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Nectarine Sunsets

UlquiHime Shortstories
von

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Kuss

2.Kuss
 

Can we plan that game your way?

Can I really lose control?
 

Just once in my life

I think i’d be nice

Just to lose control

Just once

With all the pretty flowers in the dust
 

Vorsichtig öffnete Ulquiorra die Tür, langsam und sachte, darauf bedacht, die Stille nicht durch ein Knarren oder ähnliches zu vernichten.

Menschen brauchten ihren Schlaf, um Gesund und leistungsfähig zu bleiben, und sein Befehl lautete nun einmal, für ihre Gesundheit zu garantieren.

Sie, das war eine Frau namens Inoue Orihime, die er selbst im Auftrag des Shinigamiverräters entführt hatte.

Da er zurzeit keinen Auftrag hatte, beschloss er, einfach mal nach ihr zu sehen, um sicherzugehen, das sie auch wirklich schlief, und nicht mal wieder dastand und den Mond ansah wie eine Werwölfin, die freudlos auf den Ruf ihres ungnädigen Schicksals wartete.

Ein verstohlener Lichtstrahl, der sich von dem Flur, der ihn hergeführt hatte aus in ihr finsteres Zimmer verirrt hatte, enthüllte, dass sie, immer noch in ihrer reinweißen Uniform, da lag, wo sie zu liegen hatte - in ihrem Bett.

Wenn sie wach wäre, würde sie sich vermutlich wieder darüber aufregen, das er hier so einfach reinplatzte.

Wie flüssige Lava, die aus einem mit weißer Asche bedecktem Berg quoll, ergossen sich ihre roten Haare über die farblose Couch; sie lag auf der Seite, mit dem Rücken zur Lehne des Polstermöbels.

Auf den ersten Blick schien sie zu schlafen, aber der Arrancar beschloss, sich das aus der Nähe anzusehen.

Langsam und umsichtig, als würde er ein Heiligtum betreten, lief er auf zehenspitzen zu dem Menschenmädchen hinüber und ging in die Hocke.

Den Kopf mehr auf ihre Hände als auf ihr Kissen gestützt, Haarsträhnen, die ihr jetzt, wo sie ihre Haarspange ab- und beiseite gelegt hatte, wie ein Vorhang ins Gesicht hingen und die Beine leicht angezogen lag sie da; die einzige Bewegung, die sich erkennen ließ, war das langsame Heben und Senken ihres Brustkorbes, das man nur bei genauerem hinschauen erkannte.

Jetzt, wo sie schlief, wirkte sie viel mehr wie ein Wesen mit göttlichen Kräften; Wenn sie schlief, konnte sie sich nicht mehr wie eine Gefangene benehmen, die mit ihrer eigenen Stärke nichts anzufangen wusste; Sie hatte etwas Übernatürliches an sich, wenn das fahle Mondlicht von draußen sie so beschien; fast, wie eine Märchenprinzessin in ihrem Elfenbeinturm.

Es hatte auch mit der Art zu tun, wie das Weiß ihres Kleides mit ihrer Haarfarbe zusammenspielte. Er selbst hatte ihr gesagt, das dieses Kleid ihr gut stand - das erste echte Kompliment in seinem ganzen, bisherigen Leben, wie ihm erst jetzt einfiel.

Obwohl es für seine Mission im Grunde irrelevant war, wie sie aussah, so bevorzugte er es doch, wenn sie die Uniform trug - Der Abfall, den sie sonst am Leib zu tragen pflegte, war ihrer Schlicht nicht würdig.

Zögerlich streckte er seine rechte hand nach einer der herunterhängenden Haarsträhnen aus und versuchte vorsichtig, sie etwas zu befühlen - nicht, das er sich davon Erkenntnisse versprach… es klang in seinem Kopf nur mehr nach etwas, was sie in seiner Situation tun würde.
 

Ihr Haar war weich, geschmeidig, glänzend und behaftet von einem süßen, aber intensiven Duft, der ihn an Blumen erinnerte.

Eigentlich hatte Ulquiorra nie besonders viel für Blumen übrig gehabt- Eine glich der anderen, wie Tumore wucherten sie aus dem Boden, so viele gleich, so viele ohne Zweck, durch eine beliebe Blume der selben Sorte austauschbar und so schnell vergessen, wie sie vertrocknet waren und zu Staub zerfielen, sobald die Sonne, die ihnen unwillentlich die Existenz gegönnt hatte, ihrer überdrüssig wurde.

Warum schenkten sich diese Menschen überhaupt Blumen…?

Immerhin waren das die Fortpflanzungsorgane der Pflanzen.

Er mochte diese leicht zu zertretenden Gebilde nicht - doch ihren Duft, kombiniert mit einer intensiven Note nach etwas, das er nicht beschreiben konnte, empfand er nicht als störend - zumindest nicht, wenn er mit dieser Frau verbunden war.

Langsam ließ er die Haarsträhne aus seinen Fingern gleiten und betrachtete seine eigene, aschfarbene Hand.
 

Warum hatte er das jetzt wieder getan…?

Nicht nur, das diese Frau selbst vollkommen unlogisch war, nein, jetzt fing ihre Unlogik auch noch an, ihn zu beeinflussen…

Aber er würde Aizen-sama nicht aus einem Grund wie diesen bitten, den Auftrag an jemand anderen zu geben - was auch immer sie in ihm auslöste, es war irrelevant.

Als Abfall wollte er es vorerst nicht einstufen - bei der Frau selbst hatte sich im nachhinein herausgestellt, das sie doch nützlich sein könnte, und so sehr ihre ausgesprochene Unlogik ihn auch verwirrte, eben so sehr faszinierte sie ihn auch.

Wie sah die Welt wohl aus, wenn man sie von ihrer Perspektive aus sah?

Was würde er passieren, wenn er noch etwas sinnloses tun würde…?
 

Er hatte keineswegs vor, sich auf das Niveau von Abfall wie Nnoitra oder dem Aushilfsshinigami hinunterzulassen.

Aber ein intelligenter Verstand wie Ulquiorra ihn hatte, würde sich trotz aller Logik und Apathie immer nach einer Art von Beschäftigung sehnen… seine Neugier war stärker.

War es für ihn theoretisch möglich, die Kontrolle über die Sache zu verlieren?

Momentan glaubte er, sie noch zu haben.

Er war ihr bereits gefährlich nahe gekommen, ohne es wirklich zu merken, als ihm die Frage durch den Kopf schoss, was sein Geschmackssinn wohl zu dem sagen würde, was seine restlichen Sinne betört hatte.

Und es gab wenige Dinge, die ihm irrelevanter erschienen, als das…

Lächerlich…

Nur noch Zentimeter trennten sie, immer weniger davon.

Diese lästigen, irrelevanten Empfindungen, Abfall, wirklich…

Insbesondere dieses eigenartige Bestreben, sich nie wieder von ihr zu lösen und wenn es hoch kommt auch noch mit ihr eins zu sein.

Es war schon eine eile da, doch erst jetzt realisierte er es wirklich - benennen konnte er es aber trotzdem nicht.

Etwas, von dem er nichts, nichts und wieder nichts wusste…

Interessant.

Sehr interessant…

Schließlich schrammten ihre Nasen knapp aneinander vorbei, und zwischen den Haarsträhnen in ihrem Gesicht und allen Sinneseindrücken, die damit verbunden waren, schloss er die Augen, um zu beginnen.
 

“Ku…ro… saki… kun…” Im Schlaf flüsternd und weinend zugleich drehte sie sich auf die andere Seite, und kauerte sich noch etwas mehr zusammen. “Kuro… sa… ki…”

Zum Schluss hin wurde ihr Gemurmel unverständlicher.

Er stand auf, drehte sich um und flüchtete in die finsteren Tiefen seiner Gemächer.

Irgendwie schaffte er es nicht, dieses schwere Gefühl der Ernüchterung abzuschütteln, das ihn befallen hatte, als er jene Worte gehört hatte.

Was auch immer es war, was sie mit ihm gemacht hatte, es war irrelevant und würde nicht zulassen, das es seine Effektivität einschränkte.

Also würde er Morgen früh bei ihr aufkreuzen um ihr ihr Frühstück zukommen zu lassen… Wer weiß, vielleicht würde sie ihre Mahlzeit ja mal wieder verweigern.

