Infinite - Bis(s) zum Unmöglichen von *Fane* (The Bella & Edward Story) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Wie viel Schmerzen füge ich denjenigen, die ich liebe, noch zu? Wie viel Schmerzen kann ich ertragen, wenn ich sehe, wie sehr ich ihnen wehtue? So perfekt mir mein Leben erscheint, seit ich Edward kenne, so grausam kann es enden. Habe ich überhaupt eine Chance? Was soll ich tun, wenn Schutz meiner Liebsten heißt, dass ich gehen muss? Ich hatte keine großen Ansprüche an mein Leben gehabt. Durchschnittlichkeit war nicht die beste Voraussetzung dafür. Doch niemals hätte ich geglaubt, dass das gesamte Schicksal aller Cullens von mir abhing. Dass nur ich allein, alles zum Guten oder zum Schlechten wenden konnte. Tod oder Leben. Und dabei war die Lösung am Ende doch so einfach. So einfach und doch so grausam und schmerzhaft – zumindest für mich. » Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme. « Friedrich Schiller Kapitel 1: Sein Biss -------------------- So ihr Lieben Twilighter! Ich bin so fasziniert von Film/Buch etc., dass ich selbst ein paar Ideen hatte, die ich aufschreiben musste... und das ist dabei herausgekommen. Viel Spaß. Ich würde mich über Kommis & konstr. Kritik sehr freuen. -------------------------------------------------------------- Den Tag nach dem Ball verschlief ich fast und sah Edward nicht. Er jagte weiter weg und wollte mich erst, zu meiner eigenen Sicherheit, wie er mehrmals betonte, am nächsten Tag wieder sehen. Obwohl ich lange geschlafen hatte, ging ich früh zu Bett und fühlte mich hundemüde. Vielleicht lag es daran, dass ich den ganzen Sonntag mit Charlie das Haus sauber gemacht hatte. Er bestand darauf, dass er auch mal was tat und so misteten wir den Keller aus und putzten die vielen Fenster (sie hatten es mehr als nötig). Ich schlief zu meiner Verwunderung jedoch nicht ein. Es war als wartete ein Teil von mir, dass Edward es mit dem nächsten Tag wörtlich meinte und kurz nach Mitternacht hier auftauchte. Doch er kam nicht. Ich wartete. Die schemenhaften Erinnerungen an den Kampf, die Schmerzen und die „Beseitigung“ von James kehrten wieder. Nun fand ich Zeit darüber nachzudenken. Doch ich wollte nicht darüber nachdenken, sie wieder hoch holen. All das sollte schnell Vergangenheit werden und schließlich schlief ich gegen ein Uhr doch ein. „Halt sie fest! Sonst bringt sie uns alle in Gefahr!“, schrie jemand und sogleich hielt mich jemand von hinten fest. Ein Arm war um meinen Bauch geschlungen. „Edward! Edward!“, schrie ich. Er war nicht weit weg und doch unerreichbar. Im Raum verstreut sah ich die Cullens. Es war als warteten sie auf etwas. Urplötzlich stürzten schwarze Schatten herab, ich hörte Edward schreien. Genauso plötzlich stellten sich die Cullens schweigend vor mich, wie eine Mauer, sodass ich nur noch gelegentlich ein Teil von Edward zu Gesicht bekam. Dann passierten mehrere Dinge gleichzeitig und zwar so schnell, dass ich nicht mal schreien konnte. Dort wo ich Edward vermutete loderte ein deckenhohes Feuer auf, es gab einen Knall und mehrere Knack-Geräusche, die mich erschaudern ließen. Ich würgte. Mir war übel. Ich fand meine Stimme wieder: „Edward! Edward!“, schrie ich, als sein Schrei erstarb. Ich drehte mich um. Carlisle hielt mich fest. Sein Gesicht war ruhig und entspannt. Mir war es fast so als lächelte er. „Lass mich los, lass mich los- LASS-“ Ich schlug die Augen auf. Ich lag in meinem Bett. Mein Gesicht war heiß und nass von Tränen. Ich wunderte mich über mich selbst, dass ich nicht erschrak, denn kaum zehn Zentimeter vor mir erblickte ich Edwards wohlgeformtes Gesicht. Es war merkwürdig leer. Ich atmete schnell, für einen Augenblick hatte mein Atem ausgesetzt. Er stand einfach still und sah mich mit einem Ausdruck an, den ich nicht zu deuten vermochte. Vielleicht lag ein Hauch Besorgnis darin oder aber auch Verwunderung. Ich wusste es nicht. Ich hatte es selbst nicht von mir erwartete, doch ich tat es. Ich nahm sein Gesicht blitzartig in beide Hände und küsste stürmisch seine kalten Lippen. Zuerst kaum, dann erwiderte er meine Küsse immer mehr. Er stieg neben mir aufs Bett. Ich rutschte nach hinten, ohne ihn los zu lassen, ohne mit dem Küssen auf zu hören. Ich küsste ihn leidenschaftlicher. Sein Duft betörte mich. Noch vor einer Minute war ich davon ausgegangen, dass er tot sei. Ich setzte mich leicht auf, er vor mir. Ich glitt mit den Händen unter sein Hemd und berührte die seidige Haut. Ich sah es nicht, doch ich wusste, dass mein Gesicht hochrot, nass und glühend sein musste. Mein Atem und mein Puls waren so schnell, dass ich Angst hatte, sie würden sich überschlagen. Edward war merkwürdig untätig. Ich legte seine Hände auf meine Hüfte und fingerte an seinem Hemd herum. Mit einem Mal entschwand es mir. Es gab einen lauten Knall, als Edward nach hinten geflogen und gegen meinen alten Schrank geknallt war. Der Schrank faltete sich wie ein Kartenhaus zusammen. Edward lag davor. Seine rechte Hand war kaum erkennbar, so viel Blut war darüber gesickert. Dennoch war ein halbkreisförmiger Biss zu sehen. Über Edwards Kinn floss Blut. Seine Augen waren geschlossen. „Edward!“, schrie ich. Doch anstatt zu ihm hin zu gehen, stürmte ich aus dem Zimmer und dachte nur noch: „Charlie!“ Einerseits, weil ich Angst hatte, dass er etwas mit gekriegt hatte, andererseits, damit er den Krankenwagen rief. Doch Charlie war nicht da. Es war 6 Uhr morgens. Der Streifenwagen stand nicht mehr von dem Haus. Ich stürzte zum Telefon und legte sogleich wieder auf. Ich konnte nicht den Krankenwagen rufen. Wenn jemand anderes als Carlisle drin war! Ich musste ihn holen. Wie? Ich konnte den Weg zu ihrem Haus unmöglich alleine finden, noch dazu im Halbdunklen. Ich fasste den Entschluss binnen Sekunden. Meine einzige Chance war, dass Carlisle zu dieser Zeit Schicht im Krankenhaus hatte. Ich musste ihn holen. Ich stürmte in schnell übergezogenen Jeans und Kapuzenpulli aus dem Haus, ohne noch einmal nach Edward zu sehen und raste –für meine Verhältnisse– zum nicht weit entfernten Krankenhaus. Kaum war ich im Flur der Ambulanz angelangt, kam auch schon Carlisle aus einem Patientenzimmer. Er war in eine Krankenakte vertieft. „Carlisle! Carlisle!“, rief ich. Er wendete sich zu mir um. Sein vorher noch nachdenkliches Gesicht war nun mit einem Anflug von Entsetzen auf mich gerichtet. „Bella, ist dir was passiert?“, sagte er zwar ruhig, doch besorgt. „Nein, nein. Edward- er, bitte Carlisle, du musst- kommt mit mir“, stammelte ich, außer mir vor Angst und unfähig das Geschehen in Worte zu fassen. Carlisle nickte unmerklich, rannte ins nächste Zimmer und war innerhalb einer halben Minute umgezogen und mit einem Koffer bepackt. Er folgte mir zum Transporter, fuhr jedoch selbst. Er fragte nichts und sah mich nicht an. Er raste –und diesmal eher so, wie Edward „schnell fahren“ bezeichnen würde– zu mir nach Hause und machte ein angestrengtes Gesicht. Er folgte mir, während ich ins Haus rannte, die Treppe hoch. Ich schlug meine Zimmertür auf. Ich schlug die Hände vor den Mund, damit mein Schrei nicht allzu laut und Angst einflössend klang. Doch das war es. Überall Blut. Ich konnte jedoch nicht lange hinsehen, da Carlisle mich an der Kapuze wegzog, sodass ich rückwärts gegen die Heizung flog. Ich stand bereits wieder, als Carlisle die Tür zuzog und abschloss. Ich donnerte mit den Fäusten gegen die Tür, als ich Sekunden später registriert hatte, dass ich nicht zu Edward sollte. „Lass mich rein! Mach auf Carlisle!“, rief ich immer und immer wieder. Bis die Tür, vielleicht ein oder zwei Minuten später, doch sie kamen mir wie eine Ewigkeit vor, aufging. Doch es war niemand mehr da. Einzig und allein ein Chaos war zurück gelassen worden, die Blutflecke waren allerdings nicht mehr an Wänden und Gegenständen zu finden. Ich bemerkte jedoch, dass mein Teppich, der unter meinem Bett gelegen hatte, unter meinem kaputten Schrank und den ganzen Anziehsachen lag. Ich hob ihn hoch und sah darunter einen kreisrunden riesigen Blutfleck und ließ den Teppich wieder sinken. Ich glaubte nicht, dass es klug wäre, Edwards Blut anzufassen. Wo war er hin? Was war mit ihm?, fragte ich mich. Doch ich wusste es bereits. Er hatte meinen „Angriff“ nicht aushalten können und mich nur schützen können, indem er sich selbst verwundete. Ich hatte ihn noch nie so schwach und gar nicht stark und muskulös wirkend gesehen. Ich war sicher, dass Carlisle ihn nicht ins Krankenhaus gebracht hatte, sondern zu ihnen nach Hause, was hieß, dass ich keine Chance hatte, zu ihm zu gelangen. Dann schoss mir ein weiterer Gedanken durch den Kopf: Die anderen Cullens! Es war Montag und somit Schule. Ich machte mir rasend schnell fertig –ich glaubte nicht, dass ich einigermaßen gut aussah, doch das war mir egal– stieg in den Transporter und fuhr zur Schule. Ich kam eigentlich zeitlich genauso zur Schule wie immer –nur, dass ich jetzt viel aufgewühlter war. Doch ich würde enttäuscht. Kein Volvo, kein Cabrio, kein Jeep. Die Cullens waren nicht da. Keiner von ihnen. Und sie würden auch nicht mehr kommen, hatte ich das Gefühl. Ich ging hoch zu Mathe. Jessica redete auf mich ein. Doch ich nahm es gar nicht war. Gelegentlich nickte ich und machte „hmm“ oder „aha“. Mir war schlecht. Schlecht vor Angst, vor Wut auf mich, vor Wut auf Carlisle, dass er mich nicht zu Edward gelassen hatte und vielleicht auch ein wenig vor Hunger. „Alles klar mit dir Bell?“, trällerte Mike fröhlich, als wir Mathe verließen und ich mit ihm, voller Hoffnung, dass Edward da sein könnte, zu Bio stapfte. Jessica war so vertieft in ihre Ausführungen vom Ball mit Mike, dass sie kaum Augen für meine Mimik gehabt hatte (zu meinem großen Glück, wie ich fand). Ich sah zu Mike auf und zwang mich zu einem Lächeln. Es fühlte sich komisch an. „Nein, alles bestens. Mir ist nur-“ Kotzübel, wollte ich ergänzen, sagte jedoch: „kalt.“ „Achso, na dann. Du siehst nur ein wenig schlecht- ein wenig krank aus.“ Diesmal musste ich wirklich ein kleinwenig lachen. „Blasser als sonst?“ Zu meinem überraschen nickte er mechanisch. Edward war nicht da. Natürlich. Wie auch? Wenn er noch am Leben wäre, würde er jetzt sicherlich nicht schon wieder mit einem schiefen Lächeln hier sitzen und auf mich warten. Bio zog sich. Wir bekamen mehrere Texte und Arbeitsblätter zum bearbeiten. Jedenfalls hätte ich das getan, wenn ich nicht jede Sekunde damit verbrachte an Edward zu denken und seinen leeren Stuhl anzustarren. Die nächste Möglichkeit wäre die Mittagspause in der Cafeteria. Vielleicht war irgendeiner der Cullens nun da. Glücklicherweise kam mir Englisch danach nicht so langatmig vor und ehe ich mich versah rannte ich schon den langen Flur, an den Kursräumen vorbei, zur Cafeteria. Nur einmal blieb ich kurz stehen, als ich dachte, ich hätte am Fenster einen Schatten gesehen. Wie in meinem Traum. Doch es war wirklich nur ein Traum. Ich rannte weiter, doch ich wusste, als ich ein Blick in den mit Menschen überfüllten Raum geworfen hatte, dass ich es mir hätte schenken können. Kein Cullen war da. Das einzig gute war, als ich im Brett in der Cafeteria entdeckte, dass die Doppelstunde Sport, die ich gleich hatte, ausfiel. Ich bemerkte, dass ich sowieso nicht hätte hingehen können, da ich gar kein Sportzeug mitgenommen hatte. Ohne etwas zu essen oder mich zu verabschieden fuhr ich sogleich wieder nach Hause. Ein klein wenig Hoffnung hatte ich noch, dass ich Edward heute noch sah. Vielleicht war etwas oder irgendwer in meinem Zimmer. Eine Nachricht? Carlisle? Oder sogar Edward? Nein. Niemand. Nichts. Ich wurde fast verrückt vor Sorge und Angst, als ich dies zu Hause feststellte. Was war in mich gefahren? Was hatte ich nur geträumt?, fragte ich mich eiskalt abduschte. Ich musste zu Edward. Es war nur ein Traum gewesen und als er dann doch lebendig (wenn man es so bezeichnen wollte) vor mir stand, so nah, sind bei mir die Sicherungen durchgebrannt. Ich hasste mich dafür. Er beherrschte sie. Und ich? Es musste- es war für ihn viel schwieriger, sich zu beherrschen und doch konnte ich es ihm nicht gleichtun. Was nützt es noch, wenn er sich quält und ich ihm all seine Disziplin kaputt mache? Ich musste zu ihm. Doch nur wie? Wieder mal sah ich einen Schatten, der hinter der Ecke (zur Treppe hinunter) verschwand. Doch dort war niemand. Ich musste über mich selbst lachen. Überall sah ich Zeichen von Edward. Ich musste zu ihm, dachte ich wieder, als ich fertig angezogen war. An welchen Orten hatten wir uns außerhalb der Schule gesehen, wo ich irgendeinen Cullen antreffen könnte (ich wusste, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch war)? In Port Angeles oder dem Ballsaal würde wohl niemand von ihnen jetzt sein. Die Lichtung war Edwards Lieblingsplatz, dort konnte ich wenn nur ihn sehen und den Weg durch den Wald würde ich sowieso nicht finden. Ich musste zu dem Haus der Cullens. Dort würde er sein, ganz sicher. Ich kannte den Weg nicht. Ich kannte zwar die Straße, die nach Norden führte, die zu dem Haus führte, doch diese unasphaltierte Schneise in den Wald hinein würde ich nie finden. Doch ich musste es versuchen. Untätig hier sitzen bleiben, würde mich noch in den Wahnsinn treiben. Ich stiefelte die Treppen runter, als die Haustür aufging und ich heftig zusammenzuckte. „Bella, hallo“, grüßte Charlie mich. „Dad, was machst du denn hier?“, fragte ich geradeheraus. „Ich hatte in der Nähe deiner Schule zu tun und hab gesehen, wie dein Transporter den Parkplatz verlassen hat. Hast du eher Schluss gehabt?“ Ich nickte nur und zermarterte mir den Kopf nach eine Ausrede, doch all meine Pläne wurden vernichtete, als Charlie sagte: „Das trifft sich gut. Ich habe mir heute eher frei genommen, weil Billy uns eingeladen hat. Eigentlich wollte ich dich von der Schule abholen und direkt zu ihm fahren, aber so können wir vorher noch Mittagessen gehen“, sagte er schnell und vor Begeisterung lächelnd. „Dad, ich- können wir nicht ein andermal zu Billy, ähm-“ „Tu mir den Gefallen Schatz, Jacob freut sich schon sehr und ich freue mich auch“, setzte er schnell hinzu, damit es nicht allzu sehr wie ein Verkupplungsversuch aussah. Ich nickte. Ich wusste, dass ich aus der Nummer so schnell nicht raus kam ohne meinen Vater zu enttäuschen und das wollte ich nicht. Unsere Beziehung kam nach meinem Davonlaufen gerade wieder ins rollen. Ich fuhr also, nachdem wir zu Mittag gegessen hatten (ich aß wenig, mein Magen fühlte sich mir sehr fremd an), mit ihm ins Reservat. Billy hieß uns mit seinen Kindern willkommen und ich schaffte es wenigstens mich meist mit Jacob alleine aufzuhalten, um Billy nicht Rede und Antwort wegen meiner immer noch und auch weiterhin bestehenden Beziehung zu Edward Cullen zu stehen. Falls er noch lebte, dachte ich bitter. Ich fragte Jacob über sein Leben, das Reservat und seine Schule hier aus, ohne mich im Geringsten dafür zu interessieren. Doch so musste ich nichts oder nicht viel von mir oder sonst etwas anderem erzählen. Die Sonne sank immer weiter und schließlich blieben wir –zu meiner großen Enttäuschung– auch noch zum Abendessen bei Billy. Ich wusste, dass ich keine Ausrede hatte nicht mit Charlie zu bleiben und auch, dass ich bei der ankommenden Dunkelheit ebenfalls keine Chance hatte, das Haus der Cullens zu finden. Betrübt kam ich abends mit Charlie wieder zu Hause an. Ich hatte keine Hoffnung mehr, dass irgendein Zeichen in meinem Zimmer auf mich wartete und ich behielt recht. Erst als ich bettfertig aus dem Bad kam, fiel mir auf, dass das Fenster offen war. Ich sah hinaus. Ich war mir sicher, dass ich es, bevor wir zu Billy gefahren waren, geschlossen hatte. Ich sah mich in meinem Zimmer um und erst jetzt bemerkte ich, dass der Schrank unversehrt dort stand. Der Teppich war unter meinem Bett, der Blutfleck war weg und meine Sachen eingeräumt. War Edward hier gewesen? Oder ein anderer? Ich war ziemlich sicher. Hatte ich die Chance verpasst einen von ihnen zu treffen? Ich setzte mich aufs Bett und grübelte. Was konnte ich tun? Mir liefen stumm die Tränen übers Gesicht. Okay Bella, sagte ich mir, du wartest den Schultag morgen ab und wenn er nicht dort war, wenn keiner von ihnen dort war, gehst du sie suchen. So viel Geduld musst du aufbringen, ihm wird nichts geschehen sein, redete ich mir ein. Ich schloss das Fenster und warf einen kurzen Blick raus, urplötzlich drehte ich mich wieder zum Fenster um, öffnete es und beugte mich weit heraus. Nein, dort war niemand. Vielleicht war es nur eine Katze gewesen… Ich machte noch etwas meine Hausaufgaben, wünschte Charlie dann eine gute Nacht und schlief zu meiner Überraschung sehr schnell ein. Genauso schnell wachte ich auf und zog mich in Windeseile an. Ich fuhr allerdings nicht gleich zur Schule, sondern wartete noch. Mich beschlich das Gefühl, dass die Cullens mich vielleicht nicht sehen wollten. Sie hätten es bestimmt einrichten können, wenn sie es gewollt hätte, dachte ich. Wenn ich jedoch erst spät zur Schule fahre, konnten sie nicht gucken, ob ich bereits da stand und wieder fahren, war meine Theorie. Ob es nun an meiner morgendlichen Vorgehensweise lag oder nicht, sie waren da (obwohl… Alice hätte es bestimmt gesehen). Zumindest stand Rosalies rotes Cabrio auf dem Parkplatz. Na endlich, dachte ich und konnte es kaum abwarten, sie in der Cafeteria zur Rede zu stellen (ich glaubte nicht, dass ich Edward heute traf, sonst stünde der silberne Volvo auf dem Parkplatz und nicht das protzige Cabrio). Aber wenigstens was mindestens ein Cullen in unmittelbarer Nähe. Meine Freude, endlich mehr zu erfahren, wuchs die ersten drei Stunden lang bis zur Mittagspause unaufhörlich an. Nicht mal Jessicas Geplapper oder Tylers böse Blicke, die er mir seit dem Ball gelegentlich zu warf, konnten mich nerven. Ich vergaß sogar meine Übelkeit, die ich seit gestern hatte (meine Appetitlosigkeit machte das nicht unbedingt besser). Die Cullens waren nicht da. Ich wartete. Kein Lebenszeichen von ihnen. Ich sah auf dem Schulhof nach, auf den Fluren und Gängen, selbst auf der (Mädchen-) Toilette. Doch das hätte ich mir sparen können, stellte ich fest, als ich auf dem Parkplatz das rote Cabrio nicht mehr fand. Wütend stapfte ich zum Sekretariat. Kurz davor atmete ich tief durch und setzte einen leidenden Gesichtausdruck auf. „Hallo Liebes-“ „Mir ist schlecht, kann ich bitte nach Hause“, sagte ich prompt und krallte mich, als würde ich jeden Moment umkippen, am Empfangstisch fest. „Ich- ja- natürlich“, sagte die Frau vor mir, ich kannte sie nicht, nach einigen irritierten Blicken. Sie füllte ein Formular aus, verschwand mehrmals, zeichnete es selbst ab und dann krakelte ich meinen Namen darunter. Ich war darauf bedacht möglich krank zu wirken und angesichts meiner sowieso vorhandenen Blässe und der halben Lüge – mir war wirklich übel– schien ich auch überzeugend. „Gute Besserung, Liebes“, wünschte sie und ich verließ sehr schwach lächelnd den Raum. Die Gänge waren ausgestorben. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass es bereits geklingelt hatte, weshalb ich auch die Gelegenheit nutzte und zu meinem Transporter rannte. Sobald ich den Transporter ausgeparkt, kam die unterdrückte Angst und die beharrliche Verzweiflung wieder herauf. Lebte er noch?, dachte ich immer und immer wieder. Doch eigentlich beschäftigte mich etwas anderes: Warum wollten die Cullens mich nicht sehen? Augenblicklich kehrte ich um und fuhr nach Hause. Ich hielt an der Straße und holte Zettel und Stift raus. Ich überlegte wie lang wir ungefähr von hier bis zu den Cullens (also die reine Autofahrt) gebraucht haben und wie schnell Edward ungefähr gefahren war. Dann schrieb ich schnell hin, wie schnell ich fahren würde und versuchte dann wenigstens einen ungefähren Wert der Fahrzeit auszurechnen, damit ich dann intensiver nach dem versteckten Weg Ausschau halten konnte. Ich kam auf eine gute Stunde, bei meinem Tempo zumindest. Ich machte den Motor wieder an, sah auf die Uhr und fuhr aus Forks raus und schließlich befand ich mich auf der langen Straße Richtung Norden. Alle paar Sekunden sah ich nervös auf die Uhr, um bloß nicht die Zeit zu vergessen, sodass ich mich beim Aufschauen – teilweise fixierte ich meine Uhr sekundenlang – auf der Gegenfahrbahn befand und schnell wieder einlenkte. Ein Glück, dass die Straße zu dieser Zeit kaum befahren war. Bei genau einer Stunde und 2 Minuten hielt ich rechts auf dem Seitenstreifen an und sah mich um. Wie erwartete, erkannte ich nichts wieder und fand auch keinen Weg. Sollte ich noch weiter fahren? Oder war ich schon dran vorbei? Ich stieg aus, nahm meinen Rucksack und schloss ab. Meinen ¬– zugegeben ungenauen – Berechnungen zufolge dürfte das Haus der Cullens nicht allzu weit entfernt sein. Ich würde im Wald einfach zu Fuß suchen. Doch das war leichter gedacht, als getan. Der Boden war sehr uneben und überwuchert von allerlei Pflanzen und Gestrüpp. Nach kürzester Zeit war meine Kleidung, an manchen Stellen mehr, an manchen Stellen weniger, zerschlissen und aus meinen Haaren zog ich dauern irgendwelche Blätter heraus. Dass ich alle paar Meter stolperte war keine Seltenheit, doch so langsam hatte ich ernsthafte Zweifel, ob mich nicht bald richtig verletzten würde, da ich schon zweimal umkehren musste, als ich an einer Klippe ausgekommen war. Ich war bereits eine halbe Stunde unterwegs und das einzige was ich wusste war, dass ich den Transporter sicherlich nicht mehr wieder fand. Ich lief weiter und kam an einem sehr dichten Teil des Waldes an. Ich hielt die Arme vor das Gesicht, damit die Zweige mir nicht durchs Gesicht peitschten. Sollte ich Edward heute noch sehen, würde er mich sonst nicht mal mehr erkennen können, und während ich das dachte ließ der Boden unter meinen Füßen nach und ich rutschte zwei Meter tief runter. Alles was ich dann sah, als ich die Augen wieder öffnete, war ein Baumstumpf, mein Kopf brannte, ich vermutete, dass ich mir den Kopf gestoßen hatte, und eine Hand. Eine weiße fremde Hand. Ich sah auf. Alice stand mit einem glasigen merkwürdigen Blick vor mir. „Ich bringe dich zu Edward“, sagte sie so leise, dass ich es fast nicht verstanden hätte. Ich nahm ihre Hand und sie hatte mich sogleich auf ihre Schultern gezogen und war losgerannt. Ich kniff die Augen fest zusammen und hielt eine Hand vor die Augen, damit ich nicht der Versuchung erlag, zu sehen, wo sie herlief. Ich glaubte, dass ich mich sonst, wenn wir ankommen würden, zu ihren Füßen übergeben müsste. Sie stoppte und ließ mich runter. Ich sah hoch und stand vor dem Haus der Cullens. Alice war bereits an der Tür, die sie nun öffnete und mir aufhielt. Ich lief schnell hinterher und ein glückliches Gefühl stieg in mir hoch. Ich würde Edward sehen. Tot oder lebendig war mir in diesem Moment gleich. Ich lief hinter Alice her in das riesige Zimmer mit dem prächtigen Flügel neben der Treppe. In einem Halbkreis standen alle Cullens in dem Zimmer und verstummten sofort, als ich mit Alice den Raum betrat. Ich unterdrückte ein Schaudern. Alle, außer Carlisle und Esme, sahen mich hasserfüllt oder zumindest nicht gerade erfreut an. Carlisle jedoch hatte ein sehr leichtes Lächeln auf den Lippen und Esme schritt mit breiterem Lächeln hervor und sagte melodisch: „Er ist oben. In seinem Zimmer.“ Ich nickte und warf keinen Blick mehr auf die anderen. Ich hatte keine Angst und doch ich fühlte mich so schutzlos und vor allem, was ich noch viel schlimmer fand, unerwünscht. Ich schritt erst langsam, sobald ich glaubte, dass sie mich nicht mehr sehen konnten, immer schneller zu seinem Zimmer. Ich öffnete, ohne zu klopfen, langsam die Tür und dann sah ich ihn. Das Zimmer sah noch genauso aus wie das letzte Mal als ich hier war, nur, dass auf dem Ledersofa Edward lag. Er lag merkwürdig menschlich, nicht steif und säulenartig, sondern irgendwie bequem und erschöpft, auf dem Sofa. Seine Augen waren nur halb geöffnet. An seinem ganzen Körper waren Wunden, zumindest die Stellen, die ein Hemd und eine Shorts preisgaben. Mir rannten Tränen herunter. Ich breite die Arme etwas aus, sagte „Edward“ und lief auf ihn zu. Er hob die Hand, sodass ich augenblicklich stocksteif stehen blieb. Ein kleines schiefes Lächeln umspielten seine Lippen. „Du bist unverbesserlich“, sagte er sehr leise. Seine Stimme klang hart und keinesfalls so wie immer. Er sah zur Decke. „Edward“, sagte ich wieder und schritt ganz langsam auf ihn zu, darauf bedacht jederzeit stehen zu bleiben, wenn er mir ein Zeichen gab. „Es… tut mir so leid“, flüsterte ich kaum merklich, doch ich wusste, dass er es hörte. Ich kniete mich neben ihn. „Was ist mit dir passiert?“, wollte ich wissen und beugte mich über ihn und besah mir seine Wunden. Edward verzog das Gesicht, ich schreckte zurück. Ein Meter trennte uns nun. Ich schluchzte. Er sah mich nun an. Ich hatte den Blick auf den Boden gerichtet. Ich zuckte zusammen, als ich etwas an meinen Haaren spürte. Ich sah hoch. Edward zog mir ein Blatt aus den Haaren. „Ich wollte dir das nicht antun“, sagte ich, doch er sagte wieder nichts. Es wirkte fast, als sei er außer Atem und unfähig zu sprechen. Ich rutschte vor, meine Knie berührten das Sofa, als mich jemand sanft zurückzog und dann auf die Beine stellte. Carlisle lächelte milde und führte mich dann raus. Mein linkes Handgelenk hielt er umschlossen. Ich brach, als Carlisle die Tür hinter mir geschlossen hatte, in Tränen aus. „Was ist mit ihm? Was hab ich getan? Was hat er?“, schrie ich durcheinander. Meine Beine gaben kurzerhand nach. „Bring mir Wasser, Emmett“, vernahm ich Carlisles Stimme. Ich war noch nicht bei vollem Bewusstsein und öffnete die Augen nicht. „In einem Glas“, sagte er scharf. Ich hörte Wasser auf den Boden platschen. „Bella“, sagte Carlisle, „Bella“, wiederholte er, legte einen Arm hinter meinem Rücken und richtete mich auf. Ich blinzelte. Ich saß auf einem weißen großen Sofa in dem großen Raum mit dem Flügel. Carlisle hielt mir ein Glas mit Wasser an die Lippen, ich trank und spürte meinen Körper wieder: Die beklemmende Gefühl der Angst, die Übelkeit, die Sorge. „Ich brauche etwas zu essen, frag Edward was sie-“ „Wo-?“, hörte ich Alice’ Stimme. „Esme“, sagte Carlisle knapp und ich hörte Schritte, die sich rasch entfernten. Ich öffnete weit die Augen und wandte den Kopf zu Carlisle. Sein sanftes Gesicht war unheimlich ausgeglichen und beruhigend. Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann wieder. „Du bist einfach nur erschöpft“, sagte er. Ich trank nochmals, diesmal hielt ich das Glas aber selbst. Ich war schließlich kein Pflegefall, dachte ich und hätte fast ein wenig gegrinst. Ich setzte mich ein wenig gerader hin. Carlisle nahm seinen Arm weg. Ich drehte mich mit dem ganzen Körper zu ihm. Er saß immer noch gehockt neben mir und nun vor mir. „Bitte sag mir was-“ „Iss erst was“, sagte er beschwichtigend und genau in diesem Moment rauschte Esme vergnügt herein. Sie trug einen blitzenden Kochtopf und eine große Schüssel in den Händen. Beides stellte sie auf den Couchtisch neben mir. Wenn es die Situation zugelassen hätte, hätte ich laut aufgelacht. In dem Topf war bestimmt eine halbe Packung Cornflakes mit einem Liter Milch. In der Schale zählte ich fünf Fertigpackungen Lasagne. Beides hatte ich mal in Gegenwart von Edward gegessen. Wo sie das jetzt aufgetrieben hatte, vermochte ich nicht zu fragen. Carlisle sah mich fragend mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er hielt in einer Hand einen altertümlich aussehenden Löffel und in der anderen eine nicht weniger altertümlich aussehende Gabel. Ich nahm den Löffel und zog den Topf zu mir ran. Ich vermutete, dass dies die leichtere Kost von beiden war und meinem Magen eher zuzumuten. Als ich den Löffel in den Topf tunkte und aus der Milch wieder hervorholte wurde mir klar, dass vielleicht 200 ml Milch drin war, dafür aber eine ganze Packung Cornflakes. Nachdem ich zwei Löffel Cornflakes gegessen hatte, Carlisle, Esme, Alice und Emmett sah mir dabei zu, begann Carlisle: „Edward ist sehr schwach. Ich habe bisher nur davon gehört, dass ein- jemand wie wir sich selbst verletzt“, er wartete bis ich einen weiteren Löffel nahm, „es kommt sehr selten vor, vermutlich hätte Edward sonst seine Selbstherrschung verloren, wenn er sich nicht selbst außer Gefecht gesetzt hätte. Wir haben bisher nicht sehr viel mit ihm reden können, wie gesagt, er ist selbst sehr schwach, aber er ließ durchsickern, dass du- nun ja, sehr, sagen wir überzeugend und- berauscht warst“, er hatte, wie Esme, die ich aus den Augenwinkeln sah, ein schwaches Lächeln auf den Lippen, die anderen lächelten nicht, „Edward wird wieder der Alte“, beantwortete er mir meine dringlichste Frage, „aber es wird dauern-“ „Warum ist sein eigenes Gift, das er doch sowieso… in sich hat, für ihn so schädlich?“, unterbrach ich, nachdem ich hastig geschluckt hatte. „Es geht nicht um unser Gift. Er hat zum einen mit solch einer Kraft auf sich eingebissen, dass er sich so auch durch Stein hätte fräsen können und die körperlichen Verletzungen, denen ein Mensch schon längst zum Opfer gefallen wäre, müssen erstmal sorgsam heilen. Zum anderen“, er machte eine Pause und wählte offenbar sorgsam seine Worte, „ist da noch die Psyche. Wenn wir es einmal getan haben, ist quasi eine weitere ‚Hürde’ gefallen. Er hat nun eine weitere Möglichkeit dich vor ihm in brenzlichen Situation zu schützen. Die Hemmschwelle liegt nun viel tiefer, als vorher. Das muss er nun erstmal verarbeiten. Und das wird dauern.“ „Wird- wird diese… ‚Hürde’ wieder wie vorher da sein?“, fragte ich ängstlich. „Nein, nie wieder wie vorher. Aber annähernd“, wollte er mich offensichtlich beruhigen. „Diese Erfahrung zu machen ist sehr gefährlich für uns. Wir können verrückt werden, noch verrückter als sonst“, er lächelte, „deshalb wird er erstmal eine Weile hier bleiben und sich erholen-“ „Ich-“ „Und du darfst ihn nicht sehen“, sagte er gleich, als ahnte er, um was ich bat, „es tut mir Leid Bella, aber dein Geruch wäre jetzt wahres Gift für ihn. Er ist sehr anfällig und gefährlich im Moment. Die zwei Minuten vorhin haben seine ganze Selbstbeherrschung gefordert, die er noch hat. Er braucht ein paar Wochen absolute-“ Ich ließ den Löffel in den Topf fallen. Augenblicklich verstummte Carlisle und sah in mein verweintes Gesicht. „Ich weiß Carlisle, dass ich an allem Schuld bin, dass ich ihm nicht gut tue, aber- bitte, es tut mir so leid“, ich hatte den Kopf auf die Knie und die Hände über meinen Kopf gelegt, „bitte, kann ich denn nichts tun?“ „Dich ein für alle mal von ihm fern halten!“, durchfuhr Rosalies Stimme den Raum. Ich sah auf. Auch die anderen wendeten zu ihr um. Sie schritt in den Raum. „Siehst du nicht was du angerichtet hast? Er ist nicht-“ „Rosalie“, sagte Esme scharf. All ihre Freundlichkeit war aus ihrem Gesicht gewichen. Rosalie starrte sie brodelnd vor Wut an, drehte sich dann wieder zu mir. „Ich habe doch recht! Das denkt ihr doch alle! Wäre sie nur im Wald umgekommen und von anderen-“ „Rosalie!“, sagte Esme wieder, diesmal lauter und noch bestimmter als vorhin. „Es stimmt doch! Sie bringt uns in Gefahr, macht uns alle kaputt, dabei könnten wir sie mit einem-“ Carlisle und Esme waren zeitgleich aufgestanden. Carlisle hatte den Couchtisch mit herumgerissen. Der Glastisch zersplitterte teilweise. Die Cornflakes verbreiteten sich auf den weißen Fliesen und die klebrige Lasagne rutschte in Richtung Boden. Rosalie funkelte die beiden böse an. Sie öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, doch eine mir zunächst unbekannt raue Stimme ertönte: „Rosalie, sei still.“ Edward stand, an eine Statue geklammert, schräg hinter Rosalie, sodass ich ihn gar nicht hab kommen sehen. Esme und Emmett waren sofort bei ihm. Doch er wies sie mit einer Geste ab und sagte: „Solltest du das jemals vor ihr aussprechen-“, er atmete tief ein (ich hatte ihn noch nie so gebrechlich… menschlich erlebt), er wendete sich zu mir, sah jedoch zu Boden: „Bella, bitte geh.“ Ich blickte ihn empört an und wollte etwas sagen, doch er kam mir zuvor. „Bitte geh und geh nicht mehr in den Wald um mich zu suchen. Sonst siehst du bald so verwundet aus wie ich“, er lächelte kaum merklich. „Edward bitte. Es tut mir leid, ich-“ „Bitte geh. Alice bringt dich nach Hause. Ich melde mich bei dir“, er sah mich nun direkt an (was ihm offensichtlich schwer fiel, da er sich augenblicklich fester an der Statue festkrallte), „und nicht umgekehrt. Vertrau mir.“ Ich nickte stumm weinend. Edward nickte ebenso und ging mit Emmett und Esme heraus. Rosalie warf mir einen vernichtenden Blick zu und ging hinterher. Ich erhob mich und ging an Carlisle vorbei auf Alice zu. Ich wusste ich hatte verloren und es hatte keinen Sinn länger hier zu bleiben, außer ich wollte Rosalie weiter reizen, sodass sie mich- „Bella“, unterbrach Carlisle meinen Gedankengang und hielt mich am Arm fest, „mach dir keine Sorgen, wir werden alle auf ihn aufpassen. Übrigens… wir sagen in der Schule, dass Edward eine schwere Grippe hat“, ein Lächeln durchzuckte ihn. Ich nickte mit Tränen in den Augen und wollte Alice rausfolgen, sagte jedoch vorher: „Carlisle?“, wandte ich mich dann um, „darf ich ihm… schreiben?“ Für einen kurzen Moment glaubte ich, dass er loslachen wollte, doch er sagte ruhig: „Sicher. Leg den Brief einfach in dein Zimmer, wir werden dort nachsehen.“ Ich nickte und ging dann endgültig hinter Alice her. Hätte ich gewusst, dass ich Edward einen Monat nicht sehe, hätte ich mich vielleicht nicht so schnell geschlagen gegeben. Kapitel 2: Appetitlosigkeit --------------------------- In der ersten Woche ohne Edward schrieb ich keinen Brief. Zu sehr wartete ich, dass er jeden Tag, jede Stunde bei mir zu Hause in meinem Zimmer auf meinem Bett saß (ich glaubte nicht, dass ich ihn erst in der Schule treffen würde, wenn er wieder käme). Die Cullens waren zwar in der Schule, doch gingen mir gekonnt aus dem Weg. Entweder waren sie wegen der zeitweisen Sonnenstunden nicht da oder ich fand sie nicht. Doch gegen Ende der Woche verlor ich den Mut. Dass ich Edward in naher Zukunft wieder sehen würde, hatte ich längst abgeschrieben. Es gab einfach kein Anzeichen, außer meinen abendlichen Halluzinationen, die sich in Schatten in unserem Garten äußerten. Doch ich hoffte, wenigstes etwas Neues über Edwards Befinden zu erfahren. Ich hoffe umsonst. Am Freitag fasste ich mir ein Herz und schrieb Edward einen Brief. Ich saß jedoch erst mal einen paar Minuten mit einem Stift in der Hand vor einem weißen Blatt. Dann fiel mir ein, dass ja einer der Cullens ja den Brief hier in meinem Zimmer abholen würde. Vielleicht konnte ich dann mit ihm reden! Mit dieser kleinen aufglimmenden Hoffnung schrieb ich einen Brief: Hallo Edward, ich weiß eigentlich nicht, was ich schreiben soll. Ich mache mir große Sorgen um dich. Vor allem, weil ich niemand von euch sehe und mir keiner sagt, wie es dir geht. Ich hielt inne. War ich zu vorwurfsvoll? Ich mach mir große Vorwürfe und habe sehr große Angst um dich. Und – ich glaube es ist das erste Mal – ich wünsche mir schlechtes Wetter. Ich liebe dich so sehr und habe so große Sehnsucht nach dir. Du glaubst gar nicht wie groß die Versuchung ist, mich auf die Suche zu dir zu machen. Bitte nimm mir dieses Verlangen und melde dich bei mir. Du glaubst gar nicht wie qualvoll es ist, nicht zu wissen wie es dir geht. Bella Ich las den Brief noch mal und strich, Augen verdrehend, den letzten Satz weg. Ich heule hier rum, weil ich so leide, dabei war ich es, die ihm sein Leid zu gefügt hatte! Ich legte den Brief auf mein Nachttischchen, stellte mich bettfertig an die Fensterbank und wartete. Die vom Wind raschelnden, sich wiegenden Bäume nahm ich schemenhaft im Licht der Straßenlaterne wahr. Doch irgendwie war mir unbehaglich. Es wirkte alles so künstlich und es kam mir vor, als sähe ich Schatten, die gar nicht da sein durften, da nichts dort war, was Schatten hätte werfen können. Das grünlich wirkende Dämmerlicht, das fleckige Grass und vor allem, der Klang des Rauschens und das Bild was sich mir bot passte nicht zusammen. Ich erschauderte unwillkürlich. Ich wusste nicht, ob ich mir wieder einmal einbildete, dass etwas Unnatürliches in meiner Umwelt passierte oder ob ich dieses Mal meinen Wahrnehmungen trauen darf. Doch es geschah nichts. Ich beobachtete das Schauspiel weiter und zweifelte ebenso immer weiter an meiner geistigen Zurechnungsfähigkeit. Ja, Edward treibt mich zum Wahnsinn. Sowohl wenn er da ist, als auch wenn er nicht da war. Es war weit nach Mitternacht als ich mich endlich ins Bett legte. Ich träumte wirsch. Immer wieder hatte ich verschiedenste Bilder von Begegnungen zwischen Edward und mir aus der Vergangenheit vor Augen. Doch ich konnte ihn nie berühren. Obwohl es so wirkte, als stünde er nur ein paar Zentimeter von mir entfernt, konnte ich den Arme strecken so viel ich wollte, ich spürte seine Haut nicht. Doch auf einmal, ich zuckte selbst in meinen Traum so sehr zusammen, dass ich schlagartig aufwachte, hatte sich meine linke Hand um ein eiskaltes Handgelenk geschlossen. Ich starrte hoch an die Stelle, wo der Körper dazu sein müsste, doch da war kein Körper. Ich hielt das Handgelenk fest und machte das Licht an. Ich starrte wieder auf dieselbe Stelle wie eben. Nun sah ich den Körper der zu dem Handgelenk gehörte (erst jetzt fiel mir auf, dass eben diese Hand meinen Brief hielt). Es war Esme. Sie hatte ein warmes Lächeln auf den Lippen, welches ich – fassungslos und mit offenem Mund – nicht erwidern konnte, doch mitten durch ihr Gesicht prangte eine lange Narbe. Zumindest glaubte ich, dass zu sehen. Ich richtete mich auf. Esme kniete sich zu mir. Ihr Handgelenk hatte ich weiterhin umschlossen. Ich traute mich nicht es los zu lassen, zu ängstlich war ich, dass dies nur ein schöner Tagtraum war. „Hallo Bella“, sagte sie melodisch, „wie geht es dir?“ „Wie geht es Edward? Geht es ihm besser?“, fragte ich prompt, ohne auf die Frage ihrerseits einzugehen. „Ja. Aber noch nicht gut genug, um dir begegnen zu können, Bella. Es tut mir Leid“, setzte sie hinzu, als mir augenblicklich die Tränen übers Gesicht flossen. „Wann kann ich ihn wieder sehen?“ Sie schüttelte mit dem Kopf. „Ich weiß es nicht“, sagte sie leise und strich mir liebevoll mit der Hand über die Wange. Die Berührung fühlte sie ähnlich an, wie die von Edward, doch sie löste etwas anderes bei mir aus: Dankbarkeit. Ich sah zu Boden. „Okay“, sagte ich Sekunden später, „ich- ich akzeptiere das, ich warte einfach nur. Ich verspreche es.“ „Bella du bist sehr stark.“ „Nein, das bin ich nicht“, widersprach ich, „ich bin feige, schwach und schuldig. Ich kann nur an ihn denken, ich versuche ununterbrochen Wege zu finden mit euch zu sprechen oder mit ihm. Ich zerfliese hier im Selbstmitleid, obwohl er ja noch viel mehr leidet als ich und ich das zumal selbst verschuldet habe.“ „Du darfst nicht so hart mit dir. Du bist auch nur ein Mensch“, ich lachte kurz schnaubend auf, „und Edward ist es tief in seinem Inneren auch.“ Ich nickte. Sie richtete sich langsam auf, als wartete sie auf eine Reaktion meinerseits. Ich nickte wiederum, damit sie wusste, dass es mir gut ging und sie gehen konnte. Ich ließ ihr Handgelenk los, packte jedoch zu gleich wieder zu. Sie sah mich an. Ich nahm ihr mit der anderen Hand den Brief ab. „Ich möchte nicht, dass er sich von mir bedrängt fühlt“, erklärte ich, „bitte sag ihm, er soll sich so viel Zeit nehmen wie er braucht. Egal wie lange, ich werde warten. Er soll ganz gesund werden.“ Sie lächelte, nickte und war verschwunden. Ich schlief augenblicklich wieder ein. Ich hielt mein Versprechen. Ich war diszipliniert und dachte nicht an Edward. Am kommenden Wochenende fuhr ich mit den anderen nach „La Push“, wir zelteten dort. Es sollte vorerst das letzte richtig warme Wochenende werden. Ich gab mich gut gelaunt und fröhlich und doch wunderte ich mich, dass niemand auf meine Schauspielerei reinfiel (ich schien besser geworden zu sein). Die Woche darauf verbrachte ich damit sämtliche Hausarbeiten am Stück abzuarbeiten. Ich fuhr in alle umliegenden Bibliotheken und Büchereien um mich mit Literatur einzudecken. Am Freitag verbrachte ich den ganzen restlichen Tag damit, jeden Raum des Hauses zu wischen und war sichtlich enttäuscht, als Charlie es nicht einmal bemerkte. Allerdings bedankte er sich umso überschwänglicher für das Essen, was eher einem Festmahl glich. Am Wochenende zwängte ich mich dann wieder irgendjemandem aus der Schule auf. Seitdem Jessica und Mike zusammen waren, war meine Beziehung zu beiden wesentlich erträglicher und ungezwungener. Ich unternahm viel mit den beiden, einem weiteren Paar, Amber und John, und einem Jungen, der Conner hieß. Am Sonntag hatte ich mich durchgesetzt und wir gingen zu einer großen Literatur- und Film-Messe in einem Vorort von Seattle. Auf dem größten Industriegelände Seattles drehten sich sämtliche Hallen nur um das Thema Literatur und Film. Wir teilten uns in drei Gruppe auf, ich mit Conner, und erkundeten das Gelände und die Hallen. „Auf was hast du Lust? Science Fiction, Romantik, Comics, Horror…”, las er vor, während ich ebenfalls in meiner Broschüre mitlas. „Hm, ich weiß nicht so genau. Wollen wir nicht einfach mal durch die Halle schlendern und schauen was so ansprechend ist?“ Conner war einverstanden. Die Halle, das gesamte Gelände an sich, war riesig – und voll. Wir hatten Mühe an einigen Stellen der Halle durchzukommen. „Du bist mit Cullen zusammen nicht wahr?“, fragte Conner plötzlich und ohne Zusammenhang. Er blickte weiter auf das Buch in seiner Hand. „Edward Cullen“, ergänzte er und tat nun so, als würde er den Buchrücken lesen, doch ich wusste, dass er das nicht tat, da seine Augen wie gebannt auf eine Stelle starrten. „Ja, ja bin ich“, antwortete ich unsicher. „Hmmm“, machte er und nach einigen Sekunden sagte er: „Wo ist Cullen eigentlich?“ „Edward“, sagte ich nachdrücklich, „ist krank.“ „Krank?“, er zog die Augenbrauen hoch und warf mir einen ungläubigen und irgendwie auch abschätzigen Blick zu. „Ja, er ist krank“, sagte ich lediglich. Wir liefen ein Stück weiter und kamen in die nächste Abteilung: Medizin, Naturwissenschaft und Technik. „Und er mag dich?“, fragte er, als ich ein Plakat betrachtete. Ich sah ihn direkt an. Mir passte die Betonung des „dichs“ nicht. Ich wollte ihm eigentlich eine neutrale Antwort geben, doch so langsam wurde ich sauer, wendete mich wieder dem Plakat zu und sagte trocken: „Scheinbar.“ Wir sahen uns dort noch ein wenig um und betraten dann den nächsten Hallenabschnitt: Kinder- und Jugendbücher. Wir interessierten uns beide nicht sonderlich dafür und gingen den Hauptweg weiter, sahen mal rechts, mal links, bis wir den Bereich „Ausländische Literatur“ betraten. Wir waren gerade durch den Türbogen gegangen, als Conner fragte: „Und du magst ihn auch?“ Diesmal gab es keine besondere Betonung, doch ich blieb trotzdem entrüstet stehen. Er sah sich zu mir um. „Conner, was willst du?“, fragte ich genervt. „Na ja, ich meine Cullen ist jetzt schon seit einiger Zeit nicht da-“ „Edward. Ist. Krank!“, sagte ich mit der festesten Stimme, die ich aufbrachte. „Jaja, klar- ich meine, er könnte sich ja auch irgendwo mit einem anderen Mädchen vergnügen“, sagte Conner Schultern zuckend. Ich hätte erwartet, dass mir das den Rest gab und ich in Wut ausbrach, ihn anschrie, vielleicht ein Ohrfeige gab, doch nichts dergleichen tat ich. Ich starrte ihn mit offenem Mund an, als wäre das, was er gesagt hatte, Fakt, drehte mich auf dem Absatz um und ging. Ich war völlig aufgelöst und wusste nicht einmal warum. Conner spinnt. Und ich lasse mich auf sein Geschwafel ein, dachte ich und verlangsamte meinen Schritt, als ich draußen auf dem Gelände ankam. Das Schlimmste war eigentlich, dass ich ihm mit meinen Reaktionen nur noch mehr verdeutlich hatte, dass etwas nicht stimmte. Das würde Montag ganz Forks wissen und auch mein Vater, dachte ich bitter. Er hatte sich gerade so an Edward gewöhnt und sich sogar zwischendurch nach seinem Befinden erkundigt, was ich ihm hoch anrechnete. Er durfte nicht erfahren, dass zwischen Edward und mir im Moment nicht alles glatt lief, also genau genommen gar nichts lief. Schließlich fand mein Dad leider immer noch, dass Edward an meinem Unfall schuld war und ich wollte ihn auch nicht mit Gewalt überzeugen. Das würde sich geben, hatte ich mir gedacht und es dabei belassen. Ich bemerkte, dass ich an Mikes Auto angekommen war. Wir trafen uns erst in 3 Stunden, bemerkte ich, als ich auf die Uhr sah. Na klasse, dachte ich, für mich war der Tag definitiv gelaufen und ich hatte nicht mal einen Grund. Als die anderen so langsam eintrudelten und mich fragten, warum ich allein war, fiel mir nichts ein, doch Conner rettete mich, als er in diesem Augenblick zu uns stieß und etwas von „wir wollten uns verschiedene Sachen angucken“ murmelte. Ich war dankbar, dass er nichts sagte und doch wütend auf das, was er gesagt hatte. „Bella, ich- gibt’s heute kein Abendessen? Ich meine, ich kann auch-“, fragte Charlie am Abend nach unserem Ausflug. Eigentlich aßen wir sonntags immer früher, weil Charlie früher ins Bett ging (er hatte montags Frühschicht). „Oh sorry Dad, hab die Zeit vergessen“, murmelte ich und sprang vom Sofa. „Nein, nein, ich mach das, sag nur was ich machen soll, ich-“ „Ich mach schon“, sagte ich knapp und ging an ihm vorbei. In der Küche wärmte ich die Reste von gestern auf und machte ein paar Sandwichs dazu. Ich spürte, dass mich Charlie aus dem Augenwinkel misstrauisch beäugelte. Wenig später stellte ich Charlie einen perfekten und riesigen Teller hin, während ich einen Apfel aß. Charlie rührte es nicht an und sah mich an. „Alles okay mit dir?“, fragte er und deutete auf den Apfel. „Ja… ich hab schon gegessen“, log ich, „auf der Messe“, setzte ich hinzu. Er nickte nachdenklich und begann zu essen. Als ich dann endlich abräumen und spülen konnte, eilte ich hoch in mein Zimmer, ohne, dass Charlie noch etwas sagen konnte. Ich legte mich aufs Bett. Ich hatte absolut keinen Hunger. Das hatte ich öfters wenn ich meine Periode hatte, doch allzu lang dürfte es nicht mehr dauern, da ich sie bereits 5 Tage hatte. Morgen beginnt die dritte Woche ohne Edward, dachte ich und schmunzelte bei dem Gedanken, dass ich ihn vor einem halben Jahr nicht mal kannte und bereits sechzehn einhalb Jahre ohne ihn verbracht hatte. Es kam mir vor, wie ein anderes Leben. Ich ging gedankenversunken in den Keller, nahm mir eine Flasche Wasser, zwei Packungen Saft, eine Packung Milch und noch zwei Flaschen Cola, mehr konnte ich nicht tragen und stellte alles auf den Fußboden neben meinem Bett in mein Zimmer. Hunger hatte ich zwar die letzten Tage kaum gehabt und dementsprechend wenig gegessen, aber dafür hatte ich umso mehr Durst. Aber das würde morgen vorbei sein, sagte ich mir, da meine Periode morgen vorbei sein dürfte. Ich trank mehrere Schlücke aus jeder Packung ohne wirklich zu schmecken. Die nächsten Stunden war ich damit beschäftigt, die Flaschen und Packungen nach einander zu leeren, auf Toilette zu gehen und zwischendurch meinen Gedanken nach zu hängen. Ich war froh, dass Charlie nicht hoch kam und mich in Ruhe ließ. Wie ich es vorausgesagt hatte, hatte ich meine Periode am nächsten Tag nicht mehr. Doch meine andere Voraussage hatte sich nicht bewahrheitet: Ich hatte keinen Appetit, nicht mal annähernd und mein Durst blieb. Ich lachte kurz auf, als mir der Gedanke kam, mir doch Tipps von Alice bzgl. Vorhersagen zu holen, dann wischte ich den Gedanken wieder weg. Er führte mich nur wieder zu Edward, den ich im Moment genauso wenig in meinen Gedanken haben wollte wie Essen in meinem Magen. Ich hatte das Gefühl, dass mein ganzer Körper sich vor Nahrung in meinem Körper sträubte, obwohl ich gelegentlich mal Heißhunger auf etwas verspürte, es aber nicht fertig brachte, es dann wirklich zu essen. Das einzige, was ich halbwegs ohne flaues Gefühl im Magen essen konnte, waren Cornflakes. Vermutlich war mein Körper schon so an die süße Pampe gewöhnt, dass er ihr selbst jetzt nicht widerstehen konnte. Nachdem ich zwei Schüsseln gegessen hatte, machte ich mich fertig und fuhr zur Schule. Es war, wie immer in letzter Zeit, alles andere als spannend. Jessica redete mit belanglosem Zeug auf mich ein (ihre nervige Mutter, Mikes Liebeleien mit ihr, ihre geplante Shoppingtour und meine Antwort sehr gerne mit zu wollen), Mike war vergnügter denn je, Angela fachsimpelte über die Bio-Hausarbeit und all die anderen deren Name ich nun nicht nur kannte, sondern auch, so kam es mir vor, ihre gesamte Lebensgeschichte, die in der Cafeteria weiter ausgewälzt wurde. Ich stocherte ein wenig in meinem Essen und nahm ein paar Gabeln, obwohl ich nicht einen Hauch von Hunger oder gar Lust auf das, wenn auch gute, Essen verspürte. Am Abend las ich die – mittlerweile – 20 Mails meiner Mutter. Meist mit demselben Inhalt („Bitte melde dich!!!“). Ich schrieb ihr, entschuldigte mich höflich und machte dann den PC wieder aus. Die Shoppingtour war auf Freitag nach der Schule angesetzt. Ich versuchte Jessica zu überzeugen, dass es mir wirklich nicht allzu gut ging und ich wirklich nicht mit wollte. Sie zeigte zwar kurzzeitig Verständnis, doch meinte felsenfest, dass ich nur ein wenig frische Luft brauchte, damit ich wieder etwas Farbe im Gesicht bekam (ich war blasser als sonst, soweit das noch ging). Ich nickte nur und seufzte leise. Vielleicht war es wirklich keine allzu schlechte Idee mal wieder ein bisschen unter Menschen zu kommen. „Wie findest du das?“ Ich hob den Kopf und war froh, dass Angela angesprochen war oder sich zumindest angesprochen fühlte. Ich stand ein wenig abseits hinter einem Ständer mit Hosen, die ich uninteressiert begutachtete. Die drei Mädchen die noch mit gekommen waren, neben Angela und mir, waren Jessica Cousinen ¬– Drillinge in unserem Alter – und Jessica nicht unähnlich. Daher fiel die Stille meinerseits nicht sonderlich auf. „Keine Lust auf Shopping?“, kam Angela nach ihrem Statement über Jessicas T-Shirt zu mir. „Nein, nicht wirklich. Und du?“ „Auch nicht wirklich. Aber wenn man so was nicht mitmacht, hat man außer Schulsachen gar nichts zu tun oder?“, lächelte sie. Ich lächelte. Es kam mir merkwürdig vor zu Lächeln. Als wäre meine Gesicht gefroren und die Muskeln eingerostet. „Lust auf einen Spaziergang?“, fragte sie, „Ich glaube wir können die vier gut sich selbst überlassen“, sie zwinkerte mir zu. Ich willigte ein. Wir liefen durch die Straßen und blieben hier und da an ein paar Schaufenster stehen ohne wirklich viel zu reden. Ich genoss diese Unkompliziertheit. Als wir an einem Supermarkt vorbei kamen, sprang ich schnell rein, kaufte zwei Packung Cornflakes – Charlie würde sich wundern, dass ich zwei Packungen innerhalb einer halben Woche geleert hatte – und brachte sie mit Angela zum Auto. „Dir geht’s nicht besonders gut oder?“, fragte Angela aufmerksam. „Nein“, sagte ich bloß, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte sagen sollen. Wie Edward es immer gesagt hatte, ich war in mancherlei Hinsicht nicht die beste Schauspielerin. Der Gedanke an ihn versetzte mir einen Stich. „Du brauchst mir nicht zu sagen warum, ich möchte nur wissen, ob man dir oder besser ob ich dir irgendwie helfen kann?“, sagte sie ehrlich. Ich starrte sie an. Mir wären vor Rührung fast die Tränen gekommen. „Danke, aber-“, ich holte Luft, „aber ich komme klar.“ Angela presste die Lippen leicht auf einander und lächelte. Ich tat es ihr gleich und wir gingen zurück, um Jessica zu treffen und zurück zu fahren. Zu Hause angekommen, wechselte ich die beiden Cornflakes-Packungen aus, aß eine Schüssel und nahm dann die beiden leeren mit hoch und versteckte sie unter dem Bett. Ich legte mich aufs Bett. Ich fühlte mich vollkommen erschöpft, schlapp und ausgelaugt. Ich blieb liegen bis Charlie eine Stunde später kam, dann ging ich runter und machte ihm essen. „Und du hast bei eurem Ausflug gegessen?“, erkundigte er sich. Ich sah ihn direkt an. Sein Unterton machte mir Sorgen. Er wirkte fast belustigend. „Ja“, sagte ich lediglich, sah ihm beim Essen zu (ich hielt angestrengt die Augen offen, da mich eine plötzliche Müdigkeit überkam) und räumte schließlich ab. „Bella, ich mach das schon. Ich spüle-“ In diesem Augenblick war ich über die mir bekannte hohe Kante zur Küche hin gestolpert und hatte den Teller und das Salatschälchen klirrend zu Boden fallen lassen. Charlie kam zu mir geeilt. „Bells? Alles okay mit dir?“ „Ja- ja, ja sicher“, sagte ich mit erhöhtem Puls und schnellem Atem, als ich begann die Scherben aufzusammeln. Charlie hielt mich am Handgelenk und sah mich so eindringlich an, wie ich es noch nie von ihm gesehen hab. „Ich mache das. Ruh’ dich aus, du siehst nicht gut aus“, fand er. Ich nickte in seine Richtung und verschwand in mein Zimmer. Ich schlief angezogen auf meinem Bett ein. Als ich am Morgen aufwachte war es hell, also für Forks vergleichsweise hell. Ich lag zugedeckt, aber immer noch angezogen, im Bett. Ich öffnete die Augen und richtete mich auf. Mein Kopf brummte und drehte sich, als ich mich aufsetzte. Ich sah verschwommen, wie mein Vater die Tür öffnete und mit einem Tablett rein kam. Darauf lagen vier Sandwichs und etwas Obst. „Wie geht es dir?“, wollte er wissen und setzte sich neben mir. „Das Fieber ist schon etwas zurück gegangen.“ Erst jetzt bemerkte ich das nasse Tuch in meinem Schoß. „Gut, alles ok“, sagte ich matt, obwohl sich in mir alles zu drehen schien. „Hier“, sagte er und hielt mir das Tablett hin. Ich schüttelte den Kopf. Charlies Blick verfinsterte sich und er verschwand aus dem Zimmer. Ich stand auf und wollte ins Bad, ich hatte völlig vergessen, dass Samstag war und somit natürlich keine Schule, doch ich blieb am Türrahmen stehen. Was war los mit mir? Als ob du das nicht weißt, sagte etwas in mir, dass sich sehr nach Edward anhörte. Ich kniff die Augen angestrengt zusammen, verdrängte die Gedanken an ihn und alle heraufkommenden Gefühle, gut und schlechte, als plötzlich Charlie vor mir stand. Die eine Hand hielt mein Handgelenk umschlossen, die andere hatte er umschlang meinen Bauch. Ich sträubte mich und sah ihn mit zugekniffenen Augen an. „Ich bringe dich jetzt ins Krankenhaus“, sagte er ruhig und wollte mich dir Treppe hinter sich herunterziehen. Doch ich hielt die Füße instinktiv vor meinem Körper und bohrte die Fersen in den Teppich. „Mir geht es gut“, sagte ich mit nicht mal einem Funken von Überzeugung. Charlie hob mich hoch, trug mich die Treppen herunter und setzte mich – zu meiner Erleichterung – nicht in den Streifenwagen, sondern in den Transporter. In der Ambulanz setzte er mich, ich hatte mich durchgesetzt und so trug er mich nicht, sondern stützte mich nur noch, auf einem Wartestuhl im Flur ab, als er Dr. Cullen (Wen auch sonst?, dachte ich bitter) hinterher lief. „Dr. Cullen! Guten Tag Dr. Cullen“, setzte er freundlich hinzu, als Carlisle sich umdrehte. Für einen kurzen Moment fixierten seine Augen, wenn ich das auf die Entfernung richtig wahrnahm, mich. „Guten Tag, Chief Swan“, sagte er ebenso freundlich, doch er lächelte im Gegensatz zu Charlie. „Bella- sie“, er begann zu flüstern, doch ich verstand jedes Wort, „sie isst kaum noch, also zumindest- zumindest seit ihr Sohn krank ist, geht es nicht sehr gut und sie isst seit einer Woche kaum noch und- könnten Sie sie untersuchen?“ Ich erschrak, als ich hörte, dass er es tatsächlich auf Edward bezog. „Sicher“, sagte Carlisle lächelnd und kam auf mich zu, Charlie im Schlepptau. „Bella“, Carlisle reichte mir seine Hand, die ich nahm, „warten Sie bitte hier?“, sagte er an Charlie gerichtet, „außer du willst-“, ich schüttelte schnell den Kopf, „gut, es wird nicht lange dauern“, sagte er wieder zu Charlie, der sich auf meinen Platz setzte und zusah wie ich mit Carlisle in ein Behandlungszimmer ging. Ich setzte mich auf eine Liege und er untersuchte mich, darauf bedacht mich nicht zu berühren, schweigend. Als er mich mit dem Stethoskop abhörte, zuckte ich heftig zusammen, als es eiskalt mein Rücken berührte. Ich spürte wie Carlisle kurz inne hielt und dann weiter machte. Als er fertig war, notiert er etwas und kam dann zu mir. Er beugte sich zu mir herunter, stütze die Hände links und rechts von mir (ich saß wieder auf der Liege) und sah mir in die Augen. Ich sah zur Seite. „Wir wissen beide, dass deine Appetitlosigkeit nichts mit deinem Körper zu tun“, er hielt inne und richtete sich auf, „Bella, wenn du nichts isst, tust du keinem einen Gefallen, nicht dir selbst und am wenigstens Edward.“ „Ich kann nicht Carlisle!“, sagte ich mit fester Stimme, die ich dachte in diesem Moment, nicht zu besitzen vermochte. „Es ist wie-“ Ich hielt inne, es war mir peinlich, ihm zu sagen, dass es wäre, als wenn mein Magen sich verweigert, weil auch Edward nicht aß. Obwohl ich das eigentlich gar nicht wissen konnte, dachte ich. Vielleicht wollte ich einfach nur leiden. Als Wiedergutmachung. Essen war immerhin eins der Themen, welches in unserer Beziehung sehr präsent war. In vielerlei Hinsicht. „Bella, Edward hat Angst um dich. Angst, dass du dir was antun könntest“, sagte er leise, als ich nichts mehr sagte. Ich sah ihn erschrocken an. Das wäre nur gerecht, dachte ich bitter und war froh, dass Carlisle nicht meine Gedanken lesen konnte, denn sonst hätte er mich sicherlich einweisen lassen. „Wie geht es ihm?“, versuchte ich von mir abzulenken. „Besser. Glaubst du mir, wenn ich sage, dass du ihn bald sehen wirst?“ Ich nickte, doch ich freute mich weniger als er bzw. ich selbst auch es von mir erwartet hatte. Die Angst überwog, welche es gerade auch immer war. „Ich werde dir kein appetitanregendes Mittel verschreiben“, sagte er schließlich, „das würde nichts nützen. Ich verschreibe dir ein paar Placebos und erzähle deinem Vater, dass dir irgendein Stoff fehlt, der dein Hungergefühl hemmt oder so etwas. Ich lasse mir was einfallen. Glaub mir, ich kenne genug Fremdwörter um das deinem Vater weiszumachen“, er lächelte. Ich nickte nur. „Aber du musst dann auch wieder essen, Bella“, sagte er eindringlich, „wenigstens so viel, dass du nicht zusammenbrichst. Und ich muss deinem Vater sagen, dass du am Mittwoch noch einmal zu mir kommen sollst, sonst wäre das ganze sehr auffällig.“ „Das ist es sowieso schon“, platze es aus mir heraus, als Carlisle mir den Rücken zugedreht hatte und etwas aufschrieb. Von der Seite sah ich, dass lächelte. Er ging raus und ich hörte wie er mit Charlie redete. Er machte seine Sache gut, dachte ich keineswegs überrascht und ging raus in den Flur, nachdem ich meine Jacke wieder angezogen hatte. „Danke Dr. Cullen, vielen Dank“, sagte er abermals und verließ mit mir das Krankenhaus. Das, was ich an Charlie so schätze, gab er in den nächsten Tagen auf: Meine Freiheit. Er kontrollierte wann, was und wie viel ich aß und trank. Er ließ mich nicht mehr aus den Augen und rief sogar am Sonntagmorgen an, um sich Montag und Dienstag frei zunehmen. Ich aß, obwohl mein ganzer Körper oder besser gesagt mein Kopf sich dagegen wehrte. Nachdem ich Samstag und Sonntag gemästet wurde, bekam ich von meinem Körper die Quittung. Ich hatte fürchterlichen Durchfall und übergab mich zweimal. Ich sagte nichts, doch insgesamt, war ich froh darüber, da Charlie aufhörte mir Berge von Essen vorzusetzen, sondern sich, nach Dr. Cullens Anweisung (er hatte ihn angerufen), auf Zwieback, Tee, Salzstangen und Wasser beschränkte. Ich konnte mich aber nicht über Langeweile beklagen. Da ich Montag und Dienstag nicht in der Schule (ich wollte am Dienstag zwar gehen, ich hatte nur noch ein bisschen Durchfall, aber Charlie hatte darauf bestanden, dass ich erst wieder zur Schule ging, wenn Carlisle Mittwoch sein okay gab), rief mich Jessica jeden Tag um mir den neuesten Klatsch & Tratsch der Forks High School zu berichten und Angela um mir die Hausaufgaben durchzugeben. Am Mittwoch schleppte mich Charlie dann noch mal zu Dr. Cullen, obwohl ich es für überflüssig hielt (ich übergab mich nicht mehr, hatte keinen Durchfall mehr und konnte einigermaßen normal essen, letzteres gab ich zumindest vor). Doch ich wusste ja, dass es nur Show war, damit Charlie das alles nicht zu sehr auf Edward bezog. „Du bist zwar noch sehr blass und erschöpft siehst du auch aus, aber ich denke, dass ich Entwarnung geben kann oder?“, fragte er mit einem warmen Gesichtsausdruck. Ich nickte. „Es geht mir gut. Wann sehe ich Edward wieder?“, setzte ich mit einem Ton hinzu, der schärfer und vorwurfsvoller klang, als er sein sollte. Carlisle sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Dann lächelte er wieder. „Bald, mach dir keine Sorgen und pass auf dich auf“, sagte er und öffnete die Tür, um mich zu entlassen. Ich nickte grimmig. Ich war kein kleines Kind! Mach dir keine Sorgen, hab keine Angst, es wird alles gut, pass auf… immer dasselbe. Doch durch meine aufkommende Wut fühlte ich mich irgendwie wieder normal und gesund. Es tat gut wenigstens ein paar Gefühle zulassen zu dürfen. „Bella?“, sagte Charlie, als wir zu Hause ankamen und ich schnell auf mein Zimmer gehen wollte. Ich drehte mich, bevor ich die Treppe erreicht hatte, zu ihm um. „Ich konnte mir heute nicht so kurzfristig den ganzen Tag frei nehmen. Ist es okay, wenn ich arbeiten gehe?“ Ich versuchte nicht allzu erfreut zu klingen und sagte: „Ja, natürlich.“ „Kommst du alleine klar? In der Küche stehen zwei Teller Kühlschrank, die du bitte isst“, sagte er nachdrücklich, verabschiedete sich von mir und ging. Ich hörte den Wagen aus der Einfahrt fahren. Ich ging zum Kühlschrank und sah nach. Einen Teller mit Spagetti und einen Teller mit der Suppe von Gestern. Beides mit Frischhaltefolie abgedeckt. Ich verdrehte die Augen und überlegte während ich über die Treppe nach oben ging, welche Chance ich hatte, das Essen, oder wenigstens ein Teil davon, verschwinden zu lassen. Doch als ich die Tür meines Zimmers offen drückte, verschwanden diese Gedanken: Edward stand lässig an der Wand neben dem Fenster gelehnt. ----- Würde mich über Kommis riesig freuen, lg Vanessa/ *Fane* Kapitel 3: Der Restaurantbesuch ------------------------------- Er schenkte mir ein schiefes Grinsen, nahm die Hände aus den Hosentaschen und spreizte die Arme aus. Mein Körper reagierte. Mein Pulsschlag und meine Atemfrequenz erhöhten sich drastisch. Mein Geist tat nichts. Ich wandte den Blick ab und setzte mich schräg aufs Bett. Ich starrte auf meine Knie. In den Augenwinkeln sah ich, dass er die Arme wieder gesenkt hatte und sehr langsam auf mich zuschritt. Auf einmal spürte ich, wie sich seine Hände um meinen Bauch, kurz unter meiner Brust, schlangen und er mir leise ins Ohr hauchte: „Ich habe dich so vermisst.“ Wie vom Blitz getroffen sprang ich japsend mit entgeistert aussehendem Blick auf. Er folgte meinen Taten mit den Augen und sah nun besorgt aus. Er kniff die Augen zusammen und wartete. Ich atmete mittlerweile wieder einigermaßen normal und sagte mit zitternder Stimme: „Wir können doch nicht einfach so weiter machen als wäre nichts gewesen.“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Nicht?“ Ich hielt es für einen Scherz, doch sein Gesichtsausdruck war nun vollkommen ernst. Ich fühlte mich wieder leicht schwindelig. Vor Zorn und Angst. „Was ist mit dir?“, fragte ich und beobachtete ihn, wie er vom Bett aufstand und nun das Bett wie eine Mauer zwischen uns stand. „Mir geht es gut“, sagte er lediglich mit seiner wunderschönen Stimme, die ich so vermisst hatte. Doch ich hatte kein Bedürfnis ihm näher zu kommen oder ihn gar zu berühren. Zu sehr überschatten Angst, Verzweiflung, Traurigkeit und Sehnsucht meine Gefühle für ihn. Die Atmosphäre war kalt und distanziert. Es fühlte sich so an, wie in der ersten Biologiestunde, als würden wir uns gar nicht kennen. „Das meinte ich nicht“, sagte ich langsam. „Na schön, was meintest du dann?“, fragte er, obwohl ich mir sicher war, dass er genau wusste, was ich gemeint hatte. Ich konnte mich jedoch nicht mehr zügeln und schrie beinahe: „Was hast du gemacht? Wie soll ich mich verhalten? Wie bist du wieder gesund geworden? Wo warst du? Wie geht es weiter-“, ich brach ab um nach Luft zu schnappen, ich konnte nicht weiter sprechen. „Ich möchte dich zum Essen einladen“, sagte er auf einmal. „Bitte?!“, rutschte es empört heraus. „Wir machen es wie das letzte Mal, in Port Angeles“, setzte er hinzu, als ich ihn kurz fragend ansah. Ich verstand immer noch nicht. „Du isst, ich rede.“ Ich schnaubte. „Du hast mit Carlisle geredet.“ „Unfreiwillig“, gestand er lächelnd, „zumindest von seiner Seite aus.“ Dann wusste er alles, schloss ich klug und überlegte was er genau alles wusste, was ich Carlisle erzählt hatte und kam zu dem Schluss, dass es viel zu viel war. „Ich habe Angst um dich“, sagte er leise. „Ach und ich nicht um dich oder wie? Jetzt erzähl’ mir nicht ich soll an mich denken!“, schrie ich. Doch er sagte nichts. „Meine Einladung steht“, erwiderte er lediglich und erst jetzt bemerkte ich, dass er ein weißes Hemd, eine offene Krawatte und seine schwarze Anzughose trug. Ich hatte ihm bisher nur in die Augen gesehen. „Ich kann nicht, Charlie hat mir Essen gemacht“, sagte ich kühl und war sicher, dass das als Argument reichte. Charlie würde sehr wütend werden, wenn ich es nicht aß. „Nun gut“, sagte er mit einem wütenden Gesichtsausdruck und rauschte an mir vorbei, die Treppen runter. Ich folge ihm dann weiter in die Küche. Ich riss die Augen auf. Er nahm den ersten Teller mit Spagetti und kippte sich die Nudeln beinahe ohne zu kauen in den Mund. Gleiches tat er mit der Suppe, ohne ein einziges mal zu kleckern. Mir blieb der Mund offen stehen. Er legte beides in die Spüle und sah mich erwartungsvoll an. „Nun gut“, sagte diesmal ich und stampfte wütend hoch. Ich dachte mein Plan wäre perfekt. Ich ging hoch die Treppe wieder hoch. Er folge mir. Ich knallte ihm meine Zimmertür vor der Nase und befahl: „Du wartest!“ Ich riss wütend meinen Schrank auf und nahm irgendeine Bluse heraus und eine Strickjacke. Wahllos nahm ich mir eine Hose bis ich merkte, dass sich das grün der Bluse wohl mit der blauen Hose beißen könnte. Ich zog meine normale Jeans an und die Strickjacke dann über die Bluse. Ich sah aus wie immer. Ich wollte gerade nach meiner Tasche suchen, als mir ein Kleid auffiel, das auf der Fensterbank lag. Ich war verblüfft, wer auch immer das für mich ausgesucht hatte, hatte Geschmack. Es war dunkelgrün und schimmerte seidig. Es war auch nicht tief ausgeschnitten oder rückenfrei, weshalb ich erleichtert war. Sollte ich ihm den Gefallen tun und es anziehen? Oder sollte ich es partout sein lassen? Ich seufzte laut und entschied mich, es als Friedensangebot anzuziehen. Zu meiner Überraschung stand mir das dunkelgrüne Kleid ganz gut. Ich nahm noch meine Jacke mit und trat hinaus zu ihm in den Flur. Er hatte sich an das Geländer gelehnt und drehte sich nun zu mir um. Ein Lächeln war auf seinen Lippen, als er sagte: „Du siehst wundervoll aus.“ Er kam auf mich zu und wollte mich berühren, doch ich senkte den Blick und ging an ihm vorbei und dann aus dem Haus. Vor dem Haus blieb ich stehen und wartete, dass Edward hinter mir das Haus verließ und dann an mir vorbei ging. Ich schloss ab und folgte ihm zu seinem Volvo. Er hielt mir die Tür auf. Ohne ihn anzusehen stieg ich ein. Es war so unfreiwillig vertraut, schoss es mir durch den Kopf. So vertraut… Ich sah zur Seite. Er hatte den Motor gestartet und fuhr bereits. Er sah auf die Straße. Seine Miene war unergründlich. Ich musste fast lachen, denn es sah aus, als würde sich krampfhaft auf die Straße konzentrieren. Auch bemerkte ich, dass er langsam fuhr. Zumindest im Vergleich zu dem, was ich sonst von ihm gewohnt war. Es machte mich nervös, dass er mich nicht ansah, obwohl ich bis vor der Autofahrt noch alles getan hatte, damit ich ihn nicht ansehen musste. Wir fuhren eine Stunde schweigend und ohne einander anzusehen. Ich bereute es, dass ich vorhin so eklig, vielleicht sogar unfair, zu ihm gewesen war, doch zugleich überkam mich wieder diese Wut auf ihn und die Angst um ihn. Ich bin froh, dass ich nicht mit Jasper zusammen war, dachte ich schmunzelnd. Er hätte mein Gefühlswirrwarr sofort bemerkt – und korrigiert. Edward parkte das Auto direkt vor einem riesigen Haus. Ich hatte nicht auf den Weg geachtet, wusste aber, dass es wir außerhalb von Forks waren. Weit außerhalb. Das Haus war ein hell erleuchtetes Restaurant mit Marmorböden und Kronleuchtern, die ich durch die Fenster drinnen erkennen konnte. Ich zog verblüfft die Augenbrauen hoch und sagte eher unfreiwillig laut: „Woah, das sieht ziemlich edel aus.“ Er wandte sich, fast erschrocken, dass ich etwas gesagt hatte, zu mir um und entgegnete mit dem Anflug eines Lächelns: „Du bist natürlich eingeladen.“ Ich sah ihn grimmig an. „Das meinte ich nicht.“ Na ja genau genommen meinte ich das nur zum Teil, denn in einem so schicken Restaurant wären Wutausbrüche bestimmt nicht gerne gesehen und mich beschlich das Gefühl, dass er es genau deshalb ausgesucht hatte. Ich wog ab, ob ich mich wohl die ganze Zeit beherrschen konnte. Ich musste wohl, dachte ich und ging nun endlich hinter ihm her, die Treppen hoch und in den Vorraum. „Ein Tisch für zwei Personen“, sagte Edward mit einem unwiderstehlichen Lächeln. „Mr. Cullen, schön, dass Sie mal wieder hier sind“, sagte die Frau mit einem breiten Lächeln. Ich war überrascht. Wieder da? Die Frau beäugelte mich kurz und sagte dann zu Edward mit honigsüßer Stimme: „Derselbe Platz wie immer?“ „Nein“, entgegnete er und die Frau, die gerade vorausgehen wollte, blieb verwirrt stehen. „Ich hätte gerne den Platz 4 im Bereich A“, sagte Edward und diesmal klappte mir der Mund auf, was die Frau anfänglich auch tun wollte, doch sie fing sich, lächelte kurz und ging voraus. Wir folgten ihr in einen Bereich mit goldglänzendem Steinboden, verzierten dunklen Tischen und Stühlen, mit weißen Tischdecken und Kronleuchtern. Sie blieb neben einem Tisch, der ein wenig abseits der anderen Tische in eine Art kleinen Wintergarten stand. Die Wände waren verglast und Blumen standen davor. Man konnte auf den dunkelgrünen Wald sehen und zwischen den Bäumen den Fluss erblicken. Es war eine wunderschöne Aussicht. Ich starrte einige Sekunden nach Draußen. „Bella“, hörte ich seine Stimme hinter mir. Edward stand mit gegenüber und hatte den Stuhl einladend zurück gezogen. Ich ging hinüber und nahm Platz. Die Frau stand immer noch neben dem Tisch. Als Edward sich gesetzt hatte, sagte er mit bedeutungsvoller Stimme zu ihr: „Wir hätten gerne die eine Karte.“ Sie nickte hastig und ging. „Würdest du mir das hier mal erklären?“ Er sah mich fragend an. „Tu nicht so, als wär’ das hier normal“, sagte ich vorwurfsvoll. „Wieso nicht?“ Er lächelte mit zusammengepressten Lippen. „Warum gehen Vampire in ein Restaurant?“ Ich sprach es so schnell aus, dass ich gar nicht bemerkte, dass ich „Vampir“ gesagt hatte. Edward sagte nichts und ich ging weiter darauf ein: „Ihr scheint öfter hier zu sein und ich frage mich warum und wo ihr sonst sitzt.“ „Sonst sitzen wir mitten im Raum“, sagte er nur. Ich verschränkte die Arme und blieb stur. Er verdrehte fast unmerklich die Augen. „Es ist ein Spiel. Ich lese die Gedanken und die anderen raten und Jasper gibt die Gefühle zum Besten. Wer falsch rät, muss etwas essen. Na ja und Jasper verändert die Gefühle manchmal gezielt… um sie zu reizen oder zu besänftigen“, gestand er. Ich lachte laut auf. Das war ziemlich fies. „Die meisten Leute, die hier essen sind nicht aus Forks“, sagte er und ich wusste auch warum. Viel zu teuer. „Es ist schön, mal in Gesellschaft von Menschen zu sein, die einen nicht kennen. Aber das haben wir ewig nicht mehr gemacht. Carlisle und Esme haben da nie mit gemacht, aber seit- in letzter Zeit sind Jasper, Alice und ich weniger mit Emmett oder Rosalie zusammen.“ „Genau genommen weniger mit Rosalie, die dann Emmett mit sich zieht“, konkretisierte ich scharf. „Oder so, ja.“ Ich wollte noch weiter darauf eingehen, doch als die Frau kam und uns die Karten reichte, ließ ich es dabei belassen. Ich erkannte sofort welche Karten das waren, denn das was mich am brennendsten interessiert hatte, stand nicht drauf: Die Preise. Es waren Damenkarten. Ich sah auf und bemerkte, dass Edward mich beobachtete. Ich senkte den Blick auf die Speisekarte und sah ein wenig verzweifelt auf die Speisenamen, die meist französische Wörter enthielten. Auch die Beschreibung darunter war weniger aufschlussreich. Ich sah unwillkürlich hilflos zu Edward. „Darf ich für dich bestellen?“, bot er an. Ich nickte und sagte schnell: „Aber keine Lasagne!“ Ich verband zu viele, negative, Gefühle mit dieser Speise. Er lachte leise. „Zähl mir einfach ein paar Sachen auf die du magst und nicht magst.“ Nachdem ich das getan hatte, studierte er die Karte sorgfältig. Ein Kellner kam wenige Minuten später und Edward bestellte ein paar Zahlen und ich spürte, dass ich gar kein Hungergefühl hatte. Meine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. „Bitte servieren Sie alles zeitgleich“, fügte er dem hinzu. „Was darf ich Ihnen zu trinken servieren?“, fragte der Kellner vornehm und sah abwechselnd zu Edward und zu mir. Als Edward mich erwartungsvoll ansah, tat es der Kellner ihm gleich. „Ähm“, sagte ich nur. Konnte man in so einem Restaurant einfach eine Cola bestellen? Edward schmunzelte und wendete sich an den Kellner: „Wir hätten gerne einen Chardonnay und einen Cabernet Sauvignon“, sagte er mit deutlichem Unterton. Der Kellner nickte und verschwand. Ich verstand nicht warum er Alkohol bestellte – ich war mir ziemlich sicher, dass es das war – obwohl wir beide nicht volljährig waren. Seinerseits zumindest nicht offiziell. Ich starrte Edward irritiert an. Er lachte. Ich räusperte mich, als er geschlagene zwei Minuten nichts tat außer mich, sein Kopf war lässig auf eine Handinnenfläche gestützt, mit einem schmalen Lächeln anzusehen. „Äh, können wir jetzt zur Sache kommen?“, fragte ich vorsichtig. „Sicher“, murmelte er ohne von seiner Pose abzuweichen. Ich wartete und begann seufzend: „Beantwortest du mir jetzt meine Fragen?“ Ich merkte, wie ich zunehmend gereizter wurde. Er richtete sich auf, sein Lächeln tauschte mit einem konzentriert verbissenen Gesichtsausdruck und die Hand, auf die er sich eben noch gestützt hatte, streckte er zu mir aus. Seine Finger strichen die Wangenknochen hinab zu meinem Kinn. Sein Daumen strich kurz über meine Unterlippe. Ich erschauderte vor Erregung. So sehr hatte ich mich nach seinen Berührungen gesehnt. Ich wurde ungewollt ruhiger, doch es hielt nicht lange. Als er die Hand zurückzog erschrak ich stumm und hielt seinen Arm fest. Er wehrte sich nicht. Ich drehte den Arm um und sah den Biss. Seinen Biss. Er sah aus, wie meiner damals, nur das meiner nachdem er mich gerettet hatte, verheilt und schließlich verschwunden war. Doch bei ihm sah man eine halbmondförmige Narbe unterhalb der Hand. Er machte ein Gesicht, als würde er sich dafür schämen und zog die Hand weg. Er sah mit zusammengezogenen Augenbrauen und finsterem Gesichtsausdruck zur Seite. Mir stockte der Atem. Ich wusste nicht warum, aber es war so unwirklich an seinem perfekten Körper eine Narbe zu sehen und noch dazu eine so auffällige. Er zog seinen Hemdsärmel über das Handgelenk. „Geht die… wieder weg?“, fragte ich langsam und starrte auf die Stelle des Hemds, worunter die Narbe war. Er sah mich kurz an, zuckte dann gleichzeitig mit den Schultern und schüttelte leicht den Kopf. „Woher wusstest du den Namen des Tisches?“, fragte ich beiläufig, um mit einem leicht verdaulichen Thema zu beginnen. Doch sobald ich es ausgesprochen hatte, fiel mir weder ein wer mir gegenüber saß und mir war die Frage peinlich. „Gedanken lesen“, sagte Edward jedoch mit einem unveränderten Gesichtsausdruck leise. Er schwieg und ich weigerte mich wieder eine Konversation zu beginnen. Er sollte erzählen. Ich hatte nicht vor ihm den ganzen Abend alles aus der Nase zu ziehen. Die Sekunden verstrichen und er saß immer noch mit dem Kopf auf die Hand gestützt vor mir und sah mich an. „Was soll das alles hier?!“, platzte es wütend aus mir raus. Er richtete sich auf und sagte langsam: „Ich möchte dich zum essen einladen.“ „Ach nein, wirklich?“, sagte ich schnippisch. Ich fand das Theater hier überflüssig. Ich überlegte gerade ob ich nicht einfach gehen sollte, oder wenigstens zur Toilette, als ein Kellner mit zwei Weingläsern zu uns kam. „Cabernet Sauvignon?“, fragte er. „Für die Dame“, antwortete Edward und kicherte leise in sich hinein, als er meinen verdutzten Gesichtsausdruck sah. Er selbst bekam das andere Glas. Als der Kellner wieder weg war, schob er mir andächtig sein Glas zu. Er grinste schief. „Edward, ich bin erst 17! Genau wie du, eigentlich“, protestierte ich. „Bella das ist Cola. Und Apfelsaft“, er deutete auf ursprünglich sein Glas, „oder glaubst du ein Weinglas macht man so voll?“ Er lachte kurz. Ich sah ihn grimmig an und verschränkte die Arme. „Trink“, forderte Edward mich auf. Ich sah ihn unentwegt grimmig an. „Du musst Durst haben“, unterstellte er. Und er hatte recht. Zwar rumorte mein Magen, wenn ich auch nur den Gedanken an Nahrung hegte, doch gegen Trinken hatte er nichts und meine trockene Kehle auch nicht. Ich trank jedoch nicht. Edward seufzte. „Glaubst du ich könnte hier einfach Alkohol bestellen?“ „Ihr Cullens könnt doch fast alles“, gab ich bissig zurück und betonte das „fast“ ein wenig zu sehr. Er wurde aufmerksam. „Außer?“ „Sich melden.“ In meiner Stimme lag ein Hauch Bitterkeit, den ich vermeiden wollte. Edwards Gesichtsausdruck veränderte sich. Doch ich konnte ihn nicht deuten. Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er zeigte überdeutlich auf die Gläser. „Ich habe keine Lust auf non-verbale Kommunikation! Können wir-“ „Chardonnay ist ein Weißwein. Sprich er sieht so aus wie Apfelsaft. Na ja und Cabernet Sauvignon ist ein Rotwein. Also sieht er, zumindest von weitem, aus wie Cola. Aber sag ehrlich, wer würde Cola und Apfelsaft in solch einem Restaurant bestellen?“ Ich wusste, dass die Frage rhetorisch war und ging nicht darauf ein. Edward sah mich eindringlich an. Ich gab mich geschlagen und kostete den „Chardonnay“. Zumindest hatte ich das vor. Denn ich fasste ein wenig unbeholfen an die schmale Stelle unter dem Glas, rutschte ab und das Glas fiel vor mir auf die Tischkante, zerbrach und der Apfelsaft ergoss sich auf der Tischdecke und meinem Kleid. Nach einem kurzen geschockten Augenblick, wollte ich nach dem größten Teil des Glases greifen. „Bella“, sagte Edward schnell und ergriff fest, zu fest wie ich fand, doch ich zuckte nicht mit der Wimper, mein Handgelenk. „Du darfst dich nicht schneiden“, sagte er eindringlich und ließ mein Handgelenk wieder los, um selbst die Scherben aufzuheben. Ich zuckte merklich zusammen, als ich mein Handgelenk sah. Was war feuerrot und man sah überdeutlich seinen Handabdruck auf meiner Haut. Er folgte meinen Blick, als er alle Scherben aufgesammelt hatte, und murmelte: „Tut mir leid.“ Er verschwand und kam mit dem Kellner wieder, der ein neues Tischtuch drauflegte. Ich nutzte die Gelegenheit und ging schnell auf Toilette. Ich wischte erfolglos mit Papiertüchern auf meinem Kleid herum. Ich stand mit den Händen auf das Waschbecken geschützt leicht gebeugt vor dem Spiegel und sah mich lange an, bis mir fast die Tränen kamen. Fast. Bella… was machst du nur hier?, fragte ich mich selber. Als ich wieder kam und mich an den Tisch setzte, ging das Spiel von vorne los. Er musterte mich, starrte mich an. Er sagte nichts. Ich machte immer wieder Anstalten etwas zu sagen, doch ich wehrte mich partout dagegen und widerstand dem Drang, ihn mit tausend Fragen zu löchern. Mich machte diese Stille verrückt. Ich tat so, als ob mir die Augen tränen würden und wischte in Wahrheit eine kleine Träne weg, bevor sie mein Gesicht entlang laufen könnte. „Weinst du?“, durchbrach seine Stimme die mich zerreißende Stille. „Nein“, erwiderte ich erfolglos. „Du weinst“, konstituierte er. „Und wenn schon“, gab ich mich geschlagen und versetzte ihm einen bösen Blick. Er kniff die Augen zusammen und seufzte angestrengt. Er machte Anstalten die Hand auszustrecken, doch als der Kellner mit dem Essen kam, legte er sie schnell wieder in seinen Schoß. Bevor der Kellner etwas sagen konnte, sagte Edward schnell: „Stellen Sie es irgendwo hin.“ Dabei sah er mich an. Leicht verwirrt stellte er alle Teller, er kam danach noch ein zweites Mal, wahllos auf den Tisch. Ich zog die Augenbrauen hoch und sah das Essen an. Sieben Teller, tiefe, flache, kleinere und größere standen mit den unterschiedlichsten Speisen dort. Sie sahen alle unheimlich lecker aus, doch ich verspürte absolut kein Hungergefühl. „Nimm dir was du magst. Wir haben genug Zeit“, sagte er leise. Ich sah ihn erschrocken an und hoffe, dass sich das letzte nicht darauf bezog, dass ich das alles essen sollte. Ich zögerte, doch ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Ich nahm eine Schale mit Pudding, Obst und Schokosoße. Edward zog die Augenbrauen hoch. Ich selbst war von mir überrascht, dass ich glaubte, dass ich das am ehesten ertragen konnte. Ich stellte es vor mich, stocherte und rührte ein wenig darin herum. Ich spürte Edwards Blick auf mich. Ich hob den Löffel und nahm ein wenig von dem Obst. Sobald der Löffel meinen Mund verlassen hatte, richtete Edward sich auf und sagte: „So.“ Ich fuhr hoch. „Iss“, sagte er nur. Ich aß langsam und in ganz kleinen Portionen weiter. Er schien zufrieden zu sein. „Was willst du wissen? Du isst, ich rede.“ „Ich bin nicht magersüchtig“, sagte ich scharf, denn ich glaubte, dass er das ganze Theater hier nur veranstaltete, damit ich in einer Umgebung, in der nicht so einfach weglaufen oder ihm eine Szene machen könnte, Nahrung zu mir nahm. „Das glaube ich auch nicht“, sagte er mir einem schmalen Lächeln. „Sondern?“, sagte ich wütend. Ich musste mich massiv zusammen reißen nicht auszurasten. Seine Wortkargheit trieb mich zum Wahnsinn. „Das präsenteste Thema unserer Beziehung ist Essen. Du kompensierst dein Problem dadurch, dass du dieses Thema umgehst, indem du einfach nichts isst“, erklärte er zu meiner Verblüffung fachmännisch. „Mein Problem? Ich glaube nicht, dass es allein mein Problem ist, wenn du-“ „Iss“, sagte er gebieterisch, als ich den Löffel weglegte. „Nein“, sagte ich kalt. Er funkelte mich an. „Dann rede ich nicht.“ „Dann gehe ich“, entgegnete ich selbstsicher und stand auf. „Ich habe die Schlüssel.“ „Und ich habe ‚gehen’ gesagt“, gab ich schlagfertig zurück und beendete die kindische Zankerei. Als ich mich gerade umdrehen wollte, machte er eine schnelle Bewegung und hielt mich am Arm fest. Als er dann merkte, dass er meinen Arm viel zu fest hielt, ließ er ihn los. „Bella, setz dich bitte“, sagte er liebevoll. Ich setzte mich seitlich auf den Stuhl und sah zur Seite. „Victoria läuft immer noch frei herum und wir haben keine Spur von ihr. Egal, was passiert, egal, wann, versprich mir, dass du nicht alleine irgendwohin gehst“, sagte er mit einem weichen Gesichtsausdruck. „Ich verspreche dir nichts mehr. Du hältst deine auch nicht. Du wollte mich nicht alleine lassen“, sagte ich traurig. „Ich weiß, aber es war zu deinem Besten. Iss, bitte“, fehlte er förmlich. Ich aß. Er nickte und begann: „Ich weiß nicht, was in den letzten Wochen schlimmer war. Der Schmerz, dein Gesicht nicht zu sehen und dich zu berühren, oder die Tatsache, nicht ich selbst zu sein.“ Ich sah ihn direkt an. Er sprach weiter: „Wir sind nicht dafür geschaffen, zu sterben oder uns selber zu verletzten. Ich war in den letzten Wochen sehr… schwierig für meine Familie. Ich war wie fremd gesteuert. In der einen Sekunde unterhielt ich mich mit Alice, in der anderen-“, er brach ab und sah gequält aus dem Fenster. „Was ist geschehen?“, flüsterte ich. „Dir sagt Persönlichkeitsspaltung etwas?“ Ich nickte kaum merklich. „Ich wäre ein Musterbeispiel gewesen. Ich habe Alice verletzt. Nicht nur sie.“ „Esme-“, begann ich, denn ich erinnerte mich an die Narbe durch ihr Gesicht. „Jaah… Esme…“, er atmete tief, „diese Wunde im Gesicht, dass war ich“, ich sah ihn – wie ich hoffte – nicht erschrocken oder mitleidig an, „nicht mit Absicht, aber durch die Selbstverletzung kommt das Monster in mir zeitweise unkontrollierbar stark hoch. Aber mach dir keine Sorgen, die Wunde ist so gut wie gar nicht mehr zu sehen“, ich nickte und aß weiter, obwohl mir schlecht war, doch ich wollte mehr hören, „in mir war und ist“, betonte er, „alles durcheinander, aber ich kann mich kontrollieren. Zumindest glaube ich, dass ich das kann. Ohne meine Liebe zu dir, wäre ich verrückt geworden.“ Er legte behutsam seine Hand auf meine und ich verzog leicht das Gesicht, ich glaubte, wieder Schmerz zu spüren, als würde er mich zerquetschen und zitterte leicht, als er mich einfach nur sanft berührte. Ich sah auf. „Ich kann mich kontrollieren. Das von eben tut mir leid“, murmelte er, „gib mir noch ein wenig Zeit, dann ist alles wieder wie vorher-“ „Carlisle sagt, es wird nie wieder wie vorher“, erwiderte ich leise. „Carlisle…“, sagte er nur, „ich liebe dich Bella.“ Ich atmete stockend und hatte Mühe meine Tränen zurück zu halten. „Wie soll ich mich verhalten?“ Er sah mich verblüfft und fragend an. „Wie immer.“ Es hörte sich fast mehr wie eine Frage an. „Nein. Was kann ich tun, damit du nicht wieder- damit du dir nichts antust und damit du dich besser kontrollieren kannst?“, wollte ich wissen und vergaß völlig zu essen. Ich aß hastig weiter, damit er antwortete. „Nichts. Sei einfach wie du immer bist. Du sollst und brauchst dich nicht verstellen“, bat er. Ich nickte, denn ich wusste, dass er mir meine Frage nicht beantworten würde, doch ich würde trotzdem vorsichtiger sein und mich zügeln. Ich schnaubte kurz auf. „Was?“, fragte er mit einem verwirrten Lächeln. „Wenn du zu Hause Amok gelaufen bist, kann mich dort bestimmt keiner mehr leiden.“ Ich lachte unsicher auf. Edwards Miene blieb hart. „Das stimmt nicht Bella. Sie lieben dich. Du kannst ja nichts dafür, dass ich in den Moment zu schwach war dir zu widerstehen und mich selbst verletzte musste. Was so gesehen eigentlich nicht der schlechteste Weg war-“, plauderte er. „Bitte?!“, sagte ich ein wenig zu laut. Ein paar entfernte Gäste sahen uns kurz an. Nervös sah ich wieder zu Edward. „Ich habe dich nicht verletzt“, freute er sich. Fassungslos sah ich ihn mit offenem Mund an. „Du hast dich selbst fast umgebracht!“, zischte ich ohne nachzudenken. „Glaubst ich mache mir keine Sorgen um dich?!“ „Du redest wirr, Bella. Ich kann mich nicht umbringen. Zumindest nicht wenn ich mich einfach selbst in die Hand beiße“, ergänzte er. Wir schwiegen. Ich war sauer und er zufrieden damit, mich beschützt zu haben, indem er sich selbst etwas antat. „Wo gehst du hin?“, fragte er höflich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Auf Klo“, antwortete ich knapp und verließ den Tisch. Mir war schlecht und ich wusste nicht, ob ich es weiter aushielt an einem Tisch mit leckeren Speisen zu sitzen und Pudding zu essen, der mir den Magen umdrehte. Ich beugte mich über den Brillenrand und übergab mich. „Hallo?“, hörte ich eine Frauenstimme. Ich übergab mich nicht lange, ich hatte ja auch wenig in mir was raus konnte, doch es reichte um mich außer Gefecht zu setzten. Ich brach neben dem Klo zusammen. Ich sah verschwommen Lichter über mir und wenig später kalte Hände, die sich um mich schlangen. ---------------- Würde mich über Kommis jeglicher Art freuen! Danke an alle Leser! LG Vanessa/*Fane* Kapitel 4: Reise ins Unbekannte ------------------------------- Danke für eure Kommis!!!! LG Vanessa/*Fane* ---------------------------------------------------------------- „Psst! Sie kann uns hören“, fauchte jemand und augenblicklich erstarb ein Stimmengewirr. Vor mir saß Alice. Ich sah in ihr schwach lächelndes Gesicht. Ich lag in einem Bett, in einem Raum, den ich nicht kannte. Ich konnte einfach nicht anders, ich fuhr hoch, umarmte sie stürmisch, schrie schrill „Oh Alice“ und weinte. Sie tätschelte mir den Rücken. „Schon gut Liebes“, sagte Esme, die sich neben mich gesetzt hatte und mir durchs Gesicht strich. „Ich wollte das alles nicht, bitte glaubt mir! Bitte verzeiht mir!“, fehlte ich mit tränenerstickter Stimme. „Es ist alles gut Bella“, versuchte Alice mich zu beruhigen. „Wie geht es dir? Und dir?“, sagte ich und sah erst zu Esme und dann zu Alice (bei Esme sah man noch leichte Spuren der Narben, bei Alice erkannte nichts). Sie wussten genau was ich meinte. Alice antwortete mir grinsend: „So zimperlich sind wir auch nicht. Und so stark ist Edward auch nicht.“ Sie kicherte leise. Esme tat es gleich. Ich wollte Esme um den Hals fallen, doch etwas hielt mich zurück. Ich spürte ein Pieksen an meinem Handgelenk. Ich sah mich um. Ich lag am Tropf. Verblüfft sah ich Esme und Alice an. „Edward hat dich hierher gebracht, das ist das Schlafzimmer“, sie machte Gänsefüßchen in die Luft, „von Esme und Carlisle, damit nicht ganz Forks weiß, dass du…“ „Nichts mehr essen kannst“, ergänzte ich bitterlich und wusste, dass der Tropf mir lebenswichtige Nährstoffe in den Körper pumpte. „Du solltest dich untersuchen lassen“, fand Esme. Ich verstand nicht. „Wie- ist, ist Carlisle nicht da? Ich dachte er-“, stotterte ich und deutete auf den Tropf. „Nein, dass meine ich nicht. Du solltest dir helfen lassen, von einem anderen Arzt“, sagte sie sanft. Ich verstand und verzog das Gesicht: „Ein Psychologe wird mir wohl kaum helfen können ohne, dass ich ihm alles erzähle.“ Esme nickte schwach. „Trotzdem müssen wir, du meine ich, etwas tun, so geht es nicht weiter“, sagte Alice mit fester Stimme. „Und was?“, fragte ich und war wirklich neugierig. „Wir fahren weg.“ Ich fuhr herum. Erschrocken, nicht Alice Stimme zu hören. Er stand angelehnt im Türrahmen. „Wir fahren weg?“, wiederholte ich erfreut, verwirrt und entsetzt zugleich. Edward lachte. „Ja, wenn du das möchtest.“ „Warum? Wohin?“ Ich legte meine Stirn in Falten. Edward schritt näher. Alice strich mir durchs Gesicht, lächelte und verschwand mit Esme. Er setzte sich dorthin, wo Alice gesessen hatte und beugte zu mir vor. Sein Gesicht war Zentimeter von meinem entfernt. Sein Atem, dessen Duft und Wirkung ich nicht mehr gewohnt war, vernebelte mir augenblicklich die Sinne. „Du musst mal hier raus und dich ausruhen. Wir könnten in die Sonne fliegen, wenn du das willst“, hauchte er zärtlich. „Wann denn?“ Ich atmete unregelmäßig. „Wann du willst“, sagte er kaum hörbar. Seine Lippen lagen nun auf meinen. Nicht mehr und nicht weniger. Dann sah er mir tief in die Augen und küsste meinen Hals. Ich schloss die Augen, atmete zwar wieder, doch mein Herz überschlug sich. Ich blieb ganz still und widerstand erfolgreich der Versuchung über ihn herzufallen. Ich ließ mir nichts anmerken, es war ein merkwürdiges Gefühl, doch ich wollte nicht erschrocken zusammenfahren, als seine Lippen meine Lider küssten. Dann blinzelte ich und sah sein engelsgleiches Gesicht. „Lass uns sofort fahren“, flüsterte ich, „also am Wochenende. Dieses Wochenende.“ „Wie du willst. Wohin?“ Ich überlegte und erinnerte mich an den Wunsch den ich gehabt hatte, als ich damals eigentlich mit Edward vor James irgendwohin fliehen sollte. „An den sonnigsten und verlassensten Ort, den du hier in der Nähe findest“, sagte ich schließlich. „Auf diesem Kontinent“, ergänzte ich, als ich sein Gesicht sah. Er nickte lächelnd. Am nächsten Morgen war Edward nicht in der Schule. Doch es war für mich nicht weiter schlimm, denn er hatte mich vorher aufgeklärt, dass er die Schule noch ein bisschen meiden würde. Was ich auch gerne getan hätte, um ihn die ganze Zeit zu sehen. Doch ich freute mich auf darauf, ihn nach der Schule zu treffen und ihn zu fragen, wo es denn hin gehen würde. Aber er verriet nichts. So sehr ich auch bettelte. Solche Arten von Überraschungen mochte ich gar nicht. Die Schule war erträglicher. Auch wenn Edward nicht da war, denn die Cullens oder besser gesagt der überwiegende Teil (Rosalie sah mich nicht an) ignorierten mich nicht mehr. Ausgelassen blödelten Alice und ich in der Cafeteria herum und sie bat mich immer wieder zu essen (sie hatte von Edward nun dieses Wächteramt übertragen bekommen). „Das reicht, mehr verträgst du nicht“, sagte sie schließlich und brachte mein Tablett weg. „Sag mal, kannst du mal gucken, wo wir hinfahren werden?“ Alice sah mich fragend an, Jasper lachte. Ich zuckte mit den Schultern. „Er sagt es mir nicht.“ „Achso“, sagte sie viel versprechend, doch meinte dann nur: „Lass dich überraschen.“ Zerknirscht sah ich sie an. „Es wird dir aber gefallen“, setzte sie hinzu. „Glaubst du das oder siehst du das?“, wollte ich wissen. Alice lächelte nur und stand auf. Jasper und ich verließen nach ihr die Cafeteria. Ich war unheimlich aufgeregt, als ich Freitag aus der Schule hetzte. Charlie wusste bereits davon. Er war nicht begeistert gewesen, doch als ich sagte, dass Dr. Cullen zu einer kleinen Erholungspause geraten hatte, war er sichtlich optimistischer was die kleine Reise an ging. Ich hatte meine Reisekleidung auf Wärme eingestellt und hoffte nicht enttäuscht zu werden, denn Sonne gab es in Alaska auch. Vielleicht hätte ich meinen Wunsch konkretisieren sollen. Als ich quietschende Reifen hörte, stürmte ich nach unten. Sogleich stand Edward vor der Tür und nahm meinen Koffer entgegen, nachdem er mich kurz geküsst hatte. Ich strahlte. Carlisle wartete in dem schwarzen Mercedes auf uns. Wir flogen also, schloss ich. Obwohl ich nicht wollte, dass er sich für mich Umkosten stürzte, hatte ich das Thema nicht angesprochen, weil ich erstens wusste, dass er es sowieso tun würde und mich niemals meinen Anteil bezahlen lassen würde, und zweitens, weil ich mich nicht mit ihm streiten wollte. „Jetzt sag sag sag! Wohin geht’s?“, sagte ich aufgeregt, als Edward neben mir auf der Rückbank Platz nahm. „In den Süden“, sagte er grinsend. Ich sah, dass Carlisle in den Rückspiegel grinste. Doch ich wurde ängstlich. „Edward, wir fliege nicht nach Alaska oder?“ Carlisle und Edward prusteten los. Ich biss mir auf die Lippen. „Nein, wir werden die Tage an einem warmen Ort verbringen“, sagte Edward endlich, als Carlisle und er sich wieder eingekriegt hatte. „Okay“, sagte ich erleichtert, während Edward ein wenig näher rückte, einen Arm um meine Taille legte und mich zärtlich an seine Brust zog. Ich schloss die Augen und hörte nur noch das leise Summen und seinen Atem. Am Flughafen, wir erreichten ihn wie immer ungewöhnlich schnell, lief ich neugierig hinter ihm her. Gleich würde ich wissen, wo es hinging. Doch beim Einchecken hatte ich keine Chance auf die Tickets zu lugen und am Gate, nach der Kontrolle, stand nichts. Aber ich wusste, dass am Terminal das Ziel stehen würde und wurde dermaßen hibbelig, dass ich Angst hatte, gleich vor Aufregung umzukippen. Doch wir gingen nicht zum Terminal, sondern schlenderten durch die Verkaufsmeile. Interessiert blieb Edward hier und da stehen und kommentierte hier und da etwas. Doch ich hatte keine Ruhe mich jetzt für neue Schuhe zu interessieren. Er lachte, als die Anspannung in meinem Gesicht sah. „Dir gefallen die Schuhe wohl nicht, was?“, witzelte er. „Sag mir jetzt doch bitte, wohin es geht!“ Mein Verdacht, dass wir vielleicht doch nach Alaska flogen hatte sich zwar bislang nicht bestätigt, aber man weiß ja bei den Cullens nie. Er beute sich zu mir runter und küsste mich auf die Stirn. „Du bist so reizend, wenn du so aufgeregt bist, wie Kind am Weihnachtsmorgen“, hauchte er mir ins Ohr und umfasste meinen Arm stramm, jedoch nicht so wie er es im Restaurant getan hatte. Er sah konzentriert aus. „Was machst du?“, fragte ich mit zusammengekniffenen Augenbrauen. „Du hast einen ziemlich hohen Blutdruck“, murmelte er, „und dein Herzschlag könnte sich so langsam mal wieder beruhigen“, ergänzte er lachend. „An wen oder was das liegt, ist ja auch klar, oder?“, sagte ich gespielt wütend. Wir gingen in Richtung Terminals und ich hielt Ausschau. Wir liefen an Frankreich, Florida, New York und San Diego vorbei, als Edward die Richtung änderte und einen Terminal ansteuerte. Ich versuchte an ihm vorbei auf die Leuchtschrift zu sehen, doch im selben Moment machte er einen Schritt nach rechts. Ich machte einen Schritt nach links, doch er tat es mir gleich. Ich verstand. Er nutzte seine Reflexe und seine Geschwindigkeit aus. Ich seufzte und stellte mich mit Edward in die Reihe. Ich hatte keine Chance auf die Anzeigetafel oder ein Ticket eines anderen Passagiers zu sehen. Langsam wurde ich ungeduldig und sauer. „Erste Klasse?“, fragte ich ihn mit aufgerissenen Augen, als die Stewardess uns nach oben ins Flugzeug brachte. „Für dich nur das Beste“, sagte er mit einem schiefen Lächeln. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ich wusste, dass erste Klasse ziemlich teuer war, weil Renée in ihre Flitterwoche erste Klasse fliegen wollte, es aber dann gelassen hatte. „Edward-“, begann ich, während wir unsere Plätze suchten. Er schüttelte milde lächelnd den Kopf. „Ach, ans Fenster ist okay? Ich könnte doch berechnen wo es hingeht!“, sagte ich schnippisch und versuchte die Fassung zu bewahren, als er im Gang auf mich wartete, damit ich zum Fenster durchgehen konnte. „Dann versuch das mal“, sagte er grinsend, als er sich setzte und die Augen schloss. Ich verschränkte die Arme und sah zu, wie er vorspielte zu dösen. Ich gab nach und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Er sah ganz kurz zu mir und neigte seinen Kopf ganz leicht an meinen. Ich sah zu ihm auf, hob den Kopf und küsste seinen Hals, dann wartete ich und als er keine Reaktion zeigte, seine Lippen. Er grinste und das Flugzeug hob ab. „Willkommen an Bord-“ Ich schreckte hoch. Ich war ein wenig gedöst. Edward zuckte über meine plötzliche Bewegung zusammen und sah mich entgeistert an. Ich rutschte soweit es ging von ihm weg, damit er mir nicht die Ohren zu halten konnte, was er gewiss trotzdem hätte tun können. Er verstand, legte aber die Fingerkuppen aneinander und sah mich an. „Wir werden unser Ziel, Long Beach, Kalifornien, in etwa-“ Ich hörte nicht mehr zu und umarmte Edward stürmisch. „Wir machen Urlaub in Long Beach?“, flüsterte ich schrill. „In Long Beach?“, wiederholte ich dann mit bestürztem Unterton. Es war nicht gerade die Stadt in denen sich ein Vampir unauffällig verhalten konnte. Sonne, viele Leute… „Nein“, sagte er lediglich und ließ sich in den Sitz zurück gleiten. Ich wartete. Er sagte nichts, sondern lächelte selbstgefällig. Ich seufzte. „Nun gut, ein Ratespiel. Wir fliegen also nach Long Beach.“ „Ja.“ Ich dachte nach. „Wir bleiben aber nicht dort?“ „Nein.“ „Und wo wir dann hinfahren willst du mir nicht sagen?“ „Richtig.“ Ich fragte den ganzen Flug über ihn nicht weiter darüber aus. Er würde sowieso stur bleiben und nichts sagen, dachte ich mir. Als wir im Landeanflug waren, zitterte ich am ganzen Körper. „Frierst du?“, fragte er mich mit besorgtem Blick und legte mir, als ich nicht sogleich antwortete, seine Jacke um. „Nein, nein ich bin nur so aufgeregt“, sagte ich. Meine Stimme bebte. Ich konnte es gar nicht erwarten, allein mit ihm zu sein. Egal wo. Irgendwo. Er schmunzelte in sich hinein. Die Stewardessen gingen die Gänge entlang und kontrollieren die Gurte. Neben Edward, hinter dem Gang, hörte ich jemand sagen: „Der klemmt.“ Die Stewardess nickte und beugte sich über einen anderen Fluggast herüber, um zu helfen. Ihr Po, der von einem Rock bedeckt war, kam Edward immer näher (ich war mir nicht sicher, ob er bereits seine Schläfe berührte). Ich starrte mit aufgerissenen Augen zu ihm und merkte, dass ich rot wurde, denn es war ein sehr sehr schöner Po, wie ich fand. Edward jedoch sah mich die ganze Zeit mit einem Hauch von Genugtuung an. Ich lächelte verlegen als er mir ins Ohr hauchte: „Du bist viel schöner. Nicht nur von hinten.“ Ich war zwar immer noch nicht ganz überzeugt, aber ich hatte keine Zeit mir darüber jetzt großartig Gedanken zu machen. Wir landeten. Ich drehte mich mehrmals um mich selbst, um den Flughafen zu begutachten und versuchte einen Blick nach Draußen zu erhaschen. Edward trug unsere Taschen mit zwei Fingern vor mir her, verdrehte die Augen und bugsierte mich mit sich. „Wohin geht es jetzt?“ „In ein Flugzeug“, sagte Edward. „Soll das jetzt ein Scherz sein?“ Machten wir jetzt daraus ein Versteckspiel und flogen erst mal den ganzen Tag hin und her damit ich nicht weiß wohin es tatsächlich ging. Ich spürte Enttäuschung in mir hoch kommen. Edward sah nach hinten zu mir, seufzte und sagte, zu meiner Freude: „Nein.