aufregung. Soldaten sammelten sich auf den Docks, um die Neuankömmlinge in Augenschein zu nehmen. Luko und Nikajana betrachteten das Geschehen mit gespaltenen Gefühlen. Sie würden als geflüchtete Adlige die Ignatzie verlassen und sich auf den Weg nach Taskan machen, welches nur wenige Tagesreisen entfernt war. Die Schiffe würden, wie abgesprochen, wenden und so viele Freunde wie möglich um sich sammeln, bevor das Kaiserreich das gesamte Kados Archipel kontrollierte. Anschließend würden sie kurz nach Halun setzen und der dortigen Königin dienen bis sie neue Befehle von ihrer Prinzessin bekamen. Die beiden Schiffe hatten mittlerweile den Anker gesetzt und wurden noch an den Docks vertaut, während die ersten Rampen heruntergelassen wurden. Zwar war es für die Menschen in Antos nichts ungewöhnliches das Kriegsschiffe aus Jelanar in den Hafen einliefen aber zwei Kriegsschiffe in diesen unsicheren, gerüchteumschwärmten Zeiten sorgten doch für eine Gewisse Neugier. Die beiden Kapitäne erklärten den Offizieren dass sie nur hier seien um ihre Vorräte aufzustocken, was sie auch wirklich vorhatten und das sie zwei Adlige an Bord haben, die in Tunan im Exil leben wollen. Nachdem Luko und Nika kurz gemustert wurden, hieß man sie im Königreich willkommen und gab ihnen den Rat sich an einen der hohen Adligen oder Bürgermeister der umliegenden Städte zu wenden, damit sie ein Haus und vielleicht ein Stück land erhielten, auf dem sie fortan leben konnten. Weitere Überprüfungen gab es nicht. Darum würden sich früher oder später so oder so die Spione kümmern. Die beiden konnten nur hoffen dass sie unbehelligt die Hauptstadt erreichten. Da sie die Stadt am Nachmittag erreicht hatten, entschied man einstimmig eine Nacht noch zu bleiben und am nächsten morgen getrennte Wege zu gehen. Der Abend verlief auch ereignislos, außer das sie erfuhren, dass Prinzessin Nikajana auf ihrer Flucht nach Tunan von Piraten getötet worden war. Obwohl Nika erst etwas bestürzt ausgesehen hatte, als sie von ihrem eigenen "Tod" erfahren hatte, so waren sie doch später sehr erleichtert. Wer auch immer das Gerücht in Umlauf gebracht hatte, es würde ihnen das Weiterkommen sehr erleichtern. Kurz nach Sonnenaufgang verabschiedete man sich von einander. Luko erstand, von ihrer immer kleiner werdenden Reisekasse, zwei Pferde, mit denen sie sich auf den Weg machten. Die Straßen gingen durch grüne Wiesen und blühende Felder und waren in sehr gutem Zustand. Tunan hatte in den letzten zwei Jahrzehnten sehr viel Geld in seine Infrastruktur und die Landwirtschaft gesteckt. Die Bevölkerung musste sicherlich keinen Hunger leiden. So wie es aussah versprach die Ernte in diesem Teil des Landes sehr gut auszufallen und dank der guten Wege konnte Iroikhan sie leicht in andere Teile des großen Landes transportieren. Wirtschaftlich musste es dem Land besser gehen als jemals zuvor. Die beiden ritten an kleinen Gehöften und Bauernhöfen vorbei und überall rannten ihnen Kinder staunend hinterher. Die beiden waren ein seltener Anblick für die einfachen Leute, dennoch wurde man überall herzlich willkommen geheißen. So kehrten sie am Abend des ersten Tages in einen kleinen Gasthof ein, der direkt an der Straße lag und den Namen Zum Goldenen Krug trug. Die Bauern und Holzfäller warfen ihnen immer wieder neugierige Blicke zu aber ließen sie ansonsten in Ruhe. Auch der Wirt stellte keine Fragen, außer nach ihren Wünschen. Außer einer warmen Mahlzeit und zwei Zimmern für die Nacht wollten sie allerdings nichts. So verging auch dieser Tag schnell. Bei Sonnenaufgang nahmen sie eine kleine Mahlzeit, bestehend aus Brot, Schinken und Ziegenkäse zu sich, bezahlten den Wirt und machten sich wieder auf den Weg. Der Vormittag verflog schnell ohne dass sich etwas ereignete. Sie machten nur ab und zu eine kurze Pause um die Pferde zu tränken oder sich selbst zu stärken. Am frühen Nachmittag sahen sie aber den ersten Wachturm. Ein sicheres Zeichen, dass sie sich der Hauptstadt näherten. Einige Soldaten hielten sie an, die ihre Wachrunde absolvierten. Nach einem kurzen Wortwechsel konnten sie ihre Reise jedoch fortsetzen. Am Abend hielten sie dieses mal an einem Bauernhof, wo sie freundlich aufgenommen wurden. Die Pferde wurden zu dem eigenen Vieh in den Stall gebracht und versorgt, während man die beiden Menschen als Gäste bewirtete. Die Bauernfamilie zeigte ihre Neugier sehr offen und vor allem die Kinder stellten unentwegt fragen. Im Gegenzug erfuhren sie, dass die Garnisonen verstärkt wurden und die Anzahl der Patrouillen im Land zunahm, was die Bauern sehr beunruhigte. Sie befürchteten dass es ein Krieg zwischen ihnen und Aganon geben könnte. Zwar war Luko darüber nicht erfreut, jedoch beruhigte es ihn, das Iroikhan scheinbar nicht auf der Seite Kaiser Aions stand. Am morgen des nächsten Tages setzten sie ihre Reise wie gewohnt fort, ohne das sich etwas besonderes Ereignete. Am vierten Tag ihrer Reise war es dann endlich so weit. Vor ihnen lag eine schier endlos weite, grüne Ebene und in greifbarer nähe, auf einem kleinen Hügel, streckte sie sich in den Himmel. Der Diamant Tunans. Das Meisterwerk menschlicher und zwergischer Architektur. Die weiße Stadt Taskan. Kapitel 5: V. Der Herrscher von Tunan ------------------------------------- V. Der Herrscher von Tunan 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Hauptstadt Taskan Reiner, weißer Marmor funkelte im Schein der Sonne und blendete die beiden Flüchtlinge. Die Mauern erhoben sich strahlend in den blauen Himmel. Glänzend, blaues Wasser umfloss in einem breiten Strom die Ovale Stadt. Drei Zugbrücken ermöglichten es, die Stadt zu betreten. Sollte jedoch einer der insgesamt fünfzehn Wachtürme, die so groß waren wie ein ausgewachsener Drache, Alarm schlagen, so wurde schon der erste Schutzwall zu einem fast unüberwindbaren Hindernis. Hinter dieser ersten Mauer lagen die Kasernen und Unterkünfte der Stadtgarde, welche Taskan nach außen und innen gleichermaßen absicherte. In ihrem Rücken schimmerte der nächste Gürtel aus Wasser über den drei weitere Zugbrücken führten. Diese waren an anderen Stellen, als die des ersten Ringes in die Mauer eingelassen, wodurch ein Angreifer nicht einfach durchmarschieren konnte. Neun weitere Wachtürme hielten aufmerksam ihre Wacht und sorgten so für den Schutz der eigentlichen Stadt. Luko und Nika hatten bereits die erste Kontrolle hinter sich gelassen und näherten sich nun dem zweiten Wall. Es war überwältigend. Sogar die Verteidigungsanlagen bestanden aus dem wertvollen, weißen Gestein. Es war unglaublich was Zwerge und Menschen hier vor Jahrhunderten erschaffen hatten. Selbst von den Schlachten, welche um diese Stadt geschlagen wurden war keine Spur. Keine der vergangenen Belagerungen hatte der Stadt etwas anhaben können. Luko war sich sicher das der Diamant von Tunan selbst das mächtige Alantinon in den Schatten stellte. Soldaten in silbernen Rüstungen liefen an ihnen vorbei. Der Gleichschritt der Männer hallte fast überall von den Straßen wieder, die aus grauem Granit bestanden. An der Zugbrücke wurden sie von einem der Wachoffiziere angehalten. Der Mann schlug zweimal mit der rechten Faust auf seine Brust und nickte kurz. Der übliche Gruß des tunarischen Militärs und der Diplomaten. "Ich bin Hakir von der Stadtgarde. Bevor ihr die Stadt betretet muss ich wissen wer ihr seid und was ihr hier wollt." "Wir sind Adlige aus Jelanar und möchten in Tunan im Exil leben. Deshalb ersuchen wir um eine Audienz bei seiner Majestät Iroikhan Tanarka von Tunan. Unsere Namen sind für euch nicht weiter von Bedeutung." Die linke Augenbraue des Offiziers wanderte nach oben und er musterte die beiden aufmerksam. Auch die anderen Soldaten waren nun misstrauischer. "Gibt es ein Problem?" Schaltete sich Nikajana in das Gespräch der Männer ein. Die Männer sahen sich eine weile fragend an, ehe der Offizier wieder das Wort ergriff. "Nun ja gnädiges Fräulein. Erstens ist es nicht üblich seine Majestät mit solch unwichtigen Dingen zu belästigen und zweitens ist es sehr merkwürdig, dass ihr eure Namen nicht preisgeben wollt." "Verzeiht meinem... Gemahl. Wir sind noch immer an unseren hohen Rang gewöhnt und es deshalb nicht gewohnt so... verhört zu werden." Der Offizier nickte verständnisvoll. "Das ist zwar nachvollziehbar aber wir haben dennoch Anweisung jeden fremden zu Untersuchen." "Ist die Stadtwache von Taskan immer so vorsichtig? Ich dachte Tunan verfüge über ein sehr ausgeprägtes Spionagenetzwerk und wüsste über alles Bescheid." Die Prinzessin hackte sich bei ihrem "Gatten" unter und lächelte die Wachmannschaft an. "Normalerweise trifft ein solches Verfahren nur auffällige Personen aber anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten wurden diese Maßnahmen verschärft." Luko und Nika blickten sich erstaunt an. Sie waren mitten in die Hochzeitsfeierlichkeiten des Königs geraten... dabei hieß es doch er... "Aber wisst ihr was." Unterbrach sie der Offizier. "Ihr kommt mir merkwürdig bekannt vor." Luko verlor etwas an Farbe und Nika wurde kreidebleich als der Soldaten ihnen einen Steckbrief reichte, auf dem das Gesicht der pinkhaarigen abgebildet war. 5000 Aganische Taler war das Kaiserreich bereit zu zahlen. Das reichte um einen armen Bauern in den Rang eines Adligen zu befördern. "Wir hatten zwar das Gerücht von eurem Ableben gehört aber so wie es aussieht ist es wirklich nicht mehr als ein Gerücht." Lukos Hand wanderte vorsichtig zum Griff des Rapiers. "Mach keine Dummheiten Junge. Wir wollen euch nichts tun." Auf eine Handbewegung hin wurde dem Offizier Feder und Papier gereicht. Mit fliegender Feder schrieb er etwas. Sorgfältig rollte er das Schreiben zusammen und versiegelte es mit heißem Wachs. Anschließend versenkte er seinen Ring, auf dem das Zeichen der Stadtgarde eingraviert war in dem Rot und überreichte es der Prinzessin. "Dies ist ein offizielles schreiben der Stadtgarde. gebt es am dritten Ring einem der Wachsoldaten der Palastwache. Man wird euch dann zu einem meiner Vorgesetzten bringen und dieser wird dann entscheiden, ob ihr mit unserem König sprechen dürft. Ich wünsche euch viel Glück." Die Soldaten zogen ihre Hellebarden zur Seite und gewährten den beiden so Zutritt in die weiße Stadt. Beunruhigt aber nicht mehr in der Lage umzukehren begannen sie die Flucht nach vorne. Hinein in das Getümmel Taskans. Häuser standen dicht gedrängt beieinander. Jedes Haus bestand aus dem wertvollen Marmor, egal wie reich oder arm sein Besitzer war. Aber die Häuser verloren schnell an Eindruck als die beiden Jelanarer die Marktplätze sahen. Auf so ziemlich jedem freien Stück erhoben sich Springbrunnen von einer solchen architektonischen Meisterleistung wie sie die beiden noch nie gesehen hatten. Skulpturen aus Alabaster blickten auf die Menschen herab. Bäume aus den verschiedensten Ländern schmückten die Straßen. Riesige Parkanlagen präsentierten ihre Blumen, die zu dieser Jahreszeit ihre volle Schönheit entfalteten. Aber selbst dieses Bild verblasste im Vergleich zu der Tempelanlage an der die beiden stehen blieben. Ein Brücke aus Mahagoni führte über einen kleinen Bach, der die ganze Anlage umschloss. Figuren aus Alabaster zeigten verschiedene Heilige des ganzen Kontinents. Kirschbäume präsentierten sich in einem sanften rosa und bedeckten den Weg mit ihren Blüten. Der achteckige Tempel selbst war reich mit Türmen verziert und riesige Glasfassaden waren in das Marmor eingelassen worden. Diese zeigten verschiedene Abschnitte der Schöpfungsgeschichten. Diamanten funkelten an dem riesigen Eingangstor. Nun bekamen die beiden eine leichte Ahnung, wie eindrucksvoll die Zitadelle der acht Götter aussehen musste. Wenn sie mit dem König gesprochen hatten wollten sie unbedingt hier her zurück. Einerseits um das innere des Gebäudes zu sehen aber auch um bei den acht Göttern um Unterstützung zu bitten. Langsam näherten sie sich immer noch staunend der dritten Mauer, hinter der der Palast lag. Dieser bestand, im Gegensatz zur Stadt, aus Mahagoni, Akadin und anderen seltenen Holzarten Oruns. Das Gebäude war ein riesiges Quadrat ohne richtiges Zentrum. In der Mitte war ein Park angelegt worden in dessen Zentrum ein marmorner Turm in den Himmel wuchs. Akanus Tunan. Der Turm der Magier des Königreiches. Seit Jahrhunderten ein Ort für die Lagerung von Wissen. Novizen strömten hier her um sich ausbilden zu lassen. Aber was für die Stadt am wichtigsten war. Gewitter, Erdbeben, Überschwemmungen alle Naturkatastrophen erreichten die Stadt, dank dem Schutz der Magie nicht. Die beiden mussten jedoch ihren Blick von alle dem lösen, als sie sich dem einzigen Tor näherten, welches den Zugang zum Palast ermöglichte. Die Wachen verharrten in ihrer Position. Die Hellebarden vor dem Tor gekreuzt, jedem den Zutritt verweigernd. Die Bogenschützen auf den Mauern betrachteten die beiden misstrauisch. Es war nicht gewöhnlich, dass außerhalb der Audienzzeiten unangemeldete Besucher kamen. Der Anführer der Wachmannschaft kam den Flüchtlingen ein Stück entgegen und bot den tunarischen Gruß an. Luko hingegen hob die Hand an die Stirn, wie er es gewohnt war. Da man nun ohnehin wusste wer sie waren, konnte er sich jegliche Geheimnistuerei sparen. "Hauptmann Gojan zu euren Diensten. Ich vermute ihr wünscht eine Audienz bei seiner Majestät? Seit ihr aus Jelanar oder aus Aganon?" "Wir kommen aus Jelanar Hauptmann und wir möchten mit eurem König sprechen. Hakir von der Stadtgarde hat uns dieses Schreiben mitgegeben." Luko übergab Gojan das schreiben, welches er an seinem Gürtel aufbewahrt hatte. Der Hauptmann brach das Siegel auf und überflog die Zeilen. "Kadon! Isarak!" Zwei der Wachsoldaten eilten herbei. "Führt unsere Gäste bitte zu den Gemächern des Generals. Er wird entscheiden wann ihr den König trefft." Er salutierte vor den beiden und überließ alles weitere seinen Soldaten. Nika und Luko blieb nichts anderes übrig als den bewaffneten zu folgen. So gelangten sie in das innere des Palastes. Es war angenehm kühl. Die Gänge waren überwiegend nach außen hin offen so das erfrischender Wind und die Frühlingssonne einfielen. Der Blick auf die Blumen und Bäume war überwältigend. Nika war sich sicher, das sie in dem schönsten Palast ganz Oruns wandelte. Die inneren Seiten der Korridore waren mit Wandteppichen oder Bildern verziert. Diese zeigten bedeutende Personen aus der Geschichte des Königreiches. Menschen, Zwerge und sogar einige Elfen waren zu sehen. Die Menschen mit den spitzen Ohren wirkten etwas befremdlich auf die beiden Jelanarer. Immerhin war der letzte Elf Oruns vor über 600 Jahren gestorben. Gefallen im Krieg gegen den Kult der dunklen Magier, welcher fast 100 Jahre lang den Kontinent geißelte. Vor einer Doppelflügeltür blieben die beiden Soldaten schließlich stehen. Nach einem vorsichtigen klopfen und dem Ruf herein zu treten öffnete einer der Soldaten und ließ die beiden Gäste hinein. Nikajana und ihr Begleiter sahen sich flüchtig in dem relativ kleinen Raum um. Neben einem Schreibtisch, ein paar Stühlen, Pelzen und einer kleinen Ansammlung von Waffen gab es jedoch nichts in dem Raum was man bestaunen konnte. Außer vielleicht die Statur des Mannes, der hinter dem Schreibtisch saß und das erhaltene Schreiben der Stadtgarde las. Als er dem Soldaten zunickte salutierte dieser und verschwand mit seinem Kameraden, die Tür fiel leise ins Schloss. Wortlos betrachtete der General die beiden Neuankömmlinge. Seine grauen Augen wanderten musternd über die Körper und vor allem die Gesichter der beiden. Dabei fuhren seine Finger immer wieder durch den dunkelroten Schnauzbart. Durch ein Fenster in seinem Rücken fiel Licht auf den Schreibtisch und ließ seine Glatze glänzen. Nika fing langsam an nervös von einem Fuß auf den anderen zu springen. Luko hingegen war die personifizierte Ruhe. Hier war endlich sein diplomatisches Geschick gefragt. Keine Verheimlichungen und keine Lügen, all das brauchte er jetzt nicht mehr. Nun war sein