Auch, wenn es dem Plan eher nicht dienlich war, dieser Widerstand, den sie hin und wieder leistete, diese Momente, in denen ihre wahre Stärke zum Vorschein kam, waren es, die ihn so in seinen Bann zogen.

Aber es beruhte vermutlich nicht auf Gegenseitigkeit.

Die Decke seines Zimmerns anstarrend fragte er sich, ob sie Angst vor ihm hatte.

Er nahm sich vor, sie irgendwann einmal zu fragen.
 

If I cut you down to a thing I can use

I fear there’d be nothing good left of you

Name

“Es ist Zeit für dein Essen, Frau.”

Als sie seine Stimme hörte, zuckte sie zunächst leicht zusammen und drehte sich augenblicklich zu ihm um.

Das kalte, künstliche Licht leuchtete in den düsteren Raum hinein, ohne ihn wirklich zu erhellen, als sei es nur da, damit er darin einen langen Schatten werfen konnte.

Da stand er wieder, die Haut genau so weiß wie seine Uniform und das helmförmige Maskenfragment an seinem Kopf, unterbrochen nur die dünnen Striche auf seinen Wangen.

Da war er, die Person, die beinahe einfach zugesehen hätte, wie sein Kollege ihre beste Freundin umbringt. Er, der sie von all ihren freunden weggerissen und hierher gebracht hatte. Er, der Wärter ihres goldenen Käfigs.

Sie glaubte, sowohl seinen großen, bulligen Kollegen als auch Aizen dabei gehört zu haben, wie sie ihn mit Namen angesprochen hatte, aber sie hatte sich seinen Namen bisher nicht merken können, und er war ihr nur als “Espada Nr4” vorgestellt worden - sie konnte sich nur erinnern, das es ein langer, komplizierter Name gewesen war.

Auf seinem Gesicht thronte der übliche Ausdruck - sähe sie ihn zum ersten Mal, hätte sie diesen vielleicht als ‘finster’ bezeichnet, möglicherweise auch als ‘melancholisch’ oder sogar ‘bitterlich unglücklich’

Aber sie wusste es besser. Er sah immer so aus, bei ihm hatte das nichts zu bedeuten, es stand nicht für irgendeine Emotion - mit der Zeit hatte sie begonnen, immer mehr daran zu zweifeln, ob er überhaupt welche hatte…

Das war unmöglich, nicht?

Das jemand keine Gefühle hatte…

Schließlich schienen die anderen Arrancar durchaus etwas zu empfinden - auch wenn es sich zumeist auf Stolz, Neid und Schadenfreude handelte.

Doch er, er war immer anders gewesen als der Rest.

Vielleicht war eben das der Grund dafür, das man ausgerechnet ihn ausgewählt hatte, um auf sie aufzupassen - damit sie stets das Gefühl hatte, mit einer Statue zu reden und ihre Hoffnung jedes Mal erneut zertrümmert wurde, wenn sie ihn sah.

Oder vielleicht auch, weil so ziemlich alle anderen Handlanger von Aizen ihre Befehle früher oder später vergessen und sie zerfetzt hätten.

Langsam begann sie, sich zu fragen, ob das nicht die angenehmere Alternative wäre…

Es war nicht so, das sie ihn hasste. Er war nicht wie ein böser Gegner, der sich an ihrem Unglück weidete - er war mehr wie ein Automat, wie ein düsterer Regenschauer, der auf sie hernieder prasselte und alle Farben, sowie alle Hoffnungen hinweg wusch.

Fast wie eine Naturgewalt.

Man grollt dem Sturm am Horizont nicht, man meidet ihn nur.

Und doch; Er sprach, er dachte, und er hatte diesen traurigen, traurigen Blick- und machte es ihr damit schwer, ihn als ein bloßes Ding anzusehen.

Das er, mal abgesehen von Aizen, die einzige Gesellschaft war, die sie hier je bekam - und sei es nur kurz - machte es nicht gerade leichter.

Sie ertappte sich selbst dabei, wie sie sich darauf freute, das er endlich kam und diese immerwährende Monotonie in diesem knochenweißen Raum durchbrach - doch war er nicht selbst genau das?

Monotonie und ein brechendes Weiß…?

Auf jeden Fall wäre seine Abwesenheit das einzige, was diesen Ort hier noch schrecklicher hätte machen können.
 

Ein Quietschen holte as Mädchen wieder in die Realität zurück.

Irgendein rangniederer Arrancar - ein anderer als gestern, wie sie beiläufig feststellte - schob den Servierwagen mit ihrer Mahlzeit in den Raum, um gleich darauf kehrt zu machen und den Raum zu verlassen.

Jetzt war sie wieder allein mit ihm - diesem unergründlichen Wesen, das sie, wie sie erst jetzt zur Kenntnis nahm, schon längere Zeit anstarrte.

“Iss, Frau.” befahl er, trocken und direkt wie immer, die Hände wie immer in den Hosentaschen.

Das war offenbar eine Art Angewohnheit von ihm - und obwohl es sie hätte freuen sollen, wollte der Fakt, das er Gewohnheiten hatte, nicht gefallen.

Das war ja fast, als hätte er eine Persönlichkeit.

An ihm war nichts persönlich - Seine Haut so Weiß wie die sterile Uniform an seinem Leib, die er trotz seines hohen Ranges ohne größere Modifikationen trug - es schien, als sei er dafür gemacht sie zu tragen - Gut, Aizen hatte ihn erschaffen, aber die anderen Arrancar hatte er auch erschaffen, und bei denen gab es ein ziemlich breites Spektrum an Hautfarben…

“Du musst essen, Frau.” Wiederholte er mit einem Hauch von Nachdruck- und erst jetzt wurde ihr bewusst, das sie eine halbe Minute in die Luft gestarrt hatte, um über etwas nachzudenken wie seine Hautfarbe.

Hastig entfernte sie die goldene Käsehaube von ihrem Teller und stellte fest, das es heute irgendeine dickflüssige Suppe gab. Es sah irgendwie… Orange aus.

Kürbis vielleicht…?

Wäre er nicht hier gewesen, dann hätte sie das Zeug mit Sicherheit genommen und an die Wand gepappt, damit sie wenigstens Zeitweise etwas bunter wurde.

Missmutig rührte sie in ihrer Suppe herum und stopfte sich ihren Löffel in den Mund - Es war nicht so schlecht, wie es hätte sein können, obgleich sie selbst im Zweifelsfalle doch noch ein paar scharfe Geheimzutaten dazugepackt hätte…

Heute war keine Tatsuki da, um mit ihr zusammen zu Abend zu essen - sie war einsam und allein. Es war so still…

Wenn sie doch nur jemanden zum Reden hätte….

Da fiel ihr ein, das er ja immer noch im Raum war. Er stand neben der Tür und starrte sie an, wie sie ihren aktuellen Löffel Suppe hinunterschluckte.

Ihre Blicke trafen sich.

Seinen Augen fehlte dieser gewisse Glanz, sie wirkte nicht wie wirkliche Augen, sie hätte genau so gut einen Stein ansehen können - und gerade deshalb hatte sie das Gefühl, das dieser Blick sie durchdrang, alle schichten ihrer selbst, jede Zelle, jedes Blutgefäß, jeder traurige Gedanke.

Wer weiß, vielleicht war ja das genaue Gegenteil der Fall, und er begriff von ihr, genau so wenig, wie sie von ihm begriff.

Aber sie glaubte das nicht wirklich, so scharf und verletzend wie seine gefühlslosen Äußerungen hin und wieder sein konnten…

Aber warum, bei allen Göttern und sämtlichen Himmelskörpern starrte er sie nur so an?

“Ähm… Espada-san?” hakte sie verunsichert nach. Sie wusste nicht recht, wie sie ihn sonst ansprechen sollte. Es war ja nicht so, als ob er ihren Namen verwenden würde, richtig…? Und Aizen hatte ihm sicherlich erklärt, wie sie hieß.

“Was ist, Frau?” fragte er tonlos. “…Ist etwas nicht in Ordnung?”