“ Was das ganze jetzt sollte, wusste ich nicht. Doch wir blieben nicht auf dem Flughafen. Wir verließen ihn um ein paar Straßen weiter zu gehen und zu einem anderen Teil des Flughafens, wie ich erst spät feststellte, denn es sah von außen nicht so aus, zu gelangen. Wir gingen in den Eingangsbereich. Edward kramte nach zwei weiteren Tickets in seiner Jackentasche. „Cullen. Ich hatte angerufen“, sagte er mit einem bedeutungsvollen Blick. Die Frau nickte, nahm die Tickets entgegen und führte uns durch eine Tür raus aus der Eingangshalle und raus aus dem gesamten Gebäude. Ich staunte nicht schlecht, als wir auf einen ganz kleinen Flughafen ankamen, der ebenso kleine Flugzeuge beherbergte. „Hier ist ihres“, sagte die Frau vor einem kleinen blauen Flugzeug, Edward nickte und die Frau verschwand. Ich sah der Frau nach und blickte dann von Edward zu der Frau und zurück. Er sah mich unschuldig an. „Was machen wir hier?“, fragte ich und betonte jedes Wort. „In den Urlaub fliegen“, antwortete Edward und sah, dass seine Mundwinkel zuckten. Er drehte sich um und verstaute unsere Taschen im Flugzeug. „Nach dir“, sagte er, als er wieder bei mir stand und die Flugzeugtür aufhielt. Ich blieb stocksteif stehen. Er wartete. „Wo ist der Pilot?“, fragte ich mit pochendem Herzen, obwohl die Antwort unterbewusst längst kannte. Edward deutete mit dem Daumen auf seine Brust. „Steht vor dir.“ Mir klappte der Mund auf. „Vertraust du mir nicht?“, sprach er prompt das aus, was ich gerade nicht zu denken versuchte. In der Luft nützten ihn seine Fähigkeiten wenig, wenn wir abstürzten, stürzten wir ab. „Woher kannst du fliegen?“, fragte ich nach, obwohl mich das eigentlich nur oberflächlich interessierte. Viel wichtiger war mir, ob er das ernst meinte. Das Flugzeug war so klein, dass mir sein Volvo größer vorkam. Und selbst wenn ein „normaler“ Pilot dabei gewesen wäre, hätte ich nicht gewusst, ob ich eingestiegen wäre. „In 100 Jahren kann man einiges machen“, sagte er und zuckte mit den Schultern. „Das hast du nie erzählt. Hast du ein eigenes?“, versuchte ich ihn bei Laune zu halten. „Nein. Carlisle fand das ein wenig übertrieben.“ Er grinste. Ich merkte, dass er nicht dieser Überzeugung war. Ich nickte heftig. Edward lachte. „Was ist jetzt, willst du mit kommen oder soll ich alleine-“, fragte er ungeduldig, doch ich unterbrach ihn: „Nein! Nein“, ergänzte ich leiser, zögerte kurz und stieg ein. Er setzte mir so etwas wie Kopfhörer auf, dann sich selbst, startete die Maschine und sah mich eindringlich an. Mein Herz pochte, mein Atem ging schneller und presste mich stocksteif in den Sitz. Edward nahm meine Hand, führte sie zu sich und küsste den Handrücken andächtig. Ich sah ihn nicht an. Dann flogen wir. Ich war überwältig. Vor Angst und vor Glück. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. In der Luft, allein mit Edward, fühlte es sich an, als wären alle Probleme, die wir hatten am Boden geblieben und nichtig. Doch erst als ich zur Seite auf das blaue Meer sah, das in der Sonne glitzerte, fiel mir das Wetter auf. Sonne, Wärme, blau. Ich presste meine Hände und mein Gesicht an die Scheibe. Edward strich mir mit seiner angenehm kalten Hand über den Rücken. Ich wandte mich zu ihm um. „Und? Was sagst du?“ „Es ist- Wahnsinn“, brachte ich nur heraus. Denn das war es. Sowohl positiv als auch negativ, obwohl momentan die Angst irgendwo war, nur nicht in mir. Er lächelte zärtlich und deutete nach vorne, wo sich mir eine bezaubernde kleine Insel offenbarte. Ich war so überwältigt, dass sie mein Atem teilweise verabschiedete. „Santa Catalina Island, Kalifornien, USA“, sagte Edward förmlich wie ein Nachrichtensprecher. Ich wollte ihm um den Hals fallen, doch das sparte ich mir auf, bis wir sicher auf dem kleinen Flughafen auf Santa Catalina Island gelandet waren. „Überraschung gelungen?“ „Überraschung gelungen“, gab ich zurück und küsste ihn. Doch er musste mich noch einen Augenblick festhalten, damit ich wieder einen festen Stand hatte. Wir stiegen vor dem Flughafen in ein Mietfahrzeug – kein geringeres als ein Porsche – und Edward fegte über die abgeschiedenen Straßen. Er schien es sichtlich zu genießen. Erst fliegen, jetzt Geschwindigkeitsrausch mit einem Porsche. Ich sah aus dem Fenster und in der an mir vorbei fliegenden Umgebung erkannte ich zwischen herrlichem Grün die vertrauten vertrockneten Pflanzen, die mich so an Phoenix erinnerten. „Wohin fahren wir?“ Diesmal antwortete er mir ohne Umwege: „Nach Avalon, das ist die Stadt hier.“ „Und danach?“, versuchte ich es noch einmal. „In unsere Urlaubsresidenz.“ Das genügte mir. Zumindest vorerst. Wir kamen kurze Zeit später, bei dem Tempo kein Wunder, in Avalon an. Es war wunderschön dort, doch es war anscheinend nicht Edwards Absicht ein großes Sightseeing zu machen. Ich folge ihm in einen großen Supermarkt. Er nahm einen Einkaufswagen und sagte: „Ich möchte, dass du für 3 Tage Lebensmittel einkaufst, die du gerne isst.“ Ich nickte und ging zögerlich durch die Regale. Irgendwie kam ich mir unheimlich peinlich vor. Nach einer Weile verdrehte Edward die Augen und ging selbst durch die Gänge und nahm wahllos alles, was ich mögen könnte. Wenn ich etwas nahm, nahm er, egal was es war, das Teil noch ein oder zwei Mal und legte es in den Wagen. „So…“, machte er nach einer Weile, „meinst du es fehlt noch etwas?“ „Wohl kaum“, schnaubte ich, denn er Wagen war proppevoll. Ich schob den Wagen zu der Schlange an der einzig geöffneten Kasse, als er „ach ja“ murmelte und kurz verschwand. Ich nutzte die Gelegenheit um mein Portmonee heraus zu holen. Wenigstens einen kleinen Teil wollte ich auch dazusteuern. Er kam mit einer Packung Klopapier wieder, legte es auf den Berg Lebensmittel und sah entrüstet auf das Portmonee und meine Hand in der ich mehrere kleinere Scheine hielt. „Du willst mich doch nicht kränken oder?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. „Du mich auch nicht oder?“, gab ich zurück. Er seufzte, murmelte etwas von wegen, dass ich schwierig sei und zog einen 5-Dollar-Schein aus meiner Hand. Ich wollte widersprechen, doch er schüttelte den Kopf und sagte: „Belassen wir es dabei ja?“ Ich nahm das Friedenangebot, wenn auch widerwillig, an. Wir schlenderten noch ein wenig durch die schattigen Teile der Stadt und stiegen, als es zu dämmern begann, wieder in den Porsche. Es dauerte nun ein wenig länger, bis Edward wieder anhielt. Und zwar vor nichts geringerem als vor der prächtigsten und edelsten Villa, die ich je gesehen hatte. Ich blieb mit offenen Augen neben dem Auto stehen, während Edward unsere Taschen holte und abschloss. „Es gefällt dir?“, wollte er wissen. „Natürlich“, sagte ich ohne ihn anzusehen und versuchte einen klaren Kopf zu behalten und nicht zu glauben, dass ich träumte. Wir gingen in die Villa. Während Edward die Einkäufe verstaute, sah ich mir das Haus an. Es war wunderschön, aber auch ganz anders als beispielsweise das Haus der Cullens. Die Villa wirkte nicht so schlicht und einfach, sondern eher pompös und glamourös. Die Wände waren verschnörkelt und es lagen prächtige Teppiche überall auf dem Boden, sodass man den marmornen Boden fast übersehen hätte. Von der Eingangshalle ging aus führt eine Treppe, die sich dann oben nach rechts und links teilte in das erste und einzige Stockwerk. Im Erdgeschoss war die große Küche mit dem Esszimmer oder besser „Esssaal“. Im rechten Teil des Erdgeschosses gab es ein großes Wohnzimmer von dem aus ein weiteres Zimmer zu einem Pool führte. Dort fand Edward mich. „Gefällt es dir?“, wollte er wiederum wissen. Ich nickte heftig, bezaubert von dem Anblick des ruhenden blau glänzenden Wassers. Er stand leicht seitlich hinter mir und schloss die Arme um meine Taille. Sogleich spürte ich sein Kinn auf meiner Schulter. Er atmete tief an. Sein Körper zitterte ganz kurz, dann wurde er wieder ruhiger. Ich neigte den Kopf nach links zu ihm. Er starrte geradeaus. Ich machte mich sanft von ihm frei, aber auch nur, weil er es zuließ. „Alles in Ordnung?“ „Ja“, sagte er lächelnd, doch ich spürte, dass es kein echtes Lächeln war. „Komm wir-“ „Sag mir, was das gerade war“, unterbrach ich schnell. Er hatte noch nie gezittert, wenn er mich berührte. Zumindest nicht mehr vor dem Unfall. Er seufzte. „Ach Bella, ich versuche nur wieder mich ganz auf dich einlassen zu können, wie vorher. Manchmal gelingt mir das besser, manchmal nicht. Aber ich verspreche dir, es wird nichts passieren“, er betonte das letzte Wort mit solchem Nachdruck, dass ich ein Schaudern unterdrücken musste. Er musterte mich ausgiebig und sagte dann: „Jetzt komm aber, wir müssen was kochen.“ „Kochen?“, wiederholte ich, als er sich umgedreht hatte und ich hinter ihm her trottete. „Du musst was essen“, entgegnete er fröhlich. Mich beunruhige das ein wenig. Denn er fragte nicht, sondern stellte das einfach hin. Er stellte sich mitten in die Küche und wartete. Ich tat es ihm gleich. „Los, mach was“, forderte er mich auf, „jetzt musst du mir mal was zeigen und beibringen.“ Ich nickte zustimmend und sah in den Korb. „Wie wär’s wenn wir eine Gemüsepfanne machen?“ Er gluckste. „Ich muss das nicht essen Bella.“ Ich seufzte mit einem kleinen Lächeln und machte mich an die Arbeit das Gemüse zu waschen. Dann gab ich Edward ein kleines Messer in die Hand und reichte ihm das Gemüse. „Schneid die Zucchini in Scheiben und die Tomaten in Stücke“, gab ich Anweisung. Ich prustete los, als er das Gemüse schnibbelte. „Was?“, fragte er mit einem irritiert aber amüsierten Lächeln. „Du bist selbst im Kochen besser als ich“, lachte ich, obwohl ich das fast bitter fand, und deutete auf die perfekten, auf den Millimeter genau großen Scheiben, die er in zwei Sekunden geschnitten hatte. Mit einem Grinsen widmete er sich dann weiter dem Gemüse, das ich ihm nach und nach gab. Ich machte mich an der Pfanne zu schaffen und während das Öl sich langsam erhitze, holte ich ein großes Messer raus und wollte zwei, drei Scheiben vom Baguette abschneiden. Blitzartig spürte ich seine kalte Hand an meiner. Er nahm mir das Messer ab. Ich verstand und nickte. Ja, das Risiko sollten wir tatsächlich nicht eingehen. Das fertige Gemüse gab ich auf einen Teller und stiefelte mit Baguette in der Hand ins Esszimmer. Edward folgte mir mit Besteck, einem Glas und einer Flasche Limonade. Ich begann zu essen und vergaß fast die Tätigkeit an sich, da Edward über Eck neben mir saß, den Kopf auf die Hand gestützt, und mich großzügig musterte. Ich verschluckte mich. Er gluckste. „Das macht mich nervös“, sagte ich leise und sah zur Seite. „Soll ich weg sehen?“ „Nein!“, sagte ich schnell, „Aber du könntest wenigstens so tun, als ob du mich nicht die ganze Zeit beobachtest. Das schürt nur meine Tollpatschigkeit.“ Ich hob Messer und Gabel an. Er nickte, verschwand rasend schnell und erschien genauso schnell wieder neben mir. Ich hatte es in der Zeit gerade mal geschafft einen Bissen in den Mund zu stecken. Edward musterte nun abwechselnd mich und den Inselführer, wobei klar war, wem seine Aufmerksamkeit mehr galt. „Du isst ja“, sagte er nach ein paar Minuten mit voller Genugtuung. „Hmmm“, machte ich kauend. Und schlecht war mir auch nicht, fügte ich in Gedanken hinzu. Als ich meinen Teller zu einer guten Hälfte geleert hatte, stand ich auf und ging zur Küche. Edwards Blick folgte mir. Ich kippte den Rest des Gemüses aus der Pfanne direkt auf den Teller, stellte die Pfanne in die Spüle, goss kurz Wasser drüber und ging mit einem halben Baguette zurück ins Esszimmer. „Jetzt übertreib’ mal nicht“, sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich zuckte mit den Schultern. „So schnell werde ich nicht dick.“ „Das wäre mir auch egal“, sagte er und legte eine Hand auf meine und ich wusste, als ich seinen zärtlichen Blick sah, wie er das gemeint hatte. Nach dem Essen wuschen Edward und ich ab (es war zwar eine prunkvolle Villa, doch nicht immer unbedingt modern), was bestimmt ziemlich komisch ausgesehen haben müsste, da Edward mehr damit beschäftigt war, sich einen Spaß aus Tellerjonglage zu machen. Es war draußen bereits dunkel, als ich mich zu Edward auf das Sofa plumpsen ließ und fragte: „Was machen wir denn jetzt noch?“ „Worauf hast du denn Lust?“, fragte er zurück. „Weiß nicht“, ich legte den Kopf auf seine Brust und sah geradeaus, „ist mir aber auch eigentlich egal, solange du dabei bist.“ „Hm, wir wär’s mit Schlafen?“ „Schlafen?“ Es war viertel vor 11. „Bist du nicht müde?“, erkundigte sich Edward. „Nein“, sagte ich, als wäre das eine Überraschung. Wir schwiegen. In Büchern hatte ich gelesen was die meisten Paare im Urlaub in einem einsamen Haus Abends machen würde, doch wir waren nicht „die meisten Paare“. „Was denkst du?“, fragte Edward und ich wurde rot. „Vielleicht sollten wir- ich wirklich schlafen gehen“, überging ich seine Frage, „was machen wir denn morgen?“ Ich spürte wie er seinen Kopf sachte an meinen legte. „Wir sind auf einer traumhaften sonnigen Insel… was läge da näher als ein kleiner Strandbesuch?“ Meine Augen leuchteten. Ich strahlte ihm ins Gesicht. Dann überkam mich doch ein anderer, realerer Gedanke. „Edward“, ich holte Luft, „du…“ „Wir werden, wenn du nichts dagegen hast, natürlich nicht an die Touristenstrände fahren. Ich denke, ich habe meine Mittel und Wege uns zwei an entlegenere Orte zu bringen.“ Er grinste. Ich biss mir auf die Unterlippe, nickte und küsste seine Unterlippe. „Also schlafen?“ „Schlafen“, stimmte er mir zu und erwiderte den Kuss. Ich löste mich von ihm. „Ich dusche noch kurz ja?“ Er schmunzelte. „Du kannst es versuchen, jaah…“ Ich verzog das Gesicht und ging aus dem Wohnzimmer. Ich blieb stehen. Wo waren das Bad, mein Koffer und das Schlafzimmer? Ich lief die Treppe hoch und lugte in das erste Zimmer. Aha, das Bad, dachte ich und trat ein. Wahnsinn, ging es mir dann durch den Sinn. Das Badezimmer erstrahlte ihn perlenfarbenem Weiß und das Licht glitzerte wie Diamanten. Ich lachte kurz auf. Das hatte er gemeint. Es gab keine Dusche, lediglich eine gewaltige Badewanne, die mitten in dem annähernd kreisrunden Raum stand. Ich drehte einen der mindestens 10 Hähne auf. Hinaus floss cremweißes angenehm warmes Wasser. „Ich dachte du wolltest duschen“, hauchte mir seine Stimme entgegen. Ich hatte ihn – wie immer – nicht kommen hören. „Ich hab’s mir anders überlegt“, trällerte ich und drehte mehrere Hähne gleichzeitig auf. Da kam mir eine Idee. „Sag mal…“, ich wandte mich mit vor Konzentration zusammengekniffenen Augen und offenem Mund zu ihm um, „können- kannst du baden?“ Edward hielt sich den Bauch vor Lachen. „Warum sollte ich nicht?“, gluckste er. Ich hatte ihn selten so ausgelassen und überschwänglich fröhlich gesehen. Es färbte auf mich ab. „Ich weiß nicht, würdest du denn?“ „Darf ich denn?“, ging die Fragerei. „Würdest du wollen wenn ich wollte?“ Wir schmunzelten. Ich verließ das Bad mit den Worten: „Nicht weglaufen, bin gleich bei dir.“ Ich huschte ins nächste Zimmer, das, wie ich vermutete hatte, das Schlafzimmer war. Ich tastete im Halbdunkeln, den Schalter fand ich nicht, herum und stieß mit dem Fuß gegen –zu meiner Verwunderung – nur eine Reisetaschen, die ich hinaus auf den beleuchteten Gang zog. Ich tastete nach meinem Bikini. Ich war kein sonderlich guter Schwimmer und schwamm an sich nicht sonderlich gerne, weshalb mein Bikini nicht einer dieser tollen verzierten Bikinis war, die man so in den Schaufenster sah, sondern ein „bauchfreier Badeanzug“, wie ihn unser Sportlehrer immer bezeichnet hatte, wenn die Mädchen unbedingt Bikinis anziehen wollten. Ich hatte meinen nie angehabt, doch einen Badeanzug wollte ich am Strand nicht tragen. Ich fand es angenehmer einen Zweiteiler zu tragen. Für das gemeinsame Baden hätte ich vielleicht einen Badeanzug bevorzugt, aber- „Bella?“ „Ja“, schreckte ich aus meinen Gedanken hoch und fiel fast aus meiner Jeans heraus. Schnell zog ich mich zu Ende um und ging ins Bad zurück. Mir stockte förmlich der Atem. Edward stand in Badeshorts neben der Badewanne (natürlich war er schon umzogen, seine Tasche stand in der Ecke des Badezimmers). Sein Anblick war atemberaubend. Nie hatte ich so viel seiner Haut gesehen und allein der bedeckte Edward war gottgleich. Doch dies war mehr als das. Sein perfekter Körper harmonierte mit den Konturen der sich anschmiegenden Shorts. Ich spürte wie meine Wangen glühten und fühlte mich dagegen fast hässlich, in einem Sportbikini… doch ich wischte den Gedanken schnell beiseite. Zwischen den Jalousien trat ganz sanft das Mondlicht herein, welches dem Zimmer eine mysteriöse Atmosphäre verlieh. Edward drehte die Beleuchtung herunter und fuhr die Jalousien hoch. Ich stand mit den Beinen bis zu den Oberschenkeln bereits in traumhaft duftendem Wasser. Er stellte sich vor die Wanne und nahm meine Hände (ich wusste nicht, ob es nur eine reine Vorsichtsmaßnahme war oder nicht). „Wirst du eigentlich warm im Wasser?“ „Probieren wir es aus“, sagte er, obwohl ich sicher war, dass er das wusste. Er trat zu mir ins Wasser, immer noch meine Hände haltend, während ich mich ins Wasser kniete. Das Wasser strömte immer noch in die Badewanne und zauberte schimmerte Blubberblasenschichten auf die Wasseroberfläche. Ich löste eine Hand von der seinen und strich mit dem Arm über den Schaum. Das Wasser lief weiter. Meine Wangen wurden warm. Ich sah Edward tief in die Augen und hielt eine Hand kurz vor seiner Brust inne. „Darf ich?“ Er nickte unmerklich. Sein Körper war kalt. Doch nicht so kalt wie ich es gewohnt war. Seine Haut fühlte sich seidig an und ein wenig klebrig, fast wie eingecremt. „Du bist wunderschön“, offenbarte ich ehrfürchtig meine Gedanken. „Und du“, er kam ein näher, „bist das Wunderschönste und Beste, was mir je passiert ist“, flüsterte er mir ins Ohr. Unsere Nasen konnten sich fast berühren. Wir sahen einander in die Augen, die Gesichter vom Mondlicht einseitig beleuchtet. Er schloss die Augen. Ich wartete und beobachtete den Versuch (ich wusste es besser), sein angestrengtes Gesicht zu verbergen. Dann berührten sich unsere Lippen. Erst einmal, dann zweimal. Sanft umspielten seine Lippen mein Gesicht. Er küsste meinen Hals, mein Kinn, meine Ohren, meine Wangen. Ich kniete einfach nur stocksteif mit geschlossenen Augen in der Badewanne. „Ist alles okay Bella?“, fragte er irritiert. Sein Atem kitzelte an meinem Hals. „Ja“, hauchte ich leise und versuchte leise Luft zu holen. Ich spürte wie der Kuss an der Senke unter meinem Kinn, sich zu einem Lächeln verzog. Ich unterdrückte das Bedürfnis ihm um den Hals zu fallen, welches allmählich immer schwieriger war. Er strich mit den Fingern an der Innenseite meines Arms entlang. Ich kicherte in mich hinein und schüttelte mich kurz. Edward hielt inne. Er legte sich über mich und küsste mich weiter. Ich ließ ihn gewähren. Solange dies von ihm kam, war es mir nur recht. Er sollte die Grenzen abstecken. Ich legte die Arme aktionslos ins Wasser neben meinem Körper. Edward zog sie sachte hinter sich auf seine Taille. Seine Haut war nur noch ein paar Grad kälter als das Wasser. Ich strich über seine Stirn. Sein Gesicht war so kalt wie immer. Zögerlich, doch er zeigte keine Gegenreaktion, legte ich meine heißen Wangen an seine kalten Wangen. „Du glühst ja“, flüsterte er feststellend. „Ich habe dich so lieb“, sagte ich und fühlte mich von seinem Duft, der Hitze des Wasser und dem flackernden Licht benommen. „Ich liebe dich auch“, sagte er mir zärtlich ins Ohr. Ich widerstand dem Drang ihn abzuknutschen, doch dem Drang seine nackte Haut zu spüren, hielt ich nicht länger stand. Mit einer raschen, aber für mich geschmeidigen, Bewegung setzte ich mich seitlich auf seinen Schoss und unsere Oberkörper berührten sich. Ich konnte seine übliche Steifheit spüren. „Ist es dir zu nahe?“, wollte ich vorsichtshalber wissen. „Nein. Du bist mir nie zu nahe“, sagte er wahrheitsgemäß, doch ich wusste, dass es noch etwas anderes in ihm gab, dass dies nicht so sah oder zumindest nicht so wie er das meinte. Ich legte meinen Kopf an seinen Hals und schlang die Arme um ihn. Er bedeckte mich bis zum Kinn mit seidigem Schaum. Ich schloss die Augen. Nun war ich müde. Die Hitze betörte mich. Ich war zufrieden und glücklich. Ich wusste nicht, ob ich jemals solch ein Glück empfunden hatte oder es je gewagt hatte zu träumen, solch ein Glück empfinden zu würden. Kapitel 5: Gedemütigt --------------------- Das Inselspektakel geht weiter... viel Spaß =) LG & freue mich auf Kommis *Fane* --------------------------------------------- „Und? Sag, was machen wir heute?“ Ich kniete auf seinem Bauch, wissentlich, dass es ihm nicht wehtun würde. Ich hatte von der Nacht nicht viel mitbekommen, weil ich so tief geschlafen hatte und nach unserem Bad regelrecht ins Bett gefallen bin. Erst als ich heute aufgewacht war, nahm ich das Schlafzimmer richtig wahr. Das ganze Zimmer war weiß, bis auf die goldenen Verzierungen an den Wänden. Eine komplette Wand war mit riesigen rundlichen Fenstern bestückt und ließ Sonne ins Zimmer schimmern. Das Bett in weiß, indem ich die letzten Stunden gelegen hatte, war quadratisch und überdimensional groß. Ich vermochte nicht zu raten wie groß. Ich wusste nur, dass wenn ich mich auf einer Seite im Bett ausstrecken würde, keinen Rand berühren würde. Ich schaute ungläubig, als ich sah, dass Edward seine Augen erst langsam öffnete. „Was machst du?“, wollte ich mit zusammengekniffenen Augenbrauen wissen. „Ich liebe dich einfach nur“, überging er meine Frage fast und schloss die Augen wieder. Ich lächelte und beugte mich runter und küsste seine kalten Lider. „Aber du schläfst doch nicht…“ Es sah mich gespielt empört an. „Aber ich könnte es doch versuchen oder?“ Ich wartete. „Ich liebe einfach nur deinen Geruch“, sagte er schlicht, „und die Person die es ausstrahlt.“ Ich hüpfte von ihm und sagte munter: „Genug gesäuselt, lass uns was machen.“ Ich zog ihn an seinen Händen aufrecht. „Ich säusele nicht“, sagte er gespielt ernst. „Ich weiß“, lachte ich und wir gingen runter in die Küche, wo ich etwas aß – ich hatte wirklich Hunger – und wir uns danach auf dem Weg machten an einen, wie er es genannt hatte, entlegeneren Ort. „Okay, wohin?“, sagte ich, als die Tür der Villa sich hinter uns schloss. Edward trug einen Rucksack mit Handtüchern, einer Decke, allerlei Lebensmittel, Sonnencreme (ich lachte, wenn ich daran dachte, dass Edward Sonnencreme brauchen könnte und dann braun würde, was natürlich nicht der Fall war) und Wechselklamotten. Die Badesachen hatte ich schon unter meinen Shorts und meinem T-Shirt gezogen. Ich genoss die Wärme auf der nackten Haut, als ich in die Sonne trat. Ich wandte mich zu Edward um, der überlegte. Er plauderte lässig dies und das und hörte gar nicht richtig zu, denn ich wartete nur darauf, dass er endlich aus dem Schatten des Vordachs in die Sonne trat. Er schien das gar nicht zu bemerken und schlenderte zu mir. Mit einem kleinen Seufzer und halb geöffnetem Mund starrte ich ihn an. Nun bemerkte er meine Ablenkung. „Hast du dich immer noch nicht dran gewöhnt?“, neckte er mich. Ich schüttelte den Kopf. „Und das werde ich auch nie.“ Er lachte. „Mir wäre es lieber wenn wir laufen, dann sind wir flexibler.“ Ich nickte und wusste genau, was er unter „wir laufen“ verstand. Ich nahm den Rucksack auf meine Schulter und kletterte auf seine. Sogleich lief er los. Ich reckte den Hals und schloss die Augen, um möglichst viele Sonnenstrahlen zu fangen. Ab und zu blickte ich auf und sah sonnengetränkte Wälder an uns vorbei fliegen, als ich dann weiter vorne ¬– und viel weiter unter uns – das Meer sah. Mir stockte der Atem, als ich Sekunden vorher begriff, was Edward vorhatte. Er schloss seine Arme um seinen Rücken und sprang von der Klippe runter auf einen Sandstrand. Hätte ich die Augen geschlossen gehabt, hätte ich nicht gemerkt, wie wir landeten. Wie eine Katze schmiegte er sich in den Sand. Ich schnappte nach Luft. Er neigte den Kopf zu mir. „Alles klar da hinten?“ „Ja“, sagte ich luftlos. Er ließ mich runter und ich brauchte einen kurzen Moment um Halt auf dem Sand zu finden. Eine Frage brannte mir auf der Zunge: „Wie kommen wir da wieder hoch?“ „Mach dir darüber mal keine Gedanken. Genieß lieber den Ort hier“, schlug Edward vor. Das tat ich. Ich ließ den Rucksack in den Sand plumpsen und drehte mich einmal langsam um die eigene Achse. Wir standen in einer von Klippen umrahmten Bucht und ich glaubte, dass hier wirklich niemand hinkommen könnte. Außer Boote, die allerdings nicht allzu groß sein dürften, und Leute wie Edward. Als ich den Blick wieder zu Edward richten wollte, war der verschwunden. Ich sah mich um und kaum hatte ich ihn im Wasser stehend erblickt, ergoss sich mir eine Ladung Wasser über den Kopf (ich hatte nicht bemerkt wie nahe wir am Wasser „gelandet“ waren). „Edward!“, kreischte ich. Mein T-Shirt pappte bereits an nass an meinem Körper. „Komm schon du Angsthase!“, rief er munter. „Ich habe keine Angst!“, rief ich zurück. Ich zog die Decke aus dem Rucksack, breitete sie aus und schmiss meine Sachen darauf. Langsam taperte ich ins kalte Wasser. Edward war ziemlich weit draußen und ich wusste gleich, dass ich soweit niemals raus schwimmen würde. Ich ging bis zu den Oberschenkeln rein und machte mit den Händen meinen Oberkörper nass. Er gewöhnte sich an die Kälte, doch als ich gerade den ersten Schwimmversuch wagen wollte, stand Edward urplötzlich neben mir. „Du machst es aber spannend“, verdrehte er die Augen. Ich wollte etwas entgegnen, doch es blieb mir im Hals stecken, als ich zu ihm aufsah. Er stand direkt in der Sonne, die von hinten seine bronzefarbenen Haare anstrahlten und glänzen ließen. Sein Körper schimmerte vom Wasser noch mehr und es war ein prächtiges lebendiges Farbenspiel. „Komm wir schwimmen raus“, sagte er und betrachtete meine Blick, der auf ihm ruhte. „Ähm, vielleicht bleib ich erst mal hier“, sagte ich langsam. „Ich kann gut schwimmen, dir passiert nichts“, versuchte Edward mich zu überzeugen, doch so ganz sollte es ich nicht gelingen. „Ähm, also ich-“ Er verschwand neben mir und tauchte sogleich wieder auf. Er hielt mir den Reiseführer entgegen. „Schau hier, das ist eine Blume, die in ganz Amerika nur auf dieser Insel wächst“, er meinte nicht Santa Catalina Island, sondern zeigte mit dem Finger auf eine weit entfernte Mini-Insel. Sie war gerade Mal zu erahnen,„Das ist die einzige Insel, wenn man sie so bezeichnen mag, um Catalina herum. Ich bringe dir diese Blume und beweisen dir, wie gut wir schwimmen können.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, schwamm er schon in einem atemberaubenden Tempo auf die Insel zu. Ich rief ihm noch hinterher, doch er kehrte nicht um. Ich sah noch seine gleichmäßigen seidigen Bewegungen Wasser, es spritzte fast nicht auf, dann war er verschwunden. Edward du Idiot, dachte ich unwillkürlich, ich weiß doch, dass du gut schwimmst. Ich setzte mich kopfschüttelnd in den Sand. Die Wasser zog unter meinem Po zum Land und zurück. Ein größere Welle, ein Windzug und ein paar Wassertropfen, als er seinen Kopf schüttelte, kündigten seine Rückkehr an. Strahlend übergab er mir die prächtige Blume. Mit einem gequälten Blick nahm ich sie dankend entgegen. Er setzte sich zu mir. „Alles klar? Wollen wir jetzt raus?“ Er war total enthusiastisch. „Es ging doch gar nicht um dich, das hättest du nicht tun brauchen-“ Er überging mich kurzerhand, als wolle er so was nicht hören. „Es hat etwas länger gedauert, ich bin ein paar Tieren begegnet.“ Ich wollte gerade etwas einwenden, als er mit der Hand abwinkte und sich dann in den Sand fallen ließ. Ich sah zu ihm runter. Es war so ein fantastisches Bild, das ich immer zu nur anstarren wollte, um mir dies einzuprägen. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Augen geschlossen. Ich legte ganz langsam den Kopf auf den oberen Teil seines Bauches. „Edward?“ „Hmmm“, summte er. „Bin ich dir zu langweilig?“ Augenblicklich richtete ich mich auf. Seine Augenbrauen waren hochgezogen, doch sein Mund zu einem schmalen Lächeln verzerrt. „Bella, du bist alles was ich will. Es ist mir geil. Was du willst, das wir machen. Und wenn wir ewig hier liegen würden.“ „Ewig“, murmelte ich. Er verstand. „Du weißt wie ich das gemeint habe.“ Er bereute sofort, was er eben gesagt hatte. „Ja, aber ich will es nicht wissen. Edward, wenn ich du wäre, dann wäre alles viel einfacher- und viel spannender für dich“, fügte ich überzeugt hinzu. Er lachte, doch ich merkte, dass es künstlich war. Er war besorgt. „Es interessiert mich nicht-“, er rang nach Worten, „Ich liebe dich“, sagte er schließlich. „Ich weiß, ich weiß, aber-“ Ich wusste, dass ich traurig aussah und fasste mich. Das was ich jetzt sagen wollte, musste ich mit fester Stimme und völliger Entschlossenheit vorbringen. Ich atmete kurz und sagte dann: „Ich will so werden wie du“, ich sprach schnell weiter, „wenn du es nicht tust- es gibt genug andere Vampire…“, erwähnte ich beiläufig. Er starrte mich an und überlegte ob er das lustig finden sollte oder nicht. „Sei ernst“, sagte er dann. „Es ist mein voller ernst.“ Meine vollkommen ernste Miene überzeugte ihn. Er rutsche von mir weg. Dann lachte er. „Es würde keiner tun.“ Ich nickte und dachte angestrengt nach. Dann musste es jemand anderer machen. Ein anderer- Ich zuckte zusammen als ich plötzlich über uns einen riesigen Krach hörte. Wir sahen hoch. Ein Hubschrauber schoss – er war jedoch nicht so weit oben wie ich gehofft hatte – über unsere Köpfe hinweg. Edward reagierte blitzschnell und hob mich auf seinen seidigen Körper drauf. Ich atmete zu schnell und verschluckte mich. Er hatte nur Augen für den Hubschrauber. Als er weg war sah ich Edward mit glühenden Wangen an. Erst jetzt bemerkte er meine Nervosität. Natürlich spürte er durch seine Brust meinen pulsierenden Herzschlag. Er legte eine Hand in meinen Nacken und küsste mich innig. So innig wie es zwischen uns eben sein durfte. Er hatte das Thema von vorhin schon wieder vergessen und sagte munter: „Wollen wir ein Eis holen?“ Ich sah ihn verdutzt an. „Wo das?“ „Es würde mir nicht schwer fallen irgendwo hinzugehen, wo wir welches kaufen können“, versicherte er. Ich nickte. Etwas Abkühlung wäre sicherlich nicht schlecht. „Und wie machen wir das?“ „Ich gebe dir Geld und du kaufst“, witzelte er. Ich verdrehte die Augen. „Komm schon.“ Er half mir auf und zog mich dann auf seinen Rücken. Er lief an den Küsten entlang und stieg dann die Felsen hoch. Er verharrte in einem kleinen Waldstück und ließ mich herunter. Ich sah durch die schattigen Bäume eine kleine Strandpromenade. Er gab mir Geld und sagte schmunzelnd: „Ähm… ich hätte gerne zwei Kugeln Vanille und eine Kugel… irgendwas Fruchtiges. Such mir was aus.“ Ich starrte ihn mit offenem Mund an. „Warum isst du was?“ „Eis ist cool“, sagte er lediglich und schob mich aus dem Schatten. Ich ging zu einer kleinen Eisbude und bestellte. Der Verkäufer sah mich ein wenig misstrauisch an. Ich wusste nicht, was er aus meinem Gesicht las. Ich wusste nur, dass ich total perplex war, dass ich gerade für einen Vampir etwas zu essen kaufte. Freiwillig. Ich ging zurück und reichte ihm das Wechselgeld und das Eis. Ich selbst hatte Schokolade und Zitrone genommen (Zitrone hatte ich auch für Edward ausgesucht). Wir schlenderten durch den Wald zurück. Ich hielt mein schmitzendes Eis, ohne zu essen, in der Hand. Ich sah zu wie Edward – es sah so menschlich aus – an seinem Eis leckte. Genüsslich spielte seine Zunge mit dem Eis. Ein paar Augenblicke später bemerkte er meinen Blick und deutete auf das Eis. „Der Sinn ist, dass man es isst, bevor es wieder zu Wasser geworden ist.“ Er wusste genau, warum ich nicht aß. „Warum isst du Eis?“ „Ich mag das“, sagte er schlicht und sog genüsslich daran. „Aber ihr esst doch nicht. Ich meine, Charlies Essen aus dem Kühlschrank hast du auch nicht sonderlich genossen…“, stellte ich fest. Die Erinnerung war schmerzhaft. Ich schüttelte den Kopf, um sie wegzuwischen und stattdessen Edward zu beobachten. Mein Eis lief mir bereits über die Hand. Ich achtete nicht darauf. Mein Appetit auf etwas Kühles war verflogen. „Mag es eben“, sagte er mit den Schultern zuckend. Ich wartete. „Na ja so was gibt’s bei uns schon mal. Ich mag nicht den Geschmack an sich, der ist eher wie Papier“, gestand er, „aber ich mag das Tun an sich. Die Bewegung“, er strich die Zunge über das Eis, „und das etwas Kaltes in mir drin ist. Also etwas das nicht zu mir gehört.“ Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben wie irrsinnig, dass alles klang. „Und die anderen? Mögen die auch Eis? Also das Essen von Eis?“, konkretisierte ich. „Ne“, er überlegte kurz, „ich weiß nur, dass Alice auf Suppe steht, eben weil es warm ist. Na ja sie isst sie immer kochend heiß. Und Esme isst gern Torte. Sie mag die Konsistenz. Sahne und so…“ Ich starrte auf den Boden und musste wieder mit dem Kopf schütteln. Irrsinn. Totaler Irrsinn. Ein Vampir der Eis mag. Bei der Vorstellung lachte ich laut auf. „Was?“, sagte er lächelnd. Die zwei Kugeln seines Eises waren fast passé. „Es ist- unglaubwürdig“, ich machte eine Pause, „wenn ich es nicht selbst gesehen hätte.“ Ich deutete auf das bald verschwundene Eis. Wir gingen weiter. Ich starrte auf mein Eis. Ich hefte keinen besonderen Drang, es zu essen. Einen Moment später blieb Edward neben mir stehen, fasste an mein klebriges Handgelenk und leckte das Eis auf meiner Hand ab. Mein erster Instinkt war sie wegzuziehen, doch ich ließ ihn gewähren und fand es eigentlich ganz angenehm. Wie ein kalter Waschlappen aus reiner Seide. Und es fühlte sich nicht im Entferntesten so an, als wenn ein Hund dir über die Hand schlabbert. Es fühlte sich eher so an, wie wenn man Bodylotion auf der Haut trug. Duftend, glänzend, leicht klebrig. „Probier doch wenigstens“, fand er, als meine Hand wieder sauber war. Ich schüttelte den Kopf. „Oh man“, er nahm mir das Eis ab und aß nun abwechseln von seinem und meinem, „wenn du so zimperlich bist, dann muss ich aufpassen was ich tue und sage, sonst isst du wieder tagelang nichts und Carlisle muss dich wieder versorgen.“ Ich wusste zwar, dass es ein Scherz war, doch ich ignorierte das. Es lag zu viel Wahrheit in dem was er sagte, wie so häufig. „Na gib schon her“, sagte ich widerwillig. „Nö, ich will dich zu nichts zwingen. Außerdem hab ich dann mehr für mich“, sagte er grinsend. Ich beließ es dabei. Wir gingen zurück zu der Bucht und sonnten uns ausgiebig. Ich wollte einfach nur neben ihm liegen und ihn ansehen. Ich war fast süchtig nach seinem makellosen, wunderschönen Anblick. Als die Sonne schon weit über den Zenit hinaus war, ich schätzte, dass wir vier Uhr hatte, stand ich auf und sagte: „Lass uns vielleicht doch etwas schwimmen.“ Er blinzelte in die Sonne und stand auf: „Wie du willst.“ Wir wateten ins Wasser. Während ich mich durch den schlammigen Sand kämpfte in dem ich knöcheltief versank, schritt Edward elegant, als wäre unter uns ein Steinboden, ins Wasser. Ich verdrehte hinter seinem Rücken die Augen. Wie dumm muss das aussehen. Wir schwammen raus. Ich teste alle paar Meter wie weit der Boden entfernt war. Plötzlich erstarrte Edward, machte ein erschrockenes Gesicht und blieb fast regungslos im Wasser stehen. Ich sah ihn ängstlich an. Doch als ich blinzelte, hatte er sich wieder entspannend. Nun lächelte er. Ich war verwirrt, sagte jedoch nichts. Wir schwammen noch ein Stück zusammen. „Stopp“, sagte ich schließlich, als der Boden für mich nicht mehr erreichbar war. Edward drehte sich zu mir um. „Ihr Menschen seid so komisch. Wenn euch hier ein Hai vorbei schwimmt, würde es euch nichts nützten, wenn ihr mit einer Zehen den Boden berühren könntet oder nicht. Von daher kann man auch gleich weiter raus schwimmen.“ Mir fiel kein Gegenargument ein, weshalb ich einfach nur „Trotzdem“ entgegnete. „Du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Du müsstest genau genommen mehr Angst vor mir haben, als vor sämtlichem Getier in diesem Meer.“ Ich seufzte. „Diese Diskussion hatten wir schon zu genüge.“ „Genau“, sagte er ebenfalls seufzend. Also schwammen wir parallel zum Ufer. Ab und zu, wenn ich voraus schwamm, wagten wir es ein oder zwei Meter weiter ins Meer. Den Boden spürte ich schon lange nicht mehr, was mich nervös machte, doch ich versteckte es gut vor Edward (zumindest nahm ich das an). Als Edward plötzlich hinter mir zurückfiel, sah ich mich um. Er starrte gebannt, mit weit aufgerissenen Augen nach vorne, aufs offene Meer raus. Ich folgte seinem Blick. Da sah ich es. In einem Wahnsinnstempo, das Wasser schäumte nur so auf, sah ich einen Hai auf uns zu kommen. Die Rückenflosse des Hais riss das Wasser entzwei. Mein Atem blieb mir im Halse stecken. Ich strampelte rückwärts, drehte mich um und schlang die Arme um Edwards Hals. Wenn er ein Mensch wäre, wäre er sicherlich erstickt. Ich presste mich an ihn, den Kopf auf seine Schulter gelegt. Ich wusste nicht, warum ich das tat, ich hatte nicht darüber nachgedacht und rein reflexartig gehandelt, und was ich mir dabei gedacht hatte. Wenn ich sterben würde, dann in seinen Arm? Wenn der Hai näher kam, dann könnte er mich beschützten? Wenn sterben wir zusammen? Ich presste die Lippen aufeinander und kniff die Augen so fest zusammen, dass es wehtat. Ich hörte nichts. Ich traute mich nicht die Augen aufzumachen. Eine Welle schwappte mir über die Schultern. Dann war Stille. War ich etwa tot? Atmete ich überhaupt noch? Klopfte mein Herz? Auf einmal – ich zuckte zusammen – hörte ich schallendes lautes Gelächter. Ich öffnete die Augen. Dann spürte ich Edwards Hände an meinem Brustkorb, welche mich von ihm weg schoben. „Hey du kleiner Klammeraffe.“ Ich sah in seinen liebevolles, aber zusammengepresstes Gesicht. Ich war entsetzt und verwirrt. Was war hier los? Edward sah an mir vorbei. Ich tat es ihm gleich. „ALICE!“, stieß ich hervor. Ich wusste nicht ob ich mich freuen sollte oder nicht. Alice war vor mir im Wasser, sie hielt etwas in der Hand, was verdächtig nach einer Rückenflosse aussah, und neben ihr Jasper. Sie strahlten. Ich hatte Tränen in den Augen und konnte immer noch nicht glauben, dass sie sich ein Scherz aus meiner Angst gemacht hatten. „Bella“, sagte Alice zärtlich, „es tut mir leid“, sie gluckste, „aber die Gelegenheit war zu verlockend.“ Alice schwamm auf mich zu. Ich spürte Edwards Arm um meinen Bauch. Mir rannten die Tränen die Wange runter. Ich umfasste Edwards Handgelenk, schob seine Hand weg und stieß Alice zur Seite (soweit ich das konnte). „Lasst mich in Ruhe“, sagte ich mit tränenerstickter Stimme. Ich schwamm zum Ufer und sah im Augenwinkel, dass Edward Alice, die hinter mir her wollte, den Arm vor dem Körper hielt. Ich wischte gelegentlich mit dem Handrücken über die Wange, weshalb meine Augen vom Salzwasser brannten. Sie schwammen nicht hinter mir her. Ich wandte mich nicht um, doch ich hörte nichts (ich war mir nicht sicher ob ich wenn überhaupt etwas gehört hätte). Am Ufer kam ich völlig erschöpft, mit glühendem Gesicht und verweinten brennenden Augen an. Ich hockte mich in den Sand und weinte. Ich fühlte mich verraten. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, dass von älteren klügeren Kindern auf den Arm genommen wurde. Ausgelacht, bloß gestellt und gedemütigt. Ich wandte mich nicht um. Ich wollte Edward nicht ansehen. Ich wollte nicht sein Mitleid sehen. Ich ging zur Decke, schmiss alles in den Rucksack bevor ich ihn schulterte und ging mit großen Schritten zu den Klippen. Ich suchte nach einer nicht so steilen Stelle an der Klippe, wo man sich gut festhalten konnte und begann, immer noch schluchzend und benommen, hochzuklettern. Ich hatte es sogar schon ein paar Meter hoch geschafft, als ich Alice Stimme hörte. „Bella bitte! Komm da runter!“, rief sie. Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte weg, sofort. Natürlich wäre es ein leichtes für jeden der drei gewesen, mich runter zu holen, doch sie taten es nicht. „Bella“, hörte ich Edwards weiche Stimme nicht ganz so laut wie Alice’. „Scheiße“, murmelte ich, als ich einen Stein nicht richtig erwischte und mir an ihm die Hand aufschürfte. Kein Blut, dachte ich erleichtert. Das wäre das letzte was ich jetzt gebrauchen könnte. Ich blickte über mich, ignorierte die Stimmen am Boden und griff an einen Stein über mir. Der war jedoch nicht so fest, wie ich dachte. Ich verlor den Halt, rutschte am Stein herunter und fiel ohne einen Schrei, ich war wie betäubt, von der Klippe hinunter. Ich wäre gerne einfach auf dem Boden aufgeschlagen. Einfach hinlegen, weinen, in Ruhe gelassen werden, Schmerz ertragen. Es war aber nicht verwunderlich, dass ich in Edwards harte Arme fiel. „Lass mich!“, schrie ich und hämmerte gegen seine Brust. Er stellte mich auf den Boden. Ich hatte kaum mehr eine Stimme. „Ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich!“ Ich boxte mit den Fäusten gegen seinen Oberkörper. Er regte sich nicht und ich sah ihm nicht in die Augen. Ich hätte seinen besänftigenden Blick nicht ertragen können. „Lass uns zurück gehen“, sagte er leise und ich war froh, dass es matt klang und nicht so warm und liebevoll wie sonst. Ich ließ mich von ihm nach Hause tragen. Doch ich war sehr reserviert ihm gegenüber. Alice und Jasper kamen mit zurück. Als wir an der Villa ankamen, ging ich ohne zurück zu blicken rein. Edward kam später nach. Ich hörte, dass sie sich verabschiedeten und Jasper sagte, dass sie wieder nach Forks zurück gingen. Ich saß im Wohnzimmer im Bikini und machte die Couch sandig und nass. Doch es interessierte mich nicht. Ich weinte und weinte und hatte den Kopf in den Armen versteckt. Ich fühlte mich zwar gekränkt und das eben war nicht nett, doch der eigentlich Grund war nicht nur Alice’ „Haispielchen“, sondern meine Beziehung zu Edward überhaupt. Die Vorkommnisse der letzten Tage und Wochen waren nicht so spurlos an mir rüber gegangen, wie ich gehofft hatte. Ich war eben nur das dumme normale kleine Menschlein und er der starke große kluge Vampir. Wie konnte ich mir nur eingeredet haben, dass unsere Liebe eine Chance hatte? Unsere Beziehung war gefährlich und dabei meine ich nicht mich. Er hatte sich meinetwegen verletzt. Ich war schuld. „Bella?“ Ich sah auf. Sein Gesicht war angespannt und sein Blick sah traurig aus. Er kniete sich vor mich. „Was ist wirklich mit dir?“, flüsterte er. Er wusste auch, dass es nicht nur um die Sache eben ging. Ich schluckte kurz. „Es hat doch alles keinen Sinn. Wir werden nie glücklich sein können. Wir können die Ungleichheiten zwischen uns niemals überwinden-“ „Das von eben tut mir leid“, unterbrach er mich, „es war nicht sehr charmant.“ Ich sah, dass es ihm wirklich leid tat. „Genau genommen war es ziemlich respektlos dir gegenüber. Dafür möchte ich mich entschuldigen.“ Er nahm meine Hand in seine Hand. Ich zog sie weg. „Wir werden nie ein glückliches Paar und irgendwann, irgendwann wird das alles böse enden.“ Außer…, dachte ich. Er nahm mich stumm in den Arm und streichelte mir über den Kopf. „Bella, es ist mir egal, wenn ich unglücklich bin, solange ich mit dir zusammen bin.“ Ich nickte. „Aber ich will, dass du glücklich bist“, murmelte ich. Er neigte sich zu mir runter und sah mir direkt in die Augen. „Es tut mir Leid, was wir vorhin gemacht haben. Wir wollten dich nicht vorführen. Man kommt in der Unsterblichkeit leider nur auf zu viele dumme Gedanken, nicht, dass das eine Entschuldigung wäre… kannst du mir verzeihen?“, bat er. Ich lehnte den Kopf an seine nackte Brust, die nun nass wurde. Ich nickte unmerklich. Wir sagte beide nichts mehr und ich weinte still weiter. Doch ich hatte eine Entscheidung getroffen: Ich würde so werden wie er. Anders hatte unsere Beziehung nicht den Hauch einer Chance. Wenn er es nicht tat, wenn keiner der Cullens es tun wollte, würde ich einen anderen Weg finden müssen. Und ich finde jemanden, schwor ich mir. Ich blinzelte in das hereinfallende Sonnenlicht. Ich spürte einen kalten zarten Kuss auf meiner Stirn. „Guten Morgen, Liebste.“ Ich seufzte. Er sah mich fragend an. „Heute reisen wir ab“, sagte ich traurig. „Ja, aber erst heute Abend. Wir haben noch genug Zeit. Was möchtest du machen?“ Ich zog ihn an seinem Hemd zu mir runter und küsste ihn innig. Seine Lippen formten ein Grinsen. „Das hätte ich mir denken können“, sagte er leise, obwohl wir beide wussten, dass das natürlich für uns nicht in Frage kam. „Leg dich einfach ein bisschen zu mir“, sagte ich schließlich und er tat, wie ihm geheißen. „Bist du noch böse auf mich?“, fragte er. „Nein.“ Ich hatte den Kopf an seinem Schulterblatt angelehnt und streichelte unter seinem Hemd über seinen Bauch. „Was wollten Alice und Jasper eigentlich hier?“ „Außer sich über dich lustig zu machen?“, entgegnete Edward bitter und strich mir einmal über die Wange. „Außer sich über lustig zu machen“, wiederholte ich. „Eigentlich… Alice hat mir was gesagt“, begann er zögerlich und ich bemerkte, dass er sich nicht sicher war, ob er mir das erzählen wollte. Dann sprach er aber weiter: „Sie haben eine neue Spur von Victoria, aber wir sollen wie geplant wieder kommen.“ „Warum ist sie dann gekommen? Und was wollt ihr von Victoria?“, wollte ich wissen. Edwards Gesichtszüge spannten sich an. „Es hätte sein können, dass sie hier in die Nähe kommen oder Victoria hier in die Nähe kommt und ich sollte vorgewarnt sein, falls ich sie höre“, er tippte mit den Fingern an seine Schläfe, „laut Carlisle“, fuhr er fort, „wollen wir mit ihr reden. Wissen was sie vor hat und was sie von uns will, weil sie immer wieder in die Nähe von Forks kommt. Das ist ziemlich unüblich für nomadische Vampire. Na ja, aber eigentlich wollen wir sie töten“, sagte Edward so beiläufig, dass mir der Atem stockte. „Wo halten sich denn nomadische Vampire sonst auf?“ Ich wollte mehr über andere Vampire wissen, damit ich meinen Plan, selbst einer zu werden, besser in die Tat umsetzten konnte. Aber Edward durfte nichts davon bemerken. Ich fand, dass meine Frage nicht so weit von unserem Gesprächthema entfernt war. „Na ja, manche leben in verlassenen Gegenden im Süden. So wie hier, auf Inseln oder so, mit wenigen Einwohnern. Die meisten halten sich aber irgendwo im Norden auf. In abgeschiedenen Waldstücken und Steinbrüchen und so. Dort suchen wir jetzt auch nach Victoria.“ Er bemerkte nicht, dass ich andere Dinge im Sinn hatte und die Frage eigentlich ganz gezielt gestellt hatte. Ich nickte. „Aber meinst Victoria will euch was antun?“ Edward lachte laut auf. „Uns? Wir sind sieben und sie ist alleine! Das weiß sie auch. Aber wir glauben, dass sie uns in gewisser Weise etwas antut, wenn sie dir nämlich wehtut.“ „Aber was habe ich mit ihr zu tun?“ Ich fand das alles sehr weit hergeholt. „Sie will sich rächen. Wir haben ihren Gefährten getötet und sie will Vergeltung. An uns kann sie sich nicht rächen, aber an dem, was mir bzw. uns am liebsten ist.“ Er sah mich zärtlich an. Ich erwiderte seinen Blick nicht. „Das heißt ihr seid wieder meinetwegen in Gefahr?“ Noch ein Grund mehr mich endlich verwandeln zu lassen, dachte ich bitter. „Nein, du bist in Gefahr wegen uns“, drehte er den Spieß um. „Hmmm“, machte ich nur. „Komm, wir frühstücken erstmal“, meinte er nach ein paar Augenblicken Stille. Edward plauderte beim Essen fröhlich über mögliche heutige Ausflugsorte, während ich still mein Essen zu mir nahm und angestrengt nachdachte. Victoria. Sie will mich töten, so vermuten zumindest die Cullens und wenn sie Recht haben, war Victoria genau die Richtige für meine Verwandlung. Das einzige Problem war lediglich, dass sie mich nicht töten durfte, sondern nur verwandeln sollte. Was hieße, dass ich sie in einem günstigen „satten“ Moment erwischen musste. Nur wie bekam das raus? „Bella?“ Ich sah zu Edward und blinzelte, da ihm die Sonne direkt von hinten auf den Kopf schien. „Ja, super Idee“, sagte ich schnell ohne zu Wissen was er vorhatte. Es wurde mir zum Verhängnis. „Die Braunbären hier in der Gegend?“ Er grinste. „Jaah… die mag Emmett doch so gerne. Vielleicht bringen wir ihm einen mit.“ Ich musste in sein Lachen mit einstimmen. Zu dämlich klang meine Antwort. Was würde ich wohl als Vampir am liebsten mögen?, schoss es mir kurz durch den Kopf. „Also? Wandern? Schwimmen? Hier bleiben? Oder was ganz anderes?“ „Mir egal, entscheide du“, sagte ich schnell. „Bella, es ist doch dein Urlaub, ich wollte-“ Seine Miene änderte sich schlagartig. Sein Blick war leer, sein Gesicht schlaff, sein Körper steif und angespannt. „Was ist los Edward?“, sagte ich von Schrecken erfüllt. Einen Augenblick später war er wieder wie vorher und antwortete ruhig: „Jasper und Emmett. Sie kommen um uns abzuholen. Dann kann Emmett sich seinen Bären selber holen“, er lächelte schwach. „Warum holen sie uns?“, fragte ich ohne auf seinen Witz einzugehen. „Victoria. Sie war bei deinem Dad zu Hause und hat Nachforschungen angestellt. Sie sucht nach dir. Es wäre zu gefährlich deinen Vater allein zu lassen und mit mir hier alleine zu bleiben. Ein Eins-zu-eins-Kampf ist zu gefährlich“, sagte er schlicht. „Will sie Charlie auch umbringen?“, fragte ich ängstlich. „Nein, sicherlich nicht. Sie ist nicht sehr durstig momentan und Charlie wäre ihr nicht Vergeltung genug. Sie würde zu viel Aufmerksamkeit erregen.“ Wir gingen hoch um unsere Sachen zusammen packten, als es an der Tür klingelte. „Bleib du hier und pack weiter“, sagte Edward und verschwand aus dem Schlafzimmer zur Tür. Ich schlich zur Tür und lugte herunter in den Empfangsbereich. Ich sah Jasper und Emmett glitzernd in der Tür stehen. „Nicht laut reden“, zischte Edward leise. Er las Jaspers Gedanken. „Nein, sie weiß es noch nicht. Es würde sie jetzt zu sehr ängstigen und sie würde solche Maßnahmen natürlich nicht wollen“, erriet ich aus seinem Genuschel. Emmett und Jasper nickte und traten ein. Ich huschte leise zurück ins Schlafzimmer und packte hastig weiter. Schon kam Edward rein, um mir zu helfen. „Was sagen sie?“ „Wir müssen uns beeilen“, sagte er stattdessen. War es klug ihm zu sagen, dass ich es gehört hatte? Das er mir etwas verheimlichte? Ich entschied mich dagegen. Ich würde es erfahren. Wenn ich jetzt nachfragte, würde das nur die Stimmung kippen und einen Streit konnte unsere Beziehung wirklich nicht gebrauchen. Gepackt standen wir vor der Tür. Edward schloss ab. „Wie kommen wir zurück?“ „Wir fliegen von Avalon direkt nach Seattle auf einen kleinen Flugplatz. Wir haben eine Sondergenehmigung eingeholt.“ Wir stiegen in den Porsche. Ich saß mit Edward auf der Rückbank. Ich sah zurück bis ich die Villa nicht mehr sehen konnte. Es war eine schöne Zeit. In was für eine Zeit strauchelte ich nun rein? ----------------------------------------- ... gute Frage Bella ^^ Danke fürs Lesen! Kapitel 6: Meine Entscheidung ----------------------------- Würde mich riesig über Kommis freuen und vllt. Erfahrungen ob jemand das mal ausprobiert hat mit den Liedern... ^^ lg V/*F* ----------------------------------------------------- Wir fuhren von Seattle zurück nach Forks. Die ganze Rückreise war merkwürdig still und ich wurde das Gefühl nicht los, dass er sich über Gedankenlesen mit Jasper und Emmett unterhielt, da er mehrmals fast unmerklich den Kopf schüttelte oder nickte. Wenn ich ihn dann ansah, sah er schnell zur Seite. Er lud mich zu Hause ab und ging. Er müsse etwas klären, sagte er. Er müsse sich um Victoria kümmern. Schon war er aus dem Fenster gerauscht. Mich ließ er durcheinander und angsterfüllt zurück. Victoria war hier gewesen. Hier in diesem Haus und vermutlich, sogar ziemlich sicher, in diesen vier Wänden. Edward war sich sicher, dass sie Charlie nichts tun würde, doch ich glaubte nicht daran. Ich war mir da nicht so sicher. Victoria war unberechenbar. Ich konnte Charlie nur schützen, wenn ich ein Vampir wurde. Erstens war Victoria dann nicht mehr hinter mir her (zumindest könnte sie mich nicht mehr so schnell töten), zweites könnte ich helfen sie zu finden und um – na ja und drittens könnte ich Charlie viel besser vor ihr beschützten. Drei Gründe, die Edward nicht einsah (nicht, dass ich sie ihm genannt hätte, doch er würde sie niemals einsehen). Es gab mehrere Möglichkeiten: Ich ließ mich von einem der Cullens verwandeln. Unmöglich, das bräuchte ich gar nicht in Erwägung ziehen. Keiner würde das tun. Ich bräuchte gar nicht erst fragen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass ich einen der Cullens reize. Ein bisschen Blut, ein freiliegender Hals… vielleicht würde das bei Jasper oder Rosalie Wunder wirken… nein, eigentlich wollte ich mich nicht mit Gewalt bei den Cullens einnisten. Die letzte Möglichkeit war einen fremden Vampir darum zu bitten. Bitten war vielleicht das falsche Wort. Nach der Bitte, die er (ich dachte dabei natürlich nur an einen bzw. eine) gewiss ablehnen würde, müsste ich ihn dann davon überzeugen mich zu beißen. Dabei bestand allerdings die Gefahr, dass ich starb. Ich ging runter und machte etwas zu Essen für Charlie und mich. Charlie würde sicherlich bald von der Arbeit kommen. Ich schnitt wahllos am Gemüse herum. Ich hatte mich entschieden. Egal wie ich es machte, ich hatte mich entschieden. Ich durfte nur nicht allzu oft daran denken und mich noch nicht auf eine Möglichkeit einschießen, weil Alice es sonst zu schnell sehen konnte. Ich glaubte nicht, dass sie es jetzt schon sah… Ich werde ein Vampir. Ich werde wie Edward. Kein aber. Kein Einwand. Mich erheiterte die Vorstellung. Das sah Edward mir sofort an, als wir uns am Tag darauf – das erste Mal nach unserem Urlaub – wie üblich auf dem Parkplatz trafen. „Was ist los mit dir?“ Sein Blick war nicht herzlich, sondern eher ängstlich. „Du bist so glücklich“, stellte er stirnrunzelnd fest. Ich strahlte ihn unbeirrt an. „Ich freue mich nur dich zu sehen.“ „Aha.“ Er war nicht überzeugt. Ich harkte mich bei ihm ein und schlenderte leise summend mit ihm ins Schulgebäude. Ich ignorierte seine trübe Stimmung und die verwirrte Steifheit und war betont fröhlich. Nach dem Mittagessen, Alice und Edward hatten viele besorgte Blicke getauscht, als ich, während ich mühelos plauderte (ich aß in einem unheimlichen Tempo) vor mich hin pfiff, stellte er mich zur Rede. „Ich will wissen was du hast“, sagte er fast drohend, drückte mich gegen die Wand des leeren Flures und hatte jeweils eine Hand rechts und links neben meinem Kopf. Ich verscheuchte meine ängstliche Überraschtheit und antwortete fast wahrheitsgemäß: „Nichts. Ich liebe dich, wir sind hier, Charlie geht es gut und wenn Victoria erst- dann ist alles wieder gut.“ Mein gespieltes Lächeln überzeugte ihn nicht. „Das stimmt nicht Bella und das weißt du selber“, sagte er kalt. Seine Ernsthaftigkeit macht mir Angst. „Sag es mir“, forderte er. Ich wurde ärgerlich. Ich schlüpfte unter seinen Armen hervor und sagte im wegdrehen: „Ich will aber nicht, lass mich in Ruhe.“ Ich merkte wie kindlich-trotzig das klang. „Bella“, sagte er mit ruhiger etwas angehobener Stimme. Ich merkte wie es in ihm brodelte, ohne ihn anzusehen. In nächsten Augenblick war er an meiner Seite. „Was willst du eigentlich? Jetzt bin ich glücklich und das passt dir auch nicht“, sagte ich, bevor er was sagen konnte. „Doch, es passt mir sehr gut. Aber ich würde gerne wissen warum, damit ich es auch sein kann. Ich weiß ich bin egoistisch“, fügte er mit einem schiefen aber nicht wirklich ehrlich gemeinten Lächeln hinzu. „Ich habe es dir bereits gesagt“, zischte ich. „Und das war nicht ehrlich.“ Ich wandte mich zu ihm um. Ich war jetzt richtig wütend. „Lass mir meine Privatsphäre.“ Ich sah wie ihn das schockte und bereute es auch direkt wieder das ausgesprochen zu haben, was ich gedacht hatte. „Wenn das so ist“, sagte er und schritt an mir vorbei. Ich wusste im selben Moment indem ich es aussprach, dass er das sehr wörtlich und sehr ernst nehmen würde. Im Unterricht traute ich mich nicht in darauf anzusprechen. Doch nach dem Unterricht war er fällig. Oder sagen wir ich war fällig mich zu entschuldigen. Allerdings stürmte er nach der letzten Stunde so schnell heraus, dass ich meine Sachen in die Tasche warf und Mühe hatte ihm hinterher zu gehen. „Edward warte“, rief ich japsend, als er endlich neben seinem Volvo zum stehen kam. „Es tut mir Leid, ich habe das nicht so gemeint.“ „Und wie dann?“, fragte er und sah mir direkt und intensiv in die Augen. „Es ist nicht so… es ist nicht so, dass ich meine Privatsphäre nicht mit dir teilen würde, aber“, ich überlegte bevor ich wieder etwas falsches sagte, „lass mir doch meine kleinen Geheimnisse.“ Mein schwaches „Friedensangebotslächeln“ half nicht. „Bella, Geheimnisse in unserer Beziehung können tödlich sein“, sagte er ehrlich. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Nicht, dass ich sterben wollte, aber ja, es könnte tödlich sein. Hätte ich mich heute nur nicht so fröhlich gegeben und lieber geschauspielert, dachte ich verbittert und biss mir auf die Lippen. Wenn ich jetzt nichts sagte, würde er glauben, dass es tödlich war und dann zu schnell weiter denken… „Wollen wir was machen heute? Wollen wir irgendwo hingehen? Irgendwo was machen?“, sagte ich schnell, unüberlegt und unkontrolliert. Er war zu verdutzt darüber, um weiter darüber nachzudenken. „Ähm, hältst du das für eine gute Idee?“ „Nein, sag, weißt du was Neues von Victoria?“, wechselte ich wieder das Thema, damit er nicht zu sehr über meinen letzten Themenwechsel nachdachte. „Nein“, sagte er langsam, „wir haben ihre Spur verloren. Wir müssen leider warten, bis… etwas passiert.“ „Passiert? Du meinst…“ Dass sie jemanden aussaugt, ergänzte ich in Gedanken. Aussprechen konnte ich das nicht. Er nickte. „Ich will nicht, dass dir was passiert“, sagte ich und schlang die Arme um seinen Bauch. Er seufzte und strich mich über den Kopf. „Ja… das leidige Thema“, nuschelte ich. Ich war über den aus Ausgang des Gesprächs sehr erleichtert. Es war nicht optimal gelaufen, aber optimaler als ich gedacht hätte. „Victoria hält sich in der Nähe auf, es wäre besser wenn du mit kommst und bei mir zu Hause bist. Da bist du sicherer“, sagte jemand, den ich natürlich sofort erkannte, als ich am Donnerstag zu Hause am Schreibtisch einen Aufsatz begann. Ich zuckte heftig zusammen, obwohl so langsam die Gewohnheit eintreten sollte. „Und Charlie?“, stieß ich prompt hervor. „Rosalie und Jasper passen auf ihn auf“, antwortete Edward knapp. Ich nickte und ging auf ihn zu. „Willst du nichts einpacken?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich denke, dein Haus ist aufregend genug für mich. Mein Aufsatz ist nicht so spannend.“ „Das meinte ich auch nicht“, sagte er, „ich meinte Schlafzeug und so…“ „Bleibe ich länger?“ Als ich sah, dass er das bejahen wollte sprach ich weiter: „Und was ist mit Charlie?“ „Du gehst ja weiter zur Schule… sag ihm einfach du lernst mit Alice und mir für die nächsten Prüfungen oder so. Sag am Besten Alice hätte dich eingeladen und du wohnst bei Dr. Cullen.“ „Hm okay“, sagte ich lediglich. „Sonst nichts?“ Er sah mich fragend an. Ich wusste nicht, was er meinte. „Du bist zu… gelassen…“ Ich verstand. Er erwartete Widerstand. Ich zuckte mit den Schultern, nahm meinen Rucksack aus der Ecke und warf ein paar Sachen rein, während Edward mir half oder mich dabei beobachtete. Ich setzte Charlie in Kenntnis. Er hörte nur mit einem halben Ohr zu, er sah ein Baseballspiel an, und nickte meine Vorhaben ab. Ich war froh, dass er keine größeren Schwierigkeiten machte. „Hallo Bella, fühl dich wie zu Hause“, sagte Esme herzlich, doch ich konnte ihr Lächeln nicht so warm erwidern, wie sie es tat. Es hatte nichts damit zu tun, dass ich hier war, sondern eher an den Umständen. Victoria. Und die Tatsache, dass ich immer noch kein Vampir war. Ich legte meinen Rucksack mitten in das Wohnzimmer, nahm ein paar Bücher wahllos aus dem Regal, setzte mich mit angezogenen Knien auf die Couch und blätterte halb interessiert darin. „Du musst die Zeit hier nicht absitzen“, grinste Edward, „ich dachte du wolltest das Haus entdecken?“ „Nö“, sagte ich bloß und sah nicht auf. Edward schüttelte unmerklich den Kopf und ging aus dem Zimmer. Kurz nach ihm schneite Alice tanzend herein. Sie ließ sich neben mir nieder. „Edward, Emmett und Carlisle suchen nach Victoria“, informierte sie mich kurz, „und, hast du was bestimmtes vor?“ Ich schüttelte den Kopf. Dann kam mir ein interessanter Gedanke und ich musterte Alice interessiert. Sie wartete. „Alice… wie sehr hast du vor Edward deine Gedanken im Griff?“ Sie kniff die Augen zusammen und überlegte genau. Ich auch. Wenn ich sie überzeugen konnte, wenn ich sie doch wenigstens einweihen konnte. Die Chance sie überzeugen zu können, dass sie mich verwandeln konnte war gering, aber vielleicht konnte sie mir helfen, dass es jemand anderer tat. „Sehr gut“, sagte sie schließlich wohl überlegt. „Wo ist Esme?“ Meine Geheimnistuerei ging mir selbst auf den Keks, Alice jedoch schien das nicht zu beunruhigen. „Ich denke nicht, dass sie uns hören kann oder uns zu hört. Sie ist sehr höflich“, sagte Alice schlicht. „Okay.“ Ich holte tief Luft und hoffte, dass sie nicht erschrocken aus allen Wolken fallen würde. „Alice, ich will so werden wie ihr. Ich werde mich verwandeln lassen“, sagte ich (ich sagte mit bedacht „werde“ und nicht „will“). Sie nickte das ab. Ich war verwirrt. Sie nahm das einfach so hin… „Ich tue das nicht“, sagte sie. Ihr Gesicht war unergründlich. Ich war enttäuscht, obwohl ich das längst wusste. Es hätte mich nicht so treffen dürfen. Bevor ich etwas sagen konnte ergänzte sie: „Ich habe deine Entscheidung gesehen und mir lange Gedanken darüber gemacht. Aber es geht nicht Bella.“ „Weiß Edward von meiner Entscheidung?“, fragte ich erschrocken. „Nein. Ich habe mich in seiner Gegenwart sehr gut unter Kontrolle… wenn ich will.“ Ich nickte fachmännisch. „Hilfst du mir?“ „Was hast du vor?“ Ich wusste nicht, ob ihr mein Vorhaben anvertrauen konnte, ob sie es weiter erzählte. Ihr Gesicht, ihre Körpersprache verriet nichts. „Du darfst es niemandem weitererzählen oder denken“, fügte ich der Form halber zu. Sie nickte und ich glaubte ihr. „Entweder…“ – Wie formulierte ich, dass ich vorhatte Jaspers Schwäche oder Rosalies Zorn auszunutzen? – „ich überzeuge jemanden von euch, auch mit abgekarteten Mitteln“, ich sah, dass sie mich verstand und sorgte mich, da sie keinerlei erschrockene Reaktion zeigte, „oder… Victoria.“ Nun war sie wirklich entsetzt. Sie schüttelte langsam und Luft holend (als hätte sie das nötig) den Kopf. „Nein Bella, Bella nein“, murmelte sie wie traumatisiert. Ihr Blick war leer und ging an mir vorbei. „Alice, ich muss. Wenn ich nicht schnellsten einer wie ihr werde, dann wird das alles richtig unglücklich enden. Für alle.“ Immer noch saß sie mit leerem Blick Kopf schüttelnd vor mir. „Alice bitte, hilf mir“, flehte ich, „ich habe keine Ahnung wie das anstellen soll.“ Das stimmte. Wie finde ich sie? Wie bewahre ich mich davor, dass ich nicht starb, sondern lediglich verwandelt wurde? Ohne, dass Edward mich theatralisch retten musste und sich selbst in Gefahr brachte? Sie machte ein gequältes Gesicht. „Ich weiß nicht“, sagte sie nur. Was für eine dumme Idee, dachte ich prompt, sie würde mir nicht helfen. „Ich weiß nicht, ob ich stark genug bin, gegen sie zu kämpfen.“ Ich horchte auf, hieß das ja? „Du willst mir helfen?“ Sie schnaubte. „Ja, auch wenn es das letzte ist was ich tue“, ich sah sie mit aufgerissenen Augen an, „wenn Edward das erfährt, oh er wird sehr sehr wütend sein. Es ist seine größte Angst, dass du so wirst wie er. Er will dir das nicht antun.“ „Wie können wir meine Verwandlung durchführen?“ Ich überging das mit Edward. „Es dürfte nicht schwer werden Victoria dazu zu reizen, dass sie dich beißt. Die Schwierigkeit ist allerdings erstens sie zu finden und zweitens sie davon abzuhalten dich nicht nur zu beißen, sondern auch zu töten.“ „Ich weiß“, murmelte ich. „Und was ist mit Charlie? Deiner Mum? Wenn du erst mal einer wie wir bist-“ „Jaah“, machte ich nur, darüber hatte ich nicht nachgedacht. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich glaube nicht, dass du äußerlich anders aussehen würdest“, begann Alice, „das Problem ist, wie du Charlie erklären willst, dass du nichts mehr isst und, dass du nicht mehr in die Sonne raus gehst. Ganz davon abgesehen glaube ich nicht, dass du… menschlichem Fleisch sofort widerstehen könntest.“ Stimmt, das war ein Problem. „Kannst du nicht bis zu deinem Schulabschluss warten?“ „Nein“, sagte ich eindringlich, „ein Jahr… wir haben nächste Woche die letzte Schulwoche… danach wäre doch die Gelegenheit. Ich könnte Charlie und Renée sagen, dass ich bei Edward die gesamten Ferien über bin. Charlie mag Carlisle… er würde nichts dagegen haben…“ „Und danach? In 2 Monaten schaffst du es nicht dich zu kontrollieren.“ Ich seufzte. Sie erwartete, dass ich mir darüber Gedanken gemacht und einen perfekten Plan hatte. Ich hatte darüber nachgedacht, ja, aber nur wie ich ein Vampir werden konnte, nicht was danach war. „Vielleicht… ich könnte einfach eine Weile krank sein, Carlisle ist Arzt… oder ich ziehe mit Edward weg… ich weiß auch nicht. Können wir es nicht einfach darauf ankommen lassen?“ Alice war nicht überzeugt von meinem käselöchrigen Plan. „Bleibt das Problem wie ich überhaupt erstmal wie ihr werde“, kam ich auf das Ausgangsproblem zurück. „Ich denke, dass ich es hinkriegen könnte.“ „Wirklich?“ Meine plötzliche überschwängliche Freude machten sie stutzig. „Aber wir müssen-“ Alice verstummte augenblicklich. „Was ist Alice? Siehst du etwas?“ Es kam mir vor als wäre sie noch eine Nuance bleicher geworden. „Victoria“, hauchte sie. „Was ist mit ihr?“ Ich rüttelte sie sanft. „Sie hat beschlossen dich zu töten“, sagte sie und ich verstand ihre Aufregung nicht. „Das… ist ja nichts neues“, sagte ich irritiert. „Jaah“, hauchte sie abwesend. Sie schüttelte den Kopf und sah mich an. „Wir besprechen das ein anderes Mal. Ich werde demnächst ein paar Nachtwachen übernehmen, dann-“ „Ein paar was?!“ Ich sagte das wenig zu laut. Alice sah mich mit großen Augen an. „Hat dir Edward etwa nicht gesagt, dass wir dich bewachen?“ Ich zog die Augenbrauen hoch. „Nein“, sagte ich langsam. Nein, sie weiß es noch nicht, es würde sie zu sehr ängstigen, hatte er damals zu Jasper und Emmett gesagt. Sie würde solche Maßnahmen nicht wollen… Meinte er das? Dass er mich rund um die Uhr bewachte oder bewachen ließ, weil ich in so großer Gefahr schwebte? Oder eine Gefahr für andere war?, setzte ich in Gedanken hinzu. „Hm“, machte Alice, „Esme kann uns hören“, sie stand auf. „Es bleibt dabei, Alice?“ Sie nickte unmerklich beim herausgehen ohne mich anzusehen. Sie ließen mich in Ruhe und ich war nicht undankbar dafür. Ich konnte nachdenken. Ich verstand Alice’ Reaktion von vorhin nicht. Hatte sie vielleicht gesehen wie sie mich getötet hatte? Ich sprang auf. „Alice?“ Ich musste sie das fragen. Doch statt Alice kam Esme herein. „Hast du Hunger Bella?“ „Ähm, ja“, sagte ich schnell. Esme lächelte liebevoll und nahm meine Hand. „Komm, wir kochen etwas. Ich hab eingekauft.“ Sie freute sich richtig. Ich versuchte ihr Lächeln ebenso zu entgegnen, doch es fiel mir schwer. „Hm… du magst doch gerne Lasagne, hast du Lust sie selbst zu machen?“, fragte sie mich, als wir in der Küche ankamen, „Nicht, dass ich wüsste wie das geht“, sie lachte. Wir machten Lasagne. Esme blühte förmlich auf, doch ich war zu abgelenkt. Ich wollte nachdenken, meinen Ängsten nachgehen um Lösungen zu finden. „Schmeckt das?“, wollte sie wissen, als ich den ersten Bissen nahm. „Ja“, ich versuchte sie herzlich anzulächeln, obgleich ich abwesend war. „Bella, du brauchst dir keine Sorgen machen“, sie deutete meine Abwesenheit als Besorgnis, „wir werden alles tun um deinen Vater und dich zu beschützten.“ Ich nickte mit einem schmalen Lächeln. Es lag nicht in ihrer, es lag in meiner Macht das zu tun. Am Abend waren Carlisle, Edward und Alice da. Esme und Rosalie beschützten Charlie. Jasper und Emmett suchten weiter nach Victoria. Ich fühlte mich wie das fünfte Rad am Wagen. Wir saßen verteilt im Wohnzimmer. Alice verabschiedete sich von Zeit zu Zeit. Ich hoffte, dass sie das tat um sich zu sammeln, damit Edward nicht ihre Gedanken las, wenn sie an unser Vorhaben dachte. Carlisle hatte ein paar Akten und Bücher aus seinem Büro im Obergeschoss geholt, um uns Gesellschaft zu leisten. Edward spielte auf dem Klavier. Dann setzte er sich mal zu mir. Dann sah er aus dem Fenster. Dann schritt er den Raum auf und ab. Es machte mich wahnsinnig. „Kannst du das sein lassen“, bat ich zerknirscht. Ich hasste es, mich ihrer so aufdrängen zu müssen. Edward setzte sich mit gesenktem Blick neben mich. Ich hatte die Füße auf die Couch gestellt und ein Buch auf meinen Knien liege, das mich nicht im Mindesten interessierte. Doch ich tat so. Ich spürte, dass Carlisle genau dasselbe tat, doch er versteckte es besser als ich. Ich sah alle paar Sekunden hoch, aus dem Fenster, zu Edward, zu Carlisle, zur Tür. Wenn ich ein Vampir war, ist das erste was ich mache Schauspielunterricht nehmen. „Ich gehe schlafen“, ich stand auf, „ähm wo kann ich schlafen?“ „Wo du willst“, antwortete Edward matt und sah auf seine Hände. „Okay“, sagte ich und ging aus dem Wohnzimmer und blieb davor stehen. Wie sollte ich jetzt einschlafen können? Ich ging hoch in sein Zimmer und legte mich auf seine Couch. Ich drehte mich zum Sofarücken und bedeckte mich bis zum Bauch mit der weißen Wolldecke. Ich schlief nicht. Ich dachte nach. Alice würde mir helfen und ich würde für immer mit Edward zusammen leben können. Ein schöner Gedanke. Für immer… und ich konnte meine menschliche Familie beschützen. Ich hoffe nur, dass Charlie mir die Sache abkaufte. Immerhin musste ich ihm einen Sommer lang fern bleiben und ihm danach einiges vorspielen. Ich hoffe nur, dass ihm das mit dem Essen nicht so auffiel. Nicht, dass er denke würde, ich wäre wieder am Rande des Magersuchtswahnsinns. Hm, das würde sich schon irgendwie regeln. Der Gedanke mit Edward immer zusammen zu sein war zu stark, als das ich mir über so was jetzt Sorgen machen würde. „Schläfst du?“, flüsterte Edward von der Tür aus. „Nein“, sagte ich mit normaler Stimme, rührte mich aber nicht. Ich hörte nicht, dass er auf mich zu schritt, doch ein paar Augenblicke später stand er neben dem Sofa. Ich wandte den Blick nicht von dem Sofarücken ab. „Du bist so komisch im Moment“, er kniete sich neben mich, „ich weiß, dass es hier nicht sehr spannend ist, kann ich dir irgendetwas Gutes tun?“ Ich sagte nichts. „Das ganze hier tut mir wirklich Leid. Und bitte, du brauchst keine Angst zu haben. Du bist vollkommen sicher.“ „Ich weiß“, flüsterte ich und drehte mich langsam zu ihm um, „unser Leben ist ganz schön chaotisch geworden, seid wir einander kennen nicht wahr?“ Ich lächelte gequält. Er erwiderte es ein wenig freundlicher. „Ja“, stimmt er zu, „aber das ist das Chaos auf das ich gewartet habe… 100 Jahre lang.“ Sein wohlgeformtes Gesicht war einen Hauch vor meinem. Er küsste meine Unterlippe. Mein Herz klopfte laut. Ich wollte ihn. Ewig. Und ich hatte mich entschieden. Kapitel 7: Verlust ------------------ Ein wenig kürzer als sonst... aber das nächste ist wieder länger... Bin gespannt auf eure Reaktionen bei diesem und dem nächsten Kapitel (lade ich am Freitag abend hoch). LG und vielen Danke fürs Lesen, hf, V/*F* -------------------------------------------------------------- Am Morgen wurde ich mit Frühstück ans Bett bzw. Frühstück ans Sofa begrüßt. Woher er frische duftende Brötchen und Aufschnitt hatte, fragte ich erst gar nicht. Im ersten Moment sah ich gar nichts. Es war stockdunkel. Ich sah fast nichts. Ich richtete mich auf und öffnete mit der Fernbedienung, die auf dem Tisch neben dem Sofa lag die Rollläden. Sekunden später war der Raum durchflutet mit gleißendem Sonnenlicht. „Oh“, ich räusperte mich, „entschuldige.“ Ich wollte die Rollläden wieder schließen lassen, doch er nahm mir die Fernbedienung aus der Hand. „Schon okay“, murmelte er. Ich aß, während er mir von den Vorkommnissen der letzten Nacht erzählte. „Emmett und Jasper haben Victoria gesehen, aber sie kamen nicht nah genug heran. Charlie ist sicher. Rosalie und Esme bewachen ihn immer noch. Victoria war nicht in der Nähe von ihm. Sie scheint kein Interesse an deinem Vater zu haben, aber wir bewachen ihn trotzdem weiter. Sollte sie auch heute nicht in die Nähe von Charlie kommen, lassen wir ihn in Ruhe. Er schöpft schon Verdacht. Er hat mal Schatten gesehen und das Auto von Rosalie… na ja unsere Autos insgesamt sind nicht sehr unauffällig. Einen Polizisten zu bewachen ist nicht sehr einfach weißt du? Selbst für uns nicht“, er lächelte, „ist das okay für dich?“ Ich überlegte einen Moment worauf er sich jetzt bezog, verstand dann aber, dass er sich auf den Abzug von Charlie bezog. „Ja, sicher.“ Eigentlich war es mir nicht recht, aber er würde wohl recht haben. Sie würde mit einem Tod an Charlie kaum etwas erreichen. Es würde einen riesigen Aufruhr geben und die Cullens würden mich doppelt so stark bewachen, so dass sie nicht an mich herankam. Nach dem Frühstück machten wir uns fertig für die Schule (Edward zog sich andere Sachen an). Der Schultag war friedlich und normal wie immer. Trügerisch. Denn ich wusste, dass Edwards Blicke durch die Cafeteria, die Flure, die Klassenzimmer nicht dem Interesse an den Dingen galten, sondern der Wachsamkeit vielleicht ein ungewöhnliches Anzeichen zu sehen. Doch es geschah nichts, zumindest nichts was ich wahrnehmen konnte und Edward berichtet mir auch nicht, dass irgendetwas Merkwürdiges vor sich ging (nicht, dass das etwas bedeutete). Edward und ich machten einen Zwischenstopp bei Charlie, der von seiner Frühschicht wieder da war. „Hallo Bella und? Kommt ihr gut voran?“ Edward warf mir einen schnellen, unauffälligen, aber für mich bedeutungsvollen Blick zu. Ich stutze kurz, wusste aber dann was er meinte. „Jaah, sehr sehr gut sogar“, ich trug ein wenig dick auf, „ich würde gerne bis Sonntag noch bei Dr. Cullen bleiben. Er hat nichts dagegen. Ist das okay? Kommst du klar?“ Er hatte die Augenbrauen hochgezogen. „Ja, ja sicher. Wenn du willst. Klar…“ „Danke Dad“, sagte ich und stiefelte mit Edward im Gepäck hoch, um noch ein paar Kleidungsstücke und Schulsachen zu holen. Es fühlte sich merkwürdig an. Ich war zwar nicht Alice, aber ich hatte ein komisches Gefühl, als wir in Edwards Volvo die Straße entlang fegten. Es fühlte sich an, als würde ich Charlie länger verlassen… als würde ich länger zu Edward ziehen und mich überkam die Angst, dass das stimmte, dass Victoria vielleicht noch länger auf mich Jagd machte ohne, dass die Cullens sie kriegen konnten und ich bei ihnen bleiben musste. Ich hoffte nicht, dass Charlie glaubte, dass ich lieber bei ihnen wäre, als bei ihm. Armer Charlie. Ich fühlte mich wie auf einem Bahnhof. Sie kamen und gingen und kamen wieder und gingen wieder. Und wenn sie kamen sagten sie mir „Hallo“, wenn sie gingen „Tschüß“. Mal setzte sich jemand zu mir, mal sprach jemand kurz mit mir, doch keiner blieb lange. Weder im Haus allgemein, noch bei mir. Es war interessant das Schauspiel zu beobachten und es war nicht so, dass ich Langeweile hatte, doch ich fühlte mich in dieser Hinsicht anders als auf einem Bahnhof: Nämlich eingeschlossen. Die einzige die nicht raus durfte, sollte, konnte, wollte, musste. Wie auch immer. Ich mochte das Gefühl nicht da zu sitzen, zu warten und umsorgt zu werden. Nicht so wie jetzt. Es gab mir das Gefühl, ein kleines Kind zu sein, das in einer Glasglocke (keine allzu untreffende Bezeichnung für das Haus der Cullens) sitzen musste. Auch eine beiläufige Korrektur meiner Matheformel von Edward, als er am Nachmittag kurz reinschneite, machte das nicht besser. „Und?“, fragte ich als sich Edward erschöpft, natürlich tat er nur so, neben mir auf der Couch niederließ. „Wir werden deinen Vater nur noch diese Nacht bewachen. Das Wochenende nicht mehr. Wir haben es ein paar Mal geschafft nah genug an sie heran zu kommen, dass ich ihre Gedanken lesen konnte und ich habe nichts Neues gelesen. Auch nichts bezüglich deines Vaters. Wir glauben, dass er außer Gefahr ist. Wir konzentrieren uns jetzt voll und ganz auf die Jagd“, erklärte Edward, der einen Arm um meine Schulterblätter gelegt hatte. Ich hatte das Biobuch auf meinem Schoß aufgeschlagen, das er jetzt interessiert tuend musterte, während ich ihn ansah. Ich schloss das Buch und lehnte den Kopf an seine Schulter. Wie sehr ich diese harte kalte Schulter an meiner Wange liebte. Ich hob den Kopf und sah ihn an: „Schläfst du heute mit mir?“ Ich sah in seinen Augen einen plötzlichen Stimmungswechsel. „Ich meine…“ Ich bemerkte, dass jemand gerade in das Zimmer rein gegangen und bereits wieder raus gegangen war. Ich wurde rot. „Ich meine, ob du heute bei mir schläfst, also ob du bleibst.“ „Ja, wenn du das möchtest.“ Seine Stimme zitterte und sein Grinsen war nicht sehr ehrlich. „Hmmm“, machte ich. Im selben Augenblick kamen Alice, Carlisle, Esme und Rosalie herein. Sie lachten über irgendetwas (das ich hoffte nicht zu sein). Abgesehen von Rosalie die finster drein sah. Ich setzte mich gerade hin und sah sie verwirrt an. Edward begann nun auch zu lachen. Ich musste unweigerlich auch grinsen. „Was?“, fragte ich und sah einen nach dem anderen an. Carlisle, der erste der sich fasste, räusperte sich und sagte: „Wir haben in Erfahrung gebracht, dass dein Vater eine Anzeige gegen unbekannt aufgegeben hat. Wegen Stalkings.“ Alle lachten. Ich nicht „Oh“, sagte ich nur. Das war nicht gut. „Keine Sorge. Es ist, wie gesagt, eine Anzeige gegen unbekannt und außerdem bewachen wir ihn nun nicht mehr“, besänftigte Carlisle mich. Ich nickte. „So, Jasper und Emmett haben jetzt Jagddienst“, ich schnaubte bei dem Gedanken, „gleich ziehen Esme und Carlisle los… wir könnten etwas machen“, bot Alice an. Rosalie seufzte ein wenig zu laut, drehte sich auf dem Absatz um und stiefelte hinaus. Edwards Gesicht verfinsterte sich augenblicklich. „Lass sie Edward. Du weißt genau warum sie so reagiert. Aber sie hilft“, flüsterte Alice, doch ich verstand jedes Wort und ich glaubte, dass war auch beabsichtigt. Edward nickte. „Ein Film? Bella, hast du Lust einen Film zu sehen? Wir haben viele Filme…“, zwitscherte Alice fröhlich und tänzelte aus dem Zimmer ohne meine Reaktion abzuwarten. „Es kommt mir alles so unwirklich vor“, sagte ich unwillkürlich. „Hm?“, Edward legte seinen Kopf ganz sanft an meinen. „Das alles hier. Nicht, dass ich unsere Beziehung allgemein irgendwann mal als wirklich empfunden habe, aber das hier… ist noch viel unwirklicher als alles andere.“ „Du bist süß“, hauchte er und küsste meine Schläfe. „Komm, Alice hat ‚Pretty Woman’ ausgesucht.“ Er kicherte leise. Ich achtete kaum auf den Film, da ich merkte, dass Edward und Alice sich miteinander unterhielten. Obwohl beide es gut verbargen, wusste ich zu bestimmten Zeitpunkten, dass Alice gerade in die Zukunft sah. Zwar starrten beide auf den Fernseher, doch mir war klar, dass das alles nur Fassade war. Für mich. „Ich geh schlafen“, sagte ich bei der Hälfte des Films. Ich sagte beabsichtigt nicht „gehen wir schlafen“, weil ich nicht wollte, dass er sich verpflichtet fühlte mir beim schlafen Gesellschaft zu leisten. Doch er kam direkt hinter mir her. „Komm wir gehen hier rein“, sagte er als ich seine Zimmertür aufmachen wollte. Er stand ein paar Meter vor mir und hielt die Tür von Esmes und Carlisles Schlafzimmer offen. Ich runzelte die Stirn. „Ähm, haben sie nichts dagegen?“ Mir war nicht wohl dabei noch mehr in die Privatsphäre der Cullens einzudringen. „Natürlich nicht. Es wird sowieso nicht genutzt, kaum genutzt“, verbesserte er sich und seine Mundwinkel zuckten leicht, „dann setzt es immerhin keinen Staub an.“ Er grinste nun. Ich nickte nachdenklich. „Ich mach mich eben fertig“, nuschelte ich und verschwand ins Bad. Ich wunderte mich immer wieder wie normal eingerichtet das Haus war. Als hätte sie öfter menschlichen Besuch. Nach der Katzenwäsche glitt ich in meine Schlafkleidung und huschte ins große Schlafzimmer. Es erinnerte mich unweigerlich an das Bett in der Villa, wenn es auch hier nicht ganz so groß war, und mit ihm ebenso an die wunderschönen und schrecklichen Erinnerungen. Edward sah aus dem Fenster in die mondklare Nacht. Als ich das Zimmer betrat, lächelte er und klopfte neben sich aufs Bett. Ich legte mich neben ihn. Mein Kopf lang an seiner Brust. Er hatte die Wange zu meiner Schädeldecke geneigt. Ich tastete nach seiner Hand. Unsere Finger umspielten sich. Wir sind zwar im Krieg, kam mir plötzlich der Gedanke, aber… ich sah zu ihm auf und konnte von seinem Gesicht fast nur das Kinn sehen. Ich küsste es. Seine Lippen formten ein Lächeln. Ich rückte mich unbeholfen ein wenig höher, weswegen mein Kopf an sein hartes Kinn stieß. „Ah“, stieß ich hervor und rieb kurz über die Stelle. Wieder lächelte Edward. „Liebe tut weh“, kommentierte ich. „Jaah“, machte er. Jetzt waren wir, Edward hatte mich hochgezogen, auf Augenhöhe. Ich ergriff nach langen innigen Blicken die Initiative und küsste ihn leidenschaftlich, jedoch immer darauf bedacht, aufhören zu können und ihn weiter gehen zu lassen. Und er ging. Seine kalten Finger malten meine Wirbelsäule nach. Ich bekam eine Gänsehaut, allerdings nicht von der Kälte. Ich strich seitlich von seiner Brust herunter zu seiner Hüfte. Ihn zu berühren und ihn dabei zu küssen, war das größte Geschenk, das er mir machen konnte. Doch genau in dem Moment, wo ich nichts empfand außer pure Zufriedenheit und erquickliches Wohlbefinden, erstarrte Edward. Er riss die Augen weit und bedrohlich auf und schob mich von sich weg. Es hatte nichts mit dem zu tun was wir vorher getan hatten. Er richtete sich schlagartig auf. „Nein“, murmelte er. Ich atmete zu schnell. Meine Brust brannte. Er ging aus dem Zimmer und ich, so schnell ich konnte, hinterher. „Alice- nein- ist das war?!“, schrie Edward auf einmal, als ich auf alle 7 Cullens im Wohnzimmer stieß. Ich zuckte zusammen (ich empfand nicht mal Schamgefühle im Seidennachthemd vor ihnen zu stehen und bemerken tat es auch keiner). Erschrocken sah Edward jeden einzeln an, schließlich Alice. Sie hatte die Augen verschlossen und konzentrierte sich. „Edward, was-?“ Er hob die Hand. Ich verstummte. Keiner sprach und keiner atmete außer mir. Als Alice die Augen wieder öffnete hielt ich den Atem an. Sie nickte. Dann ging alles ganz schnell. Ich sah nur noch Farbfetzen um mich herumfegen und schließlich ergriff ich Edwards Hand und zog ihn zu mir. „Was ist geschehen?“ Edwards Gesicht glich dem eines Richters: Neutral, kalt, gefasst. „Victoria ist im Begriff deinen Vater zu töten.“ Ich brauchte ein paar Momente um zu verstehen, was er gesagt hatte. „Charlie…“, war das einzige was ich hervorbrachte. Ich zitterte, mir war schlecht, mein Hals trocken, mein Herz pochte so laut, dass es weh tat. „Nein, nein, NEIN!!“, schrie ich mit krächzender Stimme. „Esme bleibt bei dir, es tut mir leid, wir brauchen meine Fähigkeit“, er wollte an mir vorbeirauschen, doch ich hielt ihn fest. „Du nimmst mich mit“, forderte ich. „Rede keinen Unsinn“, nuschelte er, doch er sah die Beharrlichkeit in meinen Augen. „Ich muss mich beeilen“, sagte er nachdrücklich und dann war er wirklich weg. Ich achtete nicht darauf, ob mich jemand sehen konnte oder nicht. Ich rannte die Treppen runter, im Vorbeigehen schnappte ich mir einen Mantel (es war Edwards), den ich überwarf, rannte aus dem Haus heraus und sprang in Edwards Volvo (sie ließen die Autos grundsätzlich mit steckendem Schlüssel stehen, wer würde auch im tiefsten Wald ein Auto klauen?). Niemand schien mein Verschwinden bemerkt zu haben. Ich fuhr bereits aus dem Wald heraus auf die Straße. Mir war jegliche Vorschrift, jeglicher Strafzettel egal und auch jegliche Nachteile Edward gegenüber, was die Reflexe betrafen: Ich raste. Das Lenkrad wurde immer nasser und mein Gesicht brannte. Charlie, nein, nein nicht Charlie, nimm mich, dachte ich unaufhörlich… als ob das etwas nützen würde… Ich achtete nicht auf die Geschwindigkeit. Es war tiefste Nacht und niemand war auf den Straßen. Noch 4 Straßen… mein Magen schmerzte bei jeder Bewegung, noch 3 Straßen… mein Herz schlug so schnell, dass ich Angst hatte, es würde nicht mehr lange dauern bis es aufhörte, noch 2 Straßen… meinen Tränen liefen unaufhörlich… noch eine Straße… ich stieg aus und rannte um die Ecke zu unserem Haus. Ich atmete nicht mehr. „NEIIIIIN!!!“, schrie ich durch die erstickend stille Nacht. Vor meinem Haus sah ich 7 Gestalten auf dem Boden kauern und wusste, dass es zu spät war. Zu spät… und es war meine Schuld. Kapitel 8: Meine Schuld ----------------------- Bevor ihr lest, möchte ich euch dringend diese Musik zu dem Kapitel empfehlen: http://www.youtube.com/watch?v=f8n4Akzz8sc Jetzt am Anfang des Kapitels besonders 2:01-2:35min. Passt sehr gut dazu, wie ich finde. Vielleicht habt ihr ja Lust das auszuprobieren. Freue mich auf Kommis, lg & danke fürs lesen Vanessa/*Fane* ------------------------------------------------ „Bring sie weg!“, schrie einer der sieben. Wie in Trance kam ich näher. Ich sah über Jasper hinweg. Da lag er. Mit ausgestreckten Armen, aschgrau. Tot. Irgendeine Hand drückte ihm die vor Angst erstarrten Augen zu. Seine Haut war eingefallen. Kein Tropfen Blut war mehr in ihm. Ich konnte nicht mehr weinen, nicht mehr atmen, nicht mehr sprechen, nicht mehr fühlen. Ich starrte ihn einfach nur an. „Bring sie weg!“, zischte jemand. „Nein lass sie“, ein anderer. Ich kniete mich nieder, die anderen wichen zurück. Ich berührte seine Wange. Sie war noch ein bisschen warm. Die unrasierte faltige Wange fühlte sich an wie immer. Doch das war es nicht. Niemals mehr würde sie es sein. Niemals mehr. Und warum hatte Victoria ihn verspeist? Ich hätte fast über meine eigenen makaberen Gedanken gelacht, wenn ich zu einem anderen Gesichtsausdruck als einem stillen Entsetzen fähig gewesen wäre. Weil sie mich wollte und mich nicht bekam, antwortete ich mir selber. Ich strich über seine ausgestreckten Arme. Er ist anstelle von mir gestorben, wurde mir klar. Dann will ich mit ihm sterben, beschloss ich und prompt sprang ich auf. „Was tust du?“ Ich wusste nicht welche Stimme es war, die sprach. „Wen interessiert das noch? Ich will sterben! Er ist wegen mir gestorben!“, schrie ich geradeaus in die schwarze Stille. Wer dann neben mir war und mich zurückhielt wusste ich ganz genau. „Lass mich“, fauchte ich mit nicht gedachter fester Stimme und scharfem Ton. Ich sah wie Edward aufgrund meiner Entschlossenheit ein paar Zentimeter zurückwich, doch dabei blieb es. Er ging weiter neben mir her. Über mein wütendes Gesicht flossen die Tränen. „Bella-“ „Ich will es nicht!“, schrie ich aus ganzem Leib, „Ich will dein Mitleid nicht! Wenn ich sterbe, hat jeder seinen Frieden und am allermeisten ich!!“ Er ließ mich gehen. Ich ging an ihm vorbei und um die Ecke zu dem Volvo. Ich würde sie finden, egal wo sie war, sie wartete sowieso auf mich. Mechanisch fasste ich an den Türgriff. Das Auto war abgeschlossen. Nun übermannte der Schmerz meine Wut und meine Entschlossenheit. Hätte ich das durchgezogen, hätte ich keinen Schmerz mehr empfunden, doch nun war alles anders. Ich brach vor dem Auto zusammen und hämmerte mit den Händen auf das Auto ein. „Nein!! Nein!!“, schrie ich immer und immer wieder. Meine Hände waren, selbst in der Dunkelheit erkennbar, rot und geschwollen. Meine Augen schmerzen, mein Gesicht war triefend nass. Meine nackten Füße waren eiskalt. Mein Körper zitterte, den Mantel hatte ich lieblos über die Schulter gelegt. Ich spürte meinen Körper kaum noch. Jeder Schmerz war ein erneutes Zeichen, dass ich lebte und das wollte ich nicht. Nie mehr. Niemand hielt mich auf und so schrie und hämmerte ich weiter auf das Auto ein. Meine rechte Hand blutete. Mir war alles egal. Hier habt ihr mein Blut, teilt es gerecht auf sieben auf, schrie es in mir auf. Ich verlor jegliche realistische Wahrnehmung. Und dann auch das Bewusstsein. „Wie viel Zeit ist vergangen?“, fragte ich, als ich merkte, dass ich wieder wach wurde und meine Augen öffnen konnte. Ich wusste sofort, dass ich zusammengebrochen war und nun im Krankenhaus oder in einem anderen Bett lag. „Ein paar Stunden. Es ist Samstagmorgen“, antwortete mir die vertraute Stimme. Ich richtete mich auf und sah nun, dass ich in demselben Bett lag, indem ich gelegen hatte, bevor- Augenblicklich stiegen mir Tränen in die Augen. Charlie war tot. „Was erzählt ihr ihnen?“ Edward wusste was ich meinte. „Wir haben ihn einen Nachbarn auf seiner Veranda finden lassen. Wir lassen es wie einen Herzinfarkt aussehen. Carlisle hat alles arrangiert und hinterher auch nichts ahnend die Leiche offiziell im Krankenhaus untersucht“, erklärte er mit emotionslosem Ton, „Jegliche Aufmerksamkeit, ein Mord oder ähnliches, gäbe ihr nur die Chance, das zu ihrem Vorteil zu nutzen.“ Ich stand auf. Widerstandslos ließ mich Edward passieren. Die Stille des Hauses erdrückte mich. Ich trug immer noch dieselbe Kleidung. Meine Hände waren verbunden. Im Wohnzimmer saßen oder standen alle Cullens wie Statuen. Bis auf Emmett und Rosalie. Sie sahen auf und folgten meinem Gang. Ich schritt auf Alice zu und durchbrach ohrenbetäubend die Stille: „Warum hast du es nicht eher gesehen? Warum hast du es nicht gesehen? Warum-“, meine Stimme erstarb. Ich rüttelte sie, doch sie bewegte sie genauso wenig als wenn sie ein Felsbrocken gewesen wäre. Ich kniete mich hin und schluchzte. „Verzeih mir“, sagte ich sogleich wieder, „es ist alles meine Schuld.“ Ich war so durcheinander. In der einen Sekunde überkam mich die Angst, in der anderen die Enttäuschung, dann wieder die Trauer, dann der Schmerz, dann die Traurigkeit, dann die Schuld. Und alles war so real, dass ich allein daran sterben könnte. Alice blieb regungslos vor mir stehen. Edward stand ebenso regungslos in der Tür. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gedacht, dass wäre die Art wie Vampire trauerten und weinten, doch was bedeutete ihnen mein Vater? Er war ein essbarer Mensch wie jeder andere. Ich tue ihnen Unrecht, schoss es mir dann widersprüchlich durch den Kopf. Es war meine Schuld. Und auch wenn ich es mir oft sagte, es war kein einreden. Ich wollte mir nur bewusst werden, dass es so war. Es war eine Tatsache. „Wann ist die Beerdigung?“, sagte ich tonlos und stand auf. Den Blick immer noch auf Alice Füße gerichtet. Alice antwortete: „Ich habe alles vorbereitet. Sie wird morgen stattfinden. Nach der Sonntagsmesse.“ Ich weinte bitterlich und fiel Alice um den Hals. Ich konnte nichts sagen. Nichts, was mir jetzt so wichtiges durch den Kopf schoss. Danke Alice, es tut mir Leid Alice, danke euch allen, aber ich will sterben. Alice tätschelte mir den Rücken. Stattdessen fragte ich Alice belanglos nach Kleidung für die Beerdigung. Alice nickte nur. Ich wich gerade von ihr zurück, als Edward neben mir stand und mir mein vibrierendes Handy hin hielt. „Es ist Billy. Willst du mit ihm reden? Sonst könnte ich-“ „Nein“, ich wischte mit dem Handrücken die Tränen weg, „schon okay.“ Ich nahm das Hand, atmete einmal stotternd ein und aus und sprach: „Hallo? Billy?“ „Hallo Bella, hier ist Billy.“ Seine Stimme zitterte und war nicht so kraftvoll wie sonst. Er machte eine kleine Pause und ich sagte nichts. „Mein aufrichtiges Beileid. Von uns allen hier im Reservat.“ Er hatte auch geweint, schoss es mir durch Kopf und eine heiße Träne lief mir das Gesicht entlang. „Danke“, sagte ich mit erstickter Stimme. „Wenn ich dir irgendwie helfen kann, Bella, jeder von uns hier im Reservat. Wir kannten Charlie alle sehr gut und mochten ihn sehr.“ „Danke“, sagte ich wieder und nickte dummerweise. „Bella, ich rufe noch wegen etwas anderem an“, seine Stimme klang nun viel weiter entfernt, „dein Vater und ich haben die Testamente gegenseitig aufbewahrt...“ Ein Testament…, ging es mir hallend durch den Kopf. „Jake wollte es dir bringen, aber er sagt, dass du nicht zu Hause bist-“ „Ich hole es mir bei dir ab. Danke Billy.“ Ich spürte, wie die Cullens um mich herum sich nervös ansahen. „Gut Bella. Noch was. Weißt du wo Charlie mein Testament aufbewahrt hat?“ „Nein, ich suche es und bringe es dir gleich mit, danke Billy“, sagte ich wiederum. Ich konnte ihm einfach nicht genug danken, obwohl er ja eigentlich nicht viel getan hatte. Aber die bloße Tatsache, dass er nichts mit Charlies Tod zu tun hatte, machten ihn um einiges sympathischer. „Alles Gute Bella“, sagte er leise. Ich legte auf. Ich weinte kurz, ergriffen von Billys Fürsorge, als ich den Kopf hob und sagte: „Ich fahre zu Billy ins Reservat.“ Sie tauschten wieder sorgenvolle Blicke aus, was mich rasend machte, doch ich blieb ruhig. Carlisle erhob sich. „Bella… keiner von uns darf dich begleiten“, gab er mir zu denken. Ich nickte, drehte mich um und stieß gegen Edward, der dann meine Hände hielt. „Bitte geh nicht“, sein Blick war angsterfüllt, „du siehst Billy und Jacob doch auf der Beerdigung morgen.“ Das stimmte. Aber vielleicht hätte ich jetzt die Chance, wenn ich alleine fuhr, Victoria zu suchen. Allerdings hatte ich die Gelegenheit immer noch und ich wollte nicht sterben, bevor Charlie nicht begraben war. „Schön“, sagte ich nur, „bring mich bitte nach Hause.“ Edward nickte, doch ließ mich nicht vorbei. „Noch was Bella“, sein Ton war sanft doch nicht das, was er sagen wollte, „wir haben deine Mutter informiert. Sie kommt heute Abend an, damit sie mit dir auf die Beerdigung-“ Ich hörte nicht mehr zu. Als ich das Wort „Mutter“ vernommen hatte, stiegen die Angst und die Wut in mir hoch. „WAS HABT IHR?!“, schrie ich und ich sah Alice mit gläserigem Blick zusammen zucken. „WOLLT IHR SIE AUCH NOCH UMBRINGEN?! WOLLT IHR SIE INS OFFENE MESSER RENNEN LASSEN?!“ Ich war erschöpft von den vielen Gefühls- und Stimmungswechseln. Ich atmete heftig. Es war nicht fair, sie für alles verantwortlich zu machen, doch es tat gut einen klitzekleinen Teil der Schuld abzugeben, auch wenn es weder richtig, noch die Wahrheit war. „Wir werden sie beschützen“, antwortete Edward leise. „Dann tut mir einen Gefallen“, meine Stimme war dumpf, „beschützt mich das nächste Mal und nicht sie. Dann stirbt wenigstens der Richtige. Das ist nicht fair!!“, schrie ich noch ohne Zusammenhang und rannte hoch in das Schlafzimmer. Ich nässte das Kissen. Mum… nein… sie durfte nicht kommen, sie durfte nicht hier sein… ich wollte sie nicht sehen, ich wollte hier nicht weg und das hätte sie sicherlich vor. Ich zog mich mechanisch an ohne großartig darauf zu achten. Mit knallroten geschwollenen Augen und matten, erschöpftem Gesichtausdruck stand ich vor dem Spiegel und kämmte mir die Haare. Ich senkte den Blick. Ich konnte sie nicht ansehen. Das Mädchen, das ihren eigenen Vater wissentlich einer Gefahr ausgesetzt hatte, die ihn umgebracht hatte. Ich stellte mich in die Tür zum Wohnzimmer. Dort war alles wie vorher. „Ich bin fertig.“ Edward nickte und kam auf mich zu. Still fuhren wir zu meinem nun leeren zu Hause. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und die Tränen liefen leise weiter. Ich stand auf der Veranda und öffnete mit zitternder Hand die Haustür. Es war alles wie immer. Der Geruch, das einfallende Licht, die Tadellosigkeit. „Hilf mir bitte Billys Testament zu suchen“, sagte ich ausdruckslos ohne Edward anzusehen. Ich stapfte durch die Wohnung und riss hier und da eine Schublade auf. Mich interessierte die Suche gar nicht. Das Haus ohne Charlie war nicht mein zu Hause. Würde ich wirklich fort von hier gehen, jetzt wo mich äußerlich nichts mehr mit dem Ort verband? Nichts verwandtschaftlich-familiäres zumindest? Was würde meine Mutter sagen, wenn sie heute Abend kam. Die Freude sie zu sehen war in der untersten Schublade meiner Gefühle, wo ich jetzt auch einen großen Umschlag mit „Testament Billy Black“ fand. Ich empfand nur Angst und Schmerz. Wie absurd es war, dass ich genau vor einer Woche noch auf einer sonnigen Insel und überglücklich war. Ich kannte das Gefühl nicht mehr und konnte mir auch nicht vorstellen es je wieder empfinden zu werden. Es war alles so irreal. „Ich möchte hier bleiben“, beschloss ich und ließ mich auf der Couch nieder. Edward telefonierte. Ich verstand nicht was er sagte. Ich tat es ihm gleich und rief Billy an, um ihm zu sagen, dass ich es gefunden hatte und, dass wir es auf der Beerdigung austauschen sollten. Ich legte auf. Ich wusste nicht genau warum, doch ich nahm mechanisch die Fernbedienung in die Hand. Eine der wenigen Dinge, die wir mal zusammen gemacht hatten… ein Baseballspiel ansehen. Warum hatte ich nie mehr Zeit mit ihm verbracht und immer nur so viel wie eben notwendig? Obwohl ich ihn doch so sehr liebte… Ich wusste jetzt was das für ein Gefühl war, als ich gestern Nachmittag, es kam mir wie Ewigkeiten vor, hier gewesen war und Charlie darum geben hatte, bei Edward über das Wochenende zu bleiben. Das Gefühl war das Gefühl des Abschiedes. Warum wusste ich dies erst jetzt wo es zu spät war und warum war ich nicht bei ihm geblieben? Weil ich und alle anderen auch, nur an mich gedacht hatten. „Bella? Bella?“ Jemand hämmerte auf die Tür ein. Ich erkannte am Abend die panische Stimme meiner Mutter. Sie war also wirklich gekommen. Ich ging zur Haustür und öffnete sie. Meine Mutter fiel mir um den Hals. Sie weinte und presste mich an sich. Wir gingen rückwärts ins Haus. Edward schloss die Tür. Ich verzerrte mein Gesicht, denn weinen konnte ich nicht mehr. Ich war wie ausgetrocknet. „Oh Schatz, es ist so schrecklich“, piepste meine Mutter. Wir setzten uns aufs Sofa. Sie wuschelte mir über den Kopf. „Ist Phil nicht mitgekommen?“, fragte ich, um einfach irgendetwas zu fragen. „Nein, er durfte nicht, weil er ein Spiel morgen hat. Und vielleicht ist es auch besser so“, überlegte sie. Ihr vertrautes Gesicht war glänzend vor Tränen und merkwürdig fahl. Sie hatte sich zwar damals von Charlie getrennt, doch nicht in Hass. Charlie hatte sie immer noch gemocht und sie mochte Charlie auch immer noch. Die beiden hatten sich trotz allem einigermaßen verstanden. „Hast du schon was zum anziehen?“, wollte sie wissen. „Alice bringt mir gleich was vorbei“, murmelte ich matt. „Alice…“ Jetzt fiel meine Mutter wieder Edward ein, sie drehte sich zu ihm um. Er saß auf dem Sessel seitlich neben uns. Sie wusste nicht recht was sie sagen sollte und musterte ihn. Edward brach die peinliche Stille. „Ich bin Edward Cullen, schön Sie kennen zu lernen“, sagte er höflich und hielt ihr die Hand hin (was ich unverantwortlich fand, doch meine Mutter schien die Kälte gar nicht zu bemerken, sie sah noch nicht mal auf seine Hand). „Hallo“, sagte sie nur und lächelte mild. Es klopfte. Genau im richtigen Moment, dachte ich und huschte schnell zur Tür. Es war Alice. „Ich habe dir mehrere schwarze Kleider mitgebracht“, sagte sie, während sie eintrat. Sie machte meiner Mutter gegenüber einen kleinen nicht aufgesetzt aussehenden Knicks. „Guten Tag Misses, ich bin Alice Cullen. Brauchen sie auch noch Kleidung für die Beerdigung?“ Meine Mutter lächelte schmal und schüttelte dankend den Kopf. Wir brachten die Kleider hoch, ich murmelte, dass ich sie morgen anprobieren würde, und ging mit ihr wieder herunter. Alice und Edward saßen still im Wohnzimmer, ich wusste aber, dass sie sich „unterhielten“, während ich mit meiner Mutter Abendessen machte. Eine willkommene Abwechselung. Doch ich aß nichts von dem. Ich fühlte mich elend. Meine Mutter war so traurig und ich hatte ihr diese Trauer eingebrockt. Sie schlief neben meinem Bett auf einer Luftmatratze, da keiner von uns alleine schlafen wollte. Ich schlich über sie hinweg und wollte gerade ins Bad, als ich die Treppe runter sah und mehrere Fußpaare sah. Das Stimmengewirr, das ich zuerst gar nicht wahrgenommen hatte, hatte sich gelegt, als ich aus meinem Zimmer raus war. Ich ging runter. Alle Cullens standen dort. Alle in schwarzer Kleidung. Der Kontrast kam mir nicht mehr schön vor, wie damals auf dem Ball, sondern merkwürdig absurd. Esme schritt auf mich zu. „Wie geht es dir Liebes?“, fragte Esme. Es klang nicht mitleidig oder allzu herzlich, worüber ich froh war. Sie umarmte mich leicht, ich sie fester. „Danke, es geht mir gut“, sagte ich leise. Sie streichelte mein Gesicht. Ich wunderte mich einen Augenblick darüber, dass auch Rosalie in Beerdigungskleidung hier stand, doch schon sagte Edward: „Deine Mutter steht gleich auf. Wir sehen uns bei der Beerdigung.“ Ich nickte. Esme flüsterte mir ins Ohr: „Wir bleiben um das Haus herum aufgestellt.