Intellekt und seine Wortgewandtheit gefragt. Er war in seinem Element. "Setzt euch doch bitte." Tönte die freundlich Bassstimme des Mannes durch den Raum. Die beiden folgten der Bitte und nahmen auf den wenig bequemen Holzstühlen Platz. "Mein Name ist Nakin Nerev. Ich bin der General der Tunarischen Streitkräfte und Hauptmann der Königlichen Garde." Er machte eine kurze Pause um das gesagte wirken zu lassen. "Es freut mich sehr euch kennen zu lernen. Prinzessin Nikajana ka Jakan und Fürst Luko ka Jel. Ebenfalls bin ich froh das ihr lebend in Taskan angekommen seid." "Vielen Dank General Nerev. Wir sind ebenfalls froh unversehrt in eure schöne Stadt gelangt zu sein." "Was ich dem schreiben entnehmen konnte, ist, dass ihr um eine Audienz bittet." Luko bestätigte. "Sagt mir. Warum sollte euch der König eine Audienz gewähren. Euer Reich existiert nicht mehr, wodurch es keinen diplomatischen Anlass gibt und da ihr nicht aus Tunan seid gibt es auch sonst keinen Grund die wertvolle Zeit des Herrschers zu verschwenden." "Mit Verlaub General. Solange die Prinzessin lebt." Luko deutete auf die schweigende. "Solange besteht auch unser Reich weiter. Deshalb ist es durchaus ein diplomatischer Anlass. Außerdem wüssten wir gern, wo unsere Diplomatin sich gerade aufhält. Sie war kurz vor der Invasion hier. Die Soldaten haben sie zu ihrem Schutz zurückgelassen als sie nach Jelanar zurück segelten um die Gerüchte über eine Invasion ihrer Heimat zu überprüfen. Natürlich möchten wir auch noch unsere Glückwünsche zur bevorstehenden Hochzeit überbringen." Luko lächelte Nakin zuversichtlich an. Dieser zupfte gedankenverloren an seinem Bart. "Gut. Ich gewähre euch die Audienz... allerdings." "Allerdings?" "Müsst ihr eure Waffe in meinen Gewahrsam geben Fürst Luko. Für eure Sicherheit ist die Palastgarde verantwortlich also macht euch keine Sorgen." Widerwillig und auf die Bitte Nikas hin trennte sich der Rotschopf von seinem Rapier. "Vielen Dank. Ich werde ihn euch zurückgeben wenn ihr die Audienz beendet habt. Wenn ihr mir nun bitte folgen würdet?" Gemeinsam verließen die drei das Zimmer und traten auf den Lichtgefluteten Gang. Ihr Weg führte sie den Korridor, den sie hier her genommen hatten weiter hinauf. Ihr Ziel lag dem Eingangstor des Palastes genau Gegenüber. Es war ein großes Doppelflügeltor aus Mahagoni welches mit kleinen Diamanten und Runen versehen war. Links und Rechts wurde der Durchgang von Speerträgern flankiert, die auf Befehl des Generals die Flügel aufschwingen ließen. Dahinter fanden die beiden eine Marmortreppe, die sie anscheinend ins Erdreich führte. Langsam begannen sie den Abstieg während sich hinter ihnen die Tür schloss. Der General war nicht mit gekommen, so das die beiden wieder allein waren. In wenigen Augenblicken würden sie einen der mächtigsten Männer ganz Oruns kennen lernen. Eigentlich nichts neues für die beiden. Eine merkwürdige Unruhe machte sich aber dennoch in ihren Eingeweiden breit. Einerseits währen die beiden Umgekehrt, denn die schreckliche Erkenntnis, das Iroikhan vielleicht mit Aganon sympathisierte wollten sie sich beide ersparen. Andererseits war es unwahrscheinlich das sie dann so weit gekommen wären. Unsicherheit und Neugier kämpften miteinander. Als sie vor dem nächsten Tor angelangt waren, siegte jedoch die Neugier, in der ein Funken Hoffnung mitschwang. Quietschend schwang die Tür auf und erlaubte den beiden den Eintritt in den Thronsaal von Taskan. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Kaiserreich Aganon, Stadt Kairis "Seht euch das an." Sagte die hohe Männerstimme die aus einer Vollrüstung herausdrang. "Das ist gar nicht gut." Antwortete die junge Frau mit dem Gesichtsschleier, welchen viele Frauen in dieser Gegend trugen. "Was denkt er sich dabei." "Er will euch vermutlich loswerden, ein für alle mal. Und dieser Weg ist mit abstand der einfachste. Ich hätte an seiner Stelle vermutlich dasselbe getan." "Hmmm..." Machte die Frau nachdenklich. "Und wie geht es nun weiter? Hast du einen sicheren Weg." "Wir werden das Eriskomassiv durchqueren. Ich bin mir sicher dass uns die Zwerge helfen werden. Von dort ist es dann nicht mehr weit bis zur Grenze. Wenn wir uns erst im Königreich Ragos befinden sind wir relativ sicher." "Gut. Dann sollten wir so schnell wie möglich weiter. Ich bin mir sicher das Kopfgeldjäger bereits hinter uns her sind. Immerhin kennen wir den kompletten Plan von Ikes." "Wir sollten bei Gelegenheit König Iroikhan von Tunan eine Nachricht übermitteln. Er wird sich bestimmt freuen wenn er diese Nachricht so schnell wie möglich erhält." Die verschleierte nickte knapp und setzte sich auf den Rücken ihres Zjakals. Auch der Krieger begab sich auf seine Echse. Staubwolken flogen in die Luft als die beiden Tiere durch die kleine Stadt preschten. Zurück blieben zwei Steckbriefe von gesuchten Personen, angeklagt wegen Hochverrat. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Hauptstadt Taskan, Thronsaal Der Runde Saal hatte einen Durchmesser von bestimmt zwanzig Metern und die Decke aus buntem Glas lag circa fünf Meter über dem Boden. Getragen wurde die Konstruktion von vierundzwanzig Säulen aus leicht gelben Marmor. Der Boden bestand aus demselben farbigen Glas wie die Decke. Fackeln erhellten den gesamten Raum und das rote Licht spiegelte sich an den glatten Oberflächen. Am oberen Ende stand der lehre Marmorthron, vor dem sich eine runde Tafel befand, an der dreißig Leute einschließlich des Königs von Tunan Platz hatten. Gepolsterte Stühle standen einladend um den Tisch verteilt. Unzählige Flaggen und Wandteppiche schmückten die Seitenwände und über dem Thron hing das gezeichnete Antlitz von Feluna Tunan der Gründerin des Königreichs. "Ich heiße euch in Taskan und Tunan willkommen." Sagte ein schlanker Mann in der Uniform der tunarischen Diplomaten. Ein goldenes Diadem in dem ein kleiner Diamant prangte schmückte seine hellbraunen Haare, die kurz geschoren am Schädel anlagen. Nachdem er zwei Karaffen auf dem Tisch abgestellt hatte schlug er sich mit der Faust zwei mal auf die Brust und nickte den beiden zu. Als die beiden begriffen hatten wer ihnen da Gegenüberstand machte die Prinzessin einen verlegenen Knicks. Luko vollführte gekonnt eine tiefe Verbeugung samt Kratzfuß um dem Herrscher zu huldigen. "Euer Majestät, König Iroikhan Tanarka von Tu..." Mit einer kleinen Geste unterband der König jedes weitere Wort. Gemächlich setzte er sich auf einen der gepolsterten Stühle. "Vielen Dank Fürst Luko aber ich kenne meinen Namen." Griente der König. "Bitte nehmt platz und erspart euch und mir die Höflichkeitsfloskeln. Ich werde in den nächsten Tagen noch oft genug damit zu kämpfen haben." Erleichterte setzte sich Nika und auch Luko nahm etwas perplex auf einem der Möbelstücke platz. Nacheinander schenkte der König vier Trinkkelche voll mit Wein. Zwei überreichte er den beiden Gästen, einen stellte er vor sich und den letzten auf einen benachbarten Platz. "Erwarten wir noch jemanden?" Fragte Luko zögernd. "Könnte man so sagen. Nika! Du kannst dich ruhig zu uns setzen." "Ihr wusstet das ich hier bin?" Sagte eine etwas überraschte Frau die aus einem der wenigen Schatten des Raumes hervortauchte. "Ich habe es bemerkt als du in den Unterlagen gewühlt hast. Du warst zu laut." Rügte der Herrscher. "Verzeiht, ich werde mich bessern. Ich habe nur nach einer Karte Oruns gesucht, damit ihr den beiden die Lage besser schildern könnt." Die junge Frau hatte schulterlanges, blondes Haar. Sie trug einfach Kleidung aus braunem Stoff. Ihr schmales Gesicht zierten dunkelgrüne Ohrringe, die gut zu dem grün ihrer Augen passten. Mit dem gleichen Gruß wie der König bedachte sie die beiden Flüchtlinge und setzte sich neben ihrem König. Das riesige Pergament in ihrer Hand legte sie ausgebreitet auf den Tisch. "Wenn ich vorstellen dürfte. Dies ist Nika, eine meiner besten Agentinnen. Sie ist schon seit über zehn Jahren in meinen Diensten und leistet stets gute Arbeit." "Ich unterbreche euch ja nur ungern euer Hoheit. Aber ich glaube unsere Gäste sind nicht hier um etwas über mich zu erfahren." "Da hast du allerdings recht. Also Prinzessin Nikajana, sagt mir, warum seid ihr hier. Was wollt ihr?" "Eh ich es vergesse möchte ich euch erst einmal gratulieren. Wer ist den die glückliche, die ihr bald zur Frau nehmen werdet." "Sie ist eine gute Freundin aus meiner Kindheit. Die Tochter eines Großbauern." "Das freut mich für euch. Dann ist ja anscheinend nichts an den Gerüchten dran." "Doch, die Gerüchte sind wahr, ansonsten hätten meine Spione schon längst dafür gesorgt, dass es solche Gerüchte nicht gibt." Ungewollt rutschte Luko auf seinem Stuhl nach hinten, was der König sofort bemerkte. "Keine sorge Fürst. Ihr seid mir etwas zu jung." "Ihr... ihr... ihr liebt wirklich Männer?" Fragt der Rotschopf etwas entrüstet. "Aber wozu dann die Hochzeit?" Hackte Nikajana nach. "Ich bin bereits achtundzwanzig." Der König betonte sein Alter überdeutlich. "Die meisten Herrscher haben in diesem Alter schon lange einen Nachkommen und auch mein Volk drängt immer mehr darauf einen Thronfolger zu sehen. Außerdem wird es den Menschen gut tun, wenn sie in dieser schweren Zeit eine Königin an der Seite ihres Herrschers wissen." "Ja, es wird die Menschen beruhigen." Bestätigte Luko, der noch immer etwas angeekelt war. "Ich verlange nicht, dass man meine sexuelle Neigung versteht, sondern nur, dass man sie akzeptiert. Mein Großvater hat damals, als er die gleichgeschlechtliche Liebe in Tunan erlaubte gesagt: Es muss einen Grund geben, warum die Götter solche Menschen erschaffen haben und es liegt nicht an mir die Entscheidung der Götter in Frage zu stellen." "Damit hatte er sicherlich recht. Aber wir sind nicht hier um dieses Thema weiter zu vertiefen." Antwortete die Prinzessin. "Um auf eure Frage zurück zu kommen. Als erstes möchte ich gerne Wissen, wo die Diplomatin ist, die vor wenigen Tagen bei euch war." "Sie lebt hier in Taskan im Exil. Wenn ihr wollt könnt ihr sie gern besuchen." "Und zweitens." Die Stimme der pinkhaarigen wurde ungewohnt hart. "Kanntet ihr, vor der Invasion meiner Heimat bereits die Pläne des Kaiserreichs?" "Ja." Bestätigte die Spionin kühl. "Und warum habt ihr es meinem Vater nicht mitgeteilt?" Schrie sie, mit den Tränen kämpfend, die beiden an. Luko legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter aber die Prinzessin bebte trotzdem vor Zorn und Trauer. Die Erlebnisse jener schrecklichen Nacht flammten wieder in ihrem Inneren auf. "Es hätte nichts gebracht." Wisperte der König nach einer Weile. "Ich werde euch erzählen was passierte." Setzte Nika an. "Ich war in Alantinon als Ikes durch den Kaiser zum Krieg aufrufen ließ." So erfuhren die beiden, wie es zu diesem Krieg kam, von dem Tod der Kaiserin, von dem Plan vermutlich ganz Orun zu unterwerfen und von der knappen Flucht der Spionin. "Als ich von den Plänen erfuhr rief ich alle Strategen und hohen Offizier zusammen. Wir überlegten fieberhaft wie wir eine Katastrophe abwenden könnten. Aber das Resultat war nie wirklich zufrieden stellend. Zum Schluss blieben uns zwei Optionen. Euch zu warnen war eine Möglichkeit. Damit wäre Aganon aber klar gewesen das wir von ihren Plänen wussten, wodurch wir ebenfalls sofort in den Krieg verwickelt worden wären. Möglichkeit zwei ist jene die wir gewählt haben." "Unserem Untergang tatenlos zusehen?!" "Zusehen ja, aber nicht tatenlos. Wir haben Jelanar geopfert um Zeit zu schinden. Seit dem beginn der Invasion arbeitet unser... Geheimdienst auf Hochtouren, nicht nur was die Informationsbeschaffung angeht. Wir sabotieren Kriegsgeräte, stehlen oder vergiften Vorräte und versuchen auf unsere Art das Herr des Kaisers so gut wie möglich zu schwächen. Da alles auf dem Boden Jelanars geschieht geraten wir selten unter Verdacht. Außerdem Rekrutieren wir so viele Soldaten wie möglich. Unsere Kasernen reichen schon fast nicht mehr aus um die Männer und Frauen aufzunehmen. Leider sind die menschlichen Reserven des Kaiserreichs größer als die unseren, einen offenen Krieg würden wir alleine nicht gewinnen. Die Verhandlungen mit den anderen Reichen laufen aber noch schlechter als wir ohnehin erwartet hatten." "Wir sind ganz Ohr." Mahnend wackelte der König mit dem Zeigefinger. "Seit wann gibt Tunan Informationen umsonst an Außenstehende?" "Was wollt ihr?" Lukos Augen verengten sich drohend. "Einen einfachen und überaus fairen Handel. Ich sage euch alles was ich weiß. Dafür überlebt ihr beiden und lasst mir in regelmäßigen Abständen Nachrichten zukommen." Der König strahlte die beiden an. Langsam verschwand die schlechte und angespannte Stimmung. Die beiden Jelanarer willigten ein und nachdem Nika allen etwas von dem süßlichen Wein eingeschenkt hatte fing der König an zu berichten. Die Karte des Kontinents lag ausgerollt auf dem runden Tisch. "Jelanar befindet sich mittlerweile fast vollständig im Besitz der Kaiserlichen Truppen, lediglich das Archipel leistet noch immer erbitterten Widerstand. Aganon musste schmerzlich feststellen das ihre Übermacht auf See bei weitem nicht die Wirkung zeigt wie an Land. Eure Kriegsgaleeren demonstrieren sehr eindrucksvoll das Jelanar zwar am Boden ist, aber noch lange nicht an eine Kapitulation denkt. Währenddessen sammelt Aion V Truppen in der Festung Koston. Zweifellos für den Schlag gegen Tunan. An den Grenzen der anderen Reiche verhält es sich hingegen sehr ruhig. Was allerdings nicht weiter erstaunlich ist. Von Halun geht keine Gefahr aus. Königin Onara I handhabt es wie ihre Ahnen, ausharren bis die Gefahr vorüber ist. Nur das diese Taktik diesmal nicht funktionieren wird. Vermutlich wird es Ihr Land erst sehr spät treffen, dafür wird des Schlag umso brutaler sein. König Pokaa, dieser wandelnde Fleischkloss, zittert schon wenn das Wort Aganon ausgesprochen wird und verkriecht sich in seiner Festung. Von Ragos dürfen wir keinerlei Hilfe erwarten. Lediglich Talkana und Madin signalisieren Hilfsbereitschaft. Die junge Republik wird aber kaum ein schlagkräftiges Heer auf die Beine stellen können. Dafür gibt es noch zu viel innere Unruhe. Und Madin ist zu klein, als das es eine wirkliche Gefahr darstellen würde. Zwar sind die Mitglieder der Kriegerkaste erstklassige Kämpfer aber auch sie können nicht gegen eine solche Übermacht bestehen. Und als ob das ganze nicht schon schlimm genug wäre, steht nun das Königreich Usala auf der Seite Aganons. König Ukoro u Usala hat seine älteste Tochter Prinz Alandrus versprochen, wodurch die beiden automatisch verbündet sind. Es steht nicht gut um die Zukunft von Orun." "Und was sagt das zweite Kaiserreich?" "Sorgoohn? Nunja, das ist etwas merkwürdig." Der König zupfte nachdenklich an den Haaren seines Kinnbärtchens. "Imperator Lokscha Reson ad`Sor zeiht so viele Soldaten in sein Heer wie seid Jahrhunderten nicht mehr. Selbst zur Zeit der dunklen Magier war das Heer Sorgoohns nicht so groß wie jetzt. Dennoch will er sich nicht am Krieg beteiligen. Er sagte zu meinem Diplomaten, dass er eine größere, finsterere Macht, als die Aganons spüre. Was genau er damit meint wissen wir nicht. Tatsache ist aber, die Imperatoren spürten es immer, wenn eine Gefahr auf unseren Kontinent zukam. Es beunruhigt mich zwar sehr, jedoch fordert der Krieg meine gesamte Aufmerksamkeit. Wir können nur hoffen, dass der Imperator sich irrt oder dass Sorgoohn alleine mit dieser Macht fertig wird." "Vielleicht wieder Feinde von einem anderen Kontinent?" "Denkbar währe es. Aber Spekulationen bringen uns nicht weiter. Leider bin ich mit den schlechten Nachrichten auch noch nicht fertig. Die Gilde der Assasine steht hinter dem Kaiser. Das erschwert meinen Agenten die Arbeit erheblich. Eine Tatsache ist allerdings sehr mysteriös. Der Mann, der euch in Sanur das Leben rettete, ist auch ein Assasin Prinzessin." "Seid ihr euch sicher?" "Natürlich bin ich mir sicher. Bleibt nur die Frage warum." "Vielleicht ist er gegen die Entscheidung der Gilde? Oder ein Ausgestoßener." "Fragen über Fragen." Seufzte die Prinzessin. Nachdenklich starrte die Versammlung auf die Karte. "Euer Majestät. Ihr habt den Orden vergessen." "Stimmt Nika. Eine der wenigen guten Nachrichten. Der Orden der Sakrai hat General Ikes einen Korb gegeben. Die Diener des Kriegsgottes bezweifeln das dieser Krieg im Sinne Satiroks ist und verweigern dem Kaiser deshalb ihre Hilfe. Der Orden selbst wird sich aus dem Krieg heraushalten." "Ein Problem weniger, um das Mann sich sorgen muss." "Ganz recht Luko." "Dies ist also der aktuelle Stand des Kriegsgeschehens. Nicht gerade ermutigend." "Es tut mir Leid das ich nicht mehr weiß und das die Nachrichten nicht positiver sind. vermutlich muss erst wieder etwas geschehen, damit die Reiche erwachen. Der Kult musste damals auch erst die Elfen auslöschen, die sich so heldenhaft für Orun opferten, damit sich alle Reiche unter dem Banner Aions II vereinten." "Habt ihr sonst noch einen Rat für uns? Was sollen wir jetzt tun?" "Ihr solltet zuerst nach Nordwesten reisen. König Borein wird euch mit allen Kräften unterstützen, da bin ich mir sicher. Die Eisenbärte sehen in diesem Krieg die Chance, ihre versklavten Brüder vom Stamm der Granitfäuste endlich zu befreien. Danach solltet ihr euch nach Osten wenden. Zur Bucht von Boran und dann am Strand der Blutigen Küste Ragos durchqueren bis ihr die Republik erreicht. Danach müsst ihr jedoch selbst entscheiden. Ich weiß nicht, was euch auf eurer Reise noch widerfahren wird oder ob ihr sie überhaupt übersteht. Ich kann nur für euch beten. Wenn ihr Taskan verlassen habt kann ich nicht mehr für eure Sicherheit garantieren. Hoffentlich geleiten euch die acht Götter auf eurem Weg." "Das tun sie, ansonsten währen Luko und ich schon in Jelus gestorben." Der König lächelte aufmunternd aber in seinen Augen lag tiefe Sorge. Mit gemischten Gefühlen löste sich ihre kleine Versammlung auf. Es war bereits spät und die beiden Flüchtlinge wollten gleich am folgenden Tag aufbrechen. Ein langer Weg lag vor ihnen. Ein Weg ins Ungewisse. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Jelanar "Warum hast du sie entkommen lassen?" "Verzeiht. Ich sehe in der Prinzessin keine Gefahr für den Kontinent, so wie es Ikes behauptet. Außerdem habt ihr mir freie Hand gewährt." Die beiden vermummten Gestalten unterhielten sich leise. Sie waren nicht mehr als Schatten in der Dunkelheit der Nacht. "Mittlerweile befindet sie sich schon in Tunan. Es wird sehr schwer ihre Spur wieder zu finden." "Wenn der Rat es wünscht werde ich sie ausfindig machen." "Tu das. Ich erlaube dir weiterhin nach eigenem ermessen zu Handeln. Aber enttäusche uns nicht. Wir werden in der Zwischenzeit Ikes im Auge behalten." Die letzten Worte waren kaum verklungen als sich der erste Schatten auflöste. Auch die zweite vermummte Gestalt verschmolz endgültig mit der Nacht. Sie musste Nikajana wieder finden. Entweder um die Gefahr, die angeblich von ihr ausging, zu beseitigen oder um sie zu beschützen. General Ikes plante irgendetwas, da war der Schatten sich sicher und auch der verborgene Rat war mittlerweile vorsichtiger geworden. Irgendetwas braute sich zusammen. Kapitel 6: VI. Die Geschichte des Verfolgers -------------------------------------------- VI. Die Geschichte des Verfolgers 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Hauptstadt Taskan Als die ersten Sonnenstrahlen die Dächer des Palastes berührten erwachte Nikajana aus ihrem relativ ruhigem Schlaf. Die Vögel musizierten fröhlich. Die ersten Insekten fingen an ihrer geschäftigen Arbeit nach zu gehen. Es war ein schöner Tag, der ihnen von Akos geschenkt wurde. Noch etwas verschlafen streckte die Prinzessin ihre Glieder um den Schlaf zu vertreiben und machte sich anschließend an die Morgentoilette. Sie und Luko hatten geräumige Zimmer mit allem Komfort im Gästetrakt bekommen, wie es jemandem von ihrem Stand zustand. Allerdings hatte sie nach der langen, schweren Reise und dem sehr Ernüchternden Gespräch lediglich ein weiches Bett gebraucht um wieder zu Kräften zu kommen. Das Holz des Schlafmöbels war, wie so vieles hier, aus Mahagoni. Eine weiche Matratze und sehr angenehm geschmeidige Decken lagen darauf, die nun allerdings sehr zerwühlt aussahen. Die pinkhaarige hatte die schlechte Angewohnheit, sich im Schlaf andauernd durch das ganze Bett zu wälzen, egal wie groß es war. Sie schöpfte sich kaltes Wasser aus einer Schale ins Gesicht. Anschließend begann sie sich einzukleiden. Ihre Sachen waren gestern noch gewaschen worden und lagen nun fein zusammengefaltet auf einem der unzähligen Sessel. Die Rüstungsteile, die sie über ihrer Kleidung trug, hingen an einem eigens dafür vorgesehenen Rüstungsständer. Schnell schlüpfte sie in die rote Hose und das dazugehörige Oberteil. Danach streifte sie den weißen Waffenrock, die Handschuhe, welche bis zu den Ellenbögen reichten und die knielangen Überstrümpfe über. Zum Schluss folgten noch Brustpanzer, Fuß- und Handschutz und natürlich der rote Stirnreif. Zufrieden betrachtete sie sich in dem riesigen Wandspiegel. Mit einigen Handbewegungen strich sie ihre Haare in die richtige Position. Es klopfte kurz an der Tür und auf ihre bitte hin trat ein Livrierter herein, der den Auftrag hatte sie an den Speisetisch zu geleiten. Sie kam dieser Bitte gern nach. Ihr Magen gab ihr sehr unmissverständlich zu verstehen, dass sie eine Mahlzeit vor ihrer Abreise bitter nötig hatte. So schritt sie hinter dem kleinwüchsigen Mann durch den Palast bis sie den Speisesaal erreichten, an dem Luko, Iroikhan, Nika und General Nakin bereits warteten und sich unterhielten. Der Eintretenden wurde durch eine angedeutete Verbeugung der nötige Respekt gezollt, den sie sofort erwiderte. Es herrschte kurz schweigen im Saal. Erst als sie Platz genommen hatte erhob König Iroikhan seine charismatische Stimme und sprach einen Toast auf das Wohl der beiden Flüchtlinge und auf das Wohl Oruns. Alle stimmten ein und die Becher mit dem süßen Wein wurden in einem Zug geleert. Danach machte man sich über das Essen her. Brot, Käse, Fleisch, Eier, Milch und Honig waren in großzügiger Menge vorhanden. Die Reisenden sollten vor ihrem erneuten Aufbruch so viel Kraft wie möglich sammeln. Zwar wäre es Iroikhan lieber gewesen, wenn er den beiden noch ein paar Tage Ruhe hätte gönnen können. Aber zu seiner Hochzeit waren auch Diplomaten aus Aganon geladen und diese durften Nikajana auf keinen Fall zu Gesicht bekommen. Ansonsten wäre alles bisherige für umsonst gewesen. Während des Mahls wurde überwiegend geschwiegen. Jeder ging seinen eigenen Gedanken nach. Als sie fertig waren hatte Iroikhan noch zwei Überraschungen für die Prinzessin parat. Nika, die Spionin, würde die beiden Jelanarer fortan auf ihrer Reise begleiten. Sie kannte das Land, war Kampferprobt und war erstklassig, wenn es darum ging Informationen zu beschaffen. Und so wurde aus der Zweier eine Dreiergruppe. Aber das war noch nicht alles. "Prinzessin Nikajana. Ich habe von eurem Begleiter erfahren, dass ihr bei eurer Flucht eure Waffe verloren habt. Einen Speer der königlichen Garde Jelanars. Zwar kann ich nicht mit einer solchen Waffe dienen. Aber ich hoffe das ihr mit meinem Geschenk dennoch zufrieden seit." Schweigend überreichte ihr der General Nerev eine lange, flache Holzkiste. Als sie neugierig den Deckel hob, fielen ihr fasst die Augen aus. Der Griff der 1,80 Meter langen Waffe bestand aus Akadin welches mit unzähligen Schriftzeichen verziert war, die die junge Frau nicht kannte. Am oberen Ende reckten sich zwanzig Zentimeter Orunion einem möglichen Gegner entgegen. Dem zweitseltensten Metall des Kontinents war kaum etwas gewachsen. Schilder und Rüstungen stellten für Orunion, sofern es gut verarbeitet worden war, kein Hindernis da. Der Speer hatte keine Widerhaken. Lediglich die Seiten des Metalls waren leicht angeschliffen um im Notfall Schnittwunden zu verursachen. Ansonsten sollte ein kräftiger Stoß genügen um ein sauberes Loch in die Leiber der feindlichen Soldaten zu treiben. Es war eine Waffe die ideal für die junge Frau geeignet war. "Es ist ein Speer wie ihn die Elfen einst benutzten. Leider habe ich seinen Namen vergessen. Er wird euch sicherlich treue Dienste leisten, trotz seines hohen Alters." "Das kann ich doch gar nicht annehmen." Begehrte sie auf. "Ich glaube ihr habt keine andere Wahl. Ein nein werde ich nämlich nicht akzeptieren." Seufzend gab sie nach und bedankte sich mehrmals für die antike Waffe, die sie auf der Reise bestimmt noch mehrfach gebrauchen würde. Ohne weitere Verzögerungen schwangen sich die drei auf die Rücken ihrer Pferde. Der König und sein General sahen ihnen noch hinterher. "Meint ihr dass sie die Sturmberge lebend erreichen?" "Ich hoffe es sehr. Für uns und das Wohl des Kontinents. Veranlasst dass König Borein eine Nachricht erhält. Außerdem möchte ich, dass unsere Historiker alle Legenden, Prophezeiungen und ähnliches durchforsten. Von mir aus sollen sie alle Bibliotheken des Landes auseinander nehmen. Ich will wissen was Ikes planen könnte und vor was uns der Imperator gewarnt hat. Wenn die Informationen Stimmen dann suchen sie sogar Leute für die Hüter der braunen Erde und die Verteidiger des blauen Meeres." "Das ist in der Tat beunruhigend. Die Elitekrieger des Imperators und seiner Tochter gelten als unsterblich." "Wenn sie diese Truppen also auch verstärken muss sich etwas Gewaltiges auf dem Kontinent zusammenbrauen." Während die Kiefer des Königs mahlten ging der General die Anweisungen in die Tat umsetzen. "Was hat dieser Wahnsinnige nur vor?" Fragte er sich, die Augen in den blauen Himmel gerichtet. "Steht uns bei ihr acht Götter. Wir brauchen euren Beistand mehr als jemals zuvor." 544 n.A. im fünften Monat Hantar, Hafenstadt Masun "Du verdammter kleiner Dieb. Gib endlich her!" Die Hand in dem Panzerhandschuh griff ins leere. "Nein! Ich habe es gefunden also gehört es mir!" Der kleine junge mit den dunkelroten Haaren, in der zerschlissenen Kleidung klammerte sich verzweifelt an den kleinen Beutel, in dem einige Münzen klimperten. Die beiden Soldaten verloren langsam die Geduld und ihre Gesichter blickten ihn grimmig an. "Zum letzten Mal. Gib mir meine Geldbörse wieder oder es setzt was." "Nein! Hohl sie dir doch wenn du dich traust." Gab der tapfere Kerl mutig zurück. Pfeifend entwich die Luft aus seinen Lungen als der zweite Soldat plötzlich zutrat. Mit wucht traf der Stiefel auf den Bauch des jungen. Ein Rippenknochen gab knackend nach. Hustend fiel der Kleine auf das harte Kopfsteinpflaster der Seitengasse. Der eiserne Griff des ersten Soldaten packte ihn im Nacken und hob ihn in die Luft. "Rückst du jetzt endlich mein Eigentum heraus du kleiner Dieb?" Als Antwort gruben sich die Zähne des Rotschopfs in den Ungeschützten Oberarm. Fluchend ließ der Soldat los und Schlug ihm im fallen mit der gepanzerten Faust ins Gesicht. Mir gebrochener Nase und aufgeplatzten Lippen krümmte er sich auf der Straße vor Schmerzen. Tränen der Verzweiflung und Hilflosigkeit rannen über das Gesicht des Jungen. Der Geldbeutel wurde seinem matten Griff entwunden. Krachend landete der Stiefel in seinem Bauch. "Was bildest du dir eigentlich ein Bursche? Einfach so die Stadtmiliz bestehlen, veralbern und angreifen?" Er deutete auf die Bissspur, die der Junge hinterlassen hatte. "Du glaubst doch nicht dass wir das einfach so mit uns machen lassen?" Der zweite Soldat blickte das Misshandelte Kind ohne Mitleid an, während sein Begleiter ein weiteres Mal mit dem Bein ausholte. Ein Luftzug glitt an den beiden Soldaten vorbei. Scheppernd landete ein Messer hinter ihnen auf den Steinen. "Lasst den Jungen in Ruhe!" "Wer bist du, gib dich zu erkennen!" "Niemand droht einfach so der Miliz." Die beiden Soldaten spähten in alle Richtungen ohne etwas zu entdecken. "Nehmt euer Geld und verschwindet!" Erklang die Stimme des Unbekannten erneut von irgendwo her. "Ansonsten Ziele ich das nächste mal genauer." Murrend verstauten die beiden Männer ihre gezogenen Säbel. "Hast Glück kleiner. Der Typ hat dich gerade gerettet." Der bestohlene sammelte noch einmal Speichel im Mund und spuckte den am Boden liegenden ins Gesicht. Erst dann wandte er sich ab und lief mit seinem Kollegen zurück auf eine der belebteren Straßen. Mit dem dreckigen Ärmel seiner "Kleidung" wischte sich der kleine Mann den Speichel und die Tränen aus dem Gesicht. Als er wieder sehen konnte streckte sich ihm eine Hand entgegen. "Steh auf." "Das Schaff ich allein. Und mit den beiden wär ich auch fertig geworden." Mühsam kam er wieder auf die Beine und blickte die vermummte Gestalt mit der männlichen Stimme an. "Ich habe dir nur geholfen, weil ich deinen Mut bewundere. Nur wenige legen sich freiwillig mit den Soldaten des Kaisers an. Vor allem wenn sie so jung sind wie du." "Ich bin schon sieben." Antwortete er etwas nuschelnd. Er hatte ein paar Zähne einbüßen müssen. "Du hattest glück. Die Verletzungen sind nicht all zu schwer und du bist noch jung. Das müsste schnell verheilt sein. Und die Zähne hättest du ohnehin noch verloren. Leb wohl kleiner." Der Mann wandte sich zum gehen aber der junge packte seinen dunklen Umhang. "Ich schulde dir was und ich werde nicht von deiner Seite weichen bis ich mich ausreichend bedankt habe." "Oh ein wahrhafter Ritter mit einem Gefühl für Ehre." Lachte der Vermummte. "Ich lege nicht viel Wert auf so was kleiner. Also geh nach Hause." "Ich habe kein Zuhause. Nur diese Straßen." "Und wovon lebst du? Diebstahl?" Zögerlich nickte der Rotschopf. "Aber so wie es aussieht nicht erfolgreich." "Diesmal habe ich nicht geklaut. Ich habe den Beutel gefunden. Wenn ich stehle dann habe ich auch erfolg." Gab der Kleine trotzig zurück. Der Mann lächelte hinter seiner Kleidung. "Dann bist du vielleicht doch noch nicht ganz verloren. Nun gut. Ich habe heute anscheinend meinen guten Tag. Komm mit." Glücklich lief er seinem Retter hinterher. Durch die Gassen der kleinen Stadt. Immer im Schatten der Gebäude. "Wie heißt du eigentlich?" "Ich habe keinen Namen." "Hmmm... das müssen wir allerdings ändern. Ab heute wirst du auf den Namen Sinthal hören." "Sinthal?" "Ja. Das Wort stammt aus der dunklen Sprache und bedeutet Schatten. Ich hoffe der Name wird eines Tages zu dir passen." 