“Nein… Es… “

“Dann beende deine Mahlzeit. Hast du mich nur angesprochen, weil du das simple Bedürfnis hast, mit jemandem zu reden…? Mach dich nicht lächerlich, Frau. Solange du dich noch sinnloserweise gegen Aizen auflehnst, bin ich dein Feind. Versuche nicht, dies einfach zu verdrängen, weil du es nicht erträgst, mit deinen Gedanken alleine zu sein. Ich habe nicht die Zeit, mir irgendeinen belanglosen Abfall anzuhören. Jede andere Person wäre genau so gut dafür, nicht…? Wenn Aizen-sama derjenige wäre, der regelmäßig hierher kommt, würdest du mit ihm über das selbe reden - nicht, das er dafür Zeit hätte. Es ist, weil ihr Menschen dazu neigt, euch an alles und jeden zu binden, mit dem ihr längere Zeit verbringt. Sie formen euch, wie ihr sie formt. Insbesondere du lehnst dich ständig an irgendwelche anderen an, wie zum Beispiel den Aushilfsshinigami oder dieser Mensch, den du bei unserer ersten Begegnung gerettet hast… egal, wie sehr du etwas anderes Versuchst, du verlässt dich am Ende stets auf andere und bist deshalb unfähig, die Stärke in dir selbst zu erkennen und anzuwenden. Es ist bequem, sich auf andere zu verlassen. Aber auch dafür wäre dir wohl jede andere Person recht…”

”Das ist nicht der Grund!”

rief sie schließlich verzweifelt, um ihn irgendwie zum schweigen zu bringen. Entweder sprach er nur das nötigste, oder aber er sagte solche Dinge zu ihr -

Erst unterstellte sie ihm eine Art beginnendes Stockholmsyndrom, und dann sollte sie ihre ganzen Freunde, und sogar Kurosaki-kun nur ausnutzen wie eine kindische, kamerasüchtige Popsängerin, die sich nach Aufmerksamkeit sehnte? Manchmal verspürte sie das Verlangen, ihm dafür eine rein zuhauen - Einmal hatte sie es sogar getan, und sie war sicher, das es das erste Mal in ihrem Leben gewesen war, das sie sich so etwas wie Wut erlaubt hatte.

Sie, die sonst Komplexe bekam, wenn sie einen Hauch von Eifersucht verspürte.

Es war ja nicht so, als ob sie dem blassen Arrancar damit wehtun könnte - wie war das noch mal mit ‘man grollt dem Sturm nicht, man meidet ihn nur’…?

Welchen Zweck könnte ihr Schlag gehabt haben, wenn sie nicht irgendwo noch die naive Hoffnung hatte, das es etwas in ihm auslösen würde?

Körperlich wehgetan hatte ihm das jedenfalls bestimmt nicht - erst jetzt merkte sie, das er ihr einen Schritt näher gekommen war, und nun auf sie herabschaute.

Es war nicht sein ‘üblicher’ Gesichtsausdruck, obwohl sie nicht hätte benennen können, was an diesem hier anders war.

“Was ist es dann, Frau?” Seine Stimme klang wie üblich monoton und neutral, wie das ewige Weiß von Las Noches.

Nein, dieses Mal war etwas an ihm anders… oder vielleicht war sie wirklich am durchdrehen, und sie bildete sich das ein…

Irgendwie hinderte dieses ‘Andere’ in seinem Blick sie daran, ihn ohne irgendeine Antwort stehen zu lassen.

“Ich… ich habe die… Nase voll davon, das du mich ‘Frau’ nennst!”

Es war das erste Mal in ihrem Leben, das sie diesen Ausdruck verwendete, sonnst ließ sie sich so ziemlich alles gefallen.

Aber nach der Ohrfeige… würde es keine Bedeutung mehr haben…

“Wieso?” fragte in einem Tonfall nach, der klang, als hätte sie ihm gesagt, das zwei und zwei fünf seinen. “Du bist doch eine Frau.”

Eine Frau?

Ein erwachsenes, weibliches Wesen, das es wert ist, begehrt zu werden, und selbst die mysteriösesten Männer mit ihrer Unlogik in schlaflose Nächte stürzen konnte? Nein, stellte sie mit Ernüchterung fest. Ein kleines Mädchen, das gerettet werden musste, wie die gute alte Prinzessin im Turm, die einen Prinzen brauchte, der den bösen Drachen niederkämpfte, wie die begabte Opernsängerin, die ihres geliebten bedurfte, um sich aus dem Labyrinth des Phantoms zu retten -

Das Phantom der Oper? Ja, ihr Bewacher hatte schon mal an eine weiße Maske gedacht, und entstellt war er auch - nicht im Gesicht, aber sie wusste nur zu gut über das schwarze Loch bescheid, das unter dem weißen Stoff seiner heute komplett geschlossenen Jacke lauerte.

Wenn sie an die Szene dachte, wo das Phantom Christine zum Abschied auf die Stirn küsste, kam ihr der Vergleich wieder äußerst doof vor.

Wie etwas doofes, was ein träumerisches, kleines Mädchen zusammenphantasiert hatte. Nicht wie etwas, woran eine erwachsene Frau denken würde.

Sie wusste ja, das sie über gewisse reize verfügte, aber das sie auch auf jemand anderen als ihre Freundinnen wirken konnten, hatte sie nicht gedacht…

Auf Kurosaki-kun wirkten sie nicht.

Sicherlich auch nicht auf den Eisklotz neben ihr. Und doch hatte er sie auf den ersten Blick als ‘Frau’ eingeschätzt.

Als Imago, entpuppter Schmetterling in voller Blüte.

Zu allem übel er blickte sie immer noch an, eine Antwort erwartend.

Er gehörte nicht zu dem Typ von Mensch… äh… Arrancar, dessen Geduld sich leicht einschätzen ließ, also schluckte sie, und begann mit einem zaghaften “Schon… aber… so wie du das benutzt… ist es fast schon eine Art… Spitzname oder so…”

“Spitzname?” wiederholte er, fast schon etwas ungläubig.

Erst jetzt wurde sie sich der Bedeutung ihrer eigenen Worte bewusst. Das mit dem Spitznamen war der höflichste Vergleich, der ihr eingefallen war, aber wenn sie es recht bedachte, war da durchaus etwas dran…

Wie es wohl wäre, wenn Kurosaki-kun sich je einen Spitznamen für sie ausdenken würde..? Es wäre sicher nicht so etwas minimalistisches wie ‘Frau’. Aber was auch immer es war, es würde eine ihrer ewigen Fantasien bleiben, denn momentan brachte er nicht einmal ihren Vornamen über seine Lippen - anders, als bei Rukia.

“Ei… eigentlich, wenn das so ist und ich es recht bedenke… kannst.. Kannst du mich ruhig weiter so nennen…”

Der Espada hob verwundert eine Augenbraue, und mahnte sie dann nur, das ihre Suppe kalt werde.

Da er nicht ganz unrecht hatte, machte sie sich daran, hastig ihren Teller zu leeren.

Als sie fertig war, riss der Schwarzhaarige die Tür wieder auf und befahl einem Handlanger, das Geschirr abzutransportieren, worauf er sich selbst umdrehte, und auf den Türrahmen zuschritt.
 

“…Halt!”

“Was ist…?” Es war nicht abweisend gemeint, denn er sprach immer in diesem Tonfall.

“Wie… ist dein Name?”

“Ulquiorra Schiffer. Ich komme in zwei Stunden, um sicherzugehen, das du schläfst.”

“Bis… bis dann… Ulquiorra.”

Er schaute noch einmal kommentarlos zu ihr zurück, bevor er das Zimmer endgültig verließ.

Es gab keine weitere Reaktionen; nicht, das sie welche erwartet hätte.

Und sie fragte sich, ob Kurosaki-kun es auch einfach so hinnehmen würde, wenn sie ihn demnächst ‘Ichigo’ rufen würde.

Berührung

Als sie sich zum ersten Mal berührten, fühlte er gar nichts.

Er legte das silberne Armband, das sie für alle außer seinesgleichen unsichtbar machen sollte, sorgsam in ihren Händen ab, und dabei streiften sich ihre Finger kurz - er nahm es nicht wirklich zur Kenntnis.

Er hatte ihr kurz und direkt die Bedingungen erklärt, natürlich unter Einsatz entsprechender Druckmittel.

Manch einer könnte ihm vorwerfen, das er mit niederträchtigen Psychotricks agierte - er würde darauf wohl erwidern, das er lediglich das tat, wozu er da war, und dazu die Methode wählte, die ihm am effektivsten und am logischsten erschien.

Es war ein Auftrag wie jeder andere.

Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen neigte er nicht dazu, andere unnötig leiden zu lassen - obwohl es mehr an dem ‘unnötig’ lag, als an dem ‘leiden’
 

Als sie sich zum zweiten Mal berührten, war er verwirrt.

Das Menschenwesen rannte auf ihn zu, holte aus, und KLATSCH.

Wenn er gewollt hätte, hätte er ausweichen können, doch er sah keinen Grund dafür - das dieser Schlag ihm irgendetwas ausmachen würde, war schlichtweg unmöglich.

Wieso überhaupt dieser Angriff, konnte sie sich nicht denken, das es ihm nichts ausmachen würde? Also, Mut hatte sie. Er mochte es, wenn ihre wahre Stärke hervorschimmerte. Todesmutig und schwer atmend sah sie zu ihm auf - das ganze musste ihr mehr wehgetan haben als ihm… und hatte offenbar nur dem Zweck gedient, ihre Aversion zur schau zu stellen. Den Blick noch finsterer als sonst blickte er auf sie herab und obwohl man es ihm nur begrenzt anmerkte, war er ernsthaft verwirrt - er wollte sie nur davon abhalten, sich zu Tode zu hungern - Befehl ist Befehl - und ihr Bericht erstatten. Er hatte nur die Fakten aufgezählt - Laut Plan würde keiner von ihren Gefährten den nächsten Morgen erleben, welche Rolle spielte da die Reihenfolge? Und was genau wollte sie eigentlich von ihm? Das er sie in Watte packte? Er zweifelte ernsthaft daran, das ihr damit geholfen wäre.

Das er in diesem Raum nicht mehr erwünscht war, hatte er zweifellos verstanden.

Er blieb noch volle fünf Minuten vor der Tür stehen, und hörte zu, wie sie sich die Augen ausheulte, nicht wissend, wie und ob er es irgendwie aufhalten konnte oder sollte.
 

Als sie sich zum dritten Mal berührten, war er sich über seine Gefühle unsicher

Er wusste, das er ein Wergzeug war.

Sobald er für Aizen nicht mehr nützlich war, würde dieser ihn aufgeben und er würde seine Daseinsberechtigung verlieren - Er glaubte nicht, das diese Zeit bald kommen würde, doch für die Frau gab es nun offenbar keine Veränderungen mehr. Aus Neugier fragte er sie, ob sie Angst habe- und sie kam ihm mit dieser Sache mit den Herzen.

Diese Frau lebte mit so einem naiven Weltbild, und er hatte genug erlebt, um zu verstehen, das die Menschen einander NIE verstehen würden. Die Sache mit der Ohrfeige bewies es doch… Sie sprach fest überzeugt von Dingen, die nicht existierten, mit dieser Festigkeit, die er nur selten bei ihr sah… Sie meinte es völlig ernst, also fragte er nach.

“Was ist ein Herz? Wenn ich dir den Brustkorb aufschlitze, würde ich es dort finden?”

Er tippte ihr zögerlich an die Brust, mit einer Vorsicht, die mit der Aussage seiner Worte nicht so richtig zusammenpassen wollte, fast, als habe er Angst, sie kaputtzumachen. Dann ließ er seine langen, schlanken Finger fast schon ehrfurchtsvoll zu ihrem Gesicht schweifen. “Wenn ich deinen Schädel aufbreche…”

Ihre Blicke trafen sich, er schien sich durch ihre Augen hindurch in ihren Hinterkopf umsehen zu wollen.

“…könnte ich es dort finden?”
 

Als sein Blickfeld sich langsam in graues Rauschen auflöste, fragte er sich, wie es gewesen wäre, wenn er sie noch ein viertes Mal hätte berühren dürfen.

Was, wenn er sie erreicht hätte?

Wenn es ihm noch vergönnt gewesen wäre, ihr das Herz, von dem er gar nicht gewusst hatte, das er es überhaupt noch besaß, zu schenken?

Nunmehr unerreichbar stand sie da, die Hand immer noch ausgestreckt.

Noch nie hatte sie jemanden gesehen, der ihr so… rein erschienen war, dieser Blick, ohne jede Hintergedanken, fast schon flehend…

“Nein, ich habe keine Angst” hatte sie gesagt.

Natürlich war er zu pessimistisch, um ihr das zu glauben.

Aber der Gedanke daran, das sie lügen würde, damit er sich etwas besser fühlte, erlaubte es ihm, diese Welt mit einem dünnen Lächeln zu verlassen.

In gewisser Weise hatte sie ihn doch noch ein viertes Mal berührt - zumindest innerlich.

Verdammte vier. Es ist eben doch eine Unglückszahl….

Regen

Here - follow

Hollow are these haunted hills

Far below the ground

Searchers in the deep reveal
 

Es gab keinen Regen in Hueco Mundo.

Inoue Orihime hatte nicht bes0nders lange gebraucht, um sich dessen bewusst zu werden. Schließlich hatte sie im halbdunkel ihres Raumes nie viel anderes zutun gehabt, als durch das kleine, vergitterte Fenster hinauszublicken und den kleinen Ausschnitt dieser fremden Welt zu betrachten, den sie zu erkennen vermochte.

Sie wusste selbst nicht genau, wieso sie es tat - da draußen gab es stets dasselbe zu sehen.

Kalkweiße Dünen, tintenschwarze Himmel und fahles Mondlicht.

Sie wusste, das irgendwo, vermutlich weit unter diesen Dünen in den Tiefen ihre Freunde dabei waren, sich in die Richtung der Festung voranzukämpfen, aber hier konnte sie nicht viel davon sehen, nur schwarz und weiß, nur eine zeitlose, niemals endende Nacht, die ihr keinen Aufschluss darüber gab, wie die Zeit verging.

Sie hatte ein paar Mal darüber nachgedacht, jedes Mal, wenn sie eine Mahlzeit gebracht bekam, eine Kerbe in die Wand zu kratzten, aber sie wusste nicht, womit.

Also blickte sie einfach nur hinaus, zu jener Welt, in der es keine Farben zu geben schien.

Nur schwarz und weiß, Erde und Himmel, Stark und Schwach streng voneinander getrennt.

Schwarz und weiß, schwarz und weiß, wohin sie auch blickte.

Selbst ihr eigenes Kleid war schwarz und weiß, wie die Uniformen der Arrancar, die hier arbeiteten.

Mehr weiß als schwarz, mehr stark als schwach, mehr auf der Erde als im Himmel, aber ohne Farben, ohne Regen.
 

Born in motion

Forward is your only course

Plunge the gaping edge

Fallen into flesh and bone
 

Oft liefen die Arrancar mit den buntesten Haarfarben und seltsamen Markierungen in ihren Gesichtern umher, als wollen sie die Farblosigkeit ihrer Kleidung ausgleichen.

Sie fragte sich, woher das kam, denn dass diese Leute zu ihren Lebzeiten ebenfalls so herum gelaufen waren, konnte sie nur schwer glauben.

Vielleicht bekam ein Hollow seine ursprüngliche Form nach zerbrechen der Maske nur so weit zurück, wie er sich auch daran erinnerte, und wenn eine Person ihre Haarfarbe nicht mehr wusste, konnte es sein, dass sie ihre Zeit als Arrancar mit pinkfarbenem Haar fristen musste.

Stimmt ja, all diese Arrancar waren einmal normale Hollows und diese einmal normale Menschen gewesen. Nur zu gut erinnerte sich das Mädchen mit den göttlichen Kräften an den Vorfall mit ihrem Bruder.

Wenn man es recht bedachte, dann benutzte Aizen verirrte, wandelnde Seelen als Werkzeuge für seine Pläne, und seine treuen Diener waren in Wahrheit seine bemitleidenswertesten Opfer.

Diese Welt gehörte denen, die sich entweder nie darum bemüht hatten, von anderen verstanden zu werden, oder aber nie jemanden hatten, der ihnen Verständnis entgegen brachte… vielleicht hatten manche von ihnen niemals erfahren, was Verständnis überhaupt ist.

So, wie die Herzen der hier lebenden Personen nie wirklich die von anderen berührt hatten, so berührte auch der Himmel dieses Ortes niemals wirklich die Erde.

Es gab keinen Regen in Hueco Mundo, es gab keine Farben zwischen schwarz und weiß, nicht einmal grau existierten hier, nur dunkle Monster mit weißen Masken.