“ Ich nickte wieder und sie gingen. Meine Mutter stand nach ein paar Minuten auf und wir zogen uns, ohne Frühstück und nach dem Waschen, an. Ich nahm ein schlichtes knielanges schwarzes Kleid vom Bügel, welches auf Anhieb passte. Ich kämmte mir die Haare und nahm einen schwarzen Haarreif aus der Kiste von Alice. Darin fand ich auch schwarze Schuhe (ohne Absatz selbstverständlich). Meine Mutter trug ein schwarzes längeres Kleid, das dunkelgrau verziert und abgesetzt war. Sie hatte dazu einen passenden Hut. Wir kleideten uns stumm an und ich fuhr mit dem Transporter zur Kirche. Dort wartete schon einige Leute, die augenscheinlich auch zu der Beerdigung wollten: Leute vom Reservat, Freunde aus der Stadt und Kollegen von der Polizeistelle in Forks. Neben ihnen standen die Cullens. Ich senkte den Kopf. Meine Mutter hatte einen Arm um mich gelegt. Ich war froh die Feindschaft, die zwischen den Reservatsleuten und den Cullens, aus mir schier unerklärlichen Gründen, nicht zu spüren, selbst wenn sie da gewesen wäre. Meine Mutter führte mich zu Billy und Jacob, die einzigen, die sie hier kannte. Die Gäste aus der Sonntagsmesse verließen die Kirche. Der Pastor kam zu mir und meiner Mutter. Er sagte etwas. Ich hörte es nicht. Meine Mutter und Billy redeten mit ihm. Jakob warf mir immer wieder mitleidige Blicke zu, doch ich konnte sie ertragen, besser als die von- Jakob tätschelte kurz meinen Rücken. Ich nickte dankend. Wir gingen um die Kirche herum zu dem Friedhof. Vor dem ausgehobenem Grab, indem der Sarg lag, stellten sich mit Billy, Jakob, dem Rest deren Familie, meiner Mutter und ich, noch ein paar Reservatsleute. Links von uns stellten sich die Cullens hin. Rechts von uns Charlies Polizeikollegen und Freunde und Bekannte aus der Stadt. Ein Korb mit Blumen wurde herum gereicht. Ich nahm wahllos einen kleinen Strauß. Der Pastor redete. Ich schluckte mehrmals, starrte aber weiter zu Boden. Die Worte des Pastors waren nur noch Worte. Ich hing meinen leeren Gedanken nach. Meine Mutter schluchzte. Ich nicht. Ich fühlte mich als hätte ich verlernt Emotionen zu zeigen und zu weinen. Mein Gesicht war fahl und ausdruckslos. Ich starrte in die Leere. Ich ließ den Blick schweifen. Die Polizeikollegen sahen mit heruntergezogenen Mundwinkeln auf den Boden vor sich. Ein paar Reservatsleute, darunter auch Billy und Harry Clearwater, weinten stumm. Die Cullens sahen nichts sagend geradeaus. Esme kniff mehrmals die Augen zusammen und ich wusste, dass es ihre Art war zu weinen. Sie schmiegte sich an Carlisle. Meine Mutter stupste mich von hinten an. Ich wendete mich zu ihr um und bemerkte, dass der Pastor aufgehört hatte zu reden und dass mich einige erwartungsvoll ansahen. Ich verstand und schritt wie in Trance zum Grab. Ich schmiss benommen Erde auf das Grab. Ich starrte auf die Blumen in meiner Hand. Ich konnte nichts mehr denken und nichts mehr spüren. Ich streckte den Arm aus und ließ die Blume gerade herunter in das Grab fallen. Ich drehte mich um und ging durch die Gruppe von Leuten des Reservats hindurch. Ein paar Hände berührten mich und wollten mich aufhaltend, doch ich ging weiter. Einfach nur geradeaus. Weiter über den Friedhof. Ich ertrug es nicht mehr. Die vielen traurigen und weinenden Gesichter, die ich zu verschulden hatte. Mir war nach weinen und schreien zumute, doch ich konnte nicht. Es fühlte sich an, als ging es nie wieder. Ich setzte mich irgendwann stocksteif auf eine Bank. Mein Gesicht glich einem Puppengesicht. Leer und festgefahren. Nach einer Weile standen meine Mutter, Carlisle und Edward vor mir. Meine Mutter nahm meine Hand und zog mich hoch. Sie umarmte mich. Dann umarmte mich Edward. Ich war froh bei ihm nicht die liebevolle Wärme zu spüren (wie bei meiner Mutter), die mir das Herz zerbrach. „Sie steht unter Schock“, nuschelte Edward zu Carlisle der unmerklich nickte. Meine Mutter hatte das, was sich mehr anhörte wie ein Surren, nicht gehört. Unter Schock? Edward lag falsch. Ich war mir einfach meiner Schuld bewusst. Wir gingen zurück. Alice hatte zwar ein Essen in dem Raum neben der Kirche arrangiert, doch ich wollte dort nicht hin. Die anderen Gäste waren bereits dort oder nach Hause gegangen. „Bella, ich habe mit Billy die Testamente getauscht. Willst du es aufmachen?“ Sie hielt es mir hin, als wir an der Kirche vorbei gegangen waren. Das Testament. Ich wusste nicht was ich darüber denken sollte. Ich nahm den großen Umschlag und las: Liebe Bella, liebe Renée! Wenn ich einmal nicht mehr sein sollte und ich weiß nicht, wie schnell dieser Zeitpunkt kommt, aber ihr sollt wissen, dass ich euch immer geliebt habe. Ich vermache all mein Hab und Gut euch. Mit Ausnahme des Hauses in Forks, das Bella bekommen soll und mit Ausnahme meines finanziellen Vermögens, dass Renée bekommen soll und für mich für Bellas Zukunft verwalten soll. Das ist mein letzter Wunsch. Charlie Swan Darunter war ein Datum geschrieben. Der 24. Dezember letzten Jahres. Weihnachten. Nicht lange danach war ich hier her gekommen. Ich reichte es Renée. Ich war innerlich überwältigt von den vielen Gefühlen, doch äußerlich weiß wie Kreide und matt wie beschlagene Scheiben. Renées Augen huschten darüber. Sie nickte, vergoss eine weitere Träne und steckte es wieder ein. Ich sah in Edwards Blick, dass er es über Renée mitgelesen hatte. Edward fuhr uns mit meinem Transporter nach Hause. Wir saßen eine Weile schweigend um den Küchentisch herum, als Renée die Stimme wieder fand und die bedrückte Atmosphäre brach: „Bella… Schatz… hast du dir mal überlegt wie es weiter geht.“ Ich nickte mechanisch. „Ich bleibe in Forks wohnen.“ Renée rang mit Worten: „Willst du das wirklich, Schatz? Du hast nicht die Verpflichtung hier bleiben zu müssen. Du kannst auch mit mir nach Jacksonville zurück gehen.“ Ich sah auf den Tisch und spürte Edwards Blick auf mir ruhen. Für ihn wäre auch diese Lösung kein Problem. „Nein. Ich bleibe n Forks“, wiederholte ich. Meine Mutter nickte. „Gut, dann bleibe ich auch.“ „Nein!“, sagte ich entschieden. Ein wenig zu entschieden, denn meine Mutter zuckte zusammen. „Nein, ich bleibe alleine hier. Edward bleibt bei mir.“ Es klang wie ein Todesurteil. „Bella“, meine Mutter versuchte über ihre zitternde Stimme hinweg besänftigend zu klingen, „bitte… kommt mit nach Jacksonville oder lass mich hier-“ „Nein“, sagte ich wieder und sah, dass sich ihre Augen mit Tränen fühlten. Es war zu gefährlich, wenn sie bei mir blieb, egal wo. Ich wusste genau, dass ich sie verletzen würde, doch das war mir lieber, als auch auf ihre Beerdigung gehen zu müssen und sagte deshalb: „Bitte reis’ ab. Ich komme klar, wirklich. Ich besuche dich auch öfters. Mir geht es gut. Ich brauche ein wenig Abstand und Ruhe.“ Meine Mutter hatte die Augen, während ich sprach weit aufgerissen. Doch dann nickte sie einverstanden. Ich wusste, dass sie immer noch nicht überzeugt war, aber mich nicht weiter aufregen wollte. Sie ging nach oben in meinem Zimmer und hörte meinen alten PC hochfahren. Sie buchte einen Flug, dessen war ich mir sicher. „Deine Mutter hat Angst, dich verloren zu haben. Sie glaubt, dass Charlie und ich und meine Familie dir wichtiger sind als sie“, sagte er tonlos. „Ich muss sie schützen“, sagte ich knapp. Ich beteuerte an diesem Tag noch mehrmals, dass es nichts mit ihr zu tun hatte und, dass ich sie über alles liebte. Ich nahm an, als sie am Abend zurückflog, dass sie mir glaubte, dass ich einfach nur hier sein wollte und mich weder verpflichtet fühlte noch sonst etwas. „Es macht mich traurig dich so leblos zu sehen Schatz“, sagte sie schluchzend am Flughafen. „Es geht mir gut, Mum, ich schaffe das“, sagte ich und versuchte keine Mutlosigkeit zu verbergen. „Wenn irgendetwas ist, ruf mich bitte an. Melde dich bei mir. Egal wann und egal was ist. Versprich mir das ja?“, flehte sie. „Ja, versprochen.“ Ich brauchte ein kleines Lächeln zustande. Dann war sie weg. Edward stellte sich ganz nah zu mir. „Alles okay?“ „Ja“, sagte ich tonlos. Wir fuhren zurück nach Forks. Ich schlief in der Nacht kaum. Ich drehte mich von links nach rechts. Wenn ich schlief träumte ich von Charlie, Charlies Tod, seinem leblosen Körper und seinem Sarg. Als ich am morgen aufwachte und unten Geräusche hörte zuckte ich zusammen. Doch augenblicklich wurde mir klar, dass es Edward war. Er wich nicht mehr von meiner Seite. Wir hatten einen Termin mit Charlies Anwalt gemacht, der das Testament beglaubigt hatte. Ich wollte nicht dorthin, doch Edward meinte ich müsste wenigstens dabei sein. Er würde alles regeln. Ich schlüpfte wahllos in eine Jeans und ein langärmliges T-Shirt an. Auch wenn wir kurz vor den anbrechenden Sommerferien standen waren die Grade nicht so weit hochgekletterte, dass ich so rumlaufen könnte wie letztes Jahr zu diesem Zeitpunkt in Phoenix. „Guten Morgen“, sagte Edward mit einem Hauch Fröhlichkeit. Er küsste meine Wange kurz. „Morgen“, murmelte ich. „Was willst du auf deinem Brötchen haben?“, plauderte er munter, während er in der Küche zugange war. „Nichts“, sagte ich mit gedämpfter Stimme, „ich will nichts essen.“ Sonst kotze ich, fügte ich vorsichtshalber nur in Gedanken hinzu. „Bella“, sagte er leicht vorwurfsvoll, „du musst was essen, bitte.“ „Danke nein“, wiederholte ich. Edward seufzte. „Und tu mir einen Gefallen, behandel’ mich bitte nicht als wäre ich unzurechnungsfähig“, sagte ich ungewollt bissig. Einen Augenblick glaubte ich, er wollte mir genauso bissig etwas entgegnen (was mir viel lieber gewesen wäre), doch er sagte mit warmen Unterton: „Es tut mir leid. Alles Bella. Ich weiß, dass das alles unsere Schuld ist und, dass wir die Situation nicht richtig eingeschätzt haben. Wir sind zu siebt und sie alleine…“ „Hmmm“, machte ich dazwischen. Ich wollte seine Eingeständnisse, die nicht stimmten, nicht hören, denn wenn ich sie nicht bereits aufgesucht und ein Vampir geworden wäre, dann hätte ich das alles verhindern können. „Es wundert mich schon, dass du mich überhaupt noch ansehen kannst.“ Ich sah ihn direkt an. „Wieso? Du bist das Wichtigste in meinem Leben und ich liebe dich“, sagte ich in einem härteren Ton. Ein weiches warmes Liebesgeständnis kam mir nicht über die Lippen, obwohl es stimmte. „Ich habe zugelassen, dass deinem Vater etwas zustößt. Du müsstest unsere Art hassen“, überlegte er. Ich zuckte mit den Schultern. Er redete so ein Mist. Es war meine Schuld. Ich hatte aber keine Lust mich jetzt großartig aufzuregen. Ich hatte keine Kraft dafür. Ich wusste, dass ich bald einer von ihnen werden musste, ich hielt es nicht mehr lange aus, ihm das zu verheimlichen. Und ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob ich nicht lieber sterben wollte, als ein Leben zu führen für das mein Vater sterben musste. Egal was passieren würde, wenn ich Victoria gegenüber stand, ich würde es hin nehmen. Nachdem wir das Gebäude, wo das Büro des Anwalts drin war, verlassen hatten, blieb ich stehen und sah Edward erwartungsvoll an. Ich hatte zwar ein paar Mal unterschrieben, ich vertraute Edward, aber ich wusste nicht wofür. „Wir haben dir das Haus, das Auto und die Aktien übertragen. Deine Mutter hat auf ihre Hälfte verzichtet. Du sollst alles bekommen. Sie hat bisher mündlich zugesagt, deine Mutter bekommt noch Unterlagen zugeschickt, die sie unterschreiben muss. Sie verwaltet aber trotzdem deine Konten, weil du ja noch nicht volljährig bist-“ „Zwei, drei Monate“, warf ich knurrend ein. „Charlie hat einen Sparbuch, ein Sparvertrag für dich, der aber ab deinem 18. Geburtstag dir gehört, und sein normales Giro-Konto.“ Ich nickte pflichtbewusst. „Und dein Vater hat noch ein Ferienhaus in Phoenix“, setzte Edward beiläufig hinzu. „Was? In Phoenix?“ Edward nickte. „Ja, das gehört jetzt auch dir.“ „Hmmm.“ „Übrigens hat Carlisle deine Pflegschaft bis zum deinem 18. Geburtstag übernommen. Deine Mutter war einverstanden. Ich hoffe, dass das in deinem Sinne ist und dich jetzt nicht übergangen fühlst…?“, fragte Edward ängstlich. Vielleicht befürchtete er einen Wutausbruch oder so was. Ich sagte schnell: „Ähm jaah… ist gut.“ Wir stiegen mittlerweile ins Auto ein. „Das was du zu deiner Mutter gesagt hast…“, begann Edward wieder ein wenig eingeschüchtert, „willst du wirklich alleine in dem Haus wohnen? Du bist bei uns herzlich-“ „Ja das stimmt“, sagte ich eilig. „Hmmm“, machte nun Edward. Eine Woche… die eine Schulwoche würde ich noch warten. Dann würde ich meine Schuld einlösen. Gegen den Tod oder die Verdammnis, je nachdem. Obwohl ich nie alleine war in dem Haus, Edward oder Alice oder Esme war immer da, und obwohl Charlie früher auch nie viel da gewesen war, wenn ich zu Hause war, fühlte sich das Haus leer an. Unvollständig und grausam. „Ich will nichts essen Edward“, murrte ich wieder mal, als er mit einem perfekten Frühstück wieder mal wartete. Das hatte er seit Sonntag jeden Tag gemacht und es ging mir jetzt schon auf die Nerven, obgleich es erst das dritte Mal war. Ich brauchte weder Vollpension noch Bemutterung. „Bella du musst was essen.“ Er betonte jedes Wort. „Ich habe keinen Hunger“, entgegnete ich wahrheitsgemäß. „Ich gehe auch in die Schule ohne etwas wissen zu wollen. Iss einfach“, drehte er den Spieß um. „Dann kotze ich“, fauchte ich zurück. „Dann tust du das eben“, sagte er wütend. Ich verdrehte die Augen und nahm ein Apfelviertel vom Tisch. „Bella“, sagte er ärgerlich, als ich gehen wollte, „ich will nicht, dass du krank wirst. Oder wird das ein versuchter Selbstmord? Willst du sterben?“ Ich sah ihm erschrocken in die Augen. War das Zufall, dass er das ansprach, wo er doch so Recht hatte? Seine Augen wurden größer. „Nein! Nein, nein“, sagte ich ein wenig zu eindringlich und auffällig. Edward kniff die Augen zusammen und wollte etwas entgegnen, doch ich hatte Angst, dass es um seinen Satz von eben ging, weshalb ich einen Teller mit Brot und Aufstrich nahm und „Jaja, ich esse ja schon“-murrend hoch zu meinem Zimmer ging. Vorher kippte ich alles schnell ins Klo und aß die Gurkenscheiben auf. Es fühlte sich gut an, trotzig zu sein und trotzdem geliebt zu werden, schoss es mir durch den Kopf. In der Schule behandelte sie mich alle noch viel schlimmer. Wie in Watte gepackt. Am Anfang war das noch ganz angenehm, wenn mich nicht jeder auf Charlies Tod ansprach, doch mittlerweile trauten sie sich kaum mehr mit mir zu reden, was mich ziemlich nervte. Wirkte ich nach außen hin wie ein zermürbtes Nervenbündel?! Am liebsten hätte ich gesagt – wenn das nicht viel zu makaber und unwahr gewesen wäre –, dass das Leben weiter ging und sie gefälligst wieder normal zu mir sein sollten… shit happens… Mittwoch kam und ging, Donnerstag kam und ging und der Freitag kam. Ich war nervös. Heute… nach der Schule… würde ich, unter dem Vorwand Jakob und Billy zu besuchen, nach Victoria suchen. Ich wurde sie sicherlich irgendwo im Wald finden. „Bell, was geht?“ Ich erschrak. So locker hatte mit mir die ganze Woche keiner geredet. Es war nur Conner. „Hi Conner“, sagte ich und wandte mich ab. Edward neben mir starrte aus dem Fenster. Die eine Hand war zu einer Faust zusammengezogen. Die Andere sah ich nicht. „Hey, du, sag, hast du am Wochenende Zeit?“ Ich fand die Frage genauso überraschend wie dreist. Wie kam er nur dazu mich das jetzt zu fragen? Nicht, dass ich in Watte eingepackt werden wollte, aber das war nun etwas zu viel des Guten. Darüber hinaus wusste er erstens, dass ich mit Edward zusammen war und zweitens hoffentlich auch, dass ich das bei der Messe nicht vergessen hatte. Es war also ungünstig hoch drei. „Nein“, antwortete ich schlicht. Er schürzte die Lippen und ging. Was war das für ein Auftritt? Edward neben mir gluckste und wand sich zu mir. „Nein“, sagte ich schnell, bevor er etwas sagen konnte, „ich will es nicht wissen.“ Edward fuhr mich nach der Schule wie gewohnt nach Hause. Wir machten Mittagessen und diesmal war ich Feuer und Flamme für das Mittagsessen und machte absichtlich ein wenig zu viel Pizza. Ich zwang mich eine halbwegs normale Portion zu essen (der Müll bekam auch etwas mit) ohne mich gleich übergeben zu müssen. Ich packte die Pizza in Folie und dann in eine Tüte. „Ich möchte ins Reservat fahren. Vielleicht können die Jungs davon was gebrauchen.“ Ich wedelte mit der Tüte und versuchte unbeirrt normal zu gucken. Edward seufzte. „Das ist der denkbar schlechteste Augenblick-“ „Der war letzte Woche“, sagte ich leise dazwischen ohne den Blick abzuwenden. Darauf wusste Edward nichts zu entgegnen und ich nahm die Gelegenheit beim Schopfe, legte mir eine Jacke über, schlüpfte in die Schuhe und ging raus. Edward folgte mir. „Ich fahre bis zur Grenze mit. Wenn du in einer Stunde nicht wieder dort bist oder dich gemeldet hast“, er deutete auf das kleine Handy, das in seiner Jackentasche verschwand, „breche ich den Vertrag und suche dich“, sagte er scharf. „Nein!“, sagte ich entschieden. „Bei allem was du tust, das nicht. Ich rufe dich alle 10 Minuten an“, versprach ich unüberlegt, „aber du darfst auf keinen Fall den Vertrag brechen.“ Ich wollte in jedem Fall verhindern, dass noch mehr Chaos und Zwietracht durch mich entstand. Er wog kurz ab und nickte. An der Grenze zum Reservat stieg er nach einem kurzen Kuss aus dem fahrenden Auto aus. Ich fuhr noch ein paar Meilen, dann stellte ich den Wagen an den Straßenrand und lief so schnell ich konnte in den Wald. Die Pizzatüte ließ ich irgendwo fallen. Egal was mich erwartete, wenn ich auf Victoria traf, es war eine Lösung all meiner Probleme: Der Tod oder die Verwandlung. Beides war mir willkommen. Kapitel 9: Unfertig ------------------- Ich bin mal gespannt was ihr zu diesem Kapitel sagt, ich mag es sehr =) In der Hoffnung, dass es euch auch gefällt... V/*F* ------------------------------------------- Ich wusste zwar nicht wohin ich lief, doch dass ich immer tiefer in den Wald gelangte und mich immer weiter von der Zivilisation entfernte, soviel war gewiss. Darin war ich gut… verirren, in Gefahr bringen. Ich hoffte nur, dass es auch klappte, wenn ich es wollte. Das Gestrüpp wurde dichter und mein Fortkommen schwieriger. Ich sah auf die Uhr. Ich musste Edward anrufen, wie ich es versprochen hatte. Würde ich es nicht tun, würde er sofort mit der Suche nach mir beginnen. Ich blieb stehen, atmete dreimal tief durch um meine Erschöpfung zu verbergen und wählte. „Es ist alles gut Edward, keine besonderen Vorkommnisse“, ratterte ich so schnell runter, dass nicht mal ich selbst es verstand. „Warum bist du außer Atem?“, fragte er kühl. Mist. „Ich bin grad hoch zu Jacob gerannt, etwas holen“, log ich, „bis dann.“ Ich legte auf. Das war geschafft, schnell weiter. Mir blieben 10 weitere kurze Minuten. Das Licht erreichte nur noch stellenweise den Boden, da die Bäume über mir immer dichter wurden. Bitte Victoria, du musst hier doch irgendwo sein. Es kann doch nicht so schwer sein, mich dir hilflos auszuliefern, sonst schaffe ich es doch auch zu den niederträchtigsten Kreaturen zu gelangen. Der Weg vor mir stieg an und verlief nun nur noch sehr undurchsichtig. „Alles okay“, sprach ich ein paar Minuten später in mein Handy, „nichts-“ „Was macht ihr gerade?“ „Ich sehe dabei zu wie meine Pizza verschlungen wird“, ich versuchte zu lachen. „Schmeckt sie ihnen?“, fragte er weiter nach. „Sicherlich, Edward, bis dann.“ Ich legte auf. Es schmerzte mir ihn so anzulügen… abzufertigen… doch er hielt mich nur von meinen Plänen ab. Vereinzelt waren auf dem ansteigenden Hügel fußballfeldergroße Plätze gerodet. Dazwischen wieder ein bisschen wild wachsende Natur. 10 Minuten waren vergangen. „Hey, immer noch-“ „Wo bist du?“ Seine Stimme klang forsch. „Am Strand.“ Ich glaubte, dass er ahnte, dass ich nicht mehr bei den Blacks zu Hause war, aus welchem Grund auch immer. Ich lief währenddessen langsam weiter und sah zwischen zwei Bäumen in diesem Moment ein weiteres gerodetes Feld und am anderen Ende etwas Feuerrotes aufblitzen. Ich schloss mein Klapphandy. Das Klicken hallte im Wald. Ich schritt auf Victoria zu. Sie kam mir katzengleich entgegen. Ein hämisches Grinsen auf ihren Lippen machte ich schon aus weiter Entfernung aus. Während ich ging, schmiss ich das Handy und meine Jacke und meinen Schal irgendwohin. Wenn ich nicht sterben würde, würde ich es als Vampir schnell wieder finden und ansonst wäre es sowieso egal. Wir standen uns gegenüber. Zwanzig Meter zwischen uns. „Isabella Swan“, sagte ich und bleckte die Zähne. Ich wartete. „Was führt dich denn hierher? So ganz allein… ohne deine sieben Bewacher. Sie waren nicht sehr nett zu mir, aber ich habe mich ja angemessen gerächt.“ Sie lachte kurz und leise auf. Wut und Hass überkamen mich. „Was willst du?“, fragte sie nun ernst und Angst einflössend. „Mir egal, tu was du nicht lassen kannst“, sagte ich mit trockenem Hals und kam mir dabei merkwürdig kindisch vor. „Du lässt mir die Wahl?“, sie lachte laut auf. „Ihr Menschen seid so unglaublich töricht und dumm.“ Nun trennten uns nur noch 10 Meter. Ich sah ihre feuerroten Augen funkeln. Ich atmete tief, damit mein Körper nicht schlapp machte und mich im Stich ließ. Er rebellierte gegen mein Vorhaben. Mein Geist war messerscharf. Ich wusste was ich wollte. Ich hatte Angst, dass sie sich vielleicht nicht an mir rächte, weil es zu einfach war, weil ihr der Nervenkitzel wie bei James fehlte. Doch ich irrte mich glücklicherweise. Ein Windzug, eine hastige Bewegung, ein Schatten. Schmerz. Ich lag auf dem Boden. Mit voller Wucht hatte sie mich zu Boden geworfen. Es fühlte sich an, als wäre ich von einer Brücke gefallen und mit dem Rückgrat zuerst auf dem Boden aufgekommen. Sie robbte in gehockter Stellung auf mich zu. Beiß, mach was, nur mach was, flehte ich innerlich. Sie ergriff mich am Kinn und zog mich hoch, sodass ich stand. Ich spürte ihre Nase an meinem Schlüsselbein und dann hoch zu meinen Wangen gleiten. Sie sog meinen Geruch genüsslich auf. Es war abartig. Ich hatte die Augen starr geöffnet. Wenn ich sie schloss, spürte ich nur noch mehr in mich hinein und das könnte mein Geist nicht verkraften. Sie ergriff meine rechte Hand und fasste an die Stelle, an der mich schon einmal ein anderer Vampir, ihr Gefährte, gebissen hatte. Sie strich mit den Lippen darüber und atmete tief ein. Ich rang mit meinem Körper um mein geistiges Bewusstsein. Dann endlich biss sie zu. Ich sackte augenblicklich zusammen auf die Erde. Doch sie tat mir nicht den Gefallen, es dabei zu belassen. Nur ganz kurz spürte ich ihre Zähne auf meiner Haut und ebenso kurz das, leider, vertraute Brennen in mir. Sie biss mich von der Hand abwärts in kurzen Abständen in den Arm. Es fühlte sich an wie tausende kleine heiße und eiskalte Nadeln, die mich durchbohrten. Ich konnte nicht schreien, obwohl mein Kopf zu platzen drohte. Ich fühlte mich, als wäre in mir ein Brand entfacht worden. Dann hörte sie auf und aller Schmerz verebbte. „Es gibt noch zu viel, was ich mit dir vorhätte“, sie grinste und zog mich auf die Beine, „und ich hätte nicht übel Lust alles aus dir rauszusaugen und-“, sie lachte auf, die Vorstellung schien sie zu erheitern, „aber leider tue ich dir den Gefallen nicht so einfach zu sterben. Aber keine Sorge, du wirst sterben.“ Sie machte eine Pause. Die Schmerzen loderten in mir auf und ich glaubte nicht mehr lange irgendetwas wahrnehmen zu können, doch mein Verstand stutzte. Das Gift war nicht giftig. So viel wusste ich. Wieso sollte ich sterben? Es würde mich doch nur verwandeln… ein kurzes Glücksgefühl wurde von den Schmerzen erstickt. „Es wird dich in den Wahnsinn treiben und du sollst leiden und jämmerlich verrecken“, hauchte sie selbstsicher und zufrieden. Sie richtete sich auf und wand den Kopf zu allen Seiten, als hörte oder sah sie etwas. Dann rannte sie davon und kaum hatte sie mich losgelassen, klappte ich zusammen wie ein Kartenhaus. Ich roch den modrigen Boden unter mir. Ich sah, obwohl mir allmählich die Sinne schwanden und ich meinen linken Arm, mit den tausend Bissen, nicht bewegen konnte, noch recht gut. Neben meinem Kopf lag mein rechter Arm. Meine Armbanduhr tickte. Es waren 10 Minuten vergangen. „Zu Carlisle! Holt ihn!“ Ich spürte nichts. Keinen Schmerz, aber auch kein Leben in mir. Es fühlte sich an, als wäre ich eine leere Hülle. Keine Berührung, kein Schmerz, nichts erreichte meine Sinne… als wäre ich ein Außenstehender und sah zu wie Edward mich hochhob. Ich konnte weder den Kopf heben, noch mein Arm um ihn legen. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Doch ich war nicht bewusstlos. Ich hörte und sah, obgleich ich nicht fühlte. Er lief. Er lief mit mir durch das lange Waldstück, dass ich gelaufen war und törichterweise fragte ich mich warum er sich so beeilte. Ich verwandele mich und daran ändert er nichts mehr. So hoffe ich zumindest. Und ich glaubte nicht, dass ich tot war. Das Gefühl, eine Seele in einer Hülle zu sein, die der Seele nicht gehorchte, war beängstigend, aber auch angenehm. Ich empfand das Brennen nicht. Doch genau das war wiederum auch Angst einflössend. Damals bei James hatte mir das Brennen so zugesetzt, dass ich mich jetzt noch haargenau an jede Regung in meinem Körper erinnern konnte. Ich hatte es vorhin gespürt. Kurz. Bei jedem Biss. Doch jetzt nicht mehr. Verwandelte ich mich etwa gar nicht? Er blieb stehen. Wie ein „M“ lag ich über seine harten Arme. Ich konnte meinem Körper keine Befehle geben. Ich blinzelte. Das ging. Wir waren beim Haus der Cullens angekommen. „Carlisle!“, schrie Edward mit tiefer bedrohlicher Stimme und schon erschien Carlisle an Edwards Seite. Ich lag auf dem marmornen kalten Boden. „Bella, hörst du mich?“ Ich antwortete, wer auch immer mich angesprochen hatte, mit einem leisen gurgeln. Jemand hob meinen linken Arm an und ich spürte eine Hand darüber hinweg gleiten. Unerwartet durchfuhr mich der brennende Schmerz augenblicklich. Jegliches Körpergefühl war wiedergekommen. Schmerzverzerrt richtete ich mich auf und schrie. Ich war überrascht wie laut und kräftig meine Stimme war. Das Brennen durchzuckte meinen ganzen Körper. Bis in jede Zelle. Es war noch weitaus schlimmer, als das letzte Mal. Genauso augenblicklich erstarb der Schmerz und ich sackte leer zurück auf den Boden. „Carlisle“, sagte Edwards sonst sanfte Stimme nun hart und fordernd. „Wir können nichts tun Edward“, sagte er nach einer kleinen Pause. Ich wusste nicht, ob ich in sein Gesicht sah oder nicht, ob es ein Gesicht war oder nicht, denn genauso scharf wie auch verschwommen sah ich, doch das was vor mir war, war wutentbrannt. „Edward. Wir können von Glück reden, wenn sie das überlebt.“ Carlisles Stimme war so ruhig wie immer. „Glück“, murmelte Edward verächtlich. Carlisle ging nicht darauf ein. „Die einzige Möglichkeit wäre, dass einer von uns sie beißt, damit die Konzentration des Giftes in ihrem Blut erhöht wird und es schneller geht. Doch ich weiß nicht, ob sie das verkraftet. Ihr Körper ist schwach und-“ Edward nickte. Carlisles Worte schwirrten in meinen Gedanken herum. Ich hatte das Gefühl, dass ich sie nicht verstand, doch ich tat es, denn ich dachte darüber nach. Die Verwandlung würde lange dauern. Sehr lange. „Wenn wir nichts tun-“, begann eine weibliche Stimme, die ich über meinem Kopf ortete. „-dann wird sie vermutlich verwandelt werden“, beendete Carlisle den Satz. „Aber man kann nicht sagen, wie unversehrt oder eben… nicht unversehrt“, er räusperte sich, „und wie lange es dauert.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, durchloderte für einen kurzen Moment das Feuer und der starke Schmerz meinen Körper. Einem Schmerz, dem ich auch nicht länger als einen kurzen Moment gewachsen sein würde, so viel wusste ich. Doch danach war es anderes. Ich riss die Augen auf, dann richtete ich mich auf. Ich stand sogar auf. Ich sah sie. Alle sieben. Ich sah die vielen Bissspuren an meinem Arm und sonst war alles wie vorher. „Bella?“ Es war Alice’ Stimme, welche mir am nächsten war. Ich drehte mich zu ihr und lächelte. Es war alles wie immer. „Ja?“ Blicke wurden ausgetauscht. Edward kam zu mir und setzte mich auf die Couch. Carlisle und Edward setzte sich zu meiner Linken und Rechten. Vielsagend sahen sie sich an. „Was hast du getan Bella?“ Es klang nicht halb so vorwurfsvoll wie ich es erwartet hatte. „Euch beschützt. Jetzt werde ich wie ihr und kann meine beiden Familien selber beschützen“, sagte ich munter. Außer mir lächelte niemand. Alle sahen äußerst bekümmert drein. „Du hättest sterben können-“ „Aber jetzt verwandele ich mich“, meine Stimme fühlte sich merkwürdig hoch, piepsig und kindisch an, als wäre das alles ein Spiel, „und wenn ich erstmal-“ Ich wusste nicht, ob ich das richtig wahrnahm, da mir in diesem „Normalzustand“ alles vorkam wie unter eine Glasglocke. Etwas riss mich heftig nach hinten. Ich fiel rückwärts durch die Scheibe, ein Schrei ertönte, der nicht mein eigener war. Ich spürte keinen Wind, als ich aus dem ersten Stock hinunter fiel und kam auf dem Rücken, alle Viere von mir gestreckt, auf den Boden auf. Ich öffnete wie zuvor die Augen, doch alles war getrübt. Ich rekonstruierte was geschehen war. Ich hatte mich auf der Couch mit den Händen zurückgeschoben und scheinbar war genau in diesem Moment meine unglaubliche Neugeborenenkraft aufgetreten, sodass ich durch die Scheibe rückwärts zurückgeflogen bin. Die Stimmen um mich herum hallten wie in einem gigantischen Saal. Sie hallten so lang, dass ich die Worte nicht aneinander reihen konnte. Meine Wahrnehmung ließ nicht komplett nach. Mein Geist gab meinem Körper nicht nach. Und auch mein Humor nicht. So fühlt sich Wachkoma an, überlegte ich belustigt. Ich lag immer noch in den Scherben am Boden. Ich erkannte schemenhaft Gestalten, die jedoch in rot und grün und gelb zu leuchten schienen. Ich selbst war rot. Rot besprenkelt. Meine Wahrnehmung war völlig irrational. „Und?“, fragte eine Stimme, als mich ein paar Arme hochhoben. „Riecht wie immer“, knurrte die Stimme, die zu Edward gehörte. Diesmal war es länger. Länger als ich dachte verkraften zu können. Wie ein Stromschlag, ein Feuer in meinem Körper und tausend Nadeln, die mich durch meinen Körper hindurch traktierten. Kein Schrei konnte mir diesmal über die Lippen gehen, zu sehr war ich darauf bedacht mich darüber zu wundern, wie ich diesen Schmerz aushalten konnte. Mein Kopf schien zu zerbersten und ich wäre auch nicht undankbar darüber gewesen. „Ich kann das nicht mit ansehen“, sagte Edward. „Was willst du tun?“, fragte eine männliche Stimme, die nicht Carlisle gehörte. Ich vernahm keine Antwort. Sekunden später lag ich wieder auf dem Boden des Wohnzimmers. Dann wurde ich gegen einen Hauspfeiler, vorsichtshalber zwischen den Fenstern, gesetzt. Edward kniete sich vor mir. „Wie geht es dir? Was fühlst du?“ Ich fand die Fragen eigenartig antwortete jedoch wahrheitsgemäß, denn so war es nach dem Schmerz von vorhin: „Nichts.“ Edwards Blick suchte Carlisles. Doch ich sah nicht, was dieser mimisch entgegnete. Ich fühlte mich ferngesteuert. Ich weinte ohne Trauer oder Traurigkeit zu empfinden. Ich weinte ohne Schluchzen oder Emotionen. Mein Gesicht war einfach nur nass. Ich verstand nicht, was mit mir geschah. Ich wusste nur, dass ich mich verwandelte, aber warum so kompliziert? Ich hatte das Brennen erwartet. Eine lange Zeit und danach würde ich „fertig“ sein. Doch diese verschiedenen Daseinzustände hatte ich nicht erwartet. Dasein… war ich überhaupt „da“? Wie eine Faust, die sich in meinem Magen rammte, wurde ich gegen den Pfeiler hinter mir gedrückt. Irgendetwas um mich herum erzitterte und als ich wieder die Leere fühlte, wusste ich, dass es das Haus war, denn Esme, ich vermutete nur, dass sie das war, stellte einige Gegenstände im Raum wieder richtig hin. Danach… Normalzustand. „Edward…“, sagte ich nur. Ich wusste nicht, was ich fragen sollte, denn ich verstand genauso viel wie ich nicht verstand. „Bella, es tut mir alles so leid. Dein Vater-“ Ich schüttelte den Kopf. Das interessierte mich jetzt, es schmerze so etwas zu denken, überhaupt nicht. „Was kann ich tun?“ Edward zog die Augenbrauen zusammen. Er verstand was ich meinte. Ich war eine Gefahr. Ich war unberechenbar. Selbst für Vampire. „Nein… niemand kann etwas tun. Du kannst nichts tun außer abwarten. Und wir…“, er pausierte kurz, „wir können es weder verkürzten noch aufhalten.“ In seiner Stimme lag Bitterkeit, als er es aussprach. Er wollte nicht, dass ich mich verwandelte und doch tat ich es. Groteskerweise lächelte ich bei dem Gedanken es geschafft zu haben. Doch er war nicht wütend. Er hatte keine Zeit wütend zu sein, zu besorgt sah er mich an. Ich wusste warum die Zeit der Verwandlung eine sehr prägende Zeit im Gedächtnis von Vampiren war: Man hatte keine Chance sie nicht hundertprozentig zu spüren oder sich abzulenken. Man fühlte alles. Doch bei mir war es nicht nur Schmerz, sondern auch die Leere, die nicht unbedingt angenehmer war, als der Schmerz. Hinzu kamen die abstrusen Normalzustände hin und wieder, als wäre nichts gewesen…. Schmerz – Leere – Normalzustand – Schmerz – Leere… eine Woche lang. Und die Normalzustände hörten bereits nach ein paar Stunden auf. Die Leere nahm Mitte der Woche ebenfalls nach. Es blieb der unaufhörliche Schmerz. Es schien kein Ende mehr zu nehmen. Ich wusste nicht mehr wie es war aufrecht zu stehen, frei zu sein, schmerzfrei. Die Cullens mussten mich und sich rund um die Uhr beschützen. Ich hatte es bereits geschafft in einem Moment des Schmerzes Edward mit einer Hand an der Schulter zu berühren, was zur Folge hatte, dass er durch das Fenster gegen einen entfernten Baumstamm knallte. Alice hätte Schwielen an den Armen gehabt, wenn sie nicht unzerbrechlich war. Sie hatte meine Hand gehalten und ich, dies erwidernd, hatte meine Kraft nicht kontrollieren können. Ich schämte mich ungemein und ekelte mich vor mir selbst. Nicht davor was ich werden würde, sondern was ich momentan war. Eine Gefahr, selbst für Vampire. Ich aß nicht, hatte keinerlei andere menschliche Bedürfnisse und schlief nicht. Am 8. Tag, ein Samstag, wachte ich auf Edwards Sofa auf, ohne zu wissen, dass ich eingeschlafen war. Doch es war ein komisches Aufwachen, denn ich fühlte mich nicht, als hätte ich geschlafen, sondern nur da gelegen. „Guten Morgen Liebste“, hauchte Edward mit einem strahlenden Lächeln. Sein Gesicht direkt über meinem. Ich machte Anstalten mich aufzurichten, er wich zurück. Ich war verwirrt, doch er lächelte weiter. „Es ist vollbracht. Du bist fertig. Die Verwandlung ist abgeschlossen.“ Ich verstand seine Worte erst nicht. Dann blickte ich zum Fenster, wo sich mein Abbild spiegelte. Ich erkannte sanfte Andeutung von violetten Rändern unter meinen Augen, meinen braunen Augen. „Mein Augen-“ „Wir warten einfach“, sagte Edward schlicht. Ich betrachtete, unter Edwards musterndem Blick, meine Arme, Hände und Beine. Alles sah aus wie immer, doch sie war kalt und härter als sonst. Ich dachte nach. Ich war ein Vampir. Das hieße, dass ich nicht in die Sonne konnte, Blut trank, nicht mehr schlief, unglaublich stark und schnell war und- und? Was noch? „Was für eine Fähigkeit habe ich? Habe ich eine?“ Er lachte kurz. „Weiß nicht, schau doch in dich hinein.“ Apropos… „Kannst du meine Gedanken lesen?“ Er schüttelte immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen seinen Kopf. Ich stand auf. Ich wollte alles austesten, was ich war. Ich öffnete die Tür, schritt ein wenig von ihr zurück. Edward gluckste hinter mir. Er schien zu ahnen was ich vorhatte. Ich dachte kurz an den Weg. Rechts, kurz geradeaus, dann die Treppe runter, die nach links verlief, dann- na ja vielleicht reichte der Flur unten auch erstmal. Ich nahm Anlauf und lief los. Es klappte. Ich war unglaublich schnell. Doch selbst als Vampir war mir die Tollpatschigkeit gegönnt. Die erste Treppenstufe traf ich nur auf der Kante und so segelte, ich auf dem Rücken über die Treppen rutschend, runter gegen die Wand, vor der ich nun lag. Mir tat nichts weh. Ich spürte Edwards Hände unter meinen Achseln, welche mich hochzogen. Sobald ich stand, war Carlisle neben mir. Edward gluckste immer noch neben mir. Doch Carlisles Gesicht offenbarte eine Mischung aus strenger Besorgnis und amüsiertem Lächeln. „Na, da haben wir ja noch einiges zu tun“, grinste Edward, doch es wirkte gequält. „Ähm“, meldete ich mich zu Wort, „bin ich noch nicht fertig?“ „An sich schon oder spürst du noch etwas?“, wollte Carlisle wissen. Ich schüttelte den Kopf und schritt an den beiden, unter deren neugierigen Blicken, vorbei. Ich ging durch den Flur, am Wohnzimmer vorbei, die war geschlossen, die Treppen runter und raus an die strahlende Sonne. Ich postierte mich im Licht und sah auf meine Arme. Nichts. Ich wand mich zu allen Seiten, es blieb dabei. Ich leuchtete nicht. Carlisle und Edward, die hinter mir her gekommen waren, waren nicht minder überrascht. Doch ich war nahezu panisch. „Was- Warum- Wieso bin ich nicht fertig? 8 Tage Tortur und ich bin nicht mal komplett??“, schrie ich. Carlisle und Edward tauschten einen vielsagenden Blick aus. „Bella, Schatz.“ Edward nahm mich in den Arm und führte mich ins Haus und dann ins Wohnzimmer. „Überraschung!!!“, hörte ich und nahm die fünf übrigen Cullens im geschmückten, party-tauglichen Wohnzimmer wahr. Doch ihr Lächeln erstarb. Ich ging mit Edward durch sie hindurch. Ich hockte mich vor dem Sofa hin, während Edward sich auf die Kante des Sofas neben mich setzte. „Sag mir alles, bitte.“ Ich hatte meinen Kopf auf die Knie gelegt und die Arme darum geschlungen. Stille. Ich sah nicht hoch. Ich erahnte nur, dass er mit sich rang, was er mir sagen sollte. „Du bist ein Vampir und unsterblich“, begann er, „so viel ist sicher. Was die anderen Eigenschaften angeht, das wissen wir nicht.“ „Und warum bin ich nicht komplett? Warum hat es so lange gedauert und dann nicht mal funktioniert?!“ Meine Stimme wurde lauter. Ich sah immer noch nicht hoch. „Du hattest nur sehr wenig Gift in dir. Egal wie viel Gift ein Mensch davon in sich trägt, er wird sich verwandeln und wenn es nur ein Tropfen ist. Doch je weniger, desto länger und schmerzhafter. Und-“ Jetzt sah ich hoch. „desto gefährlicher einem Wahn zu verfallen…“ Ich spürte wie ausdruckslos mein Gesicht war. „Bella, du bist als Mensch schon besonders gewesen. Du trotzt meiner Fähigkeit. Dass die Verwandlung vielleicht nicht ganz so reibungslos abläuft wie bei uns anderen, war fast anzunehmen. Dass Victoria dich durch diese vielen Bisse“, er strich mit dem Handrücken über meinen linken Arm, „gefoltert hat und dir wissentlich nur sehr wenig Gift injiziert hat, machte es nicht besser.“ Ich nickte nachdenklich, während ich auf meine Knie sah. „Wenn wir heute Abend jagen gehen, bring’ ich ihr was mit. Sie ist noch zu schwach um das selbst zu tun. Ich bringe ihr ein Reh mit. Und einen Hase. Vielleicht kommt dann ihr Durst. Im Augenblick hat sich noch nicht diese lästige Eigenschaft“, hörte ich Alice’ Stimme. Ich schreckte hoch und starrte sie an. Erst jetzt bemerkte ich, dass die Cullens in einem Halbkreis vor mir standen, als wäre ich ein Museumsobjekt. Alice stand schräg rechts vor der großen Fensterwand. „Was hast du gesagt?“, fragte ich direkt. Sie kniff die Augenbrauen zusammen. „Nichts.“ Augenblicklich sahen alle wieder besorgt aus. Einem Wahn verfallen… halten Edwards Worte in meinem Kopf. Ich schloss kurz die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Mach dich nicht verrückt Bella, dachte ich, du bist ein Vampir, freu dich und probier aus, was du alles kannst. Versuche das zu beherrschen, damit du deine Familien beschützen kannst. Ich stand auf und schritt durch den geschmückten Raum. Er war mit allerhand Girlanden verziert und Blumen standen überall herum. Alice’ Werk. Auf dem Tisch standen ein paar Geschenke und weitere Blumenvasen. Ich nahm eine Vase in die Hände und versuchte sie zu zerdrücken. Es müsste ein leichtes für mich sein. Ich presste die Hände mit aller Kraft dagegen. Nichts geschah. Die Glasvase machte keine Anstalten zu zerspringen. Ich seufzte laut und warf sie auf den Boden. Sie sank viel schneller, als sie hätte dürfen und kam mit voller Wucht, obwohl ich sie fast nur hatte fallen lassen, auf dem Boden auf. Sie zersprang in tausend Glasscherben und der Boden war übersäht mit Schnittblumen. Das Wasser ergoss sich über den Boden. Niemand sagte etwas. Ich starrte einfach nur auf die Stelle. Wieso gelang es mir nicht so problemlos wie den anderen? Wieso war ich nun so viel gefährlicher als vorher? Wieso war ich so unberechenbar? „Ich muss sie hier raus bringen.“ Es war Edwards Stimme. „Nein“, entgegnete ich und sah ihn direkt an. Auch er kniff, wie Alice vorhin, die Augenbrauen zusammen. Er blieb stehen. Anscheinend hatte er sich, entgegen seiner eigentlichen Natur, anders überlegt. Er setzte sich wieder. Hatte ich überhaupt einen Beweis, dass ich ein Vampir war? Ich drehte mich von den anderen weg und hielt zwei Finger an meinen Hals. Ich drückte meine Finger auf meine kalte Haut. Mein Herz klopfte nicht. Ich war unsterblich. Das stimmte. Doch ich hatte keine schier unendliche Kraft oder Schnelligkeit, zumindest keine die ich kontrollieren konnte, glänzte nicht in der Sonne und hatte bisher auch noch keine besonderen Fähigkeiten entdeckt. Meine Sinne waren auch nicht übermäßig gut, wie es eigentlich sein sollte (besser als vorher, aber mehr auch nicht). Konnte ich schlafen? Das musste ich noch testen. Und… Ich schluckte heftig. Hatte ich Hunger? Also Durst? Ich fühlte nichts. Keinen menschlichen Hunger, keinen Durst nach Blut. Mit gesenktem Kopf und ohne, dass mich jemand aufhielt, ging ich aus dem Zimmer. Ich ging in Edwards Zimmer. Kaum hatte ich es betreten stand Alice lächelnd hinter mir. „Wenn du nichts dagegen hast“, zwitscherte sie und machte eine Bewegung, die mir verdeutlichen sollte, dass ich ihr folgen sollte. Ich trottete, nicht annähernd so tänzerisch wie sie, hinter ihr her. Zwei Türen neben Edwards Tür betraten wir ein Zimmer. Es war groß und leer. Bevor ich etwas fragen konnte, plauderte Alice drauf los: „Das ist dein bzw. euer neues Zimmer. Es kann auch dein eigenes Zimmer werden. Du kannst es nach Belieben einrichten.“ Ich schritt durch das leere Zimmer und setzte mich vor die Fensterfront in den Schneidersitz. Alice tat es mir gleich. Ich sah aus dem Fenster. Die Sonne blitze durch die Wolken. Ich sah zu Alice, die weiter aus dem Fenster sah. Sie leuchtete. Meine Haut blieb unberührt. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich außer einem nicht mehr klopfenden Herzen nichts hatte, was typisch für ihre Art war. Dann fiel mir etwas ein. Ich tastete mit der Zunge in meinem Mund herum. Giftzähne hatte ich. Immerhin. Wir saßen eine ganze Zeit lang schweigend dort. Irgendwann ging Alice und ließ mich allein. In mir war alles merkwürdig. Ich fühlte mich unfertig und meine Probleme waren nicht gelöst. Ich war gefährlicher und schutzbedürftiger als vorher, hatte ich den Eindruck. Und noch etwas fühlte dich unfertig an: Der heutige Tag. Irgendetwas fehlte. Als Edward sich gegen Abend seitlich neben mich setzte, wusste ich was fehlte: Die Moralpredigt. „Warum hast du das getan?“, begann er. Ich fand, dass das auf der Hand lag. „Ich hatte das schon viel früher geplant-“ „Geplant?“ Er sah mich direkt an. „Alice wusste es?!“ Seine Stimme war leise, doch es war, als schrie er mich an. „Ja, sie wusste es.“ Edward bebte neben mir. Er starrte zornig und wutentbrannt aus dem Fenster. Ich starrte auf meine Knöchel. „Mit ihr habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen. Nach der Jagd nachher ist sie fällig.“ „Nein, lass sie zu frieden!“, entgegnete ich. Edward zuckte neben mir heftig zusammen und sah mich entgeistert an. Ich wusste gar nicht, was er hatte. Es war doch klar, dass ich Alice in Schutz nahm. Augenblicklich sprang er auf und lief aus dem Zimmer. Er kam mit Alice und Carlisle wieder. Sie waren beiden in Aufbruchsmontur. Ich drehte mich zu ihnen um. Sie starrte mich nur stumm an. „Sieh sie bitte an“, forderte Edward. Das tat ich. Wir guckten einander einfach nur an. „Ich werde mich umbringen.“ Alice’ Stimme „Ich werde mich umbringen.“ Carlisles Stimme. Keiner bewegte die Lippen. „NEIN!!!“, schrie ich. Sie sollten sich nicht umbringen… und warum konnte ich sie verstehen? „Bella, ich glaube jetzt weiß ich, welche besondere Fähigkeit du hast“, sagte Carlisle leise und nachdenklich, „du kannst Menschen beeinflussen bzw. ihre Entscheidungen verändern.“ Ich sah ihn fragend an, verstand aber, dass Edward mich mit Carlisle und Alice hatte testen wollen. „Edward kann die Gedanken, die wir in diesem Augenblick haben, lesen. Alice’ sieht die Entscheidungen und wohin sie führen werden. Also ihre Wirkungen. Du kannst nicht nur die Entscheidungen, allerdings nur die Gegenwärtigen und nicht ihre zukünftigen Wirkungen, sehen, sondern sie auch verändern.“ „Verändern?“, fragte ich ungläubig. Carlisle nickte. Alice und Edward hatten die Augen weit aufgerissen. „Ich weiß bisher nicht viel über deine Fähigkeit, aber du hast gerade ‚Nein’ gesagt und gedacht, was das wichtigere dabei ist, und ich habe mich gefühlt, als hätte ich ein Sinneswandel. Ich sagte selber zu mir nein und dabei beließ ich es.“ „Ist es- ich meine, wusstest du, dass ich es beeinflusst habe?“, wollte ich wissen, obwohl ich nicht glaubte eine solche starke Fähigkeit zu haben. „Ob es uns bewusst war?“, er sah Schulter zuckend zu Alice, „Ich weiß es nicht. Ich vermute, dass es beides sein kann. Bewusst einmal, dass ich es eigentlich will aber irgendetwas mich aufhält, nämlich du, und unbewusst ein andermal, dass ich glaube ich habe mich selbst so entschlossen.“ Ich war verwirrt. Das konnte ich? Unglaubwürdig… Die drei wechselten einen Blick aus, dann kniete sich Edward zu mir. „Bella“, sagte er ruhig, „du musst versuchen das zu kontrollieren und nichts unbewusstes mehr zu denken, wenn, egal wer, eine Entscheidung trifft und du sie hörst. Es wird gefährlich, wenn wir es nicht schaffen unsere Fähigkeiten zu kontrollieren.“ Ich seufzte innerlich. Wieder einmal war ich große Gefahr. Dann nickte ich leicht. Alice und Carlisle waren wieder gegangen. Edward setzte sich zu mir. „Warum hast du das getan?“, wiederholte er die Frage von vorhin. „Ich wollte euch und Charlie beschützen. Das ist mir nicht gelungen. Charlie ist tot und ihr seid durch mich jetzt in Gefahr. Wenn ich mich vor Charlies Tod verwandelt hätte-“ „Hast du nie daran gedacht, dass du auch gegenüber Charlie die Beherrschung verlieren und ihn angreifen könntest?“, warf Edward ein. Nein, das hatte ich nicht bedacht und ich kam mir verantwortungslos und kindisch vor. Ich hatte nicht nachgedacht… nicht genug… „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Edwards Gesicht war engelsgleich und sah in meine immer noch braunen Augen. Ich wand den Blick von ihm ab. „Ich schwöre, ich hätte dich lieber eigenhändig verwandelt, als es Victoria tun zu lassen.“ Ich schnaubte. „Wenn du es gewusst hättest, hättest mich nicht aus den Augen gelassen und es trotzdem nicht getan, du hättest-“ „Vielleicht“, murmelte er dazwischen. „Werde ich jemals ein richtiger Vampir sein? Mit allem drum und dran?“, fragte ich nach einer kurzen Zeit der Stille. Edward grinste. „Du bist jetzt schon ein richtiger Vampir mit allem drum und dran. Das einzige ist, dass du viele menschliche Fähigkeiten behalten hast. Zumindest vorerst. Wer weiß. Ich wette, dass du nicht durstig bist oder?“ Ich horchte in mich hinein. „Hmm… also sonderlich Lust auf Blut habe ich nicht…“, gestand ich, „eigentlich habe ich gar keine Bedürfnisse…“ Edward lachte auf. „Dein Hunger war als Mensch in letzter Zeit ja auch nicht sehr ausgeprägt oder?“ Ich lächelte und es tat fast weh. Ich hatte lange nicht gelächelt. „Ich sollte das glaube ich mal testen, habt ihr etwas Essbares hier?“ Er sah mich fragend an: „Was menschliches? Ich glaube nicht… oder doch…“ Wir standen auf und gingen nach unten. Keiner war da, sie waren jagen gegangen. Auf dem Tisch stand eine große Torte, wie mir jetzt erst auffiel. Edward schob sie zu mir. Ich nahm eine Gabel und kostete ein Stück. Es schmeckte. „Wie immer“, sagte ich ein wenig gequält lächelnd. „Woah“, sagte Edward nur, „weißt du“, er stellte sich näher zu mir, „dass du der mächtigste und stärkste Vampir von uns bist?“ Ich prustete los. „Ich kann nicht mal eine Vase zerdrücken!“, lachte ich. „Das kommt noch. Bisher kannst du deine Kräfte noch nicht willentlich und bewusst einsetzten, eher wenn du aufgewühlt oder wütend bist, kommen sie in völligem Ausmaß. Aber das meinte ich eigentlich auch nicht. Kaum einer würde darauf kommen, dass du ein Vampir bist. Du hast unsere schlimmsten Eigenschaften, zumindest bisher, nicht bekommen: Den Durst und die Haut in der Sonne. Du kannst unter Menschen völlig normal leben wenn es so bleibt. Hinzu kommt deine Fähigkeit. Du brauchst gar keine Kräfte. Jeden Angreifer könntest du umstimmen, dich nicht zu töten. Du bist immer im Vorteil“, schwärmte er fast. „Wenn ich diese Fähigkeit kontrollieren könnte“, setzte ich hinzu. Ich fand er malte ein wenig zu rosarot. Er nickte. „Kann ich dann Victoria dazu bringen mich nicht mehr zu suchen und töten zu wollen?“ Er nickte wieder. „Cool“, sagte ich und fand ein wenig Gefallen an der Fähigkeit. Doch ich hatte keine Ahnung wie ich meine Fähigkeit kontrollieren sollte. Ich hatte die Stimmen einfach so gehört. Wie sollte ich das anstellen? „Es wird sich ergeben“, sagte Edward wie als Antwort auf meine Frage, „aber bis dahin musst du sehr vorsichtig sein.“ Ich nickte. Wir schwiegen. Edward fasste mich an den Schultern und drehte mich zu sich um. Seine goldenen Augen blitzten mir leidenschaftlich entgegen. Er strich mir durch das Haar. Er küsste meinen Hals und atmete tief. „Du riechst immer noch unbeschreiblich… lecker“, er grinste, während er mich vom Hals aufwärts küsste. „Du riechst auch immer noch lecker“, bekannte ich. Er hob mich auf den Tisch und küsste mich weiter innig. Es war noch beeindruckender als sonst auch. Seine kalten Lippen, meine kalten Lippen, seine seidige Haut, meine seidige Haut. Ich ertastete sein Gesicht und blinzelte. Er war so wunderschön. „Liebst du mich immer noch?“, fragte ich flüsternd. „Mehr als andere auf der Welt“, hauchte er zurück. Er küsste mein Kinn, dann meine Unterlippe, dann meine Nase. Meine Finger fuhren durch sein bronzenes Haar. „Weißt du was“, sagte ich atemlos, „ich glaube ich gehe schlafen.“ Er unterdrückte ein Lachen. „Schlafen kannst du also auch?“ Ich dachte nach, ich war eigentlich nicht müde. Es war einfach nur Gewohnheit. „Kann ich es ausprobieren?“ Wir grinsten. Edward nahm meine Hand und rannte hoch. Ich konnte auch rennen, wie er. Er stütze mich ein wenig, sonst hätte ich das Gleichgewicht verloren. Wir lachten. Es war ein herrliches Gefühl. Ich legte mich auf die Couch und kuschelte mich an ihn. „Wir müssen unser Zimmer morgen einrichten“, fand ich. „Unser Zimmer?“ „Jaah“, sagte ich, „ich möchte es nicht für mich alleine. Es ist unseres.“ „Okay“, er lächelte zustimmend, „aber morgen ist Sonntag.“ „Oh, dann übermorgen.“ Ich genoss es sehr eng an ihn geschmiegt zu liegen und zu wissen, dass er sich nicht quälen musste. „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Abschluss übrigens“, sagte er und hielt mich ein wenig von sich weg, um mein Gesicht zu betrachten. Ich seufzte gespielt. „Danke, aber das ist mir nicht wichtig“, gab ich zu. „Mir aber“, sagte er ebenso gespielt sauer, „was studieren wir nach dem Sommer?“ „Mir gleich, aber es wird mich keiner nehmen… ich habe sämtliche Fristen verpasst“, gestand ich meine Nachlässigkeit. „Wo möchtest du denn hin?“, überging er das und streichelte mir über den Kopf. „Wo möchtest du hin?“, fragte ich zurück. „Mir egal, ich war schon in Princeton, Harvard-“ „Mir auch egal“, unterbrach ich ihn, bevor das zwei Stunden so weiter ging. Mit der Nase glitt ich über seinen Hals. „Such dir was aus, ich regele das“, sagt er. Ich wusste, was er mit „regeln“ meinte. „Ich möchte nicht, dass du mich irgendwo einkaufst.“ „Ach übrigens“, fiel ihm ein und schob sich von mir weg. Er kramte mit der rechten Hand in seiner Hosentasche, auf dem Arm der anderen Hand lag ich. „Hier.“ Er reichte mir eine Karte. Eine Kreditkarte. Ich hielt die Hände abwehrend vor die Brust. „Kommt gar nicht in Frage. Nicht mal im Entferntesten“, wollte ich klar stellen, „ich habe geerbt.“ Die Erinnerung an Charlies Tod versetzten mir einen Stich. „Das, was du geerbt hast in Bruchteil an dem, was mir jeden Tag erwirtschaften“, sagte Edward empört. Doch er grinste. „Mir gleich, ich will nicht-“ „Bella, wir verdienen es ja nicht selbst, abgesehen von Carlisles kleinem Betrag. Alice und Jasper machen das an der Börse. Wir tun eigentlich nichts, außer Aktien zu kaufen und verkaufen, nachdem Alice in die Zukunft gesehen hat. Es gibt also nichts, weshalb du es nicht nehmen solltest.“ „Stolz?“, entgegnete ich. Er verdrehte die Augen. „Geld von Leuten zu nehmen, die es in den A-“, er räusperte sich und fand seine Höflichkeit wieder, „du weißt was ich meine. Bitte nimm sie wenigstens an dich“, er hielt sie mir immer noch hin, „Tu es für mich, dann bin ich beruhigter.“ Nun verdrehte ich die Augen und legte sie auf dem Tisch neben der Couch bzw. von mir aus gesehen über der Couch. „Zufrieden?“ „Etwas.“ Er küsste mich schief grinsend. Nach einer Weile war ich eingeschlafen, doch es war nicht der Schlaf den ich kannte. Es war mehr ein Zustand, den ich jederzeit willentlich aufgeben konnte, obwohl ich geistig nicht so wach war, dass ich denken konnte. Komisch war das alles. Es hatte nichts mit Müdigkeit oder Erholung zu tun. „Und? Wie ist das schlafen?“, wollte Edward wissen, als ich am morgen die Augen öffnete. „Hmmm“, ich überlegte kurz wie ich das erklärte, „das ist wie mit dem Atem, man kann es, aber man muss es nicht. Es hat keine Funktion.“ Er nickte sanft lächelnd. „Es ist wie mit dem Essen. Ich kann, muss aber nicht.“ Nun schüttelte er den Kopf. „Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Aber lass uns abwarten. Wir werden sehen, ob sich deine Augenfarbe noch ändert…“ Ich wollte nicht ständig über meine Sonderbarkeit reden, meine Augen waren braun wie zuvor, weshalb ich nur zustimmte und dann mit runter ging. Als wir gerade das Wohnzimmer betraten, sah ich Esme mit den Fingern von der Torte naschen. Emmett erschauderte und neckte: „Buah, dass du so was essen kannst. Lass Bella das Essen, die hat’s voll drauf mit so was.“ Ich musste unweigerlich in sein Lachen mit einstimmen. Edward hatte den Arm um mich gelegt. „Was machen wir heute?“, fragte ich munter. „Lass uns deine Fähigkeit austesten, ich bin gespannt was ich machen würde, wenn du mir sagen würdest, ich soll mich umbringen“, lachte Emmett. Ich grinste unwillkürlich, doch ich spürte gleichzeitig, wie mir mulmig wurde. Esme warf ihm einen strengen Blick zu. Rosalie versteifte sich in seinen Armen. Die übrigen drei waren nicht da. „Okay… dann nicht“, gab Emmett gespielt schmollend und enttäuscht klein bei. „Können wir… klettern gehen? Oder schwimmen oder so?“ Edward sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Klettern? Schwimmen?“, wiederholte er schief grinsend. „Ja oder irgendwas nicht Menschliches eben.“ „Wir können gar nichts Menschliches mehr machen.“ Edward stupste mir mit dem Zeigefinger auf die Nase. Emmett kicherte vor sich hin. „Sie schon.“ Ich erwiderte sein breites Grinsen. In diesem Augenblick stiefelte Alice mit Jasper herein. „Hihi“, sie kicherte ebenfalls (Hatte ich was verpasst oder warum waren alle so glücklich?). Nun grinste Edward. „Wir kommen! Dann kann sie ihr Geschenk begutachten“, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf. Nur in meinem Kopf. „Was für ein Geschenk?“, fragte ich prompt. Edward war kurzzeitig verwirrt, dann fiel ihm wieder meine Fähigkeit ein. Er seufzte. „Voll cool Bella“, sagte Emmett, der auf einmal mit erhobener Hand neben mir stand. Ich schlug ein und grinste. „Ähm, na ja“, druckste Edward rum. Ich genoss seine Unsicherheit. Das war nicht oft. Alice und Jasper hatten die Lippen an einander gepresst. Sie sahen aus, als würden sie gleich platzen. „Die Geschenke von gestern…“, er räusperte sich, „man braucht ein paar Sachen…“ Ich wunderte mich über seine Geheimniskrämerei und folgte ihm schließlich aus dem Haus. Alice, Jasper und Emmett folgten mir. Wir standen vor der Tür. „Und?“, fragte ich nervös. Edward deutete mit dem Daumen nach rechts. Er sah auf seine Füße, sodass ich seinen Gesichtsausdruck nicht sah. Doch rechts war nichts, außer Wald und die Schneise, die zur Straße führte. Ich ging ein Stück weiter und blickte um die Hausecke. Mir blieb der Mund offen stehen. Typisch Edward, dachte ich mürrisch. Ein paar Meter vor mir stand ein blitzendes Cabriolet in Dunkelblau, Edwards Lieblingsfarbe für mich. Ich kannte mich mit Autos nicht aus, aber ich erkannte das Zeichen von Chrysler. Edward räusperte sich wieder hinter mir, als ich immer noch stocksteif da stand. „Chrysler Sebring Cabrio… gefällt er dir?“ Ich drehte mich um. Er lächelte verhalten. „Danke, aber ich komme mit meinem Transporter gut zurecht.“ Ich ging an ihm und Emmett und Alice und Jasper (sie tauschten einen Blick aus) vorbei ins Haus. In mir tobte eine merkwürdige Mischung von Wut, Mitleid (ich hatte Edward noch nie so nervös und ängstlich gesehen) und die Angst, dass es vielleicht immer so weiter ging: Bella, die Kleine, die Zuschützende, die Zuversorgende usw. Ich dachte, das hörte jetzt auf, doch es machte mich verrückt. Nicht mal jetzt waren wir gleichberechtigt. Ich bemerkte, dass ich im Bad stand und weinte. Ich schloss die Tür ab. Hätte ich es einfach annehmen sollen? Dem Frieden willen? Ein einziges Mal ihn für seine Fürsorge nicht zu brüskieren und zu bestrafen. Ich war ungerecht. Mir gefiel das Auto ungemein und ich machte immer so ein Theater. Ich war ihm gegenüber unfair. Mein Verhalten war albern. „Ich werde ihn Alice schenken und Bella in Ruhe lassen.“ Ich schreckte hoch. Doch Edward war nicht im oder vor dem Bad. Nein, ich will ihn haben und lass mich nicht in Ruhe. Es tut mir Leid. Ich bereute sofort wieder es gedacht zu haben. Ich hatte seine Entscheidung beeinflusst. Ich schloss auf und rannte runter. „Edward!“, schrie ich. Er stand draußen vor Alice, Jasper und Emmett. Er drehte sich um. „Es tut mir Leid. Wirklich.“ Ich legte die Arme um seinen Nacken. Er nickte mechanisch. Alice, Jasper und Emmett waren reingehuscht. Dankbar sah ich ihnen nach. „Ich bin so undankbar. Du bist so lieb zu mir und ich-“ Die Tränen rannten an meiner Wange herunter. Edward sah von seinen Füßen zu mir auf. Er legte die Hände an mein Gesicht und lächelte schief. Mit den Daumen wischte er die Tränen über mein Gesicht. „Und weinen kannst du auch…“, hauchte er und küsste meine Tränen fort. ------------------------------- Würde mich über Kommis sehr freuen... V Kapitel 10: Esmes ehrenvolle Aufgabe ------------------------------------ The next one......... hoffe ihr mögt es, würde mich über zahlreiche Kommis freuen =) LG Vanessa ------------------------------------------ Edward gluckste jedes Mal, wenn ich den Gang nicht ganz rein bekam oder an der Ampel anwürgte. Ich war kein Auto gewohnt, dass sich so „einfach“ fahren ließ. Nach ein paar Stunden hatte ich den Dreh aber raus. Mit zerzausten Haaren und strahlendem Gesicht trafen wir am späten Nachmittag wieder ein. In dem Auto lagen noch ein paar kleine Geschenke von der Überraschungsparty und ein kleines silbernes Handy, was alle Cullens, und nun auch ich, besitzen. „Dass du nicht mal über 75 mph kommst, nicht mal mit einem Chrysler Cabrio“, er seufzte gespielt. Ich boxte ihn in den harten Bauch. „Keine Sorge, ich nutzte die PS schon noch.“ Ich gab ihm einen Kuss auf den Mundwinkel. Er legte seine Hand auf die Taille und wir ließen uns bei den anderen im Wohnzimmer nieder. Er setzte sich, ich legte mich hin und platzierte den Kopf auf seinen Schoß. Seine rechte Hand lag auf meinem Bauch. Meinen spielten mit seiner. Mir reichte diese Beschäftigung. Es war angenehm ihn einfach nur zu spüren. Während wir so da lagen, sah ich Rosalie am Tisch sitzen und etwas schreiben. Alice und Jasper saßen vor einem Laptop (Alice tippte so schnell, dass es wie ein Surren klang). Emmett sah mit Carlisle und Esme fern, während erstgenannter mit einem Tennisball seine Reflexe zu trainieren versuchte (soweit das noch möglich war). Er schien sich eher beweisen zu wollen, dachte ich innerlich lachend. Ich schloss die Augen, während Edwards Fingerkuppen meine Handflächen kitzelten. Die Atmosphäre war so angenehm, so ruhig, so entspannt, so vertraut. Ich atmete tief durch und merkte, dass es nicht denselben Effekt hatte wie früher. Doch es war mir gleich. Ich brauchte nichts von früher. Das Hier und Jetzt war – im wahrsten Sinne des Wortes – atemberaubend. Ich neigte den Kopf ein wenig zu seinem Körper hin und spürte den Verschluss seines Gürtels unter mir. Wäre ich kein Vampir, wäre ich rot geworden. Ein Thema, das jetzt aktuell war. Früher war jeglicher Gedanke daran unmöglich. Meine Mutter hatte mich öfter als notwendig aufgeklärt (ihre Vorgeschichte war nicht ganz unschuldig daran), aber wie das nun bei unserer Art war… hatte sie nicht gesagt. Ich verkniff mir ein Grinsen, denn er hätte es gesehen. Wieder mal war es gut, dass er meine Gedanken nicht lesen konnte. Ich dachte angestrengt nach. Es wäre mir viel zu peinlich ihn darauf anzusprechen, doch ich musste alles darüber in Erfahrung bringen, um mich nicht zu blamieren und wieder das kleine Mädchen zu sein. Ich drehte den Kopf von seinem Bauch weg und ließ den Blick durch das Zimmer wandern. Vor Alice und Esme wäre es mir sicherlich auch peinlich, aber nicht so sehr… Bevor ich nachgedacht hatte, war ich aufgesprungen und bereute es gleich wieder, da mir plötzlich alle Aufmerksamkeit galt. Hättest du es nicht später und unauffälliger machen können, deine Neugier für kurze Zeit zurückstecken? Doch zu spät, dachte ich mürrisch. Edward sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich spürte die Blicke der Anderen auf mir. „Ich muss nur kurz auf Klo“, sagte ich prompt und biss sogleich die Zähne zusammen. „Du musst auf Klo?“, fragte Edward mit zusammengepressten Lippen. Die Mundwinkel zuckend nach oben gezogen. „Ähm, nein… ich wollte nur, wegen des Zimmers… Alice, Esme… habt ihr Zeit? Eben kurz…“, druckste ich herum. Ich war so grausam schlecht im schwindeln und hinzu kam meine Unfähigkeit zu Improvisieren. Hätten diesen Eigenschaften sich nicht… verwandeln können? Folgsam liefen die beiden schwebend hinter mir her. Wir gingen in Edwards Zimmer. Ich wusste, dass Edward natürlich ihre Gedanken lesen konnte und sie natürlich hörte, aber es immer noch halb so peinlich. Die beiden sahen mich erwartungsvoll und lächelnd an. „Ja, also ich-“ „Es geht bestimmt um das Bett in eurem neuen Zimmer, nicht wahr?“ Alice zwinkerte mir zu. Ich kniff die Augenbrauen zusammen. Dann verstand ich die Assoziation und, dass sie es gewusst hatte, sobald ich aufgesprungen war. „Ähm, jaah… könnt ihr mir, könnt ihr mir bitte sagen, wie das ist? Bei euch? Uns?“, sagte ich mit zittriger Stimme. Alice sagte nichts und lehnte sich zurück. Esme legte ihre Hand auf meine. Ich merkte, dass solche Gespräche scheinbar in Esmes Aufgabenbereich fielen. „Bella, es ist genauso wie bei den Menschen. Zumindest‚ technisch’“, sie lächelte liebevoll, „die Gefühle sind andere, weil wir Andere sind. Es fühlt sich anders an, aber mindestens genauso gut.“ Ich nickte fachmännisch. „Und wie ist das mit- na ja-“ Ich traute mich nicht das Wort auszusprechen. Würde sie lachen? Esme drückte meine Hand. Sie schien zu verstehen. „Bella, ab unserem ersten Mal sind wir immer schwanger“, sie strich mit der anderen Hand über ihren Unterleib, „bei Menschen entwickelt sich eine befruchtete Eizelle. Bei uns nicht. Sie kann, genauso wenig wie wir selber, nicht altern und somit kann auch kein Kind wachsen.“ Ich nickte weiterhin. Genau genommen hieß das, eine Sorge weniger. Die Größte dabei eigentlich. Aber eigentlich hätte ich mir das auch denken können… „Wisst ihr, ob er- ihr wisst schon“, resignierte ich. Es war so unglaublich peinlich. Beide schüttelten gleichzeitig den Kopf. „Keine Ahnung“, sagte Alice ehrlich. Esme nickte zustimmend und zog die Schultern hoch. „Darf ich euch noch etwas fragen…“ Alice lachte auf, räusperte sich und fasste sich wieder. Sie kannte die Frage. „Ist es gefährlich?“ Sie lachten nicht. „Edward und du, auch wenn du es momentan nicht ganz glauben magst, ihr steht jetzt auf einer Stufe. Dann ist es ungefährlich. Vor knapp 10 Tagen wäre es sehr gefährlich gewesen. Verstehst du was ich meine? Zwischen den gleichen Arten, seien es Menschen oder Vampire, ist es ungefährlich, wenn du Krankheiten nicht dazuzählst. Du hast dieselben Kräfte wie Edward und er kann dich jetzt nicht mehr einfach zerdrücken wie vorher.“ Ich war Esme so dankbar dafür, dass sie nicht lachte und gefasst blieb. Alice tat ebenfalls ihr bestes. „Danke, ich- danke“, sagte ich wieder. „Und mach dir keine Sorgen“, sprach Alice das Schlusswort und strich mir über den Arm, „es wird dir gefallen.“ Ich öffnete den Mund, um zu fragen ob sie das sah oder erriet, doch sie lächelte nickend und wir gingen wieder runter. Ich wusste, dass Edward alles gehört hatte, doch er versteckte es gut und sprach es – ich war froh darüber – nicht an. Ich blieb die Nacht auf, wenn man das so nennen konnte. Wir verharrten in derselben Position wie vorher. Die ganze Nacht. Hin und wieder wandte ich mich von Edward ab und sah den anderen zu. Wir hatten uns vorgenommen am nächsten Tag unser gemeinsames Zimmer, Schlafzimmer, einzurichten. Ich stieg am Morgen auf der Fahrerseite meines Cabrios ein. „Du hast etwas vergessen“, sagte Edward und schob etwas über die Armatur zu. „Ach Edward“, seufzte ich und nahm die Kreditkarte. „Ach Bella“, entgegnete Edward mit einem Grinsen. Ich gab nach, irgendwo hatte er ja recht. „Hast du denn schon eine Vorstellung bezüglich der Farben?“, wollte er wissen, als wir das Möbelhaus, das Edward vorgeschlagen hatte, fast erreicht hatten. „Nicht wirklich ehrlich gesagt. Es muss einfach zu den Möbeln passen und das Gesamtpaket muss gut aussehen. Hast du denn konkrete Vorstellungen?“ „Nein“, er lächelte, „wenn ich mit dir darin bin, kann es auch noch so hässlich aussehen.“ Er beugte sich herüber und küsste meinen Hals. Ich erschrak jedoch ungewollt ein wenig. „Du würdest nicht sagen, wenn es dir nicht gefällt? Wenn du es hässlich findest?“ Er überlebt gespielt. „Hmmmm, doch.“ Wir lachten. Doch mir gefiel nichts hundertprozentig. Ich hatte es mir nicht so schwer vorgestellt. „Wollen wir nicht schon mal nach anderen Möbelstücken gucken?“, sagte er leicht ungeduldig. „Nein.“ Ich bestand darauf, erst ein perfektes Bett zu finden. Und dann den Rest. Wenn ich mal die richtigen Maße fand, gefiel es mir nicht. Edward versteckte seine Ungeduld gut, doch ich er meckerte zunehmend. „Bella? Schau mal hier?“, rief Edward mich, der in eine andere Richtung gegangen war. „Hm?“ Ich lief zu ihm. „Perfekt“, flüsterte ich dann. Es war ein Himmelbett. Ein Traum. Es war ein riesiges großes rundes Bett in Apricot. An den jeweils 4 Pfosten hing ein seidener Stoff herab, der sich um den Pfosten schloss und unten mit einem Knoten an den Pfosten festgemacht war. Der Himmel war rund, schlicht und ebenfalls Apricot, wie alles andere auch. Edward legte einen Arm um mich. „Das gefällt dir?“ Ich fand den Unterton komisch. Fragte er jetzt wirklich oder klang Überraschung an? Mochte er es nicht? „Gefällt es dir?“ Ich war unsicher. „Ja.“ Ich musterte ihn, er war ehrlich. „Aber ich hätte nicht gedacht, dass dir das gefällt.“ Ich lächelte zögerlich und ließ mich das Bett fallen, alle Viere von mir gestreckt. Dann richtete ich mich auf und klopfte neben mir. Edward ließ sich neben mir sinken. „Super oder?“ „Perfekt“, sagte er wie ich vorhin, schon hatte er mich geküsst und war verschwunden. Kurz darauf kam er mit einem Verkäufer wieder. Ich tigerte weiterhin durch den Möbelladen, auf der Suche nach passenden Möbeln. Edward kam kurze Zeit später hinter mir her. Er hielt einen Kaufvertrag in der Hand und ein Bild von dem Bett, was mir reichte. „Was brauchen wir eigentlich noch für Möbel?“, fragte ich dann, als ich überlegte, welche Farben zu Apricot passten. Edward zuckte mit den Schultern. „Welche möchtest du denn noch?“, stellte er wieder mal eine Gegenfrage. Ich verdrehte die Augen. „Ich würde sagen, dass im Gegensatz zu dir noch nie etwas eingerichtet hab, ein wenig Hilfe könnte ich gut gebrauchen.“ Er lächelte schief. „Möchtest du einen Schreibtisch, eine Arbeitsecke?“ Wir gingen weiter den Flur entlang und kamen in den Bäderbereich, durch den wir jetzt desinteressiert durchliefen. „Brauch man so was?“ Er gluckste kurz. „Weiß nicht, wenn man studiert wäre das von Vorteil, aber muss nicht. Ich weiß nicht wie du das sonst gehandhabt hast“, erklärte er nachdenklich. „Einen Kleiderschrank brauchen wir aber auf jeden Fall“, fiel mir ein, „kriegt man eigentlich Nachttische, die an ein rundes Bett passen? Also nicht quadratisch, das würde ja nicht passen.“ „Okay Kleiderschrank“, konstatierte Edward, „ich bau dir selber so Nachttische, wenn du nichts dagegen hast.“ Ich schüttelte bewundernd den Kopf. „Das kannst du? Ich meine klar kannst du“, beschwichtigte ich meine dumme Frage. „Lampen, brauche wir auch noch. Ich hab mir überlegt die Wände Apricot zu streichen, aber die übrigen Möbel in hellem Zitronengelb zu halten, damit das Bett besser hervorkommt“, plauderte ich drauflos, „Wäre noch Platz für eine Arbeitsecke? Wenn ja, dann…“ Es dauerte ewig. Ich entschied mich recht schnell um und wir sahen uns dann nach weinroten Möbeln um. Ich war relativ zufrieden mit den Möbeln, nicht, dass ich sehr anspruchsvoll gewesen war, aber ich hatte das Gefühl Edward etwas beweisen zu müssen. Alice war eine Meisterin in solchen Dingen und ich wollte ihr in nichts nachstellen. Oder sagen wir, ich wollte wenigstens neben ihr nicht wieder mit schon wieder Unfähigkeit glänzen. Zwischenzeitlich war Edward misstrauisch, was meine Motivation und Begeisterung für das bloße einrichten eines Zimmers anging. Doch ich konnte ihn relativ schnell davon überzeugen, dass es ja auch ewig halten solle und wir uns schon wohl fühlen sollten. „Haben wir jetzt alles?“ Ich blickte auf den riesigen Einkaufswagen und einen kleinen Stapel Kaufverträge. Wir konnten die großen Möbel ab morgen abholen. „Ich denke ja, außer dir fällt noch was ein?“ Ich hob die Lippen nach vorne und schüttelte den Kopf. Unterdessen legte Edward mir die Karte in die Hand. Die Kreditkarte. Ich unterdrückte ein Seufzen. Die Kassiererin scannte alles, Edward räumte alles lässig aber nicht zu lässig wieder in den Wagen und ich reichte ihr zitternd die Karte. Ich hatte die 5-stellige hohe Summe gesehen, die ich eigentlich nicht sehen wollte. Edward kicherte leise neben mir. Die Kassiererin reichte mir die Karte wieder. „Vielen Dank Miss Cullen. Einen schönen Tag noch“, sie lächelte freundlich. Ich sah sie mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. Die Kassiererin lächelte zwar noch, doch ihre Augen blickten mich verwirrt an. Edward zog sanft an meinem Ärmel, sodass ich mechanisch mit ihm raus marschierte. Ich sah auf die Karte in meiner Hand und merkte, dass Edward mich musterte. Isabella Marie Cullen stand dort. Es hallte in meinem Kopf. Erschrocken sah ich nun zu Edward auf. Sein Gesicht war konzentriert. Ich wusste nicht wie ich meiner Empörung Luft machen sollte und was ich sagen sollte. Er nahm mir diese Entscheidung ab: „Carlisle“, er räusperte sich. Er schien auch keine passende Erklärung in petto zu haben. „Schlimm?“, fragte er dann schließlich. Ich antwortete nicht. Gute Frage. Auf dem Rückweg besorgten wir noch Farbe und alles was man sonst so zum streichen brauchte und dann war es geschafft. Zumindest was das aussuchen und kaufen von Inventar ging. Nachdem wir gestrichen hatten, fand mich Edward am Abend vor der großen Fensterfront. Ich hatte duschen müssen, ich war über und über mit Farbe bekleckert gewesen und war danach – unbewusst – in meine Schlafsachen gehuscht und hatte mich seitlich vor die Fensterfront gelegt. Der Mond schimmerte in das sonst nicht beleuchtete Zimmer. „Na Liebste“, sagte Edward leise, doch ich hatte ihn schon längst kommen hören. Auf einmal kamen mir seine Schritte lauter vor. Oder zumindest so hörbar wie menschliche Schritte. Er legte sich hinter mich. Seine linke Hand ruhte auf meinem Bauch. „Weißt du was?“, sagte ich, während ich ins Mondlicht starrte, er wartete, „Ich bin zwar kein kompletter Vampir und auch nicht ganz ungefährlich, aber ich finde es gut so. Ich habe euch meine blutrünstige Phase erspart.“ Und das stimmte auch. Ein „neuer“ Vampir war kein Zuckerschlecken, hatte Alice mir verraten, vor allem, wenn er „vegetarisch“ leben sollte. Das war doppelt schwer. Dafür büßte ich gerne meine schwammige Fähigkeit, von der ich in den letzten Stunden nicht viel gehört hatte, oder meine mangelnde Kraft und Schnelligkeit ein. Ich merkte wie Edwards Körper ganz leicht zitterte. Er rang mit Worten. Ich wand den Blick vom Fenster ab und sah ihn an. Er dachte angestrengt nach. „Bella…“, begann er leise und machte dann wieder ein Pause, in der er den Mund ein paar Mal öffnete und schloss, „ich… d.h. wir glauben nicht, dass es dabei bleibt.“ Ich verstand seine Worte nicht. „Es ist nur eine Vermutung, aber Carlisle ist sich sicher, dass das nur ein… ‚Übergangsstadium’ ist…“, seine Stimme wurde immer leiser. Schade, dachte ich prompt, dann eben nicht. „Tut mir leid“, sagte er und ich merkte, dass es ihm wirklich leid tat, meine Hoffnungen zu zerstören. „Hat Alice etwas gesehen?“, wollte ich wissen. Er strich mit der Hand von meiner Schulter den Arm abwärts. Er streichelte jeden einzelnen Finger. „Nein… es entscheidet ja niemand. Es wird einfach passieren. Kann sein, dass sie es bald sieht, wenn die ersten Anzeichen kommen.“ Ich blickte weiterhin zum Mond hinauf. „Wenn ich dann irgendwann vollständig verwandelt bin… werde ich dann alles anwenden können? Ich meine kontrollieren können? Jetzt fühle ich mich eher wie ein Mensch mit Zauberkräften, der den Zauberspruch nicht kennt“, gab ich zu. Edwards Körper vibrierte hinter mir leicht vor Lachen. „Ja, es ist anzunehmen, dass du deine Kräfte dann bewusst einsetzten kannst“, er pausierte kurz, „aber wie gesagt, es muss alles nicht sein. Du bist etwas ganz besonderes Bella, vielleicht wirkt sich das auf dein Dasein als Vampir aus, wer weiß…“, murmelte er zum Schluss nur noch. Ich sah mir auf die Hände. In meiner Haut fühlte ich mich gar nicht so kalt oder hart. Nicht so, wie es mir vorkam, als ich Edward damals berührt hatte… damals… „Fühle ich mich dann anders?“ „Ich weiß nicht… ich glaube nicht… wenn würdest du es nicht merken, nur ich“, ergänzte er und küsste meine Haare. Ich drehte den Kopf zu ihm. Unsere Gesichter waren einen Hauch voneinander entfernt. „Du würdest es mir aber sagen oder?“ „Ja.“ Er küsste mich ans Ohr. Wir lagen eine Weile schweigend da. Er hatte mein Oberteil ein paar Zentimeter hoch geschoben und kitzelte mit seinen Fingern meinen nackten Bauch. Ich strich über seine Finger. Als er plötzlich merkwürdig steif wurde, unterdrückte ich das Bedürfnis, ihn erschrocken anzusehen. Ich wusste was jetzt kommen würde. „Ich werde sie davon abbringen… jetzt, in dieser Zeit, mit mir zu schlafen wäre Wahnsinn, es würde ihr nicht gefallen und es wäre gefährlich für sie. Mehr als für mich.“ „Warum?“, drehte ich mich schlagartig um. Als ich sein erschrockenes dann einsichtiges Gesicht sah, wusste ich, dass ich seine Entscheidung nur in meinem Kopf gehört hatte. „Daran muss ich mich erst gewöhnen“, lachte er und wurde augenblicklich wieder ernst. Er schob eine Hand unter mich, hob mich kurz hoch und drehte mich zu sich um. Ich lag in einem leichten Hohlkreuz vor ihm, in welchem seine Hand lag. Ich wollte nicht beginnen. Ich wartete. Er sollte Zeit haben nachzudenken und es mir zu erklären. Wir sahen uns intensiv in die Augen. „Schatz… ich möchte es mindestens genauso gern wie du, ich liebe dich“, hauchte er und sein Gesicht kam ein wenig näher, „aber wir müssen abwarten was geschieht.“ Ich war nicht überzeugt. Er sah es mir an. „Ich habe Angst um dich. Ehrlich gesagt um deinen Geist, deine Seele…“, er rang mit sich, „ich weiß nicht ob du es verstehst, aber Sex ist, egal bei wem, sehr- Bella bitte, ich habe Angst, dass es zu schnell gehen könnte…“ Es war eine Qual für mich ihn so zu sehen. Doch ich musste es wissen, ich musste alles wissen. „Was könnte zu schnell gehen?“, flüsterte ich. Er sah an mir vorbei. „Dass die Verwandlung, die du jetzt nur nicht mehr spürst, beendet wird. Ich möchte es nicht herbeiführen…“ „Aber“, ich schlang die Arme um seinen Hals und meine Finger glitten durch seine Haare, „wenn es sowieso geschieht, dann besser früh als spät“, er verzog leicht das Gesicht, „oder nicht?“, setzte ich fragend hinzu. Er zuckte leicht mit den Schultern. „Mir bleibt wohl keine andere Wahl, ich sage es ihr, sie wird Angst haben“, hörte ich seine Gedanken. „Bitte sag es mir“, bat ich. „Weißt du warum die Verwandlung, sagen wir der erste Teil, so qualvoll für dich war?“ Seine Stimme klang nun fester. Sein Gesichtsausdruck entspannter. „Ja, wegen des wenigen Gifts, deshalb hat es so lange gedauert.“ Er nickte leicht. „Das stimmt, aber ich meine, weißt du warum du so viele... Zustände hattest, die dich so gequält haben?“ Ich wusste was er meinte: Leere – Normalzustand – Schmerz. Ich sah ihn erwartungsvoll an. „Deine Seele bzw. dein Geist, wir gehen mal davon, dass das eins ist oder zumindest eng zusammengehört“, er klang fast wie Lehrbuch, was mich beinahe, aber eben nur beinahe, amüsiert hätte, „und dein Körper waren getrennt.“ Aber ich bin mir sicher, dass du wirst sterben… Es wird dich in den Wahnsinn treiben und du sollst leiden und jämmerlich verrecken… Das hatte Victoria gesagt. Das hatte sie gewusst und beabsichtigt, Tod durch geistige Folter. Wenn man das so nennen wollte. „Hmmm“, machte ich zustimmend, „das habe ich auch teilweise so empfunden“, sagte ich nachdenklich, „ich wusste nicht wie man es benennt, aber ich habe es so gespürt.“ Edward wartete auf eine weitere Reaktion, die nicht kam und ihn stutzig machte. Er kniff die Augen zusammen. „Aber jetzt ist es doch vorbei“, versuchte ich aufmunternd zu sagen, doch im gleichen Augenblick schüttelte Edward mit dem Kopf. „Nein“, entgegnete er, „wie gesagt, es muss und es wird irgendwann weiter gehen. Momentan ist quasi nur ein Pflaster drauf. Wenn ich mit dir schlafe, dann müssen deine Seele und dein Körper vollkommen eins sein. Sonst ist es eine Qual für dich. Es sind nur Vermutungen, aber das Risiko möchte ich nicht eingehen. Nur noch etwas Geduld… und bitte hab keine Angst.“ „Nein“, hauchte ich und konnte seine Lippen berühren, „so lange du bei mir bist, habe ich keine Angst.“ Unsere Lippen vereinigten sich. Meine Motivation war passé. Gespielt engagiert richtete ich mich Edward das Zimmer am nächsten Tag ein. Doch nun war es mir nicht mehr so wichtig. Was ich wollte und mit der Einrichtung eigentlich bezweckte, bekam ich nicht. Wegen meines kleinen Seele-Körper-Konflikts (da ich ihn nicht spürte, spielte ich runter). Wir traten auf der Stelle, was das Thema anging. Wie lange würde es dauern bis die Verwandlung weiterging? Monate? Jahre? Gegen Einbruch der Dunkelheit war das Zimmer fertig. Doch es war unwichtig, es schien überflüssig. Ich ließ mich auf dem Bett nieder. Edward tat es mir gleich. „Möchtest du ein paar Sachen aus deinem Haus holen? Möchtest du hier ganz einziehen?“, erkundigte sich Edward. Sogleich schreckte ich wieder vom Bett hoch. Ich riss die Augen weit auf. Wie ein Film flimmerten mir mehrere Bilder vor dem geistigen Auge. Charlie, das Haus, wie ich für Charlie kochte, mein Zimmer, der braune große Umschlag, meine Mutter, Billy und Jakob bei der Beerdigung, die Beerdigung. „Bella, Bella? Bella?“, hallte es in meinem Kopf und es wurde immer lauter, bis ich merkte, dass es Edwards Stimme war, der mich sanft rüttelte. Mit dem gleichen entgeisterten Gesichtsausdruck sah ich ihn an. Er erwiderte meinen sehr besorgt. „Bella?“, flüsterte er wieder. „Edward, mein Vater“, brachte ich krächzend heraus. All diese Bilder… mein Menschenleben. Es waren nur noch Bilder. Bilder! Bilder! Bilder!, schrie es in mir. Wo waren meine Erinnerungen? Mein Vater ist tot! Wie konnte ich die letzten Tage nicht daran gedacht haben? Alles was vorgefallen war… als hätte ich nur ein Fotoalbum von meinem eigenen früheren Leben im Kopf und sah es mir teilnahmslos gelegentlich an. Edward sprach nicht. Er rückte etwas näher und tätschelte mir den Rücken. Mein Gesicht war nass von Tränen, ohne, dass ich bemerkt hatte, dass sie mir die Wange hinunter gerannt waren. „Edward, mein Vater“, stieß ich wieder hervor. Ich schluchzte. „Mein Vater ist tot. Und ich lebe. Und ich bin glücklich. Warum habe ich nicht an ihn gedacht? Die letzten Tage? Warum kann ich mich nicht mehr an ihn erinnern?! Nicht mehr so wie früher?!“, kreischte ich so laut, dass ich draußen aufgeschreckte Vögel umherfliegen hören konnte. „Schhh“, machte Edward und legte meinen Kopf, den er mit beiden Händen festhielt, an seine Brust. Seine Finger strichen mir immer wieder über die nassen Wangen. Ich wusste, warum er nichts Tröstendes sagte. Es gab nichts Tröstendes. Die Erinnerungen verblassten. Die Bilder verblassten. Irgendwann würde meine menschliche Vergangenheit nur noch ein Schatten sein. „Kannst du mich nach Hause bringen?“ Ich war überrascht wie wenig meine Stimme zitterte. Sie überschlug sich auch nicht. Ich richtete mich auf und sah ihn an. Edward sah ganz kurz ein wenig enttäuscht aus, ich wusste nicht warum, er nickte dann aber. „Hast du dich schon entschieden, wo du wohnen willst?“, fragte er leise. Ich schüttelte den Kopf. Zu Hause oder hier? Was sollte oder besser durfte mein zu Hause werden? Jetzt wusste ich warum er eben so reagiert hatte. Ich hatte nicht sein zu Hause als das meinige genannt. Das wünschte er sich sicherlich, eigentlich wünschte ich mir das auch, doch ich musste erst einmal nach Hause zurückgehen, bevor ich irgendetwas entschied. Ich hatte es schon wieder gedacht. Ich war unverbesserlich. Ich lief durch das Haus wie eine Besessene. Ich taste die Wände, als wäre ich blind und roch in jedem Winkel nach vertrautem. Ich betrachtete alles aus mehreren Blickwinkeln und Perspektiven. Edward war von Anfang an in der Tür stehen geblieben und beobachtete mich mit verschränkten Armen und ausdruckslosem Gesicht. Passend dazu fragte er tonlos: „Alles in Ordnung?“ Ich hatte mich eben auf der Couch niedergelassen. Ich kannte hier alles, natürlich. Aber nicht so wie vorher. Ich verband nicht mehr so viel damit. Keine Erinnerungen. Ich nahm die Fernbedienung und konzentrierte mich. Was verband ich mit ihr? Die Baseballspiele… Ich kniff angestrengt die Augen zusammen und versuchte mich daran zu erinnern. „Das kann man sich ja nicht mit ansehen“, murmelte Edward und kam auf mich zu. Er nahm mich hoch und legte den Kopf auf meine Schulter. „Es tut mir leid“, hauchte er mir ins Ohr und dann lief er mit mir raus. Raus aus dem Haus, er verließ die Straße, durch den Wald. Mein Gesicht war ausdruckslos. Wie erstarrt. Er legte mich wenig später auf sein Bett. Die Fernbedienung hielt ich noch in der Hand. Erst jetzt realisierte ich, wo ich war, was er getan hatte, was geschehen war. Wutentbrannt funkelte ich ihn an. „Warum hast du das getan?“, schrie ich und stand auf. Ich wahrte ein paar Meter Abstand zwischen uns. Ich wollte ihn nicht berühren. „Es war meine Entscheidung“, ich schluchzte kurz, „nach Hause zu gehen! Du hast kein Recht-“, meine Stimme wurde dünner, „du hast kein Recht-!“ Er lächelte warm. „Bitte ruh’ dich etwas aus.“ Mein ganzer Körper zitterte. Ich ertrug diesen liebevollen Ton und sein Verständnis nicht. Ich ballte die Fäuste vor Zorn. Ich konnte ihn nicht mehr ansehen. Ich rannte an ihm vorbei. Und das war keine menschliche Geschwindigkeit, wie ich erfreut feststellte. Doch Freude hatte kein Platz in meinem Körper. „Ich muss ihr helfen!“ „Ich muss sie holen!“ „Ich muss zu ihr!“ Ich kam nicht weit. Ich glitt in die Knie, die Hände gegen meinen Kopf rechts und links gepresst. Es fühlte sich an, als würde er zerbersten. „NEIN! NEIN! NEIN!“, schrie ich und presste die Hände an meine Ohren. Ich wollte sie nicht hören. Es hallte in meinem Kopf. Es war als schrieen sie mir ins Ohr. Ich versuchte meinerseits gegen die Stimmen in meinem Kopf anzuschreien. „AHHHH!“, schrie ich auf, als das Brennen durch meine Brust loderte. Dann war es weg. Ich spürte Hitze, kein Brennen, von meinen Füßen zu meinem Kopf steigen. Dann fühlte ich nichts mehr. Ich ließ die Hände sinken und öffnete langsam die Augen. Im Fenster spiegelten sich pechschwarzen Augen. Kapitel 11: Durst ----------------- Viel Spaaaaaaaaaaaß =) ---------- Ich spürte es. Bis in die Fingerspitzen. Die Hitze. Den Drang. Den Durst. Die Lust. Ich atmete heftig schnell um möglichst viel und schnell zu riechen. Ein Mensch… ich brauchte einen Mensch… egal wen, nur schnell. Mich würde keiner aufhalten. Ich hatte es ihnen schließlich eben verboten. Ich hatte ihre Entscheidung revidiert. Ich rannte. Ich war schnell. Sehr schnell. Und ich hatte Kraft. Ich fühlte sie in mir. Ich kam am Rande von Forks an. Die Straßen waren leer. Es war bald Mitternacht. Doch irgendeiner würde noch auf den Straßen sein. Und der wäre mein Opfer, dachte ich hämisch. Ich sah einen Schatten an der Seite eines Hauses. Kaum war ich in diese Richtung unterwegs überkam mich der herrlichste Duft, den ich je gerochen hatte. Ein älterer Mann ging um das Haus herum. Ich packte ihn von hinten. Er sah mich nicht. Ich biss. Ich stillte meinen Durst. Ich tötete ihn, doch es machte mir nichts aus. Ich rannte weg. Ich blickte nicht zurück. Welch Geschmack, welch Geruch. Ich ächzte nach mehr. Natürlich fanden sie mich. Doch nur Carlisle kam zu mir, als ich mein zweites Opfer nur wenige Minuten nach meinem Ersten fand und tötete. Mein Verstand war klar, mein Durst gestillt. „Komm mit nach Hause Bella“, sagte Carlisle. Er reichte mir seine Hand. Ich nahm sie. Die Anderen waren nicht mehr da. Wir liefen zurück. Edward saß auf der Couch. Alleine. Den Kopf auf die Brust gelegt, die Arme und Hände darüber geschlungen. Es war ein herzzerreißender Anblick. Ich fühlte Reue. Ich hatte ihn enttäuscht. Ich hatte getötet. Ich ging zu ihm. Die Hand über ihm. Ich wollte ihn streicheln, ihn berühren. Er blieb regungslos sitzen. Mein Blick fiel auf die dunkle Fensterscheibe vor mir. Mir stockte der Atem. Meine Augen waren feuerrot. Leuchtend. Leuchtender als sie es bisher je gewesen waren. Ich rannte raus. Ich schämte mich so sehr. Ich ekelte mich vor mir selbst. Was war aus mir geworden?! Ich verkroch mich, wie in meinem menschlichen Leben, im Bett. Ich spürte immer noch den absurd leckeren Geschmack von Blut in meinem Mund… Was dachten sie jetzt von mir? Sie waren so… diszipliniert und ich- Ich musste mich bei Edward entschuldigen. Es hatte ihm so weh getan… wie war es für ihn mich so- so zu sehen? Ich ballte die Hand zur Faust und wollte wütend gegen den Bettpfeiler trommeln, als ich stockte. Langsam legte ich die Hand an die Stange. Ich fasste sie an und drückte fester zu. Mein Handabdruck war auf dem Holz des Pfostens zu sehen. Ich zog die Augenbrauen erstaunt hoch. Ich konnte mich kontrollieren. Ich spürte meine Kräfte nun. Ein kleine Flamme Freude wurde in meinem kalten Körper gezündet – und erstickt. Dafür hatte ich meine Durstlosigkeit eingebüßt. Langsam ging ich herunter und ich merkte wie sehr ich mich konzentrieren musste, es menschlich zu tun. Immer wieder ertappte ich mich dabei drei Stufen schneller als normal zu gehen. Am Fuße der Treppe atmete ich tief durch. Ich hörte, dass Edward immer noch dort saß, wo ich ihn vorhin zurück gelassen hatte. Die Anderen waren irgendwo oben im Haus. Ich ging, bedacht langsam zu gehen, Schritt für Schritt ins Wohnzimmer. Seine Position hatte sich nicht verändert. Wie eine Säule saß er dort. Ich war unendlich traurig ihn so zu sehen. Er wirkte so viel menschlicher als ich es in den letzten Tagen, und besonders jetzt, gewesen war. Ich kniete mich vor ihn. Ich taste nach seinem Kinn und hob sein Gesicht an. Man hätte meinen können, dass er geweint hatte. Seine Augen waren glasig, sein Gesichtsausdruck quälend verzerrt. Einen Anflug von Entsetzten war in seinem Gesicht, als er in meine leuchtend roten Augen sah. Wie befremdlich musste ich für ihn aussehen?! „Es tut mir leid, bitte verzeih mir“, flüsterte ich mit einer solch schnellen Stimme, wie ich sie sonst nur bei Edward gehört hatte. Er schüttelte ganz langsam den Kopf. Ich ließ sein Kinn los. Die Berührung schmerzte. „Bella, ich muss mich entschuldigen“, seine Augen waren traurig, „hätte ich nicht die Dreistigkeit besessen, dich zu bevormunden hätte der Wutausbruch“, er hob langsam die Hand zu meinem Gesicht, „nicht dazu geführt“, er strich mit dem Daumen um mein Auge, „bitte verzeih mir.“ „Ich wollte sie nicht töten. Ich- doch ich wollte, ich konnte nicht anders“, schluchzte ich. Ich hatte gemordet, kam es mir immer und immer wieder in den Sinn. „Ich wollte dich aufhalten“, sagte Edward. „Ich habe euch nicht gelassen. Ich habe eure Entscheidungen geändert“, während ich das sagte, nickte er langsam. Er breitete die Arme aus. Breitwillig setzte ich mich auf seine Schoß. Er schloss die Arme fest um mich. „Was machen wir nur mit dir?“, hauchte er mit einem kleinen Lächeln und malte mein Gesicht nach, „Was machen wir nur mit uns?“, ergänzte er. Mir flossen Tränen über das Gesicht. „Ich will kein Monster sein.“ Sowie ich das aussprach, verstand ich ihn. Ich konnte das, was er über sich gesagt hatte, nachvollziehen. Alles. Ich machte dasselbe durch. Ich hatte es in mir gespürt. Das Monster in mir, das jetzt, in diesem Augenblick, zurück trat. „Das musst du auch nicht. Ich beschütze dich, ich helfe dir, wir alle.“ Seine Gesichtszüge wurden wärmer. Ich sog seinen Duft ein. Traumhaft wie immer. „Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, eure Entscheidungen nicht zu beeinflussen, das ist alles noch so neu…“, gestand ich meine Angst, „ich habe eure Entscheidungen gehört, wie ihr mir helfen wolltet. Aber ich habe es nicht zulassen können, ich wollte so sehr- ich wollte das Blut so sehr. Ich wollte mich nicht abhalten lassen und nächstes Mal wird es nicht anders sein“, sagte ich pessimistisch voraus. „Wir können Alice mal fragen, wann das sein wird und vielleicht finden wir einen Weg“, meinte Edward optimistisch wie eh und je. Er neigte den Kopf zu mir. Er kuschelte seine Nasenspitze an meinen Nasenrücken. Ich atmete tief ein und nickte nicht überzeugt. „Bella es wird alles gut. Das ist ganz normal und es war klar, dass es kommen musste“, versuchte er mich zu trösten. „Es hätte- es hätte jemand sein können den ich kenne“, sagte ich mit leiser zittriger Stimme. Die Vorstellung war nicht auszudenken. „Ich hätte keinen Unterschied gemacht.“ „Du darfst dir keinen Vorwurf machen, niemand kann von Anfang an widerstehen. Nicht mal jemand besonderes wie du, jemand der dieses Leben auch noch wollte.“ Sein Trost schnitt mir immer mehr ins Herz. Er küsste mich sanft, ohne Gegenreaktion meinerseits. Er nahm das nicht persönlich, sondern lächelte zärtlich. Er hob mich hoch und ging mit mir in unser Schlafzimmer. Behutsam, obwohl er das nicht mehr sein musste, legte er mich auf dem Bett ab, ohne das Küssen zu vernachlässigen. Er lag abgestützt über mir, während unsere Lippen sich liebkosten. Er zupfte an meinem T-Shirt-Ärmel und zog diesen runter zu meiner Armbeuge. Seine Hand strich von meinem Hals abwärts über meine Schulter und ruhte auf meinem Schlüsselbein. Ich öffnete die Augen und atmete weiter, während er meinen Hals und meine Schultern mit Küssen übersäte. Ich starrte an die Decke und mir wurde eines klar. Ich zog meinen T-Shirt-Ärmel wieder hoch. Seine Reaktion war abzusehen, er sah mich verwirrt an. Verständlich, schließlich hatte ich es gewollt. Ich drehte mich unter ihm weg und legte mich mit dem Rücken zu ihm ein Stück von ihm entfernt – ich berührte ihn nicht mehr – hin. „Bella? Hab ich etwas falsch gemacht?“, flüsterte er. „Nein“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Ich wollte nicht mit ihm schlafen. Nicht jetzt. Ich fühlte mich schäbig. Dreckig. Verschmutzt. So wollte ich mich nicht mit ihm vereinigen. Ich wollte rein sein. „Hmmm“, machte Edward nur. „Ich werde sie nicht drängen, wenn sie es sich anders überlegt hat und mich nicht will, akzeptiere ich das“, hörte ich seine Stimme in meinem Kopf. Ich drehte mich wie vom Blitz getroffen erschrocken um. Ich sah ihm an, dass er wusste weshalb. Ich schüttelte langsam den Kopf. „Nein, Edward, nein. Ich habe es mir nicht anders überlegt, ich will dich. Unbedingt. Aber nicht so“, ich blinzelte langsam. Er küsste mein Lid. „Okay“, hauchte er. Sein Verständnis rührte mich so sehr, dass ich am liebsten augenblicklich über ihn herfallen wollte. Doch das war nur ein kurzer Impuls. Wir lagen einfach nur still da. Die Körper aneinander gelegt, die Hände miteinander verschränkt. Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter. Nach einer Weile beugte sich Edward zu mir und sagte mir ins Ohr: „Carlisle kommt, er möchte mit dir reden. Wenn du das nicht willst, solltest du seine Entscheidung ändern.“ Seine Lippen an meinem Ohr verzogen sich zu einem Grinsen. „So willentlich kann ich das noch nicht“, entgegnete ich seufzend. „Du kannst“, sagte er lediglich. Ich überging das. „Nein, es ist okay.“ Ich setzte mich gerade auf, als es klopfte. Nach meiner Zustimmung kam er herein. Sein Lächeln war sanft. Er setzte sich vor uns. Edward legte einen Arm um meine Schulter und tätschelte sie. „Wie geht es dir?“ Ich fand die Frage merkwürdig. „Ähm, gut“, antwortete ich daher. „Bella, ich weiß nicht ob Edward mit dir schon darüber geredet hat-“, Carlisle sah Edward an, Edward nickte, „gut hat er. Wir möchten dich gerne vor Geschehnissen wie heute von Anfang an schützen, damit du dich schneller enthalten kannst. Vorausgesetzt das möchtest du“, sagte er förmlich und wartete. Ich realisierte erst nach ein paar Sekunden, dass das eine Frage war. „Ja, sicher, natürlich!“, sagte ich nachdrücklich. „Nur deine Fähigkeit macht uns da einen Strich durch die Rechnung. Bisher ist sie noch sehr gefühlsabhängig und gerade bei solchen Durstmomenten sind natürlich sehr viele Gefühle im Spiel. Du musst versuchen die Entscheidungen von uns auszuschalten, nicht zu hören. Oder wenigstens nicht alle zu verneinen, damit wenigstens einer dir helfen kann“, ich nickte, „und noch etwas. Es ist nur eine Vermutung, aber ich glaube, dass du unsere Entscheidungen nur dann gänzlich beeinflussen kannst, wenn du es denkst. Nicht wenn du es aussprichst“, ich öffnete den Mund um etwas zu entgegnen, doch Carlisle redete weiter, „ich weiß, dass das eng zusammenhängt, aber man kann auch in Gedanken lügen“, er sah Edward bedeutungsvoll an (ja, das wusste er natürlich, dass das ging), „und dann ist deine Beeinflussung nicht so stark. Sie lässt dann schneller nach. Ich weiß nicht ob du es gemerkt hast, aber sie ist zeitlich begrenzt. Sie gilt wie deine gesamte Fähigkeit gegenwärtig und nicht zukünftig. Nicht, dass etwas über ihre Macht aussagen würde. Ehrlich Bella, ich habe noch nie eine so starke Fähigkeit gesehen, die in den Geist eingreift und ihn ändert“, er lächelte. „Aber Jasper-“ „Die Stimmung ist nichts Persönliches. Er ändert sie ja nur in dem Raum, wenn er dabei ist. Er ändert ja nicht gänzlich beispielsweise Angst oder so was.“ Diesmal sprach Edward. „Du darfst uns ruhig glauben, dass sie mächtig ist.“ Er küsste meine Schläfe. „Hmmmm“, machte ich. „Was glaubt ihr warum ich das kann? Ich war sonst nie gut im andere überreden.“ „Glaubst du“, murmelte Edward. „Ich würde sagen, das hast du deiner Dickköpfigkeit zu verdanken“, Carlisle lächelte, „du wolltest deinen Willen durchsetzten, ob du das geschafft hast oder nicht.“ Ich nickte. Aber ich wollte ihnen meinen Willen nicht aufzwängen, ich musste mich besser kontrollieren. Doch dann überkam mich wieder die Erinnerung an dieses unbändige Gefühl der Gier und dem Gefühl ferngesteuert und nicht ich selbst zu sein. „Ich weiß nicht ob ich das kann“, sagte ich leise. Sie wussten was ich meinte. „Wir müssen es einfach immer wieder probieren“, versuchte mich Carlisle zu ermuntern, „Selbstbeherrschung und Kontrolle über die neu gewonnenen Kräfte und Fähigkeiten kommen nicht von selbst.“ Er wartete. Als ich nichts mehr sagte, erhob er sich. Bevor er etwas sagen konnte, sagte ich schnell: „Danke Carlisle, für alles, immer.“ Er lächelte warm. „Nicht der Rede wert.“ Er verließ das Zimmer. „Manchmal glaube ich, dass ihr alle in irgendeiner Form Jaspers Gabe habt.“ Edward grinste. Natürlich schrieb die Zeitung davon. 2 Tote in derselben Straße, die fast nebeneinander wohnte mit denselben Anzeichen ohne eine Spur auf den Täter… das ist Rekord in Forks. Forks, wo es hin und wieder mal einen Blechschaden bei einem Autounfall hab und eine verirrte Katze auf einem Baum. Ich las den Artikel nicht und schob die Zeitung von mir auf den großen Esstisch. Natürlich brachte ich die Cullens in Schwierigkeiten. Nächstes Mal musste es anders laufen. Es musste einfach. Alice sagte meinen nächsten „Anfall“, wie ich insgeheim nannte, für Freitag voraus. Also bereits in zwei Tagen. Ich brauchte Training. Edward und Emmett halfen mir dabei. Ich wollte mich bis dahin besser unter Kontrolle haben und besonders Emmett hatte einen Heidenspaß daran. „So, versuch mal mich anzugreifen“, gluckste Emmett am Donnerstagmorgen. Ich verzog das Gesicht. „Keine Sorge, du kannst mich nicht zerquetschen wie ein Bettpfosten“, lachte er. Ich warf einen Blick zu Edward, der mich mit zuckenden Mundwinkeln entschuldigend ansah. Emmett stand dreißig Meter vor mir. Er deutete mit den Händen auf sich. Ich nickte und rannte zu ihm. Am Anfang rannte ich noch menschlich, doch schon nach wenigen Schritten hatte ich den Dreh raus und schoss auf ihn zu. Ich sah fast zeitlupenartig seine Anstalten nach oben, auf den Ast über sich, zu springen. Meine Reflexe!, freute ich mich und sprang im selben Moment auf den Baum, der diesen Ast beherbergte, und direkt auf die Stelle zu, wo Emmett stand. Doch wie eben sah ich, dass er im Begriff war einen Schritt zurück zu machen, um wieder auf die Erde zu fallen. Im Flug berührte ich mit einer Hand den Ast und stieß mich an ihm ab und ebenfalls zur Erde zu gelangen. Ich landete auf dem Fleck, wo er ursprünglich vor hatte zu stehen. Ich sah nicht hoch, streckte die Hände aus und eine Hundertstel später ergriff ich mit den Händen seine Füße. Ich spürte die unbändige Kraft, erfasste ihn und wollte ihn vor mich gegen den nächsten Baum schleudern. Doch genau in dem Moment, indem ich mich bewegte, versagte meine Kraft und ich brach unter Emmetts Gewicht zu Boden. „Bella!“ Edward war bereits neben mir. „Alles okay, alles okay“, murmelte ich schnell, richtete mich auf und klopfte den Dreck von meinem Körper ab. „Nicht schlecht, aber das kannst du besser“, sagte Emmett, während ich auf meine Hände starrte. Ich lief zum nächst besten Baum. Ich hielt mit beiden Händen rechts und links den Stamm fest und drückte meine Hände zusammen. Augenblick bröselte der Teil des Baums zu einer Art Sägespäne zu Boden. Der übrige Baum taumelte. Ich ließ den Baum etwas sinken, fasste wieder an einen Stück des Stammes an und tat dasselbe wiederum, bis der Baum vollständig in einem kleinen Berg Sand vor mir stand. Ich nickte zufrieden. Ich hatte kein Mal Schwäche gespürt. Ich drehte mich zu Emmett und Edward um, die schnell in andere Richtungen sahen. „Okay, das eben war nur eine Proberunde, jetzt bin ich bereit, dich fertig zu machen“, sagte ich siegessicher zu Emmett. Beide grinsten. „Und Ehrgeiz hat sie auch noch…“, sagte Emmett, was ihn sehr zu freuen schien. Nahezu gleichzeitig gingen wir in Kauerstellung. Diesmal wartete jeder auf die Reaktion des anderen. Wir umkreisten uns. „Jetzt“, hörte ich Emmetts Stimme in mir (vielen Dank, dass du dich auch mal meldet, du dumme unzuverlässige Fähigkeit, dachte ich kurz) und reagierte eher, als er sein Vorhaben umsetzten konnte. Ich sprang in einem hohen Bogen zur Seite, glitt sanft seitlich weg, wo Emmett jetzt mit dem Rücken verwirrt zu mir stand. Alles spielte sich in nicht mal einer Sekunde ab. Ich streckte das Bein und traf ihn mit voller Wucht am Rücken, ehe er mich überhaupt bemerkt hatte. Mit einem Ohren betäubenden Knall rauschte er gegen den nächsten Stamm. Edward klatschte. Emmett drehte sich, im Gesicht klebte etwas Rinde, vom Baumstamm weg und funkelte mich an. Es war ihm ernst. Edward lachte. „Rechts, links, antäuschen, vom Stamm abstoßen, linker Seitenhieb“, hörte ich Emmett und genau darauf bereitete ich mich vor. Ich stieß ihn gegen den Nächsten Baum. Edward amüsierte sich köstlich. Emmett wurde zunehmend gereizter. Wir tänzelten umeinander herum. Ich lasse es auf einen Versuch ankommen. Ich blieb gerade, die Arme und Hände am Körper anliegend und Augen geschlossen, stehen. Ich würde ganz auf meine Fähigkeit vertrauen. Ich hörte nichts. Erst im letzten Moment bekam ich per Fähigkeit mit, dass er von rechts kam und machte einen Schritt nach vorn. Doch ich war einen Bruchteil einer Sekunde zu spät und Emmett erwischte mich am Arm, weshalb ich zu Boden ging. Doch ich stand bereits wieder und sah gerade noch sein selbstsicheres Grinsen, bevor er wieder in Angriffsstellung ging. Gut, dachte ich, ich muss mich mehr konzentrieren. Ich stellte mich wiederum gerade hin und schloss die Augen. Nun hörte ich jede kleinste Entscheidung deutlich. Da ich jedoch nicht die Zukunft voraussagen konnte, sondern nur seine Entscheidungen, die ein paar Tausendstel vor seinem eigentlichen Handeln getroffen wurde, spürte ich bei jedem Angriff den Luftzug von ihm. Doch es reichte um seinem Angriff zu entgegen – und ihn wütend zu machen. Wie ich zufrieden feststellte. „Das ist ein Monster“, nuschelte Emmett, der die Arme erhoben hatte. Edward lachte laut, als ich die Augen öffnete. „Emmett ärgert sich darüber, dass du kräftiger bist als er“, übersetzte Edward unausgesprochenes. Emmett funkelte ihn an. „Das ist nicht gesagt!