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Kadonisches Meer "Kaum zu glauben, dass das jetzt schon siebzehn Jahre her ist." Sagte Sinthal zu sich selbst. Mit jenem Tag begann für ihn eine der härtesten Ausbildungen die es gab. Er lernte sich an den Gegner anzuschleichen, er wurde in den Umgang und die Wirkung von Giften eingeweiht, er lernte mit Dolchen, Wurfmessern, Wurfsternen und anderen Waffen umzugehen. Das Verschmelzen mit der Dunkelheit war für ihn mittlerweile etwas ganz normales und die dunkle oder auch geheime Sprache beherrschte er perfekt. So wie sein damaliger Retter war er nun ein stolzes Mitglied der Assasinengilde und Anwärter auf einen Platz im verborgenen Rat. Kein normaler Soldat würde ihn jemals wieder so behandeln. Fahrtwind fuhr im kühl durch die dunklen Gewänder. Die Soldaten des Kriegsschiffs, auf welchem er sich befand, mieden ihn so gut es ging. Der Assasin war ihnen nicht geheuer. Auch wenn die Gilde zu den Verbündeten ihres Kaisers gehörte. In wenigen Tagen wären sie ihn ohnehin los. Sobald sie in Antos vor Anker gingen würde er sich wieder alleine auf den Weg machen. Er musste die Prinzessin unbedingt wieder finden. Entweder um sie zu töten oder aber um sie vor den Soldaten des Generals zu beschützen. Er wusste, dass die beiden, denen er damals geholfen hatte, auf den Weg nach Taskan waren. In die Hauptstadt des Königreichs einzudringen und dabei nicht entdeckt zu werden war endlich wieder eine Herausforderung nach seinem Geschmack. Dort würde er dann in Erfahrung bringen, wo sich die beiden aufhielten. So auffällig wie die beiden aussahen waren sie bestimmt einigen aufgefallen. Er wunderte sich sowieso wie man in so auffälliger Kleidung fliehen konnte. Zumal ein Kopfgeld auf die Prinzessin ausgesetzt war und der Zeichner hatte gute Arbeit geleistet. Ich hoffe für sie, dass ich sie am Leben lassen kann. Hach Meister, was würdet ihr jetzt tun? Zum ersten Mal in seinem neuen Leben, fühlte er sich verloren. Er war sich nicht sicher was er tun sollte. Noch nie hatte ihn sein Gewissen geplagt, noch nie hatte er Zweifel gehabt, wenn es um einen Auftrag des Rates ging. Was hat dieses Mädchen an sich, das ich mich weigere sie zu töten? Oder liegt es daran das ich diesem Ikes nicht traue? Oh man... Fragen über Fragen. Die Hände des Rotschopfs lagen locker an den Griffen der beiden Dolche, die er unter anderem mit sich führte. Ein Assasin trägt grundsätzlich eine halbe Waffenkammer bei sich. Das war das erste, was ihm sein Mentor beigebracht hatte. Im Kampf konnte man nie genug Waffen und Gifte parat haben. Zwar war es alles andere als ehrenhaft. Aber es war irrelevant, wie man einen Kampf überlebte, solange man nur überlebte. Nikajana oder Ikes. Einer von euch beiden ist gefährlich für das Wohl dieses Kontinents und für das Wohl der Gilde. Ich schwöre, einer von euch beiden wird durch meine Hand sterben. Mögen die acht Götter mir bei meiner Entscheidung helfen. Für das Wohl der Gilde. Kapitel 7: VII. Einsamer Wanderer --------------------------------- VII. Einsamer Wanderer 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Mündung des Ikan Der schwarz-rote Umhang wehte im starken Wind, welcher vom Meer aus landeinwärts drängte. Was für ein Sturm da heraufzieht. Dachte sich der Mann. Das matte grün der Robe hob sich deutlich vom felsig, grauen Untergrund der Felsen ab. Die Küstenlandschaft, die sich so nah an der Küste von Boran erstreckte, war karg und schroff. Nur wenige Fischer zog es in diese stets unruhigen Gewässer, in denen es unzählige Riffe und Felsen gab. Ein wenig weiter im Landesinneren trieb der Ikan die Landwirtschaft mit seinen üppigen Wassermengen vorwärts und auch die Viehzucht war sehr lukrativ. Aber hier, direkt an der felsigen Küste, gab es nicht viel, was die Menschen für lange Zeit am Leben halten konnte. Vermutlich war dies einer der Gründe, warum das Dorf vor ihm verwaist war. Die meisten Hütten waren aus Lehm und Stroh, wobei die unstabilen Dächer aber schon zu einem großen Teil vom Wind abgetragen waren. Ein einsames Boot wippte auf dem unruhigen Meerwasser auf und ab. Ansonsten gab es nichts. Weit und breit nichts. Mit unendlicher Ruhe schritt er in das Geisterdorf. Wolken brauten sich am Himmel zusammen und verdunkelten den Tag. Der Mann schritt durch die offene Tür eines Hauses, dessen Dach noch halbwegs intakt war, auch wenn es zwei klaffende Löcher aufwies. Im inneren entzündete er kurzerhand den noch bestückten Ofen mit zwei Feuersteinen die er aneinander Schlug. Da das Holz trocken war entzündete es sich sehr schnell und verbreitete eine wohlige Wärme in dem Gebäude. Mobiliar gab es kaum. Ein Stuhl mit nur noch drei Beinen, ein Bett, bestehend aus vier Beinen und drei Brettern, von denen eines schon in der Mitte durchgebrochen war und einem kleinen Schrank. Den Rest hatten die ehemaligen Besitzer vermutlich mitgenommen, als sie diese Behausung verlassen hatten. Der Mann zog den Stuhl näher an das Feuer. Ebenso den Schrank, welcher hinter dem Sitzmobiliar landete und durch sein Gewicht das fehlende Stuhlbein halbwegs ersetzte. Langsam setzte der Regen ein. Erst war er nicht mehr als ein leises prasseln. Tropf. Tropf. Tropf. Machte das Wasser, welches sich aus den Wolken ergoss. Sacht und gleichmäßig. Aber es blieb nicht bei dieser ruhigen Melodie. Hammerschläge aus Wasser trommelten auf Stroh, Lehm und Gesteinsboden. Der Lärm verschlang jedes andere Geräusch. Die Person unter der Schwarzen Kapuze störte sich nicht weiter daran. Nach und nach zerlegte er das Bett in kleine, brennbare Scheite, die das Feuer nährten. Jedes mal, wenn eines der Bretter in den knisternden Flammen landete, züngelte und leckte das Feuer gierig an ihnen empor. So vergingen Minuten und sogar Stunden, bis der Wind schließlich die dunklen Wolken weiter getragen hatte und mit ihnen das Unwetter. Die Sonne strahlte nun wieder auf die Küste herab. Durch das Dach fielen nun drei Strahlen des Lichts. Der Wind hatte weitere Teile des Strohdachs davongetragen. Langsam stemmte sich der Mann in die Höhe. Es war an der Zeit den Weg fortzusetzen. Auch wenn er nicht wusste, wo ihn dieser hinführen würde. Das Feuer fraß sich hinter ihm weiterhin satt. Irgendwann wird auch dieses Feuer vergehen. So wie alles auf dieser Welt. Dachte er bei sich. Sein Mund, welcher unter der Kapuze verborgen war, verzog sich dabei wehmütig. Das Dorf hatte unter diesem Gewitter mächtig gelitten. Ein Dach war komplett eingestürzt. Manche Türen waren ebenso aus den Angeln gerissen worden wie der Holzschutz einiger Fenster. Da der Ort aber verlassen war, war das nicht weiter von Bedeutung. Auch der Wanderer würde hierher nicht zurückkehren. Er schritt die Küste entlang und sucht sich eine einfache Stelle um auf die felsigen Klippen zurückzugelangen. Das klettern war immer das schlimmste an seinen Reisen. Er hasste diese rauen Steine. Es schmerzte an seinen Händen und peinigte seinen Körper wenn er sich zu fest an den Fels drückte. Als er die Strapazen überwunden hatte und sich ausruhte besah er sich seine weißen Handschuhe. Der Stoff färbte sich Stellenweise rot. Er hatte sich einmal mehr verletzt. So wie er erwartet hatte. Seine Handflächen brannten leicht aber er war schmerzen gewöhnt. Der Mann gönnte sich wenige Minuten Rast. Dann setzte er seinen Weg fort. In der Ferne hatte er einen Wald ausgemacht. Auf diesen bewegte er sich nun zu. Er liebte die Bäume und Blumen. Das Gezwitscher der Vögel. Die unzähligen Düfte und Klänge. Das Land um ihn herum war eben. Gras wuchs niedrig aber dicht auf der Ebene. Ameisen, Grashüpfer und ähnliches Getier wuselten durch das grün. Er besah sich im vorbeigehen das rege Treiben. Er fand diese kleinen Tiere so faszinierend. Was sie, trotz ihrer kurzen Lebenszeit, alles erreichen konnten. Die Natur war etwas ganz besonderes. Einzigartig und unübertroffen. Als er den Wald schließlich erreicht hatte besah er sich die Vielzahl der Bäume. Fichten, Eichen, Tannen, Ahorn, Eicheln und sogar einige Akadinbäume. Ein kräftiger und gesunder Mischwald wie man ihn noch recht häufig vorfand. Durch die Kriege der Menschen und die technologischen Veränderungen nahm die Anzahl der Wälder jedoch kontinuierlich ab. Vögel sangen ihre Lieder, weit oben im Wipfel der Bäume. Wildschweine suhlten sich in Schlamm und Dreck. Rehe grasten auf den Lichtungen. Alles befand sich im Einklang. Auch der Mann fühlte sich so frei und entspannt wie schon lange nicht mehr. Er war ein Teil dieses Gleichgewichts. Ein Geschöpf der Natur und der Götter. Leises Blätterrascheln verkündete ihm, dass sich ihm etwas näherte. Ein Eichhörnchen stapfte durch das Gras und die einzelnen, am Boden liegenden Blätter. Vorsichtig streckte der vermummte die Hand aus. Das Tier schnüffelte zaghaft. "Du musst keine Angst vor mir haben kleiner Freund. Ich tu dir ganz sicher nichts." Als ob es die Worte verstanden hätte trappelte das Eichhörnchen, mit dem rotem Fell und einigen weißen Streifen, den Arm hinauf und setzte sich auf die Schulter des Mannes. "Na mein kleiner. Wie heißt du denn?" Als Antwort bekam er ein leises fiepen. "Aha, ein schöner Name. Ich bin Oriihion. Wollen wir von nun an gemeinsam Reisen?" Wieder gab es einen leisen Ton von sich, welcher die Frage wohl bejahen sollte. "Fein. Dann sind wir jetzt Reisegefährten." Der Mann lächelte unter seiner Kapuze. Der Nager gab einige Fieptöne von sich und Oriihion legte den Kopf in den Nacken. "Das weiß ich selber noch nicht so genau, Eiso. Ich folge einfach meiner Nase. Manchmal ist es besser Weg und Ziel nicht zu kennen. Dann kann man sich auch nicht verlaufen." Der Mann lachte fröhlich und auch Eiso schien irgendwie fröhlich zu sein. Die beiden verstanden sich. So wie der Mann jedes Tier verstand und die Tiere ihn. Die beiden verließen plaudernd den Wald. Jeder Mensch, der den Mann gesehen hätte, hätte ihn vermutlich sofort für verrückt erklärt. Aber hier waren keine Menschen und selbst wenn hätte es ihn nicht gestört. Als sie den Wald verließen blickten beide noch einmal zurück. "Du kannst jetzt noch umkehren. Ich würde es dir auch nicht übel nehmen." Das kleine Pelzknäul schüttelte den Kopf als Antwort. "Gut, wie du willst. Wir werden jetzt an den Ufern des Ikan entlang ziehen und dann bis zum Ursprung des Ibris weiterreisen. Wie es dann weitergeht werden wir sehen. Einverstanden..?" Wieder bekam er ein ja sagendes fiepen zu hören. So konnte die gemeinsame Reise beginnen. Das war etwas fast schon ungewohntes. Es war Jahrzehnte her, das er einen Begleiter hatte. Damals war er mit zwei Menschen unterwegs gewesen. Sie waren sechs Jahre zusammen und hatten einige Schwierigkeiten überstanden. Aber die beiden verliebten sich auf ihrer Reise ineinander und als ihre Gefährtin schwanger wurde trennten sich ihre Wege. Er fragte sich oft wie es den beiden ging und ob sie noch lebten. Vielleicht würde er sie irgendwann einmal besuchen oder auf einer seiner Reisen wieder treffen. Als er aufhörte in Erinnerungen zu schwelgen bemerkte er den interessierten Blick seines kleinen Begleiters und so begann er, über seine Vergangenheit zu erzählen. Vom Tod seiner Mutter, die ihn alleine großzog. Vom Beginn seiner Wanderschaft. Von seinen Erlebnissen als Kopfgeldjäger. Von den Gefährten die kamen und wieder gingen. Von den verschiedenen Bestien die er schon besiegt hatte. Und von der Geburt seiner drei Kinder. Einem Jungen und zwei Mädchen. Leider musste er sie verlassen, so wie es sein Vater bei ihm tat. Er gehörte einem Volk an, welches nie lange im Kreis von Menschen, Zwergen oder anderen Lebewesen verweilen konnte. Niemand akzeptierte ihn und seinesgleichen. Nur die Geschöpfe des Waldes nahmen sie auf. "Tja mein Freund. Dies ist der Fluch jeder aussterbenden Rasse. Wenn wir nicht benötigt werden, haben wir keinen Wert mehr." Das Pelztier fiepte mitleidig. "Aber was sollen diese traurigen Gedanken? Ich lebe noch und habe in dir einen neuen Weggefährten gefunden." Glücklich fiepte Eiso und betrachtete von der Schulter des Mannes aus, die für ihn neue Umgebung. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Kadonisches Meer Es klopfte an der Tür und ein leicht gerüsteter Soldat trat zur Tür herein. "Bitte Entschuldigt die Störung aber wir werden bald in den Hafen von Antos einlaufen." "Gut." Antwortete Sinthal knapp. Noch zwei oder drei Tage und er würde die Hauptstadt erreichen. Wenn er Glück hatte sogar sein Ziel. Aber selbst wenn die Prinzessin nicht auffindbar sein sollte, so hatte er einen Plan was er tun konnte. Er würde dem König von Tunan einen kleinen Besuch abstatten. Das wäre bestimmt eine gelungene Überraschung. Außerdem würde er gerne den Anführer des Spionagenetzwerkes kennen lernen. Immerhin waren die Spione ihre härtesten Konkurrenten. Lächelnd spielte er mit einem seiner Dolche. Ließ den Griff der Waffe in der Hand kreisen, während er in der anderen eines seiner kleinen Giftfläschchen hielt. "Ich frage mich, wie du so bist, König Iroikhan. Und vor allem, was du im Kampf gegen einen Assasinen ausrichten kannst." Ein hinterhältiges, gemeines kichern konnte er sich nicht verkneifen. Er würde ihn zwar nicht töten aber dem König einen Denkzettel zu verpassen konnte bestimmt nicht schaden. Wenn er seinen Auftrag in der Stadt nicht gleich zu einem Abschluss bringen kann, dann würde er sich wenigstens ein wenig Spaß gönnen. "Unbemerkt in die am besten gesicherte Stadt ein- und danach wieder Ausbrechen. Wenn das mal eine Herausforderung ist." Der Mann grinste. "Ihr werdet euch noch wundern ihr tollen Spione. Das was ihr damals in Aganon vollbracht habt, dass werde ich in Taskan wiederholen und zwar ohne mir danach noch Verfolger vom Hals schaffen zu müssen. Ich werde über euch kommen wie ein Schatten in der Nacht. Ihr werdet mich nicht bemerken." Kapitel 8: VIII. König, Königin und Krieg ----------------------------------------- VIII. König, Königin und Krieg 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Hauptstadt Taskan "Lang lebe der König! Lang lebe die Königin!" Hallte der Ruf der Masse wieder und wieder durch den Tempel der acht Götter. Das Gebäudeinnere war bis zum bersten gefüllt. Die Menschen drängten sich so dicht aneinander wie nur möglich. Die Stadtgarde und die königliche Garde hatte alle Hände voll damit zu tun die Masse auf einen minimalen Abstand zu halten. Vor wenigen Minuten hatte ihr Herrscher, König Iroikhan Tanarka von Tunan Sahrah Malin zu seiner Frau gemacht und dem Königreich damit eine Herrscherin geschenkt. Der König präsentierte sich in seiner weißen Diplomatenuniform an welcher sämtliche Orden hingen. Auf der Brust prangte ein aus Silber gefertigter Diamant, das Zeichen der Familie Tanarka. Um seine Schultern schmiegte sich ein Umhang aus weichem Samt. Der braune Saum ging fließend in den sonst weißen Stoff des Umhangs über in dessen Mitte ein goldener Greif gestickt war. Einen identischen Umhang, der gleichzeitig die Flagge des Landes darstellte, trug seine Gattin. Die schmale Gestalt der jungen Frau war in ein weißes Brautkleid gehüllt. Ihre langen schwarzen Harre fielen in Locken über ihre Schulter. Wie ihr Gatte trug sie einen goldenen Stirnreif mit einem weißen Diamanten als Zeichen der Königswürde. Glücklich strahlte das junge Paar in die Menschenmenge. Der jubelnde Beifall wollte überhaupt nicht enden. Zu sehr genossen die Menschen dieses Fest. Zu lange hatte das Volk Tunans auf diesen Tag gewartet. Als die beiden verheirateten sich dann auch noch küssten wurde das ausgelassene Jubeln zum Gegröle und selbst die Priester spendeten neben dem Segen der Götter ihren leisen Beifall. Links und Rechts der Menschenmenge sahen die steinernen Abbilder von Akos, Lasia, Naquine, Rek, Chiloia und Sales auf das Geschehen herab. Verun der Zweiköpfige Gott und Gebieter über Leben und Tod stand hinter dem Brautpaar und Satiroks Statue erhob sich über dem Torbogen und wachte über die Versammelten. Iroikhan genoss es einmal mehr so nah an seine Untertanen heranzukommen. Er hatte viel zu selten Zeit für seine Diener und Landsleute. Vor allem in letzter Zeit. Die Hochzeit lenkte eigentlich nur von dem Sturm ab, der bald hereinbrechen würde. Außerdem war dieses Fest ein idealer Zeitpunkt um Vertreter sämtlicher Reiche zu empfangen. Die Botschafter warteten im Palast auf das Paar. Der König hatte nicht gewollt das sie der Zeremonie beiwohnten. Nur die Bürger seines Landes durften anwesend sein. Kinder begannen Blumen auszustreuen und die Wachen sorgten dafür das sich ein Weg für die Herrscher öffnete durch den sie den Tempel verlassen konnten. Vor dem Tempel wurde es nun aber noch schlimmer. Die Arbeit in der ganzen Stadt wurde für diesen Tag eingestellt. Jeder Bürger, egal ob jung oder alt, wollte den König und die Königin sehen, ihnen zurufen oder sie vielleicht sogar berühren, ihre Hände schütteln. So kam es, dass vor allem die Kinder ihre dünnen Finger nach den beiden mächtigen Personen ausstreckten und diese griffen gerne zu und streichelten den kleinen noch zusätzlich über die Köpfe. Aber auch Erwachsene versuchten ihnen möglichst nahe zu sein, so dass die Stadtgarde sich mit äußerster Kraft dagegen stemmen musste. Nakin Nerev lief mürrisch hinter seinem König. Es gefiel ihm gar nicht, dass der Herrscher sich so offen präsentierte. Er hatte ihn mehrfach versucht davon abzubringen sich so offen zu präsentieren aber der König ließ sich nicht belehren. Jeder verdammte Attentäter wird sich hoffentlich über soviel Torheit totlachen. Er ist wie ein Drache im Wald. Zwar gibt es genug Bäume die ihm Deckung bieten aber er ist nicht in der Lage sie zu nutzen. Verdammter Narr. Mit grimmigen Blick