Chroniken des gefallenen Engels von uron (Der Exodus) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Östlich der Wüste von Iriniham, 31 Tage nach dem Fall Lenuis Ein Monat war all dieser Wahnsinn nun schon her. Doch ein Monat war lange nicht genug, um den Schmerz jenes einsamen Wanderers zu tilgen, der vor mehr als vier Wochen die letzten verloren hatte, die er je als Freunde bezeichnet hatte. Für ihn gab es nichts mehr, was ihn noch in Gartapos hielt. Dies war nicht länger seine Heimat, sie gehörte nun gänzlich den Menschen, die in ihren Kriegen nach und nach die anderen Völker verdrängt oder vernichtet hatten. Doch es war nicht das erste mal, dass der Einsame seine Heimat verließ. Bereits vor langer Zeit hatte er seinen Geburtsort verlassen müssen. Qualvolle Erinnerungen an jene dunklen Tage forderten ihren Tribut und eine einzelne Träne der Trauer bahnte sich ihren Weg über das vom Sand verkruste Gesicht des Mannes. Wie lange war er nun schon ohne Nahrung ausgekommen? Hatte er überhaupt etwas gegessen, seit dem er sein Exil begonnen hatte? Wann hatte er den letzten – kaum genießbaren – Wassertropfen aus seinem Trinkschlauch getrunken? Er wusste es nicht mehr. Und das war auch gut so, denn sein Ziel war das Vergessen, wenn es ihm möglich war, sogar der Tod. Doch würde es für ihn einen Platz geben? Würde Afras ihn in seinem Himmelsreich willkommen heißen oder würde er gar in Lenuis Abgrund gestoßen werden? Doch Lenui war tot. An ihrer statt thronte nun ein neuer Herr, Agento, einst ein Halbvampir, aus edlem Geblüt, nun dank dem Segen der Götter, einer der ihren. Bezwinger der Lenui, sein Schüler. Doch Agento war seit der letzten Schlacht nicht mehr derselbe gewesen. Nie hatte Vargas seinen Schüler in solcher Rage gesehen. Lange Zeit hatten sie sich auf diese Schlacht vorbereitet, hatten jahrelang trainiert, hatten versucht, die dunkle Seite Agentos im Zaum zu halten, hatten versucht, dem Dämon in ihm Einhalt zu gebieten. Doch sie waren gescheitert. Lenuis List hatte Agento schließlich zu ihrem eigenen Bezwinger werden lassen. Welch grausame Tat hatte Agentos Zorn erst ausgelöst. Trotz der brütenden Hitze lief Vargas ein eisiger Schauer über den Rücken, als er das Bild der getöteten Eria – Agentos geliebter Schwester – vor seinem inneren Auge sah. Die dunkle Göttin hatte den Halbvampir reizen wollen, um ein groteskes Katz und Mausspiel mit ihm zu spielen, sie wollte sich an seinem Leid ergötzen und seinen Zorn wecken. Doch was sie nicht wusste war, dass sie in diesem Spiel unterliegen würde, sie war die Gejagte, die Beute. Grausam war Agentos Rache. So viel Blut. Und Agento genoss es seine Rivalin leiden zu lassen, ehe er ihr das Haupt mit bloßen Klauen vom Hals riss. Das war auch das letzte, was Vargas von seinem einstigen Schüler gesehen hatte. Mit dem Tode Lenuis wurde der gesamte Abgrund in gleißendes Licht gehüllt und eine gefühlte Ewigkeit später erwachte Vargas in den Ruinen Duragnurs, der einst stolzen Zwergenfeste, die durch Verrat zerstört und das Volk der Zwerge fast gänzlich ausgelöscht worden war. Keinen der Bärtigen hatte er lebend zu Gesicht bekommen, als er durch die verwaisten Hallen der Zwergenstadt schritt. Nur zahllose Leichen, grässlich entstellt durch die Klingen der Orks und anderen Scheusale, die von dem stolzen Volk Duronds nicht weniger brutal behandelt wurden waren. Es war eine ewige Fehde der Götter, die so vielen Sterblichen letztendlich den Tod brachte. Doch was würde sich nun ändern? Auch wenn der Keim alles Bösen vernichtet worden war, so konnte die Welt nicht ohne Schatten existieren. Es war das kosmische Gleichgewicht, was erhalten werden musste, das wusste Vargas aus seiner jahrhunderte zurückliegenden Vergangenheit. Der Allvater hatte es ihm und seinen Brüdern und Schwestern, den Sendboten der Götter – Engel wie so von unwissenden Sterblichen genannt wurden – gelehrt, ehe ein grausamer Streich eines eifersüchtigen Rivalen dazu geführt hatte, dass Vargas verstoßen wurde. Lange irrte er völlig hilflos über die Erde Gartapos, auf der es für Wesen wie ihnen keinen Platz gab. Seine Reinheit und seine Makellosigkeit waren wir ein einzelner Stern an einem sonst pechschwarzen Nachthimmel. Und genau diese leuchtende Aura machte seine Häscher erst auf ihn aufmerksam. Vampire aus dem Geblüte d’Arrainge verschleppten ihn und nutzen sein göttliches Blut für ein grausames Ritual, das einst den Anbeginn des Zeitalters der Schatten markierte. Ein junger Vampirfürst, Uron de Dragon hatte ihn dereinst gerettet und wurde fortan sein Meister, Vargas Pflichtgefühl und Dankbarkeit, ließen ihn auf seiner langen Reise nicht nur zu einem treuen Diener sondern auch zu einem wahren Freund des Vaters Agentos werden. Doch diese Zeit lag lange zurück, ein halbes Jahrtausend, ein Lidschlag im Gefüge der Zeit, eine Ewigkeit für einen Sterblichen. Heißer Wüstensand schlug erneut gegen das Gesicht des Wanderers und riss ihn aus seinen Gedanken, die in diesen Tagen seine einzigen Begleiter waren. Ein neuerlicher Sandsturm kündigte sich an und Vargas zog den langen ausgeblichen Mantel dichter an seinen Körper, versuchte die wenigen Öffnungen des Kleidungsstückes irgendwie zu verschließen und ließ sich dann mit dem Rücken zum Wind auf seine Knie fallen. Fast fühlte es sich so an, als würde der Odem eines Drachen seinen Leib verbrennen, so heiß war der Sand, so groß die Wucht, mit der er gegen seinen Rücken geschleudert wurde. Fast meinte Vargas in dem Raunen des Windes ein Lachen zu erkennen, als ob der Geist der Wüste ihn auslachte und sich über ein neues Opfer tief unter den Dünen seines Sandmeers freute. „So sei es…“, flüstere der gefallene Engel, der seit Wochen seine eigene Stimme kaum mehr erkannte. Sie war rau und gebrochen, leiste und flüsternd, wie die eines Sterbenden auf dem Totenbett. Sollte dies nun wirklich sein Ende sein? Hatten die Götter in ihrer Gnade endlich beschlossen ihn zu erlösen? Konnte er überhaupt sterben? Mit diesen Gedanken schloss er die Augen, entschlossen sich seinem Schicksal entgegen zustellen, was auch immer geschah, er war bereit. Dann vermochte er es nicht mehr dem tonnenschweren Gewicht des Wüstensandes zu widerstehen. Erschöpft brach er zusammen und stürzte mit dem Gesicht in den heißen Sand, ehe es dunkel um ihn wurde. Abrupt verklang das hämische Gelächter des Wüstengeistes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)