“, meinte er prompt und kam auf mich zu. „Eines noch“, murmelte er. Er hielt die Handflächen vor seinen Körper und forderte mich auf, meine an seine zu legen. „Ein ganz einfacher Test, wer es zuerst schafft, den anderen wegzudrücken, gewinnt.“ Er war siegessicher. Ich legte meine Hände an seine. „3, 2, 1, los“, vernahm ich Edwards belustigte Stimme. Es hätte beinahe so aussehen können, dass wir beide nur regungslos da standen, so still standen wir. Ich spürte meine Adern pulsierend. Er sah mich bitterböse an, enttäuscht darüber, dass ich überhaupt noch stand. Ich spannte alles an und hoffte, dass meine Kraft nicht nachließ. Ich drückte fester und auf einmal war es, als würde ich einen Kinderwagen wegschieben. Ich musste ihn rennend zurück schieben, damit ich nicht vorne rüber kippte. „4:1 für Bella“, rief Edward vergnügt. Wir liefen zu Edward zurück. Er lachte wieder. „Emmett ist gekränkt, nicht mehr der Stärkste von uns zu sein“, gab Edward Emmetts Gedanken zum Besten. „Stimmt nicht“, zischte Emmett, obwohl es natürlich stimmte, „wenn sie erstmal kein Neuling mehr ist und das erste Jahr um ist, bin ich wieder der Stärkste. Wart’s nur ab, das ist nur von kurzer Dauer“, knurrte er. Edward legte einen Arm um mich, drückte mich an sich und küsste mich seitlich auf die Stirn. Ich legte den linken Arm auf seinen Rücken. Ich blinzelte und merkte wie Edward nicht mehr neben mir war. Er hatte einen Satz nach vorne gemacht, als ich ihn berührt hatte. Meine Kraft. Diesmal lachte Emmett. „Tja das kann ja lustig werden, Edward“, sagte er verächtlich. Ich schlug die Hände vor den Mund. „Es tut mir so leid“, wisperte ich sogleich. „Nichts passiert, zwei Minuten Training mit Emmett“, er sprach Emmetts Namen so belustigt aus, dass Emmett ihn wiederum böse anfunkelte, „perfektionieren nicht deine Kontrolle und Beherrschung.“ Wir gingen zurück. Die Anderen fanden wir im Wohnzimmer. Alice grinste breit. „Und?“, wollte Jasper wissen. Emmett rauschte mürrisch an ihm vorbei und ließ sich neben Rosalie fallen. „Mach dir nichts draus“, sagte Alice, bevor Edward etwas sagen konnte, „das war doch absehbar.“ Emmett schnaubte missmutig. „Absehbar“, sagte er verächtlich. „Bella hat ihn 4:1 abgezogen“, erklärte Edward stolz und drückte mich fest, „und er ärgert sich“, Edward sah zu mir runter, „weil du ein Mädchen bist.“ Wieder schnaubte Emmett. „Sie ist ein Neuling. Kein Wunder. Und sie-“, „Emmett, nein“, zischte Edward dazwischen, doch zu spät, „-trinkt menschliches Blut. Nicht überraschend, dass sie stärker ist.“ Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich spürte sofort die Tränen und den Ekel vor mir selbst in mir hochsteigen. Alle sechs Augenpaare huschten zwischen mir und Emmett hin und her. Ich löste mich von Edward, schritt zurück und murmelte: „Entschuldigt mich bitte.“ Keiner hielt mich auf. Ich verschwand in das Schlafzimmer. Ich setzte mich stumm weinend, die Knie zur Brust gezogen an meinen Lieblingsplatz vor dem großen Fenster. Es war ihnen nicht zu verdenken. Natürlich verachteten sie mich für meinen Ausrutscher, ich redete mir ein, dass es einer war, schließlich enthielten sie sich und ich nahm den erstbesten Menschen- „Er hat dich nicht verletzten wollen, Liebes.“ Ich erhob die Stirn von meinen Knien und sah in Edwards sanftes engelsgleiches Gesicht. Er setzte sich zu mir und zog mich zu sich. „Emmett ist es nicht gewohnt, besiegt zu werden und besonders, wenn es um seine Kraft geht. Nicht, dass das irgendetwas entschuldigte“, fügte er mit einem warmen Unterton hinzu. Ich nickte nur, doch ich wusste, dass es stimmte was Emmett gesagt hatte und wie er es gesagt hatte. Natürlich verachteten mich die anderen dafür. Es war ihnen nicht zu verdenken. „Glaub mir, dass ich Vergeltung fordere“, sagte Edward leise und es klang fast hoffnungsvoll. Ich brauchte einen Moment bis ich verstand, was er sagte. „Nein, lass ihn zufrieden“, nuschelte ich und bemerkte wie halbherzig es war. Es müsste aufrichtig klingen, schließlich hatte er recht und es war nicht seine Schuld, dass ich- dass mir das passiert war. „Wie lange wird es dauern, bis ich endlich so bin wie ihr?“, fragte ich sehnsüchtig und sah ihm direkt in die Augen. Er zuckte leicht mit den Schultern. „Mach dir nicht so einen Kopf Bella. Das ist völlig normal und das wissen wir. Ein neuer Vampir, der nicht direkt nach seiner Verwandlungen jagen geht, ist kein richtiger Vampir“, er lächelte entschuldigend. „Also bin ich jetzt ein richtiger Vampir?“ „Fast.“ Er hielt meinen Arm ein paar Zentimeter neben mir in die einfallende Sonne und ich sah, dass sich nichts regte. Dann küsste er meine Tränen. „Fast“, hauchte er mir ins Ohr. Ich fühlte mich zwar nicht ganz überzeugt, schließlich ließen meine Kräfte immer wieder nach und meine Fähigkeit machte auch keine Anstalten mir völlig zu behorchen, aber ein wenig wohler. „Edward“, sagte ich leise, während er mit den Lippen meine Wange liebkoste. „Hmmm“, machte er. Ich musste es ihn einfach fragen. Ich hatte es mich so oft gefragt. Er hatte es einfach übergangen… „Bist du gar nicht sauer auf mich, dass ich jetzt so bin wie du?“ Ich sah nach links zu seiner Stirn. Er hob den Kopf und sah mich fragend an. „Na ja“, begann ich als er nichts sagte, „du hast dich dagegen gewehrt, dass ich verwandelt werden, die ganze Zeit. Bist du nicht wütend auf mich?“ „Natürlich habe ich mich dagegen gewehrt. Ich wollte nicht, dass du dein Leben für mich aufgibst und dein Dasein als ein Vampir fristest“, sein Gesicht nahm merkwürdige Züge an, es klang irgendwie zu „leicht“, „aber es ist okay für mich. Ich kann es nicht ändern und wenn es dein Wunsch war, dann freue ich mich natürlich.“ Ich stutzte. Sein Gesichtsausdruck, seine Stimme, der Unterton… das alles passte nicht zu dem was er sagte. Mir wurde schlagartig bewusst warum. „Du lügst“, stellte ich laut fest. Seine Augen wurden schmal. Er stand auf und drehte mir den Rücken zu. „Natürlich war ich sauer. Stinksauer. Ich war so wütend, ich- ich wollte nie, dass du dich nur wegen mir verwandelst! Ich wollte nicht, dass du das durchmachst“, sagte er, während er sich zu mir umdrehte und auf mich deutete, „wenn ich könnte würde ich es rückgängig machen.“ Ich wusste, dass es ihm rausgerutscht war und sicherlich gleich sagen würde, er meine das nicht so, doch ich zuckte unwillkürlich zusammen. Er wollte mich nicht? „Willst du mich nicht? Nicht ewig?“, fragte ich mit gesenktem Blick. „Bella“, er kniete vor mir, mein Gesicht in seinen Händen, „nichts lieber als das, aber ich kann es einfach nicht ertragen. Deine Schreie, deinen Weinen, deine Traurigkeit, dein Leid, dein Schmerz- wegen mir! Wegen dem was ich bin!“ Er sah mich eindringlich und ehrlich an. „Aber Edward, das macht mir nichts. Ich wollte es so, weil ich dann mit dir zusammen sein kann“, wisperte ich. Immer noch mein Gesicht in den Händen haltend, sah er schräg rechts zu Boden. „Das ist ja fast noch schlimmer. Du nimmst das alles in Kauf…“, flüsterte er mehr zu sich. „Ich schaff das morgen schon. Ich darf doch Emmett nicht enttäuschen“, ich lächelte gequält. Edward schnaubte. „Jaah und glaube nicht, dass deine Fähigkeit morgen irgendetwas daran ändert, dass ich dich beschütze und zurückhalte.“ Ich sah ihn liebevoll an und kam seinem Gesicht ganz nahe. „Ich verlass’ mich drauf.“ ----------------------- Würde mich über Kommis sehr doll freuen! LG Vanessa Kapitel 12: Verletzt -------------------- Ein wenig kürzer, aber das nächste wird wieder länger =) versprochen^^ LG, viel Spaß, Vanessa ------------------------------------ Es war ein Albtraum. Und obwohl Edward es versprochen hatte, konnte er natürlich nichts tun. Ich hörte tausend Stimmen, tausend Entscheidung, die alle nur um eins kreisten: Mich zurückzuhalten, mir zu helfen. Und ich schrie „NEIN!“ und ich dachte es auch. Denn der Durst, die Begierde war zu groß. Ich hatte keine Vernunft. Ich handelte instinktiv. Durstig. Ich tötete 3 Menschen. Nur zum Spaß, ich trank nicht übermäßig viel. Ich tötete nur und stillte meinen Durst notdürftig. Am Abend saß ich neben Edward auf dem Bett. Er hatte den Arm umgelegt und außer ein leicht mitleidiges „Bella“ am Anfang sagte er nichts. Ich weinte sein Hemd voll und er streichelte mich und tätschelte mich am Kopf. Stunden um Stunden. „Bella, Bella, Bella“, zwitscherte Alice vergnügt, als sie am Morgen einfach so – sie klopfte nicht, denn sie sah voraus, dass wir sowieso ja sagen würde, erklärte sie schnell – in unser Zimmer reinplatze. Wir lagen immer noch auf dem Bett. Edward strich mir über die Stirn. Mein Blick war starr. Mein Gesicht verweint. Meine Augen leer. Ich sah nicht mal hoch, als Alice rein kam. Ich spürte wie Edward an meiner Seite leicht den Kopf schüttelte. „Oh doch, doch, doch“, sagte sie übermotiviert. Sie kletterte mit einem Bein auf das Bett, zog mich zu sich und dann vom Bett runter, sodass ich stand. Mein Blick war immer noch starr. Ich atmete nicht, wie lange ich das nicht getan hatte, wusste ich nicht. „Ich habe mir für heute einen kleinen Stadtbummel ausgedacht, erst nach Portland, das Wetter hält nicht so lange dort, nicht, dass dir das etwas anhaben könnte, aber-“ „Alice lass mich“, sagte ich streng und blieb regungslos stehen, als sich mich hinter sich her ziehen wollte. „Bella komm schon, das wird lustig“, sie zerrte an meinem Ärmel. Ihr Lächeln war engelsgleich. „Nein, bitte-“ „Ach Bella komm, ich checke gleich mal wann das nächste Mal-“ „ICH WILL NICHT!“, schrie und schubste sie von mir fort. Sie rauschte rückwärts gegen die Wand. Es gab einen lauten Knall, dann tiefe Stille. Wie aus der Trance erwachte ich und riss die Augen auf. „Alice, mein Gott, Alice!“, schrie ich und rannte zu ihr. Sie hielt sich mit der Hand den Hinterkopf, der sich in die Wand gedrückt hatte. Ich kniete mich vor sie. „Schon gut Bella.“ Sie verzerrte das Gesicht und einen Blinzeln später war sie bereits nicht mehr da. Ein leichter Abdruck war in der Wand auszumachen. „ALICE!“, rief ihr noch hinter her, doch es war bereits viel zu spät. Gehockt blieb ich sitzen und weinte wieder. Ich war froh weinen zu können. Es half zwar nicht, aber ich konnte meinen Schmerz wenigstens ausdrücken. Ich spürte sogleich Edward sanfte Berührung an meinem Kopf. „LASS MICH! SCHREI MICH AN!“, kreischte ich und sah ihn wutentbrannt an. Ich hatte Angst vor mir selbst, doch Edward blieb, wie zur Salzsäule erstarrt, regungslos stehen. „Geh“, sagte ich leise. Er blieb. „Bitte geh oder soll ich dich auch verletzten?“ Ich hoffte, dass er die Rhetorik darin verstand. Er blieb. Ich drehte mich wütend zu ihm um. Doch sein warmes Gesicht nahm mir die Wut. „Ich werde dich nie allein lassen. Besonders jetzt nicht“, seine kalten Arme umschlossen meinen zitternden Körper, „wir stehen das zusammen durch.“ „Um welchem Preis“, murmelte ich leise und legte den Kopf auf seine Schulter. Würden mich hinterher alle so sehr hassen und ignorieren wie Rosalie es von Anfang an getan hatte? Vielleicht hatte sie die Gefahr erkannt. Emmett, Alice… wer war der nächste, den ich liebte und verletzte? Den Naheliegendsten mied ich in Gedanken. Niemals würde ich mir das verzeihen. Niemals. Ich fasste einen Entschluss (wie so oft in letzter Zeit, ich hoffte dieser war besser…). Entweder würde der nächste „Anfall“ glimpflich verlaufen, für alle Beteiligten, oder ich würde gehen. Ich konnte sie, dank meiner Fähigkeit, davon abbringen mich zu suchen, zu finden und zurück zu bringen. Wenn ich dann einigermaßen beherrscht war, konnte ich sie wieder aufsuchen. Oder zulassen, dass sie mich wieder fanden… wenn sie das dann noch wollten. Wie nicht anders zu erwarten schrieb die Presse wieder einen riesigen Bericht. 3 Tote. 5 Tote in nur ein paar Tagen. Diesmal las ich den Bericht. Die Mordserie war unerklärlich. Keine Zusammenhänge zwischen den Toten, keine Spuren, jedoch dieselben Verletzungen. Die Polizei tappte im Dunklen. Ich las den Namen meines Vaters zweimal. Aus Sicht der Bevölkerung in Forks war es ja auch merkwürdig. Kaum war er weg, geschahen Morde. Meine Morde. Mir versetzen meine Taten und der Gedanke an meinen Vater einen doppelten Stich ins Herz. Sonntagmittag machte Carlisle mir einen Vorschlag um meine Anfälle vergleichsweise glimpflich hinter mich zu bringen. „Wir werden dir Entscheidungen denken. Du musst dich darauf konzentrieren, sie innerlich zu bejahen, aber, wenn du magst, äußerlich zu verneinen. Egal was wir sagen“, erklärte er im Wohnzimmer. „Carlisle, ich glaube nicht, dass das etwas nützt, schließlich bin ich jetzt nicht-“, entgegnete ich. „Ein Versuch ist es Wert oder?“ Er lächelte. Sie stellten sich in einen Kreis um mich. Ich drehte unwillkürlich den Rücken zu Emmett und Alice. Ich hatte Emmett noch nicht wirklich verziehen, obwohl ich eigentlich nichts zu verziehen hatte, er hatte Recht gehabt, und bei Alice hatte ich mich noch nicht entschuldigt. Wie feige. „Ich bringe Esme um.“ „Ich verspeise Alice „Ich springe vom Dach.“ „Ich ertränke dich im Fluss.“ „Ich töte deine Mutter.“ „Ich verwandele alle deine Freunde.“ „NEEEEEEEEIIIN“, schrie ich. Sofort war ich zur Erde gesackt und hielt mir, wie bei den anderen Anfällen auch, die Ohren zu. Als ob das etwas nützte. Ich versuchte es nicht zu denken, ich versuchte es wirklich, doch es ging nicht. Ich verneinte alles. Schon bevor sie entschieden hatten. Es war alles schrieen sie mir in die Ohren und mir platzte der Kopf. Ihre Stimmen erstarben. Carlisle reichte mir die Hand und zog mich aufrecht. „Warum tut es so weh?“, fragte ich ohne nachzudenken. „Was tut dir weh?“, fragte Carlisle nach. „Eure Stimmen in meinem Kopf.“ Carlisle machte Anstalten mir zu antworten, doch Edward gebot ihm Einhalt und sagte zu mir: „Am Anfang, es war bei mir genau dasselbe, hörst du alles. Ungefiltert. Es ist als hörst du deine eigenen Gedanken nicht. Und das schmerzt. Richtiger Schmerz. Wenn du aber lernst, nur einer Stimme zuzuhören, dabei du selbst zu bleiben und die anderen Stimmen, in deinem Fall Entscheidungen, auszublenden, hört der Schmerz auf.“ Ich nickte. Doch gleichzeitig wusste ich, dass das dauern würde. Wie sollte ich lernen mich zu beherrschen? Und vor allem wann? Wie lange würde es noch dauern? „Versucht es noch einmal“, bat ich. Edward nickte und stellte sich mit Carlisle wieder in den Kreis. Ich hielt mir Edwards Stimme vor Augen. Nur seinen Klang. Wenn ich mich fest darauf konzentrierte, würde ich vielleicht nur ihn hören. Dann wäre ich ein Stück weiter. Wenn auch nicht weit genug, um glauben zu dürfen, dass ich den anderen nicht verbot, im Falle eines Anfalls mir zu helfen. Ich schloss die Augen. Sogleich dasselbe Stimmengewirr. Das Dröhnen in meinem Kopf. Doch bevor ich zusammensacken konnte, hörte ich seine sanfte Stimme laut und deutlich, die anderen Stimmen rauschend im Hintergrund: „Ich werde nie mit dir schlafen.“ Ich riss die Augen auf und wirbelte zu ihm herum. Er lächelte. „Hat es geklappt?“, wollte er belustigt wissen. „Ja.“ Ich spürte einen Anflug eines Lächelns auf meinem Gesicht. Er hatte nur Spaß gemacht. „Mit welchen Methoden…“ Ich funkelte ihn gespielt böse an. „Versuch es nächstes Mal“, Carlisle meinte den Anfall, „genauso, vielleicht wird es dann anders ausgehen.“ Ich blickte immer noch Edward an. Unwillkürlich hatte mich sein Satz doch geschockt. „Vielleicht sollte ich das dann wieder sagen“, überlegte er übertrieben gespielt. Er lächelte hämisch. Ich erwiderte es. Sonntagabend ging Edward mit Jasper und Emmett jagen. Wir verabschiedeten uns in unserem Zimmer und kaum war er aus dem Zimmer und ich überlegte, was ich nun tun sollte, stand Alice in der Tür. Ich war kurzzeitig erschrocken, ich hatte Angst mich bei ihr zu entschuldigen. Wie würde sie reagieren? Sie schloss die Tür hinter sich und sah mich verschränkten Armen an. Ihre Augen waren eiskalt, ihr Gesichtsausdruck hart. Sie war wütend. „Alice, es tut mir wirklich leid, ich wollte das wirklich nicht“, sagte ich nachdrücklich und tat alles, um nicht wieder einen Heulkrampf zu bekommen. Alice schüttelte unmerklich den Kopf und machte eine wegwerfende Bewegung. „Nicht der Rede wert.“ Ihre Stimme war tiefer als sonst, als würde sie beben. Ich wartete. Warum war sie dann da? Wusste sie wann mein neuer Anfall war? Sie stand bedrohlich vor mir. Es ängstigte mich. So kannte ich sie gar nicht. „Glaube mir“, begann sie mit aalglatter Stimme, „ich kann meine Gedanken sehr gut kontrollieren und vor Edward in Zaum halten. Deshalb weiß er nichts davon. Er würde ausflippen“, sie schnaubte, „aber ich weiß es.“ Jetzt wusste ich, was sie meinte: Meinen Entschluss. „Wenn ich nur das aller kleinste Anzeichen“, sie deutete auf ihre Schläfe, „mitbekomme, dass du deinen Plan in die Tat umsetzt und du Edward und mir“, sie schluckte, „das antust“, sie machte eine Pause und funkelte mich böse an, „dann Gnade dir Gott.“ Sie verschwand. „Ach Alice“, flüsterte ich so leise, dass ich es fast gar nicht aussprach. Nun weinte ich. Alice, meine beste Freundin… ich hatte alles kaputt gemacht. Was sollte ich tun? Ich konnte weder gehen noch hier bleiben. Vielleicht sollte ich erst einmal ausziehen? Nach Hause gehen? Aber war das hier nicht bereits mein zu Hause? Ich schritt auf und ab durchs Zimmer und dachte nach, als mir ein Umschlag auffiel, der zwischen die Bücher ins Regal gestopft war. Man konnte ihn fast gar nicht erkennen, da er sehr weit in das Regal hinein geschoben war. Lediglich die breite Lücke und die Ecke des Umschlages, die oben rausragte, hatten mich stutzig gemacht. Ich ging zum Regal, zerrte den Umschlag, der sich fest an die Bücher presste, heraus. Er war offen. Nichts stand vorne drauf. Ich nahm einen Stapel DIN A4 Papiere heraus und machte mit der andere Hand die Schreibtischlampe an. Ich riss die Augen auf. Collegezusagen. Doch es waren nicht nur seine, was mich nicht gewundert hätte. Es waren auch meine! Ich blätterte sie durch und sah nur auf die jeweiligen Namen. Jede Zusage, egal von welcher Uni, war doppelt. Eine für ihn, eine für mich. Mir stockte der Atem, als ich die Namen las: Stanford, Yale, Cornell, Toronto, Minnesota, Utah, Duke. Sowohl die besten Unis USA’s als auch die weniger guten um nicht zu sagen billigeren. Selbst Harvard! Der Mund blieb mir offen stehen und ich bekam eine Gänsehaut. Vor Rührung und Empörung. Einerseits rührte es mir, dass er sich so für mich bemühte hatte, andererseits war ich empört wie leichtfertig er mich überall beworben hatte, ohne mein Einverständnis. Ich musste grinsen. Typisch Edward. Ich blätterte die Zusagen durch und las hier und da. Das klang alles wahnsinnig spannend und insgeheim sortierte ich schon ein paar Colleges aus und andere kamen in die engere Auswahl. Bella, dachte ich streng, an studieren darfst du gar nicht erst denken. In deinem Zustand würdest du die ganze Uni abschlachten. Ich seufzte. Makabere Gedanken waren gar nicht mein Fall. „Ich gehe mal hoch zu ihr.“ Es war seine Stimme. Ich schreckte hoch und verstaute in Windeseile den Umschlag mit den Zetteln wieder im Regal. Ich war kaum zwei Schritte vom Schreibtisch gewichen, als Edward die Tür öffnete und hereinspazierte. Seine Augen waren warm (was jedoch nicht zuletzt daran lag, dass er gerade jagen gegangen war), doch sein Lächeln wirkte aufgesetzt. Fast gequält. Er fackelte nicht lang, sondern kam auf mich zu, nahm meine Hand und sagte, sein Ton war weich, langsam zu mir: „Bitte Bella, tu es nicht.“ Wieder war mir klar, als wäre es ein Déjà-vu, was er meinte: Auch er meinte meinen Entschluss. Doch mich interessierte etwas anderes viel dringender: „Aber Alice hat gesagt- wie kannst du-“ „Alice ist nicht so gut wie sie denkt“, sagte er leise mit einem kleinen Lächeln, „sie ist gut, jaah, aber nicht immer. Auch sie hat ihre schwachen Momente.“ Ich sah traurig zu Boden. Er hätte das nicht in Erfahrung bringen dürfen. „Bitte Bella“, sagte er wieder, „ich kann dir dann nicht helfen. So sehr ich auch wollte. Bitte geh’ nicht. Ich hab Angst um dich.“ „Es ist das Beste“, sagte ich kleinlaut, „nur für eine gewisse Zeit, nicht lange-“ „Nein Bella, es ist absolut gar nicht das Beste. Wenn du hier bleibst, können wir dir viel mehr helfen.“ Er sah mir intensiv in die Augen, als wollte er in ihnen etwas lesen. Ich schüttelte den Kopf. Den Blick immer noch zu Boden gerichtet. „Ich tue euch allen weh.“ Meine Stimme war nur noch der Hauch eines Flüsterns. „Glaube mir“, er hob mein Gesicht an, „obwohl Emmett sich gekränkt fühlt, er freut sich sehr, dass du da bist. So viel Spaß hatte er seit langem nicht.“ Sein Lächeln war ehrlich. Ich schüttelte wieder den Kopf. Ich merkte wie er ärgerlich wurde. Bevor er einen Wutausbruch haben würde, dachte ich, würde ich eine zweite oder dritte oder auch noch weitere Meinung einholen. Ich huschte gewand an ihm vorbei aus dem Zimmer. Er war mir auf den Fersen. Ich blieb im Wohnzimmer stehen. Emmett, Rosalie und Jasper fehlten. Ich sagte ihre Namen laut und sogleich erschienen sie neben uns. Alle sahen mich an. „Hört mir bitte zu“, begann ich und erläuterte die Situation und meine Entscheidung. Wider jeglicher Erwartungen meinerseits waren sie alle dagegen. „Du kannst dich nicht selber bezwingen Bella“, sagte Esme. Sie lächelte zwar, doch die Besorgnis war ihr auf die Stirn geschrieben. „Ohne uns, schaffst du es nicht enthaltsam zu leben“, sagte Jasper, „das schafft niemand“, er warf Carlisle einen entschuldigenden Blick zu, „du musst hier bleiben, wir werden Mittel und Wege finden-“ „Aber ich verletzte euch, ich tue euch weh-“ Ich blickte einen Augenblick zu Emmett und Alice. Beide schienen augenblicklich etwas sagen zu wollen. Emmett war schneller. „Bella wirklich, wenn du mir weh tust, sag ich dir Bescheid.“ Der Gedanke belustigte ihn. Doch ich meinte schließlich nicht nur körperliche Verletzungen. „Wir verachten dich nicht“, sagte Alice daraufhin, „wir wissen, wie das ist. Wir haben es alle durchgemacht.“ Ich war weder überzeugt, noch vom meinem Vorhaben abgebracht. „Ja, ich weiß, aber-“ „Bella, wir meinen es ernst, es-“ Edward brach ab. Plötzlich standen alle regungslos da und starrten Alice an, die stockend einatmete. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ausdruckslos. Erst jetzt verstand ich, worauf die anderen warteten. Ich verdrehte innerlich die Augen über mich selbst. Ein paar Sekunden später waren Alice Augen immer noch aufgerissen, doch nun angsterfüllt. „Sag es ihnen“, zischte Edward ärgerlich und ich wusste nicht wieso. Was war denn? Alice schluckte geräuschvoll und fand ihre Stimme wieder. Ihr Stimme klang weit weg, als sie sagte: „Wir bekommen Besuch aus Italien.“ ------------------------ Freue mich auf Kommiiiiiis =) Kapitel 13: Krieg und Liebe --------------------------- Ich brauchte ein paar Minuten bis ich verstand was sie meinte. Warum alle, wie Alice, die Augen aufrissen und wie erstarrt einander anblickten, verstand ich nicht im Geringsten. In Italien lebten die Volturi. Sozusagen die Anführer und Aufpasser der Vampire. Edward hatte mir ganz kurz von ihnen erzählt, als ich einmal drauf und dran war, Charlie von dem was Edward wirklich war zu erzählten. Er hatte mich gebeten es nicht zu tun. Wegen den Volturi. Sie waren diejenigen die Gesetze machten, über sie richteten und sie ausführten. Und eines davon war die Gegebenheit, dass kein Vampir einen Menschen über ihr Dasein in Kenntnis setzten durften. Dass Edward wegen mir damals keinen Ärger bekam, lag einzig und allein an der Tatsache, dass ich es selbst herausgefunden hatte. Aber warum sie jetzt kommen sollten und warum das schlimm war, wusste ich nicht. Doch als ich um mich sah und in ihre konzentrierten Gesichter sah, fiel mir etwas ein und ich fragte beunruhigt: „Habe ich einen Fehler gemacht? Habe ich eine Regel gebrochen?“ Carlisle schien fast belustigt. „Nein, Bella, nein. Du hast nichts falsch gemacht.“ „Aber was wollen sie dann von uns?“ Edward wandte sich zu mir um. „Von dir genauso genommen…“ Er bewegte die Lippen kaum. „Mir? Aber ich dachte ich hab nichts falsch-“ „Bella, sie wollen sich ein Bild von dir und deinen Kräften machen …“, sagte Edward ruhig „Seht ihr?!“, sagte ich in die Runde mit lauterem Ton, „Ich bringe euch nur alle in Gefahr, wenn-“ „Darüber können wir uns später streiten“, unterbrach mich Alice schnell und sah dann zu Carlisle, „15 Minuten, dann sind sie da. Ich weiß nicht, warum ich ihre Entscheidung nicht eher gesehen habe“, sagte sie mehr zu sich selbst. Carlisle seufzte leise. „Wir haben keine andere Wahl als sie anzuhören. Edward?“ Wir sahen Edward an, der die Augen konzentriert zusammengekniffen hatte. In meinem Kopf drehte sich alles. Als er die Augen öffnete, warf er mir zuerst einen quälenden besorgten Blick zu. Sein Gesicht war verzerrt. Er rang mit Worten und wusste nicht, wie er es sagen sollte und vor allem wie viel. Sein Gesicht sprach Bände. Er hob den Kopf und blickte in die Runde. „Sie wollen Bella nicht nur testen. Sie wollen sie auch mit nach Italien nehmen.“ „Ich gehe aber nicht mit“, sagte ich prompt und bestimmt, während die Anderen schwiegen. Ich verstand nicht ganz was sie hatten, denn wenn meine Fähigkeit „funktionierte“ war das absolut kein Problem sie von ihrem Plan abzubringen, und vor allem was genau die Volturi jetzt von mir wollten. „Was sollen wir sagen? Was sollen wir tun?“, meldete sich nun Esme, fast panisch, zu Wort. Ihr Gesicht war nicht mehr warm oder lächelnd, sondern nervös und ich glaubte fast ihren Körper zittern zu sehen. Ratlosigkeit. Selbst Carlisle oder Edward sahen verbissen zu Boden. Ich verstand immer noch nicht. „Ähm“, begann ich, „ich verstehe nicht, was jetzt genau das Problem ist…“, gestand ich ehrlich. Keiner sah zu mir auf. Dann hörte ich Edward leise schnauben und sah mich an. „Bella. Warum glaubst sind die Volturi wohl so was wie eine Königsfamilie? Und nicht wir oder Tanyas Familie oder sonst wer?“ Er schien keine Antwort erwartet zu haben, denn er fuhr relativ schnell fort: „Sie sind unheimlich stark und haben Fähigkeiten, dagegen sind unsere Fähigkeiten, abgesehen von deiner, Karten spielen.“ So richtig verstand ich aber immer noch nicht. Konnte er sich nicht vernünftig und klar und deutlich ausdrücken? Wie sonst auch? „Heißt das, sie sind gefährlich?“ Wieder schnaubte Edward leise, die anderen regten sich nicht. „Wenn ich dir früher gesagt habe, dass ich gefährlicher für dich bin, als für jeden anderen, dann hab ich die Volturi außen vor gelassen. Kein Besuch von ihnen ist angenehm. Und eigentlich besuchen sie auch niemanden. Nur wenn das Gesetz ruft schwärmen sie aus, meist schicken sie jedoch nur ihre Wachen“, sagte er nachdenklich. Ich fühlte mich unbehaglich, weil ich trotz aller Erklärung immer noch nicht verstand, was sie wollten und tun konnten. Ich war es leid zu fragen und wartete einfach. „Sie sind zu sechst“, sagte Alice nach ein paar Augenblicken leise durch die Stille. Ihre Augen waren geschlossen. „Aro, Caius, Jane, Demetri, Sempre und Felix.“ „Aro und Caius“, sagte Carlisle leise und nickte. Edward hatte mir Carlisles Geschichte anhand der Bilder in seinem Zimmer damals gezeigt. Er kannte die zwei nur zu gut und noch einer war damals dabei gewesen, und war es bestimmt heute auch noch, sein Name wollte mir aber nicht einfallen. „Es hilft nichts“, sagte Carlisle schließlich, „wir warten, empfangen sie höflich und hören uns an was sie wollen. Eine andere Chance haben wir nicht. Wenn sie zu uns wollen, finden sie uns auch, selbst wenn wir jetzt flüchten.“ Carlisle warf mir einen kurzen Blick, machte Anstalten noch etwas zu sagen, schüttelte aber dann nur leicht den Kopf. Ich wurde langsam ungeduldig. Dieses herumstehen und warten auf etwas was ich nicht so recht einordnen konnte, machte mich hibbelig. „Was kann ich tun? Muss ich irgendwas tun oder lassen oder-“ Edward warf Emmett plötzlich einen finsteren Blick zu. Emmetts kleines Lächeln verflog. Ich gab es auf. „Noch 21 Sekunden“, sagte Alice durch die Stille, „sie kommen zur Tür rein“, fügte sie hinzu und augenblicklich bildeten alle Cullens einen Halbkreis. Edward zog mich zwischen sich und Carlisle. Alice stand neben Edward und warf mir noch einen kurzen nachdenklichen Blick zu, als sich die Tür sehr langsam öffnete. „Carlisle! Alter Freund!“, rief plötzlich der, der als erstes durch die Tür kam. Ich zuckte zusammen und sah Carlisle neben mir breit lächeln. Er spielte das Spiel mit, ging auf den Vampir zu, ich war mir sicher, dass ich ihn als Aro identifizieren konnte, und umarmte ihn. Die restlichen Fünf kamen dazu. Sie sahen Furcht erregend aus. Schwarze lange Mäntel und rot glühende Augen. Dagegen sahen die Cullens wirklich menschlich aus. Aro schritt zurück zu den Volturi. Ein vornehmer Abstand war nun zwischen uns und ihnen. Es machte mich nervös. „Soso, Isabella Swan also“, sagte Aro leise nach einer Pause und machte ein paar Schritte nach vorne, jedoch nicht auf mich zu, sondern auf Jasper, der ihm an Nächsten stand. Er tippte ihn kurz an der Hand an. „Soso“, sagte er wieder, „es stimmt also. Edwards Fähigkeit funktioniert bei dir nicht. Ich frage mich eins…“ Nun ging er auf mich zu und tat dasselbe wie bei Jasper. Er lachte. „Ich bin entzückt“, stieß er freudig aus und klatschte in die Hände. „Er liest Gedanken, alle Gedanken nicht nur die Gegenwärtigen, aber er braucht Körperkontakt“, erklärte Edward mir mit gesenkter Stimme, als Aro zu den Volturi zurück schritt. „So ist es“, bestätigte Aro mit dem Rücken zu uns gewand, der es natürlich gehört hatte, „Jane?“ „Nein!“, sagte Edward scharf. „Was?“, stieß ich unwillkürlich hervor. Aro drehte sich um und grinste. „Sie wollen ihre Fähigkeiten an dir ausprobieren“, knurrte Edward. Aro zuckte unschuldig mit den Schultern. „Er“, er deutete mit dem Daumen auf Jasper, „glaubt sowieso nicht, dass sie funktionieren.“ Kaum hatte er es ausgesprochen war Jane nach vorne getreten und fixierte mich. Ihr Blick brannte in meinen Augen. Ich konnte nicht wegsehen. Es war als würden alle die Luft anhalten. Sie blinzelte sehr langsam. Dann sah sie mich überrascht aber gleichermaßen wütend an. Ich sah ratlos in die Runde. Es hätte wohl etwas geschehen müssen, schoss es mir durch den Kopf, das war hoffentlich ein gutes Zeichen, dass nichts geschehen war. Wieder war Aro mehr als erfreut und jubilierte: „Perfekt, äußerst interessant.“ Er strahlte. „Keine unserer Fähigkeiten funktioniert-“ „Wie habt ihr Bella gefunden?“, fragte Edward dazwischen. Sogleich verfinsterte sich sein Gesicht. Er hatte Aros Antwort schon gelesen. „Sempre spürt Neugeborene auf. Unsere Wachen können so ausschwärmen und sich ihn genau ansehen. Sempre hat dich auch gesehen“, Aro sprach zu mir, „aber er konnte merkwürdigerweise nicht sehen wo.“ Klar, dachte ich bitter, mit meinem Kopf stimmt ja auch was nicht. „Wie habt ihr sie dann gefunden?“, fragte nun Carlisle. Seine Stimme klang ungewohnt steif. „Sempre hat sie in dunkler verregneter Umgebung gesehen. Sprich im Norden. Aber es war ihm unmöglich sie zu orten. Aber angesichts dessen“, er deutete auf den Zeitungsstapel auf dem Esstisch, „war es nicht allzu schwierig. Und hier in der Nähe lebt nur ihr. Es war nahe liegend.“ Er lächelte wieder. Stille. Die Cullens und die Volturis funkelten sich an. Ich war hin und her gerissen. Ich verstand gar nichts. Sie hatten mich doch jetzt gefunden, gesehen und getestet. Sie konnten doch jetzt wieder gehen, oder nicht? „Bella, möchtest du mit uns mit nach Italien kommen und bei uns leben?“, fragte Aro mich höflich nach einer langen Pause. Ich war so geschockt, dass ich keine Stimme fand und nur den Kopf schüttelte. „Deine interessante, leider noch nicht ganz ausgereifte, Fähigkeit“, er warf einen kurzen Blick auf Jasper, „wäre uns sehr von nutzen.“ Ich schüttelte weiterhin ängstlich den Kopf. „Nun gut“, sagte Aro sichtlich enttäuscht, aber nicht allzu überrascht, „nichtsdestotrotz wirst du uns begleiten. Wir haben noch ein paar Tests mit dir vor.“ „Tests?“, fragte ich unwillkürlich. Aro ging nicht darauf ein. „Wenn du uns bitte folgen würdest…“ Er machte Anstalten zu gehen. „Ich gehe nicht mit“, sagte ich mit einer festen Stimme, von der ich nicht gedacht hatte, sie in diesem Moment zu besitzen. „Wir behalten es uns vor“, sagte Aro förmlich, „uns neugeborene Vampire genau anzusehen-“ „Aber nicht sie zu zwingen mit nach Italien zu gehen und sie dort einzusperren“, fuhr Edward wütend dazwischen. „-und festzustellen, ob sie eine Gefahr darstellen“, beendete Aro genüsslich seinen Satz. „Sie ist nicht gefährlich!“, sagte Edward mit lauter bebender Stimme. „Das werden wir feststellen“, meldete sich nun Caius zu Wort, der schräg hinter Aro stand, nun nach vorne trat und Edward böse anfunkelte. „Ich gehe nicht mit“, sagte ich wieder und durchbrach die spannungsgeladene Stimme. Dann ging alles unglaublich schnell. Aro grinste und machte eine merkwürdige Bewegung. Edward schrie etwas, doch seine Stimme erstarb, als Jane ihm zugeblinzelt hatte. Edward hatte die Lippen fest aufeinander gepresst und sackte mit Schmerz verzerrtem Gesicht zu Boden. „Edward!“, kreischte ich und kniete mich zu ihm. Jane grinste mich hämisch an. Bevor ich den Blick wieder zu Edward senken konnte, sackten die übrigen Cullens rechts und links neben mir genauso auf den Boden wie Edward. Hätte ich noch ein schlagendes Herz gehabt, wäre es vor Schreck nun endgültig stehen geblieben. „NEIN!! AUFHÖREN!“, schrie ich mit hoher aber vernehmbarer Stimme. Jane trat immer noch grinsend zurück. Stille. Langsam erhoben sich die Cullens nacheinander wieder. „Bella“, ertönte Aros fröhliche Stimme, „nun gut, wir geben wir eine Woche. Eine Woche um zu uns zu kommen. Dann kannst du darüber schlafen“, er lachte, „und dich verabschieden. Solltest du in einer Woche nicht zu uns gestoßen sein“, sein Ton war nun alles andere als freundlich, „werden wir uns auf den Weg machen und dich aufsuchen. Glaub mir, sie werden es bereuen“, er deutete auf die Cullens, „das war erst ein Vorgeschmack.“ „Nein“, hauchte ich leise und hielt Edwards Arm, der nun wieder neben mir stand, ganz fest. „Eine Woche“, sagte Aro und genauso schnell wie sie gekommen waren, verschwanden sie. Ich starrte auf die Stelle, wo sie eben noch gestanden haben. Alice setzte sich auf den Stuhl neben ihr und hielt den Kopf in den Händen. „Warum habe ich es nicht gesehen“, murmelte sie immer und immer wieder. „Das kannst du vergessen Bella“, sagte Edward zu mir, nachdem er Alice lange mit zusammen gekniffenen Augen angesehen hatte. „Nein“, ich wusste, dass Alice meine Entscheidung, nach Italien zu gehen, gesehen hatte, „glaubst du ich will euch so einer Gefahr aussetzen?“ Edwards Blick wurde bitterböse. „Was glaubst du, was du dich für einer Gefahr aussetzt, wenn du breitwillig in die Höhle des Löwen gehst?!“ Ich verzog keine Miene. „Du kannst das vergessen. Ich gehe und du kannst mich nicht aufhalten“, sagte ich nachdrücklich. „Schön, dann komme ich mit“, zischte er. „Von wegen. Das lasse ich nicht zu“, entgegnete ich beißend. Edward wusste, dass ich recht hatte und ihn aufhalten konnte, wenn ich seine Entscheidung hörte. Es machte ihn rasend. „Bella! Die Volturi sind kein Kindergarten! Versteh das doch! Sie-“ „Sie werden mich nicht töten! Du hast doch gehört, dass sie mich nur testen wollen und an mir interessiert sind! Sie werden mir nichts tun!“, übertönte ich ihn fast schreiend. Edward atmete tief durch, drehte sich mir weg und setzte sich ein Stück weiter entfernt von Alice auf einen Esstischstuhl. Er verbarg das Gesicht in den Händen. „Carlisle“, nuschelte er. Carlisle stand von der Couch auf, Esme hatte neben ihm gesessen, Emmett, Rosalie und Jasper waren nicht da, und ging auf mich zu. Er legte eine Hand auf meine Schulter. „Die Tatsache, dass die Volturi dich wollen und interessiert an dir sind, ist fast noch schlimmer, als dass sie dir nach dem Leben trachten wollen“, sagte er ruhig. Ich sah, dass Edward unmerklich nickte. „Sie wissen, dass sie dich nicht töten können. Schließlich funktioniert Janes Kraft nicht bei dir und deine Fähigkeit kann ihre Entscheidung verhindern. Aber selbst wenn sie es könnten, sie wollten es auch nicht. Die Volturi sind es gewohnt alle starken Vampire um sich zu scharen-“ „Ich bin nicht stark, ich bin nicht mal ein kompletter Vampir“, unterbrach ich ihn empört. Carlisle lächelte schmal. „Genau das ist es, was sie so sehr an dir fasziniert – und was sie für sich haben wollen.“ „Ich werde einfach gehen, wenn sie mich getestet haben. Du hast doch selbst gesagt, dass sie mich nicht töten wollen und wenn ich ihre Entscheidung ändere-“ Er schüttelte mit verzerrtem Gesicht den Kopf. „Ich glaube nicht, dass das so einfach wird…“ Er brach ab und erschauderte unbeabsichtigt. „Trotzdem. Vielleicht schaffen sie es sogar meine Fähigkeit zu disziplinieren-“ Augenblicklich war Edward wutentbrannt neben mir erschienen. „Bella! Sie wollen dir nicht helfen! Sie wollen dich zu einer von ihnen machen!“ Das verstand ich nicht. „Was heißt ‚zu einer von ihnen machen’?“ „Aro hatte in dieser Hinsicht recht“, nun sprach Carlisle, „du bist eine Gefahr, aber nicht für die Menschen oder die Wahrung unseres Geheimnisses, sondern in ihren Augen für sie selbst. Du hast starke Fähigkeiten, die du gegen sie verwenden könntest. Deshalb wollen sie, dass du nach Italien kommst und dort bleibst.“ „Ich weigere mich“, sagte ich schlicht. Edward schnaubte. „Ich weiß selber, dass meine Fähigkeit nicht ausgereift ist. Aber ich muss doch einfach nur da bleiben und warten bis es wieder geht und dann verneine ich ihre Entscheidungen und fahren zurück.“ Ich war überzeugt von meinem Plan. Ich ging an Edward und Carlisle vorbei. Ich öffnete den Laptop auf dem Tisch. „Was tust du?“, fragte Edward verwirrt. „Ich buche mir ein Flugticket“, antwortete ich nüchtern und tippte in die Tasten. Edward seufzte, doch ich wusste, dass ich gewonnen hatte. Es wurde lang und breit diskutiert. Natürlich. Obwohl Edward kein Mittel hatte, mich zurück zu halten oder auch mich davon abzuhalten, dass er mitkam, willigte ich in einen Kompromiss ein. Edward, Carlisle und Alice, ich wollte nicht, dass die Carlisle und Alice mitkamen, doch sie bestanden darauf, ich hatte Angst Esme und Jasper würde mir das nie verzeihen, falls ihnen nur ein Haar gekrümmt wurde (was ich natürlich so oder so nicht zulassen würde), flogen mit mir. Allerdings ging ich allein zu den Volturi. Sie würde lediglich mitkommen und warten. Ich glaubte ihrem Versprechen zwar nicht ganz, doch es war ein Friedensangebot. Mittwoch ging der Flug. Alice hatte bereits ein Ferienhaus kurz vor den Stadttoren Volterras, die Stadt in der die Volturi lebten, gemietet. Ich packte gerade ein paar Sachen zusammen, als Edward rein kam. Ich durchwühlte meinen Schrank, während er hinter mir stand und mir zu sah. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass er zu der Arbeitsecke neben dem Schrank ging und nach dem dicken Umschlang langte. „Bella-“ „Ja ich weiß“, sagte ich leise und packte weiter. Edward nahm den Umschlag aus dem Regal. „Ich habe ihn bereits gesehen. Das hättest du nicht tun müssen.“ Ich sah in sein unschuldiges Gesicht. „Ich weiß, dass du nachgeholfen hast.“ Er ging nicht darauf ein. „Hast du dir eine Uni ausgesucht?“ „Ich möchte gar nicht studieren. Nicht im ersten Jahr“, setzte ich hinzu. „Bis zum Semesterbeginn ist noch eine Weile und du kannst auch ein Fernstudium machen-“ Ich zog die Augenbrauen hoch. „Glaubst du ich bin in der Verfassung zu lernen, wenn ich an meiner Selbstbeherrschung arbeite?“ Er hatte ein warmes Lächeln auf den Lippen. Ich zog die Tasche gerade zu, als er sich bückte und mich zu sich hoch zog. Er kuschelte sich an meinen Rücken. „Ich werde dir immer helfen, Schatz“, flüsterte er mir ins Ohr. Meine Gedanken waren ganz woanders. Morgen würden wir nach Italien fliegen und es war wirklich nicht ausgeschlossen, dass ich sterben könnte (im Bereich des Möglichen war es jedenfalls) oder, dass ich Edward nicht mehr wieder sah und dort festgehalten wurde. Ich erschauderte heftig, sodass Edward seinen Griff verwirrt lockerte. Doch ich achtete nicht auf ihn. War das vielleicht unser letzter gemeinsamer Abend? Oder… unsere letzte gemeinsame Nacht? Edward drehte mich ein wenig und sah mir in die Augen. „Bist du durstig?“ Ich wusste, dass meine Augen rot waren und einen schmalen schwarzen Ring um die Iris hatten. „Nein“, ich war immer noch mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache, „du?“ Er sah mich belustig an und antwortete: „Nein.“ Seine goldenen Augen schimmerten. Ich drehte mich ganz zu ihm um und presste mich an seinen Oberkörper. Ich nahm sein Kinn in meine Fingerspitzen und küsste ihn mit geschlossenen Augen. Im Film hatte ich so was schon oft gesehen, doch mir gelang es natürlich nicht: Ich wollte einen Schritt vorwärts machen, sodass wir beide küssend weiter nach hinten gingen, doch ich stolperte über Edwards Fuß, weshalb ich auf ihn fiel und wir auf dem Boden landeten. Edward Kopf konnte fast das Bett berühren. Ich lag auf ihm. „Was war das?“, lachte er. Ich seufzte und wollte von ihm runter klettern, doch er hielt mich fest und küsste mich innig. Dann stand er mit mir auf und einen kurzen Augenblick später lagen wir genauso wie eben nur auf dem Bett. Meine Hände glitten durch sein Haar. Ich öffnete mit einem Gefühl von glühenden Wangen, die natürlich nicht wie früher rot und heiß waren, die Augen und blickte ihn intensiv an. Ich wollte es. „Du…“, begann er. Ich legte ihm kurz einen Finger auf Lippen. Ich küsste ihn und machte mich erregt an seinen Hemdknöpfen zu schaffen, doch er hielt meine Hände fest. Steif lag er unter mir. „Ähm-“, begann ich, doch er unterbrach mich: „Woher kommt auf einmal der Sinneswandel?“ Er fragte ehrlich interessiert. „Ich dachte-“, ich überlegte schnell, was ich sagen konnte, den wahren Grund, dass es vielleicht unsere letzte Nacht sein könnte, wollte ich ihm nicht nennen (er sollte sich die Sache mit Italien nicht anders überlegen, auch wenn das nichts geändert hätte), „ich meine, wir sind eine Zeit lang weg und das Bett…“, Was stammelst du hier für einen Mist Bella?, ermahnte ich mich, „ich will dich einfach, ich kann nicht mehr warten… das mit mir dauert sicherlich Jahre…“, ich grinste und er fragte nicht mehr, sondern löschte das Licht. Nur das matte Mondlicht erhellte unsere Gesichter. Die Begierde stand uns ins Gesicht geschrieben. Die Sonne kitzelte mich am Morgen wach. Edward lag, selbstverständlich hatte er nicht geschlafen, neben mir. Mein Kopf lag auf seinem Oberarm, nahe der Schulter. Mein rechter Arm lag über seiner kalten nackten Brust. Sobald er bemerkte hatte, dass ich wach war, küsste er mir die Stirn. „Guten Morgen Sonnenschein.“ Ich lächelte schwach, obwohl ich nie müde gewesen war. Ich schloss die Augen, während Edwards Nasenspitze sanft meine Wange liebkoste. Die Erinnerungen an die letzten Nacht hielt ich vor meinem inneren Auge. Es war noch schöner, als ich es mir je hätte vorstellen können. Ich hatte seine seidig fließende Haut überall an meiner gespürt. Seine großen Hände hatten jeden Zentimeter meines Körpers berührt und seine glatten Lippen jeden Zentimeter mit Küssen übersäht. Es war ein solch wunderschönes Gefühl gewesen ihn zu spüren. Vor Aufregung und Freude an die Erinnerungen spürte ich wie mein Bauch fürchterlich kribbelte. Ich kicherte leise. Er biss mir sanft aufs Ohrläppchen. „Ich liebe dich so sehr.“ Ich reckte den Kopf und küsste seinen Hals. Es war fast belustigend. Ich war so überglücklich, wohingegen bald, um nicht zu sagen sehr bald, der Besuch in Italien anstand. Es war fast absurd. Es war Krieg und wir machten Liebe. Ich robbte zu ihm hoch. „Ich liebe dich auch so so so so so so sehr“, kicherte ich, als wäre ich betrunken. Doch das war ich in gewisser Weise auch. Vampir hin oder her, sein Duft betörte mich immer noch. Und ich hatte ihn die ganze Nacht gerochen. Es kam mir so vor, als roch ich nun genauso. „Alice sagt, wir sollen aufhören zu turteln und in die Puschen kommen“, übersetzte Edward, nachdem er kurz die Augen geschlossen hatte. „Hmmmm“, machte ich, schob mich noch ein wenig höher und küsste seine Schläfe. Seine Hände ruhten auf meinen Hüftknochen. Dann setzte er sich auf und ich folgte seinem Beispiel. „Das sieht ja witzig aus“, sagte er zu meiner Irritation, da er auf meinen nackten Bauch sah. Er legte die Hand neben meinen Bauchnabeln und strich mit dem Daumen um meinen Bauchnabel herum. Ich sah an mir herab. Um meinen Bauchnabel herum, bildete sich ein Hautton, eine Nuance dunklerer als meine übrige weiße Hautfarbe, kreisförmig ab. „Hast du das schon immer gehabt?“, gluckste er. Es sah aber auch wirklich witzig, um nicht zu sagen dämlich, aus. „Weiß nicht, ich hab da nie so darauf geachtet“, gestand ich ehrlich und dachte scharf nach. Ich konnte nicht sagen, ob ich schon länger hatte oder nicht. Ich hatte da nie so genau hingesehen. Er strich mit seiner Wange an meiner. „Alice drängelt“, seufzte er und glitt aus dem Bett, „wie kann ein solch kleines Wesen nur so nerven“, lachte er leise mehr zu sich selbst. Er sammelte seine Kleidung ein und zog sich an. Ich saß immer noch am Bettrand. Alice war so zierlich, auch wenn das natürlich täuschte aber... was wenn ihr etwas passierte? Edward war bereits angezogen und wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. Er hielt mir meine Anziehsachen hin. Ich nahm sie mit einem schnellen Lächeln entgegen und zog mich ebenfalls an. Hand in Hand gingen wir ins Wohnzimmer. Edward hielt unsere Sachen in der anderen Hand. „Na, eine schöne Nacht gehabt?“, fragte Alice so beiläufig wie möglich, doch sie konnte sich ihr grinsen nicht verkneifen. Edward streckte ihr die Zunge raus, während er meine Hand ein kleines bisschen fester drückte. Ich hatte peinlich berührt den Kopf gesenkt. Nur gut, dass ich nicht rot werden konnte. Wir fuhren mit Carlisles schwarzen Mercedes zum Flughafen. Alice sah vorne mit Carlisle, der fuhr, während Edward und ich auf der Rückbank saßen. Er hatte die Hand auf meine gelegt. „Ach Alice“, sagte Edward mit einem vergnügten Unterton, Alice wandte die Augen, ohne den Kopf zu drehen, zu uns, „ich weiß übrigens warum du sie erst kurz vorher gesehen hast“, er meinte die Volturi (nun war Alice wirklich neugierig und drehte sich ganz zu uns um), „sie haben, bis sie zu uns gerannt sind, etwas anderes vorgeschoben. Sie wollten in Seattle einen neugeborenen Vampir beglücken“, Edward schnaubte. „Ich mache mir so viele Gedanken um meine Fähigkeit und das sagst du mir erst jetzt?“, sagte Alice verächtlich und hob die feinen Augenbrauen. Edward sah mit vor Grinsen zusammengepressten Lippen starr aus dem Fenster. „Keine Zeit.“ Er drückte meine Hand fester. Alice schnaubte. „Ich habe geglaubt, dass ich dich auch in Zukunft noch oft genug sehe, um es dir zu sagen, aber – pardon – mit der Zukunft kennst du dich ja am besten aus.“ Er konnte sich das breite Grinsen nicht verkneifen. Das war seine Retourkutsche für eben. Das letzte Mal als ich geflogen war, war ich noch ein Mensch, dachte ich, als ich mich mit dem Kopf ans Fenster lehnte. Es war so eine schöne Zeit mit Edward auf der Insel. Ich lächelte innerlich bei dem Gedanken an das kleine Flugzeug. Das erste Mal im Flugzeug war ich in freudiger Erwartung (und Angst vor dem Absturz) gewesen, das zweite Mal in völliger Besorgnis wegen Victoria. Victoria… wo war sie nur? Sie lebte. Und ich auch. Ich seufze unwillkürlich. Ich spürte Edwards Blick auf mir. Ich sah ihn unsicher lächelnd an. Edward neigte sich zu mir. „An was hast du gedacht?“, wollte er wissen. In diesem Moment ließ sich Alice neben Edward nieder. Carlisle verstaute sein Gepäck über unseren Köpfen und setzte sich neben Alice über den Gang hinweg. „Nichts besonderes“, sagte ich und zuckte unschuldig wirkend mit den Schultern. Edward wollte mir gerade einen Kuss auf Wange geben, als er, seine Lippen spürte ich beinahe an meiner Haut, den Kopf mit einem schiefen Lächeln zu Alice drehte. Er schüttelte leicht den Kopf, grinste wieder und küsste mich nun. „Was ist mit ihr?“, fragte ich ängstlich, doch ich glaubte nicht, dass es etwas Ernstes war. „Sie-“, Alice stieß ihm unsanft in die Rippen, „hat dich nur fast genauso gern wie ich.“ Ich wusste, dass er mir nicht die Wahrheit sagte, doch es schien nicht so wichtig, als das ich darauf herum reiten musste. „Wir müssen in jedem Fall verhindern, dass die Volturi es schaffen, sie festzuhalten. Wir können keinen Krieg mit ihnen anfangen“, hörte ich Carlisle. Ich hielt die Augen geschlossen. „Wie nur? Wenn sie wenigstens fertig wäre, wenn ihre Fähigkeit funktionieren würde und ein Funken Selbstbeherrschung in ihr wäre-“, erklang Alice Stimme. „Sie kann nichts dafür, dass die Verwandlung immer noch nicht abgeschlossen ist“, zischte Edward mit sehr schneller Stimme, die ich nun verstand, „aber es geht ihr viel besser. Sie erholt sich. Ich glaube nicht, dass die Verwandlung sehr schnell weiter geht.“ „Du hoffst es nicht“, neckte Alice ihn. „Ach Alice“, sagte er kopfschüttelnd. Vermutlich hatte er ihre Gedanken gelesen. „Ist doch wahr. Bella könnte in den nächsten Tagen eine Volturi werden oder wenigstens von ihnen verschleppt und festgehalten werden und euch fällt eine Nacht vorher nichts Besseres ein, als-“ „Ja es stimmt, du hast sie fast genauso gern wie ich.“ Er schnaubte. Es klang belustigt. „Ihr hätte die Zeit auch besser nutzen können, ihr hätte trainieren-“, zischte Alice. „Besser ging gar nicht Alice“, flüsterte Edward. „Sie kann uns hören“, sagte Alice leise nach einer kurzen Pause. Ich blieb ruhig, an die Wand gelehnt, liegen und atmete gleichmäßig. Ich spürte seinen Blick auf mir. Was fehlte denn noch? Meine Haut und meine Tränen, überlegte ich still. Aber war das so wichtig? Ich fand es ganz okay so. Ach ja und der Hunger bzw. das Essen von menschlicher Nahrung und das Schlafen. Ich musste es zwar nicht, aber ich konnte es und das durfte eigentlich nicht sein. Was würden die Volturi eigentlich tun? Was hatten sie mit mir vor? Ich verdrängte jeden Gedanken daran, schlief wieder ein und dachte nur an unsere Nacht gestern… Besser ging gar nicht, hatte er gesagt… Ich trat nach den Dreien in das Haus ein. Es war so fremdartig menschlich. So normal. Ein Ferienhaus. Hier und da lagen noch Kinderspielsachen von den Inhabern. Bunte Bilder hingen an den Wänden. Ich schritt schwer atmend durch das Haus und legte die Reisetasche auf den Boden. Ich sah aus dem Fenster auf Volterra, die am Fuße des kleinen Hügels, worauf das Haus stand, lag. Ich fühlte mich wie vor einem Gang zur Schlachtbank. Sagen durfte ich Edward das nicht. Er würde sich nur sorgen und vermutlich noch seine Meinung ändern. „Ich gehe dann los“, sagte ich mutlos, aber entschlossen. „Nicht so schnell“, entgegnete Edward und hielt mich am Arm. „Hm?“, brachte ich nur hervor. Carlisle und Alice standen nun links und rechts von ihm. „Wir müssen ein paar Dingen klären“, begann er langsam. „Aha“, sagte ich nur und blickte ihn ausdruckslos an. „Egal was du tust“, er blickte mich sehr ernst an, „still deinen Durst nicht mit ihnen.“ Ich zog die Augenbrauen zusammen, nickte aber. „Du musst versuchen, soweit sie ihre Tests“, er sagte das mit solcher Missbilligung, dass ich zusammen zuckte, „beendet haben, deine Fähigkeit zu kontrollieren, dich nur auf die Entscheidungen der Volturis konzentrieren und sie zu verändern.“ Ich nickte wieder steif. „Glaub’ mir, wir wollen uns nicht mit den Volturis anlegen, aber solltest du in 3 Tagen nicht wieder bei uns sein, werden wir kommen-“ „Nein! Auf keinen Fall! Ihr müsst mir vertrauen!“, sagte ich schnell, „Ich werde Sonntag wieder da sein. Ganz sicher.“ Edward nickte, doch sein Gesicht war besorgt. „Ich geh dann mal“, sagte ich nach einer Pause. „Bella“, sagte er fast flehend. Seine Augen waren voller Sorge. Er presste mich an sich. „Edward-“, sagte ich mit erstickter Stimme und machte mich ein wenig von ihm los, „es wird nichts geschehen.“ Er atmete tief ein und aus. „Tu nichts unüberlegtes“, riet er mir ruhig. „Jaah“, sagte ich fast genervt und wollte mich wegdrehen. Er hielt mich am Arm fest und drehte mich herum. Er küsste mich. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte den Kuss nicht zu erwidern. Ich wusste, dass es vielleicht das letzte Mal sein konnte und ich wollte es eigentlich verhindern. Ich würde ihn nur noch mehr vermissen. Doch ich war zu schwach. Ich erwiderte den zart schmelzenden Kuss innig. Es tat so weh. Es lag Abschied in der Luft und obwohl es nur für drei Tage sein durfte, hatte ich Angst, dass ich dieses Versprechen nicht einhalten konnte. „Edward, lass mich gehen“, forderte ich ihn leise auf, als er mich nach dem Kuss fest umarmte. Ich machte mich los, nahm meine Tasche und warf ihm, als ich den Kiesweg entlang ging, einen letzten Blick zu. Alice hatte mir eine Karte gegeben und eine genaue Beschreibung wie ich zu den Volturis gelangen konnte, doch das war nicht nötig. Ich war kaum durch das Stadttor gegangen, als ein schwarzer Umhang auf mich zu schwebte. Das Sonnenlicht fiel ihm in den Rücken, sodass er den Kopf heben konnte. Er sah mich lange an. Ich wurde nervös. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Nachdem er mich ausgiebig gemustert hatte, ich war mir sicher, dass er Felix hieß, drehte er sich um, neigte den Kopf zur Brust und ging voraus. Ich folgte ihm schweigend. Er lief durch viele Gassen, über einen großen Platz, vorbei an einem hohen Turm und wieder in eine Gasse. Es fiel kaum Licht in die Gasse und niemand war zusehen, sodass er die Kapuze abnahm. Er führte mich tiefer in die Stadtmitte. Es war wie ausgestorben. Ich fühlte mich unwohl. Die Gasse ging bergab. Wir liefen durch mehrere offene Türen, durch dunkle Räume. Tür um Tür. Raum um Raum. Ich hatte den Verdacht, dass das Absicht war, damit ich den Weg nicht zurück fand. Ich seufzte innerlich. Selbst wenn ich es wüsste, müsste ich ja erst einmal entkommen. Mir blieben nur 3 Tage, um sie erstens zufrieden zu stellen und zweitens meine Fähigkeit einigermaßen zu perfektionieren. Nun gelangten wir an eine prächtige große Tür. Felix stieß sie mit einer Hand offen. Ich blinzelte. Licht fiel durch die Tür. Felix schritt hindurch und ließ sogleich seinen Umhang fallen. Er schritt durch den burgartigen Vorraum. Ich ging folgsam hinterher. Die Tür hinter uns fiel geräuschvoll ins Schloss. „Aro erwartete dich im Turmzimmer“, richtete Felix das Wort an mich und deutete zur Seite, zu einer ebenso großen Tür. Ich nickte mit offenem Mund und ging zu der Tür. Felix schnaubte als meine zitternden Hände die Tür nicht offen geschoben bekamen. Ich war so nervös, dass scheinbar meine Kräfte aussetzten. Kein gutes Zeichen. Ich huschte durch die offene Tür und erstarrte zu einer Säule. Dass nur Aro mich erwartete, war völlig untertrieben. Ich stand in einem Runden turmhohen Raum. Der Raum war leer… abgesehen von den Volturi und annähernd 100 anderen Vampire bzw. Wachen, die an die Wand gedrückt dastanden und mich musterten. ---------------------------- Ich bin total gespannt auf eure Kommentare =P ^^ LG V/*F* Kapitel 14: In Volterra ----------------------- Ich habe eine neue Rubrik "FAQ" eingerichtet. Wenn ihr Fragen habt, schickt sie mir per ENS und sie werden dann da beantwortet erscheinen. Viel Spaß beim lesen, LG Vanessa/*Fane* --------------------- Was für eine Schnappidee mich ihnen auszuliefern, schoss es mir durch den Kopf. Wie dumm ich gewesen war. Ich servierte mich ihnen auf dem Präsentierteller. „Bella!“, rief Aro entzückt mit weit ausgebreiteten Armen. Er schritt auf mich zu. Mir blieb die Stimme im Halse stecken. Er umarmte mich feierlich, wich ein wenig zurück und musterte mich ausgiebig. Ich achtete gar nicht auf ihn und fixierte die anderen hinter ihm, neben ihm, neben mir. Ich fühlte mich bleiern und schwach. Als hätte ich nicht ein Fünkchen Kraft. Mein Mut, meine ganze Zuversicht waren überdeckt von Angst. Nicht die Angst zu sterben oder gequält zu werden oder was auch immer sie vorhatten, sondern die Angst Edward nie wieder zu sehen, da ich felsenfest überzeugt war, hier drin nie meine Fähigkeit hören zu können. Es war nur so ein Gefühl. Ich zuckte innerlich zusammen als mir die Konsequenz klar wurde: Die Cullens würden kommen. „Bella“, durchdrang Aros Stimme meine Gedanken, „da du nur bis Sonntag Zeit hast, sollten wir beginnen.“ Er hatte mich umarmt, wurde mir augenblicklich klar. Er hatte alles gesehen. Alles. Alles was er gegen mich verwenden konnte. Ich stand immer noch mit geöffnetem Mund wie erstarrt mit dem Rücken zur Tür, meine Tasche fest umklammert. Mein Körper brannte vor Angst. Es war als würde ich innerlich zerreißen. „Bella“, begann Aro wieder, es ekelte mich, dass er meinen Namen in den Mund nahm, „wir möchten gerne wissen, wie stark du bist. Denn falls du es bist, und daran hegen wir sehr wenige Zweifel, möchten wir dich einladen Teil unserer Familie zu werden“, zwitscherte er genüsslich. Ich wusste was ich von diesem „einladen“ halten durfte. Ich sagte nichts. Jemand kam zur Tür rein. Ich sah mich nicht um. Ich wollte Aro nicht aus den Augen verlieren. Sogleich merkte ich, dass ich meine Tasche nicht mehr in der Hand hatte, doch ehe ich mich zur Tür umgedreht hatte, war die wieder zugefallen. „Heidi bringt deine Sachen für dich auf dein Zimmer.“ Ich drehte mich wieder zu Aro um. Da stand ich. Hilflos vor einer Reihe uralter mächtiger Vampire. Ich unterdrückte das Bedürfnis belustigt aufzuschnauben. Denn das war es. Lustig... wie ich hier stand- Oh Bella, du wirst verrückt. „Komm hierher Bella“, sagte Aro und deutete vor sich auf die Kreismitte. Mechanisch ging ich ein Fuß vor den Anderen zur Mitte. Gleichzeitig rückten die an der Wand stehenden Vampire auseinander, sodass sie mich eingekreist hatten. „Ich will dir kurz unser Vorhaben erklären“, Aro hatte die Fingerkuppen aneinander gelegt, „wir werden dich angreifen. Wir alle“, er grinste genüsslich, „verteidige dich einfach. Keine Sorgen wir werden dich nicht umbringen und weh tun wollen wir dir eigentlich auch nicht, aber das liegt in deiner Macht-“ Die Stimme echote noch in mir, dann wurde alles ganz still. „Ich habe noch nie gehört, dass ein Vampir ohnmächtig werden kann, aber sie ist ja sowieso ein wenig sonderbar“, plapperte jemand. Ich hörte Schritte. Ich spürte unter mir etwas Weiches, Anschmiegsames. Ich blinzelte, doch es war nicht hell und so öffnete ich die Augen. Der Raum war kaum größer als das Bett in dem ich lag. Vor dem kleinen Kleiderschrank in der Ecke lag meine Tasche. Neben dem Bett stand eine Frau. Ein Mensch. „Heidi, hallo, alles wieder okay mit dir?“ Ich blickte mit großen Augen an. Sie war wirklich ein Mensch. Ich setzte mich auf. Ich fühlte mich komisch, denn ich wusste nicht was ich fühlte, aber ich fühlte mich nicht normal. Ich kannte das Gefühl von Ohnmacht. Ich wusste Sekunden vorher, wenn meine Nerven mich im Stich ließen, nicht, dass ich es dann aufhalten konnte, aber ich wusste es immerhin. Diesmal nicht. Und dann auch noch vor den Volturi. „Bist du wieder fit?“, fragte Heidi wieder. Ich nickte benommen. Denn fit fühlte ich mich. Zumindest körperlich. „Ich begleite dich wieder ins Turmzimmer. Sie warten alle noch“, erklärte sie und ich folgte ihr zurück. Ich atmete tief durch und versuchte meine Nerven zu beruhigen. Ich durfte nicht wieder schlapp machen, ich musste es ein für alle mal hinter mich bringen. Sobald ich in der Kreismitte stand griffen sie an. Ich blinzelte sehr schnell um irgendetwas zu erkennen, denn ich sah nur verschwommen. So kam es mir zumindest vor. Farbfetzen flogen an mir vorbei. Ich spürte Luftzüge auf meiner Haut. Dass ich von einer Ecke in die Andere flog, verbesserte meine Wahrnehmung nicht im Geringsten. Ich war wie eine Puppe die von links nach rechts geschleudert wurde. „Stopp!“, erklang Aros Stimme laut. Sie hallte im hohen Raum. Die Vampire stoben auseinander. Gespielt theatralisch den Kopf schüttelnd kam er auf mich zu. „Bella Bella Bella“, murmelte er, „so mach das einfach keinen Spaß. Du musst uns schon deine Fähigkeiten zeigen. Streng dich mal ein bisschen an.“ Ich schnaubte unwillkürlich. Wenn ich das nur könnte, wenn ich ihnen meinen Fähigkeiten zeigen könnte. Aro missverstand mein schnauben als Widerwillen. „Wenn du dich nicht bemühst, zwingen wir dich und das wird weiß Gott nicht besser für dich sein. Außerdem versichere ich dir, dass wir deine kleinen Cullen-Freunde in der Luft zerfetzen werden. Schade um ihre großartigen Fähigkeiten… schade um Carlisle…“ „Nein!“, meldete ich mich endlich zu Wort. Danke Stimme. „Na siehst du, solch Ehrgeiz möchte ich gleich auch sehen“, er machte eine Handbewegung hinter seinem Rücken, „Caius, Markus, Felix, Sempre.“ Sie erschienen neben ihm. „Wir reduzieren mal die Angreifer.“ Kaum hatte er das gesagt, war er in Kauerstellung gegangen. Ich tat es ihm reflexartig gleich. Neben ihm waren die andere Vier auch kampfbereit. Felix glitt schnell auf mich zu, ich machte einen Satz zur Seite, doch vergebens. Er erwischte mich am Arm, ich drehte mich in der Luft und fiel zu Boden. Schnell stand ich wieder. Ich spürte, dass ich keine, übermenschliche, Kraft besaß, die ich einsetzten konnte. Nur die Schnelligkeit war geblieben und damit konnte ich niemanden außer Gefecht setzten. Ich huschte zwischen ihnen her, bedacht darauf niemanden zu berühren und es gelang mir tatsächlich – für etwa 10 Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. Ich rauschte bei Caius’ Berührung mit dem Rücken gegen die Wand. „Nun gut“, sagte Aro schließlich, „das ist eher mäßig. Solange du deine Kräfte nicht bewusst einsetzt ist es langweilig“, er warf Markus einen viel sagenden Blick zu, Markus nickte, „gut, dann testen wir jetzt deine besondere Fähigkeit.“ Nun schritten alle im Raum bis auf ein paar Meter an mich heran. Das Gefühl des zerberstenden Kopfes kannte ich. Ich hatte es bei den Cullens erlebt. Doch sie waren sieben, also sieben Entscheidungen, hier waren es dutzende mehr. Es war kein Vergleich gegen den Schmerz den ich bei den Cullens gespürt hatte. Ich hörte nicht mal die Entscheidungen. Nur Wortfetzen schwirrten durch meinen Kopf. Die Schmerzen übertrugen sich auf meinen Körper, sodass ich, kraftlos zusammengesackt, nicht mal in der Lage war meine Hände zu heben und sie gegen meinen Kopf zu pressen, wie ich es sonst immer getan hatte. Ich konnte nichts dagegen tun. Es war ein reißender unglaublicher starker Schmerz und ich war überrascht, dass ich die Augen öffnen konnte, lebte und bei Bewusstsein war, als er verebbte. „Du machst es einem nicht einfach, aber interessant“, murmelte Aro, „nun gut, wir haben Zeit…“ Wieder. Und immer wieder. Ich spürte einen Anflug von Erschöpfung, geistiger Erschöpfung, die ich nicht geglaubt hatte fühlen zu können. Ich fühlte mich als wäre ich eine Hülle und in mir Fetzen von etwas, die kaputt und orientierungslos in mir herumschwimmen. Ich erschauderte über dieses Gefühl. Doch ich musste mich zusammenreißen, wenn ich es nicht schaffte, und ich wusste, dass es eigentlich nahezu unmöglich war, würden sich die Cullens in große Gefahr begeben. Ich wischte den Gedanken, dass ich es zugelassen hatte, dass sie überhaupt hier waren, schnell weg. Ich konnte es nicht ändern und Schuldgefühle würden mir jetzt den Rest geben – dessen war ich mir sicher. „Präg dir meine Stimme genau ein“, sagte Aro irgendwann. Jegliches Zeitgefühl war passé. Seine Entscheidungen, jedoch nur seine, prasselten auf mich ein. Der Schmerz war vergleichsweise angenehm. Erleichternd stellte ich fest, dass ich seine Entscheidungen verstand. Unverfängliches wie „Ich gehe einen Schritt nach rechts“ oder „ich rede gleich mit Caius“. Der Schmerz verflog. Ich hörte einfach nur zu. Dann erstarben seine Stimmen in meinem Kopf. „Du konzentrierst dich jetzt nur auf meine Stimme“, forderte er mich auf, „und sagst, ob ich das tun soll oder nicht. Entscheide für mich.“ Ich nickte, blieb am Boden sitzen und schloss die Augen. Als der Schmerz in mir aufglomm, kniff ich die Augen fest zusammen, so fest, dass dies allein schon geschmerzt hätte, wenn ich noch in der Lage gewesen wäre, mehr Schmerz zu empfinden. „Aro, Aro, Aros Stimme, Aro, seine Stimme, Aros Stimme“, peitschte ich in meine Gedanken hinein. Langsam, wie die Dämmerung der Sonne, kam von hinten in meinem Kopf und immer lauter werdend Aros Stimme. Ich hielt mir seine Stimme vor Augen und sogleich war sie mir präsent: „Ich mache drei Schritte zurück.“ „Nein, nur einen“, entgegnete ich in Gedanken. Alle Stimmen erstarben. Ich öffnete die Augen. Aro stand einen Schritt hinter Caius. Er sah mich zufrieden an. „Vortrefflich, Bella, vortrefflich“, ich hörte die Tür hinter mir sich öffnen und schließen, „leider, müssen wir unsere Übungen einen Augenblick zurückstellen. Wir bekommen Besuch“, er wollte gerade an mir vorbei gehen, als er stehen blieb und mich fragend ansah, „möchtest du bleiben? Durstig?“ „Nein!“, sagte ich ein wenig zu schnell. Aro schmunzelte. Ich wurde von Heidi auf mein Zimmer gebracht. Eine Gruppe Menschen, scheinbar ein Familie oder Freunde, denn sie kannten sich gingen mit leuchtenden Gesichtern an mir vorbei. Kurz darauf hörte ich die Turmzimmertür zufallen und lautes Geschrei. Ich versuchte nicht darauf zu achten. Heide tänzelte neben mir vergnügt, während sie mich auf mein Zimmer brachte. „Falls du ein Bad brauchst“, ihr missbilligender Ton war mir nicht entgangen, „es ist neben an.“ Sie ging. Seufzend ließ ich mich aufs Bett fallen und massierte meine Stirn. Ich sah auf die altmodische Uhr, die über der Tür hing. Sie zeigte 2 Uhr an. Morgens oder abends? Ich drehte mich auf den Bauch. Das vorhin war ein kleiner Erfolg. Wenn es so weiter ging konnte ich mich vielleicht bald beherrschen, zumindest für einen Moment, sodass ich fliehen konnte. Doch Aro hatte während der Umarmung mein Vorhaben gesehen, konnte er es vereiteln? Oder war es ihm egal? Reichte es ihm mich zu quälen? Meine Hand huschte an meine Kehle, ich riss die Augen auf, rannte aus dem Zimmer, in das andere Zimmer neben an und starrte in den Spiegel. Meine Augen waren halb rot, halb schwarz. Egal was du tust still deinen Durst nicht mit ihnen. Das hatte er gesagt. Edward… Doch ich verspürte nun Durst. Nicht so heftig, aber es konnte nicht mehr allzu lange dauern. Verzweifelt sah ich mir meine Augen an. Ich konnte noch nicht widerstehen, obgleich ich es natürlich versuchen würde und auch wollte. Doch was geschah, wenn ich meinen Durst mit ihnen stillte? Hatte Edward einfach nur Angst, dass ich es hier dann zu verlockend fand? Menschen auf dem silbernen Tablett? Oder steckte etwas ganz anderes dahinter?, fragte ich mich als wieder in meinem Zimmer auf dem Bett lag. „Wir werden ihre Fähigkeit nicht weiter testen, nur ihre Stärke. Ihre Fähigkeit darf nicht zu stark werden, nicht vor Sonntag. Wenn die Cullens erst einmal hier sind, wird Bella bleiben. Janes Fähigkeit kann Bella nicht beeinflussen, weil es keine Entscheidungen sind.“ Ich schreckte mit aufgerissenen Augen vom Bett hoch. Das war ihr Plan. Das war Aros Plan. Nicht nur mich zu bekommen und festzuhalten, sondern mich durch die Cullens festzuhalten (anders konnten sie mich ja auch nicht festhalten, wenn meine Fähigkeit stark genug wurde) und somit auch noch die starken Fähigkeiten der Cullens zu kriegen, sie zu ihrer Familie zu machen. Wenn Edward, Carlisle und Alice erst einmal hier waren, war es zu spät. Das heißt ich hatte nur eine Chance. Ich musste es schaffen die Entscheidungen der anderen bewusst zu kontrollieren. „Scheiße“, murmelte ich mit kaum vernehmbarer Stimme. In meiner Kehle drang der Durst hoch. Wieder, wie eben, ganz plötzlich. Nein, nein, sagte ich mir, du darfst jetzt nicht durstig werden, du musst stark sein!, schrie ich mich in Gedanken an, doch ich wusste, dass ich das nicht schaffen konnte. Ich konnte nicht widerstehen, nicht lange. Ich versuchte meine Verzweiflung zu ersticken und mich zu beruhigen. Ich legte die Hände gefaltet auf meinen Bauch und wollte gerade die Augen schließen, als ich wiederum hoch schreckte. Ich war so überempfindlich, dachte ich kurz, doch was mich hatte hochschrecken lassen, beschäftigte mich vielmehr. Unter meinen Händen war es warm gewesen. Ich blickte an mir herab zu meinem Bauch. Der Ring um meinen Bauchnabel (War er gestern nicht schmaler gewesen?) war vielleicht nicht gerade warm, aber in jedem Fall nicht so kalt wie die Haut darum herum. Der Hautton war ein Hauch dunkler. Mir schoss ein Angst einflössender Gedanke in den Kopf: Die Verwandlung. Kam nun bald das letzte Drittel? Das Weinen und das Glänzen? Nicht jetzt, flehte ich. Es war der denkbar schlechteste Augenblick. Aber… ich dachte nach, vielleicht konnte ich mich dann hundertprozentig auf meine Kräfte und meine Fähigkeit verlassen… Ich schüttelte den Kopf und wischte diesen Gedanken beiseite. Ich durfte jetzt keine Gedanken daran verschwenden. Wenn es kam, kam es. Wenn nicht, dann nicht. Ich legte mich wieder bequem hin und schloss die Augen. Ich rief mir Aros Stimme ins Gedächtnis und versuchte alle anderen Gedanken auszublenden, was nicht so einfach war, wie ich gedacht hatte. Ich wollte versuchen es schaffen. „Aro, Aro, Aro, Aro, Aro“, trichterte ich mir selbst ein. Ich erfasste hin und wieder ein paar Entscheidungsfetzen, aber das war es auch schon. „Mist“, würgte ich hervor, während ich mir an die Kehle fasste. Wie Lava stieg der Durst in mir hoch. Unaufhaltsam und unangenehm. Ich hielt die Luft an. Ein beklemmendes Gefühl. Vielleicht ging der Durst weg oder minderte sich, wenn ich nichts roch. Doch die Geruchlosigkeit brachte mich um den Verstand, sodass ich nach ein paar Minuten wieder schnell ein und aus atmete. Der Durst war eher noch schlimmer geworden als besser. Ich versuchte mich wieder auf Aros Stimme zu konzentrieren, doch ich ertappte mich dabei, dass ich nur an mein nächstes Opfer und das Blut- Bella, reiß dich gefälligst zusammen. Ich atmete schneller. Ich wusste, dass es so kommen musste und mein Geist hatte keine Chance meinen Körper aufzuhalten. Ich sprang aus dem Bett, rannte aus dem Zimmer, über den langen Flur, rein in das Turmzimmer. Ich lief, in menschlichem Tempo, über die vielen Leichen, die ich nicht beachtete. Sobald ich rein gekommen war, waren alle blutroten Augen auf mich gerichtet. Ich sah ein paar Gesichter bei meinem Erscheinen grinsen, doch das erstarb, als ich über die Leichen taumelte, fast zu Boden fiel und auf eine am Boden liegende halbtote Frau zu steuerte. Ich fasste unter sie und wollte sie zu mir anheben, um an ihren Hals zu gelangen. Doch ich schaffte es nicht. Ich konnte ihren Brustkorb nicht anheben. Ich dachte nicht lange nach. Zu groß der Duft… der betörende Duft… ich nahm kurzerhand ihr Handgelenk. Ihr Blut durchströmte mich. Ich japste und ließ ihre Hand wenig später zu Boden gleiten. Ich sah auf und erschrak. Ausnahmslos alle Vampire sahen mich mit aufgerissenen Augen an. „Du hast doch gesagt sie hätte Kräfte! Sie hat nichts! Sie ist eine schwache durchgeknallte Neugeborene-“, rief einer von der anderen Seite des Raumes und starrte Aro wütend an. „Markus, Markus“, zischte er. Er schien genauso wütend. Erst jetzt wurde mir klar, was die letzten Minuten geschehen war. Entgegen jeder Erwartung war ich kräftemäßig schwach gewesen. Wenn ich mich auf eines, während eines „Anfalls“, verlassen konnte, dann waren es meine Kräfte. Sie waren immer am größten, stärksten und kontrollierbarsten für mich gewesen. Genau das schienen auch die Volturi erwartet zu haben. Egal was du tust still deinen Durst nicht mit ihnen, kam es mir in den Sinn. Natürlich, damit sie meine wahren Kräfte nicht erkannte und noch mehr Gefallen als sowieso schon an mir fanden. Es hätte mich zwar erleichtern müssen, dass das nicht geschehen war, doch es machte mich nervös. Was geschah mit mir? Hatte es mit der vielleicht bald kommenden Verwandlung zu tun? Nun grinste Aro. „Es wird interessanter als ich dachte.“ Doch Markus wurde immer zorniger und rief wutentbrannt: „Wie lange wie du noch versuchen etwas rauszukitzeln wo nichts ist?! Ihre Kräfte sind ein Witz!“ „Das sind sie nicht und das weißt du genau“, zischte Aro zurück. Markus schnaubte. „Das wird Jahrzehnte dauern bis sie es im Griff hat.“ Ich schaute von links nach rechts, von Markus zu Aro und zurück, als wartete ich auf ein Urteil. „Heidi, bring sie in ihr Zimmer“, befahl Aro mit äußerlich ruhigem Ton, doch unter der Oberfläche schien es zu brodeln. Ich hörte Schritte hinter mir und sah, dass Heidi, die neben der Tür gestanden hatte, auf mich zu kam, wartete bis ich aufgestanden war, sich dann umdrehte und aus dem Turmzimmer ging. Ich folgte ihr. „Äh Heidi“, sagte ich, als sie mir die Tür aufhielt, „was für ein Tag ist heute?“ „Mittlerweise Samstag“, sagte sie trocken und ging. Ich sah auf die Uhr in meinem Zimmer. 12:07 Uhr. Kurz nach Mitternacht. Morgen schon. Ich ließ mich auf das Bett plumpsen. Wie sollte ich das schaffen? Ich positionierte mich wieder bequem auf dem Bett und schloss die Augen. Ich musste wenigstens Aro, oder besser Caius und Markus mit dazu, beherrschen, denn sie würden den Befehl geben mich zu suchen und zurückzubringen. „Wir warten einfach. Sie selbst nützt uns nichts mehr, aber durch sie kommen wir an Alice und Edward“, sagte Aro etwas in meinen Gedanken, was ich schon zu gut wusste. Ich versuchte mich weiter auf ihn zu konzentrieren. Immer wieder entglitt er mir. Mal hörte ich seine Stimme klar und deutlich, mal konnte ich sie nicht mal erahnen. Ich stand auf und packte geistesabwesend meine Sachen zusammen. Ich hatte jetzt zwei Möglichkeiten: Noch ein paar Stunden warten bis Sonntag war und versuchen zu fliehen (das hieß ich hatte ich noch 1 ½ Tage Zeit meine Fähigkeit zu trainieren) oder den Überraschungsmoment zu nutzen und jetzt zu fliehen. Die erste Möglichkeit war reine Zeitverschwendung, denn jegliches Training wäre ein Tropfen auf den heißen Stein und würde meine Fähigkeit nicht weiter verbessern. Die zweite Möglichkeit war aber nicht ungefährlicher, denn ich wusste nicht wie sehr sie ihre Tests abgeschlossen hatten. Wenn sie weiter so erpicht auf mich waren, dann würden sie mich wieder bis in die USA verfolgen. Natürlich entschied ich mich für die weitaus gefährlichere und ungeplante Variante. Die Zweite. Geduld war nie meine Stärke gewesen. Meine einzige Chance war, mich jetzt zusammen zu reißen, zu fliehen und wenn sie es dann bemerkten, mich zu konzentrieren und ihre Entscheidung mich zu fassen zu verneinen. Ich öffnete langsam die Tür. Der Flur war wie immer leer. Jetzt bereute ich es, dass ich mir auf dem Hinweg nicht mehr Mühe gegeben hatte, mir den Weg zu merken. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer wo ich hin musste. Die große Tür… ich lief zur der prachtvoll verzierten Tür im hinteren Teil des Flurs. Mit aller Kraft, halb Mensch, halb Vampir, drückte ich sie offen, dass ich meine Reisetasche um den rechten Arm gelegt hatte und sie mir wie Zentner vorkam, machte die Sache nicht besser. Ich gelangte in den nächsten Flur, der ebenso leer war. Welche Tür jetzt? Alle drei sahen gleich aus. War ich auf dem Hinweg geradeaus gelaufen? Oder eine Kurve? Egal. Irgendeine müsste ich jetzt nehmen, wenn ich länger stehen blieb, war das viel gefährlicher. Ich schritt in die Mitte des Flurs, überlegte kurz und entscheid mich für die Tür direkt geradeaus. Doch kaum hatte ich einen Schritt in ihre Richtung gemacht, vernahm ich glockenhell eine Frauenstimme: „Na los, du bist frei“, kicherte Jane hinter mir, „wenn du es schaffst hier herauszufinden und unsere Entscheidungen abzuwenden“, sie gluckste und schritt langsam näher auf mich zu. Hinter ihr standen bereits eine handvoll Wachen und die Volturi-Familie. Sie sahen gespannt zu. Ich zitterte mit jedem Schritt, den sie näher kam. Ich hörte nichts. Los, komm schon Bella, komm, versuchte ich mich anzufeuern, Edward darf nicht hierher kommen, wenn du es nicht schaffst- „Na los du ‚Vampir’“, sagte sie verächtlich. Ich funkelte sie an. Ich war ein Vampir. „Noch einen Schritt weiter.“ Ich verneinte sofort. Janes Fuß blieb in der Luft, sie stellte ihn neben den anderen und rührte sich nicht mehr. Ich schritt rückwärts Richtung Tür. „Fasst sie!“, schrie Aro. Und die Wachen schwärmten sofort auf mich zu. Ich hörte Aros Entscheidung auch in Gedanken und die Entscheidung der Wachen mich zu fassen. „Nein! Nein! Nein! Nein! Nein!“, schrie ich immer wieder und rannte weiter auf die Tür zu ohne nach hinten zu blicken. Ich stieß die Tür mit unmenschlicher Kraft auf und rannte durch den nächsten Flur und den nächsten. Ich schrie abermals „Nein!“ und dachte es auch. Ich hatte alle Sinne völlig ausgeschaltet und hörte nur immer wieder die Fetzen ihrer Entscheidungen, die ich – egal was es war – sofort verneinte. Etwas Gutes konnte es ja nicht sein. Ich rannte einfach geradeaus weiter. Tür um Tür, Raum um Raum, wie auf dem Hinweg, nur, dass es in keinster Weise dieselben Räumen waren durch die ich auf dem Hinweg gegangen war. Die Räume auf dem Hinweg waren verstaubte verlasse Kneipen oder Durchgänge oder so was gewesen. Diese nun waren leere Säle mit verzierten Wänden und eleganten Teppichen. Ich durfte mich nicht um den Weg kümmern. Irgendwann werde ich hier herausfinden. Ich nahm die nächste Tür und tippte sie wieder nur mit zwei Fingern an, doch dieses Mal rührte sich die Tür nicht. Ich stieß mit dem Kopf dagegen und fiel rücklings zu Boden. Diese unverlässlichen Kräfte, dachte ich verbittert und rappelte mich hoch. Ich stemmte mit aller Kraft dagegen und zwängte mich durch den Spalt, den ich aufbekam. Ich huschte hindurch und blieb dann, an die Tür gepresst stehend. Ich verdrehte innerlich, fast belustigt, die Augen. So musste es ja kommen. Natürlich erwarteten sie mich. „Du darfst gehen Bella“, nicht Aro sprach, sondern Markus, der von den gut zwanzig Wachen nach vorne trat. „Schön“, sagte ich nur, denn ich wartete auf den Harken. „Wenn“, natürlich kam der Harken, „du uns besiegt. Sei es mit Kraft oder mit deiner Fähigkeit.“ Was hieß: Das gleiche Spiel von vorhin noch mal. „Durch diese Tür“, nun sprach Aro und deutete auf die Tür hinter sich, „gelangst du außerhalb der Stadtmauern. Wenn du immer weiter an ihr entlang, den Berg hinauf, gehst, gelangst du zu deinen Begleitern.“ Ich nickte. „Bist du bereit?“ Kaum hatte Markus das gesagt, hasteten sie auf mich zu. Ich hatte keine Zeit mich auf ihre Entscheidungen zu konzentrieren, sondern eilte zur Seite. Ich kniff die Augen zusammen und rannte irgendwohin. Der altbekannte Schmerz kroch wieder in mir hervor. Ich presste die Lippen aufeinander und versuchte ihn zu ignorieren und die Entscheidungsfetzen zu verstehen. Warum musste der Schmerz gerade jetzt wiederkehren? Sack nicht zusammen, warnte ich mich selbst und versuchte den Schmerz davon zu laufen. Endlich hörte ich es: „Ich krieg sie.“ „NEIN!“ „Nach links!“ „NEIN!“ „Ich versperre ihr den Weg!“ „NEIN!“, schrie ich. „NEIN! NEIN! NEIN! NEIN!“ Ich lief durch die wie zu Säulen erstarrten Volturi hindurch. Ihre Blicke folgten mir. Ich trat heraus in die Dunkelheit. Die Tür hinter mir fiel zu. Kapitel 15: Höchst wahrscheinlich --------------------------------- Neues Kapitel!!! Ich bin ultragespannt auf eure Kommis =) Hihi... was ihr wohl zu diesem Kapitel sagt... =) LG Vanessa/*Fane* ----------------------------------------------- Ich lief an der Wand entlang den Berg hoch, eine Hand an die Stadtmauern gepresst. Ich erkannte schemenhaft den Weg vor mir. Ich stürzte mehrmals über Sträucher und Äste und verhaspelte mich in Schlaglöchern. Ich weinte. Nicht aus Schmerz. Ich wusste nicht warum, denn ich fühlte mich merkwürdig leer. Ich schluchzte immer bitterlicher. Ich strampelte mich aus einem Loch vergeblich frei und blieb auf Knien am Boden liegen. Ich war über und über mit Staub und Dreck beschmiert. Mein Gesicht nass und verdreckt. „Edward!!!“, schrie ich verzweifelt. Ich spürte wie sich kalte Arme um mich schlossen und meine Sinne schwanden. Alle. Das Erste was ich vernahm war ein leises Surren. Dann ein Ruckeln. Dann ein immer wieder lauter werdendes Surren. Ich fühlte mich taub. Ich spürte zwar etwas an meinen Händen und unter mir, aber ich wusste nicht was es war. Ich öffnete die Augen und sah etwas Schwarzes über mir. Lichter huschten vorbei. Dunkelheit. Dann wieder hell. Ich setzte mich auf und sah aus einem Fenster. Ich war in einem Auto. Ich riss den Kopf herum. „Edward!“, piepste ich, mehr brachte ich nicht zustande und fiel ihm in die Arme. „Oh Bella“, sagte er sehr leise an meinem Ohr und umarmte mich fest, „ist alles in Ordnung mit dir?“ „Mir geht es gut“, sagte ich mit trockenem Hals. Ich hustete Staub aus meinem Mund. „Entschuldige, aber wir wollten schnell weg von Volterra, weil wir ja nicht wussten, was geschehen war und deshalb…“ Er deutete auf mich. Meine Kleidung war halbzerfetzt, meine Haar verklebt, meine Hände, mein Gesicht und alles was von Kleidung nicht berührt war, war dunkel von Lehm, Staub und Dreck. „Macht nichts“, sagte ich und wischte mit dem Ärmel über mein Gesicht, da meine Augen von dem Staub brannten, was mein allerdings noch Gesicht dreckiger machte. „Möchtest du uns erzählen, was passiert ist?“, fragte Edward. Uns? Ich bemerkte, dass sich Alice, die auf dem Beifahrersitz saß, zu mir gedreht hatte. „Oh Alice! Carlisle!“, rief ich nicht halb so laut, wie ich es wollte und umarmte sie halb. „Ich hatte so Angst um euch!“ „Um uns?“, fragte Alice verwirrt und tätschelte meinen Kopf. „Sie wollten mich als Lockvogel benutzen, damit ihr kommt und dort bleibt. Sie wollten euch dort festhalten und brauchten mich dazu, weil ich ja nie zugelassen hätte-“, sprudelte es aus mir heraus. Ich war völlig aufgebracht. Mein Gesicht war wieder nass von Tränen, ohne, dass ich sie anfangs bemerkt hatte. „Shhh“, machte Edward leise und ich ließ mich mit dem Kopf auf seinen Schoß sinken. Er strich mit den Fingerspitzen über meine Stirn. „Ich weiß, ich habe das gesehen“, sagte Alice nach einer Weile, „wir wäre aber nicht gekommen, auch nicht wenn du Sonntag nicht gekommen wärst“, sagte sie schmal lächelnd. Edward schnaubte. „Ja, du wärst gegangen, ich weiß. Aber es war nur ein Plan, Bella. Wir wären nie gekommen, weil wir wussten, dass sie dich nur da behalten konnten, wenn wir da wären. Die Volturi wussten von vornherein, dass wir mitkommen würden und, dass sie dich nicht festhalten konnten. Wenn wir dich aber retten würden, konnten sie uns mittels Jane festhalten und du wärst niemals gegangen. Hab ich recht?“ Ich starrte sie nur an. „Aber warum habt ihr es mir nicht gesagt?“ „Aro hätte es sofort herausgekommen“, erklärte sie weiter, „die Volturi werden nicht nach dir suchen. Zumindest sehe ich es bisher noch nicht. Sie wissen, dass sie nicht viel tun können, solange wir nicht mitkommen. Es wäre nur zeitweise.“ Ich nickte und stellte erleichtert fest, dass sie somit niemals in Gefahr gewesen waren. „Wie geht’s dir?“, wollte Edward mit seiner samtenen Stimme wissen. „Gut, es geht mir sogar sehr gut“, murmelte ich und spürte genüsslich seine Berührungen in meinem Gesicht. Er küsste mein Haar. „Willst du uns berichten?“, fragte er leise, die Lippen lagen noch auf meinem Haar. Ich nickte und erzählte ihn alles. „Du hast mit ihnen getrunken?“, fragte Carlisle mit nüchterner Stimme dazwischen, als ich von den Massenmorden im Turmzimmer berichtete und mein Zutun. Er meldete sich das erste Mal zu Wort. Sein Blick war auf die Straße gerichtet. „Ähm, ja… ich… ich wollte eigentlich nicht, ich… ich wusste ja, dass ich nicht soll und so… ich hab’s auch versucht… also…“, stammelte ich. „Und was ist passiert?“, fragte Alice dazwischen. „Nichts. Also ich meine, das war es auch was sie so aufgeregt hat. Ich hab nicht mal die Frau anheben können“, erinnerte ich mich und zuckte mit den Schultern, „ich weiß nicht warum ich so schwach war, aber das hat sie ziemlich aufgeregt.“ Ich sah Markus’ wutentbranntes Gesicht genau vor mir. Ich sah Carlisle überrascht im Rückspiegel die Augenbrauen hochziehen. „Das ist allerdings merkwürdig.“ Alice und Edward sahen ebenfalls ratlos aus. Noch merkwürdiger fanden die drei allerdings, als ich nachträglich hinzufügte, dass ich als ich angekommen war umgekippt bin (ich erzählte alles ziemlich durcheinander). Sie schienen fast schon schockiert. „Aber das- aber das- aber das geht doch gar nicht“, sagte Alice mehr zu sich selbst, „wir können das Bewusstsein gar nicht verlieren.“ Sie war durcheinander. „Aber eben- da bist du ja auch…“ „Ich bin so froh, dass du wieder da bist“, hauchte Edward dazwischen und berührte mit seinen Lippen die meinige. Wir nahmen die nächste Maschine, die in die USA flog. Sie landete am Sonntag in Chicago. Von dort aus fuhren wir mit einem Mietwagen, Alice war zwar drauf und dran ein Auto zu „besorgen“, doch Carlisle meinte, dass wir ruhig, so lange es ging, den legalen Weg nehmen konnten. Kaum hatte ich, Carlisle blieb vor der Haustür direkt stehen, einen Fuß aus dem Auto gesetzt und stand halbwegs, sackte ich urplötzlich zu Boden. Ebenso plötzlich war ich wieder bei Bewusstsein. Edward war nicht mal 2 Schritte mit mir gegangen. Alice schüttelte ungläubig den Kopf. „Wenn ich es nicht selbst gesehen hätte…“, murmelte sie. „Lass mich runter, Edward, es geht mir gut“, bat ich und trommelte gegen seine Brust. Er gab nach und stellte mich noch vor der Haustür hin. Wir traten ein. Sofort lag ich in Esmes Armen. „Oh Gott, ihr seid ihr wieder da! Oh Bella“, sagte ich beinahe schluchzend und umarmte mich zärtlich. Emmett und Jasper kamen vergnügt dazu. „Bella was ist?“, fragte sie dann, als ich die Augen kurz geschlossen hatte, weil mir schwarz vor Augen gewesen war. „Setz sie mal hin“, sagte Edward und Sekunden später saß ich auf der Couch. „Können wir denn nichts tun Carlisle?“, fragte Edward fast gereizt, als ich den Kopf zwischen die Knie geklemmt hatte, um nicht wieder ohnmächtig zu werden. „Was soll ich tun Edward? Ihr fehlt körperlich nichts und-“ „Doch!“, fiel mir plötzlich ein und ich hob den Kopf. Carlisle, der vor mir stand, sah mich fragend an. Ich krempelte meinen Pullover hoch. „Bella was- ach so… das…“, murmelte Edward, als ich auf meinen Bauchnabel deutete. Der Ring kam mir wieder einen Hauch größer vor. „Es hat zwar nichts damit zu tun, aber…“, sagte ich und berührte die Stelle, „dort ist es ein paar Grad wärmer als meine Haut sonst.“ Edward legte die Stirn in Falten und legte zwei Finger darauf. „Tatsächlich“, nuschelte er kaum hörbar. Carlisle machte einen Schritt auf mich zu und streckte die Hand aus. „Darf ich?“, fragte er höflich. Ich nickte selbstverständlich. Carlisle tastete auf der Stelle herum. Er machte ein angestrengtes Gesicht. Edward seufzte. Er hatte schon gehört, was Carlisle mir jetzt erst sagte: „Es tut mir leid. Ich habe keine Ahnung.“ „Kann es nicht sein, dass ich mich jetzt endgültig verwandle? Ich meine, das mit der Sonne und den Tränen“, ergänzte ich. Carlisle zuckte mit den Schultern, dann grinste er: „Ehrlich gesagt, ich bin vollkommen überfragt.“ Ich grinste zurück. Edwards Gesicht war verzerrt. „Ich auch“, sagte Alice frustriert, „ich sehe keine weitere Verwandlung.“ Edward starrte immer noch finster auf die Stelle. Ich reckte mich, als mich ein Gefühl überkam. „Ich könnte jetzt einen Hirsch verspeisen“, sagte ich unwillkürlich. Augenblicklich heftete jedes Augenpaar im Raum – sprich sieben – an mir. Wir prusteten los. Selbst Edward konnte sich ein kleines schiefes Lächeln nicht verkneifen. Voller Tatendrang stand ich auf. „Und? Wer traut sich mit mir auf die Jagd zu gehen?“ Ich klatsche einmal vergnügt in die Hände. Ich fühlte mich auf einem fit wie ein Turnschuh. „Yes! Bin dabei Bells!“, rief Emmett sofort und stand sogleich neben mir. „Wunderbar“, freute ich mich. Ich wusste gar nicht warum ich nicht schon her darauf gekommen war, vor meinen Anfällen jagen zu gehen. Vielleicht wären sie dann nur halb so schlimm ausgefallen. „Ich könnte eine neue Augenfarbe vertragen“, kicherte ich. Ich sah, dass Rosalie, sie verbarg ihre Entrüstung gut, den Raum verließ. „Das lassen wir uns nicht entgehen“, sagte Alice, die sich bei Jasper eingeharkt hatte. Beide grinsten frech. Ich nickte. Wir gingen aus dem Wohnzimmer in Freie. Edward trottete, seine Laune besserte sich merklich, hinter uns her. Ursprünglich sollte Jasper zwar den Weg zu einer guten Stelle vorgeben, doch das erübrigte sich, da ich viel schneller war als er und ich genoss es sichtlich mal die volle Kontrolle über meine Kräfte zu haben. Edward konnte jedoch trotzdem mit mir mithalten. Einigermaßen, lachte ich in Gedanken. An einem kleinen Feld machten wir Halt. „Hasen, Rehe und zwei Bären“, sagte Alice mit geschlossenen Augen, „die Bären kommen im Norden an diesem Feld vorbei, in einer Minute. Ein paar Hasen und Rehe in 25 Sekunden von Rechts“, berichtete sie weiter. „Reh“, meldete sich Jasper. „Auch Reh“, sagte Edward. „Bär“, sagte Emmett schnell und war gleich in die Richtung verschwunden. „Ich nehme auch die Bären“, Alice grinste, „aber so lange sehen ich erst noch Bella zu.“ „Okay, dann fang ich mal ganz harmlos mit Hase an. Hab ich ja schließlich früher auch gegessen, nur eben nicht ausgeschlürft“, gluckste ich. Schon hörte ich leise Pfoten auf dem Waldboden in unsere Richtung tapsen. Ich sah einen Hasen. Ich rannte auf ihn und achtete gar nicht erst auf die anderen, es wollte schließlich keiner Hase. Ich blieb mit dem Fuß an einer Wurzel hängen, so einfach zu koordinieren war diese Geschwindigkeit auch wirklich nicht, und fand mich der Länge nach auf dem Waldboden wieder. Hinter mir hörte ich schallendes Gelächter. Wütend blickte ich zurück. „Entschuldige Schatz“, lachte Edward, er war wieder aufgetaut, „aber das ist echt zu lustig.“ Alice stand nun vor mir und hielt einen Hasen an den Ohren. „Bitte sehr“, gluckste sie. Ich verdrehte die Augen. „Danke“, sagte ich und nahm den Vierbeiner auf den Arm. Alice ergötzte sich sogleich an einem dahergelaufenen Reh (sie hatte es sich mit den Bären wohl anders überlegt). Ich beobachtete sie eine Weile. Obwohl es ungewohnt und merkwürdig war, widerte es mich nicht an. Es fühlte sich so normal an. Ich lehnte mich an den nächsten Baum und biss in den zappelnden Hasen. Kaum hatte ich das Blut geschmeckt, ließ ich den Hasen angewidert auf die Erde plumpsen. Jasper fing ihn, bevor er auf dem Boden aufkam. Edward stand nun neben mir. „Bah“, sagte ich und streckte angeekelte die Zunge raus. Beide sahen mir verblüfft an. „Grauenhaft“, sagte ich mit verzogenem Gesicht. „Na ja, es schmeckt eben nicht wie unsere eigentlich Nahrung, aber normalerweise schmeckt es trotzdem noch ganz in Ordnung“, sagte Jasper Schulter zuckend und erlabte sich nun selbst an dem Hasen. Ich schüttelte mich. Edward grinste verwirrt. „Schmeckte total bitter.“ „Vielleicht solltest du mal Reh probieren.“ Ich merkte, dass es ihn nur oberflächlich belustigte. Er schien angestrengt über etwas nachzudenken. Auch Reh war nicht sonderlich besser. Es schmeckte anders eklig. Trotz allem löschte ich, unter Edwards kritischen Augen, meinen Durst, bis meine Augen strahlend gold waren. „Und?“, sagte ich stolz darauf mich überwunden und das widerliche Zeug getrunken zu haben. „So gefalle ich dir besser oder?“ Er küsste meine Stirn, dann meine Lider. „Du gefällst mir immer“, sagte er leise, bevor wir uns auf den Rückweg machten. Emmett traf erst später wieder ein. Er kam kurz bevor Carlisle von der Arbeit kam. „Wie jetzt? Du magst kein Reh und kein Hase? Also mal ehrlich Bella… ich steh zwar eher auf Bär, aber gegen ein schönes zartes Reh ab und zu“, lachte Emmett mich aus. Ich schüttelte angewidert den Kopf, während ich meiner Mutter eine E-Mail schrieb. „Was mochtest du nicht Bella?“, sagte Carlisle, als die Arzttasche in die Ecke legte und sah mich über den Esstisch hinweg an. Esme begrüßte ihn mit einem kleinen Kuss. Carlisle legte den Arm um ihre Taille. „Hase und Reh“, antwortete Emmett für mich, bevor ich etwas sagen konnte. „Ich fand das Blut ekelig“, konkretisierte ich. Carlisle sah mich konzentriert an. „Bella kann ich noch mal deinen Fleck sehen?“ „Öhm jaah“, machte ich verwirrt über diese plötzliche Wendung. Kaum war ich aufgestanden, stand er vor mir. Ich zog den Pullover höher. Diesmal war ich mir sicher, dass der Fleck größer geworden war, da Carlisles Handfläche komplett darauf passte. Er nickte und sah mir dann tief in die Augen. „Bella du bist schwanger.“ Ich lachte auf. Keiner sonst außer mir. „Entschuldige, aber sei nicht albern.“ Doch er sah nicht albern aus, niemand im Raum um genau zu sein. Ich warf einen Blick zu Edward. Er hatte eine ernste und angestrengte Miene aufgesetzt. Carlisle setzte sich vor Kopf. „Es ist die einzige Erklärung, die ich habe“, begann er, „die einzige Erklärung dafür, warum dir das Blut nicht schmeckt und dir in letzter Zeit sehr häufig schwindelig wird. Hinzu kommt, dass die Stelle immer wärmer wird. Das erklärt auch deine zeitweise und immer stärker zunehmende Kraftlosigkeit. Auch bei den Volturi“, erläuterte Carlisle fachmännisch. Mein Lächeln verschwand. „Aber Carlisle das kann nicht sein!“, ich warf einen schnellen Blick zu Esme, „Ich altere doch gar nicht, dementsprechend-“ „Bella, eigentlich kann das alles nicht sein. Wir reden hier von Dingen, die es noch weniger geben dürfte, als unsere bloße Existenz. Was glaubst du warum die Volturi so angetan von dir waren? Weil es so etwas nicht geben dürfte und wenn meine Annahme richtig ist, dann ist das vermutlich das erste und einzige Mal überhaupt“, sagte Carlisle in ruhigem Ton. Ich starrte ihn entsetzt an, bis mir überhaupt der Inhalt klar wurde. Ein Baby? Ich biss mir auf die Lippen und sah mit zusammen gekniffenem Gesicht auf die Tischplatte vor mich. Ich traute mich nicht Edward anzusehen. „Carlisle, das Kind kann doch, wenn es geboren werden würde, gar nicht altern“, versuchte ich es wieder. „Wie gesagt, es ist das vermutlich das erste und einzige Mal. Ich habe keine Ahnung wie das alles gehen soll“, gestand er ehrlich. Stille. „Ich bin schwanger?“, fragte ich langsam. „Höchst wahrscheinlich“, antwortete Carlisle leise. Ich spürte wie meine Hände zitterten und ich widerstand schnell dem Drang mir an meinen Unterleib zu fassen. Benommen stand ich auf und ging mechanisch aus dem Zimmer. Sobald ich die sieben starren Blicke hinter mir gelassen hatte, rannte ich die Treppe – menschlich – hoch. Ich schloss mich im Bad ein. Ich betrachtete mein Gesicht. Wie glücklich war ich über diese Augen gewesen. Ich sah an mir herab und zog den Pullover hoch. Der Fleck wurde allmählich größer, dunkler und wärmer. Ich legte die Hand darauf. Ein Baby?, dachte ich wieder. Was brockte ich den anderen nur ein? Erst meine Anfälle, dann die Volturi und jetzt- Mir kamen die Tränen. Verbissen wischte ich sie schnell weg. Ich wollte sie nicht, wenn sie dazugehörten, dass ich schw- Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Ich blieb lange auf dem Klodeckel sitzen, die Arme und Hände über dem Kopf verschlungen. Nach einer Weile wischte ich mir die Tränen ab, es herrschte vollkommenes Gefühlschaos in mir, schloss die Tür auf und trat hinaus. Ich zuckte leicht zusammen, als ich Edward neben der Tür warten sah. Er saß in einem Schneidersitz gegen die Wand gelehnt „Hey“, sagte er mit einem warmen Lächeln, stand auf und nahm mich in den Arm. „Es tut mir leid“, hauchte ich nach ein paar Augenblicken. „Es tut dir leid?“, wiederholte Edward, schob mich ein wenig weg und sah mir in die Augen. „Ja, ich bringe euch nur in Schwierigkeiten“, sagte ich noch leiser und starrte auf seine Brust. Er beugte sich tiefer hinab, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. „Schwierigkeiten?“, wiederholte er wieder, „Dann frag mal Esme und Alice was sie von diesen Schwierigkeiten falten.“ „Dann frag mal Rosalie was sie davon hält“, entgegnete ich. Edward schnaubte gleichgültig. „Oder was du davon hältst.“ Es war nicht mal mehr ein Flüstern. „Ich?“, seine Stimme klang glockenhell, „Bella du machst mich zum glücklichsten Menschen der Welt!“ Er hob mich leicht hoch und strahlte mich an. Er konnte mir ein kleines Lächeln abgewinnen. „Aber du bist nicht glücklich.“ Es war keine Frage an mich. Meine Füße fanden wieder Boden. Ich wusste nicht wie ich es ausdrücken sollte. Mir ging so vieles durch den Kopf. Schönes und weniger schönes. „Ich bin erst 17 und- es wird nicht ungefährlich alles und- ich meine was soll aus dem Kind werden? Wie soll es ihm mal ergehen?“, stotterte ich herum. Edward sah mich mit einem warmen und unwiderstehlichen Blick an. Dann küsste er meine Lippen sanft. „Komm, wir haben Gratulanten“, hauchte er mir ins Ohr und nahm meine Hand und führte mich die Treppen runter. „Herzlichen Glückwunsch“, sagte Esme strahlend, als ich hinter Edward den Türrahmen zum Wohnzimmer passiert hatte. Ich wusste nicht ganz was ich darauf sagen sollte, außer einem zittrigen „Danke“. Ich sah nach rechts zu Edward. Emmett knuffte ihn lachend in die Seite. „Alter, du machst einen echt fertig“, sagte er und klopfte Edward auf den Rücken, „herzlichen Glückwunsch, Mann.“ Edward sah glücklich aus. Alice stand hinter Esme und hatte die Hände an die Wangen gepresst. Ihre Augen leuchteten. „Alles Liebe Bella“, sagte sie und umarmte mich auch. „Oh ich bin so neidisch.“ Über ihre Schulter hinweg, sah ich Jasper grinsend die Augen verdrehen. „Wann steigt die erste Babyparty?“, fragte sie laut. Diesmal verdrehte ich die Augen und sah sie erschrocken an. „Alice!“, mahnte ich. Sie blickte unschuldig zurück. Ich kannte ihren Party-Wahn nur zu gut. Esme, die neben mir stand, hatte immer noch eine Hand auf meiner Schulter und zog mich an sie ran. Sie flüsterte mir ins Ohr: „Und entschuldige, wegen der Aufklärungssache.“ „Aber da kannst du doch nichts dafür, dass ich so merkwürdig bin“, sagte ich aufrichtig aber mürrisch. Dann lächelte ich wieder schwach. Alice gab mir einen Kuss und tänzelte klatschend durch den Raum in Richtung Küche. „Ich koche was“, zwitscherte sie. „Moment, Moment“, gebot Carlisle Einhalt und stellte sich zu Esme und somit auch neben mich, „es ist nur eine Vermutung-“ „Die bei dir aber auch meistens richtig sind“, beendete Esme den Satz, tippte ihn mit der Fingerspitze an die Nase und küsste sein Kinn. Sie war ganz vernarrt in den Gedanken. Er sah entschuldigend in meine Richtung. Ich lächelte. Kaum stand Edward neben mir, hatte eine Hand um meine Taille geschlungen und mich leise fragt, ob alles okay ist, da war Alice enttäuscht zurück ins Wohnzimmer geschlittert und verkündete missmutig: „Wir haben gar nichts da.“ „Normalerweise kauft hier auch niemand Menschenzeug“, vernahm ich Rosalies schneidende Stimme. Ich spürte, dass Edwards Griff ein Hauch fester wurde. Ich sah wie Edward ihr einen finsteren Blick zu warf. Ich konnte es ihr aber nicht verdenken. „Was glaubt ihr was die Volturi tun werden, wenn sie das herausbekommen?“, sagte Rosalie scharf nach einer Pause. „Sie werden es eben nicht herausbekommen“, zischte Edward. „Je nachdem was es wird, wird Sempre es wissen.“ Sie wandte den Blick von Edward ab und starrte nun mich verbissen an. „Ich werde es beschützen“, entgegnete Edward. „Oh ja, wenn Jane mit der Wimper zuckt, werden wir ja sehen wie sehr du das Kind beschützt“, konterte Rosalie. Augenblicklich ging Edward in Kauerstellung, Rosalie tat es ihm nicht mal eine Sekunde später gleich. Ich reagierte sofort und stellte mich vor Edward. „Edward nein!“ Auch Emmett hatte auch reagiert und war zu Rosalie geeilt. Doch Rosalie stand bereits wieder aufrecht, wie Edward, schnaubte verächtlich und stolzierte aus dem Raum. Emmett lief hinter ihr her. „Keine Sorge Bella, sie kriegt sich wieder ein“, sagte Carlisle und legte kurz seine Hand auf meine Schulter. Sein Blick galt jedoch Edward. Er stand immer noch stocksteif vor mir. Ich zerrte an seinem Hemd. „Hey, Edward, bitte…“ Er atmete tief ein und aus und sah mich dann mit einem schmalen Lächeln an. „Ähm“, machte ich zur Ablenkung, „das Thema College hat sich dann jetzt wohl endgültig erledigt oder?“ Nun lachte er. „Ja, das hat es.“ Ich versuchte nicht allzu erleichtert auszusehen. ---------------------------------------------------------------- Warte sehnsüchtig auf Kommis.... Vanessa/*Fane*^^ Kapitel 16: Briefe ------------------ Auch wenn einige nicht so glücklich mit der Wendung gehts damit natürlich weiter. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem und ihr lest weiter. LG sich auf Kommis freuend, Vanessa/*Fane* --------------------------------------------------------------- Fortan lief ich ständig und immer nur mit Essen in der Hand herum. Alice fand Gefallen an Essen kochen (an was fand sie eigentlich nicht gefallen?) und drückte mir sobald sie mich sah, wieder etwas Neues zu essen in die Hand. Die Küche galt einer Großküche. Auch meine kläglichen Versuche sie davon abzubringen scheiterten natürlich: „Alice, ich bekomme nur ein Kind und mein Körper selber braucht keine Nahrung“, erinnerte ich sie immer wieder, aber sie überging das geflissentlich. Ich hatte diese Überfürsorge schon nach 3 Tagen – im wahrsten Sinne des Wortes – satt. „Alice, bitte, wirklich. Was du jeden Tag kochst, reicht für 100 Mann!“ Doch es waren nur leere Worte, denn Jasper war nun auch total begeistert dabei. Auch Esme gesellte sich hin und wieder dazu, doch sie war bei weitem nicht so fanatisch wie Alice. Kochparty, dachte ich in Gedanken und verdrehte die Augen. „Wenn du wüsstest, was sie denken. Sie sind so überglücklich“, sagte Edward, als ich es aufgab und Alice und Jasper beim Kochen zusah. Er legte die Hände, seit neustem (genau genommen seit gut 3 Tagen), von hinten um mich und schob eine unter mein T-Shirt. Seine Hand ruhte auf meinem warmen Bauch. „Aber dich hab ich schon glücklicher gesehen“, stellte er beunruhigt fest. „Na ja“, sagte ich langsam und legte meine Hände auf seine Arme, „ich muss mich erst an den Gedanken gewöhnen.“ Genau genommen konnte ich den Gedanken kaum denken. Es war so befremdlich, so unwirklich. „Hmmm“, machte Edward und küsste meine Schläfe. Edward gluckste. „Alice plant schon den Collegeaufenthalt des Kindes.“ Ich sah ihn mit aufgerissenen Augen an. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. „So ist sie eben.“ Er lächelte. Ich machte mir viele Gedanken in letzter Zeit. Würde mein Kind ein Mensch werden? Ein Vampir? Ein halb und halb wie ich? War es nicht von vornherein bestraft? Ich hatte nie ernsthaft mit dem Gedanken gespielt es nicht zu bekommen (ich wusste gar nicht ob das bei mir überhaupt ginge), aber zwischenzeitlich kam mir mal der Gedanke, was ich diesem kleinen Wesen antat. Es war wider jeglichem Natürlichem. Doch dann belächelte ich diesen halbherzigen Versuch wieder, wenn ich mir Edward als Vater vorstellte. Vater. Und ich Mutter. Ich atmete ruhig ein und aus. Und das würde nicht mehr so lange dauern. Ich hatte zwar erst vor gut knapp 4 Tagen erfahren, dass ich schwanger war, doch Carlisle meinte, dass es nicht neun Monate, wie bei normalen Menschen (ich hatte niemals den Anspruch erhoben normal zu sein), dauerte, sondern wesentlich kürzer. Er begründete das damit, dass der warme Fleck Tag für Tag viel viel größer wurde. Man konnte fast zusehen. Aber es waren alles nur Vermutungen, wie er immer beteuerte. „Edward? Bella?“ Edward drehte den Kopf nach hinten, ich sah an seinem Oberkörper vorbei. Carlisle schleppte mehrere große Kisten mühelos ins Wohnzimmer. „Ich habe euch doch Beweise versprochen“, sagte er, ohne aufzublicken und räumte bereits die Kisten aus, „ich habe ein Ultraschallgerät mitgebracht.“ Augenblicklich begann ich heftig zu zittern, doch Edward bemerkte es nicht, da er schon zu Carlisle gelaufen – gerannt – war und ihm half. Ich hielt mich an der Wand fest. Ich wusste nicht warum mich das jetzt so aus der Bahn warf… doch, ich wusste es. Bisher war es alles eher ein Traum gewesen, eine schöne Träumerei, doch mit einem Beweis wurde es Wirklichkeit. Und trotz allem… ich war 17! „Bella? Kommst du?“ Edward sah mich eindringlich an. Sie waren bereits fertig. Ich schlich auf sie zu. Ich kam mir vor wie auf dem Todesmarsch. Ich legte mich, auf deutende Bewegung von Carlisle, auf die Couch. „Bella, ähm…“ Ich drehte den Kopf nach hinten. Alice stand nervös hinter mir. Sie hielt Jaspers Hand, der seitlich, verhalten lächelnd, hinter ihr stand. „Dürfen wir-?“ „Sicher“, sagte ich und versuchte mir das freundlichste Lächeln abzugewinnen zu dem ich im Stande war. Jasper, Edward und Alice setzten sich vor den kleinen Monitor, als würden sie einen Spielfilm erwarten. Carlisle setzte sich direkt neben mich auf einen kleinen Hocker. Ich bemerkte gar nicht, wie Carlisle mich nonverbal versuchte zu bitten, mein T-Shirt hochzuziehen. Ich sah nur auf die drei, die schon gierig auf den Monitor stierten. Warum waren alle so glücklich? Es war doch für sie alle eine totale Belastung… nervte ich nicht langsam? „Bella?“, flüsterte Carlisle. Ich blinzelte zweimal und schob mein T-Shirt schnell hoch. Die Naht meiner Hose schob ich ein wenig herunter. Carlisle trug mir ein kaltes Gel auf den Unterleib auf. Sogleich glitt er mit dem Ultraschallgerät darüber und er sah auf den Monitor. „Hmmm“, machte er. „Hm was?“, fragte ich und wurde immer nervöser. „Ich bin kein Fachmann für so was“, murmelte er, fast mehr zu sich selbst, „aber ich würde sagen“, er deutete mit der rechten Hand auf eine helle Stelle auf dem Monitor, „das ist euer Kind.“ Ich schluckte geräuschvoll. Edwards Gesicht war nur noch eine handbreit von dem Monitor entfernt. Dass er ihn nicht verschlang, war alles. Carlisle zog Edward an der Schulter ein wenig zurück und beugte sich selber vor. „Ohne Gewähr, ich würde tippen zweiter Monat“, sagte er. „Zweiter Monat?!“, stieß ich unwillkürlich hervor. „In 4 Tagen?!“ „Keine Sorge“, sagte Carlisle beschwichtigend, „so schnell wird es nicht weiter wachsen. Das ginge gar nicht. Dann müsstest du die Massen die Alice kocht auch wirklich essen.“ Er grinste Alice zu. Alice schnitt eine Grimasse, doch ihr Gesicht war immer noch auf den Monitor geheftet. Ich beobachtete Edwards Reaktion und versuchte die ganze Zeit ein Wort dafür zu finden. Ehrfürchtig, das Wort passte. Ich sah gerade noch wie Alice Jasper einen viel sagenden Blick zu warf, beide sich erhoben und verschwanden. „Möchtest du, dass ich dir ein Foto davon ausdrucke? Vielleicht für deine Mutter?“ Ich sah Carlisle erschrocken an. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ich nickte schnell, damit er sich abwendete und mein entsetztes Gesicht nicht sah. Meine Mutter. Ich hatte ihr nichts gesagt. Warum hatte ich nicht an sie gedacht?, überlegte ich, während ich das Gel von meinem Bauch abputzte und mich anschließend erhob. „Ich habe ein paar mehr gedruckt, vielleicht hast du ja Verwendung dafür“, sagte Carlisle und reichte mir gut 10 Fotos auf denen man ein Kind sich nicht mal mit viel Fantasie ausdenken konnte. Ich nahm sie schweigend und ging hoch aufs Zimmer. Ich legte den Stapel auf das Nachttischchen und nahm ein Bild davon, bevor ich mich aufs Bett plumpsen ließ. Was sollte ich meiner Mutter sagen? Mir rannte die Zeit davon. Ich musste es ihr jetzt ziemlich bald sagen, sonst ist das Kind bald geboren und meine Mutter wusste nichts davon. Das würde sie nicht verkraften. Aber wie würde sie es aufnehmen, wenn ich es ihr jetzt sagte. Edward war – offiziell zumindest – 17 und ich auch. Minderjährig. Gut, ich hatte in 2 Wochen Geburtstag, aber trotzdem. Meine Mutter würde vom Stuhl kippen. Ich hörte schon wieder ihre Aufklärungsreden… Ich legte mich seitlich aufs Bett und betrachtete das Bild. Ich hörte wie Edward leise hereinkam und sich an mich schmiegte. „An was denkst du?“, wollte er wissen. „Ob es ein Junge oder Mädchen wird“, log ich zu schnell. Er schnaubte belustigt auf. „Das glaube ich dir nicht. Dann wären deine Gesichtszüge nicht so hart, hoffe ich zumindest.“ Er grinste. „Hm“, machte ich nur. „Möchtest du es mir nicht sagen?“, sagte er bittersüß. Ein Hauch drängen lag darin, es schien ihm wirklich wichtig zu sein. Seufzend drehte ich mich auf den Rücken und hielt weiterhin das Bild in den Händen. Ich begutachtete es, während Edwards Hand sich unter meinem T-Shirt auf meinen Bauch legte. „Ich weiß nicht was, wann und wie ich es meiner Mutter sage“, gestand ich mit gequältem Gesichtsausdruck. Und sobald ich es ausgesprochen hatte, sobald es mir wahrlich bewusst geworden war, schossen mir die Tränen ins Auge und ich drehte mich zu Edwards Brust. Edward streichelte mich über die Haare, während ich weinte. „Darf ich dir einen Vorschlag machen?“ Ich nickte an seinem nass werdenden Hemd. Ich wusste, was er sagen würde. Ich sollte ehrlich sein und es ihr sagen. Sie wurde schließlich Oma. Oma. Wie das klang. Meine chaotische Mutter konnte man wohl kaum so bezeichnen. „Sag ihr nichts.“ Ich sah auf und blickte in ein ernstes Gesicht. Ich kniff die verweinten Augen fragend zusammen. Er fuhr fort: „Bis das Kind geboren ist, wäre es kein Problem. Ich meine, sie würde nicht großartig etwas merken, wenn sie uns besuchen wollen würde oder so. Aber was wenn sie das Kind dann später sehen wollte? Oder verlangt, dass du sie besuchst oder gar zu ihr ziehst? Was willst du dann machen? Ganz abgesehen davon, dass wir nichts über das Kind wissen.“ Was es war… „Du hast ja recht, aber dann kann ich es ihr nie sagen. Ich kann ja schlecht in 10 Jahren, äußerlich immer noch als 17-Jährige, ihr ihren Enkel vorstellen.“ Edward nickte langsam. „Ich bringe es nicht übers Herz ihr gar nichts zu sagen“, sagte ich dann, „sie wird ihr ganzes Leben lang nichts von ihrem Enkel wissen. Das ist doch schrecklich.“ Edward küsste meine Stirn. „Scheiße“, rutschte es mir raus. Edward lächelte milde. „Vielleicht solltest du es ihr doch sagen“, überlegte er dann, „wir bräuchten nur viele gute Ausreden. Und“, er machte eine Pause, „du musst über 18 sein, wenn du das Kind bekommst, sonst hat sie das Sorgerecht.“ „Ich habe in 2 Wochen Geburtstag-“ Ich erschrak als Edward mit den Schultern zuckte. „Du glaubst-“ „Nein, ich glaube das nicht. Aber bei uns ist nichts im Bereich des Unmöglichen.“ Er grinste und küsste mich sanft auf die Lippen. „Wie wollen wir es dem Kind eigentlich sagen?“ „Was sagen?“, fragte Edward nach. „Was wir sind“, konkretisierte ich. Ich spürte, dass er sich darüber auch schon Gedanken gemacht hatte. „Wir müssen es ihm von Anfang an erklären. Sobald es einigermaßen fähig ist, es zu verstehen. Aber darüber müssen wir uns jetzt noch keine Gedanken machen. Wir wissen ja wie gesagt nichts über das Kind.“ Eine Welle der Verzweiflung überschwemmte mich. „Was soll ich tun?“, schluchzte ich und kam auf die Ausgangsthematik zurück. „Ich weiß, dass das keine Hilfe ist, aber ich kann dir die Entscheidung nicht abnehmen. Ich kann dir nur eines sagen“, er hielt mich ein Stück von sich weg und küsste meine Tränen, „ich werde dich unterstützen, egal wie du dich entscheidest.“ Ich legte den Kopf unter sein Kinn und schlief ein. Es war eine Woche vergangen und der warme dunklere Fleck bedeckte nun meinen gesamten Bauch, im Rücken war er noch nicht ganz geschlossen. Mein Bauch war eine handvoll dicker geworden, das beruhigte mich. Es musste nicht so rasend schnell gehen. Ein weiteres Schwangerschaftsrecht begünstigte mich an diesem Tag zum ersten Mal, als ich merkte, dass ich unwillkürlich Ketschup in Alice’ Eintopf kippte und die Butterkeks von eben dabei aß. Emmett, der mit Edward zusammen am Tisch saß um mir Gesellschaft zu leisten, wäre es nach Alice gegangen würde ich von dem Tisch gar nicht mehr aufstehen, musterte mich angeekelt. „Also Bella ganz ehrlich, wirklich, Menschenessen ist allgemein schon nicht besonders appetitlich, aber das was du daraus damit machst, ist absolut widerwärtig“, er verzog heftig das Gesicht, als ich vom Keks abbiss und ein Löffel Ketschup nachschob, „Rose“, sie saß weiter hinten im Raum und las eine Zeitschrift, „du machst so was bitte nie.“ Er meint schwanger werden, schloss ich in Gedanken. Was Edward und ihn belustigte, ließ Rosalie nur verdrießlich und finster von ihrem Magazin aufsehen. „Probieren?“, neckte ich und hielt ihm einen Löffel hin. „Uah, lass mal Bella“, schob die Hände abwehrend vor den Körper und wollte eigentlich nur meinen Arm wieder zu mir führen, doch er hatte seine Kraft unterschätzt. Oder er meine überschätzt. Ich kippte seitlich vom Stuhl. Der Löffel fiel klirrend zu Boden. Sofort war Edward bei mir und half mir auf. „Könntest du bitte ein bisschen aufpassen?“, zischte Edward zu Emmett. „Tschuldige, bei Bella ist das immer so ne Sache… entweder sie zieht dich beim Training ab oder sie anfällig wie ein Wattebausch.“ Er lächelte mir zu. Ich lächelte zurück. Edward war nicht sehr begeistert, obwohl eigentlich gar nichts passiert war. Typisch Edward, er legte alles auf die Goldwaage. Seine Übervorsichtigkeit von früher war gar nichts dagegen. Prompt war Alice neben mir aufgetaucht und räumte das Essen weg, um mir neues zu bringen. „Lass nur Alice, ich hab’ sowieso keinen Hunger mehr.“ „Es geht auch nicht um deinen Hunger“, entgegnete sie mit dem Rücken zu mir. Stimmt. Den Hunger verspürte ich nie. Meine Augen waren zwar schwarz, aber auch Durst verspürte ich nicht. Carlisle meinte, mein Körper brauchte momentan kein Blut, weil das Kind eben Nährstoffen brauchte. Deshalb schmeckte mir das Blut des Rehs und des Hasen auch nicht. „Du musst sie aber nicht mästen Alice“, stimmte Emmett mir zu. „Danke Emmett“, sagte ich schwach lächelnd, den Kopf auf die Tischplatte gelegt. „Immer wieder gerne“, sagte er fröhlich. Natürlich gab Alice nicht so leicht auf. Sie brachte Bratkartoffeln und Obst (eigentlich war es als Hauptspeise und Nachttisch gedacht, ich überging diese Überlegung). Als ich vom Teller aufgetaucht war, sah ich, dass ich Edward nun nicht mehr links neben Emmett saß, sondern rechts neben mir. Und er aß ein Eis. „Was wird das?“, fragte ich ungläubig. „Ich dachte nur ich passe mich dir ein bisschen an“, sagte er freundlich. Ich verdrehte die Augen. „Das musst du nicht. Es reicht schon, wenn ich für einen Winzling esse wie für 5 Erwachsene.“ Edward ließ sich das aber nicht nehmen und summte fröhlich über seinem Eis. Emmett links neben mir erschauderte und verzog sich kopfschüttelnd zu Rosalie. In diesem Moment kam Esme strahlend auf mich zu. „Bella Liebes, schau mal“, sagte sie. Carlisle hielt hinter ihr einen verunsicherten aber belustigten Abstand. Ich drehte mich zur Seite. Sie stand nun zwischen Edward und mir. Mit zwei Stramplern in der Hand. „Ich fand die so niedlich! Ich habe auch direkt blau und rosa mitgebracht, weil wir ja noch nicht wissen was es wird“, sagte sie munter und reichte mir den Blauen. So klein, schoss es mir durch den Kopf. Ich machte eine unwillkürliche Bewegung zu meinem Bauch. Edward sah das und legte mit einem liebevollen Grinsen seine Hand auf meine. Ich fand das alles immer noch unwirklich. „Obwohl ich mir sicher bin, dass Alice es schon genau weiß“, meinte Esme. Sie legte die Arme von hinten um meinen Hals. Alice, ich hatte nicht bemerkt, dass sie gekommen war, nickte heftig neben Edward. „Ach Alice!“, stöhnte Edward plötzlich. „Ups, entschuldige“, sagte sie kichernd und streckte ihm kurz die Zunge raus. Edward verdrehte die Augen. Er wusste es. Er sah mich an. „Möchtest du es wissen?“ Ich überlegte kurz. „Nein, ich verlasse mich da auf Carlisle“, sagte ich und warf einen Blick nach hinten. Er stand nun hinter Esme. „Besser nicht“, lachte er. Gegen Abend ging ich hoch aufs Zimmer. Ich wollte meiner Mutter schreiben. Keine E-Mail, sondern einen Brief. Etwas Persönliches mit den beiden Fotos (einmal 4 Tage alt und einmal 10 Tage alt). Genau diese beiden Bilder entdeckte ich auch an der Wand über der Treppe. Unter dem großen Rahmen mit den Absolventenkappen waren viele kleine – leere – Rahmen aufgehängt. Die ersten beiden waren mit den Ultraschallbildern gemacht. In einer Kiste darunter waren weitere Rahmen. Ach Esme, seufzte ich innerlich, das war bestimmt Esme gewesen oder Alice oder beide. Sie waren so glücklich und freuten sich so sehr. Dagegen war ich fast kalt. Ich freute mich ja auch, aber… es wird alles so schwierig. Jetzt war es ja schon nicht einfach, aber später… Mein Blick fiel nach oben zu unserer Schlafzimmertür und stiefelte weiter die Treppe hoch. Ich setzte mich an den Schreibtisch und zog das edle Briefpapier heraus, das Edward damals gekauft hatte. Ich fand es viel zu schön für mein Gekrakel. Ich nahm jeweils ein Ultraschallbild von den beiden Stapeln unter der Lampe (mittlerweile war es gang und gebe, dass jeder, abgesehen von Rosalie, immer eins bekam) und platzierte alles vor mich: Papier, Bilder, Stift. Jetzt zum schwierigeren Teil: Was schreibe ich? So oder so würde meine Mutter aus allen Wolken fallen. Ihre 17 Jahre alte Tochter, deren Vater vor kurzem erst gestorben war (ich spürte einen scharfen Stich in der Brust) und die seit neustem ein Vampir war – das wusste sie natürlich nicht und würde es auch nicht wissen – war schwanger. Ich zerstörte damit all ihre Zukunftsvisionen für mich: Erst mal studieren, erst mal arbeiten, erst mal Haus kaufen und dann, wenn ich gut 30 war, heiraten und Kinder kriegen. Nicht, dass ich an dieser Zerstörung beteiligt war – die Verwandlung machte dies sowieso zu nichte – aber mit meiner Schwangerschaft sprengte ich den Rahmen. Liebe Mom, begann ich und hörte schon wieder auf. Was sollte ich schreiben? Wie sehr ich mich freute? Dass sie kommen könnte wenn sie mag oder dass ich kommen würde, wenn sie das möchte? Gar nichts der gleichen? Doch ich konnte doch nicht nur drei Zeilen schreiben… Ich muss dir etwas Wichtiges mitteilen und ich fand, dass eine E-Mail dafür nicht persönlich genug ist. Außerdem habe ich dir was dabei gelegt, du weißt bestimmt bereits worum es geht- Oh mein Gott, seufzte ich innerlich. Wie förmlich das klang. Als würde ich meinem Anwalt schreiben. Ich spürte wie mir die Tränen ins Gesicht schossen und Sekunden später überliefen. Ich zerriss das nasse Papier, zerknüllte es dann und ließ es auf den Boden fallen. Dasselbe tat ich mit den nächsten drei Blättern. Das schöne Papier, dachte und weinte noch mehr. So absurd es war, ich heulte auch wegen des Papiers. Im Moment litt ich unter Dauergefühlschaos. Jetzt reiß dich zusammen Bella, ermahnte ich mich. Es klopfte. Ich wischte schnell an meinen Augen rum und versteckte die Ärmel, als ich „Ja?“ sagte. Alice steckte den Kopf durch die Tür. „Du hast Post“, sagte sie und wedelte mit einem Brief herum, „entschuldige, wir kriegen fast nie Post, deshalb hat Jasper erst jetzt geguckt.“ Der Postkasten war ein Postfach in der Filialstelle der Post in Forks. „Danke“, sagte ich, schluckte einen Schluchzer herunter und nahm ihr den Brief an. Sie lächelte zwar, doch sie sah besorgt aus. Sie schloss die Tür hinter sich. „Edward sollte mal nach ihr sehen, ihr geht es nicht besonders, ich werde es ihm sagen“, hörte ich Alice Stimme sehr leise und gerade mal erahnbar (meine Fähigkeit ließ in letzter Zeit sehr nach). Na klasse, dachte ich und riss geistesabwesend den Brief auf. Ich hatte nicht mal auf den Absender gesehen. Ich zog eine Geburtstagskarte heraus. Mir fiel die Schrift sofort auf. Eine Woche zu früh Mom, dachte ich und klappte sie auf. Liebe Bella! Ich weiß, dass das Pech bringt, aber ich wünsche dir jetzt schon alles Liebe zur Volljährigkeit mein Schatz! Phil fährt die nächsten zwei Wochen in ein Trainingslager und ich begleite ihn und ich dachte, bevor ich in der Einöde festsitze und dir erst Tage später gratulieren kann, schreib ich dir lieber vorher. Meine Hände zitterten, meine Augen waren voller Tränen, sodass ich es kaum lesen konnte. Wundere dich nicht, dass ich nicht zu Charlies Adresse geschrieben hab. Ich hab die letzten Tage immer wieder angerufen, aber es ging keiner ran und ich dachte mir, dass du vielleicht bei Edward bist. Na ja und dann hab ich die Adresse herausgesucht. Ich hoffe es kommt an, denn da war nur eine Postfachnummer. Bevor ich es vergesse, du bekommst natürlich auch ein Geschenk. Ich habe dir Charlies Vermögen schon überwiesen. Ich denke du bist alt genug das selber zu handhaben. Phil und ich möchten dich einladen uns in den jetzigen Sommerferien, nach dem Trainingscamp, für ein paar Wochen zu besuchen, bis dein Studium losgeht. Das hast du auch noch gar nicht erzählt! Berichte mir bei Gelegenheit mal wo du bald was studierst. In Liebe, deine Mom Ich weinte entsetzlich. Vor Rührung. Ich muss es ihr sagen und ich musste die Schwangerschaft auch als Ausrede nehmen sie nicht zu besuchen. Ich könnte ihr nicht unter die Augen treten. Für sie war alles so einfach, sie kannte meine Probleme und die Wendung ja noch gar nicht. Ich hoffte, dass sie es verkraften würde… Ich musste ihr schnell schreiben, schließlich war sie bald im Trainingslager. Meine Hand zitterte so sehr, dass ich erst einmal den Stift zur Seite legen musste. Ich schloss einen Augenblick die Augen, atmete tief durch und beruhigte mich langsam. Liebe Mom, schrieb ich dann, die Bilder sind von mir. Ich bekomme ein Kind mit Edward. Ich weiß, dass das für dich ein Schock sein muss und bitte setz’ dich bevor du umkippst, aber es ist wahr. Ich weiß, dass du sehr enttäuscht von mir bist. Ich werde wegen der Schwangerschaft nach dem Sommer auch kein Studium aufnehmen. Danke für dein Vertrauen, mir Charlies Geld zu überweisen, ich hoffe du bereust es jetzt nicht und kannst mir immer noch vertrauen. Danke auch für deine Einladung, aber wegen der Schwangerschaft möchte ich ungern fliegen. Ich liebe dich über alles Mom, deine Bella. Ich fand den Brief zwar emotionslos und trocken, aber mir fiel nichts Besseres mehr ein und ich hatte auch keine Kraft mehr. Ich steckte den gefalteten Brief und die beiden Bilder in einen ebenso edlen Umschlag und legte ihn beiseite. Meine Mutter würde nicht ausrasten, das glaubte ich nicht, aber ihre Enttäuschung würde mir das Herz brechen. Während ich weinte, wunderte ich mich, dass Edward noch nicht hochgekommen war. Schließlich hatte Alice ihm Bescheid sagen wollen. Als er nach einer Stunde noch nicht hoch gekommen war, nicht, dass ich so egoistisch war, dass er unbedingt an mir kleben und mich immer trösten musste, aber es war einfach zu untypisch für ihn, dass er nicht kam, wusch ich mir durchs Gesicht, um nicht allzu schrecklich auszusehen und ging runter ins Wohnzimmer. Dort traf ich jedoch nur Esme. „Hallo Bella“, sagte sie warmherzig. Ihre Sorgenfalten auf der Stirn machten mich stutzig. „Wo sind die anderen?“ Genau genommen interessierte mich einer besonders. Esme kam zu mir und nahm meine Hände. „Alice hat Victoria hier in der Gegend auftauchen gesehen und sie sind ausgeschwärmt um sie abzufangen“, sagte sie ehrlich. Victoria, hallte es in meinem Kopf. Sie war die Letzte an die ich in der vergangenen Zeit gedacht hatte. „Du brauchst keine Angst zu haben. Sie kann uns weder überraschen, noch uns etwas tun. Sie ist alleine. Aber es wäre eben schön, das Problem aus der Welt zu schaffen.“ Der warme Klang ihrer Stimme und ihr herzliches Gesicht beruhigten mich. „Danke Esme“, sagte ich leise und sie nahm mich tröstend in den Arm. Kaum war ich ihrer Umarmung entglitten, deutete Esme zur Tür und die 6 übrigen Cullens kamen herein. Ich fiel Edward sofort in die Arme. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte er besorgt. „Sicher“, sagte ich schnell, denn ich wollte auf etwas anderes zu sprechen kommen, „habt ihr sie gekriegt?“ „Nein“, zerstörte er meine Hoffnung, „aber du brauchst die keine Sorgen zu machen, sie kann uns nichts tun.“ Ich nickte. „Ach Bella“, Carlisle trat neben mich und kramte mit einer Hand in seiner Jackentasche, „vielleicht muntert dich das etwas auf. Hier, ganz offiziell“, er reichte mir etwas kleines Gelbes. Ein Mutterpass, obwohl das eigentlich eine überflüssige Formalie war. „Oh, danke“, sagte ich nur. Ich wusste nicht was ich darauf sagen sollte. Das Wort Mutter weckte unschöne Erinnerungen… an meine Mutter… ihren Brief… meinen Brief… Ich nieste. Edward sah mich belustigt mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Gesundheit.“ Ich musste auch lachen. „Schatz sag“, er drehte sich mit mir etwas von den anderen weg, „wie hast du dich jetzt entschieden?“ Sofort wurde mein Gesicht wieder hart. „Ich habe es ihr geschrieben.“ Er nickte geschäftsmäßig. „Deine Mutter hat dir auch einen Brief geschrieben.“ „Ja, du kannst ihn lesen wenn du magst. Er liegt oben. Verfrühte Geburtstagswünsche.“ Das war Alice’ Stichwort. „Bella! Dein Geburtstag! Wie viel Zeit habe ich noch? Acht Tage“, gab sie sich selbst die Antwort. „Alice, du musst da wirklich kein Aufheben drum machen. Schließlich altere ich nicht“, ich fand es dumm, dann großartig zu feiern, „ihr feiert eure Geburtstage doch bestimmt auch nicht oder?“ „Papperlapap“, sie winkte mit der Hand ab, „aber es ist dein erster Geburtstag bei uns. Egal, ob du jetzt älter wirst oder nicht…“ „Alice nein, wirklich-“ Sie war schon aus dem Zimmer gehuscht. „Keine Chance oder?“ Ich blickte Edward an. „Wohl kaum.“ Er küsste meine Nase. Kapitel 17: Zerreißende Enttäuschung ------------------------------------ Viel Spaß =) ---------------------------------------- Den Freitag hatten Edward und ich in Seattle verbracht. Edward bat mich darum, mit ihm Kindersachen anzusehen. „Du glaubst gar nicht wie schwierig das für mich ist. Schließlich habe ich nie einen einzigen Gedanken daran verwendet. Im Gegensatz zu Esme werde ich völlig hilflos mit den ganzen Sachen sein“, hatte er sehr ernst gesagt. „Aber nur ansehen“, hatte ich daraufhin gesagt. Warum sollten wir Sachen kaufen, ohne das Geschlecht des Kindes zu kennen? Mein kleines Bäuchlein konnte Edwards Hand komplett umschließen. Carlisle meinte vierter Monat, aber er war sich wie immer nicht sicher. Ich war froh, dass man mir die Schwangerschaft nicht ansah… immerhin war ich erst 17. Aber eigentlich wären mir die Blicke auch egal gewesen, dachte ich dann wieder, schließlich war Edward bei mir. „Hmmm“, machte er, als ich ihm durch die Regale eines Babygeschäftes folgte. Ich grinste verschmitzt. Seine Unschlüssigkeit und seine Unwissenheit standen ihm verdammt gut. „Sag mir was man für ein Kind braucht“, sagte er nach einer Weile. „Keine Ahnung“, sagte ich ehrlich. Klar, Windeln, Mütze, Socken… aber ich kannte mich nicht wirklich aus. „Aber du musst das doch wissen“, sagte er gespielt empört, „dabei bin ich keine Hilfe! Vielleicht sollte Esme nächstes Mal mitkommen“, überlegte er mit dann angestrengtem Gesicht. Ich kicherte. „Was ist so witzig?“ Sein Gesicht war ernst, doch sein Ton zitterte vor Belustigung. „Dir steht das sehr gut.“ Ich zog ihn an den Händen zu mir und küsste ihn. Mit leeren Taschen kamen wir am Abend von unserem kleinen Ausflug wieder. Alice flitze, sobald wir das Wohnzimmer betreten hatte, einmal um uns herum, lachte leise und sagte entrüstet: „Ihr habt nichts mitgebracht? Was bist du denn für eine Mutter Bella? Ich hätte an keinem Regal-“ Was bist du denn für eine Mutter Bella… Was bist du denn für eine Mutter Bella… Was bist du denn für eine Mutter Bella… Mein Atem wurde schneller. Ich glitt auf die Knie. Das verzerrte, nun weinende, Gesicht in den Händen verborgen. Etwas sträubte sich in mir dagegen. Wie konnte ich jetzt einfach so hier zusammenbrechen und anfangen zu heulen? Was war ich denn so überempfindlich? Alice hatte das doch nicht so gemeint, wie ich mir diese Frage viele viele tausend Male gestellte hatte… was für eine Mutter war ich, die solch ein Kind in die Welt setzte? Doch dieser Teil von mir, der mich anmaßte mich zu beruhigen und nicht bei jeder Kleinigkeit anfangen zu weinen, war weit weg. Ich hörte nur mein eigenes schluchzen und weinen. Ich wusste nicht mal wer alles im Raum war außer Alice, Edward und mir. Ich hatte gar nicht richtig hingesehen. Wie peinlich. Doch es war mir egal. Zumindest dem Teil der momentan Überhand über mich gewann. Ich spürte Edward Hand an meiner Schulter. Ich wies ihn zurück und es tat mir sofort wieder leid. Ich wusste, ohne hinsehen zu müssen, was für ein Gesichtsausdruck sein Gesicht gerade eben angenommen hatte. Ich weinte vor mich hin bis ich keine Tränen mehr hatte. Die waren momentan Mangelware. Als ich mich traute aufzusehen, ich hatte Angst in mehrere mitleidige Gesichter zu sehen, die mein peinliches Verhalten gesehen hatten, war niemand da. Ich war erleichtert, aber auch traurig, dass ich mich nicht bei Edward entschuldigen konnte. Ich atmete einmal tief durch und stand auf. Ich fühlte mich unerwartet fest auf den Beinen. Ich fand Edward in seinem Zimmer. Er stand unschlüssig mitten im Zimmer. Als er mich bemerkte, sah ich, dass er es unterdrückte auf mich zuzugehen. Stattdessen lächelte er leicht. Ich konnte mich nicht überwinden zu ihm zu gehen und ihn in die Arme zu schließen. „Ich hätte euch nicht so verletzten dürfen“, murmelte ich schließlich. „Alice wird darüber hinweg kommen“, sagte er mit schnaubend. Ich ging sehr langsam auf ihn zu. „Und du?“ Meine Stimme war kaum hörbar. Ich stand nun vor ihm. „Das ist doch ganz normal, mach dir keine Sorgen um mich. Wichtig ist, dass es dir gut geht. Wenn es dir gut geht, geht es mir auch gut.“ Er strich mir die Haare hinters Ohr. Ich erschauderte. Er zuckte sofort zurück. „Deine Hand ist so kalt“, sagte ich mit einer Mischung aus Überraschung und Entsetzen. „Ach was“, sagte er in dem selbigen Tonfall. Ich nahm seine Hand in meine Hände. „Fühlt sich an wie immer“, sagte er. „Deine sind aber kälter als sonst“, stellte ich fest. Doch es war mir egal. Ich stellte mich auf Zehenspitzen. Edward reagierte und küsste mich innig. Seine Hände hatte er neben seinen Körper gepresst, während ich meine um ihn geschlungen hatte. Ich half ein wenig nach und legte seine Hände auf meine Taille. Er zuckte zurück. „Ich will das Kind doch nicht unterkühlen!“ Ich wusste nicht was ich darauf sagen sollte. Stattdessen küsste ich ihn noch einmal. „Darf ich dich was fragen Bella? Oder lieber später? Möchtest du dich vielleicht hinlegen-?“ Ich schüttelte den Kopf. „Warum warst du eben so verzweifelt?“ Seine Stimme klang ängstlich. „Nicht wegen Alice… ich habe mir die Frage selber sehr oft gestellt… was ich denn für ein Mensch- Lebewesen war, dass es zuließ, dass so ein Kind geboren wird.“ Edward sah mich mit einem unergründlichen Blick an. „Du bereust es?“, fragte er dann. „Nein“, das stimmte, „aber ich habe Angst um das Kind.“ Edward öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, als sich sein Gesichtsausdruck schlagartig verhärtete und die Tür aufgerissen wurde. „Bella!“, kreischte Alice. „Deine Mutter kommt.“ Ich blinzelte mehrmals um zu verstehen was sie sagte und löste mich aus Edwards Armen. „Was? Wieso? Wann? Wohin?“, fragte ich verwirrt. „Sie will dich besuchen, wegen des Kindes. Du hast ihr das doch geschrieben nicht wahr?“ Ihr Ton war hektisch. „Jaah, aber was will sie?“ „Was würdest du an ihrer Stelle hier wollen?“, fragte Alice zurück. Eine Standpauke halten, antwortete ich mir selbst. „Wann kommt sie an? Was ist mit Victoria?“, fügte ich hinzu, als es mir bewusst wurde, dass meine Mutter wirklich hier hin kam. „Kommt sie allein?“ „Sie landet morgen früh. Sie kommt ohne Phil“, antwortete Alice mir. „Ich werde sie am Flughafen abholen“, beantwortete Edward meine Frage bezüglich Victoria. Alice ließ uns wieder allein. Ich setzte mich auf Edwards Couch. „Du glaubst, dass sie dir eine Szene macht?“, fragte Edward nach einer Weile in der ich starr zu Boden sah. „Glaubst du das nicht?“ Ich fand es nahe liegend. „Nein. Ich glaube, dass sie will, dass du mit ihr gehst“, sagte er nüchtern. „Genauso schlimm“, murmelte ich. Edward schien auch ein wenig ratlos. Schließlich sagte er: „Eigentlich kann nicht viel passieren. Du musst nur darauf achten, dass sie dich, wenn sie dich berührt, nicht merkt, wie kalt deine Hand ist. Bei deinem Bauch ist das ja kein Problem, er sieht ja menschlich aus und ist auch menschlich warm.“ Ich nickte das nur stumm ab. Ich konnte nicht glauben, dass sie kam. Ich hatte gehofft, dass sie wegen des Trainingslagers davon absah, aber da war ich schief gewickelt und eigentlich hatte ich das auch von Anfang an gewusst. Natürlich würde sie das nicht einfach übergehen. Wie ein aufgescheuchtes Huhn lief ich hektisch von rechts nach links. Immer wieder setzte Edward mich auf einen Stuhl, doch ich konnte nicht mal einen Atemzug ruhig da sitzen. „Wo sind sie alle?“, fragte ich, als ich bemerkte, dass ich den ganzen Morgen kaum jemandem über den Weg gelaufen war. „Ich habe sie gebeten zu gehen. Oder wäre es dir lieber gewesen sie wären da?“ „Nein, ja, danke“, sagte ich ruhelos und nickte schnell. „Carlisle und Esme sind aber da, sie sind in seinem Arbeitszimmer. Deine Mutter soll nicht denken hier herrscht WG-Leben.“ Er gewann sich ein schmales Lächeln ab. Ich nickte nur wieder. „Bitte beruhige dich“, hatte er dann noch gesagt und war dann verschwunden, um meine Mutter abzuholen. Ich schritt durch den ganzen Raum, hin und her. Ich hatte mir vorgenommen mir ein paar Sätze zu Recht zu legen und genau über alles nachzudenken, doch ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Als ich den leise brummenden Motor hörte, lief ich in den Flur. Sogleich öffnete sich die Tür und meine Mutter kam auf mich zu. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und legte stürmisch die Hände seitlich auf meinen Bauch. „Oh Gott Kind!“, sagte sie mit hoher Stimme. Ich machte einen Schritt zurück. Sie sollte nicht in Versuchung geraten, mich weiter zu berühren. „Mom“, sagte ich und versuchte es möglichst neutral klingen zu lassen, doch ein Hauch Schärfe lag darin. Edward hatte sich zwar mittlerweile neben mich gestellte, er berührte mich dabei nicht, doch meine Mutter fixierte nur mich. „Können wir alleine reden?“ Edward streckte sofort den Arm aus und deutete auf das Wohnzimmer. Meine Mutter würdigte ihn keines Blickes. Erst als ich es ihm gleich tat und auch auf die Tür deutete, schritt sie hinein. „Hat sie was zu dir gesagt? Was hat sie gesagt?“, flüsterte ich schnell zu ihm, während meine Mutter bereits herein ging. „Nichts“, flüsterte er zurück. Ich sah ihn einen kurzen Augenblick nachdenklich an, er sagte die Wahrheit, sie hatte anscheinend wirklich nichts zu ihm gesagt, und huschte dann schnell hinter meiner Mutter ins Wohnzimmer, bevor sie ungeduldig wurde und nach mir sah. Sie stand in der Mitte des Raumes. Ich war merkwürdig ruhig geworden. Sie war also nicht hysterisch, deutete ich aus Edwards kurzem Statement. Ich setzte mich auf einen Esstischstuhl. „Bella“, sagte sie und ich spürte sofort die herzzerreißende Enttäuschung und Verzweiflung in ihrem Ton, „du bist noch so jung. Ein Kind ist eine große Verantwortung, die dich dein ganzes Leben begleiten wird. Von einem auf den anderen Tag wird sich alles komplett verändern und du musst das auch.“ Es hörte ich geübt an, dachte ich, während sie einfach vor mir stand und mich ansah. Dann schritt sie vor mir hin und her und fuhr sich mit den Fingern immer wieder durch die Haare. „Warum habt ihr nicht aufgepasst?“, ihre Stimme zitterte nun leicht, „Was hast du dir dabei gedacht?“ Sie sah mich erwartungsvoll an. Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. „Nichts, natürlich.“ Sie schüttelte den Kopf. „Bella, ich liebe dich über alles, aber hätte ich die Wahl gehabt, hätte ich nicht so früh ein Kind bekommen. Ich habe dir doch so oft- wir haben doch so oft darüber- Bella“, ihr Ton war flehend. „Hast du gar nichts dazuzusagen?“ Okay, mein Part. Was sollte ich ihr sagen? „Mom…“, begann ich langsam, „ich weiß, dass du sehr enttäuscht von mir bist-“ „Ich hätte das nie von dir gedacht, dass du so verantwortungslos bist“, okay, doch nicht mein Part, „du warst immer brav und anständig und vernünftig gewesen, dagegen war ich die Verrückte, Launenhafte… ich kann es nicht fassen. Du kannst nicht studieren, dein Studium, deine Ausbildung- Hast du dir mal Gedanken gemacht wie es weiter gehen soll? Wenn das Kind erstmal da ist?“ Zukunftsfragen. Ganz kritisch. Nicht mein Fachgebiet, dachte ich sarkastisch (ich musste es so humorvoll nehmen, wenn nicht wäre ich an ihrer Enttäuschung bereits krepiert oder gleichsam ohnmächtig geworden). „Ich weiß es nicht. Es wird alles gut gehen.“ Super Argumentation Bella, sehr überzeugend. „Bella“, nun war ihr Ton plötzlich fordernd, „ich möchte, dass du mit nach Jacksonville kommst.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich bleibe hier.“ „Du hast doch hier niemanden Bella“, entgegnete meine Mutter. Mittlerweile stand sie wieder regungslos vor mir. „Doch ich habe Edward. Ich bleibe hier.“ Meine Entschlossenheit schien sie wütend zu machen. Denn genau das versuchte sie zu verbergen. „Dann soll er eben mitkommen, wenn’s sein muss-“ „Du verurteilst ihn doch nicht etwa?“, warf ich ein. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass sie ihm Schuld zuwies. „Habe ich nicht allen Grund dazu?“, fragte sie zurück. Ich hatte keine Kraft für Grundsatzdiskussionen was Edward betraf und kam auf ihre Ausgangsforderung zurück: „Er will bei seiner Familie bleiben und deshalb bleibe ich auch hier.“ „Ach und du darfst nicht bei deiner Familie sein oder wie?“ Ihre Stimme klang fremdartig hart. So kannte ich sie nicht. „Mom, ich komme klar. Wirklich. Edward hat so eine große Familie, sie werden mir alle helfen und Edward gibt sich auch große Mühe“, versuchte ich sie vergeblich zu beschwichtigen. „Ich möchte dir auch helfen und ich möchte dich in meiner Nähe haben-“ „Und warum?“, warf ich nahezu gereizt ein. Ich versuchte mich so gut es ging zurückzuhalten. Meine Mutter starrte mich einen Augenblick lang fragend und verwirrt an. Dann fasste sie sich wieder. „Warum? Weil ich deine Mutter bin!“ „Gib es doch zu. Du magst Edward nicht und glaubst, dass er einen schlechten Einfluss auf mich hat.“ Ich wusste, dass ich ins Schwarze getroffen hatte, denn ihr Gesichtsausdruck wurde hektisch. Sie überging das. „Meinst du etwa, dass ich dich heute besuche und dann abreise und gelegentlich mal eine Karte schreibe?“ So wäre es am sinnvollsten und besten für uns alle, dachte ich zustimmend, aber seufzend in Gedanken. „Nein, aber du musst dein Leben leben und ich meins. Du hast jetzt Phil und dein Leben mit ihm. Ich habe Edward und mein Leben mit ihm.“ Sie sah mich starr an. Ich wusste nicht was in ihrem Blick lag. Wut? Angst? Enttäuschung? „Ich will mit Dr. Cullen reden“, sagte sie dann schließlich. „Mom, bitte-“ „Edward hat mir gesagt, dass er da ist. Wo finde ich ihn“, unterbrach sie mich. Ich wusste, dass ich keine Chance hatte und gab nach: „Treppe hoch. Erste Tür links.“ Sie ging mit großen Schritten aus dem Raum. „Ach du scheiße“, rutschte es mir leise heraus, als sie außer Hörweite war, legte die Ellenbogen auf die Oberschenkel und das Gesicht in die Hände. Ich weinte nicht. Ich war einfach nur verzweifelt. Aber ich bereute den Brief nicht. Sie musste es wissen. Ich spürte schon lange Edwards Hand auf meinem Rücken, die mich streichelte, aber ich nahm sie erst nach ein paar Minuten bewusst wahr. „Was sagt sie Carlisle?“ Er kniff die Augenbrauen angestrengt zusammen. „Bella hör zu. Ich erzähl dir alles später, aber sie hat vor nach Forks zu ziehen. Du musst sie davon abbringen. Egal wie!“, sagte er nachdrücklich und ich erkannte diese Situation wieder. Genau wie damals, als ich Charlie so sehr weh tat- als ich fliehen musste- nein, das konnte ich ihr nicht antun. Ich hörte ihre Absätze klackern. Edward war schon verschwunden, als sie zur Tür herein kam. Sie verschränkte die Arme. Und sagte nichts. „Was wolltest du von Carlisle?“, fragte ich dann. „Ich wollte ihn bitten mich hier einziehen zu lassen“, sie machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand, als sie sah, dass ich erschrocken dazwischen reden wollte, „er hat es nicht erlaubt“, sagte sie abfällig, „weil du das nicht wollen würdest.“ „Mom, ich-“ „Ich werde in Charlies Haus ziehen“, sagte sie ohne auf mich zu achten. „Du- was?!“, dann fand ich wieder meine Fassung, „Es gehört mir und ich erlaube es nicht.“ „Schön“, sie funkelte mich an, „es gibt noch mehr Häuser in Forks.“ Ich merkte, dass es ihr wirklich ernst war. Sie durfte nicht herziehen. Wie viele Lügen musste ich dann verbreiten, damit sie nicht herkam. Es war alles zu ungewiss und ich war viel zu unberechenbar. Und Victoria. Ich wollte nicht noch jemanden verlieren, den ich liebte so sehr… „Mom, bitte geh zurück nach Jacksonville und lass mich in Ruhe“, sagte ich tonlos und kniff vor Reue die Augen zusammen. Jetzt fiel die harte Maske meiner Mutter. Ihre Gesichtszüge wurden weich und ihre Augen glitzerten. „Bella, B-Bella, was- was sagst du da?“ Ich biss mir fest auf die Lippe um nicht sofort in Tränen auszubrechen, weil ihr so wehtat. „Es ist besser so wirklich“, sagte ich mit gesenktem Blick. Ich hörte sie ein paar Atemzüge nachdenken. „Du… du möchtest, dass ich gehe? Für immer?“ „Nein! Aber bitte, bleib nicht!“ Ich zitterte, aber ich wusste nicht ob es einfach daran lag, dass mir plötzlich sehr kalt war. „Womit“, hauchte sie leise und sie war den Tränen nahe, „habe ich das verdient.“ Sie verließ den Raum. Ich brach in Tränen aus. Ich weinte in Edwards kalten Armen, die mich erzittern ließen, aber ich hielt ihn so fest, dass er sich nicht wagte, mich weg zu schieben. „Was hat sie gedacht? Was hat sie Carlisle gesagt?“, schluchzte ich. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seit ich so mit ihm auf der Couch saß. „Sie hat Carlisle Vorwürfe gemacht, nicht genug auf uns geachtet zu haben und, dass sie ein Recht habe, hier bei ihrer Tochter zu bleiben. Sie wollte wissen, wie Carlisle sich das jetzt vorstelle. Wie das weitergehen soll, wenn das Baby da ist. Wer dich unterstützt, schließlich studieren oder arbeiten wir alle, hat sie gesagt.“ Ich wischte eine Träne fort und nickte. „Was hat Carlisle gesagt?“ „Er hat ihr erklärt, dass Esme immer da ist und die anderen auch nicht weit weg sind. Dass ich nicht mit dem Studium beginne-“ „Tust du nicht?“ „Nein“, sagte er verwundert. Ich nickte wieder. „Na ja, das wir eben genug sind, um sich mit dir um das Kind zu kümmern“, fuhr er fort, „Ach ja und er hat sich bei ihr entschuldigt.“ Jetzt grinste er. „Warum?“ Ich hob den Kopf ein kleines Stück von seiner Brust ab. „Weil er nicht auf mich aufgepasst hat.“ Sein Grinsen wurde breiter. Ich weinte bitterlich. Er sah mich erschrocken an. „Hab ich was Falsches gesagt?“, wollte er wissen. „Ich hab das nicht verdient… dass ihr alle für mich in die Bresche springt“, Edward sagte nichts, ich wusste, dass er keine Diskussion anfangen wollte, „was hat sie gedacht?“ „Weißt du, insgeheim hat sie sich sogar sehr gefreut. Sie hat sich schon ein Leben mit dir, Phil, ihr und dem Kind in Jacksonville vorgestellt. Aber vorwiegend war sie traurig und enttäuscht über sich selbst, dass sie nicht genug getan hat, damit so etwas nicht passiert. Damit du nicht ihr Leben wiederholst und ihre Fehler machst.“ „Ihre Aufklärungsreden jedes Jahr“, sagte ich leise mit nahezu bewegungslosen Lippen. „Ja, daran hat sie auch gedacht. Ob sie vielleicht nicht deutlich oder häufig genug waren.“ Er strich mir über die Stirn. Ich schnaubte auf. „Häufig und ehrlich genug.“ Nun küsste er meine Stirn. Als er glaubte, dass es mir einigermaßen zuzumuten war, das Thema zu wechseln sagte er: „Wir müssen noch über deine Vorstellung wegen deines Geburtstages reden.“ „Lass sie nur machen“, sagte ich kraftlos. „Du würdest es bereuen“, sagte er mit einem Lächeln in der Stimme. „Und wenn schon“, entgegnete ich nur und schob mich hoch, um ihn zu küssen. Ein wenig Reue schadete mir nicht. Edward strich mit seinen Fingerspitzen über meinen Bauch. „Weißt du eigentlich“, er sah mir tief in die Augen, „dass du von Tag zu Tag schöner wirst.“ „Hmm?“, sagte ich benommen von seiner Zärtlichkeit. „Jaah“, hauchte er mir ins Ohr und seine Lippen fanden meine. „Puh“, machte ich, als ich mich von ihm gelöst hatte, „habt ihr Heizung aufgedreht?“ Ich fächerte mir Luft zu und blies mir an die Stirn. „Nein.“ Es klang verwirrt. „Ist total warm hier drin“, sagte ich Schulter zuckend. Edward strich über meinen Arm und meine Wange. „Du bist aber genauso kalt wie immer“, er fühlte an meinem Babybauch, „und hier genauso warm wie immer.“ Ich zuckte wieder mit den Schultern, setzte mich neben ihn und wickelte meinen Schal ab. Schon stolzierte Alice „Frühstück“ murmelnd herein. „Wir müssen übrigens noch mal über dein Studium reden“, begann ich, er wartete und sagte nichts, „warum studierst du nicht? Du hast doch Unmengen an Zusagen bekommen-“ „Bella“, sagte er ruhig und nahm mein Gesicht in seine Hände (die Kälte fühlte sich unter dem Gefühl glühender Hitze angenehm an), „ich bekomme etwas geschenkt, was vermutlich niemand meiner ganzen Art jemals bekommen und erleben wird. Glaubst du ich möchte eine Sekunde davon verpassen? Für ein Studium, dass ich in den nächsten 100 Jahren noch zig mal aufnehmen kann?“ Das leuchtete mir ein, obwohl es mir lieber gewesen wäre, wenn er nicht alles für mich aufgegeben hätte. Aber stimmt, was waren schon ein paar Jahre für uns? Beiläufig hatte Alice neben mir auf die Couch ein Teller mit kleinen verschieden belegten Baguettestückchen gestellt. Edward langte nach einem und hielt ihn mir vor den Mund. Ich verzog das Gesicht. „Komm schon, fürs Baby“, ich biss ab, „und für mich“, ich biss grinsend wieder ab. „Und jetzt du“, ich nahm ein Stück und hielt es ihm hin, „fürs Baby und für mich.“ Ich kicherte. „Bella, wirklich“, sagte er gespielt empört, „das ist echt eklig.“ Ich lachte. „Komm schon, fürs Baby“, wiederholte ich ihn, „schließlich bin ich auch ein Vampir und muss das Essen.“ „Ach ja, stimmt ja“, wir lachten, „aber dir schmeckt es.“ Ich verdrehte kichernd die Augen. Ich hielt immer noch das Stück vor seinem Mund. Er seufzte. „Wenn es dich glücklich macht.“ Er aß ihn mit einem Happen ohne zu kauen. „Also so langsam wird’s pervers“, fand Emmett, der im selben Moment zur Tür rein gekommen war. Rosalie ging an seiner linken Hand neben ihm. Ich sah ihr Gesicht nicht. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“, murmelte ich und küsste Edward. „Aber gegen Frühstück hätte ich auch nichts einzuwenden“, sagte Emmett schließlich und sprang von dem Stuhl, auf dem er sich vor ein paar Sekunden erst platziert hatte, wieder hoch. „Wer kommt mit?“ Scheinbar hatten sie die Zeit nicht mit jagen verbracht und ich fragte auch nicht, was sie getan hatten. Jasper, Rosalie und Esme hatten sich bereit erklärt. Ich sah in Edwards verdunkelten Augen. „Geh ruhig mit ihnen.“ Ich strich mit dem Daumen unter seine Augen. Er dachte nach. Es schien ihm zwar zu widerstreben, aber so langsam bekam er wirklich Durst. Seine Augen hatten nur noch einen schmalen, zu schmalen, goldenen Rand. „Geh mit ihnen, Bella und ich werden einen tollen Tag haben“, zwitscherte Alice, die nun zu uns kam. Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen und einem angestrengten Blick an. „Geh wirklich“, sagte ich noch einmal und er stand auf und folgte den Vieren. Ich machte es mir auf der Couch bequemer. Alice jedoch sprang sofort auf. „Also, worauf hast du Lust?“ Ich überlegte nicht lange, denn ich hatte das schon eher geplant. Und dass Edward nicht mit musste, war mir nur recht. Er sollte nicht wieder mein Gefühlsfußabtreter sein. Ein lustiger Tag würde es zwar dann nicht werden, aber ich konnte nicht allzu lange warten. Schließlich wurde meine Schwangerschaft immer sichtbarer. „Ich möchte Charlie am Grab besuchen“, sagte ich. Alice wirkte ganz gefasst. Sie hatte es natürlich schon gesehen. „In Ordnung“, sagte sie nickend. Alice besorgte, bevor wir zum Friedhof fuhren, einen Strauß Blumen. Als Alice vor dem Friedhof geparkt hatte, fragte ich sie: „Kannst du mal bitte nachsehen, ob wir jemandem über den Weg laufen könnten, den ich kenne?“ Sie nickte und konzentrierte sich. Ich wollte niemanden treffen. Vermutlich würden sie meinen Babybauch nicht wirklich erkennen, denn ich trug noch eine Jacke (es war nicht wirklich warm, obwohl wir September hatten), aber ich hatte mich seit dem Abschluss nicht mehr gemeldet und auf Smalltalk und Lügen hatte ich keine Lust. Und keine Kraft. „Nein, ich kann niemanden sehen“, sagte Alice dann. Wir stiegen aus, gingen an der Kirche vorbei zum Friedhof dahinter. Charlies Grab war merkwürdig gepflegt. Es war nicht großartig geschmückt oder so, aber es war kein Unkraut auf der Erde die beiden Büsche links und rechts neben dem Grabstein und die Vergiss-mein-Nicht sahen auch nicht verweist aus oder so. „Jemand von uns schaut ab und zu danach“, erklärte Alice, als hätte sie meine Gedanken gehört. „Warum?“ „Wir sind nicht ganz unschuldig, nicht wahr? Das ist das Mindeste.“ Ich wollte ihr nicht widersprechen, denn sie würde sich sowieso nicht vom Gegenteil überzeugen lassen. Ich legte die Blumen behutsam in den Ständer und kniete mich vor das Grab. „Bella, ich lasse dich mal alleine, keine Sorge ich bin nicht weit weg.“ Schon huschte Alice vom Friedhof. Ein paar stumme Tränen liefen mir über die Wange. „Ich bekomme ein Baby“, sagte ich so leise, dass ich es fast selbst nicht hörte. Ich schnaubte lächelnd auf. „Was hättest du wohl gesagt? Du wärst bestimmt genauso enttäuscht gewesen wie Mom, aber ich glaube, du wärst lockerer gewesen. Oder hättest es nicht so gezeigt wie sie. Ich weiß es nicht.“ Ich sah zu dem Grabstein und berührte das Relief. „Ich mach mir große Sorgen um das Kind. Glaubst ich werde eine gute Mutter sein? Verdiene ich es überhaupt mich um einen Menschen zu kümmern, wo ich doch allen Menschen, die ich liebe, nur Kummer bereite und ihnen weh tue?“ Ich grub meine Hände ein wenig in die Erde. „Wenn du doch nur da wärst“, sagte ich und meine Tränen tropften auf die Erde. Ich berichtete von dem Morgen, als meine Mutter bei mir war. Es kam mir vor, als wäre bereits eine Ewigkeit her, dabei waren es nur ein paar Stunden. Ich verabschiedete mich als die Sonne, wenn sie denn da gewesen wäre, im Zenit stand und fand Alice im Auto wieder. Sie lächelte mich an, doch in ihren Augen sah ich etwas anderes, das nicht zu ihrem Lächeln passte. „Du hast zugehört“, stellte ich fest. Es war kein Vorwurf. Sie nickte. Sie verstand es auch vorwurfslos. „Bella, es tut mir leid, als ich letztens ‚was bist du denn für eine Mutter’ gesagt habe. Ich meinte das nicht böse, ich glaube du wirst eine sehr gute Mutter, die Beste, die sich ein Kind-“ „Ich habe vollkommen überreagiert“, unterbrach ich sie, „ich weiß wie du es gemeint hast. Alice lächelte mit leicht zusammen gepressten Lippen. „Weißt du, das Kind wird ja nur zur Hälfte du sein, so schlimm wird’s dann bestimmt nicht“, wir lachten, „obwohl… ich nehme alles zurück“, sagte sie gespielt kritisch, „die andere Hälfte ist Edward.“ Ich lachte. Jaah… wie würde das Kind werden? „Warum hast du eine Gänsehaut?“ Alice fühlte an die Lüftung der Heizung, die kräftig warme Luft blies. „Keine Ahnung, mir ist nicht kalt“, sagte ich. Genau genommen war mir ein bisschen zu heiß. Die nächsten Tage war ich wieder mal mit Essen beschäftigt, während Alice mir das Essen aufs Zimmer brachte (sie bereitete meinen Geburtstag vor und ich durfte nicht aus dem Schlafzimmer kommen). Doch es machte mir nichts aus, im Schlafzimmer mit Edward gefangen zu sein. Am Nachmittag vor meinem Geburtstag lümmelten wir auf dem Bett herum. Einfach nur daliegen. „Weißt du, man kann dem Bauch fast beim Wachsen zu sehen. Von einer Nacht auf die andere kommt es mir dann vor, als wäre er ein ganzes Stück größer geworden“, fand ich, während ich mein T-Shirt hoch zog. Edward schob sich herunter und seine kalten Lippen küssten den warmen Bauch. „Spürst du eigentlich schon was?“ „Nein, dafür ist es doch noch viel zu klein“, sagte ich. „Hm, aber lange dauert es glaube ich nicht mehr. Du sagst mir dann sofort Bescheid ja?“ Ich lächelte über seine gespannt erwartungsvolle Miene. „Ja mache ich.“ Er legte sich wieder hoch zu mir und strich mir mit dem Handrücken über die Stirn. „Du schwitzt?“ Ich berührte selbst meine Stirn und tatsächlich, sie war schweißnass. Die Stirn fühlte sich kalt an. „Hm“, machte ich, „ich geh mir mal Wasser ins Gesicht machen.“ Ich schob mich vom Bett herunter und ging ins Bad. Erst nahm ich kaltes Wasser, dann Warmes. Beides machte es nicht besser. Ich zitterte plötzlich vor Kälte und die Haut war eine Gänsehaut. Doch gleichzeitig durchdrang ein Schwall Hitze meinen gesamten Körper. Doch es war kein Durst. Kapitel 18: Umzug in ein neues Leben ------------------------------------ Nachdem Edward mich vor Hitze hatte keuchen hören, trug er mich aufs Bett ins Schlafzimmer zurück. „Bella was ist mit dir?“ „Es ist alles so heiß und kalt“, schnaufte ich. Ich atmete schnell. Viel zu schnell. Mein Körper war so heiß und die Haut war so kalt, dass es mich um den Verstand brachte. Die ganzen Tage hatte ich schon solch eine merkwürdige Wahrnehmung was die Wärme und Kälte anging. Es fühlte sich alles in meinem Körper widersprüchig an. „Warte hier Bella, ich hole Carlisle.“ Derselbe Schmerz durchdrang mich. Derselbe Schmerz den ich tagelang gespürt hatte. Der Schmerz, der mich hatte verwandeln lassen. Ich presste die Arme auf meinen Bauch. Dort waren die Hitze und der berstende Schmerz am größten. Ich kniff die Augen zusammen und presste die Lippen aufeinander. „Was hat sie?“, hörte ich Edwards Stimme. Scheinbar war er mit Carlisle wieder zurück. „Erkältung, vielleicht eine Grippe“, murmelte Carlisle, doch so laut, dass ich es hören konnte. „Vielleicht, vielleicht?! Wie kann sie krank sein?“ Edwards Ton war scharf. „Edward, ich weiß es nicht. Ich bin machtlos.“ Mein Atem wurde noch eine Spur schneller und pfeifender. Mein Kopf fühlte sich wie benebelt an. „Gib ihr was!“, forderte Edward. „Was soll ich ihr geben? Ihr fehlt nichts. Das Fieberthermometer zeigt eine für uns normale Temperatur an und an ihrem Bauch eine für Menschen normale Temperatur. Ich kann nichts tun.“ Seine Stimme klang kraftlos. „Wir müssen doch etwas tun können außer abwarten!“ „Edward“, Carlisle war immer noch ruhig und gefasst, „ist dir nicht aufgefallen, dass sie durch die Schwangerschaft immer menschlicher wird? Und nun hat sie auch menschliche Abwehrkräfte, die aber noch sehr schwach sind. Ich kann ihr aber nichts gegen Fieber oder so geben, weil sie es eigentlich gar nichts hat. Es äußert sich nicht nach außen. Sie fühlt es nur.“ Das stimmte. In mir brannte es. Der Schmerz wallte immer wieder auf. Der bekannte, gehasste Schmerz. „Du darfst sie nicht kühlen. Dann würdest du sie körperlich unterkühlen, obwohl sie es wohl als wohltuende Kühlung empfinden würde. Wir müssen sehen was passiert.“ Dann wurde eine Tür leise zugemacht. Es hätten Tage, Monate, Wochen oder auch nur Minuten sein können. Ich lag mit dem Kopf auf der Decke, darunter Edwards Brust. Er berührte mich nicht, sondern strich nur gelegentlich zärtlich über meine Stirn und flüsterte mir etwas zu, was ich nicht hörte. Der ziehende Schmerz im Bauch und der Berstende in meinem Körper beschäftigen mich voll und ganz. Heiß, kalt, heiß, kalt. In meinem ganzen Körper. Oder besser gesagt nur in meinem Kopf, wie Carlisle glaubte. Mein Hals brannte. Mein Atem war so schnell, dass er sich überschlug. Immer wieder, versuchte Edward mich zu beruhigen, sang mir ein Schlaflied oder summte etwas. Doch der Schlaf hielt nicht lange an. Sofort riss der Schmerz mich am Bauchnabel wieder an die Oberfläche. Ich hatte die Augen kaum geöffnet, denn es strengte mich an und ich sah sowieso nur verschwommene Konturen. Es war eine Qual. Ich traute meiner Wahrnehmung nicht mehr. Alles drehte sich. Manchmal glaubte ich zu laufen oder etwas zu fühlen, was gar nicht um mich hätte sein können. Ich sah Farben und roch Düfte die völlig irrational waren… und doch übertönten sie manchmal den Schmerz, sodass ich dankbar war. Als ich zum wiederholten Mal, ich zählte nicht mehr mit, aus einem kurzen Schlaferlebnis aufwachte, spürte ich nichts mehr. Keinen Schmerz. Keine Hitze. Keine übermäßige Kälte. Doch ich atmete immer noch schnell. Meine Lunge weigerte sich weiter in dieser Frequenz zu arbeiten, doch mein Wille war stärker. Ich öffnete die Augen. Es schmerzte fast, die so lange zusammengekniffenen Augen zu entspannen. Ich blinzelte mehrmals. Jemand legte mir zwei kalte Finger auf die Lippen und hauchte leise: „Schhhh. Es ist alles gut.“ Ich drehte den Kopf zur Seite und mein Atem flachte ab. Ich sah das vertraute, zärtliche Gesicht mit dem unwiderstehlichsten Lächeln. „Es ist unfair, dass du so sehr leiden musst und ich so wenig“, sagte er leise mit einem Hauch Bitterkeit. Ich kuschelte mich genüsslich an ihn. „Mag sein, aber du hast davor gelitten, als ich noch nicht so war wie du.“ Ich reckte den Hals, er küsste mich. „Ach ja“, er grinste, die Lippen immer noch an meinen, „herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, nachträglich.“ „Nachträglich?“, fragte ich verwundert. „Du hast 2 Tage geschlafen, na ja, geschlafen…“ Gelitten, verbesserte ich und das schien er auch gerade zu denken, denn er nahm mich fest in den Arm. Plötzlich spürte ich ein Ziehen und ein Pochen in mir. Ich zuckte zusammen. Ich hatte Angst, dass es die Schmerzen waren, doch gleichzeitig wusste ich, dass es sie nicht waren. Ich tastete nach Edwards Hand und legte sie auf meinen Bauch. „Fühl mal“, flüsterte ich lächelnd. „Woah“, sagte er ehrfürchtig. „Tut dir das weh?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, es ist ein schönes Gefühl.“ Ich legte meine Hand unter seine. Wie groß mein Bauch war, war er das vor 2 Tagen auch schon gewesen? „Wollen wir Carlisle fragen, ob wir unser Baby mal sehen können?“ „Ja“, sagte ich schnell, bevor ich Edward innig küsste. Ich zog Edward hinter mir her und wollte gerade an seinem Arbeitszimmer anklopfen, als Edward mit dem Kopf schüttelte. „Er ist unten. Soeben von der Arbeit wieder gekommen.“ „Ah okay“, sagte ich, änderte meine Laufrichtung und lief die Treppen runter. Es war merkwürdig sich zu bewegen, während sich noch etwas anderes in mir nach seinem eigenen Willen bewegte. Wir trafen Carlisle am Fuße der Treppe. Er kramte in seiner Arzttasche. „Oh hallo ihr Zwei. Bella wie geht es dir?“, grüßte er freundlich. „Gut gut. Carlisle“, sagte ich strahlend, „hast du Zeit noch mal ein Ultraschallbild zu machen?“ Sein Lächeln wurde breiter, doch sein Ton war ein wenig misstrauisch. „Ist was passiert? Geht es dir nicht gut?“ „Doch doch“, sagte ich schnell, „es hat sich bewegt.“ „Achso.“ Carlisle grinste. „Wir gehen schon mal ins Wohnzimmer“, sagte Edward und schob mich vor sich her. „HAPPY BIRTHDAY BELLA!“ „Huch?“, brachte ich nur hervor, als ich das Wohnzimmer betrat und mich viele Gesichter ansahen, „Aber ich hab doch gar kein Geburtstag mehr. Genau genommen habe ich nie mehr richtigen Geburtstag…“ „Wir haben eine ‚Wiedergenesen-Party’ draus gemacht“, überging Alice das lachend, „los, pack die Geschenke aus!“ Alice strahlte. Neben ihr standen noch Esme und Jasper. Ich wollte Alice den Gefallen tun, doch Edward hielt mit am Arm fest. „Bella du musst jetzt erst mal was essen.“ „Ach jaah…“ Ich hatte immerhin knapp 2 Tage nichts gegessen oder getrunken. Verkehrte Welt irgendwie. Sonst war das Alice’ Spruch. Während ich aß, schleppte Alice alle Geschenke zum Esstisch und platzierte sie darauf. „Nein, iss“, sagte sie, als ich eines nehmen wollte, „ich öffne sie für dich.“ Sie packte vor mir ein wunderschönes pastellfarbenes Mobile aus. „Für das Kinderbett“, kommentierte sie. Da fiel mir was ein: „Wir haben gar kein Kinderzimmer.“ Ich schluckte einen weiteren Bissen unter Edwards kritischen Augen runter. „Wir nehmen einfach mein altes Zimmer“, schlug Edward vor. „Willst du es denn nicht mehr?“, wollte ich wissen und nahm einen Bissen vom Brötchen. Edward zuckte mit den Schultern. „Ist eh alles Requisite, außerdem brauche ich nichts außer dir“, er strich mir sanft über die Hand, „und ihm oder ihr“, ergänzte er und deutete auf meinen Bauch. „Edward, manchmal bist du einfach hoffnungslos kitschig“, schaltete sich Alice ein. „Wir können auch anbauen-“ schlug Esme vor. „Nein, vollkommen unnötig“, sagte ich schnell. „Also dann mein Zimmer ja?“, beharrte Edward. „Apropos Zimmer…“, kam nun Carlisle dazu und setzte sich an den Tisch. Ich hatte sofort ein ungutes Gefühl. Wollte er überhaupt, dass ich mit dem Kind hier bliebe? Ich hatte das immer als selbstverständlich vorausgesetzt, obwohl es das nicht wahr. „Wir können sowieso nicht mehr lange bleiben“, unterbrach er meine Gedankengänge, „man nimmt uns unser Alter nicht mehr lange ab, wir müssen so oder so bald weg. Bella, ist das okay, wenn wir aus Forks weggehen?“ Ich wusste, dass er auf Charlie und das Haus anspielte. Und darauf, dass ich meiner Mutter gesagt hatte, das nicht aus Forks weggehen würde. Aber das war mir alles nicht mehr so wichtig. Ich hatte andere Prioritäten. Das Hier und Jetzt. Was nicht hieß, dass ich meine Eltern vergaß, aber ich brauchte einen Neuanfang. „Nein, das ist okay.“ „Hast du schon einen konkreten Ort ins Auge gefasst?“ „Rosalie und Emmett schauen sich gerade in Vancouver um. Dann könnten wir uns direkt nach einem größeren Haus umgucken und du Bella, wärst mit der Fähre oder dem Auto relativ schnell wieder in Forks. Na ja und das Wetter ist schlecht“, berichtete er. Alle nickten einstimmig. „Super, ich telefonier mal die Makler durch“, sagte Alice noch und schon war sie verschwunden. Wie gesagt, es gab nichts, fast nichts, wofür man sie nicht begeistern konnte. Nachdem ich Unmengen Essen verputzt hatte und meine Geschenke geöffnet hatte, es war eine Mischung aus Babysachen und persönliche Sachen für mich, holte Carlisle das Ultraschallgerät aus seinem Büro. Alle Anwesenden positionierten sich im Halbkreis um den Monitor, während Carlisle über meinen Bauch glitt. „Mittlerweile würde ich sagen Anfang fünfter Monat, 20. Schwangerschaftswoche.“ „Oh“, sagte ich nur. Überrascht, erfreut und ängstlich, weil es alles so schnell ging. „Kannst du das Geschlecht sehen?“, drängelte ich, als er ein paar Minuten nichts sagte. „Sie strampelt!“, rief Alice ausgeregt, die das natürlich schon länger wusste. „Danke Alice.“ Ich verdrehte die Augen. „Ja ein Mädchen“, bestätigte Carlisle. Ich freute mich. Ich hatte mir nie Gedanken über das Geschlecht gemacht und es war mir auch jetzt noch relativ egal, doch dass ich es wusste, erfreute mich. „Puh, kein Edward-Y-Chromosom, ein Glück“, witzelte Alice und wurde von Edward direkt in die Seite gezwickt. „Du siehst so schön aus.“ Ich sah auf, als ich Esmes Stimme vernahm. Fasziniert von dem neuen Bild meines Kindes, welches ich in den Händen hielt, war ich die Treppen heraufgestiegen, ohne hochzublicken. Ich sah sie ein wenig fragend an. „Du strahlst so. Es ist schön dich so zu sehen. Und nicht traurig“, führte sie aus. Ich lächelte nur. Dann erkannte ich ihre Tätigkeit und sah um sie herum. Sie hatte dasselbe Bild was ich in den Händen hielt in den dritten Rahmen gesteckt. „Verzeih mir bitte“, sagte sie dann, als sie meinem Blick folgte, mit gequältem Gesicht, „bitte sag mir wenn ich zu aufdringlich werde“, sie setzte sich auf die Treppe und klopfte neben sich. Ich setzte mich zu ihr und sie legte einen Arm locker um mich. „Esme du bist nicht aufdringlich“, wies ich sie zurück. Sie lächelte verdrießlich. „Edward ist sehr höflich. Er hat dir also nicht von meinem Gedanken erzählt.“ Ich schüttelte verwirrt den Kopf. „Na ja, natürlich ist Alice auch ganz begeistert von deiner Schwangerschaft und dem Kind, aber bei mir hat das noch eine ganz andere Bedeutung“, Edward hatte mir erzählt, dass sie damals wegen einer Fehlgeburt von der Klippe gesprungen war, woraufhin Carlisle sie verwandelt hatte, „und du glaubst gar nicht wie fanatisch ich bin, im Gegensatz zu Alice.“ Ich wollte etwas sagen, doch sie war schneller: „Ich möchte dich um eins bitten. Wenn ich zu vereinnahmend bin, jetzt oder später, dann zögere nicht es mir zu sagen. Ich kenne mich. Carlisle verdreht schon immer die Augen, wenn ich von Babymützchen oder Wickelkommoden anfange.“ Wir lächelten uns an. „Esme“, sagte ich und umarmte sie fest, „ich hab dich so gern.“ „Ich dich auch liebste Bella.“ Ich blickte zu den Bilderrahmen auf. „Na ja, bald müssen wir die abhängen.“ „Ja, bald. Wir möchten vor der Geburt längst umgezogen sein“, verdeutlichte Esme und sah ebenfalls zu den Rahmen auf. „Wie bald ist sehr bald?“ Bald hatte hier eine ganz andere Bedeutung als im normalen Leben. Entweder war bald jetzt oder in ein paar Jahren. In diesem Fall, bis zur Geburt würde es keine Jahre dauern, ging es wohl eher um das „jetzt“. „Alice hat schon ein paar Immobilien zugeschickt bekommen. Wir gucken sie uns nachher mal an und entscheiden dann welche wir morgen besichtigen. Und wenn uns eins auf Anhieb zusagt, kaufen wir es fix und ziehen Sonntag um.“ „Sonntag?“, sagte ich mit aufgerissenen Augen. Übermorgen. „Komm, wir schauen uns die Häuser mal an“, sagte sie nach einer Weile. Natürlich fiel die Wahl nicht schwer, da die teuersten Häuser auch keinen Wunsch offen ließen. Das Haus, welches wir uns zuerst ansahen und an dem wir auch am meisten Gefallen fanden, lag, wie dieses hier auch, mitten im Wald. In der Nähe des „Cypress Provincial Parks“, einer der vielen Parks um Vancouver herum. Das Haus hatte, gleich mit diesem, zwei Stockwerke. Oben die Schlafzimmer, unter der Wohnraum. Mit Garage, Veranda und vollkommen verglast. Wie dieses hier auch (Carlisle meinte, dass sie nach dem Kauf erstmal Rollläden am ganzen Haus anbringen müssten). Nur die Aufteilung der Räume war anders. Im Erdgeschoss hab es nur einen großen Raum. Das Wohnzimmer. Davon ging, halb abgetrennt vom Wohnzimmer, eine geräumige Küche ab. Im zweiten Stock waren viele kleinere bis mittelgroße Zimmer, die an einem langen Flur lagen. Von diesem zweigte auch ein kleinerer Flur ab, an dem zwei Zimmer und Bad grenzen. Edward hatte diesen Trakt sofort für sich – für uns – beansprucht. Drei weitere Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer wurden aufteilt. Die beiden übrigen Räume, kleineren Räume, sollten als Klavierzimmer und vielleicht Bibliothek dienen, wurde überlegt. Ich war hin und weg von diesem wunderschönen Haus. Auch Emmett und Rosalie hatten an der Stadt nichts auszusetzen. Emmett schwärmte von den Bären im dem Park. Auch die Besichtigung am nächsten Tag war nur pro forma für den Makler. Alice sah bereits, wie es uns allen zusagte und wie wir es einrichteten. Es ging alles so schnell wie Esme es gesagt hatte. Freitag ausgesucht, Samstag gekauft, Sonntag bezogen. Sie strichen alle Wände cremeweiß und legten hellen Steinboden. Während Jasper mehrmals mit einem gemieteten LKW hin und her fuhr, räumten die übrigen Cullens die Möbel so schnell ein, dass sie immer noch Stunden auf den LKW warten mussten. Ich war dazu verdonnert zuzusehen. Sobald ich auch nur einen Finger rührte, scharrten sich mehrere Cullens um mich um es mir aus der Hand zu nehmen oder mich zur Seite zu stellen. Ich war schwanger und nicht krank, dachte ich dann seufzend, aber ich wusste, dass es sowieso keinen Zweck hatte. Vor Einbruch der Dunkelheit waren alle Möbel und Autos wo sie sein sollten. Das Haus war, bis auf die Zimmeraufteilung, fast identisch mit dem in Forks, weshalb ich mich sofort wohl fühlte. „Gefällt es dir hier?“, fragte mich Edward, als wir uns auf unser schönes Bett legten. „Ja, es ist wunderbar“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Morgen fahren wir in die Stadt und schauen man nach Babymöbeln“, das Zimmer war noch komplett unrenoviert, „ja?“ Er küsste meine Stirn. Ich nickte an seiner Brust und kicherte plötzlich. Er sah mich irritiert an. „Fühl mal, aua, sie boxt mich“, sagte ich gespielt empört. „Ja“, sagte er mit weicher Stimme, nachdem seine Hand nur noch durch meine Bauchdecke von unserem Kind getrennt war. „Bella?“, sagte er leise nach einer Weile. „Hmmm?“, machte ich zurück. „Schläfst du?“ Ich schlug die Augen auf. „Nein.“ „Kann ich dich mal was fragen?“ Sein unsicherer Unterton, den man bei ihm nicht oft vernahm, machte mich hellhörig und neugierig. Edward sah zur Decke. „Ja sicher.“ Ich richtete mich neben ihm etwas auf. „Sag mal…“, er sah mich immer noch nicht an, „möchtest du ein eheliches oder uneheliches Kind bekommen?“ Ich stutze einen Augenblick, lächelte aber dann. „War das jetzt ein Heiratsantrag?“ „Vielleicht.“ Sein Blick galt immer noch der Decke. Ich lenkte mit meiner Hand sein Gesicht zu mir. Sein Blick war unergründlich. Ich kniete mich über ihn und küsste ihn leidenschaftlich. „Natürlich will ich dich heiraten. Ich liebe dich über alles und so wird unsere Familie perfekt. Wenn ich schon gegen die Regeln meiner Mutter verstoße, dann auch wenigstens gegen alle und gegen die Schönen.“ Das stimmte. Für meine Mutter war heiraten unter 30, besser unter 40, tabu. Aber was hieß das jetzt noch? Ich hatte sie aufgefordert ihr eigenes Leben zu leben, zu ihrer eigenen Sicherheit, warum sollte ich meins nicht genauso ernst nehmen und genauso meines zu leben. Ich küsste ihn wieder. „Ja?“, fragte er. „Ja“, sagte ich und ich konnte ihm sein herrliches breites Lächeln abgewinnen. Edward glitt unter mir weg und räusperte sich ausgiebig. Ich kniete auf dem Bett. Er stand – auf dem Boden – vor mir. Jetzt machte er einen Kniefall und hielt in einer Hand ein kleines Döschen. Ich hielt den Atem an. „Isabella Marie Swan. Ich gelobe dir auf immer und ewig und so lange ich lebe dir treu zu sein und dich immer und ewig und so lange ich lebe zu lieben“, er klappte das Döschen auf und entblößte einen kleinen silbernen Ring, „Willst du meine Frau werden?“ „Ja“, hauchte ich mit heiserer Stimme und fiel ihm um den Hals. Er fing meinen Sturz gekonnt ab, sodass ich auf ihm auf dem Boden lag und ihn stürmisch küsste. Ich hörte den Ring klirrend auf den Boden fallen. „Schwangerschaft steht dir. Sonst hättest du das Ruder nicht so in die Hand genommen“, sagte Edward, als ich noch ein paar Sachen am Schreibtisch ordnete, die Edward mir angab (ich hatte mich durchgesetzt es selber tun zu „dürfen“). „Hm, ich glaube es hat einfach damit zu tun, dass ich mich so normal und menschliche fühle. Ich brauche, momentan zumindest, keine Angst zu haben einen Menschen oder euch zu verletzen. Es wäre schön, wenn es immer so bliebe… aber leider dauert die Schwangerschaft ja nicht mal annähernd so lange wie sie eigentlich sollte.“ Ich sah seine Reaktion nicht, während ich die Bücher sortierte und ins Regal räumte. „Wie möchtest du heiraten?“, sagte ich nach einer Weile und begutachtete den Ring an meinem Finger. „Wie?“, fragte Edward zurück. „Ja… wie stellst du dir unsere Hochzeit vor?“ Ich hatte klare Vorstellungen, kein großes Tamtam, nur wir beiden allein, aber ich wollte erstmal seine Vorstellung abfragen, um ihn nicht von vornherein einzugrenzen. Ich war kein Party-Mensch und auch ein kein Freund von großen Hochzeiten, was unweigerlich mit meiner Mutter zusammenhing, aber ich wollte ihn wirklich heiraten. Es sollte alles perfekt sein, wenn das Kind kam. „Hm, wie stellst du sie dir vor?“, fragte er in meinem Rücken zurück. „Ich habe zuerst gefragt“, entgegnete ich ohne ihn anzusehen. „Ich mag es so wie du es magst“, sagte er dann zögernd. „Das habe ich nicht gefragt“, entgegnete ich wieder. „Ach Bella“, er schloss die Arme von hintern um mich, „es ist mir egal, solange du dabei bist.“ „Spinner“, nuschelte ich verstimmt und knallte ihm das Buch, was ich gerade in der Hand hielt vor die Stirn. Er lachte. „Okay, ich kann deine Gedanken zwar nicht lesen, aber ich wette, dass du nicht hier heiraten möchtest und, dass wir alleine sind. Dann will ich das auch.“ „Das ist unfair“, jetzt drehte ich mich zu ihm um, „du sollst deine Wünsche äußern und nicht meine erraten und sie dann zu deinen machen.“ „Also lag ich richtig?“, fragte er amüsiert. „Edward“, sagte ich schnaubend und verdrehte die Augen. Als er nichts sagte, verdrehte ich wieder die Augen und sagte: „Du lagst fast richtig. Mir ist der Ort egal, solange wir alleine sind.“ Ich küsste ihn. „Du weißt, dass Alice bereits die größte Hochzeit der letzten Jahrzehnte plant?“ Er grinste. „Nein!“, als ich sein grinsendes Gesicht sah, wurde ich misstrauisch, „Ist das dein ernst?“ „Mein voller Ernst“, gab er zurück. „Hm, das ist ein Problem.“ „Ein Problem?“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Ja, sie wird nicht locker lassen, ich aber auch nicht, aber ich will ihr nicht weh tun“, überlegte ich. „Keine Sorge, ich rede mit ihr und halte sie dir vom Leib.“ Er grinste immer noch. „Wenn meine Fähigkeit nur funktionieren würde…“, seufzte ich, „weißt du, ich habe in der ganzen Schwangerschaft, außer am Anfang bei den Volturi, aber das gilt nicht, nichts mehr gehört, so gut wie nichts.“ „Das ist nicht weiter verwunderlich“, fand Edward, „deine vampirischen Kräfte werden gegen menschliche Attribute ausgetauscht, damit du unser Kind bekommen kannst. Aber keine Sorge, das kommt wieder.“ Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Vorsicht“, murmelte er plötzlich und hielt eine Hand hoch, „3, 2, 1-“ Die Tür schlug auf und Alice stürmte herein. „Herzlichen Glückwunsch!“, rief sie schrill und umarmte mich herzlich, aber stürmisch, „ich freu mich so, das mit dem Kleid wird bestimmt auch kein Problem-“ „Alice“, sie brach ab, als sie meinen scharfen Unterton hörte, „ich möchte keine große Aufregung darum machen. Nur Edward und ich“, verdeutlichte ich nochmals. „Jaja ich weiß, aber wenn ihr wiederkommt, dann können wir doch-“ „Alice bitte“, stoppte ich sie verächtlich. Edward grinste nur neben mir und zuckte mit den Schultern, wenn Alice ihm einen flehenden Blick zu warf. „Na schön.“ Sie rauschte heraus und knallte hinter sich die Tür zu. „Ist sie sehr böse?“, fragte ich mit Edward mit leiser Stimme. „Nein“, er küsste meine Wange, „sie weiß wie dickköpfig du bist und sie hat sich so was auch schon gedacht.“ „Dann schieß los, wie möchtest du wo und wann heiraten? Wen haben wir geklärt oder?“, fragte er nach einer Weile, in der er mich einfach im Arm hielt. Grinsend verdrehte ich die Augen und zählte an den Fingern ab (er würde seine Wünsche sowieso nicht äußern): „Also auf jeden Fall vor Geburt. Wo, nicht hier“, ich stoppte und wartete, dass Edward etwas sagte, als er nichts sagte wollte ich fortfahren, doch er hauchte mir ins Ohr: „Also ganz romantisch ja? Nur wir zwei?“ „Na ja ein Pastor wäre von Vorteil“, wog ich ab. Edward lachte leise in mein Ohr. „Wärst du damit einverstanden, wenn ich deine Vorstellungen beherzige, dich aber überrasche?“ Ich dachte darüber nach. Überraschungen waren bei Edward immer so eine Sache. Entweder war ich hell auf begeistert oder – ich musste unwillkürlich an den Ball denken – zutiefst erschrocken. Aber ich nahm das in Kauf und stimmte zu. --------------------------------- Freue mich auf Kommis, lg Vanessa/*Fane* Kapitel 19: Das Kinderzimmer ---------------------------- Hallo ihr Lieben! Viele vielen Dank für die vielen vielen Kommis des letzten Kapitels! Wahnsinn!!!! DANKE!!!!! Kuss Vanessa -------------------------------------------------------------- Natürlich waren die anderen nicht weniger enttäuscht als Alice, doch um letztere machte ich mir am meisten Sorgen. Sie schien wirklich traurig zu sein. Doch sie gratulierten alle. Eine Woge der Verzweiflung überkam mich, als ich nach Mitternacht ein Bad in der großen Badewanne nahm. Ich dachte nach, während ich das mit gelb-goldenen und apricotfarbenen Mosaiken geflieste Bad betrachtete. Mein Ring lag funkelt am Waschbecken. Ja ich zweifelte. Ich zweifelte daran, ob es richtig wäre Edward zu heiraten. Ich war so euphorisch gewesen und jetzt hatte ich nur noch Angst. Wollte ich – zur Abwechslung mal – ihm nur eine Freude machen? War es einfach nur so etwas wie eine Pflichtveranstaltung oder hatte es wirklich eine Bedeutung für mich? Ich ölte meine Haut ein. Sie war so empfindlich, seit ich schwanger war. Ich wollte nie das, was ich jetzt bekam. Ein Kind und einen Mann. Nicht so früh. Konnte ich mich damit anfreunden ohne mich selbst zu belügen? Nein. Eindeutig. Aber das Kind, dass ich jetzt schon liebte, konnte ich nicht ändern, die Hochzeit schon, aber sie gehört dazu, wenn man eine Familie gründet – zumindest nach meinem Verständnis. Ganz oder gar nicht Bella. Und du würdest Edward wehtun. Erstens, wenn du ihn nicht heiratest und zweitens, wenn du es jetzt zurückziehen würdest. Es war doch keine große Sache… ein Ja-Wort, ein Ring, ein paar Minuten nur wir zwei. Ich seufze. Wie oft ich in letzter Zeit meine Meinung änderte… Aber auch wenn es vorhin so leicht und belustigt klang… ich machte mir Sorgen um meine Mutter. Sollte ich das vorenthalten? Ich glaube, dass sie das noch viel schwerer verkraften würden, wenn das jetzt auch noch hinzukam. Es erinnerte sie zu sehr an sich selbst. Vielleicht sollte ich sie anrufen. Dann könnte ich ihr Vorhaben her zukommen, falls sie es hegte, direkt vereilten und ihr klar machen, dass sie es nicht verhindern könnte. Außer ich wollte es. Will ich das? Will ich es verhindern? Oder will ich die Heirat wirklich? Hör auf deinen Bauch, hätte meine Mutter in einem andere Zusammenhang gesagt. Ich strich über meinen nun wohlig warmen und eingeölten Bauch. Das Baby würde eine richtige Familie wollen. Und das war das Wichtigste… Ich hatte Esme und Alice gebeten mitzukommen. Sie könnten mir bestimmt den einen oder anderen Tipp beim Kindermöbelkauf geben. Die anderen hatte ich zwar auch eingeladen mitzukommen, wenn sie mochten, aber Carlisle hatte bereits eine neue Stelle, Rosalie und Emmett schrieben sich an der Uni ein und Jasper meldete Alice und sich an der High School an. Edward und ich würden unser normales Alter spielen – 17 Jahre, Abschluss und zu Hause um das Kind zu versorgen (wir könnten dann zwar nicht so lange bleiben wie die anderen, aber es ging nicht anders). „Das sieht viel versprechend aus“, meinte Esme vor einem Baby- und Kinderkaufhaus, welches sich in einem Gebäude mit einem Bauhaus gefand, und wir gingen hinein. „Welche Farbe möchtest du denn?“, fragte Alice kaum, dass wir den Eingang passiert hatten. „Blau“, sagte ich prompt. Alice verdrehte die Augen. „Bella, Mädchen.“ „Ähm“, machte ich unsicher. Ich möchte die klassischen Mädchenfarben nicht unbedingt. „Dann nehmen wir rot“, sagte Alice. „Nein! Alles nur kein Rot.“ Blutrot, ergänzte ich in Gedanken. „Schön, dann rosa“, war Alice nächste Assoziation. „Nein, ich finde die Farben unseres Schlafzimmers gut. Apricot und Weinrot“, kam nun endlich ein konstruktiver Vorschlag von mir. Alice nickte mit hochgezogenen Augenbrauen. Wir suchten zuerst nach einem Babybett. Ich steuerte sofort eines an. „Das ist toll“, fand ich. „Die Gitter sind viel zu niedrig und es könnte breiter sein“, sprach Alice dagegen. „Die Verarbeitung des Holzes ist nicht wirklich gelungen“, argumentierte Esme und beide gingen sofort weiter. Ich lief hinter her. „Das ist perfekt, das nehmen wir“, hörte ich Alice bei dem sechsten oder siebten Bett sagen. „Ja, das ist perfekt, das kann man zu einem Kleinkinderbett umbauen“, stimmte Esme ihr zu. „Und schau Bella“, sagte Alice als ich nun bei den beiden war, „das gibt es in einer Weiß-Weinrot-Kombination.“ Ich nickte. Es sah schon nicht schlecht aus, aber ich fand es nicht verspielt genug. „Ich hätte da gerne eine Vorhang drum“, sagte ich leise, fast mehr zu mir selber. Edward nahm meine Hand. „Finden wir bestimmt“, flüsterte er mir zu. „Entschuldigen Sie“, sprach Alice, wir standen immer noch neben dem Kinderbett, einen vorbeilaufenden Verkäufer an, „würden Sie bitte mit uns kommen? Wir brauchen einige Sachen. Notieren sie einfach nur, was wir alles brauchen und sagen sie nichts.“ Verdutzt nickte er. Zu dem Kinderbett kauften wir auch noch die Möbelserie, die mir wiederum sehr gut gefiel. Wickeltisch, Kinderbett, Kleiderschrank. „Ich finde, ein Sessel oder so was könnten wir auch noch besorgen“, sagte ich, als wir weiter durch das Kaufhaus gingen. „Wofür? Für das Kind? Dafür ist es doch noch zu jung“, sagte Alice, ihr Blick war weiterhin nach vorne gerichtet. Sie steuerte die Wand- und Bodenabteilung an, während Edward mit dem Einkaufswagen ein paar Lampen besorgte. Ich öffnete den Mund um etwas zu entgegnen, schloss ihn aber dann wieder. „Woah, was ein schöner Holzboden“, sagte Alice und strich andächtig über strahlend weißes Holz. Ich betrachtete das Holz. „Ich finde Teppich besser, das ist behaglicher“, sagte ich, doch Esme und Alice waren schon um die Ecke gegangen. Ich kniff die Augen zusammen und ging in die andere Richtung zu den riesigen Teppichrollen. Ich ging an den Rollen vorbei und berührte sie hin und wieder. Ich mochte die weißen Teppiche. Das sah bestimmt toll aus mit den weinrot-weißen Möbeln. Aber welcher davon? Sie fühlte sich alle anders an. Manche waren sehr kurz, manche waren lang und zottelig, aber dafür kuscheliger. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte mich jemand von der Seite. Ich sah einen lächelnden Verkäufer neben mir stehen. „Ähm ja, welcher ist gut für ein Kinderzimmer?“ „Wie klein ist das Kind“, er warf einen Blick an mir herab, „achso, also bei sehr kleinen Kindern ist ein kurzer Teppich besser. Die sind erstens pflegeleichter und da können sich keine verschluckbaren Kleinteile drin verstecken“, er ging ein paar Meter zur Seite, „ich würde den hier empfehlen.“ Ich fühlte mit der Hand darüber. „Ja der ist super, den nehme ich.“ „Welche Maße?“ „Oh“, sagte ich und nahm einfach 10 Meter. Das war sicherlich viel zu viel, aber besser als zu wenig. Ich bekam ein Verkaufvertrag mit und sagte, dass wir den nachher abholen würden. Ich stiefelte weiter in die nächste Abteilung und suchte mir eine neutrale leicht cremeweiße Tapete aus. Dazu eine weinrote Borde mit rosafarbenem Muster. Ich wusste nicht wie viele Rollen ich brauchte, weshalb ich unter jeden Arm 3 Rollen nahm – vermutlich ebenfalls viel zu viel. Und sie waren schwer. Ich ging weiter durch die Abteilung und wollte gerade in die Spielsachenabteilung gehen, als mir ein paar Wandapplikationen, ebenfalls in rosa, auffielen. Ich ging hin, stellte die vielen Rollen langsam vor mir ab und langte nach den Wandstickern. Es waren blumenartige Verschnörkelungen. Sie gefielen mir sehr. Und auch Rosa gefiel mir in Kombination mit Weinrot und Weiß immer besser. Ich nahm die lange Pappe mit den Stickern unter den Arm und versuchte die sechs Rollen, irgendwie zu nehmen, damit ich mich fortbewegen konnte. „Darf ich ihnen helfen?“, sagte meine Lieblingssamtstimme, während ich mich abmühte. Ich lächelte ihn an und wir legten die Rollen und die Verzierung gemeinsam in den Einkaufswagen den Edward schob. „Wo sind Alice und Esme? Warum helfen sie dir nicht?“, fragte Edward, während ich in den Wagen begutachtete. Ich zuckte mit den Schultern und griff nach den Lampen. Eine weiße große Deckenlampe in Form eines lang gezogenen „S“ und mehrere passende kleine Lampenschirme für die Seitenwände. „Die sind aber schön“, sagte ich anerkennend. „Freut mich“, sagte Edward und deutete auf ein Päckchen daneben. Mein Kinderbettvorhang. So einer, der an der an der Decke befestigt wurde und sich wie ein Moskitonetz, nur viel schöner, um das Bettchen wölbte. „Perfekt“, sagte ich, als ich es hochhob und darunter noch ein etwas Verpacktes entdeckte, „und passende Fenstervorhänge!“, sagte ich jubilierend. Sie waren toll. Edward strich mir die Haare aus dem Gesicht. „Können wir einen Teppich abholen gehen? Die wollten den eben schneiden-“ „Du hast einen Teppich gekauft?“, fragte Edward mit einem mir schleierhaften Unterton. „Äh, ja“, sagte ich vorsichtig, „warum?“ „Nur so, weil Alice und Esme doch Holzboden besorgen oder?“ „Äh ja“, sagte ich wieder. War er jetzt sauer? „Komm wir holen ihn“, sagte er und lächelte schief. Edward warf den Teppich, als der Verkäufer nicht hinsah, mit Leichtigkeit über den Einkaufswagen und wir machten uns auf die Suche nach Esme und Alice. „Warte mal hier“, sagte ich und flitzte hinten an ihm vorbei, „ist der nicht schön? So für die Zimmermitte?“, fragte ich ihn und deutete auf einen runden rosafarbenen Teppich mit Blumen. Er nickte zustimmend und legte ihn auf den anderen darauf. „Ihr habt Teppich besorgt? Aber wir haben Holzboden ausgesucht“, vernahm ich Alice Stimme und senkte den Kopf. „Den kannst du ja in dein Zimmer legen“, sagte Edward mit seichter Stimme und legte einen Arm um meine Taille. Ich blickte auf und sah, wie Esmes und Alice’ Augen schmaler wurden. Aber nicht aus Wut oder Verärgerung. Sie warfen einander einen Blick zu und dann gingen wir weiter. „Was fehlt noch?“, fragte Esme. „An Möbeln nichts mehr“, antwortete Alice, „wir können jetzt mal nach ein paar Kleinteilen gucken“, plapperte sie. Ich überlegte kurz, ob ich noch mal auf den Sessel zu sprechen kommen sollte, beließ es dann aber dabei. „Hier, das ist zum Fläschchen warm halten“, sagte Alice mit Blick auf das Regal und drückte mir eine Packung in die Hand. Ich griff nach einer Flasche, die daneben stand. Alice nahm sie mir aus der Hand und nahm die, die wiederum daneben stand. „Der Verschluss ist besser“, meinte sie und legte das ebenfalls in meine Arme. Wir gingen noch durch weitere Regale bis Edward meinte, dass das für heute wohl erstmal reichen müssten. Mit einem gemieteten Transporter brachten wir die Möbel nach Hause. Im Handumdrehen hatte Edward den Teppich zurechtgeschnitten und tapeziert. Alice brachte die Lampen geschmackvoll an. Esme baute im Flur die Möbel zusammen. Ich assistierte ihr. Oder hatte es zumindest vor, denn meine Hilfe kam immer zu spät. Klar, sie war viel schneller. Nun standen wir vier im Zimmer und Alice schob das Kinderbett herein. Ich nahm es ihr ab und stellte es in die Ecke neben die Tür. Unschlüssig schob ich es ein wenig weiter an der Wand entlang. Alice nahm mir das Kinderbett ab und schob es ans Fenster. „Hier ist es viel besser, hier ist es dann schön hell“, sagte sie und kam mit dem Wickeltisch herein. Ich stand steif neben der Tür und sah ihr zu. Ich blinzelte eine Träne schnell weg und wollte das Zimmer verlassen. Ich war gerade durch den Türrahmen gelangt, da hielt Edward mich an der Hand fest. „Bella was ist?“ „Mach das mit Alice und Esme allein. Sie kennen sich viel besser aus als ich“, murmelte ich, machte mich von ihm frei und stapfte schnell davon. Sie konnten das einfach wirklich alles besser. Das musste ich mir eingestehen. Sie hatten viel mehr Lebenserfahrung, auch wenn sie keine eigenen Kinder hatten oder haben konnte. Und im einrichten waren Esme und Alice sowieso Weltmeister. Ich ging die Treppe runter. Im Flur standen Emmett, Rosalie, Jasper und Carlisle. „Emmett, Sport studieren ist viel zu Aufsehen erregend, so sehr kannst du dich nicht tagtäglich beherrschen-“, begann Carlisle. „Ach nein?! Was sie macht ist genauso auffällig!“, sagte er und zeigte mit dem Finger auf mich. Ich hatte das Bedürfnis zu weinen, aber nicht die Kraft. Ich war einfach nur wütend. Auf mich selbst. „Ja, tut mir leid! Ich gehe wenn ihr wollt! Ich bin sofort weg!“, schrie ich 4 Gesichter mit aufgerissenen überraschten Augen an, „Es tut mir leid! Das war nicht geplant und wenn ihr das alles nicht wollt, dann gehe ich“, wiederholte ich mich. Ich lief an ihnen vorbei. Aus dem Flur, aus dem Haus, in die Garage, ins Auto und fuhr auf die Straße. Ich drückte das Gaspedal weiter herunter. Ich weinte nicht. Ich war sauer. Warum sagten sie mir nicht, wenn sie sich diese Belastung nicht antun wollten? Ich wollte kein Mitleid. Wie hatte ich mir nur einbilden können, dass das gut geht? Ich bemerkte erst nach ein paar Minuten, dass ich mich auf dem Highway Richtung Süden befand. Richtung Forks. Kurve. Nässe. Gaspedal. Bremsenquietschen. Ein Licht. Ich verschränkt die Arme vor dem Gesicht. „Sie hätte es verlieren können!! Was hast du dir dabei gedacht?!“ „Nicht hier, Edward, das können wir später ausdiskutieren.“ „NEIN! Es hätte sterben können! Warum musst du-“ „SCHHHHH!“, ich spürte eine Berührung an meinem Arm, „Bella?“ Ich sah Alice neben meinem Bett sitzen und lächelte sie schmal an. Doch sie wurde mit einer flinken Bewegung zur Seite geschoben und Edward setzte sich an ihre Stelle. Er nahm meine Hand. „Was mach ich nur mit dir Bella?“ „Tut mir leid.“ Ich hatte kaum Stimme. „Nein, nein“, Edward drehte den Kopf kurz nach hinten um, doch ich folgte seinem Blick nicht, denn ich wollte niemand anderen als ihn ansehen. „Du hast nur ein paar Prellungen, Schürfwunden und dir heftig den Kopf gestoßen.“ Er tätschelte mir leicht über den Kopf. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich wollte etwas Unverfängliches sagen, etwas das nicht sofort eine schwere Thematik aufgriff, weshalb ich sagte: „Und? Ist das Kinderzimmer fertig?“ Ich wusste nicht, warum Edwards Blick plötzlich so finster wurde. Er sagte nichts. Ich sah von ihm auf, an ihm vorbei. Es war keiner mehr da. Ich wusste jetzt wirklich nicht mehr was ich sagen sollte und sah auf meine Hand, die er nicht hielt. Ich konnte auch meine vielen Gefühle nicht deuten, aber am größten war im Moment die Scham. Vor meiner Szene den Cullens gegenüber, vor Dummheit einfach abzuhauen und davor, dass ich dann auch noch gegen ein Baum gefahren war. Wie ich mich aufführte… „Bella, bitte, tu mir das nie wieder an. Ich hab mir solche Sorgen um euch gemacht“, sagte er nach einer lange Pause leise. Er nahm nun auch meine andere Hand, die ich so anstarrte und küsste sie. „Entschuldige… Kurzschlussreaktion.“ „Es tut mir leid, was Emmett zu dir gesagt hat. Es ist eigentlich unverzeihlich, er ist sehr frustriert, weil Carlisle ihm verboten hat Sport zu studieren“, erklärte Edward. „Was ist so schlimm an Sport?“, fragte ich vorsichtig. Edwards goldene Augen fixierten mich. „Nichts, nur für uns wäre es zu riskant. Würde sich Emmett zurückhalten, wäre das kein Problem, aber niemand glaubt, dass er das eine so lange Zeit durchhält. Und was glaubst du, was es für ein Aufsehen erregte, wenn er zehn Runden in einer Zeit läuft in der andere eine laufen? Nein, es ist besser, wenn er sich umschreibt.“ Ich sah nun, da meine Hände mit Edwards verschränkt waren, auf die Bettdecke vor mir. Am liebsten würde ich ihn rausschicken und im Boden versinken. Erst jetzt realisierte ich richtig, dass ich im Krankenhaus lag. „Edward!“, sagte ich aufgeregt und richtete mich ein wenig zu schnell auf. Mir schwirrte der Kopf. Edward drückte mich sanft zurück ins Kissen und wartete. „Die Ärzte! Ich- meine Haut-“, begann ich aufgelöst. „Mach dir keine Sorgen“, sagte Edward mit ruhiger Stimme, „Carlisle war mit mir schon am Unfallort, aber der andere Verkehrteilnehmer, dem du ausgewichen bist, hat schon den Krankenwangen gerufen. Carlisle hat ihnen dann zu verstehen gegeben, dass er dein Arzt ist und du wegen einer speziellen Krankheit nur von ihm behandelt werden darfst“, er gluckst leise, „eigentlich wollten wir dich gar nicht ins Krankenhaus bringen, aber der Krankenwagen war schon unterwegs und wir haben uns Sorgen um das Kind gemacht und die Geräte sind schließlich nur im Krankenhaus…“ Ich nickte dümmlich ununterbrochen. „Es tut mir so leid“, sagte ich wieder. „Ist schon gut.“ Er küsste meine Stirn. „Meinst du“, fing ich langsam an, „es wäre besser wenn ich wegziehe? Wenn wir wegziehen?“, ergänzte ich schnell als ich den Anflug seines Entsetzens sah. Er fasste sich wieder. „Warum?“ „Die Anderen nervt das doch alles“, sagte ich feststellend. „Viel weniger als du glaubst“, versuchte er zu beschwichtigen, „und damit meine ich nicht nur Alice und Esme. Sie sind alle unheimlich aufgeregt. Das ist ein Wunder, dass wir ein Kind zeugen konnten. Und sie wollen alle an diesem Wunder teilhaben.“ „Rosalie nicht“, stellte ich wieder fest. „Ja und nein. Sie ist auch gespannt, aber…“ Ich sah ihm an, dass er etwas nicht aussprechen wollte. „Sie hasst mich zu sehr?“, machte ich einen Vorschlag für die Beendigung des Satzes. „Nein, das tut sie nicht. Obwohl ich nicht abstreiten kann, dass sie von dir nicht sehr angetan von dir ist.“ Ich senkte den Blick und dachte nach. Mein Gefühl sagte mir, dass ich unerwünscht war, dass ich störte. Aber Edward würde mich nicht anlügen, oder? „Bella, du gehörst genauso zur Familie wie Rosalie oder Alice oder Emmett auch“, unterbrach er meine Gedankengänge. Ich nickte tief ein und aus atmend. „Wann kann ich denn hier raus?“, wollte ich nach ein paar Minuten des Schweigens wissen. „Carlisle kommt nachher noch mal, wenn er sein okay gibt, können wir nach Hause. Ach Bella“, sagte er und machte ein gequältes Gesicht, „bitte guck nicht so traurig. Du missverstehst das alles völlig. Niemand will, dass du gehst. Wirklich“, sagte er nachdrücklich, als ich in seinen warmen Blick sah. Carlisle meinte, dass das mit der Gehirnerschütterung kein Problem mehr sein würde, wenn ich nicht vorhatte wieder gegen einen Baum zu donnern (Edward hatte die Dellen schon fachkundig „ausgebügelt“, sodass wir mit meinem Auto nach Hause fahren konnten). Und ich musste Edward hoch und heilig versprechen, dass ich mich während der Schwangerschaft nicht mehr ans Steuer setzen würde. Ich sollte das Flugzeug nehmen, ein Schiff oder sonst was, hatte er lachend gesagt. Ich schämte mich immer noch für mein Verhalten und eilte durch den Flur, am großen Wohnzimmer vorbei, hoch in unseren Bereich. Ich hatte den Blick an den Boden geheftet, um niemanden ansehen zu müssen. Edward murmelte, dass er gleich bei mir wäre und verschwand ins Wohnzimmer. Doch ich kam nicht in unseren Bereich. In dem kleinen Flur waren sämtliche Möbel gestapelt, sodass ich nicht hindurch kam. Ich machte einen Schritt zurück und wollte die Treppe hinunter zu Edward gehen, als Alice ein paar Zentimeter vor mir stand. Ich machte noch einen Schritt zurück. Ich sah sie unschlüssig an. Ich wusste nicht ob ich lächeln oder traurig gucken sollte oder sonst was. Alice lächelte. Hinter ihr erschien Esme. „Bella es tut uns wirklich sehr sehr leid“, sagte Alice mit ihrer melodischen Stimme und sie hatte meine beiden Hände genommen. „Ja wirklich Bella. Wir hätten dich nicht so bevormunden dürfen“, sagte Esme die neben Alice getreten war und mir jetzt über den Arm strich. „Ihr hattet ja Recht. Ich kenne mich eben gar nicht aus und ihr schon-“ Alice hörte gar nicht zu, drehte sich zu den Möbeln und hob mit Leichtigkeit das Kinderbett und den Schrank ins Zimmer. Ich folgte ihr. „So, wohin?“, fragte Alice erwartungsvoll. Esme kam nach mir ins Zimmer. Mit Alice’ und Esmes Hilfe rückte ich die großen Möbel – Bett, Wickeltisch, Kleiderschrank – eine Stunde lang von rechts nach links und wieder zurück, bis ich mit entschieden hatte, den Kleiderschrank in die Ecke rechts neben Tür, das Bett mittig an die Wand und den Wickeltisch schräg gegenüber, neben die Tür, zu stellen. Ich fand es nicht so einfach, die Möbel in einem quadratischen Raum zu platzieren. Neben dem Wickeltisch stellte ich den Deckenfluter hin und in der Mitte des Raumes legte ich den runden Rosa-Teppich. „Hier ist übrigens noch etwas, dass wir beim letzten Einkauf vergessen haben“, sagte Alice ehe sie hinauseilte und einen runden weißen Sessel ans Fenster schob. „Gefällt er dir nicht?“, fragte sie schmollend, als ich den Sessel berührte und fast geschockt ansah. „Doch doch“, sagte ich schnell, „aber ihr wolltet doch nicht-“ „Bella, es ist dein Kind und dein Zimmer, wir hätten uns nicht einmischen dürfen“, sagte Esme mit einem warmen Unterton. Wir brachten noch die Wandverzierung, den Vorhang am Fenster und den rosafarbenen Vorhang für das Babybett an und begutachteten unser Werk. Das Mobile von Alice hing auch bereits. „Jetzt fehlen Kleidungsstücke, Windeln und Bettwäsche“, zählte ich auf. Fläschchen, Schnuller und Flaschenwarmhalter hatten wir schließlich schon gekauft. „Möchtet ihr morgen oder später mitkommen den Rest kaufen?“ „Du nimmst uns noch mal mit?“, lachte Alice. Esme und ich stimmten ebenfalls mit ein. „Und mich?“, fragte Edward, der zur Tür herein kam, doch er wartete meine Antwort erst gar nicht ab, sondern sah sich im Zimmer um. „Woah, das sieht ja super aus“, lobte er. Ich lächelte. Er legte die Finger behutsam auf meinen Bauch und spürte die Tritte. „Da kann es jemand gar nicht mehr erwarten hier endlich Probe zu liegen“, hauchte er mir zärtlich ins Ohr. Ich fühlte mich richtig rund, obwohl mir Carlisle am Sonntag erst den 6. Schwangerschaftsmonat beglaubigte. Das heißt noch 1/3… wie dick werde ich denn dann? Alice, Esme und ich waren noch nicht einkaufen gegangen, da bei einem von uns immer irgendetwas dazwischen kam. Oft war es meine Lustlosigkeit aufgrund der Schmerzen, die ich hatte. Es zog mittlerweile ganz schön und meistens lag ich faul irgendwo und tat nichts. Ich ruhte mich aus. Ich fühlte mich schon vom bloßen Treppensteigen erschöpft. Dabei war ich erst im 6. Monat! Aber an einem so sonnigen Tag wie heute, zum Leidwesen der übrigen, ans Haus gefesselten Cullens, war ich zu aufweckt um einfach nur irgendwo zu liegen oder zu sitzen. Ich stiefelte durch das Haus und ging – wenn ich gut drauf war, öfter in letzter Zeit – ins Kinderzimmer. Ich öffnete das Fenster weit, ließ den Wind mit dem Vorhang spielen und atmete tief. Verträumt schritt ich immer wieder durch das Zimmer und berührte andächtig die Möbel. Neben dem Kinderbett blieb ich, wie so oft, stehen. Ich schob den Vorhang zur Seite und stellte mir mein Kind darin vor. Mir gefiel die Vorstellung immer besser. Alles wurde so real. Ich verstand mich wieder richtig gut mit Emmett, wie vorher auch. Er zog mich wieder wegen des Essens oder der Esskombinationen auf, die meinem Kind als Nahrung dienen sollte und witzelte darüber, welche Eigenschaften sie besser nicht von Edward oder mir bekommen sollte (bei mir stand die Tollpatschigkeit ganz hoch im Kurs, bei Edward war er sich nicht sicher, er meinte aber, dass das Kind nicht so überheblich werden sollte). Eigentlich war alles gut. Ich war momentan fast glücklich. Doch Glück währte bei mir nie lange und ich genoss es, solange ich noch konnte, denn das Unglück nahm bereits einen Tag später seinen Lauf. Kapitel 20: Zurück in Forks --------------------------- Eigentlich wollten wir am Montag Kindersachen kaufen, aber das Wetter war zu unbeständig gut, dass ich entschied nach dem Haus in Forks zu sehen. Ich hatte mich noch gar nicht darum gekümmert und ich war mir sicher, dass Wasser und Strom etc. noch nicht abgestellt war. Außerdem wollte ich nachsehen ob ich noch die eine oder andere Sache brauchte. Ich hatte eine Liste gemacht. „Ich weiß gar nicht was ich mit dem Haus machen soll. Ich glaube ich nehme es als Ferienhaus“, überlegte ich laut. „Ja, Forks ist ein prima Ort zum Urlaub machen“, neckte Edward mich. „Für Vampire schon“, neckte ich zurück. „Was habt ihr eigentlich mit eurem Haus gemacht?“ „Nichts, was sollten wir damit machen?“ Er blickte kurz auf die Straße. „Verkaufen oder so?“ Er schien die Frage nicht für berechtigt zu halten, denn er lachte. „Forks ist ein guter Ort und das Haus ist perfekt. Wir behalten es, lassen es einfach stehen, sehen ab und zu danach und ziehen in ein paar Jahrzehnte, wenn uns hier keiner mehr kennt, wieder ein. Recycling.“ Er grinste. „Oder vielleicht auch eher Jahrhunderte“, fügte er nachdenklich hinzu. „Ah okay“, sagte ich überrascht. So eine Antwort hatte ich nicht erwartet. Jahrhunderte, wie das klang. Ich erschauderte. Doch ich konnte nichts entgegen, da Edward plötzlich eine Vollbremsung hinlegte, ich wurde an die Gurte gepresst, und den Wagen an den Rand setzte. Geschockt sah ich zu ihm. Er starrte mit aufgerissenen Augen und verzerrt konzentriertem Gesicht auf das Lenkrad. Das Orteingangsschild von Forks war nur wenige Meter entfernt. „Edward? Was ist los?“ Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Ich versuchte etwas in ihm zu lesen, doch scheinbar las er gerade… irgendjemandes Gedanken. Mit einer schnellen Bewegung startete er den Motor und drehte sich dann zu mir. „Bella, du musst mir jetzt gut zu hören und die Nerven bewahren“, er setzte mich wieder richtig in den Sitz, ich starrte ihn nur panisch nickend an und versuchte mich zu beruhigen (ich wusste, dass nichts Gutes kommen konnte), „deine Mutter ist in Forks in Charlies Haus.“ Natürlich war das eine eher suboptimale Nachricht, dass meine Mutter noch im Bundesstaat Washington verweilte, aber das war kein Grund für eine Vollbremsung, fand ich. Ich wartete also und zeigte keine weitere Reaktion, während er mich musterte. „Und Victoria ist bei ihr.“ „Victoria?“, piepste ich eine Oktave höher. Edward nickte. „Aber wie- aber was- ist sie tot?“ Die letzten Worte erstickten. „Nein, ihr geht es gut“, er verstand, dass ich meine Mutter meinte, „Sie weiß nicht, dass Victoria anders ist“, sagte er langsam. „Was will sie? Sag schon!“, sagte ich aufgeregt und verhaspelte mich mit den Worten. „Sie gibt sich als Freundin von dir aus und wartet mit deiner Mutter auf deine Rückkehr. Sie war die letzten Nächte in deinem Zimmer. Sie will wissen, was aus dir geworden ist. Als deine Mutter ihr erzählt hat, dass du schwanger bist, ist sie hellhörig geworden. Sie will wissen, was mit dir passiert ist und wenn deine Mutter dabei ist, kann ich ihr nichts tun. Das weiß sie ganz genau und nutzt das aus.“ Meine Mutter saß in Charlies Haus in Forks und sieht mit Victoria fern? Wie alte Freunde? Absurd! „Was sollen wir tun?