musterte er die verzückten Gesichter der Menschen, eine Hand hielt das Turmschild fest umklammert. Zehn Gardisten folgten ihm, während Zehn weitere Vorneweg schritten. Der kleine Tross bahnte sich tapfer seinen Weg durch die überfüllten Straßen Taskans. Blumen zierten den gesamten Weg vom Tempel an, bis zu der letzten Mauer die den Palast von der Stadt abtrennte. Bis dahin reichte auch die Ansammlung der Tunarer und wenn es die Wachen nicht verhindern würden wären sie sogar auf die Mauer geklettert und hätten den Palast geflutet. Vor dem letzten Tor bleib das Paar stehen und wandte sich zu den Menschen um. Die Gardisten flankierten sie rechts und links während sich General Nerev schräg hinter dem König platzierte. Iroikhan hob beide Arme und schlagartig wurde es totenstill. "Meine lieben Untertanen. Bürger Taskans und Tunans. Von nun an regieren wieder zwei Menschen unser Land und ich hoffe euch bald einen Erben schenken zu dürfen." Wieder jubelten die Menschen. Jeder versuchte lauter zu schreien als sein Nachbar oder sein Vordermann. Väter hatten ihre Kinder auf die Schultern genommen damit sie besser sehen konnten. Aber als der König erneut um Ruhe bat verebbte erneut jeglicher Radau. "Meine Freunde, unser Land sieht nun einer strahlenden Zukunft entgegen. Unser Reich ist so stark wie niemals zuvor und DAS, verdankt es euch. Den Bürgern Tunans! Ihr macht unser Land zu dem Was es ist." "Ein hoch auf unseren König!" Schmunzelnd ließ er es über sich ergehen und nahm es den Menschen nicht krumm das sie ihn immer wieder unterbrachen. Das war ihr Tag. Wenigstens heute sollten sie alle unbeschwert Leben können. "Feiert meine Untertanen. Feiert und genießt den heutigen Tag. Alle Rechnungen übernimmt der Palast!" Unter lautem Beifall zog sich das Herrscherpaar in den Palast zurück und die Stadtgarde ließ sicherheitshalber den Palast komplett abriegeln. Man wollte sichergehen das niemand auf die dumme Idee kam, einfach so in den Palast hinein zu marschieren und den König oder einen der Botschafter im Suff zu verletzen. Gemessenen Schrittes liefen die beiden unter den wachsamen Augen des Generals in das Besprechungszimmer, wo sie die Botschafter empfangen wollten. Denn die geheime Halle unter dem Palast war ein Geheimnis das nicht jeder Erfahren sollte. In der großen, oberirdischen Halle war es angenehm kühl. Die Sonne warf ihr Licht durch die großen Gläser und der Wind streifte ganz sachte durch den hohen Raum. Heute Abend würden auch die Adligen des Landes anwesend sein um den Herrschern ihre Glückwünsche auszusprechen aber noch war der Raum leer. Die riesigen Tische waren noch ungeschmückt. Nur die Wandteppiche und Gemälde zierten den Raum. König und Königin nahmen auf den beiden Marmorthronen platz und schickten Livrierte aus, die die Botschafter herbei bitten sollten. Nach wenigen Minuten trafen die Gesandten dann auch nacheinander ein. Man wartete bis alle Anwesend waren, erst dann erhob sich der Herrscher Tunans. "Herzlich willkommen in Taskan, dem Diamanten Tunans. Es freut mich das alle meiner Einladung nachgekommen sind. Und noch mehr freut es mich das einige sogar persönlich gekommen sind." Er lächelte einer jungen Frau mit kurzen, hellblauen Haaren zu. "Keine falsche scheu hoch verehrte Botschafter. Tretet vor." Lächelnd setzte sich der Regent wieder. Sollten die Herrschaften untereinander klären wer den Anfang machte. Es dauerte auch nicht lange bis die junge Frau, der er eben zugelächelt hatte, unmissverständlich zeigte, dass sie die erste war und einen Schritt auf das Paar zumachte. "Euer Majestät König Iroikhan Tanarka von Tunan und verehrte Sahrah Tanarka von Tunan ich Inoi Naquara ad`Sor, Thronerbin des Kaiserreichs Sorgoohn beglückwünsche euch zu eurer Hochzeit. Möge euer Reich aus dieser Ehe profitieren und strahlender erblühen als jemals zuvor. Unser Imperator und das Volk meines Landes freuen sich ebenso wie das eurige und wir hoffen sehr das wir weiterhin in Frieden miteinander Leben können verehrte Nachbarn." "Vielen dank für eure Worte Impasa. Auch ich hoffe das unsere Völker in keinen Krieg verwickelt werden und das Frieden herrscht." Inoi nickte dem Herrscher zu und schritt in die Reihe der Botschafter zurück. Ihr dunkelblaues Kleid schmiegte sich so Figurbetont an den makellosen Körper, dass die Blicke der Männer förmlich an ihr klebten. Sie schenkte den Männern jedoch kaum einen Blick. Als nächstes trat ein bewaffneter nach vorne. Langsam zog er seine Axt aus dem Haltegurt am Rücken und stellte den Waffenkopf auf den Boden. "Die Kriegerkaste grüßt euch, König von Tunan. Das Reich Madin lässt mich, Kàmù Àsàlmàn, euch die besten Wünsche ausrichten. Als kleines Geschenk haben wir, für euch Majestät, einen Dolch aus reinstem Orunion. Der Griff wurde vergoldet und mit verschiedenen Edelsteinen verziert. In die Klinge sind Bannsprüche eingraviert die euch vor Bösen bewahren sollen. Und für die Königin haben wir ein kostbares Kleid wie es die Reichen unseres Landes tragen. Es wird eure weibliche Schönheit betonen, auch wenn ihr dies nicht nötig habt." Der Krieger lächelte verlegen und wurde rot. "Auch euch danke ich. Für die Geschenke und die Freundschaft die unsere beiden Länder verbindet." Der Krieger verstaute seine Waffe und lief rückwärts in die Reihe der Wartenden zurück. Ihm folgten die Botschafter von Usala, Halun, Ragos und Talkana, die allesamt Geschenke und Glückwünsche übermittelten. Der Botschafter Aganons wartete beharrlich bis alle fertig waren und die Blicke der anwesenden auf ihm hafteten. Erst dann trat er auf das Ehepaar zu und machte eine knappe Verbeugung. "Ich, Ason Bersin, habe die große Ehre euch die Glückwünsche des großen Aion V, Kaiser über Aganon und" Er betonte das "und" überdeutlich und ließ es eine weile Klingen. "Jelanar. Gleichzeitig bedauert er es, dass ihr nach wie vor nicht bereit seit euch uns anzuschließen, euer Majestät." "Und das werde ich auch in Zukunft nicht!" Sagte Iroikhan entschieden. "Wie ihr wünscht, dann werde ich dem Kaiser gern eure endgültige Entscheidung mitteilen." Er verneigte sich noch einmal knapp und marschierte, ohne das er vom König die Erlaubnis erhalten hatte, zum Ausgang hinaus. Die anderen Botschafter waren sprachlos. Das war ein Verstoß gegen die Etikette wie ihn kein Botschafter und Diplomat begehen sollte. Aber als die ersten etwas dazu sagen wollten winkte der König nur ab. Er wusste was das Kaiserreich als nächstes tun würde. Er entließ die restlichen Gesandten, nur den Krieger und den Republikaner bat er noch kurz zu bleiben. Die Impasa gesellte sich ebenfalls zu der kleinen Versammlung, was der König mit einem hochziehen der rechten Augenbraue quittierte. "Ich wollte euch vorhin nicht das Geschenk meines Vaters geben." Lächelte sie den König an. "Es soll schließlich eine Überraschung für Aganon werden, wenn es mit dem Angriff auf euer Land beginnt. Da jetzt nur noch eure Verbündeten anwesend sind, denke ich aber, das ich es euch jetzt übergeben kann." Unter dem Ärmelaufschlag ihres Kleides zog die junge Frau eine Pergamentrolle hervor und gab sie an den König weiter. "Dies ist das erste mal seit über zweitausend Jahren, das unser Reich Technologie an ein anderes übergibt. Technologie aus der Zeit, vor dem Großen Krieg." Der König entrollte das Schriftstück und besah sich die merkwürdige Konstruktion die auf dem rauen Untergrund abgebildet war. "Was bei den acht Göttern ist das?" "Es nennt sich Panzer wie genau es funktioniert wissen wir leider auch noch nicht aber wir sind uns überaus sicher das die Zwerge etwas damit anfangen können. Immerhin sind sie die besten Konstrukteure des Kontinents, wenn es von jemandem auf die schnelle zusammen gebaut werden kann, dann von den Eisenbärten." "Hmmm..." Machte der König nachdenklich und wog das Blatt dabei hin und her. "Ich werde es den Zwergen zukommen lassen, mit der bitte es schnellstmöglich fertig zu stellen. Ich bin mir sicher das Kaiser Aion nicht mehr lange zögern wird. Nun da das Archipel vollständig in seinem Besitz ist." Betrübt sah er in die kleine Runde der Freunde. "Wie wird es nun weitergehen Majestät?" "Aganon wird uns den Krieg erklären und uns von zwei Seiten angreifen." "Vielleicht sogar von drei Seiten." Warf die Königin zum erstaunen aller ein. Sogar ihr Gemahl sah sie etwas irritiert an. "Was wäre, wenn Ragos dem drängen Aganons nachgibt? Ihr seid euch alle sicher, dass König Pokaa neutral bleiben wird aber falls er sich doch entschließt sich am Krieg zu beteiligen, was dann? Wir sollten die Möglichkeit in Betracht ziehen und einen Angriff von Osten aus auch mit bedenken." "Ich bezweifle es. Wenn er Tunan den Krieg erklären würde, hätte auch er einen Zweifrontenkrieg. Unsere Republik würde nicht tatenlos zusehen." "Nein." Der Krieger schüttelte nachdenklich den Kopf. "Die Königin hat recht. Warum ist mir das nicht eher eingefallen. Wir sind bisher immer nur davon ausgegangen das sich Ragos Aganon nicht anschließt, damit er keinen Krieg gegen Tunan und Talkana führen muss. Aber, wenn er neutral bleibt und sich zu keiner Seite bekennt, kann es doch dazu kommen, dass ihn alle drei Reiche angreifen. Weil jedes Reich sein Land, die Bodenschätze und potenzielle Soldaten will." "Und um das zu vermeiden schließt er sich der stärksten Fraktion an." Vollendete der König mit sehr wenig Begeisterung. "Ich werde noch heute den Befehl erteilen, dass die Festungen an der Ostgrenze verstärkt werden." Alle in der Runde nickten ihre Zustimmung. "Ich werde unserem Rat eure Bedenken mitteilen damit auch wir uns Kampfbereit machen. Sollte Ragos wirklich zum Feind überlaufen wollen wir Vorbereitet sein." Der König nickte dankend. "Bevor ich diese Versammlung nun endgültig auflöse, möchte ich euch noch eines sagen." Iroikhan machte eine kurze Pause um die nächsten Worte besonderes hervorzuheben. "Prinzessin Nikajana lebt." Ein stöhnen hallte durch den Saal. Die Verwunderung war groß. "Und wo ist sie im Moment? Und woher wisst ihr das?" Hackte die Thronerbin von Soorgohn nach. "Sie war erst vor wenigen Tagen hier. Sie befindet sich vermutlich auf dem Weg in das Reich der Zwerge, wo sie um Beistand ersucht. Danach würde sie ihre Reise vermutlich nach Talkana führen. Ein Grund mehr zu hoffen, dass Ragos sich nicht Aganon anschließt. Das würde ihre Reise noch zusätzlich erschweren." "Wie konntet ihr sie gehen lassen? Sie wäre doch hier im Palast am sichersten gewesen." "Nein. Sie musste ihren Weg fortsetzen. Hier wäre sie niemanden eine Hilfe gewesen. Außerdem ist Tunan, sollte es erst einmal im Kriegszustand sein, auch kein sicherer Ort mehr. Talkana befindet sich hingegen so weit von Aganon entfernt wie kein anderes Reich. Deshalb habe ich ihr geraten in die Republik zu gehen. Wie ihre Reise danach weitergeht kann ich aber auch nicht sagen." Die Anwesenden verfielen in Schweigen. Das Schicksal der Prinzessin interessierte sie aber man sah ein, dass niemand zur Zeit etwas für die junge Frau, die so viel Last auf ihren Schultern trug, tun konnte. Mit knappen Worten verabschiedete man sich von einander. Auch König und Königin zogen sich kurz zurück um sich frisch zu machen. Es war bereits spät geworden und die Diener fingen an, in aller Eile das Büffet für die Adligen Gäste vorzubereiten. Es würde noch ein langer Abend für das Paar werden. Alle Personen von Rang und Namen mussten begrüßt werden und auch sämtlich Botschafter würden noch einmal anwesend sein und mit dem König und der Königin ein paar Worte wechseln wollen. Die erhoffte Ruhe musste noch eine ganze Weile warten. Kapitel 9: IX. Reiseprobleme ---------------------------- IX. Reiseprobleme 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, nördlich von Taskan Der Regen perlte in Tropfen an den Glasscheiben herab. Einige Kerzen beleuchteten das kleine Zimmer spärlich. Vier harte Betten hatten in dem Raum platz, ebenso zwei alte Stühle, mehr Mobiliar gab es jedoch nicht. Die Tür quietschte schrecklich und es stank überall nach Alkohol und Pfeifenkraut. Das störte die kleine Gruppe aber nicht weiter. Hauptsache sie hatten ein Dach über dem Kopf und wurden nicht nass. Ihre Reise war überhaupt nicht so verlaufen wie geplant. Am zweiten Tag nach ihrem Aufbruch aus Taskan nahm das Unglück seinen Lauf. Sie ritten am frühen Morgen über eine einfache Landstraße die von leichtem Nebel überzogen war. Sie unterhielten sich wie am Tag zu vor bis Nikajana auf einmal aufschrie und aus dem Sattel fiel. Pferd und Reiterin hatten eine besonders heimtückische Baumwurzel übersehen, an der das arme Tier hängen blieb. Zu allem Überfluss hatte es sich dabei auch noch den Vorderlauf gebrochen, weshalb ihnen nichts anderes übrig geblieben war, als dem Leben des Pferdes ein schnelles Ende zu setzen, da sich keiner von ihnen mit der Behandlung von solchen Verletzungen auskannte. Am dritten Tag begann es dann zu regnen und sie setzten ihre Reise im unentwegt herunterrieselnden Nass fort. Natürlich erkältete sich die Prinzessin und auch die Gesundheit der anderen beiden wurde in Mitleidenschaft gezogen. Am sechsten Tag fanden sie dann endlich ein kleines Dorf. Nikajana hatte mittlerweile ernsthaftes Fieber und Luko seine Stimme verloren. Deshalb blieb es an der leicht verschnupften Niki, wie sie ihre beiden Gefährten mittlerweile nannten, eine bleibe zu organisieren. So verschlug es sie in die Kneipe Zum goldenen Greif über der eine recht alte Fahne des Königreichs wehte. Zu ihrer großen Erleichterung gab es auch einen Medikus in dem unscheinbaren Örtchen, der sich um die Erkrankten kümmerte. Da ihre Reisekasse dadurch aber mehr belastet wurde als geplant hatten sie sich dazu entschieden die beiden verbliebenen Pferde ebenfalls zu verkaufen. Zusätzlich trennte man sich von allen Dingen, die man nicht wirklich benötigte und legte sich einen kleinen Vorrat an Medikamenten an. Sobald der permanente Regen ein Ende fand und alle wieder Gesund waren, wollten die drei wieder aufbrechen. Sie hielten sich nun schon seit vier Tagen in der Schenke auf. Luko sah nachdenklich auf die schlafende Prinzessin herab. Niki besserte einmal mehr die Geldbörse ihrer kleinen Gruppe auf, indem sie die Bauern und Handwerker beim Würfeln und in einigen Kartenspielen schlug. Der Fürst durfte sich währenddessen um die immer noch kranke, junge Frau kümmern. Es erleichterte ihn zwar, dass es ihr von Tag zu Tag besser ging aber dennoch wurde er immer niedergeschlagener. Ihre Reise war ins stocken geraten. Noch bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte. Er gab sich zu einem großen Teil die Schuld daran. Er hatte entschieden was sie auf ihrer Reise mit sich führten. An Medizin hatte er dabei überhaupt nicht gedacht. Und das wäre der Prinzessin fast zum Verhängnis geworden. Nun brütete er jeden Tag über medizinischen Büchern und ließ sich von dem Medikus unterrichten, welcher froh war, jemanden gefunden zu haben, den die Medizin interessierte. Mediziner waren im allgemeinen äußerst selten. In kleinen Orten und Gemeinden wurde das unschätzbar wertvolle wissen schlecht bezahlt, weil die Menschen nicht so viel Geld hatten und in den großen Städten verließ man sich lieber auf die Weißmagier, die Krankheiten schneller und effektiver heilen konnten als irgendwelche Kräuter. Dennoch gab es Medikusse und Luko war in diesem Moment sehr froh darüber. Wenn er jedoch einmal nicht laß oder lernte, trainierte er. Luko war mit seinen Fechtkünsten noch lange nicht zufrieden. Er musste besser werden, viel besser. Schließlich war ihm das Leben der Prinzessin Jelanars anvertraut worden und diese Aufgabe nahm er ernst. Außerdem war Nika die einzige Freundin die ihm geblieben war. Die einzige Bezugsperson die noch lebte. Bei diesen Gedanken fing das Wasser an, sich in seinen Augen zu sammeln. Ohne das er etwas dagegen tun konnte, fing Luko an zu Weinen. Der Schmerz und die Trauer der vergangenen Wochen waren zu viel für den jungen Menschen. Unter dem Fensterbrett weinte