Und selbst, wenn unter denen mal etwas Buntes hervorkommen sollte, so würden sie das schwarz und das weiß nie ganz abschütteln können.

“Wenn ich der Regen wäre, könnte ich dann die Herzen der Menschen miteinander verbinden, wie der Regen Himmel und Erde zusammen bindet, die sich in allen Ewigkeiten nicht treffen werden?”

Während sie die Leere in diesem Raum mit ihren eigenen Gedanken zu füllen versuchte, ertappte sie sich selbst dabei, wie sie diese Worte zum zweiten Mal sprach - dieses Mal ohne den fantasievollen, träumerischen Ton, den es beim ersten Mal an sich gehabt hatte.
 

You could've been

Caught up in

All those empty odds

Alive but not awake

Promises

Am I seeping through?


 

Doch welchen Zweck hatte das noch…? Wenn ihr ‘Aufpasser’ hier wäre, würde er sie sicherlich für ihre Naivität tadeln;

Er, Ulquiorra, dieser junge Mann mit der knochenweißen Haut und den tintenschwarzen Haaren, knochenweiß und tintenschwarz wie die Welt, in der er lebte, wie die Uniform, die er trug.

Er, der nicht an Herzen glaubte, der es für unmöglich hielt, das die Menschen einander verstehen würden, er, dessen ausdrucksloses Gesicht der trostloseste Ort in ganz Hueco Mundo war.

“Das ihr eure Gefühle miteinander teilen könnt, ist eine Illusion, mit der ihr Menschen es euch einfacher machen wollt. Es ist unmöglich, dass zwei Menschen genau dasselbe fühlen.”

Und es war unmöglich.

Es war unmöglich, dass sie Kurosaki-kun je dazu bringen könnte, ihre Gefühle für ihn zu bemerken. Sie würde es wohl auch nicht wollen, das er in ihren Kopf hinein sah, denn dann würde er ihre Eifersucht auf Kuchiki-san, ihre Wut, ihr Wissen über ihre eigene, jämmerliche Nutzlosigkeit und viele andere hässliche und schmutzige Dinge sehen, derer sie sich schämte.

Es war unmöglich, dass Ulquiorra sie dadurch verstehen würde, dass er ihr den Schädel spaltete und nachsah, was drin war.

Es war unmöglich, dass sie sehen konnte, was hinter seinen chlorophyllgrünen Augen vor sich ging, oder das sie nur mit einer Berührung die Bedeutung dieser Linien erfahren würde, die in seinem Gesicht residierten.

Er sagte, das alles sei ihm irgendwann klar geworden - so, als würde er es selbst bedauern, als hätte er selbst Dinge, die er ihr zeigen wollte, es aber nicht konnte, weil er sie selbst nicht begriff oder nicht die Worte fand, um sie zu benennen.

Vielleicht glaubte er ja deshalb nicht wirklich daran, dass die Leute einander verstehen konnten, weil er besonders untalentiert darin war, anderen zu zeigen, was in ihm vorging.

Doch sie bekam keine wirkliche Zeit dafür, ihm zu erklären, wie es ging, denn schon bald hatte er sich in einen Kampf mit Ichigo verwickelt.

Und zum ersten und letzten Mal gab es Regen in Hueco Mundo, Tränen, schwarz wie Teer, unendliche Verzweiflung des Himmels, die die Erde befleckte…
 

Are you an angel

Whose ship ran aground?

Can't get a grip

On this planet you've found

Never to look down

Trade in my halo

For feet on the ground

Lächeln

Orihime war es stets gewohnt gewesen, andere um sich zu haben: Zuerst war es ihr Bruder gewesen, dann Tatsuki und ihre anderen Freunde, und schließlich auch Kurosaki und ihre anderen Freunde.

Jeden Tag lief sie zusammen mit ihren Freundinnen in eine Schule, in der es vor bekannten Gesichtern nur so wimmelte.

Jetzt natürlich nicht mehr.

Jetzt, wo sie Welten von der Schule, ihren Freunden und überhaupt von allen anderen lebenden Kreaturen des Universums trennten, war das einzige besagte Gesicht, das sie hin und wieder zu sehen bekam, das von Ulquiorra Schiffer.

Der Espada Nr.4 brachte ihr dreimal täglich eine Mahlzeit, brachte sie noch in den Morgenstunden - zumindest glaubte sie, das es die Morgenstunden waren - an einen Ort, wo sie sich Baden konnte, erstattete ihr Bericht über alles, was mit ihren Freunden geschah, und mittlerweile hatte sie auch erfahren, das er Nachts in ihr Zimmer kam, um sicher zu gehen, das sie auch schlief.

Er war es auch, der sie holen kam, wenn Aizen nach ihr verlangte, doch das geschah nicht oft.

Wie bereits gesagt: Das einzige bekannte Gesicht, das sie an diesem Ort zu sehen bekam, war Ulquiorras.

Etwa bis zu den unteren Wangenknochen reichendes, tintenschwarzes Haar, von denen einige Strähnen in sein Gesicht hingen, auf der rechten Seite eingerahmt von einer Art halben Helm mit einer hornähnlichen Verzierung - der Rest seiner einstigen Hollowmaske; Elfenbeinfarbene Haut, eher zierliche Gesichtszüge, schwarze Lippen, große Augen mit schlitzförmigen Pupillen, grün wie Chlorophyll.

Eine der intensivsten Farben die sie je gesehen hatte, obwohl es nicht an das Haar von Ichigo Kurosaki herankam - ein aufgedrehter Karottenkopf, dessen Haarpracht eigentlich schon als ‘orange’ bezeichnet werden musste.

Aber da war noch mehr: Die dünnen, schmalen Linien, die das weiß seines Gesichtes gnadenlos durchbrachen.

Bei genauerer Betrachtung war sie zu dem Ergebnis gekommen, das sie nicht schwarz, sondern dunkelgrün waren.

Irgendwann einmal war sie darauf gekommen, dass sie wie Tränen aussahen.

Doch diese Streifen waren nicht die einzigen Geheimnisse, die sein Gesicht barg - eigentlich verbarg es sogar ziemlich alles und gab nichts preis.

Schon bei ihrer ersten Begegnung wirkte er kalt auf sie, aber sie hatte weiß Gott besseres zu tun gehabt, als über seinen Gesichtsausdruck nachzugrübeln.

Er blickte finster drein, na und? Das gehörte sich für Fieslinge.

Für ihn war sie damals irrelevant gewesen, und für sie war er eine Bedrohung führ ihre Freunde, nichts als ein ‘aufgemotzter’ Hollow.

Er hatte alles und jeden - auch sie selbst - als ‘Abfall’ bezeichnet, und hatte auch für seinen eigenen Kollegen nicht viel übrig. Wahrscheinlich war er arrogant, diese Eigenschaft schien unter Arrancar ja hoch geschätzt zu sein…

Doch als er sie entführt hatte, und ihr mit diesen kalten, unerbitterlichen Worten ohne die geringste Regung direkt und ohne Umschweife klar gemacht hatte, das all ihre schlimmsten Befürchtungen eingetreten waren, hatte sie das Gefühl, mit einer Maschine zu reden.

Das war keine Arroganz - das war berechnende Logik und Planung, in die er -zurecht - vertraute. Was für einen hübschen analytischen Verstand er hatte, rational und unpersönlich, man könnte meinen, er denke komplett in Zahlen.

Das war auch kein finsterer Blick - das war das völlige Fehlen jeder Emotion.

Er zeigte kein Verständnis, keine Gnade, nicht mal Schadenfreude.

Da war überhaupt keine Gefühlsregung in seinem Gesicht - alles was er tat, er tat es so …mechanisch. Eisig kalt.

Er war ein Ding. Ein verdammtes Ding.

Während ihrer Zeit in las Noches spielte sie meistens lieb mit - teils aus Angst, teils, weil sie nicht glaubte, viel tun zu können.

Sie hatte hier so viel schreckliches sehen müssen - erneut schoss es ihr durch den Kopf, wie Grimmjow dieses kleine Mädchen (?) unbarmherzig zerrissen hatte - ihr Nervenkostüm erlaubte ihr einfach keinen Widerstand.

Der einzige, den sie hin und wieder ihre Ablehnung spüren ließ, war Ulquiorra.

Doch er führte nur weiterhin seine Befehle aus, er funktionierte, wie er sollte.