“ „Wir müssen ihr Spiel mitspielen“, sagte er prompt, „sie-“, er zögerte und warf mir einen besorgten Blick zum „sie ist durstig und wird nicht mehr sehr lange warten, warten können“, fügte er hinzu. „Wir müssen etwas tun!“ Meine Stimme war wieder einigermaßen verstehbar. „Wir fahren hin und versuchen sie rauszulocken. Ich muss sie erledigen. Du musst dafür sorgen, dass deine Mutter nichts mitkriegt. Wir müssen dafür sorgen. Wenn sie etwas mitkriegt, dann haben wir prompt wieder die Volturi am Hals. Das können wir jetzt gar nicht gebrauchen.“ Er legte seine Hand behutsam auf meinen Bauch. Ich bemerkte, dass wir längst wieder fuhren. Ich spürte wie ich zitterte. Wenige gefühlte Sekunden später hielt Edward vor dem Haus an. „Spiel einfach mit“, sagte er, „ und sag ihr nicht wo wir hingezogen sind, nicht im Beisein von Victoria. Lass mich alles übernehmen. Ich werde mir etwas einfallen lassen.“ Ich nickte hastig, bevor wir ausstiegen. Meine Hand zitterte so heftig, dass Edward mir den Schlüssel abnahm und die Tür aufschloss. Sogleich huschte ein orangener Schleier vorbei. Victoria stand gespielt lächelnd vor mir. „Renée, schau wer da ist“, zwitscherte sie und meine Mutter ging an ihr vorbei auf mich zu. „Bella!“, schrie sie. Ihr Gesicht war wutentbrannt, ihre Augen funkelten mich an. Edward machte einen schnellen – fast zu schnellen – Schritt vor mich, als meine Mutter auf mich zu hastet. Meine Mutter sah Edward finster an. „Guten Tag“, sagte Edward höflich. Meine Mutter verzog keine Miene. „Wo warst du?“, fragte sie mich scharf und sah mich an Edward vorbei an. Edward fixierte Victoria, während Victoria mich immer noch gespielt erfreut anstarrte (vielleicht doch nicht ganz so gespielt, überlegte ich). „Ich bin umgezogen“, antwortete ich mit trockenem Hals. „Wohin?“ Ihre Stimme war schrill und fordernd. „Mom, was machst du hier?“, fragte ich anstelle einer Antwort. Ich wusste, dass sie die Frage nach dem Umzug nicht fallen lassen würde, aber im Moment sprang sie auf mein Ablenkungsmanöver an. „Egal was du sagst Bella. Ich bleibe in deiner Nähe und helfe dir. Ich habe mich hier schon nach etwas eigenem umgesehen, wenn du nicht willst, dass ich in diesem Haus bleibe-“ „Mom nein“, sagte ich verzweifelt. Sie reitet sich immer tiefer herein. Victoria kann genau in diesem Moment eine Chance sehen mir zu schaden, indem meine Mutter mir vor ihr offenbart, wie wichtig ich ihr bin und andersherum, dachte ich panisch. „Bitte, fahr zu Phil, fahr nach Hause.“ Mein Drängen missverstand sie natürlich. „Bedeute ich dir so wenig Bella?“ „Nein, aber bitte-“, brach ich mit verzerrtem Gesicht ab. „Renée“, sagte Victoria verständnisvoll, als meiner Mutter die Tränen ins Gesicht schossen. Sie legte ihr die Hand leicht auf die Schulter. Ich sah wie meine Mutter über ihre Trauer hinweg angestrengt nachdachte. Sie drehte sich um und ging, von der Eingangstür weg, Richtung Wohnzimmer. Victorias Gesichtsausdruck wurde augenblicklich hart und fixierte mich. Ich machte Anstalten hinter meiner Mutter her zu laufen, Edward jedoch zog mich hinter sich, sodass ich hinter seinem Rücken her zu meiner Mutter ging. Er schob sich immer zwischen Victoria und mich. Meine Mutter blätterte unter Tränen in ihrem Adressbuch. Sie war über unseren kleinen Tisch mit dem Telefon gebeugt. „Mom was tust du?“ „Phil anrufen“, sagte sie schluchzend, „ich sage ihm, dass ich vorerst hier bleibe, es ist mir egal Bella, es ist mir egal.“ Ich trat mit Fuß unauffällig gegen den Telefonstecker unter dem Tisch, der prompt nur noch locker in der Steckdose hing und die Verbindung kappte. Ich wusste wie sehr es mir weh tun würde und wie viel mehr es ihr weh tun würde, aber ich musste deutlicher werden. „Mom, ich will, dass du gehst. Ich lebe nicht mehr in Forks und ich werde dir auch nicht sagen, wo ich hingezogen bin. Es hat keinen Sinn, dass du hier bleibst. Geh und leb dein Leben mit Phil. Ich melde mich bei dir.“ Ich erwartete eine Reaktion, doch meine Mutter kramte weiter in ihrem nun halb nassen Adressbuch. Ich sah es nur aus den Augenwinkeln, doch meine Phantasie ergänzte den Rest. Ich sah einen kurzen Schatten hinter ihr und rote Fetzen. Dann roch ich Edwards Duft und sah seinen Körper vor mir und meiner Mutter. Dann ein lauter Knall und rote Striche folgen durch die Luft. Meine Mutter drehte sich, kurz nach mir, um und sah dieselbe Szenerie: Edward in leicht gebeugter Stellung und Victoria vor dem in sich zusammengeklappten Regal. „Was machst du mit ihr?!“, schrie meine Mutter Edward an und wollte auf Victoria zustürmen, doch ich hielt sie an ihrem Pullover fest und sperrte mich mit ganzer Kraft gegen sie. „Bella lass mich!“, schrie sie, doch ich ließ sie nicht los. Ich sah, dass Edward drauf und dran war, Victoria das Genick zu brechen (mich erschreckte die Vorstellung nicht, sondern nur, dass meine Mutter daneben stand), als ich eine Idee hatte. Ich verzog das Gesicht, weil ich nicht wusste, wie das verantworten sollte, wenn ihr etwas geschah, aber ich tat es trotzdem. Ich tat so, als würde ich hinter ihrem Rücken stolpern, als sie sich einen kurzen Augenblick von mir abwandte. Ich riss sie zu Boden, genauer gesagt, versuchte ich sie kräftig zu Boden zu stoßen, und ihre Stirn stieß gegen die Sessellehne. Sie wurde bewusstlos. „Mom“, stieß ich leise, obwohl ich das beabsichtigt hatte, wimmernd hervor. Sogleich schoss Edward auf Victoria zu. Sie erkannte, dass Edward keinen Grund mehr hatte, sie nicht auf der Stelle zu töten und wollte fliehen, doch Edward war schneller. Sie hätte es wissen müssen. Sie hätte wissen müssen, dass ihr Schild, meine Mutter, sie nicht dauerhaft schützen konnte. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen bis sie ging oder gehen müsste und Edward ihr dann folgen würde. Er war viel schneller als sie. Ich verstand ihren Plan nicht. Ich beugte mich über meine Mutter und presste sie an mich. Die Augen kniff ich zusammen. Ich wollte nichts sehen, doch ich hörte es. Das Knacken, das metallische Klirren, Victorias Ächzen und ihr erstickender Atem. Danach stieg mir ein beißender und rauchiger Duft in die Nase. Ich blickte auf und wandte mich zu der Richtung aus der der Gestank kam. Ich erkannte purpurfarbenen Rauch hinter unterem Haus aufsteigen. Ich legte den Kopf meiner Mutter behutsam auf den Teppich, stand auf und wollte gerade durch die Tür nach hinten raus gehen, als Edward durch dieselbige schlüpfte und sie hinter sich schloss. Ich sah ihn erwartungsvoll und ängstlich an. „Ich hab das erledigt, es droht keine Gefahr mehr“, sagte er neutral. „Oh Gott sei Dank“, hauchte ich und umarmte ihn fest, „ich hatte solche Angst.“ „Was hattest du eigentlich mit deiner Mutter vor?“, sagte er lächelnd und nickte mit dem Kinn in ihre Richtung. Ich seufzte. „Ich sollte mich mehr im kämpfen üben… ich hoffe sie nimmt es mir ab, dass ich gestolpert bin. Was machen wir jetzt mit ihr?“ Edward löste sich von mir und ging zu meiner Mutter. „Es ist nichts Ernstes. Keine Gehirnerschütterung oder so“, meinte er, „ich glaube wir brauchen nicht ins Krankenhaus.“ „Na ja“, begann ich leise, „eigentlich meinte ich auch, was wir bzw. ich mit ihr mache, wenn sie wieder wach wird?“ „Hm“, sagte Edward und dachte angestrengt nach. „Ich kann ihr nicht noch mehr wehtun, ich wüsste auch gar nicht, was ich sagen sollte, um ihr noch mehr wehzutun“, sagte ich gleich. „Victoria existiert nicht mehr und es spricht genauso genommen nichts dagegen, dass sie hier wohnt, wenn sie es will.“ „Bis auf die Tatsache, dass sie ihr eigenes Leben leben sollte und ich ihr sowieso nicht sage, wo ich hingezogen bin“, sagte ich und kniete mich zu Edward auf den Boden. Ich streichelte ihr mit der Hand durch das Gesicht. „Ja, abgesehen davon“, murmelte Edward. Wir saßen eine Weile einfach still neben ihr, bis ich sagte: „Ich glaube, du hast recht. Sie wird schon irgendwann einsehen, dass es zwecklos ist, hier zu bleiben.“ Ich stand auf und reckte mich kurz. „Was hast du vor?“ „Ich tue das, weswegen wir eigentlich hier sind“, sagte ich lediglich, „kannst du bei ihr bleiben?“ „Ich helfe dir“, sagte Edward jedoch und kam zu mir. Ich wollte etwas sagen, doch er kam mir zuvor: „Ich merke, wenn sie wach wird“, sagte er und tippte sie leicht an die Stirn. Zusammen brachten wir meine Kleidungsstücke ins Auto, ein paar persönliche Sachen von mir und von Charlie (beispielsweise seine alten Bilder von Mom und mir). „Schau mal Bella“, sagte Edward, als wir im oberen Teil des Hauses waren und nun im Erdgeschoss angelangt waren. Ich kam aus der Küche zu ihm ins Wohnzimmer. Er räumte alles aus der untersten – klemmenden – Schublade des Schrankes auf den Couchtisch. Ich erkannte die Sachen sofort. Alte Kinder- und Malbücher und Spielsachen von mir, wenn ich als kleines Kind hier gewesen war. „Weißt du was das ist? Dein Babyalbum“, antwortete er selbst. Ich wusste gar nicht, dass mein Vater so etwas hatte, dachte ich prompt und nahm es ihm ab. „Deine Mutter“, sagte Edward, dem ich das Album dann wieder in die Hand drückte. „Mom?“, flüsterte ich, als ich neben ihr kniete. Sie öffnete die Augen. Ich unterdrückte den Drang sie zu streichen, sie zu berühren. Sie richtete sich auf und strich sich an die leicht gerötete Stirn. „Bella, was ist hier los?“ Sie sah sich um, doch es sah alles so aus wie immer (Edward hatte die Sachen von dem Couchtisch weggeräumt). „Wo ist Victoria? Bella, was passiert hier? Irgendwas stimmt hier nicht, mit ihm, mit dir und überhaupt!“ Ich wusste es. Meine Mutter war chaotisch und merkwürdig, aber nicht dumm. Sie nahm mir das alles natürlich nicht ab. Schadensbegrenzung, dachte ich und sagte zu ihr: „Es ist nichts passiert, dumme Unfälle, Victoria ist gegen das Regal gefallen und ich bin über dich gestolpert, als ich zu ihr eilen wollte. Deshalb bist du gestürzt, tut mir leid.“ Ich versuchte so authentisch zu sein wie möglich, doch ich sah den Zweifel in ihrem Gesicht weiterhin. „Bella, du glaubst gar nicht wie sehr du dich verändert hast“, nun standen wir voreinander, „und ich verstehe nicht warum.“ Sie wartete. Ich biss mir auf die Lippe und versuchte ihrem Blick nicht auszuweichen, es wäre zu auffällig gewesen. Fast ein Schuldeingeständnis. Ich atmete leise tief ein und aus und sagte dann (ich spürte Edward direkt hinter mir stehen, sodass ich seine Hand nahm): „Dir ist es egal, was ich sage. Mir ist es egal, was du sagst. Wenn du willst kannst du hier in Forks bleiben, hier in Charlies Haus. Solltest du nicht hier bleiben, stellt bitte Wasser und Strom ab“, sagte ich eiskalt. Ich sah das Entsetzen in ihrem Gesicht, wand mich ab und ging mit Edward hinter mir, an ihr vorbei. Ich riss die Augen auf, damit die Tränen nicht überliefen und blinzelte schnell. „Leb wohl“, sagte ich leise, sodass ich nicht wusste, ob sie es gehört hatte oder nicht. Ich wand mich nicht um. Wir stiegen ins Auto. Sie war in Sicherheit, das ist das Wichtigste, sagte ich mir immer wieder und wischte die stummen Tränen mit dem Handrücken weg. Edward nahm meine Hand und öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch ich schüttelte den Kopf. „Bitte sag es mir nicht. Sag mir nicht, was sie gedacht hatte. Ich will es nicht hören.“ Er nickte und drückte meine Hand. Ich war erleichtert, dass Victoria tot war, natürlich. Aber meine Mutter… Ich konnte mich nicht richtig freuen und ließ die Tränen einfach meine Kleidung benetzen. Der Rest der Rückfahrt verlief stumm. Als wir ankamen und in den Flur gelangten, sagte Edward leise zu mir: „Ich erzähle ihnen was geschehen ist. Zumindest das, was sie noch nicht von Alice wissen. Willst du nicht lieber hoch gehen und dich ausruhen?“ Sein Blick war mitfühlend. „Nein, es ist alles okay“, ich strich über meinen Bauch, „uns geht es gut.“ Er nickte nicht überzeugt und wir traten ein. Wie bestellt und nicht abgeholt saßen die übrigen sechs Cullens im großen Wohnzimmer verstreut. „Wir wären gekommen, aber-“, brach Carlisle das Schweigen. „-ich hab euch schon auf dem Rückweg gesehen“, redete Alice dazwischen, „und wir wollten euch nicht noch mehr Schwierigkeiten wegen Bellas Mutter machen“, sagte sie zu Edward. Ich hatte mich auf die Couch neben Esme gesetzt und die Knie, soweit das ging, zum Gesicht angezogen. Edward lehnte gegenüber von mir am Esstisch. Er machte ein zerknirschtes Gesicht und begann zu erzählen. Ich hörte nur mit einem halben Ohr zu. Ich wollte nur nicht alleine oben sein, ich wollte mir nicht wieder die Seele aus dem Leib heulen, denn dann behielt Edward doch noch Recht, dass man als Vampir wirklich keine Seele besaß. „Warum ist sie dieses Risiko eingegangen? Sie wusste doch, dass du sie einholen würdest, wenn sie irgendwann gehen würde“, fragte Emmett. „Sie hat geglaubt, dass wir nicht in der Lage wären Bellas Mutter abzuwimmeln. Aber eigentlich hat sie selbst nicht daran geglaubt, sie hatte nur keine andere Wahl. Sie wurde von Bellas Mutter erwischt und fand den Gedanken, sie als Schutzschild vor uns zu benutzen und so an Bella ranzukommen, dann zu verlockend. Sie war fast wie in einem Wahn.“ „Was wollte sie eigentlich von mir?“, meldete ich mich das erste Mal, den Blick auf den Boden geheftet, „Sie wusste von meiner Mutter, dass ich lebte und somit auch, dass ich mich verwandelt hatte. Sie konnte mich doch gar nicht mehr töten. Naja zumindest nicht wie sie es damals vorgehabt hatte…“ „Das war auch nicht ihr Ziel“, sagte Edward langsam, „Victoria wollte Vergeltung für ihren Partner. Sie wollte mir das Liebste nehmen“, sein warmer Blick traf mich, ich senkte den Blick wieder, „und das hat sie, wie sie selbst gesehen hat, nicht geschafft. Im Gegenteil“, ich folgte seinem Blick auf meinen Bauch, „Ihr Ziel warst nicht mehr du“, fügte er hinzu, sodass ich verstand. „Das Baby war ihre Vergeltung“, flüsterte ich. „Ja“, sagte Edward, „danach wollte sie den Kontinent verlassen. Sie hätte ihre Rache gehabt. Sie war so besessen davon, dass sie die Gefahr erst geahnt hat, als sie nicht mehr fähig war irgendwas zu unternehmen, weil sie wusste, dass ich stärker war.“ Sie wollte meinem Kind nach dem Leben trachten, ging es mir die ganze Zeit durch den Kopf, wann hörte das endlich auf? Oder würde es mit der Geburt des Kindes erst wieder richtig beginnen? Ich wusste, dass ich über kurz oder lang nicht an den Volturi vorbeikam, wie Rosalie es damals gesagt hatte. „Bella? Warum hast du jetzt noch Angst?“, fragte Jasper überrascht und ich spürte augenblicklich eine Woge trügerischer Zufriedenheit und Ruhe meinen Innerstes durchströmen. Ich sah mit ausdruckslosem Blick in sein milde lächelndes Gesicht, mied Edwards Blick und senkte den Kopf wieder auf die Knie. „Ist doch klar oder? Sie hat erst das erste Problem gelöst, das Tödlichste kommt noch“, sagte Rosalie fast mit Genugtuung, „was glaubt ihr wie lange es dauern wird bis die Volturi auf der Matte stehen werden?“ „Das geht dich nichts an“, zischte Edward ihr zu. „Schön wär’s“, sagte sie verächtlich, schlug das Knie über das andere und verschränkte die Arme. Edward würdigte sie nicht eines Blickes. Ich spürte ein Ziehen unter der Magengegend. Nicht schon wieder, dachte ich und unterdrückte es, mein Gesicht zu verzerren. „Ich geh’ mal hoch“, sagte ich. Edward nickte. Er hatte die Arme verschränkt und sah mit zusammengekniffenen Augen zu Boden. Ich vermutete, dass er sich auf irgendwelche Gedankengänge, die nicht seine eigenen waren, konzentrierte. „Ich komme gleich.“ Ich wand mich halb im gehen um. „Nein, ist schon okay“, sagte ich schnell und leise und machte die Tür hinter mir zu. Er musste ja nicht immer mein Leid mit ansehen und mich immer trösten. Mit ein paar Sachen musste ich auch alleine klar kommen und so schlimm war das bisschen oder bisschen mehr ziehen jetzt auch nicht. Mein Kind wuchs. Ich atmete tief durch und ging langsam, darauf bedacht, nicht zu stolpern, die Treppe hoch. Gedankenversunken ließ ich mich in den Sessel im Kinderzimmer sinken. Hier saß ich in letzter Zeit öfter. Es machte mir alles realer und so konnte ich mich mehr freuen. Aber ich wusste, dass ich nach der Geburt des Kindes noch andere Dinge zu tun hatte. Ich musste meine Fähigkeit kontrollieren lernen. Und das sehr schnell. Ich wollte Rosalie zwar nicht recht geben, aber sie hatte recht. Die Volturi würden auftauchen, sobald sie das mit meinem Kind herausbekamen. Vielleicht wüssten sie es bereits bei der Geburt, vielleicht auch nicht. Vielleicht bekamen sie es gar nicht raus und suchten uns wegen mir auf, weil sie es noch mal bei mir probieren wollten. Ich hatte ein ewiges Leben vor mir und es wäre utopisch nicht zu glauben, den Volturi noch mal über den Weg zu laufen. Ich verzerrte das Gesicht und schlang die Arme um meinen warmen Bauch. Warum tat das so weh? Dumme Frage… Ich rollte mich auf dem Sessel ein und zog die Beine an den Körper. Soweit das ging. „Wie fühlst du dich?“ Edwards Stimme. „Gut wieso?“, nuschelte ich, obwohl ich die Augen kaum geöffnet hatte. „Weil du sehr lange geschlafen hast und immer wieder ‚lass das’, ‚lass mich’ und ‚hör auf’ gesagt hast“, erklärte er. Ich lag zugedeckt in unserem Doppelbett. Er saß daneben. Wie kam ich hier hin? Ich fragte erst gar nicht. Ich hob den Kopf an und augenblicklich fiel mir etwas glitschig Nasses auf die Nase. „Uah“, machte und wischte es mit der Hand von meinem Gesicht. „Nana“, sagte Edward mahnend und grinste. Er hob das – jetzt erkannte ich es – Waschläppchen auf, drückte mich zurück auf die Matratze und legte mir es wieder auf die Stirn. „Du hast Fieber“, sagte er auf meinen fragenden Blick. „Aber mir ist nicht warm“, entgegnete ich und taste nach meinem Gesicht. Es war wirklich heiß, aber fühlen tat ich es nicht. „Was meintest du mit ‚lass das’, ‚lass mich’ und ‚hör auf’?“, fragte Edward nach ein paar verstrichenen Sekunden. Peinlich berührt fummelte ich mit den Fingern an der Bettdecke herum. „Ähm, ich meinte das Baby.“ Edward lachte. „Ach so.“ „Was hast du denn gedacht?“ „Ich dachte du meintest mich“, sagte er ehrlich. Er lächelte. „Wieso?“, fragte ich weiter. „Weiß nicht, vielleicht werde ich dir lästig“, sagte er Schulter zuckend und ein Hauch Bitterkeit lag in seinem doch lächelnden Gesicht. Ich ließ alle Vorsicht fallen, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn stürmisch auf die Lippen. Ich kniete auf dem Bett, während er sich langsam in die Senkrechte erhob und zu mir aufs Bett kroch. Ihn ununterbrochen küssend rutschte ich zurück auf das Bett. „Du bist mir nie nie nie lästig“, flüsterte ich atemlos. Ich zog ihn näher an mich ran. Meine Hände glitten unter sein Shirt und tasteten begierig nach seinen makellosen Rücken. Ich spürte wie Edwards Lippen sich unter meinen zu einem schiefen Lächeln verzogen. Sanft schob er mich zurück. Wie damals, als ich noch ein Mensch gewesen war. Ich starrte ihn verständnislos an. Er lachte darüber. „Du brauchst jetzt Ruhe“, sagte er lediglich. „Nein, mir geht es gut“, widersprach ich und wollte meine Lippen wieder auf seine legen, doch er hielt mich von ihm fern. „Bella“, sagte er missbilligend (ich nahm ihm das nicht ganz ab), „schau mal, du schwitzt und wie schnell du atmest.“ Erst jetzt bemerkte ich, dass es stimmte, was er sagte. Ich atmete so hastig, dass ich mich verschluckte und der Schweiß kitzelte meine Schläfen. „Ich kann auch gar nicht mehr atmen“, versuchte ich es wieder und hielt die Luft an. „Nein! Das Kind braucht Sauerstoff!“, sagte er erschrocken. Ich atmete wieder. „Ach ja“, sagte ich nur, gab nach und legte mich wieder hin. „So“, sagte er, nachdem er mir den Waschlappen auf die Stirn gelegt hatte und sich vergewissert hatte, dass ich ordentlich zugedeckt war. „Manchmal bist du ganz schön hart, weißt du das?“, sagte ich schmollend und verschränkte die Arme vor der Brust. Er lachte kurz auf. „Es muss aber sein“, sagte er schließlich und küsste meine zusammengepressten Lippen, die den Kuss erwidern wollte, aber er ließ mir keine Gelegenheit. Er grinste schief und tastete nach meinem immer größer werdenden Bauch. Unser Kind. Ich brauchte zwei Tage bis ich mir wieder richtig fit fühlte – und Edward es zuließ, dass ich aufstand. Carlisle stellte nach einer weiteren Ultraschalluntersuchung den siebten Schwangerschaftsmonat fest. Den Sechsten hatte er erst vor vier Tagen festgestellt! Er teilte meine Meinung, dass es wohl mit zunehmender Schwangerschaftswoche eher schneller als langsamer ging, entgegen seiner ursprünglichen Annahme. Das hieß aber auch, dass das Baby schneller und somit schmerzhafter wuchs, als wenn es langsam wuchs. Aber es wollte nicht langsam wachsen, dachte ich schwermütig. „Dann müssen wir uns mit dem heiraten beeilen“, hatte Edward gesagt und mich geküsst. „Ach ja“, hatte ich dümmlich entgegnet. Daran hatte ich nicht mehr gedacht. Heiraten. Ja sicher. --------------------------------------------------------------------------------- So, an dieser Stelle muss ich erstmal eines sagen: WOAH WOAH WOAH! Das ist nun das 20. !!!! Kapitel und ihr scheint immer noch nicht genug zu haben :D Ich kann nicht versprechen, dass es noch mal 20 gibt :P aber ein bisschen weiter geht es noch ^^ Ich möchte mich ganz herzlich bei euch allen bedanken! 70 !!!!!!!!!!!!!!!!!!! Kommis! 33 !!!!!!!!!!!!!!!!!!! Favos! Ich bin echt platt und freue mich total, dass der FF so gut bei euch ankommt!!!!! Vielen vielen vielen Dank! DANKE FÜR 40 TAGE "INFINITE"!!!!!! Es freut sich weiterhin auf Kommis.... Vanessa Kapitel 21: Das letzte verspätete Anzeichen ------------------------------------------- Weiter gehts, viel Spaß, freue mich über Kommis, Vanessa ------------------------------------------------------------------------------ Am Tag darauf, der Himmel war zugezogen, fuhren Esme, Alice und ich in die Stadt um ein paar Babysachen zu kaufen. Edward musste zu Hause bleiben, weil Alice auch ein Kleid für die Hochzeit mit mir kaufen wollte (Alice fand die Vorstellung, dass wir ohne große Feier heiraten wollten zwar immer noch grässlich, aber das Kleideraussuchen ließ sie sich von nichts und niemandem nehmen). Wir betraten zuerst einen normalen Abendkleiderladen (ich wollte kein zig Kilo schweres prunkvolles Rüschenbrautkleid, ein Abendkleid kam meinen Vorstellung näher). „Aber weiß Bella oder?“, fragte sie mehr rhetorisch, doch ich schüttelte den Kopf. Sie fiel aus allen Wolken. „Aber doch kein schwarz-“ „Nein, ich dachte an dunkelblau. Edward mag die Farbe so an mir.“ Alice hatte immer noch den Mund auf. „Und du willst das ganz sicher auch?“ „Ganz sicher.“ „Das ist aber nicht sehr klassisch“, murmelte Alice enttäuscht und ging ein Stück weiter zu den dunkleren Kleidern. „Nichts an uns ist klassisch“, seufzte ich so leise, dass es nur ein Vampir hören konnte. Esme lachte leise, während wir auf den Ständern nach einem schönen Kleid guckten. Das Problem war weniger, eines zu finden was mir gefiel, sondern eher eins zu finden, was mir passte. Lange würde mir es nicht passen, wenn das Kind so schnell wuchs, aber ich müsste überhaupt erst mal eins finden, dass mir momentan passte. Ich zog viele an, aber die, die mir um den Bauch passten, waren mir am übrigen Körper viel zu groß. „Weißt du was“, sagte Alice seufzend, „ich schneidere dir selbst eines“, sie langte nach einem Kleid aus meiner Kabine, während ich mich anzog, „ich habe sowieso nicht geglaubt, dass wir etwas gescheites finden. Das hier gefiel dir doch am besten oder?“ Sie hielt das matte dunkelblaue Kleid mit den schmalen Trägern hoch. Sonst nichts. Keine Verzierung, keine Rüschen, kein Schnickschnack. Dafür war ich nicht der Typ. Ich nickte. „Ich nähe es dir zu Hause um“, sagte sie, „ich sehe jetzt schon, dass es dir gefällt.“ „Okay“, sagte ich lächelnd. Wir kauften dazu noch passende flache – Alice nannte das „Vorsichtsmaßnahme“ – Schuhe und wir verließen den Laden. Ich war froh in eine fremde Stadt gezogen zu sein. Hier kannte mich niemand und die Blicke konnten mir egal sein, obwohl ich mich doch dabei ertappte, dass ich verlegen zur Seite sah. Ich hatte es nicht bereut, das Kind zu behalten, aber peinlich war es mir, wenn ich in der Öffentlichkeit war. Nicht vor den Cullens, zumindest meistens nicht, aber vor Fremden, die dachten es wäre ein Unfall- okay, das war es ja eigentlich auch, aber das zwischen Edward und mir war keine Sandkastenliebe oder kurze Jugendaffäre. Das war etwas Festes und Vollkommenes. Diese Vollkommenheit würde durch das Kind bis in alle Ewigkeit bestehen. Ich verdrehte unwillkürlich die Augen und war froh, dass ich bemerkte, dass Esme und Alice ein paar Schritte weiter waren als ich. Ich machte mir wieder Hoffnungen. Hoffnungen auf eine schöne Zukunft. Vielleicht eines Tages, vielleicht, aber bevor ich selbst nicht vollkommen war und mich beherrschen konnte, brauchte ich mir nichts vormachen. Ich war gefährlich. Das hatten selbst die Volturi erkannt und momentan war ich nur nicht gefährlich, weil ich immer menschlicher wurde. Vielleicht… eines Tages… vielleicht. „Dann kannst du ja demnächst mal mit ihr zum Arzt gehen! Dann weißt du wie anstrengend das ist! Und ich habe gestern den ganzen Abend mit dem Essen auf dich gewartet, aber du kannst ja nicht einmal halbwegs pünktlich sein!“ Ich drehte mich zur Seite und sah eine Frau mit einem Kinderwagen aus einem Laden kommen. Hinter ihr kam ein Mann heraus, der hinter ihr her hastete. „Warte doch. Ich kann doch nichts dafür, du kannst ja mal jeden Tag 10 Stunden arbeiten. Ich arbeite damit es euch gut geht!“, sagte er leicht außer Atem. „Pah! Du drückst dich nur! Soll ich deinen Chef anrufen? Du hast nur keine Lust auf Kindergeschrei! Am Wochenende bist du immer zu kaputt! Ich brauche auch mal eine Pause, aber du unterstützt mich gar nicht!“ Ich war mitten in der Fußgängerzone stehen blieben und sah ihnen nach. Ich hörte das Kind, während sie weiter gingen und weiter stritten, anfangen zu schreien. „Bella“, sagte Alice mit einem Drängen in der Stimme und zupfte an meiner Jacke. Sie riss mich aus meinen Gedanken. Ich nickte schnell und trottete hinter Alice und Esme her. Meine Nachdenklichkeit entging ihnen nicht, denn sie wechselten mehrmals Blicke und sahen hin und wieder verstohlen zu mir. Das Kind war vielleicht 2 Jahre alt gewesen oder jünger, ich wusste es nicht genau. Wie schnell war die Freude an dem Kind bei ihnen verstrichen? Würde das bei uns auch so sein? Edward freute sich so sehr auf das Kind. So sehr, dass er es fast nicht verbergen konnte, denn ich wusste, dass er sich wegen mir zurückhielt, allzu überschwänglich zu sein. Das tat mir leid. Er sollte sich nicht wegen mir verstellen, aber er würde sich nicht ändern, selbst wenn ich ihn darauf ansprechen und ihn bitten würde, es zu lassen. „Vorsicht“, zischte Alice und ich spürte ihren Arm unter meinen. Sie hob mich an und ich bemerkte erst jetzt, dass vor mir eine Stufe war und wir in einen Laden gingen. Eine Babyboutique. Alice lief begeistert herein. Ich ging mechanisch zu einem Ständer mit T-Shirt und sah sie durch. Genau genommen sah ich hindurch. Ich dachte an etwas anderes. Wir würden diese Probleme doch gar nicht haben. Essen machen, auf den anderen mit dem Essen warten, mit dem Kind zum Arzt müssen (der war, wie ich hoffte, immer zur Stelle; Carlisle war der einzige Arzt zu dem ich jemals Vertrauen geschöpft hatte und schöpfen werde) und arbeiten müsste keiner von uns. Wir hatten sechs bzw. eher fünf breitwillige Babysitter, Geld, Räume und Zeit. Wir hatten es so einfach. Ich hatte so einfach oder würde es so einfach haben. Doch das machte mich nicht glücklich, denn wenn wir nicht solche – menschlich typischen – Probleme hatten, hatten wir andere. Nichtmenschliche und viel wahrscheinlich viel komplizierter. „Schau mal Schatz“, flüsterte Esme mir ins Ohr und ich spürte ihren süßen Atem an meiner Haut. Sie hatte sich von hinten mich gebeugt und ihre Wange an meine geschmiegt. In der Hand hielt sie eine Mütze – mit Tieröhrchen. Nicht mein Geschmack, dachte ich, nahm es trotzdem und begutachtete es. Warum sollte ich mir Sorgen um die Probleme machen die kommen könnten, wenn sie noch nicht einmal da waren? Ich würde noch genug Zeit haben mir über Probleme den Kopf zu zerbrechen, dessen war ich mir sicher. Ich versuchte also mindestens genauso viel Begeisterung wie Alice zu zeigen, doch ich spielte meine Rolle nicht annähernd so gut wie ich es als werdende Mama sollte. „Esme?“, schon war sie neben mir (die einzige Verkäuferin des kleinen Ladens war ins Lager verschwunden um Alice’ Sonderwünsche zu befriedigen), „sag mal, darf ich auch blaue Kleidung kaufen?“ Ich sah wie Esme ein Lachen unterdrückte. Sie hielt – wie ich – so gut wie nur rosa in der Hand. „Natürlich. Wenn du willst, können wir nur blau kaufen.“ „Nein, nein“, sagte ich schnell, „nur so ein oder zwei Sachen.“ „Such dir einfach aus was du magst. Alice kann die Sachen, die sie ausgesucht hat und die du nicht magst, ihrer Puppe anziehen.“ Sie grinste. Ich grinste zurück. Tatsächlich kaufte ich einige blaue Sachen. Sie gefielen mir so gut. Auch khakifarbene und hellgrüne Strampler waren, zum Leidwesen von Alice (sie machte keinen Hehl daraus), hinterher in der Einkaufstüte. Kaum waren wir zu Hause und hatten die Tüten ins Kinderzimmer gebracht, entführte Alice mich in ihr Schlafzimmer. Sie wollte das Kleid schon mal abstecken, sagte sie voller Vorfreude, doch ich wich zurück. „Du bist mit dem Nähen doch ziemlich schnell oder? Ich sag dir Bescheid, wenn es so weit ist. Wenn du das jetzt machst, dann passt es mir nicht lange“, erläuterte ich. Alice nickte zustimmend, aber schmollend. Normalerweise hätte ich ihr das nicht erklären müssen, aber scheinbar schalteten auch Vampire mal ihr Hirn aus, wenn sie euphorisch waren. „Wie hast du das denn geschafft?“, sagte Edward und hielt unter anderem ein blaues Mützchen in der Hand, als ich nach ihm suchte und das Kinderzimmer betrat. Er saß im Schneidersitz auf dem Boden und hatte die Tüten um sich gescharrt. Fast alle waren leer und der Inhalt um ihn verstreut – wie ein Kind an Weihnachten zwischen seinen Geschenken. Ich gab keine Antwort, lächelte und setzte mich zu ihm, an den Wickeltisch gelehnt. Ich legte die Hand auf meinen runden Bauch. „Gefallen sie dir?“, fragte ich nach einer Weile, in der ich ihn beobachtete. „Na klar, aber kannst du danach nicht gehen, ich finde momentan alles was mit dem Kind zutun hat ziemlich toll“, sagte er ehrlich. Ich seufzte unwillkürlich. Er wandte den Kopf ein wenig zu schnell zu mir. „Nein es ist nichts. Nur… ihr werdet auch immer menschlicher.“ Ich grinste entschuldigend. Er verstand nicht und ich redete weiter: „Alice, Esme, du, ihr kommt mir in eurer Vorfreude zumindest viel menschlicher vor.“ „Kann schon sein“, sagte er mit einer nachdenklichen Miene. Ich mochte ihn jetzt nicht so sehen. Für das Gedanken machen war ich zuständig. Ich hievte mich in seine Richtung und küsste ihn wild und unbeholfen. Unter meinen Lippen verzogen sich seine zu einem Lächeln und er erwiderte breitwillige meine Küsse. Am Abend – alle bis auf Carlisle waren jagen gegangen – durfte ich mir ausnahmsweise mal selber Abendessen machen. Dachte ich zumindest. Als ich in die Küche kam türmten sich auf den Anrichten mehrere Schalen, Teller und Schüssel mit verschiedensten Gerichten: Alice’ Werk. Vielleicht aus Esmes oder Jaspers. Oder von allen Dreien, dachte ich missmutig und sah mir an, was in den Behältern war (ich brachte es nicht übers Herz mir stur selbst etwas zu machen). Ich nahm wahllos einen Teller mit Kartoffelgratin und schob ihn in die Mikrowelle. Ich stellte mich ans Fenster und stützte die Hände auf der vielleicht einzigen Fensterbank im ganzen Haus ab. Während die Mikrowelle nehmen mir rauschte, löschte ich kurz das Licht, damit sich der Raum nicht im Fenster spiegeln konnte und sah heraus. Es war eine mondlose Nacht und ich erkannte kaum etwas. Trotzdem starrte ich auf die Bäume und Büsche, die mühevoll zu erahnen waren. In dieser Stille ließ ich meinen Gedanken, oder sagen wir gleich Sorgen, wieder freien Lauf. Das Paar von heute Nachmittag beschäftige mich immer noch. Und genauso genommen wusste ich nicht mal warum, denn ihre Probleme konnten nicht im Geringsten meine werden. Aber vielleicht war das auch das Problem an der Sache. Ihre Probleme konnten so einfach behoben werden, meine nicht. Ich vernahm das Piepen der Mikrowelle und rührte mich nicht. Ich wusste nicht mal einmal was für ein Kind ich bekam. Und was war mit mir nach der Geburt? Wie würde das mit mir weiter gehen? War mein Kind dann ein Vampir und vielleicht genauso wie ich eine „Neugeborene“? Mussten wir dann beide in Zaum gehalten werden? Ich ließ die Mikrowelle geschlossen und tippte noch einmal eine Minute ein. Es war alles ungewiss. Könnte ich meinem Kind ein schönes Leben bieten? Mit der Voraussetzung einer blutrünstigen Mutter und dem eigenen Gift, was in den Adern des Kindes floss? Die Tränen liefen über und streichelten stumm meine Wange. Die Mikrowelle piepte. Ich hörte den Wind der durch die Wipfel der Bäume fegte. Es hatte etwas Beruhigendes. War es überhaupt richtig bei den Cullens zu bleiben? So oft hatte ich schon darüber nachgedacht, dass es meinen Gedanken schon beinahe lästig wurde, aber ich konnte nicht anders. Die Cullens hatten immer beteuert, dass ich bleiben durfte und sie mich wollten (die Abteilung „Rosalie“ ließ ich kurz außen vor), aber ich machte mir trotzdem Vorwürfe selbstsüchtig und egoistisch zu sein, ihre großen Opfer einfach anzunehmen. Ich tippte eine Minute in die Mikrowelle und sah wieder hinaus. Doch das Rauschen der Mikrowelle verebbte plötzlich. Viel zu früh. Ich drehte mich zur Seite um dem auf den Grund zu gehen und sah, wie Edwards Finger von der Lösch-Taste glitt und mein Gesicht fand. Mein ausdrucksloses, von Tränen überströmtes Gesicht. Ich fühlte, dass mein Blick leer aussehen müsste. Er lächelte mich zärtlich an, doch seine Sorgenfältchen um die Augen entgingen mir nicht. „Ich glaube, dass es jetzt warm genug ist“, sagte er mit seiner Samtstimme und öffnete mit der anderen Hand die Mirkowelle. „Wie lange bist du schon hier?“, fragte ich. Hatte er das ganze Theater etwa mit angesehen? Doch er kam nicht dazu zu antworten. Der Duft von Alice’ Kartoffelgratin drang mir in die Nase und dann geschah etwas, was mir bisher noch nicht widerfahren war. Ich spürte einen Ruck in meinem Magen, als hätte jemand gerade eben dagegen getreten und einen Reiz in meiner Kehle. Ich hielt mir die Hand vor den Mund und erbrach mich noch über meiner Hand, bis ich die zwei Meter entfernte Spüle fand. Edward stand hinter mir und hielt mir die Haare hoch. Ich fühlte mich als erbrach ich alles was in mir drin war und der Reiz flaute nicht ab. Ich würgte. Nach Atem ringend hatte ich dann die Hände auf die Spüle gestützt und wartete, ob ich mich noch mal übergeben musste. Mein Mund schmeckte eklig. Als ich glaubte, mich nicht gleich wieder erbrechen zu müssen, spülte ich meinen Mund ausgiebig mit Wasser aus. Ich glaubte einigermaßen wieder stehen zu können und trat einen Schritt von der Spüle zurück und fiel wackelig auf den Beinen direkt nach hinten gegen Edwards Körper, der mich auffing. „Was-? Oh“, hörte ich jemanden an dem Durchgang zum Wohnzimmer sagen. Ich sah schwach zu Seite und erkannte Esme mit den anderen im Schlepptau. Ich fasste mich wieder, machte mich aus Edwards Armen frei und nahm mir einen Lappen. „Tut mir leid“, murmelte ich und kniete mich nieder, um das Erbrochene von den Fliesen zu wischen. Der Weg zur Spüle und meine Kleidung, für die mich jetzt aber nicht sehr interessierte, waren über und über mit Erbrochenem. „Bella“, sagte Edward missbilligend aber sanft und hob mich von hinten hoch. Er drehte mich zu sich um. „Komm mit“, sagte er und führte mich aus der Küche heraus, an den verdutzten Gesichtern der Anderen vorbei, und zum nächstgelegenen Platz des Sofas. Carlisle kniete bereits daneben und kramte in seiner Arzttasche. „Warum- warum- das war doch vorher nicht- warum- das hätte doch eher kommen müssen- wieso-“, redete ich japsend durcheinander. „Schhh“, machte Edward beruhigend, während Carlisle mein Gesicht abtastete. Ich spürte Schweiß auf der Stirn aber ich fühlte temperaturmäßig gut, normal, aber das hieß ja nichts. Carlisle nahm das Fieberthermometer aus der Arzttasche. Edward streichelte meinen Arm. Doch kaum hatte ich das Thermometer im Mund spuckte ich es mit einem Schwall Erbrochenem direkt zu meinen Füßen, vor der Couch, aus. Mein Hals tat weh, mein Brustkorb schmerzte. Alles in mir sträubte sich dagegen, doch der Brechreiz nahm erst nach geschlagenen Sekunden ab. Ich lehnte mich kraftlos in die Couch und nahm das Glas Wasser und eine Spülschüssel von Edward entgegen. „Tut mir leid“, murmelte ich wieder. Es stank fürchterlich. Kein Wunder, dass alle außer Carlisle und Edward das Weite gesucht hatten, dachte ich, nachdem ich einen ganz kurzen flüchtigen Blick durch den Raum hatte gleiten lassen. Ich spülte den Mund mehrmals aus und spuckte das Wasser in die Spülschüssel. Edward nahm mir das leere Glas und die Spülschüssel danach wieder ab. „Tut mir leid.“ Ich versuchte beiden nicht in die Augen zu sehen und schloss dann erschöpft die Augen. Erschöpfung? Ich fühlte mich tatsächlich auch körperlich erschöpft. Ich öffnete die Augen nicht und hörte auch nichts als ein Rauschen aus der Küche. Ich konnte nicht genau genug hinhören, um in Erfahrung zu bringen, was das für ein Geräusch war. „Bella?“ Carlisles Stimme. „Wie fühlst du dich?“ „Leer“, sagte ich dümmlich aber wahr. Es fühlte sich an, als wäre mein Magen zu einer Erbse zusammengeschrumpelt. Ich atmete einmal tief ein, setzte mich dann auf und öffnete die Augen. Ich sah zu Boden. Das Erbrochene war bereits nicht mehr da. „Warum kriege ich das jetzt? Das ist doch immer am Anfang und da hatte ich nichts. Und ich hab es ja nicht mal gegessen“, sagte ich so schnell, dass ich wusste, dass ein Mensch es nicht verstanden hätte. „Du wirst immer menschlicher“, sagte Carlisle (die Standard-Ausrede, dachte ich ohne Vorwurf, denn es war so, niemand wusste was wirklich mit mir los, weil niemand vor mir jemals in dieser Situation war), „am Anfang hat deine Menschlichkeit dafür scheinbar noch nicht ausgereicht.“ Ich sah in Carlisles nachdenkliches Gesicht. Den Blick hatte er gesenkt, sodass ich ihn nicht ansehen musste. Ich blickte auch herab, um Edward nicht ansehen zu müssen. Das Geräusch aus der Küche endete und Alice huschte mit einem Wasserkocher zu uns. Sie gab das Wasser, ich beobachtete sie verstohlen dabei, in eine Tasse und eine Kanne, welches sich wegen der Teebeutel augenblicklich dunkel färbte. Edward nahm die Tasse in die Hand und umschloss sie mit beiden Händen. Gelegentlich zupfte er am Teebeutel. Ich sah dem Schauspiel zu, es entspannte mich. Niemand sagte etwas. Ich wusste nicht mal wer außer Edward noch da und wollte auch nicht hochblicken um in viele erschrockene oder sogar angewiderte Gesichter zu sehen. „Probier mal ob er schon trinkwarm ist“, sagte Edward nach einer Weile und reichte mir die Tasse. Ich sah nur die Tasse und trank einen kleinen Schluck. Leicht bitter schmeckte der Tee, aber mehr schmeckte ich auch nicht. Ich nickte unmerklich. „Ist dir noch schlecht?“, wollte Carlisle nach einer wissen. Ich schüttelte den Kopf. Ich brach – urplötzlich und einfach so – in Tränen aus und vergrub das Gesicht in den Händen. Edwards Hand strich über meinen Rücken. Er rückte näher zu mir. Ich lehnte den Kopf an seine Brust und weinte weiter mit vorgehaltenen Händen. Ich war so lästig, dachte ich die ganze Zeit nur. Mein Heulkrampf hatte gerade erst richtig anfangen, doch ich stieß Edward weg (zumindest ein wenig) und neigte den Kopf über den Couchrand um mich ein drittes Mal zu übergeben. Mir wurde von dem Geruch des Erbrochenen nur noch übler. Ich wusste gar nicht mehr, wo mein Körper das, was aus mir heraus kam, her nahm. Kaum hatte es geendet, überkam mich die totale Erschöpfung, mir fielen augenblicklich die Augen zu und ich kippte zur Seite gegen etwas Kaltes und Hartes. „Liebste“, hauchte Edward zärtlich, als ich die Augen aufschlug. Ich hatte den Kopf auf seinem Schoß, wo ich ihn nach meiner letzten Übelkeit hingelegt hatte. Nur meine Beine waren gerade auf die Couch gelegt worden. Meine Haare lagen verknotet und verwuschelt auf seinem Körper aufgefächert. Er strich die Haare glatt und lächelte sanft auf mich herab. Ich erwiderte sein Lächeln sehr zaghaft. Ich atmete einmal tief durch den Mund und sog die Gerüche um mich herum ein, doch ich spürte keinen Brechreiz. Nur noch ein flaues Magengefühl. Ich stemmte die Ellenbogen, wissentlich, dass es ihm nicht wehtun würde und wissentlich, dass ich mich sonst nicht aufrichten konnte, in seine Oberschenkel. Er half mir und lehnte mich an seine Brust. „Bella“, sagte Carlisle mit einem erfreutem Lächeln, der gerade zur Tür herein kam. Ich sah erst jetzt, dass alle außer ihm sich auch im Raum aufhielten. Sie waren irgendeiner Tätigkeit nachgegangen, nun sahen sie mich an. „Wie geht es dir?“ Ich fühlte in mich hinein und richtete mich noch etwas auf. „Ein bisschen schwindelig und schlapp“, analysierte ich meinen Zustand. „Na kein Wunder“, hörte ich Edward hinter mir sagen, „du hast vierzehn Stunden geschlafen.“ „Oh“, sagte ich nur und sah aus dem Fenster. Es war wieder Mittag, Nachmittag. Bevor jemand irgendetwas sagen konnte, spürte ich einen Luftzug und Alice kniete vor mich. Sie hielt ein Tablett vor sich. „Leicht verdaulich und bei Übelkeit genau das Richtige, hab ich mir sagen lassen“, sagte sie quietschfidel. Ich blickte auf den Zwieback hinab und spürte einen Stich in meinem Hals und das flaue Magengefühl verstärkte sich. Automatisch schlug ich die Hand vor dem Mund, in der Erwartung, dass der Stich in meinem Hals so groß wurde, dass ich mich wieder ergab. „Alice!“, sagte Edward unwirsch, als er das sah und drückte sie zur Seite. „Nein, nein ist schon gut“, sagte ich jedoch und nahm die Hand vom Mund weg. Es blieb nur noch ein seichtes flaues Gefühl in mir über. Ich atmete tief durch und strich über meinen warmen dicken Bauch. „Es ist alles okay.“ Ich langte nach der Tasse mit Tee auf dem Tablett (an feste Nahrung traute ich mich noch nicht heran) und nahm vorsichtig einen Schluck. Ich schmeckte zwar nichts, aber ich zeigte auch sonst keine Reaktion, was mich erleichterte. Carlisle scheinbar auch. „Sobald du glaubst wieder etwas Essbares wieder zu dir nehmen zu können, probier es. Immerhin hast du dem Kind seine letzte Nahrung verwährt und die letzten Stunden auch nichts gegessen“, analysierte er neutral. Ich sah ihn mit hängenden Mundwinkeln und zum weinen verzerrten Gesicht an. Ich hatte meinem Kind die Nahrung weggenommen!, schoss es mir unliebsam durch den Kopf. „Es ist alles gut, Bella“, sagte Edward, der meine glasigen Augen sah, „du hast auch schon mal zwei Tage geschlafen und danach erst wieder gegessen“, erinnerte er mich. Ich nickte steif und sah auf, als ich ein Stiefelklackern wahrnahm. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich, als ich gemeint hatte, dass „alle“ im Raum waren, Rosalie außer Acht gelassen hatte. Sie ging durch den Raum, starrte geradeaus, die Nase gerümpft (Stank es hier etwa noch? Nach vierzehn Stunden? Ich roch nichts, genau genommen aber gar nichts… oder war es der Tee oder das Essen?). Ich hatte sofort wieder ein schlechtes Gewissen, dass sich alle wieder um mich kümmern mussten. Edward überging das. „Möchtest du ein Bad nehmen?“ Ich nickte. Ich fühlte mich eklig. „Ich lasse dir Wasser ein“, sagte er, küsste meine Stirn und platzierte mich sicher sitzend auf der Couch. Carlisle neben mir lächelte mich an, als ich ihn ansah. Ich fand aber, dass es nicht ehrlich aussah. Nicht so, dass er es nicht ehrlich meinte, sondern, dass hinter der Fassade noch etwas anderes lag. „Und wenn ich nichts mehr essen kann?“, sprach ich einen Gedanken, der mir gerade kam, laut aus. „Keine Sorge“, sagte er und legte die Hand kurz auf meine, „das geht vorbei. Das ist ganz normal. Bei dir nur verspätet und dadurch intensiver.“ Ich zwang mich zu einem kleinen Lächeln. Sie taten so viel für mich. Ich durfte nicht immer missmutige Stimmung verbreiten. Schließlich kam Edward wieder herein und trug mich hoch ins Badezimmer. Schlaff hing ich in seinen Armen. Normalerweise rochen die verschiedenen Schaumbadarten sehr stark, doch jetzt roch es eher neutral, obwohl er ein Schaumbad eingelassen hatte. Er war sehr gründlich. Ich bemerkte gar nicht mehr, dass er im Raum war, während ich mich gedankenverloren auszog. Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte, doch seine Stimme erschrak mich. „Darf ich bleiben?“ Ich sah auf zu ihm und zuckte mit den Schultern. „Klar“, sagte ich tonlos. Er nahm meine Hand und half mir über den Badewannenrand. Ich ließ mich mit traurigem Gesicht ins Wasser sinken. Das Wasser war angenehm warm. Etwas heißer, als ich es sonst mochte, doch momentan war die Hitze genau das Richtige für mich. Das Baby frohlockte in mir. Ich musste unwillkürlich aufschnauben und lächeln. „Ich wette es hat nur Hunger“, sagte ich, nachdem mich Edward fragend angesehen (er hockte neben der Badewanne) und ich seine Hand auf die Stelle gelegt hatte, wo das Baby gezappelt hatte. Sofort verzog ich mein Gesicht wieder und ließ die Mundwinkel hängen. „Ach Bella, sei doch bitte nicht immer so traurig“, hauchte Edward, der es gesehen hatte und ich bereute gleich wieder, dass ich mich so wenig zusammenreißen konnte. Wenigstens für ihn, hätte ich es tun müssen. „Tut mir leid“, murmelte ich nur wieder. „Dir muss nichts, aber auch gar nichts, leid tun“, sagte er, führte mein Gesicht mit der Hand in seine Richtung und schaute mich intensiv an. Das Gold in seinen Augen floss warm. „Die Hauptsache ist, dass es dir gut geht. Und du glaubst gar nicht, was Alice für einen Spaß hatte, das Erbrochene weg zu machen“, gluckste er. Ich sprang verblüfft auf seinen Aufmunterungsversuch an. „Wie bitte?!“ „Ja okay, sie hat nicht geatmet dabei“, fügte er entschuldigend hinzu, „aber sie fand es unheimlich interessant.“ „Interessant, aha“, sagte ich und versuchte ein wenig fröhlicher zu klingen. Mein Versuch schien nicht zu glücken, da Edward mich tröstend auf die Wange küsste, sich seitlich auf den Badewannenrand setze und meine verfilzten Haare kämmte. Ich genoss seine fließend sanften Bewegungen und seine Berührungen, wenn er mit den Fingern durch mein Haar fuhr. „Weißt du“, sagte ich leise und legte den Kopf, als er fertig war mit meinen Haaren, an seine Wange, „ich habe dich gar nicht verdient.“ Mit den Fingern strich den Schaum auf dem Wasser hin und her. Er nahm meine Hand und tauchte sie im Wasser ein, bevor er mich auf die Schläfe küsste. „Du bist das aller Beste was mir passiert ist und das wunderbarste Geschöpfe, das ich je gesehen habe. Und glaub mir, ich habe viele gesehen.“ Ich lächelte unwillkürlich und sah in seine warmen goldenen Augen. „Ich liebe dich, weißt du das?“, nuschelte ich. „Ich liebe dich auch“, sagte er als Antwort und küsste erst mich und dann, durch das Wasser, meinen Bauch. „Warte einen Moment“, sagte er leise und kaum, dass ich es wahrgenommen hatte, war er wieder da – mit einem CD-Spieler. „Was hast du vor?“, fragte ich mit trockenem Hals und zusammengezogenen Augenbrauen. Er antwortete nicht und stellte den CD-Spieler soweit wie möglich von der Badewanne entfernt (Vorsichtsmaßnahme hätte Alice gesagt) und schaltete ihn ein. Ich zog die Augenbrauen hoch, als klassische Musik erklang. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern, grinste und nahm meine Hand. „Ich hätte damit schon viel eher anfangen sollen, schließlich soll ihr musikalisches Talent nicht dem Zufall überlassen werden.“ Er küsste meinen Handrücken. Dann lag ich einfach nur im kälter werdenden Wasser, während Edward mit den Fingerspitzen Kreise auf meine Bauchdecke malte. Die Hitze, die Musik und die Berührungen machten mich unheimlich müde… „Hab ich etwa schon wieder geschlafen?“, fragte ich, als ich bei Bewusstsein war und noch ehe ich die Augen öffnete. Ich spürte unser Himmelbett unter mir. Wieder saß er neben mir. „Ja.“ Sein Gesichtsausdruck ließ keine Deutung zu. Ich blinzelte ein paar Mal nachdenklich, bevor er sagte: „Das wird nicht so bleiben. Es war nur die Erschöpfung-“ „Wie kann ich überhaupt erschöpft sein?“, fragte ich dazwischen. „Nein sag nichts“, sagte ich schnell, als er den Mund öffneten wollte, und gab mir die Antwort selbst: „Ich werde immer menschlicher.“ Er nickte. „Dein Körper war völlig ausgelaugt. Du hattest dich sehr heftig übergeben.“ Ich sah zum Betthimmel, der sich sanft über dem Bett erstreckte. Es klopfte. Edward sagte „Herein“, während ich den Blick auf die Tür richtete. Alice kam herein. Edward seufzte. „Lass ihr doch noch ein paar Minuten“, fuhr er sie an. Dann erkannte ich das Tablett in ihren Händen. „Nein, ist schon okay“, sagte ich und hievte mich aufrecht, „wie lange habe ich geschlafen?“, fragte ich an Edward gerichtet. Er zögerte. „Elf Stunden.“ Es war wieder Nacht. Sehr früher Morgen, stellte ich mit Blick auf die Uhr fest. Ich nickte nur und griff nach dem Tablett, das Alice auf dem Schoß hatte (sie hatte sich auf Edwards Bettseite im Schneidesitz hingesetzt). Es waren mehrere kleine Schüsselchen darauf. Mit ein wenig Kartoffelbrei, eine mit Banane, eine mit ein paar Butterkeksen, eine andere mit Zwieback. Ein Teller mit Hühnersuppe, einem Glas Wasser und zwei Tassen, eine mit Gemüsebrühe, eine mit Tee, standen ebenfalls noch darauf. Ich dachte nicht lange nach und griff zuerst mal nach dem Glas Wasser, dass ich in wenigen Zügen lehrte. Kaum hatte ich es abgesetzt, war Alice herausgehüpft und genauso schnell mit einer Flasche Wasser hereingesprintet. Sie schenkte mir nach. Wasser ging also ohne weiteres. Ich nahm dann eine Viertelbanane, doch es erreichte nicht mal meine Zunge, denn der Geruch ließ mich einen Brechreiz spüren. Ich warf das Stück zur Seite und hielt mir, tief ein und aus atmend, die Nase zu. Ich sah gerade noch, dass Edward Alice finster ansah, bevor er sich mir zu wandte. „Nein, es ist alles okay. Nichts passiert“, beschwichtige ich vergeblich. Edward schob das Tablett unwirsch zu Alice. „Probier erst mal Tee und Brühe aus“, meinte er. Ich langte trotzdem nach einem Butterkeks. „Das geht schon. Ich halte mir einfach die Nase zu.“ Und es ging. Wenn ich es nicht roch und schmeckte konnte ich es langsam und ohne bedenken essen. „Und?“, fragte er mich nachdem ich die Brühe und Tee ausgetrunken und den Zwieback und die Butterkekse aufgegessen hatte. „Okay.“ Momentan, ergänzte ich in Gedanken. Seine Erleichterung war ihm ins Gesicht geschrieben, obwohl er es versuchte zu unterdrücken. „Was ist jetzt eigentlich mit der Hochzeit?“, fragte Alice. Ach ja. „Wenn du wieder ganz gesund bist“, sagte Edward zärtlich und achtete nicht auf Alice. Schon kam ich wieder ins Grübeln. Wieso vergaß ich das immer? War das einfach das unterbewusste Verlangen gar nicht heiraten zu wollen? Machte ich das nur aus Pflichtbewusstsein? Hatte es vielleicht gar keine Bedeutung für mich? Warum- Ein Kuss auf meine Stirn unterbrach meine Gedanken. „Hast du Hunger auf etwas anderes? Oder sagen wir Lust oder Appetit?“, erkundigte sich Edward. Hunger hatte ich schließlich nicht, nicht mehr. Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube ich gehe mal eine Runde“, entschied ich und nahm Edward helfenden Arm breitwillig an, denn mir war auf den Beinen wackelig zumute. In der Senkrechten fühlte es sich an, als hätte sich alles in meinem Körper verlagert. Ungünstig verlagert, denn das drückende Magengefühl kam wieder und auch der Reiz, der nicht unterdrückbare Reiz. Ich kniete auf allen Vieren und übergab mich einfach auf den Boden. Ich schaffte es nicht mehr ins Bad. Edward hielt mir die Haare aus dem Gesicht. Es war natürlich genau das, was ich vor ein paar Minuten zu mir genommen hatte und – aus unerklärlichen Gründen – noch ein bisschen mehr, so glaubte ich. Edward legte mich wieder ins Bett und ich schlief direkt ein. Ich spürte einen abartigen Geschmack in meinem Mund. Säureartig. Widerwärtig. „Was sollen wir machen?“ Edward Stimme. „Das kann nicht so weiter gehen. Sie ist völlig kraftlos und wenn das Kind nicht bald Nährstoffe bekommt-“ „Wir schauen mal wie es ihr geht, wenn sie aufwacht. Wenn es ihr nicht besser geht, gebe ich ihr Infusionen. Ich habe vorsichtshalber mal ein paar mitgebracht gebracht gehabt.“ Carlisles Stimme. Er flüsterte fast. „Oh die Arme“, hörte ich Esme sagen und spürte sogleich ihre Hand an meiner Stirn, die hinunter zur Wange strich. Ich wartete noch einen Moment und blinzelte dann ins helle Licht. Es war Tag. „Wie lange habe ich geschlafen?“, krächzte ich. „Nicht lange“, sagte Edward nur und setzte ein versucht herzliches Lächeln auf. „Wie lange“, fragte ich fordernd mit kaum Stimme. „10 Stunden“, sagte Edward dann. Ich neigte den Kopf zu seinem Wecker links. Mittlerweile war Montag. 15 Uhr. Ich seufzte und ließ den Kopf in die Kissen sinken. „Wie fühlst du dich?“, fragte Esme. „Geht so“, sagte ich. Beschissen, dachte ich. Mein Bauch ziepte, mein Magen rumorte, vor Übelkeit krampfte er sich zusammen und ich fühlte mich schwach. „Ich hab den Vorschlag gemacht, dir Infusionen zu geben“, sagte Carlisle, „wäre das in Ordnung?“ Ich nickte. Scheinbar sah ich nicht wirklich gesund aus. Schon huschte er heraus. Nadeln, dachte ich schlicht. Wie absurd, dass mir das zuerst in den Kopf kam und nicht die Freude daran, mein Kind wieder ernähren zu können. Ich drückte Edwards Hand und sah nicht hin, als Carlisle mir die Infusion anschloss. Edward streichelte mir die Wange. „Ich hoffe, dass es geht. Bei dir ist alles nicht so sicher“, sagte Carlisle danach. Ich hatte ein Lächeln erwartet, ich war ja auch wirklich merkwürdig, aber er sah besorgt und mit zusammen gekniffenen Augen drein. Carlisle machte danach noch einen Ultraschall, meinte aber, dass ich noch nicht im achten Monat wäre, obwohl das gepasst hätte, es waren vier Tage vergangen. Der Gedanken daran, dass es vielleicht deshalb wäre, dass das Kind nicht genug Nahrung bekam, nagte an mir. Ich bekam 2 Tage lang Infusionen bis ich wieder einigermaßen normal essen konnte. Ich hatte es zwar weiterhin versucht, doch der Großteil war nicht lange drin geblieben. Donnerstagmorgen fühlte ich mich wieder relativ fit und aß unten im Beisein der Anderen. Zuvor hatte Carlisle mir nun endlich den achten Monat bestätigt. „Bella…“, begann Carlisle dann, als ich fast aufgegessen hatte. Alice sprang plötzlich auf und zwitscherte fröhlich: „So ein herrlich verregneter Tag. Und eine Horde Rehe ist nicht weit entfernt. Lasst uns jagen gehen“, sagte sie mehr bestimmend, als vorschlagend. Esme, Emmett, Jasper und Rosalie, letzte nicht ganz freiwillig, standen auf und flitzen nach ihr hinaus. Edward sah ihnen dankbar nach. Er kannte Carlisles Anliegen sicherlich schon. Ich tappte im Dunklen. „Bella, ich denke, das Kind wird nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Allerhöchstens eine Woche. Ich schätze Montag. Hast du dir mal Gedanken über die Geburt gemacht?“ Ich sah ihn konzentriert an. Ehrlich gesagt, nein. Er schien auch keine Antwort zu erwarten, denn er fragte weiter: „Wir müssen vor allem klären wo und wie.“ „Wo?“ Gab es da Alternativen? „Entweder hier oder in einem Krankenhaus“, sagte er leichthin, „ich würde das schon regeln mit dem Krankenhaus.“ Doch noch während er sprach, schüttelte ich den Kopf. „Mir wäre es lieber hier, wenn das hier ginge.“ „Im Krankenhaus haben wir nur mehr Geräte und Untersuchungsmöglichkeiten“, gab er zu Bedenken. „Wir besorgen sie einfach“, fand Edward. „Ach quatsch“, nuschelte ich zwischen zwei Bissen. „Ja, das wird wohl gehen“, lenkte Carlisle dann nachdenklich ein und sprach dann weiter: „Und wie möchtest du das Kind bekommen?“ Ich kannte die beiden Möglichkeiten, aber kamen die beide für mich in Frage? „Geht denn beides bei mir?“ „Ja. Theoretisch ja“, ich wartete auf Carlisles „Aber“, „nur, dass eine natürliche Geburt unter Umständen gefährlicher sein kann, weil wir ja nicht wissen, was es ist.“ Ich nickte. Ich war mir nicht sicher. „Für wen gefährlicher?“, wollte ich wissen. „Für beide“, sagte nun Edward. Ich wusste nicht ganz, ob ich ihm trauen konnte, denn er hätte das auch gesagt, wenn es nur für mich gefährlich war. Ich glaubte ihm trotzdem. Ich dachte nach. Einerseits wollte ich zwar „dabei sein“, andererseits wollte ich das Kind nicht gefährden. „Was ist für das Kind besser?“, wollte ich weiter wissen. Carlisle zögerte nicht und sagte: „Kaiserschnitt.“ „Hm okay, dann machen wir es so“, dann fiel mir etwas ein, „geht das denn hier? Und könnt- also ich meine-“ „Du vergisst, dass ich zwei Abschlüsse in Medizin habe, ein bisschen was ist schon hängen geblieben, obwohl es länger her ist und die Methoden größtenteils überholt sind“, sagte Edward lächelnd. Ich lächelte ebenso. Ich fand die Vorstellung, dass er das Kind auf die Welt brachte oder mit auf die Welt brachte angenehm. „Gut, dann machen wir es so.“ Kapitel 22: Weiße Idylle ------------------------ Viel Spaß mit dem Kapi =) ------------------------------------------------------- „Alice mach hinne, das ist total anstrengend!“, meckerte ich, obwohl Alice so schnell um mich und das Kleid herumflitze, dass ich sie kaum sah. „Streck noch mal die Arme aus“, sagte sie. Das Kleid saß hinten und vorne nicht. Im wahrsten Sinne des Wortes. Am Bauch zwickte es mittlerweile ein wenig und der Rest schlabberte an mir herum. „Das wird schwieriger als gedacht“, hörte ich Alice murmeln. Ich sah sie erschrocken an. Ihr entging das nicht. „Jaja, natürlich krieg ich das hin. Was müsst ihr auch so spät, auf den letzten Drücker, heiraten“, stöhnte sie. Sie hatte Recht. Wir würden morgen heiraten. Zwei Tage vor der Geburt. Weil Carlisle sich aber nicht sicher war und Sonntag potentiell auch in Frage kommt, haben wir uns für Samstag entschieden, morgen. Ich wusste nicht, was Edward plante, aber scheinbar war es nichts Großes – was mich erleichterte –, denn es müsste ja innerhalb eines Tages organisiert werden. „Alice darf ich mich bitte bitte setzten“, nörgelte ich. Ich wusste nicht, ob das normal war, doch mein Bauch war so groß, dass ich mich nach jeder Treppenstufe schon erschöpft fühlte. Als lasteten Wackersteine auf mir, die ich nicht loswurde. Nun ja, bald schon… mein kleiner Wackerstein. Alice schälte mich mühsam aus dem Kleid und machte sich sogleich an die Arbeit. Ich setzte mich auf den Hocker, strich mit der Hand über meinen Bauch und seufzte sogleich. Alice wandte sich fragend zu mir um. „Sie tritt mich wieder. Oder boxt mich, was auch immer“, ich sah hinab, „sie kann es gar nicht erwarten und versucht es mit Händen und Füßen.“ Alice widmete sich wieder ihrer Arbeit und kicherte leise. Edward war noch mal jagen. Zumindest sagte er das. Ich glaubte eher, dass er die Hochzeit vorbereitete. Ich hatte zwar gesagt, dass ich nur mit ihm alleine sein wollte, aber Alice hatte sich durchgesetzt, mich zur Hochzeit zu fahren. „Wie sieht denn das aus, wenn der Bräutigam selbst mit der Braut dorthin fährt! Denk doch mal an den Kleiderbrauch! Und dich ans Steuer lässt kein Mensch- Vampir der noch bei Trost ist“, hatte sie gesagt und ich hatte ihr Recht gegeben. Damit ich meine Ruhe hatte und sie ihren Willen bekam (sie war immer noch beleidigt nichts organisieren zu dürfen, für meinen Geschmack aber nicht beleidigt genug, was mich misstrauisch machte…). Mehr Zugeständnisse wollte ich ihr nicht machen. „Alice und du denkst daran, dass ich keinen Präsidentenempfang will“, sagte ich deshalb zu ihr, während sie schon mit nähen beschäftigt war. „Jaja“, sagte sie neutral. Ich verdrehte die Augen. Ich konnte ihr nicht trauen. „Ich mache, dass du nichts machst“, bluffte ich. Jetzt sah sie auf und grinste mich an. „Kannst du gar nicht, im Moment macht deine Fähigkeit Babypause.“ Sie grinste breit. Ich seufzte und wollte herausgehen, als Alice mich am Arm hielt. Sie war aufgesprungen. „Warte, Edward ist gerade wiedergekommen. Moment noch“, ich sah wie sie sich konzentrierte, „jetzt kannst du rausgehen. Und sag ihm, wenn er meine Gedanken liest und das Kleid sieht, ist er fällig.“ Sie ließ mich los und ging heraus. Er kam gerade die Treppe hoch, kam auf mich zu und küsste mich. „Es ist alles bereit“, hauchte er mir, mit einer Hand auf meinem Bauch, ins Ohr. „Ich werde die Nacht mit Jasper und Emmett um die Häuser ziehen“, sagte er dann. „Wie jetzt…“ Ich sah ihn verwirrt an. „Du doch auch oder nicht? Junggesellen- Junggesellinnenabschied“, konkretisierte er. „Nö, glaube nicht“, sagte ich ehrlich. Zumindest hatte bisher niemand etwas erwähnt, aber die Pläne des Monsters im Raum hinter mir, waren unberechenbar. Sein Grinsen, das er schnell in einen Kuss umwandelte, bestätigte meinen Verdacht. „Wir sehen uns dann morgen direkt am Altar.“ Ich spürte den Abschied in seinen Küssen. „Jetzt schon?“ Es war Mittag. „Wir haben die ganze Ewigkeit…“, sagte er allerdings nur. Er legte seine seidigen Lippen an meinem Hals und fuhr an diesem hoch zu meinem Ohr, dann zu meiner Wange. Er blickte mir tief in die Augen. Ich spürte seinen süßen Atem auf meinem Gesicht und vergrub die Hände in seinen Haaren, während wir uns leidenschaftlich küssten. „Bella“, knurrte jemand hinter uns. Edward sah verwirrt aus. „Ach ja, wenn du ihre Gedanken wegen des Kleides liest, bist du fällig“, wiederholte ich Alice. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen zu der Tür, hinter der Alice saß. Ich wollte gerade widersprechen, als er grinsend den Kopf schüttelte. „Keine Sorge, sie übersetzt gerade die Schöne und das Biest, wie kitschig Alice“, er seufzte theatralisch, „sehr, sehr witzig“, dann konzentrierte er sich wieder kurz, „in… Hebräisch, Altgriechisch, oh Jukagirisch? Du kannst Jukagirisch?“ Ich verdrehte die Augen und forderte wieder seine Aufmerksamkeit. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und legte meine Lippen an seine. „Pass gut auf unseren Schatz aus“, flüsterte er noch, gab mir einen weiteren heißen Kuss und verschwand. „Und das war kein Jukagirisch“, hörte ich Alice sagen, bevor ich die Treppe herunter ging. „Na ja ungefährlich ist es nicht. Wenn sie während der Hochzeit starke Wehen kriegt, muss Edward unter Umständen an Ort und Stelle entbinden.“ Ich horchte auf. „Glaubst du, dass das Kind vor Sonntag kommen kann?“ Ich schritt die Treppe langsam wieder rückwärts hoch. Esme und Carlisle. „Ich kann nichts sagen. Ich weiß nicht wie entwickelt das Kind ist, was es ist und in welchem Monat sie ist, kann ich auch nur schätzen“, sagte Carlisle entschuldigen. „Ich würde mich so für die beiden freuen, wenn das gut endet.“ Esme seufzte. „Ich doch auch…“ Gab es Anlass dazu, einen offensichtlichen Anlass den ich nicht sah, der das Scheitern so nahe liegend machte?, schoss es mir durch den Kopf. Abgesehen von all den anderen Problemen? „Am schlimmsten wäre es, wenn das Kind ein Mensch wird und Bella sich nach der Geburt sehr rasch, zu rasch verwandelt.“ Ich riss die Augen auf und setzte mich auf die Treppenstufe unter mir. Ich hörte noch ein „Hmmm“ von Esme und dann war alles still. Ich würde mein Kind töten! Wenn es ein Mensch wird und ich mich wieder in den Vampir zurück verwandelte, der am Anfang war, gefährlich und blutrünstig, würde ich es töten! Sie konnten nichts dagegen tun, meine Fähigkeit würde sie aufhalten und dieses Mal würde ich dann keinen Fremden umbringen, sondern mein eigenes Kind!, schrie es in meinen Gedanken. Ich schlang die Arme fest um meinen Bauch. Dieses Kind durfte meinen Bauch niemals verlassen, dachte ich absurd, es wäre zum Sterben verurteilt… oder ich musste einfach gehen… Natürlich gab es einen Junggesellinnenabschied und somit keine großartigen Gelegenheiten mehr, dass ich über Carlisles Worte nachdachte. Ich wollte meine Rolle diesmal gut spielen. Vielleicht war der Junggesellinnenabschied nicht so traditionell – Stripper etc. – aber nervig und anstrengend genug. Alice hatte neben den Partysachen noch ein paar notwendige Babysachen gekauft (unter anderem Bettwäsche, und zwar gleich dreimal, damit ich entschied und nicht sie). Wir räumten sie in die Kinderschränke, ich liebte die daumengroßen Söckchen, die Alice ebenfalls mitgebracht hatte, und ging dann, Alice konnte es gar nicht erwarten, ins geschmückte Wohnzimmer. Wir blödelten auf dem Teppich herum, lachten und aßen (ich zumindest). „Ach Bella, Edward hat mir etwas von dir gegeben, was wir uns ansehen sollten“, fiel Esme ein und flitze aus dem Zimmer. „Weißt du was- klar weißt du“, sagte ich seufzend, als Alice mich angrinste. Schon war Esme wieder da und legte mir ein großes Buch in die Hand. Ich erkannte es wieder: Das Babyalbum aus der Schublade in Charlies Haus. Ich schlug die erste Seite auf. Meine Mom mit mir – wenige Stunden alt – im Arm. So oder so ähnliches sieht das in ein paar Tagen bei mir auch aus, dachte ich unwillkürlich. Ich strich andächtig über die Bilder. „Oh Bella, warst du hübsch“, fand Esme und beugte sich weiter über meine Schulter. Ich blätterte weiter. Esme und Alice kommentierten jedes Foto, während ich still dabei saß und ab und zu in ihr Lachen, ich wusste nicht worum es ging, einstimmte. Konnte ich- Durfte ich so ein Kind gefährden? Ich musste in jedem Fall verhindern, dass ich das Kind direkt nach der Geburt sah. Schließlich wusste ich ja nicht, was aus mir werden würde. „Esme? Wo ist Carlisle?“, fragte ich unvermittelt, während Alice sich über das Nackedei-Bild in der Badewanne freute. „Er hat Schicht im Krankenhaus“, sagte Esme mit verwirrtem Unterton. „Bella nein- wieso?“, flüsterte Alice, die sich augenblicklich versteift hatte. Sie hatte meine Entscheidung gesehen. „Kann ich ihn erreichen? Anrufen?“, fragte ich Esme und nahm keine Notiz von Alice. „Ja, ruf ihn am Besten auf seinem Handy an. Er ruft dich dann zurück.“ Ich ging zum Telefon und hinterließ eine Rückrufnachricht. „Bella, warum?“, sagte Alice, die immer noch zutiefst geschockt aussah. Ich fand nicht, dass es eine so große Sache war. „Es ist besser, wenn Carlisle den Kaiserschnitt unter Vollnarkose macht“, erklärte ich kurz in Esmes Richtung und wand mich dann Alice zu, „wenn das Kind ein Mensch wird und ich-“ „Du hast unser Gespräch gehört“, schloss Esme tonlos. Ich senkte den Kopf nickend, nachdem Esme mich überführt hatte. „Es ist wirklich besser so, wenn-“, das Telefon in meiner Hand klingelte, „Carlisle?“ „Ja, hallo Bella, was gibt’s?“ „Carlisle, sag, kann ich während des Kaiserschnitts eine Vollnarkose haben?“ Pause. „Ja, sicher, wenn du das möchtest.“ Ich bemerkte den irritierten Ton. „Danke, bis dann.“ „Bis dann.“ „Bella ich verstehe dich nicht“, sagte Alice prompt, nachdem ich aufgelegt hatte. Ich wusste nicht wie ich es ihr erklären sollte und sagte gar nichts. Ich blickte auf das aufgeschlagene Album zu meinen Füßen. Alice und Esme sagten nichts mehr. Ich blätterte weiter in dem Album. Alice meinte, dass wir um erst gegen Mittag aufbrechen würden, sodass wir vorher noch genug Zeit hätten. Ich wachte bereits um fünf Uhr in dem mir leer vorkommenden Bett auf – ich war hellwach – und zog mich an. Das war gar nicht so einfach, weil ich meine Füße bzw. Beine nicht mehr sah. Somit hampelte ich auf dem Rücken liegend im Bett herum, um meine Hose überzustreifen. Eigentlich musste ich ja nicht schlafen, aber ich dachte mir, dass es nicht schaden könnte. Schließlich war ich momentan halb Mensch. Außerdem verging die Zeit dann schneller. Ich ging ins Bad, klatschte mir Wasser ins Gesicht, putze mir die Zähne und kämmte meine Haare. Danach lüftete ich Kinderzimmer, das bald bewohnt wurde. Jetzt merkte ich auch, wie sich meine Nervosität äußerte. Ich hatte zwar kein pochendes Herz mehr, aber ein umso mehr strampelndes Baby. „Schhhhh“, machte ich umsonst, „Mama ist nur ein wenig aufgeregt, das wärst du doch an meiner Stelle sicher auch oder?“ Ich setzte mich. Der Bauch kam mir so viel größer vor, als noch vor ein paar Tagen und das Gewicht bestätigte das. Ich strich über meine harte Bauchdecke. Mein Kind... und das Schönste daran: Es war auch Edwards Kind. Wie würde es wohl aussehen? Ach Miss Swan, kamen jetzt mal die gescheiten Fragen?, hörte ich eine Stimme in mir und musste über mich selber lachen. Dann fiel mir etwas ein. Miss Swan. Bald war ich Mrs. Cullen. Wie sich das anhörte, ich gluckste. „Ach hier bist- Ist was passiert?“, sagte Alice, die auf einmal in der Tür stand. „Nein.“ Ich lächelte sie an. Vermutlich war sie das nicht gewohnt. „Ach so“, sagte sie, sah mich weiter ein wenig verdutzt an und erwiderte mein Lächeln. Sie kam auf mich zu und hockte sich neben mich. „So hätte ich dich keine öfter gesehen“, sie strich über meine gehobenen Mundwinkel, „du freust dich sehr oder?“ „Ja und wie. Obwohl ich nicht so nervös sein sollte, es überträgt sich auf meine Tochter“, sagte ich, sah herunter und tastete die Stellen ab, an denen sie mich, sanft bis unsanft, berührte. Alice blickte mich liebevoll an und stand dann auf. „So… kommst du? Ich will dich fertig machen.“ „Jetzt schon?“, fragte ich zurück und bedauerte, dass ich den gerade aufkommenden glücklichen Moment nicht weiter genießen durfte. „Ja ich komme“, entgegnete ich dann widerstandslos und folgte ihr in ihr Zimmer. Genau genommen in das davon ausgehende Zimmer: Ihr „Ankleidezimmer“. „Setz dich her“, sagte sie und deutete im vorbeigehen auf einen Stuhl. Ich wartete nicht lang, schon kam sie mit meinem Kleid herein. „Alice“, sagte ich vorwurfsvoll. Sie hatte das Kleid mit weißen Stoffen verziert. Nicht geschmacklos, aber gegen die Regel. „Glaub mir, es war nicht so einfach es überhaupt umzunähen, aber mit den Verzierungen, ich habe sie wirklich neutral gehalten, fielen die vielen Nähte nicht so auf“, gestand sie. Ich nickte billigend und sie half mir in das Kleid. „Und es ist zu eng“, seufzte Alice. „Geht doch“, sagte ich zwar, aber das war gelogen. Es presste sich um den Bauch an meinen Körper. „Mist“, sagte sie und schon hatte sie es mir wieder ausgezogen. „Alice, nein, es-“ „Warte hier, ich habe noch ein Zweitkleid.“ Zweitkleid?, dachte ich verdutzt, kaum, dass sie den Raum schon wieder betreten hatte. Es war dasselbe Kleid, nur, dass es kaum Verzierungen hatte und mit ein paar wenigen Perlen besetzt war, anstelle von Rüschen oder Ähnlichem. „Das ist viel schöner!“, stieß ich unwillkürlich hervor. „Ja? Es ist-“ „Schlichter“, ergänzte ich strahlend und schon war ich mit Alice’ Hilfe ins Kleid geschlüpft. „Perfekt“, sagte ich und begutachtete mich im Spiegel. „Na ja…“, sagte Alice und zeigte mir die ein wenig schlabbernde Taille, „Augenblick.“ Sie nähte ein paar Minuten daran herum, während ich frühstücken musste, bis es ihrer Meinung nach saß. Ich liebte den fließenden matt glänzenden Stoff. „So, was Blaues haben wir-“, zählte Alice auf und deutete auf das Kleid. „-und etwas Neues“, sagte ich und sah an mir herab zu dem Kleid. „Das gilt nicht. Wir nehmen das als blau“, entgegnete sie lächelnd, „und das ist das geliehene“. Sie legte mir sogleich etwas in die Hände. Ein perlenbesetztes Diadem. „Ein Familienerbstück. Alle Cullens heiraten darin“, erklärte sie. Ich hielt es andächtig in den Händen. Es war wunderschön, aber einfach. Eine Perlenreihe, in der Mitte eine größere Perle. „Alice, das ist-“, wollte ich meine Begeisterung äußern, doch Alice fuhr fort: „Die Schuhe, die wir gekauft haben, sind neu und die hier“, sie breitete die Hände vor mir aus, „sind alt.“ In ihren schalenförmigen Händen lagen weiße metallene Blumenstecker fürs Haar mit spitz zulaufenden Blütenblättern. „Sie haben Edwards Mutter gehört“, erklärte sie, stellte sich dann hinter mich und ich spürte sogleich ihre zarten Hände in meinen Haaren herumfuchteln. Alice steckte mir die Haare gekonnt hoch und arbeitete die Blumenstecker fachmännisch ein. Danach schminkte sie mein Gesicht in hellen Tönen. „So…“, sagte sie und betrachtete mich von vorne, „perfekt.“ Annähernd, dachte ich ergänzend. Denn es sah wirklich vortrefflich aus, wenn ich nicht so ungewohnt ausgesehen hätte. „Alice?“ Sie sah mich forschend an, sie wusste, dass ich jetzt das Thema wechselte. „Kannst du mal für mich nachsehen was meine Mutter macht und wo sie ist?“ Sie nickte knapp. Während sie sich konzentrierte, sah ich in den Spiegel mir gegenüber. Das Baby schien in mir zu hüpfen. Ich war wirklich nervös. Aber nicht wegen der Hochzeit, zumindest gerade in diesem Augenblick nicht, sondern wegen meiner Mutter. Ich hatte es verdrängt eine Entscheidung zu treffen, wie ich weiter mit ihr umging. Ich hatte ihr „leb wohl“ gesagt, doch sie wusste genauso gut wie ich (zumindest hoffte ich das), dass das nicht Abschied für immer geheißen hatte. Ich würde ihr Leben zerstören, wenn ich mich nie wieder melden würde und ich hatte ihr immerhin versprochen, dass ich mich bei ihr melde. „Sie ist bei Phil in Jacksonville und wird gleich in irgendeinen Fotographie-Kurs gehen“, berichtete Alice mir. „Irgendwelche Anzeichen, dass sie her kommt? Oder, dass sie darüber nachdenkt? Oder, dass irgendetwas sie aufhalten könnte her zu kommen, wenn ich sie anrief?“ Alice stutzte. „Du willst sie anrufen? Jetzt? Hältst du das für eine gute Idee?“ Gute Frage. „Ich weiß nicht…“, sagte ich bloß. „Also sie denkt zwar die ganze Zeit an dich, aber sie macht keine Anstalten her zu kommen. Aber ich weiß nicht, wie sie auf einen Anruf reagieren.“ Ich nickte. „Bella, ich glaube es ist besser, wenn du mit ihr nach der Hochzeit oder vielleicht sogar nach der Geburt redest“, schlug Alice vor. Ich nickte wieder. Ein paar Atemzüge stand Alice einfach vor mir und ich dachte nach, bis mein Kind mich wieder an die ursprüngliche Nervosität erinnerte. „Ich glaube ich sollte jetzt erstmal heiraten“, sagte ich dann lächelnd, Alice hielt mir ihre Hand hin, die ich nahm und dann gingen wir runter. In jedem Fall blieben wir nicht auf der Halbinsel Olympic. So viel wusste ich. Und wir fuhren in wärmere Gefilde. Zumindest kam die Sonne öfter zum Vorschein. Nach Stunden, es dämmerte bereits und die Gegend wurde ins Hellorange getaucht, brachte Alice den Wagen am Straßenrand zum Stehen. Um uns herum waren weiter entfernt ein paar Berge, ansonsten nur Wald. Ich blickte sie verwirrt an, als sie ausstieg und Bruchteile einer Sekunde später an meiner Autotür stand und mir aus dem Auto heraushalf. Hier war nichts. Nur Wald. „Alice, bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“ Natürlich wusste ich, dass Alice sich sicher war, aber ich war es mir absolut nicht. Es überstieg meine Phantasie, wo wir hier heiraten sollten. „Jaah, alles bestens liebe Bella“, zwitscherte sie und nahm meine Hand, „wir müssen nur ein paar Meter laufen, keine Sorge, ich trage dich“, sagte sie schnell, als sie meinen entsetzten Gesichtsausdruck sah, „du hättest auch von anderer Seite alleine dahin gelangen können, aber ich vertraue mir mehr als dir“, sagte sie grinsend und deutete auf das Kleid. Ich nickte. Ich, allein, im Wald, in dem Kleid… Katastrophe, sie hatte Recht. Alice gab mir noch meinen Brautstrauß, verschiedene wunderschöne weiße Blumen, nahm mich behände in ihre Arme, darauf bedacht nicht eine Falte in mein Kleid zu machen, und düste los. Kaum, dass ich es richtig wahrgenommen hatte, stand sie schon wieder, stellte mich mit dem Gesicht zu sich auf den Boden. Ich spürte Licht in meinem Rücken, doch sie hielt mich fest, sodass ich nur auf sie und auf den dunklen Wald hinter ihr blicken konnte. „So“, sagte sie und unterzog meinem Outfit einen prüfenden Blick, „perfekt, so lasse ich dich gehen.“ Dann legte sie vorsichtig die Hände über meine Augen und drehte mich zu dem Licht. „Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, sobald du wieder etwas siehst, ist deine baldige Lieblingsschwägerin schon längst verschwunden“, sagte sie mir ins Ohr. Sie küsste mich auf die Wange und hielt ihr Versprechen. Ich sah in das Licht vor mir und erkannte, dass ich am Rande einer Lichtung stand. „Oh Edward du bist wahnsinnig“, murmelte ich prompt, wissentlich, dass er es hören konnte, auch wenn ich ihn in diesem Moment nicht sehen konnte. Ich hielt die Hände rechts und links von meinen Wangen. Die Lichtung war kreisrund und ich glaubte nicht, dass sie es schon immer gewesen war. An manchen Stellen sah der Boden noch ein wenig aufgewühlt und mühsam platt gedrückt aus. Jeder Baum der ersten Reihe um die Lichtung war mit weißen Lampions, ebenso weißem Schleifenband und Bündeln aus weißen Rosen geschmückt. In der Mitte der Lichtung stand eine winzig kleine, alt aussehende – und dann restauriert – Kapelle. Sie war nicht sonderlich hoch. Sie erstrahlte in flieder und weiß. Rechts und links neben dem Eingang standen große Büsche mit weißen Blumen. Um die Kapelle herum waren weiße Rosenberge aufgetürmt unter den (vermutlich) Lampions lagen, die sie von unten erhellten. Aber das Atemberaubendste war die Wiese. Oder Nicht-Wiese. Auf ihr lagen Blütenblätter weißer Rosen, sodass das Gras (oder die Erde oder was auch immer darunter war) nicht sichtbar war. Nur von dem Platz, wo ich stand, führte ein schmaler aber ebener Weg aus strahlend weißen Steinen seitlich zur Kapelle. Ich spürte schon die Tränen in meinen Augen und blinzelte sie schnell weg. Später, sagte ich mir, Alice würde mir das nie verzeihen, wenn ich jetzt mein Gesicht ruinierte. Ich atmete tief durch um mich zu fassen und schritt behutsam den Weg entlang. Ich drehte mich immer wieder zu allen Seiten um die weiße Pracht aus möglichst vielen Blickwinkeln zu sehen. Die untergehende Sonne tauchte das Weiß in zartes Orange. Eine leichte Brise wehte mir die Blütenblätter über die Füße, doch nirgendwo kam der Boden durch. Mir war total mulmig im Magen und das Kind ziepte so heftig, wie mein Herz gepocht hätte. Ich kam an den wenigen Stufen an, die in die Kapelle führten. Ich sah schon bevor ich die Treppen aufstieg zwei Gestalten in der Kapelle stehen. Ich klammerte mich an meinen Brautstrauß. Meine Hände schienen taub zu sein, als ich im Eingang der alten Kapelle stand und sich Edward, er stand seitlich, zu mir drehte. Ich erkannte sein makelloses engelsgleiches Gesicht, das mir entgegen strahlte. Ich presste die Lippen zusammen, damit ich nicht los schrie, auf ihn zulief und in Tränen ausbrach. Ich wusste nicht warum ich nun so theatralisch wurde, aber nach unserer Hochzeit würde er auch offiziell in der menschlichen Welt mir gehören. Nur mir und für immer. Ich versuchte so schnell zu blinzeln, dass die Tränen meinen Augen nicht entglitten, doch es war nahezu aussichtslos. Ich schritt vorsichtig, aber nicht allzu langsam den Gang zwischen den leeren Bänken entlang. Erst in der Mitte des Ganges fiel mir die Dekoration auf. Der Boden, außer der Mittelgang, waren mit Blütenblättern bedeckt, von der Decke erstrahlten Lampions und unter einem Bogen aus weißen Rosen stand der Geistliche (ich bemerkte ihn jetzt erst) mit Edward an seiner Seite. Ich stand nun einen Schritt von Edward entfernt. Er reichte mir die Hand. Ich legte meine Hand in seine und nahm die letzte Stufe zu ihm hinauf. Während der Geistliche irgendetwas sagte und die Tränen mein Make-up zerfließen ließen, sah ich dem Mann, dem Vampir, den ich liebte, tief in die Augen, soweit es mein verschwommener Blick zuließ. Ich hörte nichts mehr, spürte nicht mehr in mich hinein (ich ignorierte die raschen Bewegungen meines Kindes), atmete flach und sah einfach nur in sein Gesicht. Es schien, als wären wir nicht hier. Hier vor einem Geistlichen, hier in einer Kapelle, hier irgendwo im Wald. Sondern irgendwo, an einem anderen Ort, wo es niemand anderen gab und geben wird als uns. Von irgendwoher ertönte Musik, eine Melode, seine Melodie. Sein Blick lag zärtlich auf mir. Und veränderte sich auf einmal. Der Blick wurde wirklicher und das Gold in seinen Augen sah mich erwartungsvoll an. Die Lippen zu einem heimlichen kleinen schiefen Lächeln verzogen. Ich bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Ich blickte, zum ersten Mal, zum Geistlichen, der mich ein wenig forscher und mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. Ich verstand so langsam. „Ich-“, ich blickte Hilfe suchen von Edward zum Geistlichen und wieder zu Edward und wartete auf Bestätigung, die ich dem Schweigen der Beiden entnahm, „ich will“, sagte ich endlich, schlang die Arme um seinen Hals. „Ich will“, sagte er klarer und deutlicher, aber schneller als ich, da meine Lippen schon auf seinen lagen. Ich hörte den Geistlichen irgendwas brummen, scheinbar fand er es nicht so toll, dass ich den Ablauf völlig überging. Danach steckten wir uns gegenseitig die Ringe an. Meine Hände zitterten so sehr und mein Blick war so verschwommen, dass ich fast im Begriff war, den Ring an den falschen Finger zu stecken. Edward sorgte jedoch über das leise unwillkürliche Schnauben des Geistlichen für Ordnung. „Sie dürfen die Braut jetzt Küssen“, sagte der Geistliche seufzend und überflüssig. Edward kicherte leise und ich schlang wieder überglücklich die Arme um ihn, den Brautstrauß hatte ich bereits beim letzten Mal fallen gelassen, und küsste seine seidigen Lippen innig. Und so einfach war das wahrlich nicht, da mein Bauch unverzeihlichst im Weg war. Edwards Hände kreisten über dem Übeltäter, während seine Lippen meine verließen und meine Wange liebkosten. „Das hättest du nicht tun müssen“, flüsterte er mir ins Ohr und ich spürte einen Finger gegen mein Kleid drücken. „Wenn du es hättest verhindern wollen, hättest du es getan“, sagte ich leise, schob ihn ein klein wenig von mir weg und deutete auf die dunkelblaue Blume in seinem Anzug, die perfekt zu der Farbe meines Kleides passte. „Mir gefällt die Farbe auch.“ Erst jetzt musterte ich seinen Körper richtig und nahm den schwarzen eleganten Anzug an seinem schlanken Körper bewusst wahr. „Vielleicht hätten wir üben sollen…“, sagte er dann gedankenverloren, aber grinsend, während ich seine Lippen immer wieder küsste. Na ja… mir war der Ablauf herzlichst egal gewesen und das Ja-Wort kam ja auch nur ein bisschen zu spät (je nachdem wie man bisschen definiert). Dann fiel mir wieder etwas ein. Ich sah mich hektisch um. „Wo ist-?“ „Vermutlich hat es ihm zu lange gedauert“, lachte Edward, „aber wie auch immer“, während seiner Worte gingen wir aus der Kapelle heraus, allerdings nicht den Weg, den ich herein gekommen war, „er hat seine Pflicht getan.“ Wir gelangten hinter die Kapelle, den Teil, den ich vorhin nicht hatte sehen können. Ein Blumen, soweit ich erkennen konnte ausschließlich von Blumen, besetzter Pavillon war aufgebaut und alles leuchtete hell. Der Boden war aus denselben weißen Steinen, wie der Weg vom Wald aus zur Kapelle. Er zog mich an der Hand. „Darf ich bitten, Mrs. Cullen?“ Ich grinste nickend und weitere Tränen kullerten mir die Wange hinab. Ich ließ mich von ihm in den Arm nehmen und ergänzte leise: „Und Cullen-Junior.“ Sein Lächeln wurde warm, voller Stolz. Es war so einfach mit ihm zu tanzen, auch wenn ich mit dem Bauch eher schwerfällig war, glich er das durch seine seichten Bewegungen wieder aus. Ich hatte nicht bemerkt, dass Musik begonnen hatte und woher sie kam, doch wir wiegten uns sanft zu ihr. „Was sagst du zu der Dekoration?“, wollte er nach ein paar Augenblicken innigen Tanzens wissen. „Wundervoll“, brachte ich hervor. Er seufzte gespielt. „Alice fand es-“ Ich küsste ihn schnell. „Du stehst Alice in nichts nach.“ „Lass sie das nicht hören“, sagte er lachend. Nach einem schier endlosen Tanz, die Sonne hatte sich so tief gesenkt, dass es fast stockdunkel war, führte er mich vor den Pavillon und mir stockte, als ob es noch prunkvoller ginge, der Atem. Ein quadratischer Tisch mit einem Kerzenleuchter, Geschirr und Besteck und zwei Stühlen stand auf einem runden weißen Podest. Neben dem Tisch stand ein weiterer, kleinerer, Rundtisch mit einer Hochzeitstorte. Ich bemerkte gar nicht, dass Edward nicht mehr neben mir war, sondern in Sekunden die tausend weißen Kerzen auf den Blütenblättern am Boden angezündet hatte. Candellightdinner. „Wunderschön“, hauchte ich nur, als er wieder neben mir stand und mir dann auf den Podest, danach auf den Stuhl half. „Alice hat versprochen, dass es heute nicht windig wird und die wenigen Brisen von Osten kommen. Also haben wir die Kapelle extra so gestellt, dass der Wind durch sie abgefangen wird und die Kerzen-“ „Wie jetzt, ihr habt die Kapelle so gestellt…“, bemerkte ich verdutzt nach ein paar Sekunden. „Ja… so schwer ist das nicht“, er lächelte, „aber ich muss gestehen, dass Esme die Restaurierung übernommen hat, sie ist da viel geschickter als ich.“ Ich verdrehte lächelnd die Augen. Dann schnitten wir die prächtige Hochzeitstorte an und er tat mir ein Stück drauf. Ich hielt ihm eine Gabel mit Torte hin, bevor ich selbst probierte. „Tut mir leid, aber ich erspare dir nichts“, sagte ich grinsend. Er grinste zurück und ich wusste, dass es ihm nichts ausmachte. Er beugte sich zu mir und seine Lippen umschlossen meine Gabel. „Hmmm, köstlich“, witzelte er. „Spinner“, kicherte ich und machte mir selbst ein Stück Kuchen ab, während er mir zu sah. „Hmmm, köstlich“, sagte ich nun und mir schmeckte es wirklich. Ich beugte mich einen Millimeter vor (viel mehr ging auch nicht), er reagierte, beugte sich selbst, viel weiter, zu mir und küsste mich. „Jetzt dürfen die Kassierer offiziell Mrs. Cullen zu dir sagen“, erinnerte er an die Szene im Möbelhaus, während ich weiter aß. „Und die Kreditkarte stimmt endlich“, fügte er hinzu. „Daran muss ich mich erst noch gewöhnen“, gab ich zu, „Mrs. Cullen…“ „Isabella Cullen“, sagte er, während ich einen weiteren Bissen nahm und er mit einer Strähne spielte, die mir aus dem Haar gefallen war. „Klingt wunderschön, wie Musik in meinen Ohren.“ Mich durchzuckte ein heftiger Schmerz im Bauch, sodass ich den nächsten Bissen gar nicht in den Mund nahm, sondern die Gabel vor meinem Mund hielt. Ich verzerrte das Gesicht, presste die Lippen aufeinander und die Augen zusammen. Ich krümmte mich und hielt eine Hand über den Bauch, während die Gabel immer noch vor meinem Mund weilte. „Bella! Ist dir schlecht?!“, sagte Edward alarmierend. Seine seidigen Finger nahmen mir die Gabel ab, ich hörte wie er sie auf den Teller legte. Ich verharrte, nun beide Hände auf den Bauch gepresst, in derselben Haltung. Ich keuchte. „Bella, bitte rede mit mir“, sagte er flehend. Der Schmerz ließ eine Sekunde später vollkommen nach und ich setzte mich wieder auf. Ich lächelte ihn an. Sein Gesicht wirkte einen Hauch blasser und er sah mich entsetzt an. „Es ist alles okay“, versuchte ich ihn zu beruhigen, „alles halb so schlimm“, beschwichtigte ich ihn weiter. „Ist dir schlecht?“, wollte er wieder wissen. „Nein, es hat nur kurz weh getan“, sagte ich betont gleichgültig. Er musterte mich kritisch. Ich senkte den Blick und nahm die Gabel wieder in der Hand. Doch diesmal, kaum hatte ich die Gabel angehoben, durchfuhr mich der Schmerz länger und heftiger. Die Gabel fiel klirrend auf den Teller. Mir entfuhr ein kurzer Schrei, den ich sofort erstickte, indem ich die Zähne aufeinander biss, um Edward nicht zu ängstigen und ihn nicht zu sorgen. Als ich die Augen öffnete und heftig nach Luft schnappte, hockte er neben mir. Seine Hand glitt neben meinen über den samtigen Stoff um meinen Bauch herum. „Bella, wir fahren nach Hause. Komm“, sagte er leise. „Es ist wirklich-“, japste ich über den Schmerz, „alles- in Ordnung-“ Doch er hörte nicht zu und hob mich hoch. Durch die halb geöffneten Augen sah ich, wie sich das Weiß, die Lichter, die Idylle, mein Paradies, sehr rasch entfernte. --------------------------------------------------------------------- Seufz, so würde ich gern heiraten... Bella ist zu beneiden ... vllt war das auch eher meine Traumhochzeit :P :D Freue mich auf eure Kommis, kuss Vanessa Kapitel 23: Bittere Erkenntnis ------------------------------ Viel Spaß! ^^ -------------------------------------------------------------------------------- Die Wehen hielten nun zwar an, waren jedoch erträglicher. Die Straßenlaternen flackerten durch die Dunkelheit und erhellten für kurze Zeit in gleichen Abständen das Auto. Ich atmete gleichmäßig und lehnte mich zurück in den Sitz. Mich piekste etwas in den Hinterkopf. Ich hatte die Frisur, die Blumenstecker und das Diadem völlig vergessen. Als der Schmerz weniger zu werden schien, hob ich die Hände und friemelte einen Haarstecker nach dem anderen heraus. Edwards – viel geschickteren – Hände fanden die Übrigen und legten alles, inklusive des Diadems, auf den Rücksitz. Ich ließ mich in den Sitz sinken. Die Haare fielen mir nun über die Schultern. Edward drehte den Sitz gekonnt herunter, sodass ich lag. Ich blinzelte zur hin und wieder schwach erleuchteten Decke. „Geht’s?“ Ich nickte langsam. Ich traute meiner Stimme nicht. Es fühlte sich an, als ob in meinem die Sehnen oder was auch immer so lang gezogen wurden, dass es kurz vorm reißen war. Genau dann flaute das Gefühl, der Schmerz, wieder ab. „Hast du starke Schmerzen?“, wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf. Nicht stark aber kontinuierlich. Ich traute mich kaum in mich hinein zu horchen, aus Angst, widersprüchige Gefühle wie an meinen Fiebertagen wahrzunehmen. Doch ein Gefühl war zu deutlich, als dass ich es ignorieren konnte. „Edward“, sagte ich und unterdrückte ein Keuchen, sein Gesicht schnellte zu mir, „kannst du bitte die Sitzheizung herunter drehen?“ „Ich habe sie nicht an“, entgegnete er verwirrt und ich sah aus dem Augenwinkel wie er an seinen Sitz fasste und noch verwirrter aufsah. Er streckte den Arm aus und berührte mit ausgestrecktem Arm meinen Sitz. „Deine Fruchtblase ist geplatzt“, sagte er nüchtern und doch einen Hauch besorgt. „Was?“, fragte ich mit schwacher Stimme und fühlte an dem nassen, warmen Sitz. Die Nässe war mir nicht aufgefallen. Ich hörte wie Edward in sein Handy tippte. „Carlisle- Ja-, ja sie hat recht, ja- oh“, seine Stimmlage änderte sich kurz, „okay gut, bis gleich“, sagte er in unregelmäßigen Abständen. Ich sah ihn fragend an. Ich fühlte mich so unendlich kraftlos. „Alice hat es bereits gesehen. Carlisle bereitet alles vor, das Kind heute zu holen. Er hat etwas von einer Narkose gesagt… du willst das Kind unter Vollnarkose auf die Welt bringen?“ Ich nickte nur. Er registrierte das und trat das Gaspedal noch weiter herunter. Der Motor heulte auf und das tat er für gewöhnlich nicht mal bei für Edward „normalen“ Geschwindigkeiten. Eilig trug er mich aus dem Auto in Carlisles Arbeitszimmer. Ich erkannte schemenhaft das mit weiß geschmückte Haus an mir vorbei rauschen und mehrere wunderschöne Vampire (natürlich hatte Alice nicht Wort gehalten). Augenblicklich lag ich auf einer Unterlage. „Bella, wie fühlst du dich?“, fragte Carlisle. „Gut“, sagte ich mit einem Gurgeln. „Ich werde dir jetzt die Narkose verabreichen und danach den Kaiserschnitt machen. Du wirst in ein paar Stunden wieder aufwachen“, erklärte er fachmännisch. Ich sah wie Carlisle von mir weggezogen wurde. „Das ist doch viel zu gefährlich Carlisle! Du bist kein Anästhesist!“, hörte ich Edward nachdrücklich sagen. „Ich weiß, aber es ist ihr Wunsch! Außerdem weiß ich nicht mal ob die Narkose in ihrem Körper, in unserem Teil, wirken wird. Wenn nicht ist es nur eine örtliche Betäubung, wie es normalerweise auch der Fall ist“, wisperte Carlisle. „Bella Schatz“, sagte Edward zu mir. Er hatte meine rechte Hand in seine beiden genommen. Er küsste meine Finger. „Willst du das wirklich?“ Ich nickte. Natürlich klang das für ihn komisch. Er kannte ja auch meine wahren Beweggründe nicht. Es war besser wenn ich bewusstlos war, eine reine Vorsichtsnahme, rief ich Edward in Gedanken entgegen, als würde er es dann hören können. Ich wollte, dass er es wusste, aber ich wollte es nicht sagen müssen. Er beugte sich vor, küsste meine Wangenknochen und ging dann auf die andere Seite, während Carlisle, beruhigend lächelnd, an seine Stelle trat und mir die Narkose verabreichte. „Bella“, hörte ich einen erleichterten Seufzer ganz nah bei mir, als ich die Augen in unserem Apricot-Bett öffnete. „Wie ich gesagt habe.“ Ein triumphierender Ton, der natürlich Alice gehörte. „Hey“, sagte ich lächelnd, als ich seine Sorgenfalten sah, „guck nicht so, sehe ich so scheußlich aus?“ „Ach Bella“, sagte er schmunzelnd, aber weiterhin besorgt und küsste mich kurz auf die Lippen. „Darf ich das jüngste Familienmitglied der Cullens vorstellen?“, vernahm ich Esmes Stimme, die mit einem kleinen Bündel Tücher gerade ins Zimmer schritt. „NEIN!“, schrie und sah wie die umstehenden, genauer gesagt alle Cullens mit Ausnahme von Jasper, Emmett und Rosalie, die nicht anwesend waren, zusammen zuckten, „GEH WEG ESME! GEH WEG!“, schrie ich aus vollem Leib. Und richtete mich ein wenig zu schnell auf. Ich spürte einen Schmerz, irgendwo in meinem Körper. Ich sah, dass Esme wenigstens herausging, während Edward bei mir war und mich wieder in die Kissen drückte und mir übers Gesicht strich. Unter seiner Maske, einem warmen sanften Lächeln, war er zutiefst erschrocken über meine Reaktion. Ich richtete mich jedoch sogleich wieder auf und strampelte die Decke herunter. Ich zog mein T-Shirt bis unters Kinn, ich kümmerte mich nicht darum, dass sie alle um mich herum standen und mich anstarrten, und begutachtete meine Körper. Ich sah winzige Narben an meinem Unterleib und strich über meinen Bauch. Er war immer noch farbig und warm. Mein Dekolleté war kalt und hart, wie immer. Ich achtete nicht auf die anderen, die immer noch stumm da standen und sah mir meine Beine und Arme an. Vampirkalt, vampirblass. Mein Gesicht ebenso. Ich drehte mich zur Seite um auf meinen Rücken sehen zu können und berührte ihn. Warm und farbig. „Bella…“, sagte Edward vorsichtig. „Hm?“, sagte ich, als wäre es das Normalste der Welt sich nach einem Kaiserschnitt zu betatschen und alles anzusehen. „Was genau machst du?“ Seine Stimme klang immer noch sehr zögerlich. „Ich bin noch halb oder?“, fragte ich kindlich. „Jaah“, sagte er langsam und wusste scheinbar immer noch nicht, worauf ich hinauswollte und was ich tat und wieso. „Wann verwandele ich mich?“ Er überging meine Frage. „Kann ich kurz alleine mit dir reden?“, fragte er und sah mich an, während die anderen das Zimmer verließen (als ob sie es nicht sowieso klar und deutlich hören konnten, aber scheinbar fand er es angebrachter). „Schieß los“, sagte ich fast heiter. Und das war ich auch. Ich war nicht sofort wieder ein Vampir geworden und somit – erstmal zumindest – nicht gefährlich. „Sag mir bitte, warum du das gemacht hast.“ „Ich wollte nur sehen-“, begann ich, während ich auf meinen Bauch blickte. „Das meine ich nicht“, unterbrach er mich gleich, „bzw. das meine ich auch, aber vor allem, warum du eine Vollnarkose wolltest.“ Die scheinbar gewirkt hatte, fiel mir ein und dann konzentrierte ich mich auf die Antwort. Ich wollte es ihm sagen, aber ich wollte es ihm schonend beibringen. „Na ja… ich habe mir überlegt, dass ich nach der Geburt wieder ein Vampir sein könnte und mein Kind ein Mensch, eigentlich habe ich das von Carlisle abgehört“, gestand ich schnell dazwischen, „und wenn das so wäre, dann wollte ich nicht direkt das Kind in den Armen halten und aussaugen.“ Ich schnaubte mit einem schmalen Grinsen auf. Edward wartete. Doch als ich nicht fortfuhr fragte er: „Und was hättest du getan, wenn du jetzt festgestellt hättest, dass du ein Vampir bist?“ „Ich wäre gegangen“, sagte ich ohne zu überlegen. Er zog die Augenbrauen zusammen. „Gegangen?“ „Ja, bis ich meinen Durst kontrollieren kann. Dann erst-“ „Ach Bella“, seufzte er, „das Thema hatten wir doch schon. Du kannst dich nicht selbst enthaltsam werden lassen. Niemand kann das, fast niemand“, korrigierte er hastig, „wir werden dir helfen.“ „Meine Fähigkeit, schon vergessen?“, erinnerte ich ihn. „Wir werden eine Möglichkeit finden“, sagte er. „Die Volturi haben auch keine gefunden“, murmelte ich. Er sagte nichts. „Kannst du Alice holen?“ Ich hatte die Frage nicht mal ausgesprochen, schon schneite sie herein. „Zu Diensten Madame“, sagte sie lächelnd. „Ich habe eine Bitte… Kannst du mir Bescheid sagen, wenn du siehst, dass ich wieder ein Vampir werde? Ich meine, dass ich wieder durstig werde? Geht das?“ „Kein Problem, ich konzentriere mich in nächster Zeit einfach auf dich“, sagte sie leichthin. „Und weiter?“, fragte Edward. „Bis Alice es sieht, kann ich bleiben. Kurz vorher muss ich gehen, damit ich mein Kind nicht töte“, erklärte ich. Er sagte nichts. Alice sagte nichts. „So und jetzt“, sagte ich und stand auf, „sehe ich mir das mal genau an.“ Ich ging mit Alice und Edward im Schlepptau ins Kinderzimmer. Ins leere Kinderzimmer. „Sie ist unten bei Esme“, erriet Edward meine unbeantwortete Frage. Ich nickte und ging herunter ins Wohnzimmer. Esme saß mit dem Tüchterbündel von eben auf der Couch. Ihre Haare fielen leicht über das am Fläschchen nuckelnde Kind, mein Kind. Carlisle stand hinter ihr, eine Hand auf der Schulter. Sie blickten es liebevoll an. Welch schönes Bild, schoss es mir durch den Kopf. Beide sahen auf, als sie uns bemerkten. „Bella“, sagte Esme mit einem herzlichen Lächeln, stellte das Fläschchen auf den Couchtisch und kam zu mir. Vorsichtig, als hielte sie eine Bombe in der Hand, schritt sie auf mich zu. Sie legte mir mein Kind andächtig in die Arme. Meine Tochter. „Hm“, machte ich. Ich sah es an. Ich fühlte es in meinen Armen. Nichts. Kein Gefühl. Als trüge ich ein Leib Brot. Es berührte mich nicht. „Hm?“, fragte Edward irritiert über diese belanglose und unpassende Äußerung. „Sie ist nicht annähernd so hübsch wie du“, sagte ich gespielt enttäuscht, um meinen wahren Grund zu verbergen. Er tippte mir auf die Nase. „Aber dafür so schön wie du.“ „Nein“, stöhnte ich und hielt mir sofort mit einer Hand den Mund zu. Ich liebte dieses Kind nicht. Ich empfang nichts für sie, gar nichts. Da war nichts. „Was ist Bella?!“, sagte Edward leise aber umso erschrockener. „Nichts nichts“, sagte ich schnell und ergänzte gespielt erfreut und triumphierend: „Sie hat deine Augen! Deine Augen von damals!“ Ihre grünen Augen hatten mich kurz angesehen, als sie die schwachen Augen geöffnet hatte. Edward seufzte belustigt. Er schien nichts zu bemerken. Ich hielt die Hand an ihre nackte Haut. Sie war warm. Dann tastete ich nach ihrer Brust und spürte ein pochendes Herz. Erst wunderte ich mich gar nicht darüber, da ich völlig damit beschäftigt war, damit fertig zu werden, dass ich für dieses Kind, mein Kind, nichts empfand. Nicht mehr als für einen Stück Holz, dachte ich bitter und geschockt. Dann überraschte mich das pochende Herz doch und die Neugier übermannte mich. „Ist sie ein Mensch?“, fragte ich ein wenig ungläubig in Carlisles Richtung. „Ja, aber sie trägt Edwards Gift in sich und deins vermutlich auch. Seine Gene, deine Gene. Ich weiß es nicht, aber sie wird sich irgendwann verwandeln“, antwortete er mir. „Irgendwann?“ „Wohlmöglich ja.“ Ich kniff die Augen angestrengt und konzentriert zusammen. Dann fiel mir etwas ein. „Aber ist es für euch nicht schrecklich? Ich meine, ein Mensch-“ „Es ist für uns nicht schlimmer oder besser als sonst auch“, fiel mir Edward ins Wort. Nach einer Pause ergänzte er ein wenig leiser: „Aber Jasper musste erstmal aus dem Verkehr gezogen werden. Zuviel Blut bei der Geburt.“ Stimmt ja, Jasper war nicht da. Rosalie und Emmett auch nicht. „Wir haben ihr noch keinen Namen gegeben“, unterbrach Esme die dann folgende Stille. „Hast du dir was überlegt?“, wollte Alice wissen, die seit ein paar Sekunden um uns herum tänzelte. „Ehrlich gesagt nein.“ Das war mein geringstes Problem, fügte ich in Gedanken hinzu. Ich setzte mich auf das Sofa und sah mein Kind an. Ich tat so, als dachte ich über einen Namen nach, doch ich versuchte zu ergründen, warum mir dieses Kind nichts bedeutete. Die winzigen Hände, die kleine Nase, das schmatzende Geräusch – das alles hätte mich genauso glücklich aussehen lassen müssen wie Esme eben. Es hätten mich wohligen Gefühlen – Muttergefühlen – überkommen müssen. Doch da war nichts. „Darf ich dir einen Vorschlag machen?“, fragte Edward. Ich nickte, meinen Blick weiter auf dem Kind haftend. „Was hältst du von ‚Charlie’?“ Es hatte seine Augen und meine Nase. Seine Haarfarbe. Zumindest fast, sie war ein Hauch dunkler. Es war tatsächlich mein Kind. Das Wesen was in mir getreten, gestrampelt und sich bemerkbar gemacht hatte. Das Wesen was ich so sehr in mir geliebt hatte. Hier und jetzt, wo es draußen war, spürte ich nichts. „Charlie?“ Edward kniete nun vor mir. Ich verhielt mich zu auffällig. Was hatte er gesagt? Charlie? Meine Tochter sollte Charlie heißen? Charlie? Wie mein Vater? Charlie? Wie der Mensch, den ich über alles geliebt hatte und in den Tod riss? Charlie? Mein geliebter Vater, der für mein Leben und somit dieses Kind gestorben war? Niemals. „Nein, nicht Charlie!