er zusammengekauert all seinen Frust heraus. "Diese kleine Schlampe betrügt doch!" "Aber aber mein Herr. Ich habe einfach nur sehr viel Glück das ist alles." Versuchte Niki den aufgebrachten Mann zu beruhigen. Er hatte jetzt zum achten Mal verloren und das obwohl es erst gut für ihn ausgesehen hatte. "Vielleicht ist heute einfach nicht ihr Tag." "Die kleine hat Recht Horok, hör lieber auf eh du noch mehr verlierst." Riet ein anderer Bauer, der ebenfalls an der Spielrunde teilnahm. Niki spielte zusammen mit Horok und vier weiteren Bauern ein ziemlich simples Würfelspiel namens Gleiche. Das Ziel war es, mit einem Wurf sechs gleiche, also einen sechser Push oder eine Straße zu Würfeln. Dafür standen jedem Spieler drei Versuche zu. Wenn es niemandem gelang wurde die Runde einfach für ungültig erklärt. Wenn es mehrere gab die es in der gleichen Runde geschafft hatten war die Augenzahl über den Sieg entscheidend, um so höher um so besser, die Straße war am wertvollsten. Sollten einmal zwei Spieler das selbe gewürfelt haben, so müssen beide den Wurf wiederholen. So war es in der letzten Runde so das Horok gleich beim ersten Versuch einen sechser Push aus fünfen hatte und damit den Sieg schon fast sicher hatte. Aber Niki war es gelungen ebenfalls in der ersten Runde eine Straße zu Würfeln, wodurch sie gewann. Dadurch mussten alle, die es nicht geschafft hatten, in der ersten Runde einen Push oder eine Straße zu Würfeln einen Teil ihres "Vermögens" an Niki abtreten. Zwar hatte Horok nun kein Geld verloren aber er sah sich um seinen Gewinn betrogen. "Du hast jetzt schon zweiunddreißig Tunarische Taler gewonnen, zweiunddreißig. Das geht doch hier nicht mit rechten Dingen zu." "Und wie soll ich dann ihrer Meinung nach betrügen? Es sind nicht meine Würfel also kann ich sie nicht gezinkt haben. Und da ich nichts mit langen Ärmeln trage, kann ich auch nichts vor ihnen Verstecken." Der stämmige Schmied schnaubte nur in Richtung der jungen Frau und verließ grußlos den goldenen Greif. Erleichtert atmete Niki aus, sie hatte schon eine Schlägerei kommen sehen. Und das obwohl sie wirklich nur sehr viel Glück hatte. Zwar kannte sie den ein oder anderen Trick aber sie verzichtete darauf diese anzuwenden, da die Bewohner des Dorfes sie freundlich bei sich aufgenommen hatten. "Nimm es ihm nicht übel, er hat einfach schlechte Laune weil im Moment niemand Aufträge für ihn hat." "Jaja, ist schon in Ordnung." Ungerührt setzten die Anwesenden das Spiel fort. Und Nikis Glückssträhne wehrte noch eine ganze Weile. Erst als sie drei Spiele in Folge verloren hatte verabschiedete sie sich von der angetrunkenen und heiteren Runde und machte sich auf den Weg, die Stufen hinauf, zu ihrem Zimmer. Luko saß am Fenster und dachte über ihre weitere Reise nach als sich die Tür in seinem Rücken leise öffnete und wieder geschlossen wurde. "Du bist noch wach?" Fragte die mittlerweile recht vertraute Stimme in seinem Rücken. "Ja. Ich kann noch nicht einschlafen." "Aha." Sie näherte sich mit leisen Schritten um die schlafende Prinzessin nicht zu wecken. Klimpernd fiel der Lederbeutel auf das freie vierte Bett. "Ich hab heute einen passablen Gewinn gemacht. Damit kommen wir wieder eine Weile über die Runden." "Das hört sich gut an." Luko drehte sich langsam um. Seine Augen funkelten die Spionin entschlossen an. "Was ist?" "Ich habe nachgedacht." "Und worüber?" "Über unsere Reise." "Aha." "Wir werden den Rat König Iroikhans befolgen und in die Republik reisen. Und von dort aus mit einem Flotte nach Halun segeln." "Mit einer Flotte? Warum sollten uns die Republikler eine Flotte mitgeben? Und was willst du überhaupt in Halun?" "Sie wollten Tunan doch beistehen. Das ist ihre Chance am Krieg teilzunehmen." "Gut so weit kann ich dir folgen... aber warum Halun?" "Weil Nika dort Verbündete hat... weil wir dort Verbündete haben. Und wer weiß. Vielleicht können wir das Königreich davon überzeugen sich am Krieg zu beteiligen. Außerdem ist es von Halun aus nicht mehr so weit bis nach Aganon. Wir könnten ihnen in die Flanke fallen und so das Blatt wenden." "Der Krieg hat noch nicht einmal richtig angefangen und du legst dir schon Taktiken zurecht?" "Ich will nur vorbereitet sein." Wehrte Luko ab. Er musste eh abwarten was die Prinzessin von der Idee hielt. Sie musste die Entscheidung treffen. Aber erst einmal musste sie wieder gesund werden. "Warten wir noch ein paar Tage dann dürfte es Nika wieder gut gehen. Danach setzten wir unseren Weg fort." Niki streckte sich und ein herzhaftes gähnen entwich ihrer Kehle. "Ich werde mich jetzt auch hinlegen. Der Tag war wieder sehr lang. Du solltest auch nicht mehr so lange machen." Luko nickte während die Tunarerin unter die dicke, grobe Decke kroch. Kurz darauf verkündete ihr ebenmäßiges, ruhiges Atmen, das sie eingeschlafen war. Luko betrachtete seine beiden Begleiterinnen, musterte ihre Gesichter. Erst jetzt fiel ihm wirklich auf das die beiden sehr hübsch waren. Vor allem an Nikis Gesicht haftete sein Blick eine geraume Zeit. Irgendein Gefühl, das er nicht wirklich zuordnen konnte stieg in ihm auf. Mit einem leisen Seufzer kletterte er in sein Bett und warf sich die Decke über, Mit pochendem Herzen und einem leichten Kribbeln im ganzen Körper schlief er schließlich ein. Kapitel 10: X. Die Alten Chroniken I ------------------------------------ X. Die Alten Chroniken I "Wäre es nicht gerecht, wenn die Völker über ihr Zusammenleben wachen?" Fragte die tiefe Bassstimme in die Runde der Anwesenden. Sie wankten, waren nicht ganz überzeugt von seiner Idee. Es klang zwar plausibel aber sie waren sich sicher das es nicht dauerhaft gelingen würde. "Ich verstehe und teile eure Bedenken aber wir sollten es vielleicht auf einen Versuch ankommen lassen." "Nun gut, ich stimme deinem Vorschlag zu." Säuselte eine sanfte Männerstimme. "Einverstanden, wenn Sales dafür ist dann bin ich es auch." Und so kamen nach und nach die Zustimmungen. "Aber wie sollen wir diejenigen bestimmen Satirok? Hast du dir auch darüber Gedanken gemacht?" Fragte Ver. "Wir lassen sie von den Völkern wählen?" "Und wie?" Hakte Un nach. "Jedes Volk hat seine Helden. Aus diesen soll auf jedem Kontinent der Beste gewählt werden. Die Favoriten sollen sich dann versammeln und gemeinsam entscheiden wer von ihnen Aufsteigt." "Du Träumer, sie werden sich ehr die Schädel einschlagen als einem anderen zum Gott zu ernennen." "Oh nein mein lieber Un, ich werde mich allen Völkern zeigen. Jeder soll meinen entstellten Körper sehen und begreifen welche Verantwortung die Rolle eines Gottes mit sich bringt. Ich bin mir sicher das sie dann Vernünftig handeln." Die Götter nickten einer nach dem anderen, auch wenn sie nicht wirklich von der Idee überzeugt waren. So geschah es das alle lebenden Wesen den Gott des Krieges zu Gesicht bekamen. Einerseits erschreckend aber andererseits auch imposant, verkündete Satirok seine Idee und die Völker ernannten ihren Vertreter. So versammelten sich die größten Helden der verschiedenen Kontinente, ohne jedoch wirklich zu Wissen, wer sich am ehesten als würdig erwies. Nur auf Kragash war man sich sehr schnell einig. Auf dem Kontinent hatten lange Zeit Kriege zwischen den Rassen getobt, welche nicht einmal von den Göttern geschlichtet werden konnten. Nur durch das beherzte eingreifen von Häuptling Lhar`kan konnten die Völker wieder Frieden finden. So wurde ein Wesen, von dem die Götter niemals erwartet hatten das irgendjemand Sympathie für es entwickeln konnte, zum Gott. Die Kunde verbreitete sich auf der ganzen Welt wie ein Lauffeuer und die Orks jubelten. Einer der ihren war der erste der sechs Halbgötter. Wochen und Monate verstrichen bis sich die anderen fünf Versammlungen nach und nach entschieden. Der Zwerg Moinir Diamantbrecher wurde zum Hüter Felins. Die Menschenfrau Asintha zur Wächterin von Walos. Der Halbelf Kenis Sagra wurde auf Nalkkin zum Halbgott berufen während der Zwerg Workar Stahlbart auf Kaltar auserwählt wurde. Auf Orun entschied man sich einstimmig für Myschàkòr. Der Drache lehnte jedoch, zum erstaunen aller, ab. So musste man sich neu orientieren und die Wahl fiel auf den etwas überrumpelten Orun. Der Mensch, der den selben Namen wie sein Heimatkontinent trug, nahm die Entscheidung an und wurde zusammen mit den anderen fünf Helden einer der sechs unsterblichen Halbgötter, welche die Aufgabe bekamen über ihren Kontinent zu wachen und dafür zu sorgen, das die Völker in Frieden miteinander Leben konnten. Gleichzeitig trafen die "wahren" Götter eine Vereinbarung, die ihnen untersagte sich von nun an direkt in das Geschehen Zasajakas einzumischen. Sie legten das Schicksal der Welt in die Hände der Auserwählten. Zwei Zwerge, zwei Menschen, ein Halbelf und ein Ork. Sie alle kamen ihrer Aufgabe nach, so das nicht nur auf den einzelnen Kontinenten Frieden herrschte, sondern das sich die Reiche auch miteinander anfreundeten. Fast drei Jahrhunderte lang sollte die Einigkeit wehren. Bis zu jenem Zeitpunkt, als der Kontinent Nalkkin allen anderen Reichen den Krieg erklärte und die neue Rasse den Kontinent mit Tod überzog. Jene Rasse, geschaffen von Kenis Sagra, dessen Hunger nach Macht seine Seele verschlang. Wesen die grausamer waren als alles je da gewesene. Feinde gegen die sich niemand behaupten konnte. Und gleichzeitig entbrannte ein Krieg zwischen dem verräterischen Halbgott und den wahren Göttern. Damit begann ein Zeitalter, das dunkler nicht hätte sein können. Die Zeit der Flammenkriege. Denn die Dämonen waren gekommen. -Die Chroniken von Zasajaka, Kapitel IV Die Geschichte der Halbgötter Kapitel 11: XI. Schwert und Gesang ---------------------------------- XI. Schwert und Gesang 561 n.A. im zweiten Monat Akat, Königreich Ragos, Hauptstadt Galiath, Thronsaal "Aber König Pokaa! Wollt ihr den Ernst der Lage einfach ignorieren?" Oder seid ihr wirklich zu dumm um es zu verstehen? "Meine Liebe Maria." Säuselte die Stimme eines äußerst beleibten Mannes in sehr weiter Kleidung. "Macht euch doch keine Sorgen. Wie ich bereits mehrmals erwähnte haben wir nichts zu befürchten. Aganon erobert Jelanar, ja und? Jelanar ist viele, sehr viele Tagesreisen entfernt. Außerdem zerbricht sich, soweit ich weiß, König Iroikhan bereits seinen Kopf. Soll er sich ruhig darum kümmern. Mir ist es gleich." Mit einem kleinen Handfächer wedelte sich der Herrscher von Ragos frische Luft zu. "Reden wir doch lieber über etwas wichtigeres. Die Jagden verlaufen dieses Jahr nicht sonderlich erfolgreich meine liebe Maria. Wenn das so weitergeht werden die Köche nicht mehr genügend Fleisch für die königliche Küche....." Verdammter Fettwanst! Dachte sich die junge Frau mit den langen blonden Harren, die zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden waren. Auf das Gerede des Königs achtete sie gar nicht weiter. Wenn er doch nur endlich sterben würde. Sein Sohn wäre ein weitaus besserer Herrscher. Wie kann er die Gefahr nur ignorieren?! Es ist schon schlimm genug das sich der Orden aus diesem Krieg heraus halten will. Was beabsichtigt Meister Horkan? Es kann nicht der Wille Satiroks sein das wir uns heraus halten. "Euer Majestät. Verzeiht das ich eure wichtigen Ausführungen unterbreche." "Nur ungern." Schnaufte der dicke Glatzkopf, der auf dem Thron saß. "Was ist denn so wichtig?" "Hochwohlgeborene Hoheit. Wie ihr wisst gehöre ich dem Orden der Sakrai an. Ich kann nicht einfach zusehen wenn auf unserem Kontinent Kämpfe toben." "Was wollt ihr damit sagen?" Fragte der Mann und seine Stimme überschlug sich beinahe. "Wenn ihr euch weigert eine Armee auf die Beine zu stellen, dann müsst ihr auf meine Dienste verzichten." "Ihr könnt nicht einfach so gehen!" Der König quietschte und sein pummelliges Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. "Ich bin eine freie Ordensritterin, außer dem Willen meines Gottes bindet mich nichts und niemand." Sie stand in einer fließenden Bewegung auf und verneigte sich leicht vor dem Herrscher. Als sie zum Ausgang der prunkvollen Halle schritt schrie der König nach seinen Soldaten. Sie sollten die Ritterin aufhalten... keine der Wachen zuckte auch nur als die Kriegerin durch das große Portal schritt und den Thronsaal verließ. 561 n.A. im vierten Monat Men, Königreich Ragos, Grenze zu Tunan, Grenzstadt Garlat Die Sonnenstrahlen erleuchteten die Stadt an der Ragos-Tunan Grenze und hüllten sie in ein warmes, helles orange. Es war noch recht früh am Morgen als eine Kriegerin vor den Toren der Festungsstadt stand und um Einlass bat. "Was wollt ihr in Garlat?" "Ich benötige Proviant für die Reise. Ich bin auf dem Weg nach Taskan." "Ich Verstehe Ritterin Maria. Verzeiht die Fragen aber es ist nun einmal Vorschrift. So nah an der Grenze muss man wachsam sein." "Das verstehe ich Vollkommen Hauptmann. Ihr braucht euch nicht zu Entschuldigen nur weil ihr eure Pflicht erfüllt." Der Soldat hob die rechte Hand zum Gruß und die Ritterin lief durch das geöffnete Fallgitter in das Innere der Stadt. Es war schon lange her das sie das letzte Mal hier war. Wirklich viel hatte sich an der Stadt jedoch nicht verändert. Sie wurde von einer massiven Steinmauer geschützt und stand zudem auf einer kleinen Anhöhe was eine schnelle Eroberung sehr erschwerte. Es gab sechs Tore durch die man die Stadt beteten konnte und alle verfügten über ein massives Metallgitter und die Soldaten hielten streng die Vorschriften ein. Alles in allem war die Grenzstadt aus militärischer Sicht in einem guten Zustand und auch wirtschaftlich tobte das Leben. Die Stadt machte enorme Gewinne durch den Handel mit allen möglichen Waren. Ware die von Tunan kam machte hier in der Regel das erste Mal halt. Und Tunarische Ware war im Rest des Landes überaus beliebt. Vor allem der kostbare Marmor. Aber auch Ragos hatte einiges zu bieten. Zum Beispiel die kostbaren Pelzmäntel aus dem Norden. Nur in der Republik und im nördlichen Ragos lebten die seltenen und scheuen Tiere, deren Fell man benötigte. So kamen Krämer und Händler voll auf ihren Geschmack. Die Ritterin interessierte es allerdings überhaupt nicht. Immer wenn sie in Garlat war machte sie an ein und derselben Schenke halt um sich mit Proviant einzudecken. Der Besitzer des Grauen Riesen war ein ehemaliger Ordenskrieger. Er wurde bei einem Kampf schwer verletzt sodass ein Arm amputiert werden musste. Zu seinem eigenen Wohl und auf anraten des Ordensführers verließ er die Sakrai und eröffnete die Schenke, die sich mittlerweile großer Beliebtheit erfreute. Im Inneren des Gebäudes schien die Stimmung schon zu kochen. Dabei ist es noch gar nicht so spät. Sie konnte die Leute, vor allem die Männer, die sich hemmungslos dem Alkohol hingaben nicht verstehen, vor allem wenn sie dies am helllichten Tag taten. Kopfschüttelnd stieß sie die Tür auf und betrat das rauchgeschwängerte Zimmer mit dem langen Tresen, Tischen und jeder Menge Halsabschneidern. Ihr Blick glitt geringschätzig über die Masse. Tagelöhner, Wegelagerer, Taschendiebe, Trickbetrüger und ähnlicher Abschaum. Dass sie in ihrer protzigen Rüstung auffiel wie ein Drache in einer Zwergenfestung störte sie wenig als sie sich auf den Ehemaligen Kameraden zu bewegte. „Warum lässt du es zu, dass so viel Müll in deiner Schenke sitzt?“ „Du kennst doch mein Geschäftsmotto. Jeder ist willkommen solange er sich benimmt und auch bezahlen kann. Und da mache ich keine Ausnahmen.“ Die beiden reichten einander die linke Hand. „Du würdest also auch mich rausschmeißen wenn ich mich nicht benehmen würde.“ „Ja das würde ich und ich traue es mir auch durchaus noch zu mit dir fertig zu werden.“ Grinste der einarmige. „Da könntest du durchaus recht haben Mikon.“ „Natürlich habe ich recht. Aber du bist bestimmt nicht hier um mit mir einen Plausch zu halten." „Da stimmt wohl. Ich bin auf dem Weg nach Taskan und ein wenig Proviant wäre für die Reise nicht schlecht.“ „Ihr wollt nach Taskan?