Sie dachte nie darüber nach, ob er sich vielleicht nur verstellte, und er in Wahrheit gar nicht so kalt war - wenn die Oberfläche alles war, was vorhanden war, war das nicht die exakte Definition von ‘Hollow’?

Und dann, eines Tages, stand statt Ulquiorra eine dunkelhäutige, blonde Frau in einem recht freizügigen Aufzug vor der Tür, stellte sich als ‘Halibel’ vor, und sagte, das sie Ulquiorra Vertreten solle - er selbst war auf Mission.

Nach dem sie die ehre mit Grimmjow, Szayel-Aporro und diesem schlaksigen Mann mit dem löffelähnlichen Kragen gehabt hatte, war sie eigentlich nicht so scharf darauf, die Bekanntschaft weiterer Arrancar zu machen, doch diese Blondine schien ganz in Ordnung zu sein.

Sie stand mit gekreuzten Armen neben der Tür, und sah zu, wie Orihime ihre Mahlzeit einnahm.

Und ehe das rothaarige Mädchen es recht realisierte, hatte sie die Blonde gefragt, wo Ulquiorra denn sei.

Die Antwort hatte schlicht ‘Informationsbeschaffung’ gelautet.

Bald darauf war Orihime fertig gewesen, und Halibel hatte den Raum verlassen.

Offenbar war sie vor der Tür bereits von drei jungen Arrancarmädchen erwartet worden.

Mittags bekam sie es mit einem unrasierten Arrancar-Mann zu tun, der ein knapp bekleidetes, kleines Mädchen dabei hatte und sie anwies, sich zu beeilen, da er zurück in sein Bett wolle.

Vorgestellt hatte er sich nicht, sie glaubte jedoch, das seine Gehilfin ihn ‘Stark’ genannt hatte.

Diese Drei hatten an sich einen ganz netten Eindruck gemacht - nicht so sehr von Geltungsdrang und Arroganz besessen wie etliche ihrer Mit-Arrancar.

Alle außer ihnen hätten ihre Befehle sicherlich schon nach fünf Minuten vergessen und die ungeheuerlichsten Dinge mit ihr angestellt.

- Alle außer ihnen und Ulquiorra.

Langsam begann sie sich zu fragen, was das denn für eine Mission war, auf die er geschickt worden war - ob das wohl gefährlich war?

- Natürlich war es gefährlich, sonst würde Aizen keinen Espada hinschicken…

Halt, fing sie an, sich sorgen um Ulquiorra zu machen?

Klar, der Schwarzhaarige würde sie nie auch nur schräg angucken - aber nur, weil er seine Befehle stets Wort für Wort ausführte, mit ihr hatte das wenig zu tun… oder?

Wenn Aizen es ihm befehlen würde, würde er sie doch ohne weiteres umbringen.

Wenn Aizen es ihm befehlen würde, würde er sich selbst ohne weiteres umbringen.

Natürlich nicht ohne seinen üblichen Gesichtsausdruck.

Er würde sicher weiter so dreinschauen, wenn die Welt sich vor seinen Augen in Luft auf lösen würde.

Er würde weiter so drein schauen, wenn er selbst sich in Luft auflösen würde…
 

Und dann, am Abend, tauchte der 4. Espada persönlich bei ihr auf.

Sein rechtes Auge nicht.

Es war wohl leicht zu erahnen, das Orihime zunächst einen spitzen Schreckenslaut ausstieß, als sie ihn zu sehen bekam.

Er hob nur kurz eine Augenbraue, und betrat dann mit seinem übrigen, desinteressierten Ausdruck den Raum, dich gefolgt von einem niederrangigen Arrancar, der die Mahlzeit für die Gefangene reinkutschierte und darauf wieder verschwand.

Ungeachtet der dunkelroten Rinnsale, die sich langsam über sein Gesicht ausbreiteten, ließ er sein übliches “Iss, Frau” vernehmen.

Und auch, wenn ihr nach seinem Anblick der ohnehin kaum noch vorhandene Appetit vergangen war, wagte sie es nicht, ihm zu widersprechen.

Ob sie sich vor ihm fürchtete, oder seinen Tag heute einfach nicht noch mehr vermiesen wollte, hätte sie nicht benennen können.

Rasch verschlang sie den unidentifizierbaren Matsch, den man ihr vorgesetzt hatte, und versuchte krampfhaft, ihn nicht anzusehen.

Ob das bei seiner Mission passiert war…?

Und warum in aller Welt schickte ihn Aizen so zu ihr, ohne ihm wenigsten einen Verband oder so etwas zu verpassen…?

In der Tat hatte die… Verletzung ziemlich frisch gewirkt, vielleicht war Aizen auch einfach nur mit seinem Handlanger unzufrieden gewesen - zutrauen würde sie’s ihm.

Und während sie so nachdachte, hatte sie ihren Teller geleert, bevor sie es wirklich realisiert hatte.

“Ich komme in zwei Stunden.” kündigte er monoton an, wie er es jeden Tag tat. “…du solltest bis dahin schlafen.”

Er wollte sich wahrscheinlich umdrehen und für den Abtransport ihres Geschirrs sorgen, doch als sie ihm ein “Halt!” hinterher rief, blieb er stehen und fixierte sie mit seinem verbliebenen Auge.

“Was… was ist passiert…?” fragte sie ihn zögerlich.

Er blickte sie direkt an, mit diesem Gesichtsausdruck, der sich nicht mal ändern würde, wenn die Apokalypse innerhalb der nächsten fünf Sekunden hereinbrechen würde.

Der Raum zwischen ihnen beiden war erfüllt mit Stille.
 

“Oh. Das meinst du.” kam es völlig überraschend von ihrem Wächter.

Sie hätte nicht geglaubt, das er jemand sei, der solche Worte verwenden würde.

Sein Tonfall war nicht anders als sonst, aber sie hätte schwören können, eine Spur von Verwunderung in seinem noch intakten Seelenfenster erkannt zu haben.

“Ich habe Aizen-sama Bericht erstattet.”

Er blieb so stehen, wie er war, und machte keine Anstallten, den Raum zu verlassen, so als erwarte er irgendeine Reaktion von ihr.

Sie kapierte nicht ganz, was das Berichterstatten mit dem Loch in seinem Gesicht zutun hatte, aber obwohl sie es ihr noch nicht ganz bewusst war, hatte irgend ein Teil von ihr realisiert, das er gerade dabei war, ein persönliches Gespräch mit ihr zu führen.
 

Und eben dieser Teil von ihr verzehrte sich nach irgendwelche Gesprächen, nach irgendetwas, das die Leere von las Noches kurzerhand verschwinden lassen würde.

In dieser Sekunde beschloss ihr Unterbewusstsein, das klar sichtbare Loch in seiner Brust für kurze Zeit zu verdrängen, während ihr Verstand sich darüber Gedanken machte, was sie ihm jetzt entgegnen sollte - vielleicht sollte sie mit seiner Mission anfangen.

“….Du… du warst… Informationen beschaffen, nicht?”

“Das ist korrekt.”

“Musst du… so was öfter machen? Ich… ich meine, du… du warst ja auch damals in… in unserer Welt…”

“Ich verfüge über gewisse Fähigkeiten, die das leichter machen. Solche Missionen sind gefährlich und erfordern aufgrund ihrer strategischen Wichtigkeit, dass man sie zuverlässig und genau den Befehlen entsprechend ausführt - dazu ist auch ein gewisses Maß an Stärke von Nöten. Stark, Halibel und Barragan braucht er als seine persönliche Sturmtruppe, also-”

“…Also lässt er dich die Drecksarbeit machen, weil du entbehrlich bist?”

“Korrekt.”

Sie hätte erwartet, das er jetzt die Intentionen seines ’Chefs’ verteidigen würde, aber statt dessen schien er gar keine Probleme damit zu haben, nichts als Aizens Schachfigur zu sein…

Jetzt, wo er sich richtig mit ihr unterhielt, schien er ihr noch ein gutes Stück unheimlicher geworden zu sein… weil sie nicht einschätzen konnte, in wie weit er sich wie ein gewöhnlicher Gesprächspartner, und wie weit er sich wie das ‘Ding’ verhalten würde, als das er irgendwo in ihrem Kopf immer noch verankert war.

Er schien sie gleichzeitig zu interessieren und abzustoßen, und weil sie ihn nicht einschätzen konnte, fürchtete sie ihn - und das war letzten Endes die genaue Definition von ‘Unheimlich’.