“, sagte ich mit erstickter Stimme kopfschüttelnd und blickte ihn flehend an. Er nickte und blieb vor mir Hocken. Ich wollte es nicht in meinen Armen halten. Ein so liebreizendes Wesen für das ich nicht gebührend empfand. Ich dachte nicht darüber nach, sondern stand auf und ging an Edward vorbei zu Esme. Ich reichte ihr mein Kind. „Bitte such du einen Namen aus-“ „Aber Bella-“, sagte sie erschrocken und verständnislos. „-und kümmere dich um sie“, bat ich. Ich ging schnell, ohne zu laufen, aus dem Zimmer, die Treppen hoch und ins Kinderzimmer. Wohl wissend, dass Edward mir folgte. Ich schritt ins von mir so oft vorher besuchte Zimmer und ging zuerst zum Kinderbett. Dann zur Wickelkommode. Dann zum Kleiderschrank, den ich aufriss und dessen Inhalt ich mir genau ansah. Ich spürte Edwards kritischen Blick in meinem Nacken. Doch das war mir egal. Ich wurde panisch. Nichts. Nichts. Nichts. Keine einzige Regung. Die ganze Vorfreude, die ganze Liebe, die ich dem Kind vor der Geburt entgegen gebracht hatte. Das Bett, der Schrank… alles nur Möbel, irgendwelche Möbel. Irgendwas. Ich kniete mich vor den Sessel und strich mit einer Hand über den Sitzplatz. Wie oft hatte ich hier gesessen… meinen Bauch liebkost… ihn gestreichelt… mir vorgestellt wie es wäre… Ich hatte auch gezweifelt, aber in diesem Zimmer hatte ich mich wohl gefühlt, so glücklich. Wo war das in mir? War es einfach weg? Aus mir heraus wie das Kind? Ich hörte ein nicht allzu lautes Babygeschrei, das lauter wurde, und kurze Zeit später, setzte sich Esme im Schneidersitz neben mich und hatte ein Fläschchen in der Hand. „Sie hat Hunger, möchtest du sie füttern?“, fragte sie mit einem so warmen mütterlichen Ton, dass es mir das Herz zerriss. Ich brach in Tränen aus. „NEIN!“, schrie ich wie zuvor, „GEH WEG! NIMM ES, DU KANNST ES HABEN! ICH WILL ES NICHT!“ Meine Stimme war schrill aber kraftlos. Ich hatte die Stirn auf den Sessel gelegt. Ich spürte zwei Hände auf meinen Schulter und dann Edwards Lippen ganz nah an meiner verweinten Wange. „Bella was ist denn mit dir?“ Seine Stimme hatte einen verzweifelten Unterton. Ich antwortete nicht. Ich konnte ihm doch nicht sagen, dass ich unser gemeinsames Kind nicht liebte! Er war bestimmt überglücklich und stolz… und ich sag ihm „Hey, sie bedeutet mir nichts, ich empfinde nichts für dieses Wesen“? Er nahm mein nasses Gesicht in beide Hände und sah mich eindringlich an. „Bitte sag mir was du hast.“ Seine Stimme war genauso eindringlich. Wie konnte ich mir eigentlich sicher sein, dass ich ihn liebte?, schoss es mir durch den Gedanken, während ich anfing, alles anzuzweifeln. Ich drehte das Gesicht weg von ihm, faltete die Arme auf dem Sessel und legte das Gesicht hinein. Ich weinte. Das Babygeschrei neben mir, das Geschrei meiner Tochter, das mich nicht im Mindesten berührte, verstärkte meinen Heulkrampf nur noch mehr. Das Geschrei entfernte sich langsam. Ich weinte weiter. Edward streichelte über meinen Rücken. Was tat ich eigentlich hier? Was tat ich eigentlich noch hier? Ich liebte es nicht und sollte einfach gehen. Edward wird ein guter Vater, ist ein guter Vater und Esme kann dem Kind eine gute Mutter sein. Ich stand auf und wollte aus dem Zimmer gehen, doch Edward hielt mich am Unterarm fest. „Wohin gehst du?“ „Lass mich“, sagte ich unwirsch und zappelte, damit er mich los ließ. Doch meine – zurzeit menschlichen – Kräfte reichten nicht aus. „Ich möchte wissen, was los ist, eher gehst du nicht“, sagte er nahezu drohend und ich spürte, wie wichtig es ihm war. Er wollte es nicht anders. Ich drehte mich zu ihm um und sah zu Boden. Er ließ seine Hand sinken. Ich biss mir auf die Lippe und zwang mich in anzusehen. „Ich liebe das Kind nicht! Ich- ich liebe es nicht!“, wiederholte ich mich nachdrücklich. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Keine, die ich deuten wollte oder konnte. „Es ist wie ein Stück Holz in meinen Armen. Nichts, einfach nichts!“, verdeutlichte ich meine Worte, damit er begriff, dass ich nicht länger bleiben konnte und durfte. Ich wollte dem Glück meiner Tochter nicht im Wege stehen. „Bella Liebes“, es war erschreckend zu sehen, wie erleichtert er über diese „läppische“ Nachricht zu sein schien, „das gibt sich. Natürlich liebst du unser Kind, du-“ „Nein Edward! Nein! Ich liebe es nicht! Ich werde es nie lieben können“, kreischte ich hysterisch zurück und nun rannte ich wirklich aus dem Zimmer. Ich legte mich in unser rundes Bett, zog die Knie an den Körper und bedeckte mich vollkommen mit der Decke, die ich krampfhaft festhielt. „Schhhh, ganz ruhig, kleiner Schatz“, hörte ich auf einmal Esme Flüstern. Ich schreckte hoch. Doch im Raum war niemand. Ich verkroch mich wieder unter der Decke. Mein phänomenaler, vampirischer, Hörsinn war wieder da. Meine Eingeweide krampften sich zusammen. Wie lange- wie lange würde es noch dauern bis ich wieder eine blutrünstige Neugeborene war, die der eigene Tochter aus Durst nach dem Leben trachten wollte? „Du hast es gesehen, du hast es gehört. Was soll ich tun? Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht was sie sagt.“ Edwards Stimme, die mich erschaudern ließ. Ein Seufzen, das wahrscheinlich Carlisle gehörte, der danach sprach: „Ich kenne dieses Phänomen bei menschliche Frauen. Hin und wieder haben wir Frauen im Krankenhaus – Mütter – die genau dasselbe sagen wie Bella. Bella hat eine Depression, ausgelöst durch die Geburt. Natürlich hat sie Gefühle für ihr Kind, aber die sind jetzt soweit weg und versteckt, dass sie nicht an sie glaubt und sie auch nicht spürt.“ „Was können wir tun? Was macht ihr mit den Frauen im- Tabletten?“, nahm Edward vermutlich Carlisles Gedanken vorweg, „Wie kann das helfen, sie ist ein Vampir!“ „Die Tabletten sind die eine erste Möglichkeit und helfen in vielen Fällen schon ausreichend. Sie bringen Seele und Körper in Einklang. Bei Bella ist das natürlich schwieriger. Ich glaube, dass sie nur wirken, wenn sie überhaupt wirken, solange sie ein Mensch ist oder so menschlich wie eben jetzt. Danach weiß ich nicht-“ „Gib mir welche, wo kriege ich die her? Schnell!“ Edward Ton war hektisch. „Edward warte, hör mir zu-“ „Ich weiß, ich darf sie nicht zwingen, sie muss es einsehen, sonst wird alles nur noch schlimmer.“ Einsehen? Einsehen, dass ich verrückt war? Dass ich krank war? Dass ich eine Gefahr für mein eigenes Kind darstellte? Einsehen, dass ich mein Kind nicht lieben kann? Daran würden auch ein paar Pillen nichts ändern, dachte ich bitter. Da hatte ich sie… die Probleme, meine spezifischen Probleme, vor denen ich mich so gefürchtet hatte. Natürlich keine einfach zu lösenden Probleme wie die des Paares von damals, damals… Ich hörte Schritte, die den marmornen Boden entlang glitten. Ich wollte hastig hervor kriechen, doch er stand bereits in der Tür. Ich erkannte in der linken Hosentasche seiner Jeans sanfte Ausstülpungen. „Als ob Pillen helfen“, sagte ich mürrisch. „Du hast gelauscht?“, fragte er vorwurfsfrei aber verwirrt. „Nein“, es war die bittere Wahrheit, „ich habe es gehört.“ „Ach so“, sagte er nur. Eine Weile schwiegen wir. Dann verdrehte ich die Augen, streckte eine Hand aus und gab nach: „Na meinetwegen, wenn es dich glücklich macht“, er sah mich fragend an, „gib mir die Dinger.“ „Bella…“ „Gib her! Bitte“, fügte ich ein wenig freundlicher hinzu. Ich wusste, dass er sagen würde, ich müsse es auch wollen, ich müsse es einsehen… Er nahm die Pillen aus seiner linken Hosentasche und reichte sie mir mit dem Glas Wasser vom Nachttischchen. Ich brach, nach seiner Anweisung, zwei heraus und schluckte sie mit Wasser herunter. „Woah, ich fühle mich schon gleich viel besser“, sagte ich sarkastisch. Doch Edward lächelte, setzte sich zu mir und nahm mich in den Arm. Meine Stimmung schlug von mürrisch, trotzig und stur in traurig und ängstlich um. Ich legte den Kopf an seine Brust. Ein paar Tränen verließen meine Augen. Ich nahm brav die Tabletten, die Edward mir dreimal am Tag pünktlich gab. Hin und wieder kam mir der Gedanke, dass es Placebos waren. Carlisle konnte doch nicht so dumm sein zu glauben, dass seine Psycho-Tabletten bei mir wirkten?! Ich nahm sie trotzdem. Niemand anderen sah ich (hören konnte ich sie natürlich), nur Edward kam zu mir. Am dritten Abend saß ich auf dem Bett. Mein Handy in der Hand. …724, tippte ich. Mein Daumen glitt über die grüne Taste, huschte jedoch schnell wieder zurück auf die rote Gabel. Ich seufzte. Nicht jetzt, nicht heute, irgendwann, sagte ich mir, das Problem „Mutter“ musste ich noch ein wenig verdrängen. Was sollte ich ihr auch sagen? „Hi Mom, ich hab noch schnell vor der Geburt geheiratet und das Kind ist jetzt da. Aber ich liebe es nicht, ich bin depressiv und hocke seit drei Tagen in meinem Zimmer und schlucke Pillen.“ Sie würde auf der Stelle in Ohnmacht fallen. Ich legte das Telefon auf den Tisch. Aber es stimmte. So war es. Ich fühlte nichts. Ich atmete tief ein und aus… aber probierte ich es auch? Genau genommen saß ich im Zimmer und wartete. Auf ein Wunder, auf ein Erdbeben, auf einen Meteoriteneinschlag… ich wartete einfach. Auf irgendetwas. Ich seufzte wieder. „Edward?“, sagte ich mit normaler Stimme. Er würde mich hören. Prompt kam er ins Zimmer. „Kannst du mir das- mein Kind bringen?“, fragte ich zögerlich und änderte somit meinen Plan. Ich hätte natürlich auch einfach ins gegenüberliegende Kinderzimmer spazieren können, aber ich hatte Angst diesen Raum zu betreten. Oder ins Wohnzimmer zu den anderen zu gehen, falls sie gerade bei Esme war. „Natürlich“, sagte er lächelnd und verschwand. Ich grinste. Hinter seinem Lächeln hatte viel mehr Freude gesteckt, als er zugeben wollte. Natürlich freute er sich, wenn seine Ehefrau wieder zur Besinnung kam. Augenblicklich kam er wieder herein. Er schritt – in menschlichen Tempo – auf mich zu. Sein warmer Blick galt dem kleinen Kind in seinen Armen. Er setzte sich, den Blick immer noch an ihr haftend, neben mich und reichte sie mir. „Schau mal Prinzessin, deine Mama“, sagte er zärtlich, übergab sie mir und küsste mich auf die Stirn. „Hey du Winzling“, sagte ich um überhaupt etwas zu sagen. Sie trug einen weinroten Strampler und ein weißes Mützchen. Ich betrachtete sie. Sie war so schön. Sie war das, was andere „süß“ nannten, fest in den Arm nehmen und küssen wollten. Ich strengte mich an, doch dieses Bedürfnis hatte ich einfach nicht. Edward strich mit dem Finger über ihre Wange. Ich spürte ganz deutlich wie sie unmerklich erschauderte. Sein Finger fuhr ihr über den Arm und berührte dann ihre Hand. Zwar schauderte sie, als der kalte Finger sie berührte, doch sie griff fest, bevor Edward seine Hand wegnehmen konnte, nach seinem Finger. Ich lachte auf. „Sie ist wie ich.“ „Natürlich ist sie wie du, aber was meinst du im Speziellen?“ „Obwohl es ihr unangenehm war, dass du sie berührst, will sie dich und kommt nicht von dir los“, erklärte ich und blickte nun vom meiner Tochter auf. Mir wären fast wieder die Tränen gekommen, als ich in das göttliche Gesicht von ihm sah. Ich beugte mich vor und küsste sanft seine Lippen. Ich spürte seinen leicht angespannten Kiefer. Sie war immer noch ein Mensch… „Wie geht es Jasper? Ist er wieder da?“ „Ja, er ist okay. Es war für ihn nur am Anfang heftig, wegen des Blutes bei der Geburt und so. Sie duftet nämlich herrlich. Wie du damals“, sagte er und küsste sie auf die Stirn. „Also… geht das für euch? Ist es schlimmer als bei Erwachsenen?“, fragte ich unsicher, während ich meine Tochter warm in meinen Armen spürte. „Nicht unbedingt. Eigentlich gibt es nur zwischen Menschen unterschiedliche Gerüche. Nicht zwischen den Altersstufen. Es war besser, dass Emmett ihn erst mal aus dem Verkehr gezogen und auf Abstand gehalten hat. Das viele Blut hat ihn sehr auf die Probe gestellt.“ Ich nickte, während ich meine Tochter weiter betrachtet. Jetzt bewegte sie sich schon mehr. Sie zappelte mit den Armen und tastete immer wieder ins Leere. Ihre Beine strampelten und ihr Köpfchen kuschelte sich an meinen Arm. „Bella…“, begann Edward, bei seinem zögerlichen Ton sah ich auf, „wir haben ihr einen Namen gegeben. Ich hoffe du bist nicht böse, aber wir wollten nicht die ganze Zeit „Kind“ oder „sie“ sagen-“ „Nein, ist schon okay, wie heißt sie denn?“, sagte ich kopfschüttelnd. „Nela“, enthüllte er, „Wenn er dir nicht gefällt-“ „Nein, der ist toll“, sagte ich schnell, denn schlecht fand ich ihn wirklich nicht (meiner wäre mit Sicherheit nicht besser gewesen, ich wäre zu fantasielos), „wer hat ihn ausgesucht?“ „Esme und ich.“ „Wer?“, fragte ich fordernd. „Esme“, gab Edward mit einem sehr leisen Seufzer nach, als wüsste er worauf ich hinauswollte. Gut, dachte ich. Irgendwann würde mein Plan B greifen, ich würde weggehen, wenn ich im Begriff war mich wieder zu verwandeln, und dann wäre es nicht schlecht, wenn Nela eine gute Mutter bekam. Dass Esme den Namen ausgesucht hatte, kam mir gerade recht. Nela hielt immer noch Edwards Finger fest umklammert, obwohl ihre Hand schon blau zu werden begann. Ich schmunzelte. Mir wäre es auch egal gewesen. Ich streichelte über das leicht blaue Händchen und augenblicklich umschloss sie meinen Finger. Ich kuschelte mich ganz fest an sie. „Wie geht es dir?“, wollte Edward wissen, der nun mir mit dem Finger die Haare aus dem Gesicht strich. Ich wusste, dass seine Frage auf meine Muttergefühle ausgerichtet war. „Besser“, sagte ich nur, denn ich wusste nicht, ob ich Nela liebte. Sie war mir nicht mehr gleichgültig, so viel konnte ich vielleicht sagen. Das warme kleine Wesen in meinem Arm… Plötzlich verzerrte sie das Gesicht zu einer Grimasse, kniff die Augen zusammen und begann zu erst leise, dann lauter werdend zu schreien. „Edward!“, sagte ich erschrocken und hielt ihm meine weinende Tochter hin. Er lächelte zärtlich, nahm sie aber nicht, sodass ich sie ein wenig sinken ließ, mit Abstand zu meinem Körper. „Sie hat nur Hunger“, sagte er schlicht. Ich konnte das Schreien nicht ertragen. Sie durfte nicht weinen. Sie würde noch genug Schmerz ertragen müssen, wenn sie älter war, schoss es mir unwillkürlich durch den Kopf. „Was soll ich tun?“ Ich bemerkte den panischen Unterton in meiner Stimme. „Sie füttern“, sagte Edward geduldig und strich über meinem Arm. Ich sie? Meinte er- „Kann- kann ich sie-“ „Wenn du das möchtest, kannst du es probieren.“ Ich überlegte einen Moment. Wäre es gesund für sie, wenn ich sie stille? Aber sie war in mir drin gewesen… machte das einen Unterschied? Ich zog mich kurzerhand aus und legte sie, mit leicht zitternden Händen an meine Brust. Ich spürte ihre zarten Lippen an mir und- sie trank. „Es geht“, sagte ich triumphierend und strahlte Edward an. Er strich mir über die Wange und küsste mich. „So gefällst du mir viel besser“, hauchte er. Ich war fasziniert. Mein Baby. Ich presste sie ein wenig fest an mich. Es war auch ein schönes Gefühl sie an mir und, nicht wie während der Schwangerschaft, in mir zu spüren. „Na schön“, murrte Edward unvermittelt nach einer Weile und stand auf. Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Was ist?“, fragte ich, als er nichts sagte. Nun sah er verwirrt aus. „Hast du es nicht gehört?“ „Was denn?“, fragte ich, während Nela scheinbar satt war. Sie legte ihr Köpfchen auf meinen Arm. „Carlisle hat gerufen. Hast du es nicht gehört?“, fragte er wieder. Ich zog mich an. „Nein… du meinst gerufen, wie ihr ruft?“ Also eigentlich nur normal gesprochen… Er nickte. „Hm“, machte ich nachdenklich. Adé Vampir-Hörsinn, dachte ich. Auch Edward verstand, denn er sagte: „Wir warten einfach ab, wir haben alle Zeit der Welt.“ Ich erwiderte seinen Kuss schnell und ging ihm, mit Nela im Arm, nach. -------------------------------------------------------- Freue mich auf Kommis, Kuss Vanessa Kapitel 24: Wahrheiten ---------------------- Es geht weiter... -------------------------------------------------------------------------- Die Dekoration von der Hochzeit, abgesehen von den Blumen, hing immer noch. Scheinbar hatte sich Alice nicht die Mühe gemacht, sie abzuhängen. Mein Blick fiel zuerst auf sie, als wir das Wohnzimmer betraten, wo alle anderen Cullens ebenfalls abwesend war. Sie sah fast schmollend aus, stellte ich verwundert fest, doch ich wurde durch Carlisle und Esme, die auf uns zukamen, abgelenkt. „Bella!“, sagte Esme, umarmte mich und küsste mich auf meine Wange, ehe sie Nela mit dem Finger auf die Nase stupste. Carlisle stand seitlich neben mir und strich mir über den Rücken. „Wie geht es dir Bella?“, fragte er wie Edward vorhin. „Gut“, sagte ich ehrlich. Es ging mir wirklich gut. „Schön“, sagte Carlisle und führte uns zum Sofa. Sobald wir uns gesetzt hatten, wurde seine Miene ernster, doch nicht ganz so hart wie Edwards neben mir. Er hielt meine Hand. „Bella, ich will ehrlich zu dir sein“, ich spürte, wie mein Magen sich umdrehte, als Carlisle mit diesem qualvollen Ton begann, „das Kind kann eine Gefahr für uns werden und ich meine nicht, wegen des Blutes“, mein Blick huschte zu Jasper, der mich in dem Moment auch ansah, ich sah verschämt zu Boden, „das Kind wird sich irgendwann verwandeln, ich denke, davon dürfen wir ausgehen. Aber wir wissen nicht wann.“ Ich merkte, dass Edward die Luft anhielt und ich glaubte nicht, dass es wegen Nela war. „Bella, wenn Nela sich im Säuglings-, Kleinkind- oder Kindesalter verwandelt“, ich ertrug die neutrale Stimme von Carlisle kaum noch, „werden wir sie töten müssen.“ Man hätte eine Stecknadel fallen hören. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, doch ich nahm den Schmerz erst nach und nach wahr. „Äh, wie?“, fragte ich mit ausdruckslosem Gesicht. Carlisle warf Edward neben mir einen seitlichen Blick zu. Ich sah, dass Edward, der auf den Boden starrte, nickte. Ich hielt Nela ganz fest im Arm. Dann hörte ich wie Edward einatmete und sich dann zu mir drehte. „Es ist ein Gesetz der Volturi, dass es keine unsterblichen Kinder geben darf“, erklärte er tonlos, „sie haben-“ „Aber- aber ich dachte es gibt nur ein Gesetz, dass-“, warf ich ein, obwohl es mir eigentlich egal war, ob es nun ein oder zwei Gesetze gab. Ich wollte es nicht wahr haben. „Dass das Geheimnis gewahrt werden muss, ja, aber diese Kinder sind nicht zivilisierbar, sie haben vor vielen Jahren erheblichen Schaden angerichtet-“ „Man kann mein Kind genauso zivilisieren, wie jeden anderen Neugeborenen auch!“, warf ich wieder mit nun schriller werdender Stimme ein. Edward schüttelte langsam den Kopf. Seine Gelassenheit brachte mich zur Weißglut. „Nein Schatz, das kann man nicht. Niemand kann das, die Volturi selbst haben es versucht und sind gescheitert.“ Sein Tonfall hatte etwas Endgültiges. Doch ich ließ nicht nach. „Du willst unser Kind töten lassen?“ Es war kaum mehr als ein Piepsen. Ich unterdrückte mit großer Mühe die Tränen. Ein kurzes Lachen kam von der Seite. Empört sah ich dort hin. „Glaubst du er hat eine Wahl?! Sollten die Volturi herauskriegen, dass es überhaupt mal eins bei den Cullens gab, werden sie uns alle zerfetzten! Geschweige denn wenn wir es am Leben lassen!“ Rosalies Gesicht schien fast belustigt über diese, ihrer Meinung nach, Absurdität. Ich ignorierte sie und wandte mich zu Edward. „Du willst sie umbringen“, ich hielt die Hand über ihren kleinen Kopf und schmiegte ihn an meine Brust, „ich habe sie doch gerade erst wieder bekommen“, wimmerte ich nun. Ich konnte die Tränen nicht zurück halten. „Es muss ja nicht so kommen…“, bemerkte Edward, doch es schien, als glaubte er selbst nicht daran. „Und wenn doch, gehen wir natürlich alle für Fräulein Bella breitwillig in den Tod“, gluckste Rosalie sarkastisch. Plötzlich stand Carlisle vor Edward, einen Arm vor seiner Brust ausgestreckt. Ich hatte nicht bemerkt, dass Edward, fast sitzend, in Kauerstellung gegangen war. Auch Emmett war zu Rosalie geeilt. Edward funkelte sie böse an. „Edward“, sagte Carlisle scharf. Edward warf ihm einen kurzen Blick zu. „Edward“, sagte Carlisle wieder, genauso mahnend. „Ja ja, ich weiß ja!“, fauchte Edward Carlisle an. Carlisle ließ die Hand sinken und nickte. „Glaube mir“, stichelte Rosalie weiter, nun zu mir gerichtet, „ich werde mich nicht für dich und das Balg töten lassen, eher werde ich eine Vol-“ Es ging alles so schnell, dass ich nicht mal blinzeln konnte. Ich musste es gedanklich rekonstruieren. Edward war auf Rosalie zu geschossen, die sich, bereit zum Angriff, hin gekauert hatte. In der nächsten Sekunde, Rosalie flog gegen den Türrahmen, war Emmett auf Edward zu geschossen. Was danach geschah, hatte ich nicht wahrnehmen können. Nun stand Esme bei Rosalie und Emmett, während Carlisle bei Edward stand. „Hört auf!“, schrie Esme (ich hatte sie noch nie böse gesehen), „Es hat keinen Sinn, wenn wir uns gegeneinander aufhetzen! Wir müssen zusammenhalten!“ Edward setzte sich wieder neben mich, ich nahm hastig seine Hand, und Rosalie drehte uns mit verschränkten Armen den Rücken zu. Eine Weile lang sagte keiner was. Ich wollte nicht ausrasten, obwohl ich es immer noch nicht ganz glaube konnte. Mein Kind töten? Ich begann gerade erst mein Kind lieb zu haben und dann sollte es mir – vielleicht von jetzt auf gleich – weggenommen werden? Gar getötet werden? Diesmal kam Esme auf mich zu und hockte sich vor mir. Sie strich über Nelas Köpfchen und sagte: „Wir hoffen alle, dass es nicht so kommt, aber wir wissen es nicht. Wir müssen dir nur sagen wie es ist. Wenn sie ein unsterbliches Kind wird, hat sie nicht die geringste Überlebenschance, selbst dann nicht, wenn wir sie nicht töten. Sempre würde sie sehen und die Volturi wären sofort hier.“ Ich nickte mit glasigen Augen. Ich umarmte Esme mit einem Arm, während Nela in meinen Armen schlief. Ich bemerkte den Schmerz von Esme. In ihrer Haltung, in ihrem Blick, in ihrer Stimme. „Die Chance… die Chance, dass es nicht so kommt, ist nicht besonders hoch oder?“ Ich achtete nicht auf Edward, der mir schnell den Kopf zu gewand hatte. Esme schüttelte Schultern zuckend den Kopf. „Nana“, sagte Carlisle beschwichtigend und legte Esme eine Hand auf die Schulter, „nicht so pessimistisch“, sagte er zu ihr, dann sah er zu mir, „Bella, es ist eine fifty-fifty-Chance. Wir wissen es nicht. Die Verwandlung ist gewiss, zumindest sehr wahrscheinlich, aber mehr kann nur geraten oder vermutet werden.“ Ich nickte weiterhin und sah herab auf meine nun schlafende Tochter. Was für einer Gefahr hatte ich sie ausgesetzt? Ich brachte Nela wenig später hoch ins Kinderzimmer. Es war bereits weit nach Mitternacht – als Vampir achtete man nicht so sehr auf die Zeit. Ich wiegte sie sanft einen Moment hin und her und legte sie dann ins Kinderbett. Ich zog den Vorhang zu und blickte zu meiner, durch Mondschein beschienen, Tochter. Ja, dachte ich, während ich sie lächelnd beim schlafen beobachtete, vielleicht war das Mutterglück. Und ich verstand auch, warum Edward mir immer beim Schlafen zugesehen hatte. Es war als erkannte man einen anderen Menschen, jemand anderes. Als kannte man seine Gefühle, sein Innerstes. Ich stand eine ganze Weile, genau genommen die ganze Nacht, dort. Als die ersten Sonnenstrahlen durch die hohen Bäume ins Zimmer fielen, regte sie sich. „Hallo mein Engel, hast du gut geschlafen?“, fragte ich und strich ihr über die Wange. Ich nahm sie hoch und ging zum Kleiderschrank. „So schöne Sachen nicht war? Und Alice muss dir immer Rosa anziehen“, seufzte ich kichernd. Ich nahm einen hellgrünen Strampler und einen blauen Body heraus, die auch auf den Wickeltisch legte. Ich verhaspelte mich mehrmals mit der Windel, die ich gleich mit wechselte. Nela war geduldig und wartete bis ihre unfähige Mutter endlich die Windel richtig herum genommen hatte. Ich zog den Body aus, um ihn gegen den frischen Blauen auszutauschen und hätte fast laut aufgeschrieen. Doch ich biss fest auf die Lippen, damit sich Nela nicht erschreckte. „Edward?“, sagte ich mit erstickter Stimme, doch er konnte es hören und stand eine Sekunde später in der Tür. Seine Miene wurde fragend, als er meine erschocken sah. Ich schluckte. „Guck hier!“ Ich deutete auf den Bauchnabel unseres Kindes. Er schritt näher und legte die große Hand über Nelas Bauch. Sie zappelte weiter. Um den Bauchnabel war eine blasse kalte Stelle entstanden. Ganz schmal und auch erst beim näheren Hinsehen zu erkennen. Der Fleck fühlte sich einen Hauch kühler an, als ihre übrige Haut. „Das ist nicht gut“, sagte ich schließlich. Genauer gesagt bedeutete das ihren Tod, sagte eine Stimme in meinem Hinterkopf, die ich rasch verstummen ließ. Edward nickte stumm. „Wir müssen es Carlisle zeigen“, meinte er. „Bäh, grün“, hörte ich Alice sagen, als ich mit Nela und Edward das Wohnzimmer betrat. Doch ich hatte keine Zeit für ihre Sticheleien, wie sie dann an meinem Gesichtsausdruck feststellte. Ich rannte behutsam zu Carlisle, der vor dem Fernseher saß. „Carlisle guck!“, sagte ich aufgeregt, Edward war an meiner Seite. Ich legte ihm Nela hab in die Arm und deutete mit dem Zeigefinger auf ihren Bauchnabel. Er legte, genau wie Edward, die Hand kurz darauf. Mir kamen die Tränen, als ich seinen nachdenklichen Gesichtsausdruck sah. „Ist- wird-“, stammelte ich nervös. „Zeig mir doch mal bitte deinen Bauch Bella“, sagte Carlisle schlicht. Ich zog mein T-Shirt hoch. Er war immer noch warm und farbig. Genau wie während der Schwangerschaft auf. Carlisle nickte mehr zu selbst. „Sieh mal, du bist ein Vampir, obgleich dieser Teil der Haut menschlich ist. Sie ist ein Mensch und bei ihr ist bereits ein Teil von unseresgleichen.“ „Du meinst, sie verwandelt sich nicht und wird halb wie ich?“, schloss ich. „Möglich. Zumindest vorerst, sie wird sich verwandeln“, gab er zu Bedenken. Ich warf Edward einen gequälten Blick zu. „Ich kann nur vermuten, aber ich glaube nicht, dass es so schnell geht. Mach dir keine Sorgen“, sagte Carlisle. In der gleichen Sekunde spürte ich Ruhe und Gelassenheit in meinen Körper einkehren. „Jasper!“, zischte ich, doch auch Wut konnte ich im Moment nicht fühlen. Ich setzte mich auf einen Stuhl und vertraute Carlisle. Er würde mir die Wahrheit sagen, wenn es nicht so wäre. „Ihr glaubt es nicht! Das Jagdgebiet hinter dem Berg nördlich ist spitze!“, hörte ich Emmett sagen und sah auf. Er kam gerade mit Rosalie zur Tür herein. Er lächelte mich strahlend an und kam zu mir herüber. Rosalie setzte sich mir gegenüber auf das Sofa. „Wie geht’s es dir? Und ihr?“ Er war vor mir stehen geblieben. „Öhm gut“, sagte ich ein wenig irritiert. Er strich Nela über den Kopf. „Glaub’ mir, sie mag mich am liebsten. Ich kann die besten Flugzeuge mit ihr machen! Darf ich sie mal nehmen?“, fragte er höflich. „Klar“, sagte wieder irritiert. Bisher hatte Emmett nicht viel Interesse gezeigt… oder hatte ich es nur nicht gesehen? „Hallo Nela, dein Lieblingsonkel ist wieder da“, sagte Emmett und rieb seine Nase zärtlich an ihrer. So kannte ich ihn nicht. Ich hörte ein lautes vernehmliches Räuspern neben mir. Jasper. „Komm hör auf“, sagte Emmett gespielt säuerlich, „du hast sie zum fressen gern.“ Schallendes Gelächter brach aus. Ich stimmte verdutzt mit ein. „Gut, dass ich mich um meinen Posten nicht streiten muss“, sagte Carlisle immer noch ein wenig glucksend. Stimmt, Großvater war nur er. „Bella, kannst du nicht noch“, er hob den Finger und zähle durch (Rosalie zählte er mit), „7 Kinder kriegen? Dann hat jeder eins.“ „Klar“, lachte ich und lächelte Edward an, doch er sah nur verbissen drein. Edward knurrte Emmett an. „Setz ihr nicht solche Flausen in den Kopf“, sagte er nahezu ohne die Lippen zu bewegen. „Ähm, wieso nicht?“, fragte ich nach einer kleiner Pause in der ich von Emmett zu Edward und zurück sah. „Nicht von mir“, murmelte er und lief aus dem Zimmer. Mit so einer heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Ich stand augenblicklich auf und wollte ihm hinterher, doch Alice hielt mich an der Hand fest. „Lass ihn, er geht jagen“, sagte sie voraus. Emmett stöhnte mit einem Lachen in der Stimme. „Der will nur die Bären probieren“, sagte er mit Blick auf Nela, mit der er ganz sich ganz vertieft beschäftigte. Ich beobachtete ihn dabei. Nicht aus Angst, dass er ihr etwas tat, sondern aus Neugier. Ich hatte bisher nur weibliche Vampire und eben Edward mit ihr gesehen. Emmett hob sie hoch und ließ sie sanft über seinem Kopf fliegen. Es wirkte fast, als kicherte sie. „Das mochte sie am liebsten“, sagte er erklärend in meine Richtung. „Am liebsten?“ „Ja, in der Zeit als du… oben warst“, die drei Tage Psychotherapie, dachte ich zerknirscht, „Jaspers Geschaukel und Alice Gekuschel fand sie nur halb so toll.“ Ich lachte. „Soso“, sagte ich. Dann fiel mir Edward wieder ein, während ich Emmett weiter beobachtete. Warum war er so plötzlich weggelaufen? Was war den so schlimm in Betracht zu ziehen irgendwann, soweit das ging, ein weiteres Kind zu kriegen? Es war doch alles gut verlaufen… außer, dass… dass das Kind dann in großer Gefahr war, fiel mir ein. Natürlich… er fand mich undankbar und egoistisch. Ich seufzte leise. Niemand ging – Gott sei dank – darauf ein. „Oh nö“, sagte er, als Nela zu schreien begann. Er reichte sie mir. „Dein Part“, grinste er mich an. Ich nickte und nahm sie entgegen. Ich zog mich aus und stillte sie. Es war meine Familie, vor ihr war es mir nicht peinlich. „Nur zu schade, dass sie so viel von dem Dickkopf hat“, stöhnte Emmett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während ich Nela fütterte. „Hm?“, machte ich. „So schlimm ist Edward auch nicht.“ „Du musst es ja wissen“, lachte er. „Alice?“, sagte Emmett und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Er kann uns nicht hören“, sagte sie schließlich. Emmett sah wieder zu mir. „Er hat sich so dafür gehasst, dass er dir das angetan hat.“ Ich kniff die Augenbrauen zusammen und wollte etwas sagen, doch Emmett sprach weiter: „Natürlich liebt er Nela, keine Frage, aber dein Gesicht hat ihn kaputt gemacht.“ „Mein Gesicht?“, fragte ich verdutzt. „Jaah, du glaubst gar nicht wie schrecklich ängstlich und traurig du die ganze Zeit ausgesehen hast. Total gequält“, er erschauderte unwillkürlich, „glaub mir, er wird dich so schnell nicht wieder anfassen.“ „Das werden wir ja sehen“, brummte ich mürrisch. Emmett lachte. Ich war wirklich oft traurig und nachdenklich gewesen und hatte mich oft gesorgt. War das so auffällig gewesen? Ich war so eine schlechte Schauspielerin, dachte ich. „Dass Edward die noch mal schwängert, werde ich zu verhindern wissen.“ Ich schreckte hoch und blickte mich um. Rosalies eiskalter Blick traf mich. „Was? Wie?“, fragte ich verwirrt. Alle starrten von Rosalie zu mir und zurück. „Deine Fähigkeit“, schloss Alice richtig. Ich nickte und sah Rosalie entsetzt an. Sie selbst sah auch ein Hauch erschrocken aus. Natürlich war das nicht für meine Ohren bestimmt gewesen. Aber… wie wollte sie das verhindern? Würde sie Edward was antun? Immer wurde Edward zurück gehalten. Aber es ist doch verständlich, dass er wütend wird. Gegen Rosalies Sticheleien und Anschuldigen, berechtigt und oder nicht, sagte niemand etwas, dachte ich unwillkürlich. Natürlich wusste ich, dass ich nicht unschuldig daran war, aber ich es wäre schön, wenn Carlisle nicht immer Edward zu Recht weisen würde. Ich sah hoch. Carlisle zuckte zusammen und machte einige wenige Schritte nach vorn. Dann sah er mich an. „Bella, was wünscht du dir gerade am meisten?“ Ich runzelte die Stirn. Warum fragte er mich das? „Dass… dass Edward wiederkommt“, sagte ich leise und senkte den Blick. Alice sog hastig Luft ein. Ich sah wieder hoch. Sie hatte die Augen, leer und glasig, aufgerissen. „Wie kann das sein“, flüsterte sie. „Wie kann was sein?“, fragte ich, als niemand etwas sagte. „Edward kommt zurück“, sagte Alice schließlich, nachdem sie mehrmals geblinzelt hatte. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ich wusste nicht wie. „Weißt du was das heißt Bella?“, fragte Carlisle überflüssig, denn ich verstand, „Du kannst nun nicht nur Entscheidungen von uns hören und beeinflussen, sondern sie auch erst… herstellen. Neu erstellen.“ Alice nickte hastig. „Edward hatte zuvor keine Anstalten gemacht, in den nächsten Minuten zurück zu kehren.“ „Ui, dann hat Edward nichts mehr zu lachen“, sagte Emmett leicht grinsend, aber vor allem ehrfürchtig. „Oh nein“, sagte ich jedoch und strich Nela über die Stirn. Jegliche Veränderung bei mir bewirkte nur eine schnellere Verwandlung. Und eine Weiterentwicklung meine Fähigkeit trug wesentlich dazu bei. „Aber warum hat es nicht bei dir geklappt?“, fragte ich Carlisle, denn nun verstand ich seine Reaktion vorhin. „Dein Entschluss war sehr halbherzig“, sagte er grinsend. Stimmt. Dass Edward wieder kam, hatte ich wirklich ersehnt, dass mit Rosalie... ja das war wirklich halbherzig... „Probier mal Emmett dazu zu bringen mich beim Armdrücken gewinnen zu lassen“, kicherte Alice, die ganz angetan von meiner neuen Fähigkeit war. „Und selbst dann schlage ich dich noch“, grinste Emmett. Ich beachtete die beiden gar nicht und sah traurig auf Nela, die weiterhin in meinen Armen lag. Eine Hand hatte sie ganz fest um meinen T-Shirt-Kragen geklammert. „Er ist oben“, sagte Alice unvermittelt. Ich nickte und ging mit Nela hoch. Auf direktem Wege ins Kinderzimmer, wo ich ihn vermutete. Er stand mit dem Rücken zu mir und sah aus dem Fenster. Ich stellte mich seitlich hinter ihm. Kaum eine Armlänge war ich von ihm entfernt. Ich schaukelte Nela sanft hin und her, während ich wartete. Ich biss mir auf die Lippen und widerstand en Drang sofort loszuplappern und ihn mit fragen zu überhäufen. „Ich werde dir das nie wieder antun“, sagte er nach einer gefühlten Ewigkeit der Stille. Ich wartete, obwohl mir eigentlich eher danach war, laut zu protestieren. „Und wenn ich dich mein ganzes Dasein lang nicht mehr anfassen kann“, sagte er schließlich mit Bitterkeit in der Stimme. Ich presste Nela fest an mich, damit ich nicht in die Versuchung kam sie vor Schreck fallen zu lassen. „Was sagst du da? Was redest du für einen Mist?!“, sagte ich außer mir und vergaß jegliche Höflichkeit, „so einen Stuss hab ich von dir noch nie gehört“, sagte ich, bedacht darauf wegen Nela nicht allzu laut zu sprechen. Edward schnaubte. „Ich werde kein Kind mehr mit dir bekommen“, sagte er unerschütterlich. „Gut, schön und warum willst du dann nicht mehr mit mir schlafen?“ „Weil du dann schwanger werden würdest, zumindest solange du nicht komplett verwandelst bist.“ Er starrte weiterhin gerade aus. „Aber wir können doch-“ „Wohl kaum. Ich glaube nicht, dass jegliche Methoden bei uns wirken und ich riskiere nicht, es auszuprobieren“, sagte er schlicht. „Gut“, sagte ich wieder und brodelte vor Zorn, „aber – rein theoretisch – warum war die Schwangerschaft so schlimm für dich? Und was hast du gegen-“ Sein kurzes Lachen ließ mich verstummen. „Für mich?! Bella für dich! Es war grauenvoll mit anzusehen wie du gelitten hast. Die Krankheiten, deine Ängste, die Tage in denen du nichts essen konntest… du warst total verstört. Und dann noch die Sache mit deiner Mutter…“ Darum musste ich mich auch noch kümmern, fiel mir ein, doch ich verdrängte das schnell. Darüber konnte ich mir später den Kopf zerbrechen. „Natürlich war es nicht leicht, aber schau dir unser Kind an. Es ist das Wundervollste was mir geschehen konnte“, sagte ich mit Blick auf das strampelnde Kind in meinen Armen. „Ich liebe Nela und bin stolz auf unser kleines Wesen… aber ich will kein Kind mehr mit dir“, sagte er kalt. Es schossen mir sofort die Tränen in die Augen. Nicht, dass ich ein zweites oder weiteres Kind von ihm unbedingt wollte, doch diese Abfuhr tat weh. Ich atmete zitternd ein und aus um mich zu beruhigen. Es hat nichts mit dir zu tun, er will dich nicht absichtlich verletzten, er meint es nur gut um dich zu schützen, sagte ich mir immer wieder. Doch es tat weh. Es war anscheinend nicht begehrenswert genug mit mir noch ein Kind zu bekommen, mich zu wollen… sich weiter mit mir zu binden. Du übertreibst Bella!, sagte eine Stimme in mir, die jedoch zu schwach war um meine fließenden Tränen zu überzeugen. „Ich will aber, ich will aber, ich will aber“, sagte ich trotzig wie ein Kind und versuchte ihm diese Entscheidung einzupflanzen. Ich war völlig durcheinander, was ich jetzt wollte, was nicht. Er neigte den Kopf ein paar Zentimeter nach hinten grinste leicht schief. „Das funktioniert nicht Bella, du willst das nicht wirklich, deshalb ist es nicht stark genug“, sagte er schlicht. Er nahm das natürlich als Bestätigung für seine Entscheidung, was mich noch mehr wurmte. Denn er hatte recht, ich wollte es nicht wirklich. Ich wollte- was wollte ich eigentlich? Ich wollte, dass er mich wollte und, dass er Nela nicht als ein unerwünschter Unfall betrachtete. Nela begann sich mehr nach rechts und links zu winden und schließlich lauthals zu schreien. „Schhhh. Mama ist ja da“, sagte ich schluchzend und wiegte sie in meinen Armen hin und her. Ich legte sie mit zitternden Armen ins Kinderbett, aus Angst, sie kraftlos wirklich fallen zu lassen. Edward stand ungerührt immer noch am Fenster. Ich schloss den Vorhang, während Nela weiter schrie. Ich machte kurz Anstalten einfach weg zu laufen. Doch das tat ich immer. Und nie hatte es etwas gebracht, außer Schmerz. Ich riss mich mit großer Überwindung zusammen und setzte mich mit angezogenen Knien auf den Sessel. Ich sagte nichts, sondern legte den Kopf schließlich auf die Knie. Stumm benetzen ein paar Tränen meine Hose. Ich sah nicht und wusste nicht, ob Edward noch da war oder nicht. Nela schrie weiter. Ich spürte, wie eine kalte Hand seitlich an meinem Knie zu meinem Kinn führte und mein Gesicht vorsichtig und langsam anhob. Ich sah mit schmalen Augen zur Seite. „Es tut mir leid, wenn ich dir weh getan habe Bella“, sagte er leise, „ich liebe unser Kind und dich mehr als anderes andere auf Welt“, ich sah ihn immer noch nicht an, „aber ich will nicht, dass du dich aufopferst und es dir wieder so schlecht geht.“ Ich erwiderte nichts und blieb regungslos. „Und ich will dich Bella. Mehr als mein Leben. Und sobald es wieder geht, werde ich wieder mit dir schlafen.“ Ich regte mich nicht. Er fuhr mit der Nase kurz über meine Wange, dann neigte er das Gesicht zur Seite und berührte meine Lippen mit seinen. Ich blieb stur und bewegte sie nicht. Er ließ sich nicht beirren und liebkoste sanft weiter meine Lippen. Ich gab auf, erwiderte seine Küsse und fuhr mit den Fingern begierig durch seine Haare. Seine Lippen verzogen sich kurz zu einem schmalen grinsend. Ich schlug ihm mit der Hand gegen den Kopf. „Hör- auf- zu“, ich holte Luft, „lachen-, nur weil- du- wieder- deinen- Willen kriegst“, japste ich über seine leidenschaftlichen Küssen hinweg, ich war jedoch nicht ernsthaft sauer. Ich lehnte mich zurück in den Sessel, während er über mich glitt und mit den Händen meinen ganzen Körper streichelte. Er ließ mir kaum Zeit einen klaren Gedanken zu fassen. In mir kribbelte alles. So vertraut. So schön. „Warte“, sagte er leise und huschte zum Kinderbett. Das Geschrei hatte ich völlig vergessen. Er nahm Nela aus dem Bett verschwand kurz und kam bevor ich zwei Mal geatmete hatte, wieder. „Wofür haben wir zig freiwillige Babysitter?“, sagte er grinsend und wir machten da weiter, wo wir aufgehört hatten. Ich genoss seine Küsse und Berührungen und gab mich völlig meiner Begierde hin, auch wenn ich dem Kompromiss, vorerst nicht mit ihm zu schlafen, missmutig zugestimmt hatte. Hand in Hand wanderten wir, es war später am Abend, nach unten ins Wohnzimmer. „Gib sie mir doch auch mal, du bist doch viel zu kalt! Sie wird aufwachen!“, hörte ich Alice zischen. „Von wegen! Ich hab drei Decken um sie gewickelt!“ Jaspers Stimme. „Dann kriegt sie gleich ein Hitzeschlag!“, konterte Alice. „Jetzt bin ich wieder dran! Ihr erinnert euch? Der Lieblingsonkel? Selbst Bella- Hi Bella“, sagte Emmett dann grinsend zu mir gerichtet. Die Drei sahen uns ertappt an. Rosalie befand sich mit Esme im hinteren Teil des Wohnzimmers. Sie sahen fern. Carlisle konnte ich nicht entdecken. Ich vermutete, dass er Schicht hatte. Pflichtbewusst kam Jasper auf mich zu. Als ich seine Absicht erkannte, hielt ich abwehrend die Hände hoch und sagte schnell Kopf schüttelnd: „Nein, nein, ihr könnt sie ruhig halten. Nur zerreißt sie nicht in drei Teile.“ Ich grinste und setzte mich neben Edward auf die Couch. Ich kuschelte mich an seine Schulter und sah den dreien zufrieden zu. Emmett musterte mich. „Du kriegst wohl immer alles was du willst oder?“, sagte er gespielt mürrisch. Sein Blick huschte kurz zu Edward, der lachte. „Er glaubt, du hättest mich verführt“, sagte Edward überflüssigerweise. „Ich glaube? Ich weiß es“, sagte er hin und her gerissen zwischen Nela auf Jaspers Arm und uns auf der Couch. „Du liegst falsch. In beiderlei Hinsicht. Edward hat mich verführt“, sagte ich lachend. „Wer’s glaubt“, nuschelte er noch, dann wandte er sich wieder Jasper und Alice zu, um noch eine Chance zu bekommen Nela halten zu dürfen. Ich sah dem Schauspiel genügsam zu. Edward legte einen Arm um mich. So könnte es immer sein… -------------------------------------------------------------- Freue mich auf Kommis, Vanessa :) Kapitel 25: An der Sonne ------------------------ Am Tag darauf saß ich, während Edward sich um Nela kümmerte, im Schneidersitz auf unserem runden Bett und fächerte Fotos vor mir aus. Neben dem Album aus Charlies Haus hatten noch viele nicht eingeklebte Packen Fotos daneben gelegen, die Edward mitgenommen hatte. Ich schwelgte in Erinnerungen, während das Bett kaum noch unter dem Meer aus Fotos zu erkennen war. Eine relativ neu aussehende Hülle mit Fotos irritierte mich. Sie war weiß, nicht vergilbt oder an den Ecken kaputt und glänzte. Ich langte danach und war mir ziemlich sicher, dass sie nicht zu den Fotos von Charlie gehört. Ich wollte gerade die Lasche zurückschieben, um hineinzusehen, als zwei Hände sie mir geschwind aus der Hand riss. „Alice! Was machst du?!“, fragte ich ungläubig. „Nicht, das ist eine Überraschung!“, sagte sie und presste die Fotos mit beiden Händen an sich. Ich streckte die Hand aus und sah mit hochgezogenen Augenbrauen fordernd an. „Ach man, das sollte eine Überraschung werden“, sagte sie wieder, seufzte und händigte mir den Packen Fotos aus. „Warte!“, sagte sie hastig, als ich wieder die Finger an der Lasche hatte. „Was denn Alice?“, murrte ich. Ich war so gespannt. „Eine Sekunden, quatsch was sag ich, Sekunde, vielleicht ein-“ „Alice! Was?“, rief ich ungeduldig. Sie machte mich wahnsinnig. Schon war sie verschwunden. Schon war sie wieder da. Sie hielt etwas im Rücken und kam auf mich zu. Sie schob die Fotos bedächtig zur Seite und setzte sich halb auf die Bettkante. „Eigentlich sollte es ein Geschenk von Esme und mir werden. Zur Geburt. Zwar verspätet, aber das ging auch nichts anders“, ich verstand nicht, sie holte das, was sie im Rücken hatte, hervor, „wir haben ein Babyalbum gemacht und wollten Fotos einkleben, die wir natürlich vor der Geburt nicht hatten.“ Sie reichte mir ein großes in samt eingebundenes Album. Es war braun und schimmert bronzefarben. Wie Edwards Haare. „Die Fotos sollten da eigentlich noch rein“, erklärte sie weiter und deutete auf den Packen, den sie mir zuvor entrissen hatte, „aber irgendjemand muss die versehentlich dazu gelegt haben“, knurrte sie und warf einen Blick auf die Wand, hinter der das Kinderzimmer lag. Ich öffnete das Album. Mir fiel die Kinnlade runter. „Fotos von unserer Hochzeit?!“, fragte ich perplex. „Ja…“, Alice sah fast verschämt aus, „nicht viele, nur ganz am Anfang hab ich welche gemacht… aber auch nur weil ich gesehen habe, dass Edward mir nicht den Kopf abreißt“, kicherte sie. Die erste Doppelseite war für die Hochzeitsfotos reserviert. Ein Foto von der Kulisse, ein Foto von der Kapelle, ein Foto von dem Pavillon mit dem Tisch dahinter, ein Foto, wo ich über die Steine durch das Rosenblütenmeer schritt und ein Foto, wo Edward und ich uns gegenüberstanden, während der Geistliche redete. „Danke Alice“, hauchte ich und schwelgte wieder in Erinnerungen. Sie lächelte ein wenig selbstgefällig und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, während ich mich über das Album beugte. Die nächsten Seiten waren von der Geburt. „Oh“, sagte ich nur, als ich die Fotos meiner eben erst aus mir herausgeschnittenen Tochter sah. Sie war über und über mit Blut beschmiert. Man hätte es auch für einen Ketschup-Fleck halten können. Kaum Haut war zu sehen. Kein Wunder, dass Jasper Abstand brauchte. Dann kamen Fotos wie Edward sie hielt, sie mit einem Handtuch abputzte, wie Carlisle sie untersuchte, wie Edward sie anzog, wie er sie küsste. Es war fast schon eine Dokumentation. Ich hatte während der Zeit geschlafen und für mich waren diese Fotos eine völlig neue Erfahrung. Das Loch zwischen Narkose und Aufwachen wurde gefüllt. „Sag mal“, sagte ich eine Weile später, während ich die schön verzierten Seiten durchblätterte, „wann zum Teufel hast du die alle gemacht? Ich hab doch nicht einmal mit einer Kamera gesehen… und bei manchen sieht es fast so aus, als sehe ich direkt in die Kamera“, stellte ich fest. „Ich habe deine Menschlichkeit ausgenutzt“, sagte sie und streckte mir leicht die Zunge raus, „ich kann schneller 200 Fotos von dir machen, als du blinzeln kannst.“ Ich nickte und sah jetzt den Packen durch, den ich eigentlich schon die ganze Zeit ansehen wollte. Das waren neuere Fotos. Es klopfte. Edward kam herein. „Kennt er die Fotos?“, sagte ich zu Alice. „Kennst du die Fotos?“, sagte ich dann zu Edward. Er tippte sich seitlich gegen die Stirn und setzte sich, behutsam Platz machend, neben mir. „Warte, ich zeige dir mein Lieblingsbild…“, sagte er und sah den Packen durch, den nun er in den Händen hielt. „Dieses.“ Er reichte es mir. Ich konnte mich nicht daran erinnern mal auf der weißen Couch geschlafen zu haben, doch das Foto zeigte mich schlafend auf eben dieser. Ich lag mit dem Rücken daran. Die Arme angewinkelt, eine Hand berührte fast meine Stirn. Vor meinem Bauch, aber mit dem Rücken zu mir, lag Nela, ebenfalls schlafend, in einer ähnlichen Pose. „Sehr ästhetisch“, stimmte Alice ihrem eigenen Werk zu. „Das ist wunderschön“, sagte auch Edward anerkennend und küsste mich aufs Haar. Ich fühlte etwas. Etwas Merkwürdiges. Ein Gefühl in mir drin, dass ich nicht deuten konnte. Es war so fremd. Und noch ein Gefühl, aber ein unangenehmes… nicht so warm wie das von eben. „So, jetzt aber genug geguckt, es soll immer noch eine Überraschung werden“, sagte Alice schließlich und sammelte die neuen Bilder alle ein. Edward und ich klebten die Bilder von Charlie in Charlies Album. „Du…“, begann Edward, als ich danach in seinen Armen lag. Die Arme hatte er um meinen Brustkorb geschlungen. „Ja…?“, machte ich zurück, als er zögerte. „Unsere Tochter hat noch nie die Sonne gesehen“, sagte er langsam. Ich richtete mich ein wenig auf und sah ihn ins Gesicht. „Wieso? Das Zimmer ist doch sehr hell“, entgegnete ich. „Sie war noch nie draußen“, konkretisierte er. „Ja… ihr könnt ja bei Sonne auch nicht raus…“, überlegte ich laut. „Du schon“, gab er mir zu Bedenken. Irgendwie stand immer noch auf dem Schlauch, was er jetzt genau wollte. Er seufzte mit einem Grinsen in der Stimme und sagte schließlich: „Möchtest du nicht mal mit Nela raus gehen?“ „Ich habe keinen Kinderwagen.“ „Ach ja…“, Edward wand sich ein wenig verlegen, „hab ich dir noch nicht gesagt… das ist das Hochzeitsgeschenk… willst du ihn sehen?“ „Öhm, ja“, sagte ich verblüfft. Edward führte mich in die Garage. Dort stand ein, wie eine Geschenk eingepackter, Kinderwagen. Ich löste auf Edwards Anweisung das Schleifenband und zog mit ihm die Zentner Geschenkpapier ab. Weinrot. Mit weißen Nähten und Applikationen. „Woah“, sprach ich meine Bewunderung aus. „Was ist, möchtest du?“ Genau genommen traute ich mir es nicht zu. Allein mit Nela in der Öffentlichkeit. Aber momentan schlief sie ja. „Gut okay, wir müssen doch bestimmt auch einiges besorgen oder?“ Ich dachte ich die endende Windelpackung und die aufgebrauchte Milchpulverdose (ich konnte nicht viel stillen). „Ja, wenn du magst, kannst du auch einkaufen gehen“, bot Edward an. Ich nickte. Dann hatte ich wenigstes was zu tun und ein Ziel. Ich zog Nela an, sie schlief immer noch, nahm, ohne darauf zu blicken, einen Einkaufszettel von Alice entgegen und ging mit Edward zum Auto. „Willst du selbst fahren?“, fragte er, während ich dabei zu sah wie das mit dem Kinderwagen ein- und ausklappen funktionierte. „Du lässt mir eine Wahl?“, wollte ich überrascht wissen. Ich hatte nicht erwartet, dass er es mir freistellte. „Natürlich. Ich vertraue dir. Nur während der Schwangerschaft war es zu riskant. Außerdem ist Carlisles Mercedes sehr sicher“, fügte er hinzu. Ich grinste, typisch Edward. Carlisle war mit Edwards Wagen gefahren, damit ich die Option hatte, mit Nela wegzufahren. Er zeigte mir wie das mit dem Anschnallen im Maxi cosi ging, gab mir einen Kuss und ich trat das Gaspedal durch. Ich war wieder überrascht. Ich konnte den Kinderwagen aufstellen, Nela abschnallen und in den Wagen legen ohne Probleme. Auch das hatte ich nicht erwartet. Ich vergewisserte mich, dass Nela schlief und gut zugedeckt war (die Sonne schein zwar, aber Wind war kühl), dass das Auto zu war und ich alles Notwendige dabei hatte, ehe ich auf Alice’ Einkaufzettel sah. Zuerst Windeln, sie hatte Marken und mehrere Nummern und Erklärungen dabei geschrieben. Selbiges galt für das Milchpulver. Ich war ihr sehr dankbar, denn ich kannte die Unterschiede dazwischen kaum. Ich las weiter. Babylotion und Badeöl… ein Babyhandtuch mit Kapuze zum einwickeln (stimmt, daran hatten wir gar nicht gedacht)… ich blieb stehen und starrte auf das nächste Wort. Kondome. Ich blinzelte mehrmals. Als ob das ginge, dachte ich seufzend. Ganz klein, stand schräg daneben „Ein Versuch ist es Wert “. Der Versuch, damit zu verhüten oder der Versuch Edward damit zu überzeugen? Beides Schwachsinn. Edward würde sich damit nie überzeugen lassen, weil das Nichtfunktionieren damit schon vorprogrammiert war. Und er hatte gesagt, dass er das Risiko mich zu schwängern nicht eingehen wollte. Seine Meinung stand fest. Ich riss den Teil des Einkaufszettels heraus und schmiss ihn in den nächsten Mülleimer, während ich weiter die Straße entlang ging. Aus den Augen, aus dem Sinn. Zuerst besorgte ich das Handtuch, ohne an ein paar neuen Stramplern und Bodies vorbei gehen zu können. Ich würde mir einen verächtlichen Blick von Alice einhandeln, da kein einziges Teil rot oder rosa oder sonst wie „mädchenfarben“ war, doch ich belächelte das, es war mir egal. Ich war so vertieft in das Aussuchen der Kleidung, dass ich zuerst gar nicht bemerkte, dass es mein Kind war, was da schrie. Erschrocken fuhr ich hoch und spürte viele Blicke auf mir. Ich schuckelte den Wagen und murmelte mit zitternder Stimme: „Schhhh, Maus, Schhhh.“ Doch das half nicht, im Gegenteil. Sie schien noch lauter zu schreien. Ich spürte die Panik in mir hochkommen. Die anderen Leute würden genauso gucken, wenn du dreißig wärst, versuchte ich mir einzureden und nesselte an der Tasche am Kinderwagen herum. Hatte Alice nicht irgendwo ein Fläschchen eingepackt? Hektisch wirbelte ich um den Kinderwagen herum, bis ich das Fläschchen endlich in der Wickeltasche unter dem Wagen fand. Ich steckte ihr schnell und unwirsch das Fläschchen in den Mund. Hör auf zu weinen, flehte ich innerlich, denn ich hörte das Getuschel um mich herum, obwohl ich wirklich versuchte die Ohren auf stumm zu schalten. Nela verschluckte sich, ich nahm das Fläschchen weg und sie schrie noch lauter. Ich stellte das Fläschchen kurzerhand auf das Regal neben mir und nahm sie ängstlich auf den Arm. Nur die Ruhe, ermahnte ich mich, doch ich wusste wie ich als Mensch ausgesehen hätte: Errötet und schweißnass. Dann gab ihr noch mal das Fläschchen. Nun trank sie friedlich. Ich atmete hörbar erleichtert auf. Verstohlen blickte ich kurz von Nela auf. Ein paar Leute in meinem näheren Umkreis sahen hastig weg. Sie hätte auch so geguckt, wenn du dreißig wärst, erinnerte ich mich, fütterte Nela bis sie satt und zufrieden war und verließ rasch den Laden. Danach steuerte ich eine Drogerie an. Babylotion und –öl war nicht schwer. Es gab nur eine handvoll verschiedener Sorten und da dort fast immer das gleich draufstand, nahm ich das Bestriechendste. Windeln waren auch eher weniger das Problem, da es dort zwar viel mehr Auswahl gab, aber relativ deutlich draufstand für welches Kind ja, für welches nein. Schwieriger wurde es bei der Milch. Was Alice darauf geschrieben hatte, verstand ich nicht wirklich und es war auch ein anderer Wortlaut als der auf den Verpackungen. Ich schritt am Regal für Milchpulver für wenige Tage alte Säuglinge hin und her. Ich biss mir panisch auf die Lippen. Ich wusste nicht, nach welchen Kriterien ich aussuchen sollte. „Was soll darauf stehen? Das steht hier nicht!“ Ich blickte zur Seite. Ich hatte gar nicht gesehen, dass jemand neben mir war. Kaum zwei Meter neben mir stand ein junger Mann, vielleicht 24 oder 25 Jahre alt, in einem schicken figurbetonten Anzug, nickte ich innerlich anerkennend. Geschäftsmann. Er hielt ein Handy ans mittlerweile rote Ohr gepresst. „Nein, hier steht nichts. Wirklich nicht! Kann ich nicht einfach-“, er seufzte, während er lauschte, „okay, ja ja, gut, wie hieß das- hallo? Marie? Hallo?“ Er sah auf sein Handy, dann legte er es wieder ans Ohr. „Marie?“ Er sah wieder auf den Display, seufzte und wand sich unschlüssig dem Regal zu. Ich schaute schnell auf wieder auf die Packungen, um nicht beim anstarren erwischt zu werden, und schuckelte Nela weiter. In gewisser weise war ich wie er, nur, dass es eigentlich, wie es bei ihm der Fall, umgekehrt sein sollte. „Ähm, entschuldigen Sie Miss…“ Misses, korrigierte eine nun völlig unangebrachte Stimme in mir unwillkürlich. Ich erschrak beinahe, als er mich ansah. „Darf ich- darf ich fragen wie alt Ihres ist?“ Seine Stimme zitterte beinahe. „6 Tage“, antwortete ich. „Oh, meins ist noch kleiner. Meine Freundin kommt heute erst aus dem Krankenhaus… können Sie mir vielleicht sagen, welches Milchpulver ich brauche? Ich habe keine Ahnung, Sie kennen sich da bestimmt viel besser aus.“ Er strahlte mich hoffnungsvoll, aber umsonst an. Ich hatte auch keine Ahnung. „Ähm“, machte ich und tat kurz so, als suche ich nach einem Päckchen, dass ich ihm in die Hand drückte, doch ich ließ das schauspielern (ich konnte es sowieso nicht) und sagte stattdessen: „Um ehrlich zu sein habe ich auch keine Ahnung. Ich weiß nicht mal welche sie braucht.“ „Da bin ich ja froh, dass ich nicht der einzige bin, der mit so etwas Schwierigkeiten hat“, lächelte er verständnisvoll. Ich versuchte nicht allzu überrascht auszusehen, doch das war ich. Ich hatte Spott erwartet. Nun standen wir beide vor dem Regal und musterten die Verpackungen. Nach und nach schlossen wir laienhaft ein paar Päckchen aus, bis nur noch fünf Packungen über blieben, die wir uns weiter ansahen. „Ich glaube ich nehme alle mit“, sagten wir nahezu gleichzeitig und lachten. Ich seufzte. „Soll mein Mann entscheiden, welche sie bekommt“, sagte ich nachdenklich und legte alle fünf Päckchen in den kleinen Einkaufskorb. „Oh, entschuldigen sie, Misses-“, korrigierte er sich von vorhin. „-Cullen“, ergänzte ich und er hielt mir die Hand hin. „Aber einfach Bella“, sagte ich dann. „David, hi“, stellte er sich vor. Wir gingen zu Kasse, bezahlten, er half mir die Einkäufe in Taschen zu verstauen und unter den Kinderwagen zu quetschen, bevor wir noch ein paar Meter zusammen die Fußgängerzone entlang gingen. „Darf ich Sie- dich noch etwas fragen?“ „Sicher“, bot ich an. „Wie alt bist du?“ Oh. Unangenehme Frage. Ich beantwortete sie trotzdem: „18.“ Er nickte. „Meine Freundin ist auch erst 19. Ihr macht das ganz schön zu schaffen. Sie wollte eigentlich ihr Studium beginnen und nebenbei in der Kanzlei meines Vaters arbeiten“, Anwaltssohn, soso, dachte ich unwillkürlich, „aber da kam die Schwangerschaft dazwischen… sie ist so todunglücklich. Nicht über das Kind an sich, sie fühlt sich so eingeschränkt. Na ja und da hab ich ihr angeboten, zu pausieren und sie macht weiter. Ich glaube das war nicht klug… sie hat mehr Ahnung von so was.“ Er deutete auf seine Einkaufstasche. „Kenn ich“, seufzte ich wahrheitsgemäß. „Wie gehst du damit um?“, fragte er ehrlich interessiert. „Es ist nicht leicht. Mein Mann und seine Familie kennen sich auch sehr gut aus und ich bin der Laie, aber es geht“, schwafelte ich. Mich beschäftigte etwa anderes. Sie war todunglücklich, hatte er gesagt. Wenn ich eins von mir behaupten konnte, dann das ich das nicht war. Natürlich machte ich mir Sorgen und die eine oder andere Sache war auch sicher nicht ganz glücklich, aber als todunglücklich würde ich mich momentan nicht bezeichnen. „Bewundernswert“, murmelte er und blickte gerade aus, „du siehst auch wieder richtig gut aus“, lobte er und deutete auf meine Körpermitte. Ich spürte, wie ich errötet wäre, wenn ich kein (halber) Vampir gewesen wäre. Mein Bauch war tatsächlich nicht anders als vorher. „Deine Freundin nicht?“, fragte ich dann, um nicht weiter verlegen meinen Kinderwagen zu mustern. „Nicht ganz… zumindest nicht so wie vorher. Noch etwas, was sie im Moment richtig runterzieht…“, sagte er fast mehr zu sich selbst. Ich blieb stehen. „Ich muss jetzt hier lang“, sagte ich. Es war schon spät. Es dämmerte. „Ach so okay. War schön dich kennen zu lernen.“ Er reichte mir die Hand. „Ja, ebenso“, sagte ich. „Vielleicht“, begann er, bevor ich mich wegdrehen konnte, „hast du Lust morgen mit einer Krabbelgruppe zu kommen? Marie hat zwei Pärchen im Krankenhaus kennen gelernt, mit denen sie sich morgen treffen will. Genauer gesagt, wollte, weil sie morgen Uni hat. Du kannst deinen Mann ja mitbringen“, schlug er vor. Ich war hin- und her gerissen. Einerseits verlockend… andere Kinder, andere Mütter, aber gleiche Sorgen. Andererseits, was würde Edward sagen? War ihm das recht? Ich hatte gar nicht bemerkt, dass David etwas notiert hatte, doch er reichte mir einen Zettel mit einer Anschrift, einer Uhrzeit und einer Nummer. Seiner Nummer. „Was soll ich denn mitbringen?“, fragte ich schnell noch, weil ich keine Ahnung hab, wie so ein Treffen ablief, ob es überhaupt einen Ablauf gab. „Eigentlich nichts. Das Paar, dem das Haus gehört, hat uns eingeladen und gesagt, dass wir ruhig noch jemand mitbringen können. Dann wird es lustiger“, erklärte er. Ich nickte. Aber nicht völlig überzeugt. „Wenn du unbedingt etwas mitbringen willst, sie haben Zwillinge, zwei Jungs“, ergänzte er, „Sehen wir uns dann morgen?“, wollte er hoffnungsvoll wissen. „Ja“, sagte ich einfach zu. Wir verabschiedeten uns und gingen in verschiedene Richtungen. Ich war richtig nervös, stellte ich fest, als ich an der Ampel wartete, mein Fuß auf dem Gaspedal zitterte und ich meine Finger nicht still halten konnten. Warum? Ich konnte Edwards Reaktion nicht einschätzen. Jener stand bereits an die Garagentür angelehnt, als ich den Mercedes parkte. „Hi Schatz“, grüßte er mich, küsste mich kurz und half mir die Einkäufe und Nela rein zu bringen. Alice’ Grinsen, während wir die Einkäufe verstauten, gefielen mir gar nicht. Während Nela in andere Arme wanderte, sie war wach und beanspruchte dieses Mal Esmes Aufmerksamkeit, setzte ich mich auf Edwards Schoß, der breitwillig die Arme um mich legte. „Soso“, begann er mit einem Unterton, den ich nicht mochte, „du hast also geflirtet.“ Mir steckte ein Kloß im Hals. Natürlich hatte Alice geplappert (oder er hatte einfach ihre Gedanken gelesen). „Hab ich nicht“, verteidigte ich mich. Nicht wissentlich, gab ich in Gedanken zu. „Das sah“, Alice tippte sich kichernd an die Stirn, „aber ganz anders aus“, ich wollte etwas entgegnen, doch Alice sprach weiter, Edward gluckste unter mir, „der war total angetan von dir.“ „So ein Blödsinn.“ Völliger Quatsch, dachte ich. Edward und Alice lachten. Ein paar andere, ich sah mich nicht um wer, stimmten mit ein. „Dann weißt du ja bestimmt auch von morgen“, sagte ich zu Edward und warf Alice’ einen finsteren Blick zu. Ich spürte den Zettel in meiner Hosentasche. „Ja, ich weiß von morgen“, sagte er langsam. Stille. Er sah mich erwartungsvoll an. „Kommst du mit?“, fragte ich und kniff leicht die Augen zusammen. Wie würde er reagieren? „Alice?“, sagte er jedoch zu meinem Überraschen. Alice versteifte sich kurz und schüttelte dann den Kopf. „Tut mir leid Schatz, gutes Wetter“, sagte er. „Zu dumm, aber egal, war sowieso nicht so wichtig“, sagte ich leicht hin und dachte schnell über ein gutes ergiebiges Thema für einen Themenwechsel nach… mir fiel nichts ein. „Du gehst natürlich hin. Das wird bestimmt lustig“, sagte er ermutigend. „Ach ne…“, sagte ich halbherzig, denn ich hatte irgendwie schon Lust. Er überhörte das, wertete es als ja und wir gingen nicht weiter darauf ein. „Hast du eigentlich alles bekommen?“, fragte er nach einer Weile (wir sahen den anderen zu, wie sie sich um Nela kümmerten) mit einem merkwürdigen Unterton. Ich richtete mich auf seinem Schoß auf und dachte kurz nach. „Ja… ich glaube schon. Ich hab vorsichtshalber mehrere Packungen Milchpulver gekauft, aber das weißt du ja vermutlich schon“, sagte ich zähneknirschend. Alice wurde so langsam zur Plage. „Ja“, sagte er und sein merkwürdiger Unterton blieb, „du hast also alles gekriegt?“ „Ja“, antwortete ich unsicher und kramte in meiner Hosentasche nach dem Einkaufszettel, den ich kurz unsicher überflog, „was willst du mir eigentlich sagen?“ Er schwieg. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Natürlich. Schließlich konnte er genauso zur Plage werden wie Alice, da er Gedanken lesen konnte. Ich musterte den unteren abgerissenen Teil des Einkaufszettels, der jetzt in einem Mülleimer in der Fußgängerzone weilte. Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen und offenem Mund an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er sah, dass ich verstand und grinste schief. Ich sah wie seine Mundwinkel zuckten, als unterdrückte er einen Lachanfall. „Nun gut, fast alles“, nuschelte ich. Hinter mir hörte ich Alice lachen. Ich warf ihr einen finsteren Blick zu. „Wir besprechen das später“, hauchte er mir in Ohr und küsste meine Wange. Ich war verwirrt. „Was sollen wir denn da besprechen?“ Er küsste mich. „Na schön“, sagte ich resigniert, denn ich konnte mich grad nicht auf solch ein Gespräch konzentrieren. Ich spürte wieder dieses seltsame Gefühl in mir drin. Nicht schmerzhaft, aber auch nicht unangenehm. Undeutbar. „Wollen wir unsere Tochter baden gehen?“, fragte Edward mich, während er mein angestrengtes Gesicht ein wenig kritisch beobachtet. „Das machen wir noch gar nicht gemacht, nicht besondern hygienisch“, fand ich. „Esme hat sie schon mal gebadet, als- in der Zeit-“ „In meinen drei Psychotagen“, sprach ich es aus, als wäre es ein Tabu. Er nickte mit einem schmalen Lächeln. Während ich Nela auf dem Wickeltisch im Kinderzimmer auszog (es war nicht einfach gewesen sie den übrigen Cullens zu „entreißen“), war Edward schon ins Bad verschwunden. Ich kam mit Nela, in das neue Badehandtuch gewickelt, dazu. In der Badewanne lag eine kleine Badewanne – Babybadewanne –, die er mit duftendem Wasser gefüllt hatte. Er gab gerade Öl dazu, rührte mit der Hand um und schöpfte mit den Händen die dicke Schauschicht aus der kleinen Wanne in die große Wanne. Dann tauchte er mit dem Ellenbogen in das Wasser ein und nickte zufrieden. „Das… sah gut aus wie du das machst“, lobte ich anerkennend. „Danke, ich hab viel gelesen in letzter Zeit und Esme und Alice oft zugeschaut“, gestand er ein wenig verlegen. Ich kniete mich vor die Wanne, legte das Handtuch über den Wannenrand der großen Badewanne und drehte Nela einmal links und einmal rechts rum und überlegte wie ich sie hineinlegen und wie ich sie dann festhalten sollte. Ergeben sah ich flehend zu Edward, der sich neben mich gekniet hatte. Seine Hände umschlossen meine und führten diese. „Wichtig ist nur, dass du darauf achtest, dass der Kopf herausschaut und sie sich wohl fühlt“, erklärte er. Ich sah ihn überrascht an. „Dein Hände sind ganz warm“, stellte ich fest. Nicht, dass es ungewöhnlich war (beim Baden auf der Insel war es nicht anders gewesen), aber sie waren viel zu schnell warm geworden und viel zu warm. „Ich habe sie vorher mit heißen Wasser abgeduscht“, klärte er mich auf. Ich strich mit einer Hand von seiner Hand zu seinem Ellenbogen. Es stimmte. Nur die Hände waren warm, fast heiß, zum Ellenbogen hin wurde es wieder kalt. Ich hielt schnell die andere Hand wieder unter Nela. Mein Mann und seine Familie kennen sich auch sehr gut aus und ich bin der Laie, hatte ich zu David gesagt und kein bisschen übertrieben, schoss es mir durch den Kopf. Während ich Nela hielt, Edward hatte es mir vorgemacht, ölte er Nela mit sanft kreisenden Bewegungen ein. Mit den Fingerkuppen fuhr er vorsichtig über ihre Kopfhaut und ihre wenigen aber glänzenden Haare, die er, mit bedacht auf ihr Gesicht, einschäumte. Sie ließ alles über sich ergehen und lag fast unbeweglich im Wasser. „Sie genießt es“, sagte ich laut. „Ja, Babymassage“, sagte er und ergänzte: „Hab ich gelesen.“ Ich seufzte unwillkürlich. Ich hatte nichts gelesen und nichts nachgefragt. Wäre ich allein mit ihr, hätte ich sie aufgrund meiner Schusseligkeit und Unwissenheit wahrscheinlich auch ohne Durst umgebracht, dachte ich missmutig. Edward entging meine kurzzeitige betrübte Stimmung nicht. „Was ist?“ Ich merkte wie er sich stumm umsah, ob er einen Fehler gemacht hatte. „Nichts, alles bestens“, entgegnete ich und zwang mich zu einem Lächeln. „Fertig“, sagte Edward schließlich und ich hob Nela aus dem Wasser. Er umschloss sie rasch mit dem Badehandtuch. Zufrieden paddelte Nela in meinem Arm, während ich sie mit ganz kleinen Bewegungen abrubbelte. „Der Bauchfleck hat sich nicht verändert“, stellte ich neutral fest. Dass es ihn gab, war schon schlimm genug, also dürfte diese Feststellung wohl gut sein, sagte ich mir. Mich überkam, wie den ganzen Tag zwischenzeitlich schon, dieses Gefühl. Dieses undefinierbare nicht schmerzhafte Gefühl. Nur heftiger als die vorherigen Male. Ich drückte Edward Nela in die Hand, er reagierte sofort, doch sah mich besorgt an, als ich mich auf den Toilettendeckel setzte und mit beiden Händen die Wand berührte. „Bella? Geht’s dir gut?“, hörte ich seine Stimme, doch ich war ganz darauf konzentriert in mich hineinzuhorchen. Mir war kurz schwarz vor Augen geworden. Ich atmete bewusst tief und regelmäßig. Ich schluckte und sah Edward, betont lässig, an. „Alles gut“, sagte ich. Er tupfte Nela mit dem Handtuch über den Kopf und schien nicht zufrieden mit meiner Antwort zu sein. „Komm, wir gehen sie anziehen. Kannst du gehen?“ „Natürlich!“, sagte ich ein wenig zu überzeugt, sodass es alles andere als das klang. Ich trottete hinter ihm her ins Kinderzimmer. Das Gefühl war weg. „Sie wird jetzt gut schlafen“, sagte er beiläufig, während ich neben ihm stand und ihm zusah, wie er sie eincremte, anzog und mit einem Schlaflied in den Schlaf wiegte. Ich setzte mich auf den Sessel. Als sie tief und fest schlief, schlang er den Arm um meine Taille, es fühlte sich allerdings mehr so an, als wolle er mich stützen, und ging mit mir ins Wohnzimmer. „Was war eben?“, kam er natürlich, wie konnte es auch anders sein, er überging nie etwas, darauf zurück, während er langsam, zu vorsichtig, die Treppe mit mir herunter ging. „Mir war nur kurz komisch“, ich machte eine wegwerfende Handbewegung, „aber keine Sorge, ich kann ja gar nicht schwanger sein“, kicherte ich übertrieben und hoffte, dass er nicht weiter darauf einging, doch er fühlte mit der Hand über meine Wangen und meine Stirn. „War dir schlecht?“, fragte er, als wäre ich in einem medizinischen Verhör. Wir kamen am Ende der Treppe an. „Nein, nur ein bisschen komisch“, sagte ich rasch. Ich wollte es endlich dabei bewenden lassen. „Wie komisch genau?“ „Edward, es war nichts, wirklich“, ich wurde ungeduldig und ein wenig sauer (er behandelte mich wie eine alte Frau, fand ich), „komm“, sagte ich und zog ihn förmlich ins Wohnzimmer. Die übrigen Cullens sahen kurz auf als wir rein kamen, ich mochte ihren konzentrierten betont neutralen Gesichtsausdruck nicht (natürlich hatten sie alles gehört) und dann die lässige Art sich schnell irgendwie zu beschäftigen um nicht aufzufallen. Sie waren sehr geschickt darin, doch ich bemerkte es trotzdem. Ich unterdrückte ein Seufzen. Edward steuert das Sofa an, doch ich ging ganz unwillkürlich geradeaus. Ich blieb plötzlich stocksteif stehen. Ich riss die Augen auf, mir klappte die Kinnlade herunter. Ich wand den Kopf mit tiefem Entsetzen zu Edward, der zwar erschrocken, doch gleichzeitig auch unbeabsichtigt belustigt aussah. „Was ist Schatz?“, fragte er versucht liebevoll, doch seine Stimme zitterte leicht. Na klar! Warum war ich nicht eher darauf gekommen? Ich hatte dieses Gefühl mal gekannt! „Ich-“, ich traute mich gar nicht das auszusprechen, es war zu surreal, „ich habe Hunger“, gestand ich schließlich ängstlich. Es wurde still, stiller als zuvor noch. Sie lauschten alle. „Hunger?“, er kniff die Augenbrauen zusammen, „Du meinst richtigen Hunger?“ Ich nickte und biss mir auf die Lippen. Ich war im Begriff gewesen zur Küche zu gehen – ein menschlicher Impuls. Dieses merkwürdige, mittlerweile jedoch fremde Gefühl… war Hunger?! Wie konnte das sein? „Hui, na das kann ja spannend werden“, hörte ich Emmett sagen, doch niemand ging darauf ein. „Kann- kann man sich- kann ich mich in einen Menschen zurück verwandeln?“, stotterte ich angsterfüllt in Edwards Richtung. Doch bevor dieser etwas sagen konnte, stand Carlisle neben mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Vollkommen ausgeschlossen“, sagte er, „dein Hunger kann nur ein Gefühl sein und kein Bedürfnis. Trotzdem wäre es vielleicht ratsam das Gefühl zu befriedigen. Wir sehen dann weiter.“ Edward nickte. Ich spürte Panik in mir hochkommen, die sich in derselben Sekunde wieder legte. Ich will panisch werden, flehte ich Jasper gedanklich an, ich ertrug die Ruhe nicht, die von Edward und Carlisle ausgingen, als wäre es das Normalste der Welt. Eine Bagatelle. Mechanisch ging ich zur Küche, Edward neben mir. „Seit wann hast du dieses Gefühl?“, fragte Edward nach, während ich in der Küche nach etwas Leckerem herumstöberte. „Heute früh zum ersten Mal, bevor ich mit Nela in die Stadt gefahren bin“, antwortete ich prompt. Ich konnte mich noch genau daran erinnern. Ich machte mir eine Portion Nudeln aus dem Kühlschrank warm (Überbleibsel meiner Schwangerschaft) und setzte mich wenige Minuten später zu Edward an den Esstisch. „Emmett“, knurrte Edward verdrießlich, während er mir beim Essen zusah. „Sorry Edward“, sagte Emmett, doch klang überhaupt nicht entschuldigend. „Was hat er gedacht?“, zählte ich eins und eins zusammen. „Nichts von Belang“, er warf Emmett einen vernichtenden Blick zu, „wie immer.“ Ich wollte gerade schlucken, als Alice sich zu mir wand. „Hörst du unsere Entscheidungen momentan?“, wollte sie wissen. „Hm, glaube nicht“, nuschelte ich kauend. „Und die Weiterentwicklung? Geht das?“, fragte sie weiter. „Glaub’ nicht“, wiederholte ich murmelnd. „Konzentrier dich mal drauf“, bat sie. „Ach Alice, das ist nun wirklich Schwachsinn. Fast noch schwachsinniger als Emmetts Erklärung“, grummelte Edward mit zusammengekniffenen Augen. Ich räusperte mich übertrieben. „Würde mich mal jemand aufklären?“ „Ja bitte“, hörte ich Esmes Stimme hinter mir. Carlisle, Jasper und Esme standen nun um den Esstisch herum. Edward verdrehte die Augen. „Alice glaubt, dass einige deiner Fähigkeiten und Eigenschaften stärker werden, während andere schwächere oder eigentlich gar nicht vorhandene ebenfalls stärker werden bzw. wiederkehren.“ „Und Emmett?“, zog ich ihm alles aus der Nase. Er seufzte. „Emmett glaubt, dass deine bzw. unsere momentane Enthaltsamkeit, dich zum Wahnsinn treibt.“ Er schüttelte über diese Absurdität den Kopf. „Gut möglich“, sagte ich ernst, dann grinste ich. Apropos… darüber wollte er mit mir ja noch reden. Ich war gespannt was er dazu sagen wollte. Edward verdrehte wieder die Augen und verschränkte die Arme. „Emmett schließt zu sehr von sich auf andere“, sagte er so leise mit Blick an die Decke, dass ich es kaum mitbekam. „Konzentrier dich mal“, drängelte Alice, „versuch mal meine Entscheidung zu lesen und sie zu beeinflussen.“ Niemand sagte etwas, sodass ich die Gabel weglegte und sie fixierte. Sie warteten. Ich hörte nichts und konzentrierte mich stärker. Wie entferntes Gemurmel ertönte in meinem Kopf, aber vollkommen unverständlich. Dann würde es wieder. „Wie ein zu leises Radio“, sagte ich dann und schüttelte den Kopf. „Dann versuch mal mir eine Entscheidung einzupflanzen.“ Sie grinste. Ich konzentrierte mich wieder. „Alice soll ein Rad schlagen, Alice soll ein Rad schlagen, Alice soll ein Rad schlagen“, sagte ich immer wieder im Kopf auf. Plötzlich zuckte Alice und es sah für den Bruchteil einer Sekunde wirklich so aus, als würde sie ein Rad schlagen, doch den Bruchteil einer Sekunde später lag sie auf dem Boden und rappelte sich elegant hoch. Wir lachten. „Was war denn das?“, lachte Jasper und legte den Arm um Alice. „Ein schlechtes Rad“, murrte sie. „Tschuldige“, sagte ich überflüssig, denn es konnte ihr nicht wehgetan haben. „Siehst du Alice, deine Theorie hat sich nicht bestätigt“, sagte Edward zufrieden mit immer noch verschränkten Armen. „Bliebe noch meine Theorie.“ Emmett grinste. Edward sagte nichts, sondern verdrehte wieder abermals die Augen. „Bliebe Emmetts Theorie“, wiederholte ich und lächelte Edward erwartungsvoll an. Hier und da hörte ich ein glucksen. „Hast du noch Hunger?“, überging Edward das und wollte meinen Teller nehmen. „Nein“, antwortete ich ein wenig eingeschnappt, brachte meinen Teller selbst in die Küche und stiefelte hoch ins unser von der tiefen Nacht völlig verdunkeltes Zimmer. Ich tapste nach den Nachttischlampen und öffnete ein Fenster. Ich wollte hören, was er dazu zu sagen hatte. Wir besprechen das später, hatte er gesagt. Schön, jetzt war später. Um genau zu sein, längst der neue Tag. Kaum hatte ich mich aufs Bett gesetzt, lag Edward bereits neben mir und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Jetzt ist später“, gab ich meinen Gedanken von eben preis. „War klar, dass du darauf eingehst“, murmelte er nach einem Seufzer und legte einen Arm um mich, sodass mein Kopf auf seinem Oberarm lag. „War auch klar“, versuchte ich ihn weiter zum reden zu bringen. Schließlich wollte ich unbedingt wieder mit ihm schlafen. Einmal war gar nichts (gut, abgesehen von dem Endprodukt, grinste ich in Gedanken). „Warum hast du keine Kondome gekauft?“, wollte er wissen und sah zu Himmelbettdecke auf. „Liegt das nicht auf der Hand?“, gab ich zurück und sah ihn weiter an. „Vermutlich schon, aber ich möchte es trotzdem gerne hören“, ließ er nicht locker. Nun blickte ich verlegen auf meine Finger. „Du- du hättest dich sowieso nicht darauf eingelassen. Weder auf ein Gespräch darüber, noch auf einen wirklichen Versuch. Also hab ich es gleich sein lassen.“ „Glaubst du ich bin so kompromisslos?“ Ein Lachen lag in seiner Stimme, während er immer noch zur Decke sah. Ich blickte schräg nach oben zu seinem Gesicht von dem ich überwiegend das Kinn zu Gesicht bekam. „Ähm, du- du hättest-“, begann ich. „Nein“, sagte er gleich. „Siehst du.“ Er blickte hinab und seine Finger überkreuzten meine. Sanft strich er dann mit den Fingerkuppen durch meine Handinnenflächen. Ich erschauderte. Ein wunderschönes Gefühl. „Es gibt auch noch andere Verhütungsmethoden“, hauchte er leise, während wir beide unsere verschränkten und streichelnden Finger betrachteten. „Die wären?“ Nicht, dass ich in Bio nicht aufgepasst hatte, aber ich hatte mittlerweile gelernt, dass auf uns nichts von dort anwendbar ist. „Wir könnten es mit der Pille versuchen“, schlug er vor. Ich zog die Augenbrauen hoch. „Du glaubst das geht bei mir?“ „Der Teil ist menschlich. Warum sollten menschliche Präparate nicht wirken?“, fragte er zurück. Ich zuckte leicht mit den Schultern. „Man kann die Wirkung anhand eines Hormonspiegeltestes in Erfahrung bringen. Dazu müssten wir dir nur ein wenig Blut aus deinem menschlichen Teil abnehmen, das Carlisle dann im Labor untersucht.“ Es schien als hätte er sich einige Gedanken darüber gemacht, dachte ich verblüfft. Scheinbar war es ihm doch so wichtig wie mir. Ich hatte fast – oder nicht fast? – daran gezweifelt. „Hm, ein Versuch ist es wert“, sagte ich lediglich, denn ich war nicht sehr überzeugt. In meinem Körper ging momentan alles drunter und drüber, noch schlimmer, als es vor der Schwangerschaft der Fall war. Ich glaubte nicht, dass gerade die Pille wirkte. Da fiel mir etwas anderes ein. „Sag mal… wenn doch wieder Blut in mir fließt oder auch schon länger“, komisch, dachte ich, ich hatte nie darüber nachgedacht, „ist das dann nicht unangenehm für euch?“ „Wir riechen es nicht, weil du ja genau genommen ein Vampir bist, der so riecht wie wir. Wenn ich dir allerdings Blut abnehmen würde, würden wir es riechen ja.“ „Apropos Blut… du, ähm, ich bekomme sicherlich bald wieder meine Tage“, begann ich zögerlich, „wie, wie machen wir das dann?“ „Hat mich früher auch nicht gestört“, entgegnete er leichthin und wollte weiterreden, doch ich fiel ihm ins Wort: „Aber die Anderen? Jasper-“ „Es ist anderes Blut, als das was in den Adern von Menschen fließt“, sagte Edward schnell, „es riecht bei weitem nicht so gut. Da würde selbst Jasper ein Huhn vorziehen“, grinste Edward. „Okay“, sagte ich beruhigt. Er küsste mich auf die Schläfe. Ich jedoch schob mich ein wenig hoch und küsste seine Lippen innig. Er schmunzelte und erwiderte meinen Kuss. „Unsere Tochter ist nun eine Woche alt“, sagte er zwischen zwei Küssen. Ich sah an ihm vorbei auf den Wecker, der bereits vier Uhr morgens zeigte. Ich hatte die Zeit völlig vergessen. „Hmmm“, machte ich und gab mich ganz meiner Leidenschaft, solange meine Shorts an blieben war ja alles in Ordnung, dachte ich grinsend, hin. Kapitel 26: Im hohen Norden --------------------------- Am Morgen rief David an, dass das Treffen wegen einer starken Erkältung der Gastgeberin um eine Woche nach hinten verlegt wurde. Ich war irgendwie schon erleichtert. Als ich herunter kam, war Carlisle in ein Gespräch mit Edward vertieft. Ich wusste worum es nur gehen konnte: Die Pille. Ich kam näher und legte den Kopf an Edwards Schulter. „Ich denke wir sollten heute fahren“, sagte Edward. Ins Krankenhaus? „Wir wollen sie nicht überrumpeln…“, gab Carlisle zu bedenken. Er war Arzt, er würde im Krankenhaus nicht auffallen… warum überrumpeln? Oder meinte er mit „sie“ mich? Ich wusste doch davon… „Ich glaube, dass sie es gar nicht abwarten können.“ Edward lächelte mich an. Natürlich konnte ich nicht es nicht abwarten, aber welche „sie“ jetzt? „Ich rufe sie an“, sagte Carlisle und verschwand. Ich wurde aus dem Gespräch nicht schlau. „Sag, worüber habt ihr geredet?“ Er reichte mir als Antwort einen Brief. Das Papier war papyrusfarben, sehr schick. Ich klappte ihn auf und las: Liebe Cullens! Wir möchten euch für die nächsten Tage nach Denali einladen und würden uns freuen, wenn ihr alle kommen könntet. Euer Semester geht doch erst in gut einer Woche los, richtig? Wir sind sehr gespannt auf „Edwards neue Familie“. Ruft uns doch an wann genau ihr kommen möchtet, wir sind da. Kuss an Bella, Tanya & der Denali-Clan Ich sah ein wenig verdutzt auf den Brief und sah zu Edward auf. „Woher wissen sie davon?“ „Esme hat mit Tanya telefoniert“, antwortete Edward knapp. Mir war mulmig im Magen. Ich kannte die Denalis nicht, würden sie mich mögen? Und meine Tochter? Wir waren beide sehr sonderbar… „Ich schaue mal nach Nela“, sagte ich, obwohl ich wusste, dass sie schlief. Ich ging auch nicht ins Kinderzimmer, sondern schritt im Schlafzimmer auf und ab. Die Denalis… mein Blick fiel auf eine Kiste unter dem Schreibtisch. Ich beugte mich runter und sie mir genauer an. Die Sachen aus Charlies Haus. Meine alten Sachen, Kindersachen. Ich kramte darin herum und fand, was ich suchte. Mein Lieblingsbuch. Märchen. Ich presste das Buch an mich und hüpfte ins Kinderzimmer. Ich verband so viele Erinnerung damit, die jetzt zwar verschwommen waren, aber ich wusste noch genau, wie Charlie mir die Märchen vor- und rückwärts vorgelesen hatte. Ich setzte mich in den Sessel und begann leise vorzulesen. Nela würde davon nicht wach werden. Ich las Aschenputtel. „Bella, wa-“, Edward stand im Türrahmen und zog die Augenbrauen hoch, „achso“, er lachte, „frühkindliche Bildung was?“ „Was dagegen? Du spielst ihr Pachelbel vor. Man soll nichts dem Zufall überlassen“, neckte ich sofort zurück. Er setzte sich auf die Sessellehne und küsste meine Haare. „Mein kleiner Bücherwurm“, sagte er sanft. Ich las weiter. „Wir fahren bald, aber keine Sorge, Alice und Esme haben alles gepackt. Sie wollte nur warten bis Nela aufwacht. Alice meinte“, Edward schaute auf die Uhr an der Wand, „in 4 Minuten.“ Ich nickte und ging zum Kinderbettchen. Sie regte sich bereits. Ich betrachtete sie nachdenklich. Edward schritt von hinten an mich heran, schlang die Arme um mich und küsste meine reglose Wange. Ich kannte die Denalis nicht. Die Cullens kannte ich gut, ich wusste wie ich mich verhalten musste. Aber fremde Vampire? Aber sie waren wie die Cullens… Edward beugte sich um mich herum und küsste meinen Mundwinkel. Und wenn ich einen Fehler machte? Wie beherrscht waren sie? Auch wegen Nela? Musste ich etwas Wichtiges über sie wissen, damit ich in kein Fettnäpfchen trat? „Bella… woran denkst du?“ Ich spürte, dass es beiläufig klingen sollte, aber er schien besorgt. Ich legte das Ohr an seine Brust und blickte nachdenklich zurück zum Sessel, wo das Buch lag. „Erinnerst du noch an Aschenputtel?“, fragte ich rhetorisch, „ich fühle mich wie das Aschenputtel… für euch ist das alles normal, routiniert, aber für mich… diese Welt ist wunderschön hier und durch den Brief der Denalis ist mir erst richtig bewusst geworden, dass ich Teil dieser Welt bin. Aber bei den Denalis wird es wieder anders sein… und ich kenne es nicht, was, wenn ich Fehler mache?“ „Du machst dir zu viele Gedanken“, sagte er ehrlich. „Das sagt der, der alle anderen liest“, entgegnete ich schnippisch. „Liebste, du gehörst hier hin und die Denalis werden dich genauso akzeptieren und lieben wie wir dich. Darüber sorgst du dich doch, nicht wahr?“ Ich blickte ihm ins Gesicht, während er mich in den Armen wiegte. Er kannte mich sehr gut. „Elender Gedankenerahner.“ Er grinste. Ich küsste seine Lippen. Nela wachte auf. Carlisle fuhr seinen Mercedes mit Edward, Esme, Nela und mir hinter den übrigen Vieren in Rosalies Cabrio her. In dem Tempo der Cullens würde die Fahrt nach Norden nicht lange dauern. Ich sah aus dem Fenster und war unwillkürlich aufgeregt, egal was Edward mir vorhin gesagt hatte. Gut, dass Jasper in dem Wagen vor uns fuhr, dachte ich. Er hätte es Edward sofort gepetzt – unfreiwillig vermutlich. Die Bäume huschten schemenhaft am Fahrbahnrand vorbei. Ich war anders, würden die Denalis mich akzeptieren? Es fühlte sich an, als würde ich einer Probe unterzogen. Wie das Aschenputtel sich am Hofe hinterher beweisen muss… ein normales Mädchen, das in eine andere Welt hineinstolpert… „Wenn du willst, kann ich sie auch umziehen.“ Ich wand den Kopf mit glasigem Blick zu Esme. „Äh ja.“ Ich spürte wie Edward mir einen misstrauischen Blick zu warf. Na klasse Bella, dachte ich innerlich seufzend, jetzt weiß er, dass du dir immer noch Sorgen machst. Esme machte Nela schick, während die Wolkendecke immer dichter und dunkler wurde. Mich beruhigte das leise, gleichmäßige Geräusch des Motors. „Esme?“ Sie sah hoch. „Was wissen Tanya und ihre Familie alles? Über mich, meine ich, und Nela“, ergänzte ich betont lässig. Doch ich spürte in Edwards Blick in den Spiegel, dass er das Zittern in meiner Stimme hörte. „Nun ja, Bella bitte sei mir nicht böse, dass ich sie angerufen hab“, schob sie schnell vorweg, ich schüttelte schnell den Kopf und bedeutete sie fortzufahren, „ich habe Tanya kurz bevor ihr zu Hochzeit aufgebrochen seid, angerufen. Von der Schwangerschaft hatte ich ihr noch nichts erzählt. Vor ein paar Tagen hab ich dann mit Carmen telefoniert und sie hat sich nach euch erkundigt und da ist mir eingefallen, dass sie ja noch gar nicht Bescheid wissen. Bitte sei mir nicht-“ „Nein, nein“, sagte ich schnell, „schon okay.“ Ich grübelte und drückte das Gesicht gegen die Scheibe. Dann sah ich Esme wieder an. „Dann wissen sie nichts von Nela, ich meine, dass sie ein Mensch ist? Und… meine Veränderung?“ Esme schüttelte beschwichtigend den Kopf. „Nein, ich habe nur gesagt, dass Edward und du ein Kind bei euch habt. Und ich habe ihnen versichert, du kennst ihre Vorgeschichte, dass es kein unsterbliches Kind ist. Es tut mir leid, ich wollte sie vorbereiten. Wer weiß was sie sonst-“ „Nein Esme, danke“, sagte ich schnell. Esme sah mich besorgt an. Dass sie so wenig wussten, machte mich noch nervöser. Das hieße, dass ich ihnen alles erzählen musste oder zumindest danach gefragt wurde. „Ich habe ihnen nichts von dir erzählt.“ Sie schaute mich gequält an. Sie glaubte wohl, dass ich deswegen nachdenklich wäre. Ich nickte und sah, wie Edward den Kopf wieder nach vorne richtete. Langsam drosselte Carlisle das Tempo. Ich sah, dass Rosalie, ich glaubte, dass sie es war, denn sie mit Sicherheit niemand anderen ihr Cabrio fahren lassen, mitten in eine Waldschneise einbog, ähnlich wie die der Cullens in Forks. Doch der Weg war holpriger, als der in Forks es gewesen war, aber viel kürzer. Schon kamen wir an einem prächtigen Haus an. Prächtig, aber anders. Ein ganz anderer Stil, der zu Rosalie gepasst hätte. Es sah ein wenig arabisch aus, mit vielen Rottönen und Schnörkelungen. Allerdings sah das Haus auch altmodisch aus. Es war in dunklem Holz gehalten. Hätte ich ein funktionierendes Herz gehabt, wäre es mir vor Nervosität aus der Brust gesprungen. Wir stiegen aus. Die Denalis standen bereits am Fuße der Treppe, die zu ihrer Eingangstür führte. Tanya, Kate, Eleazar und Carmen. Und alle wunderschön, natürlich. Es hätte mich fast nicht erschrecken dürfen, bei den Cullens war das anderes, sie sah ich den Tag, aber diese Vampire sah ich zum ersten Mal und ihre goldenen Augen leuchteten uns entgegen. Genauer gesagt mir. Vier Augenpaare folgten mir, als ich mit Edward neben mir, der meine Hand hielt, um das Auto zu ihnen ging. Esme hielt Nela im Maxi cosi im Arm. „Bella“, sagte die Rotblonde zuckersüß, machte einen Schritt auf mich zu, „ich bin Tanya, das sind Eleazar, Carmen und Kate“, stellte sie alle vor. „Irina ist auf einer längeren Reise durch Europa.“ Die anderen lächelten mich an. Ich lächelte unsicher zurück. Was für Erwartungen hatten sie eigentlich? „Dann stimmt es wirklich“, sagte Tanya verblüfft, als sie sich Esme bzw. Nela zugewandt hatte. „Wollen wir sie nicht hineinbitten?“, schlug Eleazar vor, als Tanya Anstalten machte, länger draußen stehen zu bleiben und Nela zu betrachten. „Ja natürlich“, sagte sie schnell und hielt uns die Tür auf. Das Haus war unglaublich. Es war eine interessante Mischung aus mittelalterlich und arabisch. Es hatte aber auch etwas von einer Holzfällerhütte fand ich. Zudem waren die Räume sehr hoch, sodass viele Tücher die Decke und die Wände bedeckten. Der Boden war mit Samt bedeckt. „Ui“, stieß ich anerkennend hervor (ich hatte meine Schuhe ausgezogen und es war ein schönes Gefühl den Samt unter den Füßen zu spüren), „das ist aber kuschelig, das wird Nela gefallen.“ Tanya und Carmen strahlten mich an. Die Fenster waren kleiner als die der Cullens, die ja genau genommen die ganzen Wände bedeckten, und unregelmäßig über die Wände verteilt. Das Licht war spärlich aber behaglich. Ich war ein paar Meter hinter der Tür zum Wohnzimmer stehen geblieben, drehte mich zu allen Seiten und betrachtete alles. Ich merkte erst, als Edward einen Arm um meine Taille schlang, dass alle im Raum mich ansahen und warteten. Ich lächelte zögerlich und ertappt und machte dann ein paar Schritte mit Edward auf sie zu. „Bitte erklärt es uns“, drängelte Tanya, die dazu neigte auf und ab zu wippen, „wir sind zu neugierig.“ Wir setzten uns alle verteilt in den Raum. Es lagen riesige Kissenberge zwischen interessant aussehenden Blumen auf dem Boden. Tanya war zu aufgeregt, um zu warten, bis einer von uns begann. Sie fragte sofort nach, um das Gespräch in Gang zu bringen: „Sie ist kein unsterbliches Kind. Was ist sie dann? Ein Mensch etwa?“ Es klang fast ein wenig belustig. „Ja“, sagte Edward schlicht. „Darf ich Nela mal nehmen?“, baten Tanya und Carmen gleichzeitig, beide wibbelten, ganz untypisch für Vampire, auf der Stelle. „Ja sicher.“ Ich beugte mich herunter zum Maxi cosi und merkte wie meine Hände zitterten. Augenblicklich spürte ich ein Ruhegefühl durch die Finger schießen. Ich war Jasper unendlich dankbar. Ich nahm Nela hoch und gab sie Tanya, die mir am nächsten Stand. Ich stellte mich zu Edward und warf Jasper einen dankbaren Blick zu. Er fing ihn auf und lächelte mich nickend an, obwohl ich fand, dass ein Hauch Verwirrung darin lag. „Wahnsinn, sie ist echt ein Mensch“, flüsterte Tanya. Sie hatte legte die Hand behutsam an Nelas Hals gelegt und roch kurz an ihr. „Wessen Kind ist sie? Adoptiert?“, wollte Carmen wissen. „Meins“, sagte ich prompt, ohne darüber nachzudenken. Nun sahen die Denalis mich an. Ich wand mich ein wenig verlegen in der mir nun geschenkten Aufmerksamkeit. „Sie ist Edwards und meine Tochter“, sagte ich nachdrücklich und Tanya sah von Nela auf. Ihr war mein Unterton aufgefallen. Unsere leibliche Tochter. Kate beugte sich vor. Sie sah aus, als glaubte sie als wäre es ein Witz. „Deins? Euers?“ Sie gluckste leise. Ich nickte und warf Edward einen flehenden Blick zu. Er konnte besser erklären als ich. „Sie ist Bellas und meine leibliche Tochter-“ „Edward, wir können keine Kinder bekommen“, warf Kate ein. Sie glaubte anscheinend immer noch, dass wir sie veräppelten (ich hätte es, zugegeben, auch geglaubt). „Lass ihn ausreden“, zischte Carmen, die sich zu Kate vorbeugte. Eleazar hatte die Stirn gerunzelt und saß regungslos neben ihr. „Danke Carmen“, sagte Edward unverändert mit seiner Samtstimme, „Bellas Verwandlung verlief nicht wie unsere. Sie hat sich erst nach und nach verwandelt, weshalb wir zum Zeit der Empfängnis nicht wussten, dass sie zu der Zeit diese menschliche Eigenschaft noch besaß. Sie hat das Kind ausgetragen. Nur wesentlich schneller als bei Menschen.“ „Aber- das- wie geht das?“, fragte Tanya verwirrt. Edward grinste. „Tanya bitte“, sagte er leise. Ich sah ihn fragend an. Er schüttelte nur den Kopf. Ich sah, wie Tanya verschämt zu Boden sah. Ich überlegte. Machte sie sich etwa Hoffnungen? „Entschuldigt, ich bin einfach zu neugierig…“, begann Tanya. Ich schüttelte besänftigend den Kopf. Na ja, dass ein Vampir ein Kind bekam und dann auch noch ein menschliches Kind, war ja auch nichts Gewöhnliches. „Wenn sie doch eure Tochter ist… wie kann sie dann ein Mensch sein?“ Es folgte eine kurze Stille, während Tanya Nela im Arm hielt, begutachtete und streichelte. Sie fühlte ihr Blut, ihre Wärme, ihren Herzschlag. Plötzlich fing Nela lauthals an zu schreien. Tanya erschrak, hielt sie jedoch fest im Arm, weshalb sie noch mehr schrie. Edward und ich reagierten sofort, doch Edward war schneller. Er nahm die Decke im Maxi cosi, wickelte Nela darin ein und gab sie Tanya zurück. Nela beruhigte sich langsam. „Oh ja, entschuldige“, sagte Tanya. Nela hatte ich an einigen Stellen leicht bläulich vor Kälte verfärbt. Tanya warf Carlisle einen erwartungsvollen Blick zu um auf ihre Ausgangsfrage zurück zu gehen. Carlisle räusperte sich noch mal. „Wir gehen davon, dass sie sich irgendwann verwandelt, weil sie ja Gift und Gene in sich trägt.“ Tanya zuckte zusammen. Ich erkannte die Ursache nicht, hoffte nur, dass sie Nela nicht fallen ließ (obwohl trotzdem keine Gefahr bestanden hätte, da wir von mehreren sehr flinken Vampiren umgeben waren). „Carlisle! Wenn-“ „Keine Sorge Tanya, wir werden eine Lösung finden“, antwortete mein Gedankenleser. Tanya wand den Blick von Carlisle ab und sah Edward schmerzerfüllt an. „Wir könnten es nicht ertragen euch auch noch zu verlieren“, sagte sie sehr leise, sodass ich es so eben noch erahnen konnte. Jetzt verstand ich. Edward hatte mir die Geschichte mit ihrer Mutter erzählt. Sie hatte ein unsterbliches Kind erschaffen und war von den Volturi dafür bestraft worden – mit dem Tod. Ein unglaublicher Verlust für Tanya und ihre Schwestern. „Wir werden es zu verhindern wissen“, sagte Edward beschwichtigend. „Bella?“, sagte Tanya und hielt mir Nela hin. Ich nickte und schritt zu ihr. Sie sah aus, als würde sie gleich ohnmächtig werden. Ich nahm Nela entgegen. Carmen, die neben Tanya saß, tätschelte meinen Rücken. Ich spürte die Berührung nur sehr kurz. Danach durchfuhr mich ein reißender Schmerz. „AH!“, stieß ich hervor und sackte auf die Knie zusammen. Ich fühlte Nela nicht mehr in meinen Händen und sah, als ich die Augen öffnete, dass sie in Esmes Armen lag. Edward kniete neben mir und hatte mein T-Shirt am Rücken hochgezogen. Doch es waren nicht Edwards Hände, sondern Carlisle, die meinen höllisch schmerzenden Rücken ganz leicht berührten. Ich sah nach hinten und erkannte ein Stück meines Rückens: Rot und blau. Die Bewegung selbst schmerzte. Edward richtete mich wieder nach vorn. „Ich glaube nicht, dass etwas gebrochen ist. Blutergüsse und ein wenig geprellt“, hörte ich Carlisles fachkundige Stimme. In derselben Sekunde spürte ich etwas Kaltes im Rücken. „Es tut mir so leid“, wisperte Carmen, die Hände vor den Mund geschlagen. Eleazar streichelte sie und hatte immer noch die Augenbrauen zusammen gezogen. Sein Blick war nun fragender und verwirrter als zuvor. „Das müsst ihr uns erklären“, sagte er ausdruckslos. Ich neigte den Kopf zu Boden. Ein Unglück nach dem anderen. Das fing ja gut an mit den Denalis. Was dachten sie jetzt nur von mir? Ich wollte es gar nicht wissen und gar nicht erst spekulieren. Es war mir alles unheimlich unangenehm. Das Kühlen tat gut. Carmen konnte ja nicht wissen, dass sie genau diesen Teil besser nicht berühren sollte. „Bella ist durch die Schwangerschaft menschlicher geworden. Sie hat keinen Durst, keine Kräfte und keine Gabe-“ „Doch hat sie“, unterbrach Eleazar sie, „aber ich kann nicht erkennen welche.“ „Eleazars Gabe liegt daran, andere Gaben zu erkennen“, flüsterte Edward auf meinen fragenden Blick mir zu. „Ich sehe, dass sie etwas kann, aber nicht was“, sagte er verwirrt. „Normalerweise, und zwischenzeitlich geht es auch wieder, kann sie unsere Entscheidungen hören, beeinflussen und auch anderen auch Entscheidungen hinzufügen.“ Eleazar hatte die Augen aufgerissen. Edward kicherte kurz und leise in sich hinein. Was hatte Eleazar gedacht? „Nein, das hatten wir schon. So schnell werden sie nicht wieder kommen“, sagte Edward. Ich zählte eins und eins zusammen. „Die Volturi?“, fragte ich. Eleazar war mal einer von ihnen gewesen, hatte Edward mir erzählt. Edward nickte. „Sie werden höchstes Interesse an dir gehabt haben. Und immer noch haben“, sagte Eleazar mit immer noch entsetztem, geschocktem Gesichtsausdruck. Ich zuckte nur kurz mit den Schultern. „Versuch mal ob du aufstehen kannst“, hörte ich Carlisle hinter mir. Ich stand langsam auf, setzte mich auf die Kissen direkt vor mir und bekam Nela von Esme wieder in die Hände gedrückt. „Alles gut“, sagte ich versucht munter. Edward schnitt eine Grimasse. Ich wusste wie er es hasste, wenn ich so etwas einfach überging. „Es tut mir wirklich leid“, sagte Carmen noch mal und sah mich bittend an. Ich machte eine wegwerfende Bewegung. „Kein Problem, alles bestens.“ Kate hob die Hand, als meldete sie sich zu Wort. Alle Köpfe waren nun auf sie gerichtet. „Entschuldigt bitte, aber nur, dass ich das verstehe“, sie hatte einen leicht giggelnden Unterton, „Edward hat Bella verwandelt“, ich warf Edward einen schnellen Blick zu, sie musste die genauen Ursachen meiner Verwandlung nicht wissen (genau genommen war es mir peinlich) , „allerdings hat das nicht funktioniert und sie ist halb Mensch geblieben, weshalb sie ein Kind von Edward bekommen konnte, das jetzt ein Mensch ist, sich aber irgendwann verwandeln wird?! Und Bella besitzt wieder menschliche Eigenschaften?!“ „Ja“, sagte Edward nüchtern. „Das ist- unglaublich“, sagte Tanya schließlich. „Bella, erlaubst, dass ich Nela mal nehme?“, bat Carmen. „Natürlich“, sagte ich sofort. Ich hatte mich schon genug aufgeführt. Ich war sicher, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollten. Edward saß nun neben mir und streichelte mit seinen angenehm kühlen Händen meinen Rücken. „Sie ist bezaubernd“, hauchte Carmen und lehnte den Kopf an Eleazars Schulter, der immer noch die Stirn in Falten gelegt hatte. Ich sah Edward schief grinsen. Nur ganz kurz und ganz leicht. Ich wollte nicht wissen was sie dachte… und doch fragte ich mich, ob sie über mich nachdachte… oder darüber selbst… selbst ein Kind zu bekommen? Wie bei Tanya vorhin? „Können wir mal die Rudel bei euch checken?“, grummelte Emmett mit tief schwarz glitzernden Augen und einem kindlich-trotzigen Unterton, der mich unwillkürlich grinsen ließ. Zum ersten Mal war ich wirklich dankbar für Emmetts Einmischung. Ich ertrug die Spannung und Peinlichkeit, die in der Luft lag nicht mehr länger. „Alles klar“, sagten Alice und Kate heiter und sprangen auf. „Edward?“, sagte Esme, als der Großteil bereits draußen war oder auf dem Weg dorthin. Sie hatte ihm die Hand auf die Schultern gelegt. Er sah mich an. Ich blickte erwartungsvoll zurück. „Nein, ich brauche noch nicht“, sagte er mit schwacher Stimme, denn seine Augen funkelten tiefschwarz. „Sei kein Dummkopf“, sagte ich versucht lustig. Edward seufzte, sah zu Nela und nickte dann. „Ich bin ganz schnell wieder da“, flüsterte er, „soll einer von uns-“ „Alles gut Edward, bis nachher“, sagte ich schnell. Selbstlos hin oder her, sie waren alle durstig. „Sieh dich ruhig ein wenig um, wenn du magst“, bot Carmen an, die mit Eleazar dann heraus schritt, „fühl dich wie zu Hause.“ Ich nickte in ihre Richtung. Dann war es still. Unschlüssig stand ich neben meinem nun schlafenden Kind. Ich ließ es mir nicht zweimal sagen und schritt aus dem Zimmer heraus. Obwohl das Haus von außen sehr hoch aussah, gab es nur das Erdgeschoss. Lediglich die Decken ragten so hoch empor. Neben dem Wohnzimmer gab es gegenüber einen breiten Flur von dem fünf Zimmer abgingen. Ich betrat das Erste. Ich hoffte, dass Carmen das mit einschloss, als sie meinte, ich dürfe mich umsehen, dachte ich und überlegte, ob ich wieder herausgehen sollte. Doch ich war zu neugierig. Das erste Zimmer gehörte Carmen und Eleazar. Ich erkannte das an dem Doppelbett, dass das kleine Zimmer komplett einnahm. Das Zweite gehörte einem der drei anderen. Es war kein Bett darin, nur ein großer Kleiderschrank und viele Kisten. Es sah aus, als ob jemand aus-, einzog oder umräumte. Das dritte Zimmer machte mich stutzig. Es war unglaublich altmodisch, um nicht zu sagen antik. Alte Kreuze und Bilderrahmen hingen an den Wänden. Es war, als wäre das Zimmer jahrhunderte lang nicht betreten worden, nur Staub lag kaum. Ein paar Sachen erinnerten mich an Carlisles Büro und die Bilder, die dort an der Wand hingen. Allerdings sahen seien Bilder dagegen noch neu aus. Wessen Zimmer war das? Verwirrt und nachdenklich schritt ich nächste Zimmer. Das musste Tanyas Zimmer sein, denn ich erkannte ihre Schrift auf dem Schreibtisch, der direkt gegenüber von der Tür stand. Ich drehte mich zum übrigen Teil des Zimmers. Und erstarrte. Zwischen dem Doppelbett und einem Schrank stand auf einem zierlichen Nachttischchen ein Foto – Edwards Foto. Ich ging hinüber und nahm es in die Hand. Nur sein Gesicht war auf dem Foto zu sehen. Ich strich mit dem Finger über das Glas. Sein wunderschönes Gesicht offenbarte ein Lächeln und ich spürte, wie sehr ich ihn vermisste, obgleich nur wenige Minuten seit seinem Fortgehen vergangen waren. Ich hatte ein komisches Magengefühl und damit meinte ich nicht Hunger. Warum stand Edwards Bild auf Tanyas Nachttisch? Ich kannte die Antwort. Es war beinahe zu banal. Wessen Foto stellte jeder Mensch, oder Vampir, auf der ganzen Welt auf seinen Nachttisch? Das Foto desjenigen oder derjenigen, die er liebt. Natürlich mag sie Edward, die Cullens sind sehr eng mit den Denalis befreundet waren, sagte eine Stimme in mir. Eine besondere Form von Liebe, eben wie eine richtige Familie… aber wären dann auf dem Foto nicht alle Cullens? Ich war mir sicher, dass mehr dahinter steckte, als nur eine sehr gute Freundschaft. Ich hatte einen Kloß im Hals. Ich hoffte nicht, dass es das war, was ich vermutete… befürchtete. Ich ging zurück ins Wohnzimmer und setzte mich neben Nela, die ich im Maxi cosi langsam hin und her schunkelte. Ich hatte Edward noch nie als jemandem gesehen, der vor mir auch andere Frauen gehabt haben konnte. Er hatte mir versichert, dass das nicht so gewesen war und, dass er genauso unerfahren war wie ich. Das schloss natürlich nicht aus, dass er Verehrerinnen hatte. Ich schnaubte. Bei Tanya konnte ich nicht im Mindesten mithalten. Mir knurrte der Magen. Ich stiefelte durch den hallenartigen Teil des Zimmers, mit den vielen Kissen, hindurch und trat um die Ecke. Dort offenbarte sich ein länglicher riesig hoher Raum. Der erste Teil war ein Arbeitszimmer, abgegrenzt durch meterhohe Regale, die eine halbe Bibliothek darstellten. Ich glaubte, dass nicht mal Carlisle so viele Bücher hatte. Ich überflog die Buchrücken. Kaum etwas davon konnte ich lesen. Es waren auch keine gängigen Sprachen wie Spanisch oder Französisch. Und unheimlich alt sahen die Bücher aus, weshalb ich mich gar nicht erst traute sie zu berühren. Ich ging weiter und kam in einen runden Raum. In der Mitte stand ein runder Tisch – Esstisch. An der Seite stand eine Küche. Das Zimmer erinnerte mich sehr an mein zu Hause bei den Cullens, denn die ganze runde Wand war eine lange und sehr hohe Fensterfront. Ich ging geradewegs zum Kühlschrank, obwohl ich wusste, dass sie natürlich nichts Essbares da haben würden. Umso überraschter war ich, als es doch so war. Obst und Gemüse lag darin. Roh. Dahinter lag ein Leib Brot. Komische Zusammenstellung. Ich nahm Paprika heraus, die mir sofort ins Auge stach und sah die Schubladen durch. Leer. Ein Topf, ein paar Messer (ich nahm ein kleines Gemüsemesser) und einen Suppenlöffel fand ich lediglich. Komische Zusammenstellung. Die Denalis gaben sich anscheinend keine große Mühe den Schein zu wahren, zumindest nicht in dem Ausmaß wie die Cullens (die Küche bei den Cullens war komplett ausgestattet, besser noch, als manch andere). Ich schnitt mir eine gelbe und eine rote Paprika auf und ging rasch zurück in den Kissenteil des Wohnzimmers, da ich Nela jammern hörte. Ich schuckelte sie ein wenig hin und her, damit sie sich beruhigte. Gedankenverloren kaute ich an einem Viertel Paprika. Tanya mochte Edward. Da war mehr als nur Freundschaft. Ihrerseits zumindest. Und sie war so schön… wie konnte Edward ihrem werben standgehalten haben? Es machte mich nervös daran zu denken, dass sie jetzt mit ihm alleine jagen war. Genau genommen nicht alleine, die anderen waren ja dabei (so hoffte ich), aber ohne mich. Nicht, dass ich unbedingt dabei sein gewollt hatte, aber unter diesen Umständen… ich spürte ein kribbeliges Gefühl in mir hochsteigen und konnte es sofort klassifizieren: Eifersucht. Ich verdrehte zu mir selbst die Augen. Bella, Edward würde dich nie betrügen, egal was diese Tanya veranstalten würde. Ich merkte, dass meine Meinung von ihr immer mehr sank. Nela begann wieder zu weinen und ich gab ihr die Flasche. Kaum war ich damit fertig, trudelten die ersten meiner Lieblingsvampire ein. Zuerst mein Allerliebster. Carlisle hatte einen Arm um ihn gelegt. In der anderen hielt er Esmes Taille. Sie lachten. Mein Gesicht hellte sich unwillkürlich auf, als ich sie so ausgelassen und glücklich sah. „Hallo Liebste“, sagte Edward zärtlich und küsste mich auf die Wange. Er grinste, als er die Paprikastücke und das Angekaute in meiner Hand sah. Dann wand er sich Nela zu. Er stupste ihr mit dem Finger ganz leicht auf die Nase. „Wie geht’s unserer Prinzessin?