“ Tönte eine Stimme von einem der nahe gelegenen Tische und ein sehr kräftig gebauter Mann erhob sich. „Was wollt ihr denn dort? Man erzählt sich das Tunan bald Kriegsgebiet sein wird. Schließlich hat sich König Iroikhan ganz offen gegen Aganon bekannt. Dieser Narr.“ Höhnisches Gelächter schallte durch die Schenke. „Ganz recht das hat er getan und ich wüsste nicht was es da zu lachen gibt. Immerhin hat er mehr Mut als König Pokaa. Deshalb werde ich ihn auch im Kampf Unterstützen... Oder wollt ihr mich etwa aufhalten?“ „So ist das also. Du suchst tatsächlich Streit mit uns. Das kleine Mädchen will wohl mit den großen Männern spielen was? Ich geb dir mal nen Tipp kleine. Wir sind erfahrene Söldner. Du solltest dich jetzt lieber wieder hinsetzen oder zu deiner Mama gehen.“ Wieder setzte das Lachen der Männer ein. Sie prosteten dem Sprecher zu oder bestätigten seine Worte mit ihren eigenen, wenig geistreichen Kommentaren. „Ihr solltet euch nicht überschätzen. Wir ihr selbst gesagt habt, ihr seid Söldner. Söldner! Männer die zu schwach waren oder zu wenig Talent hatten um in die reguläre Armee aufgenommen zu werden. Ihr solltet lieber aufpassen das ihr euch in einem Kampf nicht selbst verletzt, anstatt in Betracht zu ziehen in eine richtige Schlacht aufzubrechen. Aber so ist das nun mal mit euch Idioten. Ihr denkt ihr seid die stärksten, wisst aber noch nicht einmal wie man ein Schwert richtig hält.“ „Du willst uns wohl verarschen du Miststück. Na warte dir zeigen wir`s! Schnappt sie euch!“ Mit erhobenem Schwert sprang der Anführer der Männer nach vorn und hieb auf die Ritterin ein. Maria drehte sich leicht nach links wodurch der Schlag ins leere ging. Noch ehe er reagieren konnte Schlug das Schild der Frau so stark gegen den Schädel des Angreifers, dass der Kieferknochen hörbar knackte. Bewusstlos sank der Man auf den Boden. „Der nächste der versucht einen Treffer zu landen wird mein Schwert abbekommen. Ihr solltet euren nächsten Schritt also gut planen.“ Eingeschüchtert betrachteten die Männer ihre Kontrahentin. Die Mordlust glänzte in ihren Augen und rang mit den Bildern des eben erlebten. So leicht wollten sie die Frau, die sie gedemütigt und ihren Anführer so spielerisch überwältigt hatte nicht davon kommen lassen. Sie begannen die Gerüstete zu umkreisen. Maria betrachtete das ganze ziemlich gelassen. Ihre Gegner waren nur zu siebzehnt und keine ausgebildeten Krieger. So wie sie das sah hatten einige noch nicht einmal Kampferfahrung. Außerdem waren Panzerung und Waffen nicht nur sehr schlicht sondern auch in überaus schlechtem Zustand. Eine wirklich Taktik schienen sie auch nicht zu haben. Umzingeln war ja gut und schön, wenn man aber nicht wusste wer zu welchem Zeitpunkt einen Angriff zu führen hatte, dann war bei solchen stümperhaften Kämpfern die Wahrscheinlichkeit recht hoch das sie sich gegenseitig verletzten. „Ich warne euch noch einmal. Ich kenne dieses Mal keine Gnade.“ „Und ich hoffe ihr seid euch alle im klaren, dass der Verlierer für die entstehenden Schäden aufkommen wird.“ Die Ritterin nickte ihrem alten Ordensbruder zu. In der jetzigen Lage wäre es sinnlos gewesen, wenn er versucht hätte zwischen den beiden Fraktionen zu schlichten. Stattdessen nahm er das scheinbar unausweichliche hin und versuchte den persönlichen Schaden so gering wie möglich zu halten. Diejenigen die sich nicht am Kampf beteiligen wollten zogen sich in die Ecken der Schenke zurück um in aller Ruhe zusehen zu können. Vor allem aber um wetten zu können, wobei Maria nicht besonders hoch im Kurs stand. Die Söldner lauerten, sie wussten nicht so genau wie sie die Ritterin am besten angreifen sollten, die einfach nur so dastand als ginge es sie nichts an. Das Schwert lag locker in der einen Hand während die andere auf dem übergroßen Schild lag. Millimeter für Millimeter schoben sich die Söldner näher an sie ran, so als ob sie auf einer großen freien Fläche gegen sie kämpfen würden und nicht in einem sehr begrenzten Schankraum. Als sie schließlich auf armeslänge heran waren hatte sich auch der erste mutige, oder besser gesagt lebensmüde, zu einem Angriff durchgerungen. Er machte noch einen Schritt nach vorne und führte die mit Stacheln übersäte Keule gegen die Körpermitte seiner Gegnerin. Lautstark schlug die Tür des Gasthauses auf und eine leicht alkoholisierte Stimme ließ Ritterin und Söldner in der Bewegung erstarren. "Hey ho Freunde des Biers müssen wir uns wirklich streiten es ist doch für alle genug trinken da drum lasst uns zur Kneipe gehen. Hey ho das Bier fließt in ström der Schnaps gesellt sich dazu drum füllt eure Becher und trinkt möglichst schnell sonst sind wir hier bald überschwemmt. Hey ho wir ham es geschafft die Flut ist nun endlich besiegt doch irgendwo gibt`s bestimmt noch ne Gefahr drum lasst uns jetzt weiterziehn." Vereinzelt klatschten die nicht am Kampf beteiligten Gäste oder sangen das einfache Trinklied mit. Auf jeden Fall war sämtliches Interesse an der Auseinandersetzung bereits mit dem ersten Ton des Fremden verschwunden. Maria, welche dem angreifenden Söldner fast den Schädel zerteilt hätte verstaute ihr Schwert wieder in der Scheide und auch die Söldner verstauten ihre Waffen und gingen auf Distanz. Irgendwie beruhigte das Lied ihre gereizten Gemüter. Als der letzte Ton verklungen war vertrieb heiteres Gelächter die zuvor so angespannte Atmosphäre. "Was verschafft uns den die Ehre deines Besuches Theon?" Kamm es aus einer Ecke der Schenke. "Ich bin eigentlich nur auf der Durchreise und wollte nur kurz einen guten Schluck Bier genießen." Erwiderte der Sänger heiter. "Hey Meister. Wie üblich!" Mikon nickte nür knapp und die, die Theon bereits kannten ließen ihn Hochleben. Immerhin hatte er gerade die nächste Runde bezahlt. Dadurch war er für viele ein gern, sehr gern gesehener Freund. Der Mann setzte sich an die Bar, direkt neben die Ritterin und betrachtete sie von oben bis unten. Dabei blieben seine Blicke immer wieder an bestimmten Körperstellen hängen. "Ihr solltet weniger Metall tragen." Bemerkte er schließlich als auch er sein Bier bekommen hatte. "Wie wäre es mit einem leichten Kleid?" "Und ihr solltet lieber still sein. Wie wäre es mit einem Knebel?" "Da habt ihr nicht ganz unrecht meine Liebe. Aber wie sollte ich dann noch die Menschen mit meiner Stimme erfreuen?" "Erfreut jemand anderen." "Ihr seid allerdings die einzige weibliche Person hier, einmal abgesehen von der Bedienung." "Welche du erst Recht in Ruhe lässt." Funkelte ihn Mikon böse an. "Jaja, macht euch keine sorgen alter Freund. Ich werde euren holden Damen schon nicht zu nahe kommen." Sein Blick klebte wieder an der Ritterin. Allerdings forschend, abschätzend. Es war nicht jener Blick, mit welchem er sie zuvor angesehen hatte und mit dem er auch der Bedienung hinterher sah. Er sah in ihr nicht die Frau... er sah die Kämpferin. Und mehr noch, er sah die Streiterin des Kriegsgottes. Maria merkte dies jedoch nicht. Angewidert wechselte sie noch kurz ein paar Worte mit Mikon und ließ sich Reiseproviant geben. Brot, Dörrfleisch, Trockenfrüchte. Alles was eine längere Reise überstand. Danach verabschiedete sie sich vom einarmigen Wirt und Verließ schleunigst den Grauen Riesen. Ihre Schritte halten leicht über die stark belebte Straße. Vor allem an den Geschäftsständen tummelten sich die Menschen, zumeist die Frauen, welche ihren Tageseinkauf verrichteten. Es störte sie nicht weiter. Ihr Ziel war klar. Taskan! Von hier bis zur Hauptstadt Tunans gab es keine nennenswerten Erhebungen oder riesigen Wälder die einen Umweg erzwangen. Wenn sie auf geradem Weg zügig vorankommen sollte würde sie vermutlich in zehn bis zwölf Tagen da sein. "Darf man Fragen wo ihr nun hin wollt?" "Nicht ihr schon wieder." Die Ritterin funkelte Theon böse an. Sie schwor sich leise ihn bewusstlos zu schlagen und dann so schnell wie möglich aufzubrechen wen er sie noch weiter belästigen sollte. "Na gut ihr müsst es mir nicht sagen. Ich weiß ohnehin das ihr König Iroikhan eure Dienste anbieten wollt." Sie blieb wie versteinert stehen. "Woher...?" "Ich habe so meine Möglichkeiten an Informationen heran zu kommen." Zwinkerte er ihr zu. Verdammte Söldner! Dachte sie im stillen, ließ sich aber nichts anmerken. Sie hatte nicht erwartet das der Mann so hartnäckig war und sie ihn einfach nicht los wurde. "Warum verfolgt ihr mich eigentlich?" "Ich will mit euch das Nachtlager teilen was denn sonst?" Einen Augenblick lang starrte sie ihn einfach nur fassungslos an... einen Augenblick lang. Dann wanderte die Hand Richtung Schwert und hätte Theon die Hände nicht beschwichtigend gehoben so hätte sie ihn sicherlich gespalten. Die Ritterin schnaubte vor Wut. So ein Wiederwehrtiger, Elender, Perverser.... "In Wirklichkeit... will ich euch einfach nur Folgen und eure Taten beobachten und später besingen. Für einen Barden wie mich gibt es nicht wichtigeres als einem Helden zu folgen über den er berichten kann. Jemanden zu finden, der es Wert ist, das man sich seiner erinnert. Und ich bin mir sicher, dass ihr eine solche Heldin seit oder zumindest sein werdet." Einerseits war sie von den Worten des Mannes überwältigt und fasziniert. Aber andererseits... "Und das soll ich euch nach eurer vorherigen Aussage und eurem benehmen in der Taverne glauben?" Sie sah in skeptisch an. "Außerdem bezweifle ich das ihr ein Barde seit. Ihr könnt Trinklieder singen. Gut. Aber so wie ich euch einschätze könnt ihr kein einziges Heldenlied, kennt keine der alten Geschichten. Ihr seid nicht mehr als ein Sänger der von Ort zu Ort reist und die einfachen Menschen begeistert." Er sah sie abwägend an. Dachte über ihre Worte nach. "Was haltet ihr davon. Ich überzeuge euch mit nur einem einzigen Lied vom Gegenteil und dafür darf ich euch dann begleiten." "Einverstanden." Sie willigte sofort in den Vorschlag ein. Einfacher hätte sie ihn nicht loswerden können. So dachte sie. Bis die ersten Töne erklangen und Theon seine Stimme erhob. Denn DARAUF war sie nicht vorbereitet. Kein Lied hätte sie mehr ergreifen, mehr davon überzeugen können, dass dieser Mann mehr war als ein einfacher Sänger. Ohne es zu wollen oder es aufhalten zu können entstand in ihr das Verlangen mit zu singen. Jetzt bemerkte sie, dass sich hinter der reißerischen, heiteren Fassade ein Barde verbarg, der begabt und erfahren war. Damit war ihre Partnerschaft besiegelt. Auch wenn sie sich nicht sicher war ob er die Reise mit ihr überleben würde, sollte er sich wieder so verhalten wie zuvor. Kapitel 12: XII. Die Streitmacht von Waykant -------------------------------------------- XII. Die Streitmacht von Waykant 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Kaiserreich Aganon, Hauptstadt Alantinon "Was bei den acht Göttern habt ihr vor Ikes? Ich befehle euch es mir zu verraten." "Prinz Alandrus ich versichere euch das euer Vater mit meinem Vorgehen einverstanden ist und das ich nur das beste für unser Land und unser Volk will." "Ihr habt meine Frage nicht beantwortet General." Schalte der Prinz Ikes. "WAS habt ihr vor? Als Erbe des Throns Aganons habe ich ein Recht darauf es zu erfahren." "Ich weiß nicht ob euer Vater damit einverstanden ist wenn ich euch..." "WAS!!!" Brüllte der Thronanwärter. Prinz Allandrus war zwar erst fünfzehn aber er hatte schon eine sehr männliche Stimme. Seine raspelkurzen blonden Haare passten zu den stoppeln am Kinn, welches hin und her wanderte weil die Zahnreihen aneinander rieben. Die dunkelgrünen Augen funkelten den Herrführer böse an. Er erwartete eine Antwort und das wusste auch Ikes. Er hatte versucht sich so lange wie möglich vor einem Gespräch zu drücken denn der junge Prinz hatte einen wachen Verstand und sein Rang erlaubte es ihm durchaus die Entscheidungen des Generals in Frage zu stellen. Doch Verzögerungen waren das letzte was Ikes brauchte. Tunan war ohnehin schon vorgewarnt durch den diplomatischen Akt und die versteckte Kriegserklärung. Er wollte nicht noch mehr Zeit vergeuden in denen Iroikhan Kräfte zusammen ziehen konnte. Langsam schritt er durch den Raum, nahm sich eine zusammen gerollte Karte und kam zu dem Tisch zurück an dem sie sich gerade gegenüber gestanden hatten. Er stellte sich mit angemssenem Abstand neben seinen zukünftigen König und entrollte die Karte auf der Orun vollständig, auch wenn nicht mehr ganz aktuell, abgebildet war. "Wie ihr sicherlich bemerkt habt sammeln sich große Teile unseres Heeres hier, hier, hier und hier." Er zeigte auf die Festung Koston sowie auf die Grenzfestungen Gasira und Rokon. Das letzte Herr zog er in Alantinon selbst zusammen. Der Prinz nickte knapp. "In etwa sieben Tagen wird die Verstärkung hier eintreffen, dann wird sich das Alantinon-Herr nach Koston aufmachen und sich mit den dortigen Angriffstruppen zu unserer Hauptarmee vereinigen und in Tunan einmarschieren. Zeitgleich werden die Truppen der beiden Grenzfestungen die Grenze überschreiten. Am Seklis werden die drei Streitkräfte sich dann zu einem gewaltigen Herr von zweihunderttausend (200.000) Mann vereinen und auf Taskan zumaschieren um die Hauptstadt zu unterwerfen. Unterstützung werden sie zudem von den Truppen bekommen die sich zur Zeit noch auf Jelanar befinden. Wir werden also noch mit zehntausend Mann aus dem Westen Druck aufbauen, was aber vermutlich bei der Zahlenmäßigen Überlegenheit kaum noch eine Rolle spielen wird. Ist die Stadt erst einmal gefallen und Iroikhan in unserem Gewahrsam haben wir den Krieg gewonnen." Der Prinz lauschte die ganze Zeit über mit fragendem Gesicht und verfolgte die Truppenbewegungen die Ikes mit Schachfiguren auf der Karte simulierte mit zunehmender Skepsis. Als letztlich der weiße König, welcher für die geeinte Armee seines zukünftigen Reiches stand, den schwarzen König Iroikhan von der Karte fegte schüttelte er den Kopf. "Welche Verstärkungen meint ihr Ikes? Und wo bei den acht Göttern wollt ihr so viele Soldaten hernehmen? Zweihunderttausend? Das ist Irrsinn. Die Festungen haben eine Standartbemannung von viertausend Mann und auch hier in der Hauptstadt befinden sich mit Sicherheit nicht mehr als zehntausend, vermutlich sind es sogar deutlich weniger. Also woher wollt ihr die Männer nehmen? Und selbst wenn ihr wirklich so viele Soldaten zusammenziehen könnt, wie wollt ihr sie versorgen? Ein solches Herr verschlingt unmengen an Nahrung und Wasser. Und was meint ihr mit der Krieg ist vorbei wenn wir Iroikhan haben? Was ist mit Ragos? Mit Halun? Mit Madin, Sorgoohn und der Republik?" Der General lächelte. Allandrus hatte seinen Plan nicht zurückgewiesen sondern nur Fragen gestellt. Fragen die er beantworten konnte. Damit stand dem Feldzug nichts mehr im Wege. Seinem Eroberungsfeldzug. "Seit der Invasion Jelanars ist bereits ein Monat verstrichen mein Prinz. In dieser Zeit haben wir nicht untätig auf Berichte gewartet und zugesehen wie sich die Lage entwickelt. Wir haben Vorkehrungen getroffen weil wir davon ausgegangen sind das Iroikhan unser freundliches Angebot ablehnt. In den letzten Wochen haben sich dreißigtausend Männer und Frauen bei den Festungen versammelt. Und in Alantinon und dem Umland der Hauptstadt halten sich zur Zeit fünfundzwanzigtausend Krieger auf. Weitere fünfundzwanzigtausend sendet uns Ukoro und Usala. Außerdem wird euer zukünftiger Schwiegervater unsere Festungen, die sich an der Grenze seines Landes befinden bemannen wodurch wir sämtlich Truppen aus deisem Gebiet abziehen können." "Wenn ich richtig zugehört habe fehlen nun aber immer noch sechzigtausend Mann. Oder sagen wir vierzigtausend wenn wir die Männer abziehen die ihr aus den Grenzfestungen zu Usala abgezogen habt." Ikes nickte. "Ganz recht. Ihr seit gut im schätzen mein Prinz. Aus den Festungen haben wir zwanzigtausend Krieger zusammenziehen können. Die fehlenden Soldaten befinden sich gerade eher zufällig an der Grenze zu Usala. Ich weiß selber nicht genau was sie dort zu suchen haben. Aber ich habe diesen Mann eh noch nie ganz verstanden." "Welchen Mann Ikes? Bringt es endlich auf den Punkt ich habe keine Lust auf spielchen." "Ich meine den Kriegsfürsten dieser Soldaten." "Was? Einer der drei Fürsten?" "Oh ja mein Prinz. Einer der drei wird sich an dieser Schlacht beteiligen. Es wurde auch Zeit. Zeit das wir ihn von seinen Ketten befreien." Ikes lächelte böse als das Gesicht des Prinzen leicht endgleiste, denn bei diesen Worten wusste das halbe Kaiserreich wer gemeint war. Der gefürchteste der Kriegsfürsten. "Der Kriegsteufel!" 