Doch nach all der Einsamkeit konnte sie sich nicht mehr dazu durchringen, den Mund zu halten bis er den Raum verlassen haben würde.

“…Und das… ist für dich Okay…?”

“Wir Arrancar sind alle entbehrlich. Aizen-sama zu dienen ist meine einzige Daseinsberechtigung. “

“Und was- was machst du, wenn Aizen irgendwann mal keine Verwendung mehr für dich hat?”

“Dann werde ich mich meinem Schicksal widerstandslos ausliefern. Was keinen Zweck mehr erfüllt, ist Abfall, und Abfall wirft man weg.”

Irgendwie konnte sie den Stoß von Traurigkeit, den diese Worte in ihr auslösten, nicht ignorieren.

Sie wollte nicht, das er so traurige Sachen sagte. Sie wollte es einfach nicht.

Sie wollte es nicht und war in diesem Moment bereit, einiges dafür zu tun.

“Uhm… das… das wird sicher nicht passieren ich… ich glaube, das du sehr nützlich für Aizen bist! Ich meine du… du hast mich entführt, und du bewachst mich, und du machst ja die Informationsbeschaffung… ei… eigentlich bist du der einzige hier, der irgendwelche Arbeit erledigt bekommt, du… du bist sicher sehr nützlich!”

“…Was bezweckst du mit diesen Worten…?” erkundigte er sich in seinem üblichen Tonfall.

“Ich… ich wollte nur… nur… Ähm… Wenn ich Aizen wäre, würde ich dich nicht die Drecksarbeit machen lassen! Ich denke, Grimmjow-san würde das eh viel.. Äh… lieber machen…”

“Dir fehlt auch Aizen-samas Weitblick. Man kann strategisch wichtige Aufgaben nicht irgendwelchem Abfall überlassen, der seine Befehle des Öfteren zu Gunsten des eigenen Geltungsdrang vergisst, wie es gerade die Nummer 6 gerne zu tun pflegt…”

“Du… verstehst dich nicht gut… mit Grimmjow?”

“Ich denke nicht, das ‘sich nicht gut verstehen’ der richtige Ausdruck ist, aber von seiner Seite aus könnte man es wohl so beschreiben. Ähnliches trifft vermutlich auch auf die Nummer fünf zu. Seine Äußerungen mir gegenüber sind bisweilen… etwas abstoßend.”

“Oh… und… und die anderen?”

“Ich habe nicht viel mit ihnen zu tun. Vielleicht denken sie, das ich sie nicht mag.”

Das klang nicht wesentlich gefühlvoller, als alles, was er bis jetzt gesagt hatte, aber doch irgendwie… unbeholfen.

“Wie… kommst du den darauf?”

“Gin-sama hat einmal etwas in dieser Richtung erwähnt. Wenn ich ihn recht verstanden habe, hat es damit zu tun, das ich nicht viel mit ihm spreche.”

“Stimmt das denn…?” hakte sie direkt nach.

“Er ist einer meiner Vorgesetzten. Ich habe eigentlich keine bestimmte Meinung zu ihm. Ich spreche nicht so oft mit ihm weil… weil ich selten einen Grund dazu habe… Niemand hat es mir befohlen.”

Orihime wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.

“Ähm… das… das da… “

Sie deutete erst nach einigem Zögern auf sein nichtexistentes Auge.

“Tut das nicht weh…?”

“Wenn man sich daran gewöhnt hat, nicht mehr.”

“Solltest du nicht vielleicht… einen Verband drauf machen oder so etwas?”

“Das wäre eine Verschwendung von Ressourcen… es wird sich auch so in ein paar Stunden wieder regeneriert haben…”

“Ach… wirklich?”

“Ja. Wie dem auch sei, muss jetzt gehen, ich habe noch etwas zu erledigen. ”

“Uhm… bis dann. Es… es war wirklich gut das du… mit mir über das alles geredet hast…”

Sie glaubte bemerkt zu haben, wie seine Augen sich ein wenig weiteten.

Offenbar war ihm bis jetzt nicht wirklich klar gewesen, das sie ihn in ein Gespräch verwickelt hatte.

Ob er sich wohl fragte, warum er ihr das alles erzählt hatte?

Der Espada Nr.4 verließ den Raum und ließ sie mit ihren Gedanken allein.

Sie starrte auf die Tür.

Sie war kalkweiß, genau wie seine Uniform.

Und zum ersten Mal fragte sie sich, ob er das mochte.

Konnte er etwas mögen…?
 

Sie hätte sich selbst für diesen Gedanken ohrfeigen können.

Natürlich konnte er das- genau wie die anderen Arrancar auch.

Sie musste noch einmal an alles denken, was er ihr eben erzählt hatte - viele Dinge, die in ihrer Ohren furchtbar traurig klangen, obwohl er es in seinem üblichen, Tonfall gesagt hatte, mit seinem üblichen, kalten Gesichtsausdruck.

Wobei sie sich nicht mehr sicher war, ob ‘kalt’ überhaupt das richtige Wort war.

Vielleicht mehr… ‘unterkühlt’. Distanziert. Unbeteiligt. Apathisch, nicht würde es ihn nicht interessieren, was um ihn herum geschah, sondern mehr, als würde es ihn nicht richtig erreichen.

Als sei alles weit weg von ihm.

Doch obwohl sie selbst es noch vor kurzem für unmöglich erklärt hatte, glaubte sie, hin und wieder etwas dahinter hervorschimmern zu sehen.

Halt, woher dieser Wandel…?

Begann sie jetzt, in ihrer Einsamkeit Dinge in ihn und seinen unergründlichen Gesichtsaudruck hineinzuinterpretieren…?

Sie wollte es genau wissen.

Sie wollte wissen, ob da irgendwas war, ob sie ihm vielleicht die ganze Zeit unrecht getan hatte - oder, ob sie mittlerweile dabei war, durchzudrehen.

Also begann sie, das einzige vertraue Gesicht, das sie in diesen Mauern zu sehen bekam, genaustens zu beobachten.
 

Es blieb nicht immer gleich, das war weit weg von der Wahrheit…

Wenn er sie aus dem Augenwinkel heraus ansah, war er vermutlich sauer… er tat das immer, wenn er mal zu längeren Reden über ihre Unlogik ansetzte.

Ein Blick tendierte zu diesen Momenten auch etwas finsterer zu werden.

Oder war es letzten Endes etwas ganz anderes, wohlmöglich… Unverständnis? Oder Verwirrung…?

Wenn er seine Augen etwas weiter aufriss als sonst, so das sie fast… normal aussahen, war er vermutlich entsetzt oder erstaunt… nein, für so etwas war er zu distanziert. Vermutlich tat er dies, wenn irgendetwas anders verlief, als er es erwartet hatte. Da gehörte auch eine bestimmte Haltung dazu, etwas ‘hängender’ als sein übliche, aber nicht viel anders.

Er war ziemlich dürr, und auch nicht wirklich groß, wie ihr jetzt auffiel.

Wenn sie raten müsste, würde sie ihn auf ihr Alter schätzen… wobei sein äußeres wohl mehr über den Zeitpunkt seines Tods aussagte als über sein tatsächliches Alter… er könnte schon seid Jahrhunderten ein Hollow sein.

Ein besonders …kühl wirkender Blick bedeutete, das er sich auf seine ‘Arbeit’ konzentrierte oder nachdachte.

Sie konnte sich nicht mehr genau erinnern, wie er dreingeblickt hatte, als er damals zusammen mit Yammy auf der erde gewesen war, aber sie dachte, das da irgendwo sein ’genervter’ Ausdruck zu sehen gewesen war.

Etwas, das sie nicht ganz deuten konnte, war dieser Ausdruck, den er gehabt hatte, als er sie entführt hatte.

Als er diesen einen Satz gesagt hatte, der immer wieder in ihrem Kopf widerhallte.

“Komm mit mir mit, Frau.”

Das hatte besonders… abwesend? Mechanisch? Gewirkt.

Vielleicht eine Variante seines ‘konzentrierten’ Ausdrucks.

Und dann waren da och andere, kleine Sachen.

Wie er seine Hände immer in die Hosentaschen stopfte.

Wie er andere - wie sie zum Beispiel - ohne es recht zu merken vor den Kopf stieß…

Wäre er etwas fröhlicher gewesen, hätte er einen passablen Freak abgegeben.