“ „Ihr wart nur ein paar Stunden weg“, gab ich mit hochgezogenen Augenbrauen zu bedenken. Carmen, Rosalie und – mein Magen drehte sich unwillkürlich um – Tanya kamen rein. „Ich-“, begann ich, als Carmen die Paprika begutachtete. Mir war gerade erst aufgefallen, dass ich mich einfach bedient hatte. „Isst man das so?“, Carmen deutete auf mich, „Wir wusste zwar nicht, dass du auch isst, aber wir dachte, dass es nicht schlecht wäre, normales Essen hier zu haben. Schließlich hätte euer Kind auch älter sein können…“ „War gar nicht so einfach“, ertönte Tanyas Stimme und ich war mit den Gedanken sofort woanders, „da waren so viele Sache im Supermarkt, und mit der Zeit schwinden die menschlichen Erinnerungen so schnell“, seufzte sie und ließ sich auf das Sofa fallen. Es knatschte unter ihr. „Keine Sorge, wenn wir wieder zu Hause sind, sorgt Alice schon dafür, dass Bella gemästet wird.“ Edward grinste frech. Alice zog eine Grimasse. Den restlichen Tag über vertrieben sie sich, in kleinen Grüppchen mit verschiedenen Dingen den Tag. Ich bemerkte, dass Eleazar mit Carlisle gelegentlich ins Arbeitszimmer verschwand und Emmett draußen mit Kate herumalberte. Tanya und Rosalie sah ich eine Weile nicht. Edward und ich saßen mit Carmen und Esme auf der Couch. Carmen war von Nela ganz angetan. „Wenn sie nur nicht so duften würde…“, seufzte sie. „Carmen bitte“, sagte Esme mit einem sanften Grinsen. Carmen gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich spürte wie Edward neben mir für den Hauch einer Sekunde steif wurde und sich dann wieder entspannte. Ich sah zu ihm auf. Es hatte nichts mit Carmen zu tun oder etwas, was hier gerade passierte, dessen war ich mir sicher. Genauso schnell wich sein konzentriertes Gesicht, einem Entspannten. „Ich komme gleich wieder“, sagte Edward mit einem betont sorglosem Lächeln zu mir, drückte meine Hand und rauschte heraus. Ich war misstrauisch, sehr misstrauisch. „Ich müsste mal duschen, darf ich euer Bad benutzen?“, sagte ich schnell. Carmen und Esme sahen mich verdutzt an. „Sicher, natürlich, aus dem Wohnzimmer raus und sofort rechts“, sagte Carmen, obwohl ich das bereits wusste. Ich huschte aus dem Zimmer und blieb stehen. Tanyas Zimmer stand offen, Licht fiel in den Flur. Ich rührte mich nicht. Ich würde Gefahr laufen, dass er mich hörte, wenn er mich nicht bereits gehört hatte. „Woher weißt du das?“, ertönte seine gedämpfte Stimme. „Riech’ selbst“, sagte Tanya noch leiser. „Warum steht das überhaupt noch hier?“ Keine Antwort. „Glaubst du sie zieht die falschen Schlüsse?“ Edward Stimme war fest, aber leise. „Die Richtigen“, murmelte Tanya kaum vernehmlich, zumindest für mich. Ein Seufzer, der zu Edward gehörte. „Das brauch’ dir nicht leid tun“, sagte Edward, der ihre Gedanken vermutlich vorwegnahm, „aber es ist… ungünstig.“ Schweigen. Ich schlüpfte wieder ins Wohnzimmer, wenn Edward wiederkommen würde, würde er mich sehen. Carmen und Esme sahen mich fragen an. Mist, ich hatte vergessen, dass ich eigentlich duschen wollte. Ich nuschelte etwas Wirsches und setzte mich zu ihnen. Es stimmte also. Die darauf folgenden Tage verliefen ähnlich. Leider. Hin und wieder verschwanden ein paar in Grüppchen. Andere blieben im Haus und vertrieben sich gemeinsam die Zeit. Ich war nie mit Edward alleine. Und ich wollte ihn bitten wegen Tanya mit mir zu reden. Ich wollte ihm keine Vorwürfe machen, ich war nur neugierig. Auch wenn mir das Lauschen peinlich war, meine Neugier war wieder mal zu groß. Ich beobachtete alles genau. Wie die Denalis lebten, was sie sagten, wie sie sich gaben. Es war unheimlich interessant. So gleich sie uns doch waren, so anders verhielten sie sich trotzdem. Sie sahen viele Dinger hinsichtlich der Außenwelt lockerer (das war mir schon bei der Küche aufgefallen). Sie verhielten sich manchmal auch mehr wie ein Vampir, nicht ganz so beherrscht wie Edward zum Beispiel. Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich Tanya und Edward miteinander verglich und mich fragte, ob sie wohl zu einander passten. Am Freitag, genau eine Woche später, reisten wir ab und ich bekam meine Chance. Edward und ich gingen vor zu der Garage, während die anderen zum Abschied noch mal jagen gingen. Wir räumten alle Sachen von Nela rein. Die Anderen wollten nicht lange jagen. „Edward“, sagte ich und hatte zwar versucht, meinen Ton möglichst beiläufig zu halten, doch er sah mich zu schnell an. Scheinbar hatte ich das nicht geschafft. Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, während er den Kofferraum schloss. „Kannst mir über Tanya erzählen?“, bat ich und wartete. Eine Reihe verschiedener Gesichtsausdrücke huschten über sein Gesicht, dann nickte er mit fast ausdruckslosem Gesicht, es lag ein Hauch Unbehagen darin, und lehnte sich an das Auto. Ich tat es ihm gleich. Während er die Arme verschränkt hatte und zu Boden sah, blickte ich ihn unentwegt an. Er wusste natürlich, dass ich von dem Foto wusste. „Ich habe Tanya deutlich, aber behutsam klar gemacht, dass ich ihre Gefühle nicht erwidere. Was nicht heißt, dass sie diese abschalten kann.“ Ich wartete. Doch Edward schien nicht weiter sprechen zu wollen. Jetzt sah er mich erwartungsvoll an. „Und?“ Ich wollte, dass er weiter redete. „Nichts und“, sagte er mit zuckenden Schultern. Er lachte über meinen Gesichtsausdruck. „Machst du dir Sorgen?“ Er lachte wieder. Ich knirschte mit den Zähnen und ignorierte sein Lachen. Als er mein weiterhin ernstes Gesicht sah, wurde er auch ernster, aber gluckste dennoch. „Bella, ich liebe dich, nicht sie“, sagte er, wandte sich zu mir und nahm mein Gesicht in beide Hände. „Ich weiß“, flüsterte ich zwischen zwei Küssen. „Sie ist keine Konkurrenz für dich. Nicht mal im Geringsten“, sagte er lächelnd. Ich zuckte mit den Schultern. „Sie ist bildschön“, gab ich lediglich zu Bedenken. Er lachte. „Ach Bella.“ Ich erwiderte seinen zart schmelzenden Kuss. Seine Lippen fuhren an meinem Hals hinab. Ich schob meine Hände durch seine Haare. „Sie kommen wieder“, sagte er leise. Doch ich ließ ihn nicht von mir weichen und zog ihn zu mir. Meinen Lippen lagen drängelnd auf seinen. „Ich weiß, ich spreche mit Carlisle, sobald wir zu Hause sind.“ Ich sah ihn verdutzt an. Daran hatte ich jetzt nicht gedacht, aber eigentlich… nun gut eigentlich auch. „Sag mal, kennst du dieses komische alte Zimmer? Dieses- das-“ „Das Zimmer ihrer Mutter“, sagte er prompt, „sie haben es so gelassen wie es war. Eine Erinnerung.“ Ich nickte. Das erklärte die merkwürdigen uralten Gegenstände. Ich kuschelte mich an seine Brust und dachte nach. Mir würde dasselbe widerfahren, wenn sich Nela verwandelte. Und vermutlich nicht nur mir. Die Volturi würden mindestens Edward mit in den Tod reißen. Nein, alle Cullens. Denn sie wussten davon. Wie konnte ich so selbstsüchtig sein… „Sie mögen dich“, sagte Edward plötzlich, er hatte mein nachdenkliches Gesicht gesehen, „sie waren am Anfang nur überrascht, verwirrt.“ Ich nickte. Er grinste und küsste meine leblosen Lippen. „Komm, wir fahren heim.“ ------------------------------------------------------------------- Freue mich auf Kommis^^ Kapitel 27: Menschsein ---------------------- Next Part... es geht dem Ende zu... ------------------------------------------- Am Morgen, heute war nun die verschobene Babyparty, versorgte Edward Nela, während ich duschte. Natürlich musste ein Vampir sich nicht waschen, aber ein „etwas“ wie ich sollte sich hin und wieder mal waschen. Zumindest den menschlichen Teil und dann konnte ich auch komplett duschen. Als ich aus der Dusche stieg, lag ein komplettes Outfit sorgfältig gefaltet und aufeinander abgestimmt über dem Waschbecken. Ich wickelte meinen Körper in ein Handtuch, selbiges tat ich mit meinen Haare, und betrachtete Alice’ Werk (es konnte nur von ihr sein) genauer. Es war eine dunkelbeigefarbene knielange Hose, die am Knie gerafft war und locker fiel. Dazu ein rosafarbenes T-Shirt mit schlichtem Blumenmuster um die rechte Schulter und eine weitere, weiße, durchsichtige (wie Gardinen aussehende, fand ich) Bluse. Sie war breiter und um die Hüfte mit einer Korde zusammen gebunden. Ich trocknete mich kurz seufzend ab und zog die Sachen an. Ich konnte ihr ja wenigstens den Gefallen tun und sie anzuprobieren. Ich rubbelte meine immer noch nassen Haare mit dem Handtuch und band sie mir nachlässig als Pferdeschwanz zusammen. Dann schlüpfte ich in Alice’ Kleidung. Ich wand mich vor dem Spiegel und überlegte, ob sie dämlich aussahen. Ungewohnt auf jeden Fall. „Helle Farben stehen dir auch, wusst’ ich’s doch“, triumphierte die plötzlich im Türrahmen stehend Alice. „Hm“, machte ich nur und sah mich an. Ich hatte oft dunklere Farben an, das stimmte und ich mochte sie auch. Aber sooo schlecht waren die hier jetzt auch nicht, musste ich wohl oder übel zugeben. „Sehr weiblich“, nahm Alice mir meine Gedanken vorweg. „Jaja“, murrte ich, weil sie wieder mal recht hatte und ich überlegte, ob ich sie wirklich an behalten sollte oder sie aus Trotz ausziehen sollte. „Du brauchst gar nicht groß drüber nachdenken, ich sehe dich schon in den Sachen-“ „Ja ja!“, machte ich wieder und nun nachdrücklicher. Alice küsste mich kurz auf die Stirn und war auch schon wieder verschwunden. Kaum war sie gegangen, cremte ich mich ein, fächerte meine feuchten Haare auf und verließ das Bad. Sie sollten an der frischen Luft trocken. Edward war einfach davon ausgegangen, dass ich zu der Babyparty fuhr. Er hätte mir auch keine andere Wahl gelassen, weil er wollte, hatte er mir gestern Nacht zwischen mehreren Küssen versichert, dass ich mal was unter Menschen machte. Was normales, als Mutter eben. Ich hatte gemischte Gefühle. Einerseits freute mich darauf mit Nela wegzufahren, andere Mütter und Babys kennen zu lernen. Andererseits… ich wusste nicht, ob ich mich richtig verhalten würde. Was, wenn ich mich blamiere? Schon wieder eine ganz andere Welt in die ich passen sollte und eigentlich auch wollte. Ich ging ins Kinderzimmer, wo Edward mit Nela spielte, während Pachelbel erklang. „Edward, das-“, wollte ich mich gespielt beklagen, denn in letzter Zeit kannte ich die Musik, die er ihr vorspielte bereits auswendig. Es war eine, übertriebene, Gegenmaßnahme gegen meine Literatur. „Das nennt man frühkindliche Bildung“, sagte er schlicht, ließ Nela über seinem Kopf fliegen, senkte sie und küsste ihre Nase. „Sie ist zwei Wochen alt“, gab ich zu Bedenken, doch es war ziemlich halbherzig, denn ich stand bereits bei Edward und küsste ihn kurz. „Eben“, seufzte er und ich sah noch kurz zu wie er sie an sich kuschelte, ehe ich sagte: „Ich geh mal frühstücken.“ Ich hatte erkannt, dass das Gefühl, dass ich seit der Dusche hegte, ein schwacher Hunger war. Er nickte ein kleinwenig nachdenklich. „Ach Bella?“, sagte er, als ich fast aus der Tür heraus war. „Ja?“ Ich machte einen Schritt zurück. „Carlisle hat uns- dir die Pille mitgebracht. Fang am besten heute direkt an. Sie liegen im Schlafzimmer.“ Ich nickte voller Vorfreude. Er widmete sich dann voll und ganz Nela. „Mal im ernst Alice, ich bin nicht krank“, murrte ich, nachdem ich zum ersten Mal die Pille eingenommen hatte, als der ganze Esstisch mit den leckersten Frühstücksspeisen übersäht war. Alice wand den Blick von ihrem Magazin und sah mich unschuldig an. „Entschuldige bitte, ich war das“, sagte Esme, die verlegen drein sah. Jetzt war es mir peinlich. „Schon okay“, sagte ich rasch und begann zu essen. „Aber“, ertönte ein paar Augenblicke später Alice’ Stimme, „ich habe auch etwas verbrochen.“ Sie verschwand und erschien. Mit einem großen in Zellophan eingewickeltem Geschenk. Sie rückte ein paar Teller auf dem Esstisch zur Seite und stellte es neben mich. „Als Geschenk für die Gastgeber“, fügte sie erklärend hinzu. Ich betrachtete es argwöhnisch, aber fasziniert. Das sah großartig aus. Allein schon die Art und Weise wie die ganzen Babysachen arrangiert und verpackt waren. „Du bist spitze“, sagte ich anerkennend nickte. „Ja stimmt.“ Nervenbündel Alice sauste gegen Mittag durch die Wohnung und packte mir eine nigelnagelneue Wickeltasche (zufällig passend zu meinem Outfit) und verfrachtete meine Tochter in den Maxi cosi. „Ich nehme nur den Maxi cosi mit“, sagte ich rasch, als Alice mit dem Kinderwagen hantierte. Ich steuerte mein Chrysler Cabrio an, als Edward mich mit einer Hand auf der Schulter zurückhielt. „Nimm bitte wieder Carlisles Mercedes“, bat er, „der ist sicherer.“ Ich zuckte mit den Schultern und ließ mir die Schlüssel geben. „Viel Spaß Schatz“, sagte Edward, nachdem Geschenk, Tasche und Kind bereits im Auto waren. Wir standen vor der Fahrertür. Er küsste mich. „Ohne dich ist es nur halb so schön“, seufzte ich. „Mach dir einen schönen Tag“, sagte er stattdessen, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich auf die Stirn. Ich war nicht mehr so begeistert. Er freute sich so, dass es fast wirkte, als wäre er mir das schuldig, als würde er mir versuchen etwas zu geben, was er mir selbst nicht geben konnte. Es war ziemlich vorschnell gewesen David, einen völlig Fremden, wie ich mir immer wieder sagte, einfach zuzusagen. Nela war die ganze Fahrt über hellwach und schien auch nicht müde zu werden, weshalb sie im Maxi cosi zappelte, während ich, laut Navi, vor Beginn des Waldstückes rechts fuhr und sogleich ein großes Anwesen erreichte. Eines das dem der Cullens in nichts nachstand. Im Gegenteil. Es schien noch gigantischer zu sein. Ich stand vor einer Mauer in die ein Tor aus schwarzen Stäben eingelassen war. Durch die Stäbe sah ich einen großen blühenden Garten. Trotz des kommenden Herbstes sah er sommerlich aus. Ich wand gerade den Blick ab und suchte nach einer Klingel, als David den Kiesweg auf mich zukam. Er hatte die Hände locker in den Hosentaschen, trug eine 3/4-Khakihose und ein helles Hemd und strahlte mir entgegen. Ich wartete ebenfalls lächelnd. „Hallo“, grüßte er mich überschwänglich, nachdem er das Tor geöffnet hatte. Er kniete sich zu Nela runter und stupste ihr an die Nase. „Na Zwerg, jetzt schauen wir mal, ob du meinen Sohn genauso gern hast wie ich“, sagte er liebevoll. Ich lächelte und ging hinter ihm her, während die Sonne auf uns schien. Wir gingen hinter das Haus, wo ein riesiger Pavillon aufgebaut war, unter dem eine ebenso riesige Kuscheldecke lag. An dem Pavillon hingen Luftballons und es war ein Tisch mit Leckerein aufgebaut. „2 Pärchen?“, fragte ich verdutzt, denn unter dem Pavillon standen mindestens zehn oder fünfzehn Erwachsene mit ihren Säuglingen. Im Garten rannten bzw. krabbelten Kinder herum. David grinste. „Miriam und Janosch haben noch ein paar mehr Leute eingeladen.“ „Kannst du mir die Gastgeber zeigen?“, bat ich, während ich weiterhin das Geschenk in der einen Hand balanciert und meine Tochter in der anderen Hand hielt. „Klar“, sagte er und hielt eine Hand in meinem Rücken, während er mich links neben den Pavillon lotste, wo der Hintereingang zum Haus führte. Eine junge Frau, vielleicht 25, winkte strahlend in unsere Richtung. „Miriam, darf ich vorstellen? Bella und ihre Tochter Nela“, stellte er vor. Miriam küsste mich erfreut einmal links und einmal rechts. Ich reichte ihr das Geschenk. „Vielen Dank für die Einladungen. Na ja genau genommen hatte ich ja gar keine“, David gluckste, „danke, dass ich kommen durfte.“ „Nichts zu danken! Oh wie schön“, sagte sie anerkennend und wand das Geschenk zu allen Seiten und verschwand nach einem kleinen Knicks ins Haus. Danach stellte David mir noch Janosch vor, Miriams Mann. Er war wesentlich älter als Miriam und ich vermutete, dass der Reichtum von ihm kam (war er vielleicht sogar schon Rentner?, fragte ich mich insgeheim). Ich folgte David zu dem Pavillon, wo viele Stimmen aufgeregt durcheinander redeten. „Mein Sohn Linus“, sagte David stolz, als er einen Säugling aus dem Kinderwagen hob. Er war dunkler als Nela und kräftiger und größer, was aber nicht zuletzt daran lag, dass er ein Junge war, dachte ich. Er hatte sehr dunkle Härchen auf dem Kopf, aber blaue Augen. Schon scharrten sich andere Personen um uns. „Hey David! Willst du uns nicht deine reizende Freundin vorstellen?“, sagte jemand. Ich öffnete den Mund um zu widersprechen, doch David war schneller. „Nicola!“, sagte er gespielt empört, „Marie hat doch keine Zwillinge gekriegt“, lachte er und deutete auf Nela. Ich war froh nicht erröten zu können. Nach einer peinlichen Vorstellrunde begutachteten alle meine Tochter. „Wie alt ist sie?“ „15 Tage“, antwortete ich prompt. „Sie ist so klein. War sie eine Frühgeburt?“, fragte eine Frau, die sich vorhin als Johanna vorgestellt hatte. „Ja.“ Ich sah zu Nela. War sie wirklich so klein? So klein kam sie mir gar nicht vor, aber ich hatte ja auch kein Maß. „Wie früh war sie denn?“ Gute Frage. Ich dachte blitzschnell nach, als alle mich erwartungsvoll ansahen. „Drei Wochen zu früh“, sagte ich schließlich, das müsste hinkommen. „Und dann bist du schon wieder aus dem Krankenhaus?“ Die Stimme von Nicola klang fast fassungslos und sie machte große Augen. Auch eine gute Frage. „Nein“, ich blieb bei der Wahrheit, das war das einfachste, „ich habe zu Hause entbunden. Der Vater meines Mannes ist Arzt.“ „Achso…“, hörte ich Nicola nickend sagen. Als keiner mehr etwas fragte, zog David mich am Arm. „Komm, wir setzen uns“, sagte er und zog mich vor den Pavillon auf eine der vielen Picknickdecken unter kleinen Schirmen. Ich legte die Wickeltasche ab und den Maxi cosi. „Ich hole uns etwas zu Essen. Würdest du ihn kurz halten?“ Am liebsten hätte ich nein gesagt, dachte ich spontan. Nicht, weil ich nicht wollte, sondern, weil ich Angst hatte etwas falsch zu machen. Natürlich war das schwachsinnig, aber wenn ich einen Fehler machen sollte, dann an einem fremden Kind. „Ja klar“, sagte ich dennoch munter und David legte mir seinen Sohn in die Arme und verschwand. Linus schlief zufrieden. Ich verglich ihn mit Nela. Er war wenige Tage jünger als Nela, aber deutlich größer als sie. Auch wenn er ein Junge war, so ein großer Unterschied hätte da wirklich nicht sein dürfen, wurde mir klar. „Ich hoffe ich habe etwas mitgebracht, das du magst“, verkündete David und legte das Tablett auf dem Boden ab. Er verteilte fünf Teller zwischen uns. Ich zog die Augenbrauen hoch. Sie waren über und über mit Essen beladen. „Ich denke schon“, sagte ich lächelnd. Er nahm mir Linus ab. Nela wippte im Maxi cosi, während wir aßen. „Wie geht’s deiner Freundin?“, wollte ich zwischen zwei Happen wissen. Davids Miene wurde traurig. „Wir streiten uns im Moment sehr viel. Wegen Linus. Also nicht, weil er nicht artig ist oder so, er ist total pflegeleicht, sondern wegen der Gesamtsituation überhaupt.“ Ich wartete, ob er noch mehr sagen wollte. Ich wollte ihn nicht drängen. „Sie glaubt, dass ich es nicht ernst meine“, fuhr er schließlich fort, „dass ich es irgendwann satt habe und dann einfach gehe und sie mit Linus allein lasse.“ „Wie kann sie das glauben? Du liebst sie doch und Linus oder?“ Er seufzte. „Natürlich, aber wir sind erst seit einem knappen Jahr zusammen… klar, dass sie Zweifel hat.“ Ich nickte, aber überzeugt war ich nicht. Doch vielleicht konnte ich nicht die Liebe zwischen Edward und mir mit deren vergleichen, dachte ich ein wenig arrogant. Unsere Liebe… unsere Beziehung war anders, nicht erst seit Nela da war. Kaum hatte ich den nächsten Bissen im Mund, begann sich Nela zu beschweren, dass sie nichts abbekam. David reichte mir die Wickeltasche neben sich und ich kramte nach der Flasche, während ich mit der anderen Hand immer wieder den Maxi cosi anstupste, um sie ein wenig zu besänftigen. Ich nahm sie in den Arm und gab ihr schließlich das Fläschchen. Sie nuckelte zufrieden. „Dein Mann konnte heute nicht?“ „Nein, er-“, ja… was hatte er?, „er fühlte sich heute nicht so gut.“ Tolle Ausrede, Bella. „Achso. Hmhm. Aber ist ja so auch ganz schön“, sagte David. Ich blickte von Nela auf. Er hatte die Beine ausgestreckt und stützte sich mit den Armen hinten ab. Sein Blick galt dem Himmel über uns. Es war herrlich, das musste ich schon zugeben. David und ich lachten und unterhielten uns ausgelassen, während wir mit unseren Kindern herumalberten. „Sooo, die letzte Erdbeere“, sagte David lachend und hielt sie mir am Grün die Frucht hin. Ich grinste, beugte mich vor und wollte abbeißen, als er sich die Erdbeere mit einer flinken Bewegung selbst in den Mund schob. „Oh wie fies!“, neckte ich ihn gespielt enttäuscht. Er grinste ebenfalls und hielt eine weitere Erdbeere, die er hinter dem Rücken versteckte hatte, in der anderen Hand. „Die wirklich Letzte“, sagte er und diesmal durfte ich sie wirklich essen. Ich war in diesem Moment so glücklich. Ich fühlte mich menschlich, normal. So könnte es immer sein, dachte ich wie ich es auch schon vor ein paar Wochen empfunden hatte. Aber da war es anders gewesen. Jetzt empfand ich eine andere Form von Glück, nämlich einfach ein paar ganz normale Stunden zu verbringen, wie es eine normale junge Mutter tun würde. Ohne die nicht-menschlichen Sorgen. Es war alles anders. Nicht wie beide den Denalis. Komplett anders. Ich hatte hier eine ganz andere Rolle… ich war jemand ganz anderes für diese Leute hier. Ich war einfach nur Bella, Mutter von Nela. Ein Mensch. Wie ein Blitz schlug es ihn mir ein und ich hatte ungeheuerliche Mühe, es zu verbergen. Mit größter Willensanstrengung konnte ich den Blick zur Seite wenden und meine Mimik kontrollieren. Ich hörte wieder. Und ich sah wieder. Ich spürte ein Kribbeln in mir. Undefinierbar. Nicht schmerzhaft, aber merkwürdig. Dann wurde mir schlecht. Dann wurde ich atemlos. Ich ließ diese Gefühlswalze über mich rollen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Das Schlimmste war, dass ich ihn hörte. Edward. Er war ganz in der Nähe. Noch jemanden hörte ich. Alice. Sie waren hier. Irgendwo im Umkreis. „Bella?“ Natürlich war ich nicht so unauffällig, dass David gar nichts bemerken würde. Ich wand mich wieder ihm zu. Ich zwang mich zu einem möglichst sorglosem Lächeln, es füllte sich aber nicht echt und zusammengekniffen an. „Ja? Du, ich glaube, ich sollte so langsam mal los, es ist schon spät“, sagte ich rasch und deutete auf die dämmernde Sonne. Meine Ohren piepten laut und vor meinen Augen verschwamm es immer kurzzeitig, dann wurde alles wieder gestochen scharf. „Oh ja“, sagte David überrascht. Er nickte dann und führte mich zu den Gastgebern, von denen ich mich verabschiedete. Er wollte mich noch zum Tor begleiten, doch ich sagte, ich würde den Weg allein finden. „Darf ich deine Nummer haben? Ich meine deine und nicht eure Festnetznummer? Wir könnten uns noch mal treffen?“, fragte er. „Ja, sicher“, sagte ich ungeduldig, doch versuchte es nicht so aussehen zu lassen. Schon hatte er Zettel und Stift parat und notierte sich meine Handynummer. Ich lief den Kiesweg schnellen Schrittes entlang. Ich hörte wie Edward ein paar Meter irgendwo rannte, dann stehen blieb. Alice hatte sich nicht gerührt. Er lief zu Alice zurück. Ich verließ das Grundstück und folgte meinen Ohren in den dunklen Wald. Sie wollten, dass ich sie finde. Und ich fand sie. Wenige Schritte vom Waldrand entfernt sah ich sie mit ausdruckslosen Gesichtern stehen. Sie standen wie Statuen dort. Wir schwiegen einander ein paar Sekunden an, während ich ihnen gegenüber stand. „Ich verwandele mich, richtig?“, durchbrach ich die erdrückende Stille. Deshalb waren sie hier. „Wir fahren nach Hause“, sagte Edward stattdessen, nahm mir Nela ab und ging voraus. Alice hinter ihm. Ich hinter ihr. Ich fühlte mich, während der komplett stillen Fahrt, wie auf einer Fahrt zum einem Gerichtsurteil. Aber vielleicht blühte mir das auch. Edward fuhr den Mercedes zurück. Alice fuhr hinter uns den Volvo zurück mit dem sie hergekommen waren. Ich hörte und sah immer noch. Es war merkwürdig. So fremd, obwohl es eine Zeit lang ja mal so gewesen war. Mechanisch stieg ich später aus dem Auto aus, Alice nahm Nela und meine Tasche und ging ins Haus. Ich wusste nicht, was mich erwartete. Ich wusste gar nichts. Kaum waren wir im Wohnzimmer, alle Cullens waren nun versammelt einschließlich Nela im Maxi Cosi auf der Couch, blieb ich neben der Couch stehen und sagte, den Blick nur auf Edward gerichtet, mit fester Stimme: „Die Wahrheit Edward. Die ganze Wahrheit. Warum wart ihr dort und was hat Alice gesehen?“ Ich schluckte. Stille. Er mied meinen Blick. Ich sah wie er Carlisle nervös anguckte. Das war ganz untypisch für ihn. Obwohl Carlisle zu sprechen begann, sah ich Edward unentwegt an. „Kannst du uns beschreiben, was du heute Nachmittag gefühlt hast?“ Ich hörte gar nicht auf ihn. Ich starrte Edward an. Ich wollte keine großen Reden schwingen, keine Schonkost, nichts. Nur die nackte Wahrheit. Ich fixierte Edward weiter und konzentrierte mich auf seine Entscheidungen. Vielleicht hörte ich das ja auch wieder. Als ich nur schemenhaftes Gemurmel hörte, konzentrierte ich mich stärker und versuchte es andersherum. „Sag mir alles, die Wahrheit, ohne Umschweife“, sagte ich wieder und wieder in Gedanken. Ich sah wie Edward den Mund öffnete, dann grinste er fast und schloss ihn wieder. Er blickte mich nicht an. Er hatte die Entscheidung in seinem Kopf gehört, doch sie schien zu schwach gewesen zu sein. Endlich redete er. „Kurz nachdem du weg warst, sah Alice mehrere Zukunftvisionen von deinem Nachmittag heute. Eine absurder und schrecklicher als die Andere.“ Er machte eine Pause. „Das heißt?“, fragte ich, er zögerte, „die ganze Wahrheit Edward“, erinnerte ich ihn. „Wie du dich komplett verwandelst, Menschen tötest, wie du deine Gabe zurückbekommst, aber nichts geschieht, wie deine Kraft wiederkehrt und du etwas zerquetscht, solche Dinge eben.“ Ich wusste, dass das etwas nur Linus oder Nela gewesen sein konnten und ich schluckte schwer. „Weiter“, bat ich fordernd aber nun mit zitternder Stimme. „Wir sind dir gefolgt, um nachzusehen, ob wirklich etwas geschieht.“ „Ihr hättet nicht eingreifen können, das Wetter-“ „Wir wären eingeschritten“, unterbrach nun Alice mich. Ich sah sie nicht an und wollte darauf gar nicht weiter eingehen. „Und was ist jetzt? Ich verwandele mich, richtig?“ Edward schüttelte den Kopf und sah zu Boden. „Nein, jetzt nicht mehr.“ „Wie ‚nicht mehr’? Ich höre und sehe-“ „Ich weiß“, schnitt Edward mir das Wort ab. Ich wartete unterdrückte das Bedürfnis mit dem Fuß zu tippen. „Bella“, hörte ich Carlisles besorgte Stimme, „du hast dir vorhin gewünscht ein Mensch zu sein.“ „Habe ich nicht“, widersprach ich prompt und überlegte dann. Genau genommen schon, aber nicht wirklich… „Ich habe mir nur- nur eben gewünscht, dass… dass es immer so, so normal sein würde…“, stotterte ich herum. „Genau, deshalb habe ich – wir – eine Theorie“, ich sah Carlisle nun interessiert an, „Du wünscht dir doch sehnlichst bei uns zu bleiben und ein Vampir zu sein oder? Deshalb hast du dich ja schließlich Victoria ausgeliefert“, schloss er. Ich zuckte bei Victorias Namen unwillkürlich zusammen, nickte aber. „Wir sind nicht dafür gemacht, dass man so werden will, dass jemand ein Vampir werden will.“ „Aber ich bin einer“, entgegnete ich. Ich wusste nicht worauf er hinaus wollte. „Augenscheinlich ja. Solange du den Wunsch hegst, so zu sein wie wir, wirst du dich aber nicht verwandeln. Im Gegenteil, bis auf die Unsterblichkeit wirst du vermutlich komplett menschlich werden.“ Ich ließ mir diesen Gedanken durch den Kopf gehen und fand das erst einmal nicht schlimm. Keine Anfälle mehr, keine blutrünstige Phase, keine Gefahr für meine Tochter… warum war das schlecht? Ich sah auf und sah, dass mich alle, meine Erleichterung schien mir ins Gesicht geschrieben zu sein, missbilligend anschauten. Nur Edward sah mich… traurig an. Warum traurig? „Solltest du, wie heute, den Wunsch hegen, ein Mensch zu sein, wird das genaue Gegenteil eintreten. Du verwandelst dich.“ „Aber das habe ich ja heute nicht… außer das Hören und das Sehen“, warf ich ein. Mein Blick galt weiter Edward. Warum war er traurig? Fehlte noch die Pointe? Carlisle antwortete. „Es war kein starker Wunsch und es geht auch nicht so schnell-“ „Aber genau deshalb waren wir da“, meldete sich Alice Sopranstimme zu Wort, „weil wir eben nicht wussten wie stark der Wunsch ist, daher hatte ich so viele Versionen. Wäre er stärker gewesen-“, sie brach ab. Ich wusste was kommt. Wäre er stärker gewesen hätte ich wahrscheinlich die Party gesprengt. Ich musste ironischerweise ein glucksen unterdrücken. Ich wartete. Was war jetzt so schlimm daran? Ich durfte mir das nicht mehr wünschen, nun gut, das fiele mir leicht. Ich könnte mir nie wünschen, nicht wie Edward und die anderen zu sein, das wäre kein Wunsch, sondern eine Befürchtung, das würde nie klappen und andersherum bestand keine Besorgnis, dass ich das nicht hinkriegen würde. Da keiner sich erbarmte und etwas sagte, sprach ich Edward direkt mit meinen Überlegungen an: „Ist da nicht gut? Ich meine, wir brauchen- ich krieg keine Anfälle mehr, vor denen ihr mich nicht bewahren könnt. Ich kann- ich kann mit Nela ein fast ganz normales Leben führen-“ Meine Stimme erstickte. Bei Nelas Namen war Edward heftig zusammengezuckt. Nela…, ich runzelte die Stirn, seine Reaktion irritierte mich. Was war mit ihr? „Edward“, sagte ich scharf und nun fast wütend, „sofort. Die Wahrheit. Alles.“ Endlich sah er mich an. Sein Blick raubte mir den Verstand. Es sah fast aus, als ob er weint. Er senkte wieder den Blick und schüttelte den Kopf. Was konnte so schlimm sein, dass er es mir nicht sagen konnte? Dass er keine Worte fand? Dass er keine Fassung fand? Das hatte ich bei ihm noch nie erlebt. „Bella.“ Carlisles Ton war betont ruhig, was hieß, dass die Nachricht wohl umso schlimmer war. Ich atmete tief ein und wand den Kopf zu ihm. In den Augenwinkeln sah ich, dass die anderen zu Statuen erstarrt waren und zwischen Carlisle und mir hin und her sahen. Nur Esme hatte das Gesicht in den Händen. „Deiner Tochter wird dieselbe Wahl bleiben wie dir“, sagte er ruhig, „will sie menschlich sein, wird sie sich verwandeln. Will sie ein Vampir sein, wird sie sich zwar auch verwandeln, aber dann menschlich werden. So oder so wird sie auch unsterblich.“ Ich nickte, um zu zeigen, dass ich ihn verstand. Oder auch nicht, dachte ich mir, denn das war auch noch nicht großartig besorgniserregend… oder doch? „Es kommt auf den Zeitpunkt an, in dem sie diese Entscheidung trifft“, redete Carlisle nach einer Denkpause weiter, „aber noch mehr, welche sie trifft. Wenn sie ein Vampir sein will, dann wird sie menschlich sein. Es ist zu vermuten“, er betonte das Wort übermäßig, „dass sie erst einmal ein Mensch bleibt, sich später verwandelt und dann wieder menschlich wird, aber wenn-“ „Natürlich will sie so werden wie wir“, ich unterdrückte ein Schnauben, es war fast zu offensichtlich, „sie kennt doch niemand anders. Wir alle sind doch erstmal ihre einzigen Bezugspersonen.“ Mir leuchtete das ganze Theater immer noch nicht ein. Doch wir konnten nicht mehr weit davon entfernt sein, denn ich sah, dass Edward die Faust so sehr geballt hatte, dass ich Angst hatte, er würde sie durchbrechen (was natürlich Irrsinn war), und Esme leise wimmerte. Carlisle Augen hatten einen Hauch Mitleid darin. Er rang mit Worten. „Wenn Nela sich mit uns, Rosalie, Emmett, Esme, Jasper, Alice, Edward oder mir identifiziert, wird alles gut gehen. So können wir hoffen, dass sie sich entscheidet ein Vampir zu werden und vorerst menschlich-“ „Moment.“ Ich vermisste meinen Namen. Ich schluckte. „Natürlich“, wisperte ich. Ich verstand. Ich verstand alles. Wie dumm war ich gewesen. „Wenn sie sich mit mir, ihrer Mutter, und nicht mit ihrem Vater identifiziert, wird sie in mir nicht das sehen was ich bin. Sie wird in mir den Menschen sehen, der ich dann auch zum Großteil sein werden“, sprudelte es fassungslos aus mir heraus, ich sagte es komplett emotionslos, denn ich glaubte es nicht, „sie wird ein Mensch sein wollen und sich komplett verwandeln. Sofort. Als Kleinkind, als Kind“, meine Stimme erstarb. Ich weinte nicht. Ich starrte auf die Wand geradeaus. Wenn ich hier bliebe, ist sie in Gefahr. Großer Gefahr. Genau genommen, wäre mein Bleiben ihr Todesurteil. Dann war es einfach. Wenigstens das. Meine Entscheidung war einfach. Alice sog schnell Luft ein. Ich nickte kurz zu mir selbst und schritt, unter Beobachtung von sieben Augenpaaren, durch den Raum zu Nela und küsste zärtlich ihre Stirn. Nun bewegte sich auch Edward wieder, er hatte Alice’ Vision von mir gesehen. „Auf gar keinen Fall“, knurrte er, und hielt mich oberhalb meines Handgelenk fest, als ich Anstalten machte, zur Tür zu gehen. Ich funkelte ihn böse an. „Du tust mir weh“, sagte ich eiskalt. Er lockerte seinen Griff ein wenig, hielt mich aber fest. „Ich unterschreibe nicht ihr Todesurteil. Dann kann Emmett sie gleich zerfetzen“, sagte ich mit solch entschiedenem hartem Ton, dass Emmett nicht lachte. Zum ersten Mal vielleicht in seinem Leben. „Was hat sie vor?“, hörte ich Esme flüstern, sie hatte Alice Hand genommen. „Sie will gehen“, antwortete diese ihr wie in Trance. „Du bleibst“, sagte Edward scharf zu mir. „Auf keinen Fall. Ist dir das Leben unserer Tochter so unwichtig? Liebst du sie so wenig?“ Ich bereute diese Sätze kaum, dass ich sie ausgesprochen hatte, doch meine Miene blieb hart. Es lag auch etwas Wahres darin. Das fließende Gold in seinen Augen erstarrte. „Und ich? Ich kann nicht ohne dich leben. Liebst du mich so wenig?“, drehte er die Frage um. Ich funkelte ihn an und spürte die angespannte Spannung um uns herum. Sie hielten – im wahrsten Sinne des Wortes – die Luft an. Seine Hand umschloss immer noch fest meinen Arm. „Ich. Werde. Sie. Nicht. Umbringen“, sagte ich langsam, aber bestimmt. Er sagte nichts und sah mich weiter zornig an. „Alice“, sagte Esme verzweifelt. Ich sah aus den Augenwinkeln wie Esme sich an Alice’ Arm klammerte. „Ich sehe sie gehen“, sagte Alice trocken. „15, vielleicht 20 Jahre“, hauchte ich zu Edward. Es klang fast flehend nach einem Friedenangebot. „Unmöglich“, flüsterte er zurück und ich wusste, dass es mir genauso ging. Doch er sah auch die Entschlossenheit, die ich fühlte. Es ging um mehr. „Was sind die paar Jahre, wir haben die ganze Ewigkeit.“ Meine Stimme war kaum zu hören, denn ich unterdrückte die Tränen. Ich musste jetzt stark sein. Und gehen. Er schüttelte nur den Kopf. Ich fasste mich, sah ihn nicht mehr an (ich war mir sicher, dass ich sonst geweint hätte) und drehte mich weg. „Lass mich los.“ Ich war verblüfft wie hart meine Stimme wieder klang. Ich sah nicht zu ihm, sondern starrte auf den Boden vor mir. „Lass mich los“, wiederholte ich. Niemand rührte sich, am wenigsten Edward. Ich atmete tief durch und wand mich mit all der Wut, die ich in diesem Moment gegen ihn hegte, ihn, der das Leben meiner Tochter nicht schützen wollte, zu ihm. „Wenn du mich nicht gehen lässt, werde ich alles tun, alles“, ich zog die Augenbrauen hoch, um zu verdeutlichen, dass ich meine Fähigkeit meine, „um es zu ändern.“ „Bleib. Ein Kind braucht seine Mutter“, sagte er lediglich. Sein Ton war sanft. „Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Zusehen wie ich sie in den sicheren Tod schicke? Es ist zu wahrscheinlich!“, sagte ich nachdrücklich. Zu wahrscheinlich, dass die Tochter sich mit der Mutter identifiziert und nicht mit dem Vater. Zu wahrscheinlich, dass sie sich eher verwandelt, dass wir sie töten müssen, dass sie von den Vol- ich dachte den Gedanken nicht weiter. „Ich gehe mit dir“, versuchte er es weiter. Immer noch hielt er meinen Arm, obwohl unsere Körper so weiter von einander entfernt waren wie es nur ging. Ich presste die Sehnsucht, die Leidenschaft, die ich für ihn hegte in den entferntesten Winkel meines Körpers. Ich brauchte jetzt keine Schwäche. „Nein“, sagte ich entschieden. „Wenigstens ein Elternteil sollte bei ihr bleiben.“ „Bella, bitte-“ Es reichte. Seine Argumente waren hinfällig, die Tatsachen standen fest, sowie auch meine Entscheidung. Ich konnte nicht länger in sein bittendes, samt weiches Gesicht sehen. „Wenn du mich jetzt nicht augenblicklich los lässt, und ich schwöre dir, dass es klappen wird-“ Ich brach ab, er hatte mich losgelassen. „Alice“, wimmerte Esme. Sie krallte sich noch fester an ihren Arm. „Sie weiß noch nicht wohin sie geht“, sagte sie mit glasigem Blick. Ich schluckte. Es fühlte sich an, als wäre ich in Beton gemeißelt. Jetzt durfte ich gehen, doch ich konnte nicht. Ich blinzelte, atmete langsam ein und aus. Der Raum vor mir verschwamm, ich wollte nicht in irgendein Gesicht sehen. Ich wollte nichts wahrnehmen. Ich drehte mich mechanisch um und schritt nun endlich zur Tür. „Bella“, sagte Edward leise. So voller Sorge und Angst, dass es mir das Herz zerriss. Ich blieb mit dem Rücken zu ihm gewand stehen. Ich spürte etwas Hartes, Papierartiges in meiner Hand. Ich sah nicht nach. Ich nickte mit gesenktem Kopf und verließ das Zimmer endgültig. ------------ Freue mich über Kommis, Kuss V Kapitel 28: Flucht ------------------ Hallo ihr Lieben! Es geht weiter und mit großen Schritten dem Ende zu. Viel Spaß!^^ Kuss Vanessa -------------------------------------------- Ich raste mit meinem Wagen, die von der Spätmittagssonne beleuchtete Straße entlang und blinzelte schnell, damit ich die Straße vor mir erkennen konnte. Ich wischte mit dem Handrücken immer wieder über mein Gesicht. Neben mir auf dem Platz lagen meine Kreditkarte und zwei Fotos. Edwards Lieblingsbild von Nela und mir, schlafend auf der Couch, und ein Hochzeitsfoto. Ich konnte nicht darüber nachdenken, was in den letzten Minuten geschehen war. So heftig hatten Edward und ich uns noch nie gestritten… Mein Kopf war leer. Ich funktionierte wie mechanisch. Jeder einzelne Gedanke an die Vergangenheit oder an die Zukunft tat weh. Ich konzentrierte mich auf die Gegenwart. Ich fuhr unwillkürlich Richtung Seattle, Richtung Forks. Wo wollte ich hin? Ich wollte nicht darüber nachdenken, aus Angst, Alice könnte es sehen. Natürlich würde sie es sehen, aber ich hoffte, dass ich dann weit genug weg war, damit sie mich nicht aufhalten konnten. Utopisch. Sie würden mich immer finden und immer aufhalten können. Doch wollten sie das? Wollte er das? Er hatte mich gehen lassen… Ich kam in Seattle an. Ich fühlte mich verloren, rastlos, ruhelos. Ich wollte nicht nach Forks gehen. Was sollte ich dort? Das Haus meines Vaters sehen, sehen wie es zerfiel und meinen toten Vater am Grab beweinen? Zufällig alte Freunde treffen und Lügenmärchen stammeln? Es gab nur einen Ort, einen Ort den ich mir vorstellen konnte, wo ich jetzt hin konnte. Nicht, dass ich dort erwünscht war, aber etwas Besseres fiel mir nicht ein. Ich fuhr so schnell es der Stadtverkehr erlaubte zum Flughafen. Nun würden die Cullens durch Alice wissen, wo ich hinwollte. Wenn ich einen schnellen Flug bekam, würde es jedoch zu spät für sie sein. „Ich brauche einen Flug nach Jacksonville, so schnell wie möglich, egal wie viele Zwischenstopps, Geld spielt keine Rolle“, sagte ich hastig am Schalter des Flughafens. Die Frau tippte mit einem irritierten Blick in den Computer. „Die nächste Maschine lässt in 5 Minuten ein und fliegt in-“ „Die nehme ich!“, unterbrach ich sie. Sie sah mich gequält an, als ob das unmöglich und verrückt ist. Das war es. Ich griff in meine Hosentasche und legte ihr unbemerkt 5000 Dollar auf die Theke, die ich u.a. zusammen mit meinen (gefälschten) Pässen im Handschuhfach meines Autos gefunden (Vampire waren unglaublich schnell…). „Reicht das? Ich brauche diese Maschine!“, sagte ich nachdrücklich. Die Frau starrte mich mit großen Augen und offenem Mund an. Vielleicht war es nicht sonderlich glücklich solche Geschäfte am Flughafen zu machen… die Polizei könnte meinen ich hätte eine Bank überfallen und war auf der Flucht (letzteres stimmte ja…). Aber das war mir egal, solange es seinen Zweck erfüllte. „Ja- ja-“, stammelte die Frau und ließ das Geld mit einem schnellen Seitenblick unter der Theke verschwinden, „Augenblick.“ Ungeduldig wippte ich von links nach rechts, während sie mein Ticket ausdruckte. „Gepäck?“ „Nein.“ Endlose Sekunden später gab sie mir mein Ticket. Doch bevor ich weghasten konnte, beugte sie sich zu mir und flüsterte: „Gehen sie an den Kontrollen vorbei bis zur Tür mit Aufschrift ‚Personal’. Dort klopfen sie und sagen ‚V.I.P’.“ Sie sah sich misstrauisch um und nickte mir zu. Ich nickte ebenso und rannte in Richtung Kontrollen und machte es so, wie sie es mir gesagt hatte. Ich wurde von einem großen bulligen Mann durch mehrere Räume geführt. Mir war zwar nicht wohl bei der Sache, ich fühlte mich wie ein Schwerverbrecher, doch solange es zweckdienlich war, war es mir egal. Ich wurde kontrolliert und dann mit dem bulligen Mann in schnellem Schritt, sodass ich rennen musste, durch die Terminals zum richtigen Gate geführt. Dort ging er zu einer Stewardess, der er etwas ins Ohr flüsterte. Sie nickte ernst. Sie bedeutete mir mitzukommen und ich ging hinter ihr her und stieg schließlich ins Flugzeug an. Ich war erleichtert als das Flugzeug anhob. Egal wie lange es jetzt dauern würde, ich wusste nicht, ob es ein Direktflug war oder nicht, erstmal könnte er mir nicht hinterher kommen. So schnell zumindest nicht. Ich spürte einen herben Stich ins Herz, als mir der Grund für meine Flucht wieder bewusst wurde. Ich hatte das die ganze Zeit verdrängt. Ich hatte mich nur darauf konzentriert, wie ich schnell wegkam. Ich bemerkte meine Tränen erst, als sie mir in den Schoß fielen. Ich wischte sie schnell mit der Hand weg. 15 vielleicht 20 Jahre, hatte ich gesagt. Ich würde Edward nicht sehen dürfen. Zu groß die Versuchung doch bei meiner Tochter zu sein. Die Zeit wird Wunden heilen, hieß es doch… und Zeit hatten wir reichlich… Ich atmete tief durch als vor dem Haus meiner Mutter stand. Ich zögerte. Es war doppelt unangenehm. Der Grund warum ich hier war und die Voraussicht, dass meine Mutter, der ich „leb’ wohl“ gesagt hatte, unheimlich wütend auf mich sein würde. Ich schritt die kurze Treppe zur Eingangstür hoch und klingelte mit zitternden Händen. Phil öffnete mir. Sein erst noch lächelndes Gesicht verfinsterte sich schlagartig. Er machte Anstalten die Tür zuzuschlagen. „Ist Renée da?“, fragte ich leise. Er schien kurz mit sich zu ringen mir wirklich die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch er nickte knapp und ging herein. Ich atmete nochmals tief durch und ging nach ihm durch die Tür. Meine Mutter rannte mir bereits im Flur entgegen. „Was- Bella- Bella!“, rief sie, blieb jedoch ein paar Meter vor mir stocksteif stehen. Ich sah, dass ihr Blick kurz an mir herabwanderte. Die Freude stand ihr unter ihrer harten Maske ins Gesicht geschrieben, doch sie fing sich, verschränkte die Arme und funkelte mich an. „Leb wohl“, erinnerte sie mich, „das hast du doch gesagt oder?“ Ich senkte den Blick. Ich hatte sie sehr verletzt. „Ja habe ich“, sagte ich nur. „Und was willst du dann hier?“, sagte sie scharf. Sie meinte es ernst. Ich wusste, dass sie allen Grund hatte wütend und sauer auf mich zu sein. Ich wusste, dass ich nichts besseres verdient hätte und vor allem nichts besseres erwarten durfte, doch ihre Abneigung und Abweisung mir gegenüber traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. „Darf ich bitte bleiben?“, sagte ich mit Tränen erstickter Stimme. Ich brach zusammen und konnte meine Tränen nicht mehr aufhalten. Zu groß der Schmerz, den ich meinen liebsten und wichtigsten Menschen bereitet hatte und bereiten werde. „Bella“, sagte meine Mutter mit einem nicht deutbaren Ton. Augenblicklich spürte ich die Hände meiner Mutter an meinen Schultern, die mich an diesen hochzog. Bella, Bella, Bella, Bella, reiß’ dich zusammen! Keine Mitleidstour deiner Mutter provozieren! Sie soll dich nicht aus Mitleid willkommen heißen!, schrie ich mich in Gedanken an. Ich wischte die Tränen weg, atmete tief durch und raffte die Schultern. Meine Mutter sah mir ins Gesicht, ihre Hände lagen immer noch auf meinen Schultern. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten. Ängstigte sie mich vor mir? „Möchtest du etwas essen?“ Ich sah sie verblüfft an. Sie fragte mich einfach, ob ich etwas essen will? Aus Mitleid? Ich nickte und sie führte mich in die Küche, wo sie gerade Essen auf dem Herd hatte. Ich wartete stumm, während sie zu Ende kochte und servierte. Phil kam nicht zum Esstisch. Wir aßen stumm, bis sie sagte: „Möchtest du reden?“ Ich sah auf die Tischdecke. „Und… mein…“, sie zögerte, „mein Enkelkind… es…“ „Ein Mädchen, Nela“, sagte ich mit trockenem Hals. Mir fielen das Bild in meiner Hosentasche in. Mit gesenktem Blick kramte ich danach und schob sie ihr hin. „Oh“, sagte sie. Ich sah auf. Ihre Stirn war gerunzelt. Sie drehte das erste Bild um. Ein Hochzeitsfoto. Oh mist, ich hatte ihr aus versehen beide gegeben. Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch was sollte ich sagen? Ach ja stimmt ja, ich heiße jetzt übrigens Cullen, ich habe hochschwanger noch schnell ganz romantisch geheiratet und dich nicht dabei haben wollen, geschweige denn es dir sagen wollen…ja, das kam bestimmt gut. Schuldbewusst sah ich auf mein Essen. „Welch schönes Kind“, sagte sie und sah das Foto dahinter an. Sie lächelte das Foto an. Es lief einfach zu gut. Ich brauchte das jetzt oder gar nicht. Jetzt wollte ich nichts lieber, als mir einen Tobsuchtsanfall von ihr anhören. „Keine Vorwürfe?“ „Oh doch“, sagte sie, doch ihr Gesicht sah nur gespielt ernst aus. Ich lächelte unsicher. „Warum bist du hier Bella?“ Nun war ihr Ton sehr angespannt. Ich legte meine Besteck beiseite. Ich hatte sowieso keinen Hunger. Kein Hungergefühl. „Darf ich eine Weile hier bleiben? Trotz allem was ich dir angetan habe?“ Ich schluckte heftig. Auf einmal begann meine Mutter zu weinen. Sie hatte die Hände verschränkt und das Gesicht darauf gelegt. Sie schluchzte leise. Bevor ich etwas sagen konnte, wimmerte sie: „Ich dachte ich hatte dich für immer verloren.“ Ich hatte das Bedürfnis sie zu streicheln und zu trösten, doch eine Berührung kam nicht in Frage. „Mom, es tut mir so leid“, flüsterte ich. „Was ist passiert Bella, bitte sag mir, was los ist“, bat sie Tränen unterdrückend. „Ich weiß, dass ich dein Vertrauen nicht verdiene und dich mehr als einmal verletzt habe, aber ich kann es dir nicht sagen. Bitte glaube mir, wenn es irgendwie ging, würde ich es dir sagen.“ Ich sah ihr tief in die Augen. Sie atmete tief ein und aus und nickte unmerklich. Ich verdiente es nicht. Wir saßen bis zum Abend auf der Couch. Ich war an ihre Schulter gelehnt und sie betrachtete die ganze Zeit die Fotos und stellte Fragen. Fragen, die ich beantworten wollte und konnte. Wie Nela war, wie sich mein Leben durch sie verändert hatte, wie das mit Edward klappte, unsere Beziehung, sie fragte nach der Hochzeit, nach der Geburt und alles erzählte ich ihr breitwillig und ehrlich. Nur das allerletzte, meine Flucht und die Gründe hier her zu kommen, behielt zu ihrem Schutz für mich. Sie fragte nicht nach der kurzen Schwangerschaft, aber ich vermutete, dass sie sich anhand von Nelas Größe ausrechnete, dass sie eine Frühgeburt war und sich das alles dann selbst zusammen reimte (ich hatte ihr ja auch nicht sofort von der Schwangerschaft erzählt und als sie nach Forks kam, hatte ich ja schon einen Bauch). „Bella, du erzählst das mit so viel Stolz und Freude und frage mich die ganze Zeit, warum du hier bleiben willst. Ich weiß, dass du es mir nicht sagen kannst, aber… bist du krank? Oder Nela? Oder Edward? Ist jemandem etwas Schlimmes zugestoßen? Habt ihr euch gestritten?“ Ja… und nein… und ja… vielleicht… Ich sah ihr in die Augen. „Ich kann nicht“, sagte ich sehr leise. Sie nickte enttäuscht und wand den Blick ab. Ich wollte es ihr so gerne sagen, es ihr entgegen schreien, weinen. Ich wollte ihr alles erzählen. Wie lange konnte ich bleiben? Wohin sollte ich dann gehen? Vielleicht eine Wohnung in ihrer Nähe mieten? Nein… zu auffällig, ich musste weiter weg. Sie betrachtete weiter die Fotos während es draußen immer dunkler wurde. „Jetzt bist du Mutter… ich glaube, dass du eine richtige Mutter sein wirst. Nicht so wie bei uns zwei. Man sagt zwar, dass ein Kind seine Mutter brauche, aber eigentlich war das bei uns ja immer anders, nicht wahr? Ich habe dich gebraucht.“ Ein Lächeln lag in ihrer Stimme. Das erinnerte mich etwas. Ein Kind braucht seine Mutter… „Ich muss kurz telefonieren“, sagte ich mit starrem Blick und stand kerzengerade vor dem Sofa. Ich griff in meine Hosentasche, während ich ein leeres Zimmer möglichst weit entfernt von meiner Mutter suchte. Ich war mir sicher, dass Edward hier hin unterwegs war. Und ich war mir sicher, dass das eins seiner Argumente war. Wenn Nela aber eine andere Mutter bekam, ich spürte einen heftigen Stich in meinen Eingeweiden, wenn ich eine andere Mutter finden würde… er würde sich nicht abhalten lassen, mich zurück zu bringen, doch ich hatte Argumente. Immerhin. Ich tippte in mein Handy und sah das Telefonbuch durch. Ein Glück. Die Nummer war eingespeichert. Ich wollte auf keinen Fall Alice oder Esme bitten. Das ginge nicht. Das würde ich Jasper und Carlisle nie antun. Wie selbstsüchtig meine „Muttersuche“ sowieso schon war, das brächte ich nicht übers Herz. Mir fiel nur eine ein, die ich bitte konnte und für die es nicht solch ein Opfer werden würde. Im Gegenteil, so hoffte ich… und hoffte es auch wieder nicht. Ich brauchte jemanden, der sich als ihre Mutter ausgeben könnte. Nicht nur Tante oder Großmutter für sie war, sondern für sie als Mutter erschien. Als Edwards Frau. Ich rief trotzdem zuerst Alice an. Ich hatte Angst bei meiner „Ersatzmutter“ anzurufen, bevor ich nicht eine andere Meinung, in dem Fall Alice’, gehört hatte. Außerdem interessierte mich noch etwas anderes. „Hallo Bella“, meldete sich Alice, kaum, dass es einmal getutet hatte. Natürlich hatte sie meine Entscheidungen gesehen und auf meinen Anruf gewartet. „Hi“, sagte ich. Ich hätte mir mehr Zeit lassen sollen mit dem Anruf, denn ich wusste nicht, wie ich es ihr sagen sollte. „Er ist auf dem Weg hierher, nicht wahr?“, fragte ich stattdessen, denn das interessierte mich genauso brennend. „Hmmm“, machte sie zustimmend. „Erklär mir bitte meine letzte Vision“, sagte sie dann, „ich habe-“ „Shhhhhh!“, machte ich schnell. Sie verstummte. „Bist du alleine? Also so, dass keiner dich hören kann?“ „Ja“, sagte sie zwar, aber ich glaubte das nicht so ganz. Allerdings vertraute ich ihr. „Alice, ich… ich… ich will Tanya bitten… fragen…“, stotterte ich, „ob sie kommt, ich mein zu euch, also für mich…“ „Ich verstehe nicht Bella. Ich habe Tanya gesehen, bei uns, ja, aber warum?“ Ihre Stimme klang ein Hauch drängelnd (Alice hasste es etwas nicht zu wissen). Ich atmete tief durch und überlegte mir den folgenden Satz, bevor ich ihn runterratterte: „Ich möchte, dass sie sich an meiner Stelle mit Edward um Nela kümmert.“ Alice lachte auf. „Darauf wird sich Edward nie einlassen, Bella, das müsstest du doch wissen.“ „Aber sie wird sich darauf einlassen“, sagte ich, während ich durch das leere Arbeitszimmer schritt. „Das ist doch nicht dein ernst Bella!“ Ihr Ton wurde schärfer, als sie merkte, wie ernst ich es meine. „Es ist das Beste. Sie ist nicht vergeben und sie mag“, ich zog das Wort unglaubwürdig, „Edward. Nela wird es gut haben.“ Meine Gedanken schweiften kurz ab, als ich mir ausmalte, dass Tanya das sehr ernst nehmen könnte, nicht nur mit Nela, sondern auch… „Schlag’ dir das aus dem Kopf. Edward erträgt bestimmt nicht zehn Jahre lang Tanyas Gedanken-“ „Weshalb ich eigentlich anrufe“, fiel ich ihr rasch ins Wort, meine Entscheidung stand fest, „ glaubst du auch, dass Tanya das tun würde? Ich meine es könnten zwanzig Jahre werden…“ „Bella, das alles ist absurd! Das-“ „Bitte erzähl niemandem davon“, unterbrach ich sie wieder, denn ich merkte, dass sie keine Stellung beziehen würde. „Grüß alle ganz lieb von mir-“ „Esme und ich können uns um Nela kümmern, auch als Mutter“, unterbrach Alice nun mich. Ich schüttelte heftig en Kopf, obwohl sie es natürlich nicht sehen konnte. „Nein, dass kann ich nicht verlangen. Außerdem braucht Nela eine richtige Mutter… auch in Bezug zu ihrem Vater. Tanya wäre am Besten“, erklärte ich felsenfest von meinem Plan überzeugt. „Das würde Edward nie tun.“ Auch Alice war sehr überzeugt und für gewöhnlich war ihr Glauben zu schenken… aber Visionen können sich ändern. „Aber Esme und ich könnten auch- einer von uns-“ „Danke für alles Alice“, sagte ich leise und schnell, bevor sie noch etwas sagen konnte und klappte das Handy zu, um es dann wieder zu öffnen. Ich fand Tanyas Nummer und atmete einmal tief durch. Die Tür klingelte, als ich noch später am Abend wieder bei meiner Mutter saß. „Erwartest du jemanden?“, fragte ich hoffnungsvoll. Sie schüttelte den Kopf. Ich seufzte innerlich. Meine Mutter wollte sich gerade erheben, als ich sie wieder in die Couch drückte. „Es ist wahrscheinlich für mich, darf ich gehen?“ Sie nickte irritiert. Ich schritt zur Tür. Langsam, bedächtig und mit einem grausamen Magengefühl, was nicht an Mutters Essen lag, obgleich sie eine fürchterliche Köchin war, legte ich die Hand auf die Türklinke. Edwards goldene Augen leuchteten mir entgegen, nachdem ich die Tür aufgezogen hatte. „Hallo“, sagte ich nur. „Hi“, sagte er. Ich spürte die Spannung zwischen uns. Eiskalt. Distanz. Fremd. „Können wir reden?“, bat seine Samtstimme tonlos. Ich willigte ein und folgte ihm aus dem Haus, nachdem ich meiner Mutter zugerufen hatte, dass ich gleich wieder da sein würde. Er ließ mich vorgehen und wir gingen schweigend unter dem wolkenlosen Sternenhimmel unter den Straßenlaternen her. Ich merkte, wie meine Füße mich zum Rauschen des Meeres führten. Als ich am Übergang zwischen Sandstrand und Gehweg unter einer Palme stehen blieb, sagte Edward: „Deine Mutter ist überglücklich. Sie hat dir verziehen, aber sie ist sehr besorgt. Sie glaubt, dass wir uns gestritten haben – scheiden werden – und du gegangen bist. So wie sie damals, nur eben ohne das Kind.“ Er stand seitlich hinter mir. Ich starrte auf die sich ganz leicht brechenden Wellen. „Du bist nicht hergekommen um mir zu sagen, was meine Mutter denkt“, sagte ich tonlos. „Jaah… für wahr.“ Mehrere Augenblicke war es still. Dann brach er die Stille: „Tut mir leid, dass ich nicht eher gekommen bin. Ich war schon vor dir da, aber die Sonne-“ „Vor mir?“, fragte ich verwirrt. „Ich habe einen Flugschein“, sagte er neutral. Ich erwartete ein Lächeln in seiner Stimme zu hören, doch da war keins. „Du brauchst dich nicht entschuldigen, denn du solltest gar nicht hier sein“, sagte ich dann. Ich wusste, dass das alles nur Themen waren, um vom eigentlichen abzulenken. „Natürlich muss ich hier sein“, sagte er lediglich. Ich starrte geradeaus. Ich hielt dem Verlangen, mit umzudrehen, ihn zu küssen und zu berühren, mit ihm nach Hause zu fahren und zu meiner Tochter zu gehen, stand. „Bella, es gibt andere Lösungen…“ „Andere Lösungen, die meine Tochter weniger gefährden, als meine Lösung sie vielleicht zwanzig Jahre nicht zu sehen?“, konterte ich. Er schwieg. Ich schnaubte. „Du weißt genauso gut wie ich, dass es nicht anders geht.“ „Ein Kind braucht seine Mutter und ich brauche dich“, sagte er leise und zärtlich. Auf das erste Argument war ich vorbereitet. Ich machte eine rasche Handbewegung und holte mein Handy heraus. Ich suchte nach Tanya und wand mich schließlich zu ihm um. Er sah verwirrt von mir zum Handy und zurück. Ich schluckte einmal, drückte auf die Wahltaste und hielt ihm das Handy hin. „Ich habe alles geregelt, sie wird es dir erklären“, sagte ich mit gefasster Stimme. Tatsächlich nahm er das Handy und legte es ans Ohr, als ich Tanya abnehmen und sagen hörte: „Hallo Edward, Bella hat mich gebeten-“ Edward klappt das Handy geräuschvoll zu. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Er schüttelte den Kopf und begann selbst. „Das erledigen Alice und Esme, wenn es wirklich… wirklich…“ Nun schüttelte ich den Kopf. „Nein, das werde ich nicht von ihnen verlangen-“ „Sie haben sich so doch auch immer mit um Nela gekümmert“, warf Edward irritiert ein. Ich wandte den Blick von ihm ab und drehte mich schließlich wieder um. „Ich meinte eine richtige Mutter“, murmelte ich. Eine Mutter, die vor dem Kind auch mit ihrem Vater zusammen sein konnte, wenigstens gespielt. Ein Kind brauchte nicht nur eine Mutter, sondern Eltern die sich liebten, auch wenn das allein meinen Idealen entsprach und in Wahrheit nicht immer so war, wie ich es als Kind selbst erlebt hatte. Stille. Ich spürte fast, wie Edward angestrengt nachdachte und die richtigen Schlüsse zog. „Glaubst du, ich würde dich einfach austauschen? Ich könnte das?!“ Es klang beleidigt. Ich biss mir auf die Lippe und versuchte die Tränen, die jetzt überhand nahmen, wegzublinzeln. „Bella“, hauchte er und legte seine Hände rechts und links an meine Handgelenke. Ich blieb stocksteif stehen und versuchte die Berührung nicht zu genießen. Sein Gesicht war ganz nah an meinem Ohr, doch er berührte mich nicht. „Ich liebe dich. Bitte verlass mich nicht.“ Ich machte einen Schritt nach vorn in den Sand und hatte die Faust geballt. Es zerriss mir das Herz, doch hatte ich eine Wahl? Ich kannte keine. Ich musste ihn endlich davon überzeugen, dass es keinen anderen Weg gab und drehte mich langsam zu ihm um. Ich musterte sein Gesicht. Es wirkte gequält, aber ein Hauch Hoffnung lag darin. Ich blinzelte rasch, doch eine Träne lief mir breit über die linke Wange. Ich biss mir wieder auf die Unterlippe. Edward legte seine rechte Hand an meine Wange und strich mit dem Daumen über die Träne. Bevor ich es verhindern konnte, ich wusste, dass ich es sowieso nicht gewollt hätte, berührte seine Lippen die nasse Stelle auf meine Wange. Es war ein unglaubliches Gefühl. Sein Gesicht blieb ein paar Zentimeter vor mir stehen und sagte kaum hörbar: „Ich möchte, dass du mit zurück nach Vancouver kommst.“ Kaum hatte ich den Mund zum Widerspruch geöffnet legte er mir einen Finger auf die Lippen. „Nein, hör mir zu“, sagte er ruhig, blickte aber weiter hinab an mir. Ich sah ihn direkt an. „Du kannst dir irgendwo dort in Nähe eine Wohnung suchen, ein Haus, was auch immer. Ich werde dich nicht zwingend Nela zu sehen und dich um sie zu kümmern. Ich akzeptiere deine Entscheidung, auch wenn ich sie nicht billige. Nur bitte… bleib in meiner Nähe.“ Jetzt sah er mir so intensiv in die Augen, dass mir der Atem weg blieb. „Gib mir Zeit, ich möchte erst noch ein wenig hier bleiben“, bat ich. „Alles was du willst“, sagte er lediglich. Sein Gesicht war nicht vor meinem zurückgewichen. Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Der Wind um uns kitzelte meine Haare. „Bitte lass mich nicht zu lang allein. Ich kann nicht ohne dich leben. Kein Tag, Stunde, Minute, Sekunde, will ich ohne dich sein, wenn ich es nicht muss.“ Es tat mir weh, dass ich ihn dazu zwang, doch ich brauchte Ruhe und Zeit um mir seinen Vorschlag durch den Kopf gehen zu lassen. Er legte die andere Hand nun auch noch an meine Wange. Er machte sehr langsame Bewegungen, als wartete er auf Gegenwehr meinerseits. Ich wollte, aber konnte nicht. Ich fühlte mich zu schwach, um ihm länger widerstehen zu können. Kaum, dass er Anstalten machte sich zu mir herunter zu beugen, stellte ich mich auf Zehenspitzen und küsste ihn innig. Ein langer, zart schmelzender, aber heftiger Kuss, der mir das Herz brach. Wie weh ich ihm tat. Dann sahen wir uns wieder an. „Ich warte auf dich, Liebste“, hauchte er noch und dann sah ich ihn im Licht der unregelmäßigen Straßenlaternen verschwinden. Ich hockte mich weinend in den Sand. Meine Mutter musste nicht schon wieder einen Zusammenbruch von mir miterleben. Apropos… sie glaubte, dass ich mich von ihm getrennt hatte? Gegangen war wie sie damals? Nur ohne Kind? Wie konnte sie glauben, dass ich mich von Edward trennen konnte? Dieser Gedanke war absurd. Er und ich waren eins. Untrennbar. Es wäre nur eine… Pause gewesen. Zugunsten meines Kindes. Ich schluchzte heftig und legte den Kopf auf die Knie. Warum war nur alles so kompliziert wegen mir? Ich schlurfte bedrückt und mit verweintem Gesicht zurück, bevor es zu spät werden würde und meine Mutter die Polizei rufen würde. Ich rief ihr zu, dass ich schlafen ginge und, dass alles in Ordnung sei und ging hoch ins Gästezimmer. Ich hatte nun Zeit nachzudenken… wie es weiter gehen wird… --------------------------------------------- Freue mich über Kommentare! Kapitel 29: Zukunft ------------------- Hallo ihr Lieben! Das ist das letzte Kapitel von "Infinite"! Ich hoffe, dass ihr es mögt ^^ Ich habe auch ein klitzekleinen Prolog reingestellt... so ala Stephenie Meyer^^ könnt ja mal sagen ob es passt.... Kuss Vanessa -------------------------------------------------------------------- Die Tage darauf verbrachte ich am Strand, in den Dünen oder irgendwo anders, wo es ruhig und abgelegen war. Ich würde behaupten, dass ich die einzige in ganz Jacksonville war, die solche Orte in dieser riesigen lauten Stadt gefunden hatte. Ich tat nichts. Außer nachzudenken, zu telefonieren und – die Pille zu nehmen. Die Packung hatte bei meinem Handy und dem Geld im Handschuhfach meines Autos gelegen. Ich verdrängte den Gedanken, dass ich genau wusste, warum ich die Pille nahm, obwohl ich vor hatte, Edward und Nela ziemlich lange nicht zu sehen: Mein Verstand konnte meinem Gefühl, meinem Unterbewusstsein, nicht verwehren die Pille zu nehmen, weil es genau wusste, dass ich die Trennung nicht durchziehen konnte. Doch mein Verstand siegte momentan, zumindest was mein Handeln betraf. Ich blieb bei meiner Mutter. Ein Monat war bereits herum. Ich hielt keinen Kontakt zu den Cullens. Zu niemanden. Außer zu Tanya. Ich telefonierte jeden Tag mit ihr. Sie war bei den Cullens und hatte meine Rolle eingenommen, wie ich darum gebeten hatte. Edward hatte tierischen Stress gemacht, er wollte sie rausschmeißen, doch als sie sagte, dass sie mit mir telefoniert habe und es mein größter Wunsch war, ließ er sie bleiben. Ich war mir sicher, dass es die richtige Entscheidung war und, dass er das irgendwann verstehen würde. Meine Mutter fragte nicht mehr nach. Ich sah nur, dass sie mich oft kritisch von der Seite beobachtete. Ein weiterer Monat verging. Und in diesem entschied ich mich. Ich bat Tanya darum, ihn zu fragen ob er her kommen könne. Ich wollte nicht direkt nach Vancouver gehen, weil er mich dort festhalten könnte, wenn er wollte. Das wäre einfacher für ihn, als mich hier mit Gewalt wegzuzerren (nicht, dass ich ihm das zutrauen würde). Tanya sagte mir, er würde bereits heute Nacht hier sein. Ich legte das Handy zur Seite und ging zum Strand. Ich war dankbar, dass nicht viel los war. Edward war sehr selbstlos, aber er würde mir Vorwürfe heute nicht ersparen. Das wusste ich und auch darum war ich dankbar. Alles andere würde mich umbringen. Ich blieb am Strand sitzen. In einem Strandkorb. Es war nicht viel los. Hin und wieder liefen ein paar Leute vorbei. Am Strand spielten zwei Kinder mit Eimer und Schaufel. Sie verbuddelten sich gegenseitig und stritten sich um die Muscheln, die auf ihren Sandkuchen sollten. Ich spürte meine Tränen erst, als sie meine Wange verließen. Ich wischte sie schnell weg. Ich musste gefasst sein. Die Kinder wurden nach Hause gerufen. Die Sonne ging unter. Die Sterne kamen am Himmel hervor. Es wurde Nacht. Dieselbe Kulisse wie vor zwei Monaten. Ich hatte nur einmal kurz geblinzelt, schon stand er, von der Straßenlaterne schwach beleuchtet, fünf Meter von mir entfernt im Sand. Er hatte die Arme rechts und links leicht von sich gestreckt und sah mich an. „Hier bin ich.“ Ich blieb im Strandkorb sitzen. Jetzt gilt’s Bella, feuerte ich mich an, Nerven bewahren. „Ich komme zurück mit nach Vancouver“, sein Gesichtsausdruck blieb unverändert (erwartungsvoll, aber reglos), „aber ich möchte, dass Tanya bleibt.“ Edward schnaubte unwillkürlich. „Weißt du was du da verlangst?“ Ich nickte. „Und es tut mir leid, aber es geht nicht anders.“ „Doch“, sagte er leise. Ich kniff irritiert die Augen zusammen. Ich neigte den Kopf nach rechts, als ich dort einen Schatten sah. Alice und Jasper schritten Hand in Hand anmutig durch den Sand. „Bella, ich werde es tun“, erklang Alice’ melodische Stimme. Ich verstand nicht und blickte abwechselnd von Edward zu Alice und zurück. Jasper fixierte mich eindringlich. Ich sah wie er heftig zusammenzuckte. Ich war verwirrt. Alice warf ihm ebenfalls einen fragenden Blick zu. Nur Edward verstand. Er starrte mich genauso erschrocken an wie Jasper. „Das ist schrecklich.“ Jasper erschauderte. „Jasper?“, murmelte Alice. Jasper nickte kaum merklich in meine Richtung, während er mich weiterhin ausdruckslos ansah. „Was sie fühlt… wie sie sich fühlt… das ist- grausam-“, er brach ab. Meine Eingeweide zogen sich zusammen und ich versuchte nicht daran zu denken, wie ich mich fühlte. Selbsthass gegen Egoismus, Angst gegen Liebe, Verantwortung gegen Selbstzerstörung. Ich schluckte, als könne ich es damit fortschlucken. „Ich verstehe nicht“, sagte ich schließlich, als alle drei verharrten. „Bella, ich werde deine Rolle übernehmen. Tanyas Rolle. Ich werde es tun“, sagte Alice langsam. Ich schüttelte bereits während sie redete langsam den Kopf. „Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage. Niemals.“ Ich sah Jasper an. Alice sah Jasper innig an und ließ seine Hand los. Dann richtete sie ihren Blick wieder auf mich und zitierte mich: „Was sind die paar Jahre, wir haben die ganze Ewigkeit.“ „Nein“, sagte ich entschieden und stand auf, „ich komme zurück, wenn ihr den Schwachsinn lasst.“ Ich wusste, dass ich nicht die geringste Bedingung zu stellen hatte, doch ich tat es trotzdem… wider besseren Wissens. „Wenn du deinen Schwachsinn lässt“, sagte Edward mit kühlem Unterton. Er meinte natürlich Tanya. Es war mir selbst nicht wichtig, dass Nela in diesem Sinne eine richtige Mutter bekam, denn Esme und Alice würden sich mindestens genauso gut um sie kümmern, doch so hatte Edward wieder ein Argument. Ich biss mir auf die Lippe und nickte. „Schön“, sagte ich. Augenblicklich fiel seine wie auch meine Maske ab. Meine Tränen rollten, während ich auf ihn zuhastete und mich weinend in seine Arme warf. „Es tut mir so leid“, flüsterte ich immer wieder, während er mich fest an sich presste. „Lass mich nie wieder alleine“, hauchte er und schob mich einen Zentimeter von sich weg. Seine Hand lag in meinem Nacken, die andere auf meinem Gesicht. „Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt“, gestand ich unter Tränen, bevor sich unsere Lippen berührten. Wie konnte ich darauf verzichtet haben, 2 Monate… wie konnte ich glauben Jahre auf ihn verzichten zu können? Der Mond schien sanft über uns, während er mich ins seinen Armen wiegte und meine Lippen seine zärtlich umschlossen. Dieser Moment gehörte nur uns. Meine Mutter war äußerst überrascht, als ich meine Abreise am nächsten Morgen so rasch ankündigte, denn es waren nicht die geringsten Anzeichen vorausgegangen. Edward, Jasper und Alice warteten am Flughafen auf mich (es ist glaubhafter, wenn meine Mutter sieht, dass ich mir ein Taxi nehme). „Das wird doch nicht wieder ein ‚leb’ wohl’ oder?“, sagte sie, doch sie lächelte dabei. „Nein“, sagte ich und umarmte sie. Ich kämpfte mit den Tränen. Wie so oft in letzter Zeit. Denn ich wusste, dass irgendwann ein endgültiges ‚leb’ wohl’ kommen würde und vielleicht war es sogar dieses. „Ich ruf’ dich an“, sagte ich noch, winkte ihr und stieg ins gerade angekommene Taxi. Die Schlange am Ticketschalter war endlos. Ich fand meine drei Cullens relativ schnell in einer der Schlangen wieder. Sie waren schon recht weit vorne, schließlich warteten sie schon einige Zeit, dachte ich. Es wäre bestimmt ein leichtes für sie gewesen, schneller an Tickets zu kommen, doch sie waren unauffälliger als ich, überlegte ich und erinnerte mich an meine „V.I.P“-Begegnung am Flughafen von Seattle. Edward erinnerte mich auch daran, Alice hatte es damals gesehen, als vor uns am Schalter nur noch ein Pärchen stand. „Wenn wir dem Herrn am Schalter 10.000 $ extra geben, dann kriegen wir vielleicht noch ein extra Getränk dazu und nicht nur eine Sonderbehandlung der Security“, zog er mich auf und grinste über die Schulter zu Alice, welche ich glucksen hörte. Ich tauchte unter seinem Arm hervor und schnitt eine Grimasse. „Mal ehrlich Bella, 100 $ hätten es auch getan… aber das bringe ich dir schon bei. Für uns sind 5000 $ vielleicht nichts, aber andere sparen dafür Jahrzehnte“, erklärte er mit belustigtem Unterton. „Jaja ich weiß, zu auffällig“, sagte ich grimmig. „Ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn wir nicht mit der Mafia zurückfliegen?“ Alice und Jasper lachten hinter uns, ich sah ihn mit großen Augen an. „Na was glaubst du denn? Sie haben dich für irgendeine Drogenchefin oder so was gehalten“, lachte Edward. „Aber es hat seinen Zweck erfüllt.“ Meine Stimme klang traurig am Ende. Edward küsste mein Haar. „Jaah, dich so schnell wie möglich von mir wegzubringen.“ Ich spürte den Schmerz in seiner Stimme. Ich wand den Kopf ab. Es tat so weh zu wissen, dass ich ihm das antat. Ich, die das am wenigsten wollen sollte und eigentlich auch wollte… „Bella? Hierher“, sagte Edward und zog mich sanft am T-Shirt-Ärmel mit sich, als ich gerade aus den Mittelgang im Flugzeug entlang gehen und unsere Plätze suchen wollte. Verwirrt folgte ich ihm. „Was ist das denn?!“, rutschte es mir verblüfft heraus. Dass Edward Business Class buchte, war nichts neues, aber das was ich jetzt sah, war in keinster Weise mit Business Class zu vergleichen. „First Class“, flüsterte er und schloss die Arme von hinten um meine Taille. Unsere „Sitze“ waren mit mittelhohen Wänden abgetrennt und uneinsichtig von außen. Eine Minibar, ein Fernseher mit Spielekonsole – und viel Platz. „Du bist verrückt“, murmelte ich. „Nach dir“, sagte er, strich mit der Nase meine Haare zurück und küsste meinen Hals. Wie hatte ich das vermisst, wie hatte ich das überhaupt zulassen können ihn so lange nicht zu sehen… wie- egal. Ich drehte den Kopf lächelnd zu ihm und holte mir einen sanften Kuss ab. Edward klappte die Armlehne herunter, sodass unsere „Sitze“ (sie waren so breit und riesig, dass eine Kleinfamilie darauf Platz gehabt hätte, übertrieb ich in Gedanken) nahtlos ineinander überging. Edward legte sich seitlich darauf und ich ließ mich in seine Arme fallen. Die Hitze, die Leute, die in ihren eigenen First Class Kabinen um uns herum plapperten und die Stewards und Stewardessen, die den ganz auf und ab liefen, nahm ich kaum wahr. Edward hob mich kurz zur Seite und knüpfte sein Hemd auf. Mit großen Augen und hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn. Er lachte. „Nicht das, was du denkst“, sagte er und legte mich auf seine Brust, die mich nun kühlte. „Du kannst nicht wissen was ich denke“, warf ich neckisch ein. „Manchmal brauche ich das auch nicht, manchmal spricht dein Gesicht Bände“, sagte er mit einem Grinsen in der Stimme. Ich richtete mich kurz auf und streckte ihm die Zunge aus. Dann schloss ich die Augen, spürte ihn einfach nur unter mir, er kühlte mich so angenehm, und hörte seine Atmung. „Wo fahren wir jetzt hin?“, wollte ich wissen, als wir alle in meinem Auto, das ich am Flughafen abgestellt hatte, Platz nahmen. Edward fuhr, Alice und Jasper saßen hinten im Auto. „Nach Hause.“ Ich hörte seinen fragenden Unterton heraus und wollte widersprechen, doch Edward fuhr fort: „Keine Sorge, wenn du es wünschst wirst du Nela nicht zu Gesicht bekommen, aber wir müssen besprechen wie es weiter geht.“ Ich nickte. Hatte ich eine Chance, dass Tanya vielleicht doch an meiner Stelle bleiben konnte? In jedem Fall hätte Edward erstens kein Argument mehr, mich überreden zu können und zweitens müssten Alice und Jasper kein Opfer bringen. Das könnte ich nie wieder, in meiner ganzen Ewigkeit, gut machen. Nach Hause… das würde es für mich erst in zwei Jahrzehnten wieder sein, wenn ich sicher sein konnte, dass Nela sich nicht mehr vorzeitig verwandeln könne. Ich schluckte leise. Ich würde gleich nur ein paar Meter Luftlinie von ihr entfernt sein und doch würde ich sie nicht sehen dürfen. Aber es war das einzig Richtige. „Oh Bella bitte!“, seufzte Jasper und sogleich spürte ich eine Woge der Ruhe und Zuversicht mich durchströmen, „Das ist schrecklich!“ „Tut mir leid“, nuschelte ich. Ich wusste, wie sehr Jasper schlechte Stimmungen hasste. Wenn ich dieses Leid als das eines anderen durchmachen müsste… ich konnte ihn verstehen. Edward legte eine Hand auf meine auf meinem Schoß liegenden Hände. Er sah kurz sanft zu mir und richtete dann den Blick wieder nach vorne. Umso näher wir kamen, und wir kamen sehr sehr schnell näher, umso nervöser wurde ich. Mein stummes Herz hätte sich in meinem menschlichen Leben überschlagen. Ich krallte die Nägel fest und so unauffällig wie möglich in meine kurze Jeans. Edward parkte vor der Garage. Ich war absichtlich langsam, um nicht als erste hineingehen zu müssen. Alice und Jasper gingen vor. Edward und ich, etwas versetzt und weiter hinten, kamen hinterher. Esme und Carlisle warteten alleine im Wohnzimmer. Tanya rauschte hinter uns herein. Ich konnte mir denken, woher sie kam. „Hallo Bella“, rief Tanya und umarmte mich stürmisch. Ich erwiderte ihre liebreizende Umarmung. „Danke für alles Tanya“, sagte ich zärtlich zu ihr, schließlich hatte sie vor gehabt zwanzig Jahre für meine Familie zu opfern und nun müsste ich ihr sagen, dass ich das nicht annehmen konnte und sie enttäuschen müsse. Doch bevor ich überlegen konnte, wie ich es ihr sagen konnte, fuhr Edward dazwischen: „Aber wir brauchen dich jetzt hier nicht mehr.“ Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Sein Ton klang eiskalt, fast aggressiv. So kannte ich ihn gar nicht. War etwas vorgefallen? Er mochte Tanya doch… nicht so wie sie ihn, aber sie gehörte ja quasi zur Familie. Hatte es ihn etwa so wütend gemacht, dass ich sie einfach in unsere Familie hineingedrängt hatte? Dann müsste er doch wütend auf mich sein… Tanya sah mich erwartungsvoll an. Ich ging einen Schritt zurück und senkte den Blick. „Danke, dass du bereit dazu warst, ich weiß das sehr zu schätzen, aber- aber du brauchst nicht zu bleiben, ich meine- es geht schon so-“, druckste ich herum. „Aber ich mach das gerne“, sagte sie heiter und strich mir mit den Händen über die Schultern. Natürlich, hörte ich die eifersüchtige Stimme in mir hochkommen, die ich sogleich unterdrückte. Es ging hier um mein Kind und nur darum, sagte ich mir rasch. „Wirklich Tanya, geh zurück nach Denali, zu deinen Schwestern…“, versuchte ich sie milde zu überzeugen. Sie machte einen Schritt zurück und musterte mich. „Nun gut, ich bin dir also nicht gut genug-“ „Tanya hör auf!“, knurrte Edward, „lass sie in Ruhe!“ Tanya ignorierte ihn. Ich auch, denn ich sagte: „Bitte, es tut mir leid, wenn ich dich verletzt-“ „Keine Sorge, mir geht’s bestens“, sagte sie mit tiefer einschneidender Stimme, die mir zusammen zucken ließ. „Ich hoffe-“ „Tanya!!“, schrie Edward. Ich sah in sein zornerfülltes Gesicht. Was hatte sie gedacht? Tanya funkelte ihn an und verschwand. „Was war?“, fragte ich. Ich verstand nicht was los war. Jetzt eben und überhaupt. Was war zwischen Tanya und Edward geschehen? „Oh Bella!“ Esme nutze die Gelegenheit, um mich an sich zu drücken. Der Schmerz den ich ihr bereitet hatte, nagte an mir. Sie strich mir mit der Hand über die Wange. „Liebste Bella-“, sie verstummte. Geschrei ertönte. Babygeschrei. Ich spürte wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Ich ballte die Hände zu Fäusten. So fest ich konnte. Esme wartete. Als ich mich nicht rührte, sah sie mich entschuldigend an und rauschte aus dem Zimmer. Sekunden später verstummte meine Tochter im Stockwerk über mir und man hörte Esme murmeln. „Ich werde verrückt! Wie hält sie das aus?!“, stöhnte Jasper, der sich gesetzt hatte und das Gesicht in den Händen verbarg. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Es herrschte Stille. Es war mir peinlich, dass ich einfach geflüchtet war. Ich ging auf etwas anderes ein: „Was war mit Tanya? Was dachte sie?“ Edward sah mit verzerrtem Gesicht zu mir auf. „Tanya ist größenwahnsinnig“, sagte er nur. Ich sah ihn erwartungsvoll an und wartete. Er verdrehte die Augen. „Du weißt genau, warum Tanya eigentlich hier war. Du hast das in Kauf genommen. Und du weißt auch, welche Gabe ich habe.“ „Bella, Tanya ist mit der Absicht hierher gekommen, Edwards richtige Partnerin zu werden“, sagte Alice, die eine Hand auf meine Schulter gelegt hatte, „sie war der Auffassung, dass Edward sich ihr nicht entsagen konnte, wenn er jahrelang von dir getrennt war und sie an seiner Seite war. Sie wollte sich in ein gemachtes Nest setzten. Kannst du dir nicht vorstellen wie Edward sich gefühlt hat? Er hat das alles miterlebt.“ Ich presste die Lippen zusammen und nickte. Es war ein Fehler gewesen. Ein gewaltiger Fehler. Es war selbstsüchtig gewesen von mir. Grausam. Ich hatte Tanya und Edward gekränkt und verletzt. Ich senkte den Blick. „Wie geht es jetzt weiter Bella? Wie hast du dir das vorgestellt?“, hörte ich Carlisles diplomatische Stimme. Ich sah in sein sanftes Gesicht. „Ich werde irgendwo hinziehen. Solange bis Nela alt genug ist, um mich kennen zu lernen und die Gefahr einzugehen, dass sie sich verwandelt“, sagte ich nüchtern. „Und ich gebe mich als Edwards Partnerin bzw. als Nelas Mutter aus“, trällerte Alice munter. „Nein Alice auf keinen Fall!“, schritt ich erschrocken dazwischen und warf einen beunruhigenden Seitenblick auf Jasper, „Wir haben eine Abmachung.“ „Richtig“, wand Alice ein, „wir lassen unseren Schwachsinn und du deinen. Nur, dass unser Schwachsinn, gar keiner ist“ Sie grinste gewinnend. Mir klappte der Mund offen. Hinterhältiges Nervenbündel!, fluchte ich Gedanken. „Nein!“, sagte ich wieder, „es ist nicht wichtig- ich meine, sie hat ja euch auch so… sie braucht wirklich keine ‚richtige’ Mutter- das hab ich doch nur gesagt, damit Edward kein Argument mehr hat!!“, rutschte es mir heraus. Die Umstehenden lachten verhalten. „Bella, es macht mir wirklich nichts aus“, sagte Alice immer noch lautlos lachend. „Nein“, flehte ich und sah Jasper bittend an. Er musste mir zu Hilfe kommen. Schließlich sollte er fünfzehn oder zwanzig Jahre auf Alice verzichten! „Es ist… okay“, sagte er nur. „Ist es nicht!“, ich blickte von Alice zu Edward, „wenn das so ist, ist unsere Abmachung nichtig“, sagte ich kühl und griff nach dem Autoschlüssel in meiner Hosentasche. Unwillkürlich machte ich einen Schritt Richtung Tür. „Warte“, sagte Edward schnell und stand nun neben mir, „ich werde dafür Sorgen, dass Alice sich den Gedanken aus dem Kopf schlägt“, Edward sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, „aber bitte bleib in meiner Nähe.“ Ich nickte. Er ebenso. „Aber dafür sorgen, dass ich ihre Wohnung nicht einrichte, kannst du nicht“, giggelte sie und streckte Edward die Zunge raus. „Bella du musst nicht sofort gehen“, schaltete sich Carlisle ein, „du kannst noch ein paar Monate warten-“ Ich schüttelte bereits heftig den Kopf, während er redete. „Nein, noch mal Abschied nehmen kann ich nicht. Es würde mir nur viel schwerer fallen als es jetzt sowieso schon war“, gestand ich. „Ach ne, Bella ist wieder da.“ Ich blickte zur Tür. Rosalie war mit Emmett hereingekommen. Ihre Augen leuchteten sehr hell. Sie waren jagen gewesen. Emmett hielt sie am Arm, doch Rosalie ignorierte das. „Ich dachte du wolltest gehen? Wer hält dich auf?“, sagte sie scharf. Ihre Augen blitzen. „Niemand. Ich werde gehen“, sagte ich leise. Edward legte einen Arm um mich und wollte uns von Rosalie wegdrehen, als Rosalie sagte: „Tu mir ein Gefallen und nimm deinen Leckerbissen mit-“ Edward stieß mich ein paar Meter zurück, knurrte und ging in Angriffsstellung. Selbiges tat Rosalie. „Hört auf!“, schrie ich gleichzeitig mit Esme und Alice. Jasper war bei Edward, Emmett bei Rosalie. „Zügele dich Rosalie!“, mahnte Edward. „Zie, pass du auf, dass du unsere Familie nicht den Volturi auslieferst, nur wegen deines kleinen egoistischen Glücks“, fauchte Rosalie. „Lass mich los Jasper!“, knurrte Edward. „Beruhigt euch“, sagte Carlisle, der nun, wie ein Schiedsrichter, zwischen den beiden stand und beschwichtigend die Handflächen ausstreckte. Edward und Rosalie entspannten sich ein wenig. „Rosalie, es steht dir frei zu gehen, aber wenn du bleibst, und das würde ich mir wünschen, musst du auch für unsere Familie einstehen“, sagte Carlisle in ihre Richtung, „Edward, keine Kampf.“ Rosalie sah Edward böse an, verschränkte die Arme und stolzierte heraus. Emmett stand hin- und her gerissen in der Tür. Er zuckte mit den Schultern, sah uns, insbesondere mich, entschuldigend an und ging ihr hinterher. Edward richtete sich auf. „Ist sie fort?“, fragte ich. Nicht, weil ich es mir wünschte, sondern, weil ich Angst hatte, dass ich Zwietracht sähte, die nicht mehr rückgängig zu machen sei. „Nein, sie ist mit Emmett oben in deren Zimmer“, murmelte er. „Es ist besser wenn ich sofort gehe“, sagte ich zu Carlisle und ging auf seine Ausgangsaussage ein. „Bella“, schluchzte Esme und fiel mir in die Arme, „bitte, du besuchst uns ja? Wie heute, ohne Nela. Darf ich dich auch besuchen kommen?“ „Natürlich, so oft du willst. Du bist immer willkommen“, sagte ich, während meine Augen glasig wurden. Esme nickte und strich mir zärtlich über die Haare. „Wohin gehe ich eigentlich?“, fragte ich Edwards Richtung. Esme stand noch vor mir und hielt ihre Hände an meinen Oberarmen. „Alice war so frei dir eine Wohnung zu mieten – und einzurichten“, seufzte Edward. „Fast. Fast einzurichten. Aber es fehlt nicht mehr viel“, säuselte Alice heiter, „außerdem habe ich sie bereits gekauft.“ Sie zog eine Grimasse. Ich nickte und ließ den Blick durch den Raum schweifen und versuchte meine Gedanken nicht allzu melancholisch werden zu lassen. Ich prägte mir alles genau ein. Das Licht, den Geruch, das Aussehen der Wände, obwohl ich sie natürlich besuchen würde, aber das hier alles war dann nicht mehr mein zu Hause. Ich war dann Besucher. Auch für meine Tochter, obgleich ich sie nicht sehen würde. Wenn sie alt genug war und es sicher genug war sie zu sehen, wäre ich eine Fremde für sie. Doch das einzig wichtige war, dass sie überlebt und überleben darf und meine Familie geschützt war. Wenn ich jetzt ging, war es endgültig, dachte ich verzweifelt, doch mein Entschluss stand viel zu fest, als dass ich ihn jetzt umwerfen könnte. Mir fiel es nur schwer meinen Körper, der stocksteif und regungslos war, davon zu überzeugen, einen Schritt auf Edward zuzumachen, ihm zu sagen, dass ich gehen wollte und dann mit ihm raus zu gehen. Es war wie damals vor zwei Monaten, als ich zu meiner Mutter geflohen war. „Ich möchte gehen“, sagte ich mit übermäßig großer Willenanstrengung und sah Edward mit klarem Blick an. Wenn ich jetzt nicht ging, würde ich es nicht schaffen überhaupt zu gehen, auszuziehen…, sagte ich mir. Edward nickte und nahm mich an der Hand. Babygeschrei ertönte. Ich kniff die Augen fest zusammen und atmete tief ein und aus und versuchte nichts zu hören. Edward drückte meine Hand. „Du musst das nicht tun“, flüsterte er mir zu. Ich nickte. Nicht um ihm zuzustimmen, sondern zu mir selbst, dass ich es doch tun musste. Das Geschrei erstarb. Ich sah mich um. Keiner der Cullens hatte sich geregt. „Emmett ist bei ihr“, beantwortete Edward meine unausgesprochene Frage. Emmett. Sie hatte so viele meiner Liebsten mit ihrem Charme überzeugt. Sie würde es gut haben. Ich nickte wieder und starrte ausdruckslos geradeaus. „Bella du musst das nicht tun“, sagte er wieder leise zu mir. „Jede Mutter würde dasselbe tun“, sagte ich noch leiser zu ihm, ohne aufzublicken. Er küsste mein Haar und wartete dann auf eine Reaktion meinerseits. Ich schluckte, warf noch einen letzten Blick über die Schulter auf meine Familie, und ging mit Edward nach Draußen. Meine Hände zitterten so sehr, dass ich den Schlüssel nicht ins Zündschloss stecken konnte. Edward umfasste sanft meine Hand und führte den Schlüssel. Ich spürte seinen prüfenden Blick auf mir. „Du willst wirklich fahren?“ Ich sah geradeaus und warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. „Du würdest einen Unfall zu verhindern wissen“, entgegnete ich trocken und ließ den Motor an. Wir redeten nicht. Genauer gesagt sprach ich nicht und Edward begann kein Gespräch. Hin und wieder wies er mir den Weg. Er lotste mich nach Surrey. Nicht weit weg von Vancouver, doch in meinem Tempo dauerte es seine Zeit. Ich versuchte mich mit dem Straßenverkehr abzulenken, doch meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Zu präsent war die Stimme meiner Tochter von eben in meinem Kopf. „Rechts in die Seitenstraße“, sagte Edward rasch, bevor ich daran vorbeifahren konnte. „Dort“, sagte er dann und deutete auf das Haus. Wir waren in einem Vorort von Surrey angelangt, in einem kleinen Wohnviertel. Ich parkte in eine Parkbox ein und stieg aus. Ich schloss die Tür und stellte mich mit dem Rücken zum Auto und der Brust zum Haus. Ich blickte hoch. Edward stand neben mir. Ich spürte einen heftigen Stich, als ich sah, dass es wahr wurde. Der Albtraum. Ich, als diejenige, die meine Familie bedrohte. Aber jetzt tat ich das einzig Richtige. Edward stellte sich vor mich, strich die Haare in mein Ohr und hob mein Gesicht zu seinem an. „Ich liebe dich“, hauchte er, schob meine Haare mit einer Hand zurück und küsste meinen Hals. Ich sah wie ein paar männliche Passanten näher kamen. Ich musste unwillkürlich grinsen. „Willst du dein Revier markieren?“ „Immer“, flüsterte er mit einem schiefen Grinsen. Dann küsste er mich auf die Lippen. „Ich verdiene es zwar nicht“, sagte ich dann, „aber könntest du mir einen Gefallen tun und mich allein’ hoch gehen lassen?“ „Du verdienst alles Liebste, denn du hast Licht in meine Finsternis gebracht. Heller, als das hellste Licht, dass je ein Mensch gesehen hat, geschweige denn sich vorstellen kann. Ich würde ohne weiteres alles für dich tun. Alles.“ Ich verkniff mir die Tränen, machte mich von ihm los und lief meiner wie auch immer gearteten Zukunft entgegen. ------------------------------------------------- Tja.... das Ende^^ Freue mich auf Kommis... FAST das Ende, denn es gibt noch einen Epilog! Als Kapitel, nicht wie der Prolog. ...und noch etwas... es wird eine Fortsetzung geben!!! An der schreib' ich jetzt gerade ^^ Und ihr werdet natürlich informiert ^^ LG und VIELEN VIELEN HERZLICHEN DANK FÜR DAS LESEN DIESES FFs Vanessa Epilog: Epilog -------------- Hallo ihr Lieben! Dieser Epilog ist jetzt sowas wie ein offener in die Zukunft blickender Abschluss von "Infinite" und eine Mini-Einführung für den neuen FortsetzungsFF ^^ Ich hoffe es gefällt euch, freue mich auf eure Kommis, lg Vanessa --------------------------------------------------------------- Edward »Jeder Abschied ist die Geburt einer Erinnerung.« Unbekannter Autor „Gib her, ich kann alleine lesen“, murrte Nela Esme an und nahm ihr das Buch weg. „Was hat sie denn?“, fragte Alice, die gerade zur Tür hereinkam. Ich hatte das Fenster geöffnet und den Vorhang zur Seite geschoben. „Sie ist sauer auf mich, weil ich nicht erlaubt habe, dass sie mit Emmett flussabwärts geht“, sagte ich seufzend und bekam einen bösen Blick von Nela gesteckt. Flussabwärts, Richtung Forks. Unmöglich. „Liebling, du weißt doch genau warum oder?“, fragte Esme sanft und legte einen Arm um sie. Nela schüttelte ihn mürrisch ab und verschränkte die Arme. Genauso stur wie ihre Mutter, dachte ich grinsend. „Ja ich weiß. Da sind Menschen in der Nähe und wenn ich mich verwandele und wegen der Sonne, ich soll nicht zu weit weg von euch blablabla“, motzte Nela. „Richtig“, sagte Esme und küsste ihr rasch auf die Wange, bevor sie es abwehren konnte. „Ihr könnt gehen, ich gehe ins Bett“, sagte Nela mit finsterem Gesicht und stand auf. „Ohne Abendessen?“, sagten Alice und ich gleichzeitig. Sie enttäuscht (Ich habe mich heute extra an einer neuen Gewürzmischung probiert, dachte sie), sie kochte immer für Nela, ich verwundert. Nela sah uns böse an, dann ging sie stampfend an uns vorbei. Wir lachten so leise, dass sie es nicht hören konnte. „Mach dir keine Gedanken-“, begann Esme und legte einen Arm um meine Schultern. „Keine Sorge, ich höre eure, das reicht“, erwiderte ich. Esme lachte. Alice war schon Nela hinterher gehuscht. „Emmett“, hörte ich Nela im Erdgeschoss flüstern, „wir tun so, als ob wir einfach auf die Terrasse gehen und dann laufen wir ganz schnell weg.“ Emmett lachte und redete in normaler Lautstärke: „Nelli, eines musst du lernen. Du kannst Alice nichts vor machen und deinem Vater auch nicht, auch wenn er deine Gedanken nicht lesen kann. Außerdem kannst du noch so leise flüstern, alle hier im Haus hören es.“ Ich hörte Nela in die Küche stapfen und ein paar Teller und Schüsseln unwirsch verrücken. Esme und ich kamen nach Alice ins Wohnzimmer. Ich sah so eben noch wie Emmett Nela in die Küche folgte. „Du kennst doch unsere Gründe oder?“ „Blablablabla“, zischte Nela und hantierte weiter mit Küchenutensilien herum. „Komm Nela, Rose und ich sind nicht extra aus Belgien eingeflogen, um ein missmutiges Kind zu treffen“, Emmett beugte sich zu ihr runter, „lächeln liebe Nichte, sonst wird das nichts mit schönem Wetter an deinem zehnten Geburtstag.“ „Schönes Wetter? Also schlechtes Wetter?“, brummelte sie. „Lass gut sein“, sagte ich und legte Emmett dankbar eine Hand auf die Schulter. Hab’s versucht, aber Bellas Gene sind nach wie vor zu dominant, du bist der einzige der sie zur Vernunft bringen kann, lachte er in Gedanken. Ich nickte nachdenklich und ging selbst zu ihr. Esme, Emmett und Alice hinter mir verstreuten sich im Haus. Emmett und Alice waren sehr wichtig für Nela. Umso wichtiger noch, dass sie die Zeit mit Emmett auskosten konnte, wenn er denn mal hier waren. Und ich hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Natürlich mochte sie das nicht. „Kleines, hör zu“, ich kniete mich neben sie, fasste ihre Hände und drehte sie zu mir, „du weißt doch-“ „Ich kenne die Gründe Papa!“, schrie sie mich an. „Und warum verstehst du es dann nicht?“, fragte ich ruhig. „Ich verstehe es ja, aber- man muss auch mal was riskieren, weil-“ Du haargenau wie deine Mutter bist, ergänzte ich in Gedanken. „Wir gehen auch nicht in Sichtweite an die Stadt heran und ich halte mir die Nase zu-“, versuchte sie es wieder und sah mich mit meinen früheren grünen Augen bittend an. „Tut mir leid Schatz, darüber diskutiere ich nicht“, sagte ich sanft, aber betont bestimmt. Sie sah mich bitterböse an und versuchte sich wegzudrehen. Ich hielt sie fest, küsste ihre Stirn und ließ sie in der Küche allein (allein mit Alice, muss ich hinzufügen). Sie tat mir leid. Eingesperrt von ihrem Vater. Doch es ging nicht anders. Wenn Bella schon so ein großes Opfer für ihre Sicherheit brachte, dann durfte es nicht daran scheitern, dass der Vater sich gegenüber seiner störrischen Tochter nicht durchsetzten konnte. Auch wenn ich dadurch der Sündenbock war. Ich setzte mich ins Wohnzimmer. Draußen wurde es immer dunkler. „Papa! Mach mal bitte Kanal drei an!“, rief Nela mir aus der Küche zu, während sie mit Alice kochte. Ich tat wie mir geheißen. Kurz darauf strauchelte Nela mit zwei Tellern beladen ins Wohnzimmer und lümmelte sich neben mich. Sie legte einen Teller mit Reis und Gemüse auf den Schoss und einen kleinere mit Eis und heißen Kirschen neben sich. Sie sah auf den Bildschirm, wo ihre Lieblingsserie begann. Esme, Alice und Emmett gesellten sich zu uns. Ich beobachtete Nela verstohlen von der Seite, wie sie ohne hinzusehen mit der Gabel im Teller herumstocherte, kaum etwas zum Mund führte und konzentriert zum Fernseher sah. Ich strich ihr über den Kopf. Sie lächelte mich kurz an, scheinbar hatte sie sich wieder beruhigt und war nicht nachtragend, und sah dann wieder auf den Bildschirm. Sie war so schön. Meine grünen Augen, Bellas Haarfarbe, den Glanz meiner Haare und Bellas Gesichtszüge. Sie hatte viel von Bella, fand ich, auch wenn Bella immer das Gegenteil behauptete, wenn ich ihr von Nela berichtete. Bellas Temperament hatte sich ja eben gezeigt, lächelte ich und wurde sogleich wieder ernster. Ich durfte so viel Zeit mir ihr verbringen, während Bella jeden Tag aufs Neue begierig auf jedes kleinste Detail wartete. Und wartete. Und immer noch wartete. Warten, bis Zeit umgeht und sie zu Nela darf. Nela legte den Teller zur Seite und nahm das schmelzende Eisschälchen in die Hand. Sie kuschte sich bedenkenlos an meine Schulter. Ich hob sie hoch und schob ein Kissen dazwischen. Sie verdrehte die Augen, lächelte mich zwar dann an. Während sie weiter ihre Serie guckte, nahm ich den Löffel aus ihrer Eisschale, die sie kaum beachtet und nahm einen Löffel Eis. „Bah Papa“, sie sah mich angewidert an, die anderen lachten, „Alice sagt immer euch schmeckt das nicht!“ Ihr Ton war ein wenig fragend. „Es schmeckt auch nicht“, sagte Alice, die auf dem Boden vor uns saß und sich zu uns umgedrehte hatte. Aber dein Vater hat manchmal ein paar selbst zerstörerische masochistische Allüren, ergänzte sie in Gedanken und schnitt eine Grimasse zu mir. Nela überging das, zuckte mit den Schultern, legte mir die Schale in den Schoß und lümmelte sich an meine Seite. Kaum hatte ich noch ein wenig vom Eis genommen, stolzierte Rosalie herein. Sie ignorierte uns und ging mit kalter Miene an uns vorbei. Familieglück auf meine Kosten, dachte sie. Ich sah wie Nelas Blick zu Rosalie wanderte und ihr Körper sich aufrichtete und versteifte. „Magst du vielleicht mit sehen?“, sagte sie sehr unsicher. Eher würde ich mich eigenhändig umbringen. Die kann froh sein, dass sie überhaupt noch lebt. Rosalie stolzierte weiter, als hätte sie es nicht gehört. Ich unterdrückte ein Knurren. Aber das waren noch nette Gedanken ihrerseits. Nela schaute ihr noch nach, dann wandte sie ihren Blick wieder nach vorne und krallte sich fest an meine harte Haut. Ich spürte, wie gekränkt sie war. Sie hatte bisher nie viel mit Rosalie zu tun gehabt. Selbst wenn Emmett und sie mal da waren, sah Nela sie kaum. Nela hatte immer wieder Annäherungsversuche gemacht und war bei Rosalie abgeblockt. Es tat mir sehr weh, doch ich wollte mich nicht mit Rosalie vor ihr streiten. Das tat ich schon genug, wenn sie schlief. Ich versuchte Rosalie zu ignorieren, ihre Gedanken, ihre Worte. Vor allem Esme zuliebe. Sie litt sehr darunter, dass Emmett und Rosalie weg waren. Mich konnte Rosalie beleidigen wie sie wollte, aber Nela sollte das nicht abbekommen. „Es ist nicht deine Schuld“, flüsterte ich ihr zu und streichelte sie über das Haar, sodass sie dachte, dass nur sie es hören konnte. „Wessen dann?“, fragte sie mit fester Stimme, die mich erschreckte. Sie war sehr gefasst. Ich war nicht erpicht darauf, aber ich hatte erwartet, dass sie trauriger war. Ich hoffte nicht, dass sie so abgestumpft von dieser Abweisung und Kränkung war. Ich sagte nichts. Sie hatte mich so oft danach gefragt und ich war ihr mehr oder weniger gekonnt ausgewichen. Sie musterte mich und ging dann aus dem Zimmer. „Sie geht zu Carlisle“, sagte Alice mit dem Blick zur Tür gerichtet, durch die Nela gegangen war. „Er wird ihr nichts sagen, er weiß, dass du das nicht willst“, sagte Esme zu mir. „Ich habe ihn darum gebeten ihr mehr zu sagen, wenn sie ihn fragt“, sagte ich. „Wieso?“, fragte Emmett. „Carlisle ist diplomatischer als ich und hat sich besser im Griff“, gestand ich. Das sagte der, der mit einem Mensch zusammen war und dessen Tochter ein Mensch ist, dachte Emmett. Ich schnaubte. „So meinte ich das nicht.“ Außerdem würde sie sich nicht so sehr dafür interessieren, wenn es von Carlisle kam und nicht von mir. Das hoffte ich. Nela war mittlerweile nach dem Klopfen in Carlisles Büro eingetreten. „Na, willst du wieder etwas wissen? Oder dir ein Buch ausleihen?“, fragte Carlisle sie. Doch ich hörte einen leicht nervösen Ton heraus, vielleicht verriet ihr Blick etwas. Ich hörte sie nah an ihn treten. „Kannst du mir vielleicht sagen, warum Rosalie mich hasst?“ „Hartes Wort“, sagte Emmett tonlos, doch ich hörte heraus, dass er, wir alle, wussten, dass es stimmte. „Sie ist nicht dumm“, zischte Alice leise. „Nela, eines musst du mir glauben, es liegt nicht an dir“, begann Carlisle behutsam, doch Nela unterbrach ihn sogleich: „Das hat Papa mir auch schon gesagt. Aber an was liegt es dann?“ Man hörte heraus, wie sie ihre drängelnde Neugier unterdrückte. Eine Pause. Carlisle schritt um den Tisch herum auf sie zu. „Rosalie und deine Mutter sind während der Schwangerschaft und auch schon davor immer wieder aneinander geraten. Rosalie scheint diese Missstimmung nun auf dich Übertragen zu haben, zu Unrecht.“ „Meine Mutter ist tot!“, schrie Nela sodass wir alle zusammenzuckten, „Wie kann sie da noch so sauer sein? Warum hasst sie mich und warum hat sie meine Mutter gehasst? Und warum hasst sie sie immer noch? Über ihren Tod hinaus!“ „Ich kann es dir nicht sagen, ich weiß es nicht. Keiner von uns kann es dir sagen“, sagte Carlisle in zärtlichem Ton. „Papa kann“, entgegnete Nela. „Eines Tages wirst du es verstehen“, sagte Carlisle abschließend. Sanft aber zweifellos. „Gute Nacht.“ „Nacht.“ Nela ging sehr langsam in ihr Zimmer. Esme sah nach ihr. Das wird nicht einfacher, wenn sie jetzt schon so unangenehme Frage stellte, hörte Alice in meinem Kopf. „Berechtigte Fragen“, murmelte ich. Was willst du ihr sagen? Emmett „Habe ich eine Wahl? Ich werde sie anlügen müssen“, antwortete ich auf seine gedachte Frage. „Ich gehe zu Bella“, sagte ich und entschwand den kritischen, aber wahren Gedanken meiner Familie. --------------------------------------------- Soooo das ist definitiv das allesletzte was es zu "Infinite" geben wird *snief* aber es kommt ja noch eine Fortsetzung =) VIELEN DANK AN EUCH ALLE! ES HAT MIR SUPER VIEL SPASS GEMACHT UND HOFFE, DASS IHR DIE FORTSETZUNG GENAUSO SEHR MÖGT (der Epilog war ja ein kleiiiiner Vorgeschmack^^)! => Hier ist die FORTSETZUNG VON INFINITE: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/93123/231223/ Kuss Vanessa Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)