561 n.A. im dritten Monat Kalind, rund 600km südöstlich, nahe der Grenze zu Usala Dicke Staubwolken verdunkelten den ansonsten klaren Himmel. Rüstungsteile rieben aneinander, schepperten. Ein ohrenbetäubender Lärm. Aus der Ferne betrachtet waren es nur dunkle Punkte gewesen die sich zu einer Masse zusammenfügten, welche sich relativ gleichmäßig vorwärtsschob. Nun, aus der nähe betrachtet konnte er die dunklen Gesichter erkennen. Die grimmigen Blicke der Fußsoldaten und der Reiter. Zum Schutz gegen die Hitze, die in diesem Teil Oruns herrschte, trugen sie weiße Mäntel über den Rüstungen, so wie seine Soldaten auch. Fünfundzwanzigtausend Uskaner. Und sie unterstandem seinem Befehl. Ebenso wie die Sechzigtausend Männer die sich in seinem Heer befanden. Das war ganz nach seinem Geschmack. Es roch nach Krieg, nach Zerstörung. Er schmeckte schon förmlich das Blut seiner erschlagenen Feinde, roch den süßen Duft des Todes, hörte die lieblichen Schmerzensschreie der Verwundeten. Nicht mehr lange. Wie die Menschen in Tunan wohl im Todeskampf aussehen? Ich freue mich schon darauf es herauszufinden. Ein kaltes Lächeln stahl sich auf die ernsten Züge des Kriegsfürsten. Er war froh das er den Befehl erhalten hatte die Truppen nach Taskan zu führen. Er war das ewige abwarten Leid. Es juckte ihn in den Fingern und sein Streitkolben schrie ebenso laut nach Opfern wie die beiden Äxte, die an seinem Gürtel hingen. Der Wüstensandknirschte hinter ihm und wenige Augenblicke später stand Hespon neben ihm. "Die Truppen von Untergeneral Nischok haben uns fast erreicht mein Kriegsfürst. Soll sich unsere Truppe zum Aufbruch nach Alantinon bereit machen." Er nickte kurz. Das seine Verbündeten seit etwa drei Tagen bereits maschierten und ein wenig ruhe vertragen konnten interessierte ihn wenig. "Sie sollen Aufbrechen sobald alle bereit sind. Wenn uns die Uskaner noch nicht erreicht haben ist das auch egal. Sie werden schon noch zu uns aufschließen bevor wir in der Hauptstadt ankommen." "Wie ihr Befehlt." Sein Stellvertreter zog sich einige Schritte zurück ehe er sich umdrehte und zu den Truppen und Kontingentanführeren eilte um ihnen die Befehle mitzuteilen. Ruckartig erwachte das Lager zum Leben. Die Zelte wurden abgebaut und auf großen haufen gestapelt. Die Festungsmannschaften würden das Material in den nächsten Tagen einsammeln. Das hieß, sobald die Truppen von König Ukoro in den Festungen angekommen waren. Es schmeckte dem Kriegsfürsten gar nicht, das kein einziger Aganorischer Soldat die Festungen bewachte. Zwar waren Aganon und Usala verbündete aber er traute ihnen trotzdem nicht wirklich. Der Proviant wurde mitlerweile auf die wenigen Wagen geladen. Die Soldaten sammelten sich in ihren Truppen, Kontingenten und Kompanien. Als sich die sechzigtausend Krieger in Formation befanden gaben die Bannerträger ein kurzes Signal und die Armee setzte sich in Bewegung. Augenblicklich stieg aufgewirbelter Wüstensand in den Himmel und ein stetiges Grollen hallte über die Wüste. Der Kriegsfürst wandte sich von den Verbündeten Truppen ab und schritt zu seinem wartenden Zjakal. Die Echse zischte als er sich in den Sattel schwang. Der Schwanz peitschte aufgeregt von links nach rechts. Auf ein leises Signal hin setzte sich das Tier erst träge in Bewegung, gewann aber sehr schnell an Geschwindigkeit. Nach wenigen Minuten hatte er zur Spitze seiner Streitmacht aufgeschlossen an welcher Hespon und Geson ritten. "Sie an. Unser Angsthase reitet in der ersten Linie? Vermutlich weil ihr wisst das uns in Aganon nichts geschehen kann." "Ihr seit arrogant wie immer. Und ich sage es euch gerne noch ein weiteres mal. Ich habe keine Angst in den Krieg zu ziehen. Ich finde ihn nur sinnlos. Es ist nicht mehr als ein Hirngespinnst dem Kaiser Aion und General Ikes hinterherjagen." "Ihr habt Glück das ich euch noch brauche Geson. Ansonsten hätte ich euch schon lange dafür umgebracht wie ihr über unseren Kaiser sprecht. Er verhilft Aganon endlich zu dem Status der ihm zusteht. Er macht unser Kaiserreich zum Herrscher über alle Völker Oruns. Seine Entscheidungen in Frage zu stellen steht uns ohnehin nicht zu." "Wenn ihr das sagt. Wir bekommen übrigens Gesellschaft." Tatsächlich drängte sich ein Reiter durch die Reihen der Soldaten. Anscheinend ein Bote ihrer Verbündeten. Als der Bote das Trio erreicht hatte zügelte er seinen Zjakal um neben den Männern herreiten zu können. "Ich Grüße euch Kriegsfürst Waykant. Untergeneral Nischok hat mich zu euch entsand um euch zu bitten eine kurze Rast einzulegen. Viele unserer Männer sind erschöpft." "Richte deinem Untergeneral aus, dass wir in acht Stunden eine Rast machen werden, an der sich seine Männer gerne beteiligen können wenn sie bis dahin zu uns aufgeschlossen haben." "Ja aber..." "Sollte er meinen Befehlen zuwieder handeln werde ich ihn gerne persönlich Köpfen und mir einen neuen Befehlshaber für die Uskanischen Truppen suchen. Jemand der meine Befehle besser durchsetzen kann. Habt ihr mich Verstanden?" "Jawohl Kriegsfürst Waykant." "Dann richte es dem Untergeneral aus." Der Uskaner biss sich auf die Lippe und beherrschte sich. Er verbeugte sich kurz vor den drei Männern und wandte dann die Echse, um zu seinen Landsleuten zurückzukehren. Hespon wartete noch einen Augenblick, solange bis der Reiter auch wirklich außer hörweite war. Ehe er seine Gedanken aussprach. "War es wirklich schlau jetzt schon eine solche Drohung auszusprechen? Immerhin werden sie mit uns in die Schlacht ziehen. Vielleicht hättet ihr ihnen die Rast lieber erlauben sollen unter der Vorraussetzung das sie bis wir in Alantinon ankommen zu uns aufgeschlossen haben, mein Kriegsfürst." "Möglich. Aber jetzt ist es ohnehin zu spät. Außerdem ist es gut wenn sie Wissen wer hier das sagen hat. Ich habe den Befehl über diese Truppen und ich kann niemanden gebrauchen der das in Frage stellt." Der Offizier nickte. Weitere Widerworte wären zu riskant gewesen. Er wusste in wie weit er Waykant kritisieren konnte ohne sein Leben aufs Spiel zu setzen. Viele Menschen hatten diese Grenze nicht gekannt und jetzt nützt ihnen ihre Einsicht nichts mehr. Der Kriegsfürst trug den Beinamen Kriegsteufel nicht umsonst. Grausam und gnadenlos gegenüber allen die nicht auf seiner Seite waren. Tunan erwartete eine böse Überraschung. Niemand dort ahnte etwas von der Größe der Armee, die gerade durch die Wüste maschierte, denn dank der Assasinengilde schaffte es kein Spion ungesehen die Armee zu verlassen und auf Brieftauben hatte man sicherheitshalber in der Armee verzichtet. Iroikhan würde die ganze Armee erst zu Gesicht bekommen, wenn sie die Grenze überschritten und dann wäre es für weitere Sicherheitsmaßnahmen zu spät. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Kaiserreich Aganon, Hauptstadt Alantinon "Ja mein Prinz, Waykant hat den Befehl über die Streitmacht." Der Prinz war alles andere als begeistert. Er verabscheute Waykant für seine Brutalität und Unmenschlichkeit. Noch nicht einmal ein Krieg reichte, um das Verhalten des Kriegsfürsten zu rechtfertigen. "Ist mein Vater darüber überhaupt informiert." Fragte der Thronfolger skeptisch. "Natürlich eure Hoheit. Ich würde niemals eine Entscheidung ohne die Zustimmung des Kaisers treffen." Und da Ikes diesen so manipulierte wie er wollte war das noch nicht einmal gelogen. "Was eure anderen Fragen betrifft. Für ausreichend Nahrung ist gesorgt und Wasser führen wir auch ausreichend, zusätzlich können wir weitere Vorräte in Tunan erbeuten und der Seklis führt mehr als genug Wasser. Was Ragos und Halun betrifft..." Der General suchte nach den richtigen Worten. "Nunja... man könnte sagen das ich Boten zu ihnen geschickt habe die sehr viel diplomatisches Geschick besitzen und die dafür sorgen werden, dass die beiden Länder an unserer Seite in den Krieg ziehen. Um die anderen Reiche brauchen wir uns nicht sorgen. Sie können unserer Übermacht ohnehin nichts entgegensetzen. Zumindest da sich das Kaiserreich Sorgoohn nicht einmischen wird." "Ach und was verschafft euch diese Einsicht? Und was sind das für Diplomaten?" "Lasst beides meine Sorge sein, und die Sorge eures Vaters. Ihr wisst jetzt schon mehr als ihr eigentlich wissen müsst." Der Prinz wollte gerade etwas erwiedern als er hinter sich die Stimme des Kaisers hörte. "Ikes hat recht Prinz Alandrus. Es ist besser für euch wenn ihr nicht in alle Pläne involviert seit." "Ja mein Kaiser, ich verstehe." "Gut. Dann dürft ihr euch jetzt entfernen Prinz." Der junge Mann verneigte sich vor Aion V. und marschierte auf den Ausgang zu. Kurz bevor er einen der beiden Türflügel aufstieß wandte er sich noch einmal um. "Dürfen wir fragen wie es der Prinzessin geht?" "Es geht ihr immer noch nicht besser. Wir lassen es euch wissen wann ihr sie sehen dürft." Rumpelnd viel der Türflügel wieder zu, nachdem der Erbe den Raum verlassen hatte. Tut mir wirklich Leid für euch kleiner Prinz. Aber von eurem Vater könnt ihr keine Unterstützung erwarten. Vielleicht sollte ich euch lieber beseitigen. Wenn Aion dann sterben würde könnte ich das Kaiserreich regieren. Aber davor ist es jetzt vermutlich noch zu früh. Außerdem ist meine Marionette ja noch fast neu und ein neues Spielzeug wirft man ja auch nicht weg. Verdammt! Der Prinz lief in seinen Gemächern unruhig auf und ab. Erst die Eroberung Jelanars und jetzt ein Krieg mit Tunan. Was denkt sich Vater nur dabei? Und warum vertraut er Ikes so sehr. Warum vertraut er ihm mehr als mir. Und was bei den acht Göttern ist mit meiner Schwester? Seit ich wieder zurück bin durfte ich sie nicht sehen. Verdammt Djaala ich brauch deine Unterstützung. Wir müssen Vater von diesem Irrsinn abbringen. 561 n.A. im dritten Monat Kalind, Königreich Tunan, Hauptstadt Taskan Iroikhan verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick war starr und hing an der Karte von Orun die ausgebreitet auf dem Tisch lag. Er befand sich in dem unterirdischen Raum, in dem er auch schon mit Nikajana und Luko über die Lage, in welcher sich der Kontinent befindet, gesprochen hatte. Jetzt beritt er mit seinen Generälen und der Königin was zu tun war. Die zahlreichen Fackeln erhellten den Raum, so das auch die Verstorbenen Herrscher von ihren Portraits aus einen Blick auf die Situation werfen konnten. Sie waren vermutich ebenso wenig begeistert wie der derzeitige Herrscher. Der König seutzte und brach damit wieder einmal die Stille. "Fassen wir noch einmal zusammen: Aion und Ikes ziehen Truppen in den Grenzfestungen zusammen. Eine genaue Zahl haben wir nicht und was im Landesinneren vor sich geht ist uns größtenteils auch verborgen." Er schüttelte den Kopf. "Verdammte Assasine. Erst stechen sie uns die Augen aus und dann reißen sie uns die Ohren ab. Wie soll man denn so eine Verteidigugn aufbauen." "Sie haben sich gut vorbereitet, besser als wir erwartet hatten." Stellte General Maris fest. Ein Kriegsveteran mit langen Grauen Haaren und einem imposanten Vollbart. Er beteiligte sich am wenigsten an der Besprechung. Maris war ein Krieger. Loyal und Tapfer bis ins Mark aber leider kein großer Stratege. "Vielen Dank, das hilft uns nur leider auch nicht weiter." Unruhig begann der König um den Tisch zu laufen. Seit dem Überfall Aganons auf Jelanar rekrutierten sie jeden, der eine Waffe halten konnte und Willens war sein Land zu verteidigen und nach der, mehr oder weniger offiziellen, Kriegserklärung drängten immer mehr Menschen in die Kasernen. Aber was half das, wenn man nicht wusste wann, wo und mit wie vielen der Feind zuschlagen würde. Das sie sowohl blind als auch taub waren machte Iroikhan am meisten zu schaffen. Nicht nur das sie nicht mehr sahen was in Aganon vor sich ging, die Umstände hatten ihn dazu gezwungen auch noch aus anderen Reichen seine Agenten abzuziehen. Nur noch die besten und loyalsten befanden sich im Einsatz und selbst diese konnten ihn nur unregelmäßig informieren. Jetzt konnte er sich vorstellen wie sich ein Pferd fühlte, dem man Scheuklappen anlegte. "Aber..." Schaltete sich Amanda, die einzige Generalin, ein. "... wie bereits schon erwähnt, können wir ihre Zahl auf Rund dreißigtausend Mann schätzen, sprich sechzigtausend in beiden. Wenn wir davon ausgehen das er in Alantinon ebenfalls Truppen zusammenzieht können wir ihre Zahl auf einhunderttausend Mann runden. Die Truppen die ihnen ihr Verbündeter stellen wird schon eingerechnet." Sie pausierte kurz damit die Zahlen voll zur Geltung kamen. "Wir können ihnen ungefähr fünfzigtausend entgegensetzen, dafür haben wir die Magier von Akanus Tunan. Erzmagier Kalsus hat uns die volle Unterstützung der Akademie zugesichert. Damit verfügen wir über fast zweihundert Magier und Adepten. Hinzu kommen die fünfzig Krieger der Zseris-Garde welche uns Madin gesandt hat." Ein kleiner Trost. Die Magier waren zwar mächtige Verbündete nur leider überwog die Zahl der Schüler deutlich. Als wirkliche Magier konnte man nur die zehn Lehrmeister, den Erzmagier und vielleicht noch zehn oder zwanzig Schüler bezeichnen. Was die Krieger aus Madin anbelangte war Iroikhan positiv überrascht gewesen. Man konnte die Zseris-Garde ohne weiteres als Elitekrieger bezeichnen. Sie gehörten der Kriegerkaste und der Adelskaste an. Dies Kombination verlieh ihnen ihr tödliches Können einerseits und andererseits die finanziellen Mittel um sich die effizienteste Ausrüstung zu beschaffen. Der König hatte nicht damit gerechnet das seine Verbündeten so schnell Truppen entsandten. Nur leider waren es äußerst wenige. "Einhunderttausend gegen fünfzigtausend plus siebenhundert. Klingt meiner Meinung nach nicht wirklich besser." Maulte Dario. Der Taktiker unter seinen Gernerälen. Er war nur wenige Monate älter als sein König, hatte aber schon so viele graue Haare, dass das Volk ihn für fast so alt hielt wie General Maris. "Dann lass dir was einfallen. Ich will mehr Rückhalt haben als unsere Mauern. Wir brauchen einen Plan der das Kräfteverhältnis ausgleicht." Iroikhan sah seine drei Generäle einem nach dem anderen an. Er wusste das er in den letzten Tagen viel von ihnen verlangt hatte und das es in nächster Zeit nicht weniger werden würde. Zuviel stand auf dem Spiel. Sie durften sich keine Fehler erlauben und keine Schwäche zeigen. "Taskan ist noch nie gefallen und wird sich auch in Zukunft niemals brechen oder unterwerfen lassen. Diese Stadt ist es, die den Menschen Hoffnung schenkt. Ein uneinnehmbares Bollwerk das jedem Sturm trotzt." Mit gehetzter Mine polterte Nakin Nerev in die Halle. Einen Brief und zwei Zettel in der Hand haltend. Der General verbeugte sich kurz vor seinem König und überreichte ihm dan die Papiere. Den anderen Generälen nickte er knapp zu. Diese sahen ihn besorgt an während der König in aller Eile und mit entsetztem Blick die Zeilen überflog. "Verdammt! Ich muss die beiden warnen. Lasst euch was einfallen. Wir werden einen wirklich guten Plan brauchen." Er warf das schreiben und die beiden Zettel auf den Tisch und stürmte aus dem Zimmer. Die Generäle überflogen das Schreiben in dem die genaue Truppenstärke vermerkt war. Außerdem enthielt es einen Bericht über die weiteren Pläne von General Ikes. "Lass dir was einfallen Dario. Diesmal werden wir dein ganzes können brauchen." Der General lächelte Amanda etwas verunsichert und besorgt an. Zweihunderttausend! Die Zahl verursachte bei allen vier Generälen äußerstes unbehagen. Schweigend starten sie auf den Tisch, wo noch immer die beiden Zettel lagen. Steckbriefe aus Aganon. Ein Mann und eine Frau. Angeklagt und gesucht wegen Hochverrat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)