Vielleicht nicht viel anders als sie selbst.

Andere Details.

Sein… sein Outfit.

Von der gesamten Espada war er derjenige, der das ‘Standartoutfit’ ohne größere Modifikationen trug.

Vielleicht waren diese… Dinger da an seiner Jacke etwas länger.

Überhaupt, seine Jacke…

Er hatte seinen Kragen manchmal auf- und manchmal zu geknöpft.

Sie wusste nicht, was sie am wenigsten mochte.

Er schien ihn im Kampf öfter aufgeknöpft zu haben als nicht, wogegen er das Ding in ihrer Nähe immer häufiger komplett zuzumachen zu pflegte.

Ob das wohl einen bestimmten Grund hatte?

Sie hatte zuerst gedacht, das er so etwas wie eine Persönlichkeit einfach nicht besaß, das er nichts Eigenes an sich hatte und nur für Aizens Interessen lebte

Aber bei genauerem hinsehen musste sie zugeben, noch nie eine Person mit mehr Eigenheiten erlebt hatte - und seine ‘kalte’ Art gehörte dazu.

Doch auch, wenn er doch einige Regungen zeigte… all das konnte man ihm aber größtenteils nur an den Augen ansehen, der Rest seines Gesichtes änderte sich kaum.

Sie wurde einfach nicht schlau daraus…

Sein üblicher Gesichtsausdruck.

Immer so… abwesend.

Nein, nein, das war es auch nicht.

Die Stellung seiner dunklen Augenbrauen, die sich sehr von seiner Haut abhoben, die art, wie seine Mundwinkel stets leicht zu ‘hängen’ schienen…

Er sah sogar ein wenig… betrübt aus.

Melancholisch.

Bitterlich unglücklich.

Es passte gar nicht zu seinem üblichen Tonfall…

Warum zum Teufel fiel ihr das erst jetzt auf?

Sie hatte noch nie jemanden gesehen, der unglücklicher in die Welt hinaus blickte.

Noch nie.

Und die Striche auf seinen Wangen machten es nicht besser.

Wenn man alle Verzweiflung des Universums in ihrer reinsten Form zusammenpressen würde, würde sie wohl nicht viel anders aussehen…

Während Orihime so auf ihrem Sofa saß, die Füße baumeln ließ und nachdenklich die Decke betrachtete, merkte sie nicht, das es mittlerweile schon Schlafenszeit war - das es Nacht geworden war, konnte man nicht wirklich sagen, denn hier war es immer Nacht.
 

Erst, als sich die Tür quietschend öffnete und sie dahinter mal wieder einen gewissen Arrancar erspähte, wurde ihr schlagartig klar, wie lange sie schon über ihn und seinen verdammten Gesichtsausdruck nachgegrübelt hatte - egal, was er zu bedeuten hatte, sie würde ihn viel lieber mit einem irgendeinem anderen Ausdruck sehen.

Doch leider wurde ihr dieser Wunsch nicht erfüllt.

Als sie zu ihm hin schaute, blickte er so drein wie sonst auch.
 

“Du solltest längst schlafen, Frau.” meinte er.

“Leg dich hin.”

“J-ja!” entgegnete sie rasch und begann, ihre Stiefel abzustreifen, um sich danach hinzulegen.

Er beobachtete sie dabei genau - offenbar hatte er nicht vor, den Raum zu verlassen, bevor sie im Bett lag.

“Sag mal… Ulquiorra…” fragte sie, während sie einen der Stiefel abstellte und sich am nächsten zu schaffen machte. “Wieso bist du immer so-”

“Ich habe jetzt im Moment keine Zeit dafür, deine Fragen zu beantworten.”

“Es- es ist nur eine!”

“Und die lautet…?”

Da ihre Schuhe nun ordentlich aufgereiht waren, konnte sie sich von diesen abwenden und zu ihm aufschauen - vorzugsweise direkt in seine unergründlichen, chlorophyllgrünen Augen.

Eigentlich wollte sie ihn fragen, warum er immer so unglücklich war… aber konnte sie sich da überhaupt sicher sein?

Statt dessen fragte sie zaghaft: “…Machst… machst du diese Aufgabe eigentlich gerne…? Ich meine… auf mich aufpassen. Nervt dich das nicht?”

“Aizen-sama hat mir befohlen, für dich Sorge zu tragen. Ob es mich ‘nervt’ ist vollkommen irrelevant.”

“Ja, aber… ich meine, wenn Aizen es dir nicht befohlen hätte… würdest du es dann tun?”

“Wieso sollte ich jemanden hier festhalten, der nicht gebraucht wird? Das wäre völlig sinnlos.”

“Ja schon… was ich wissen wollte ist… ob du es gern machst…”

“Ich sagte bereits, das ist irr-”

“Für mich nicht!”

Das schien irgendetwas in ihm ausgelöst zu haben, auch wenn man seinem Ausdruck nicht entnehmen konnte, was.

Sie glaubte fast, seine Blicke spüren zu können, als er sie von unten bis oben musterte.

Wie sie wohl für ihn aussehen musste?

Als er wieder bei ihren Augen angekommen war, ergriff er das Wort.

“Du entziehst dich jeglicher Logik. Wieso ist das für dich wichtig…?”

“Ich… ich will es einfach wissen. Einfach so. Aus Neugier.”

“Ich persönlich finde diese Aufgabe sehr…” er hielt kurz inne, als würde er nachdenken oder ein passendes Wort suchen.

Orihime schluckte. War sie bereit dafür, dass jetzt die Wörter ‘Nervig’, ‘sinnlos’ oder ‘Abfall’ fallen könnten…?

“…interessant. Ich denke ‘interessant‘ oder ‘faszinierend‘ wären die richtigen Ausdrücke.”

Orihime hätte beim besten Willen nicht sagen können, wieso sie jetzt spürte, wie ihr Gesicht warm wurde und sich rötete, aber es war so, und er schien es zu bemerken.

“Frau…? Was-”

“Du machst es also gerne, nicht…? Wenn du… wenn du etwas gerne machst, dann… dann solltest du aber nicht so traurig gucken… Und auch nicht so traurige Sachen sagen… Sag nicht, das du entbehrlich bist...”

“Traurig…?” Er schien nicht zu wissen, was sie meinte.

Er hob die Hände aus den Hosentaschen, hielt sie an aber einfach so in der Luft, als wisse er nicht, was er damit eigentlich tun wollte.

“Wenn du etwas machst, was dich freut, dann solltest du doch lächeln!”
 

Ein paar Sekunden lang blickte er sie mit großen Augen an.

Und dann, dann legte er seinen Kopf etwas schief und tat etwas, von dem sie nie gedacht hätte, das er es überhaupt konnte: Er formte seine Lippen zu einem dünnen Lächeln.

Etwas gekünstelt und verspannt wirkte es schon, aber der zarteste aller Rosaschimmer, der auf seinen kalkweißen Wangen trotzdem auffiel wie eine Oase in der Sahara, bewies, dass es ehrlich gemeint war - er schien nur nicht mehr ganz zu wissen, wie es geht.

“Du… scheinst dich ebenfalls zu freuen…” merkte er darauf an.

Und tatsächlich. Erst jetzt realisierte Orihime, das sie sein Lächeln erwidert hatte.

Seine Züge kehrten wieder in ihren Normalzustand zurück, es blieb höchstens eine Spur von Nachdenklichkeit zurück.

“Das hast du nicht mehr getan, seid du in Hueco Mundo bist… das ist ein ziemlicher Zufall…”

“Hm…?”

“Bei mir ist es das gleiche.”

Nur das er vermutlich schon seid Ewigkeiten hier war…

“Schlaf jetzt. Aizen-sama kann keine unausgeschlafenen Untergebenen brauchen.”

Und dann drehte er sich um und ging.
 

Das Mädchen ließ sich widerstandslos aufs Bett sinken.

Irgendwie war es nicht mehr so schlimm, das einzige lebende Wesen in dieser Welt zu sein…



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von:  bootred
2009-07-18T22:13:50+00:00 19.07.2009 00:13
ohhh... Mir hat bi s jetzt "Lächeln" am besten gefallen. ^^
Das war irgendwie... süß, wenn ich mir vorstelle vir Ulquiorra lächelt...
Und ich bitte um ENS ^^
LG freak

PS schreib bitte schnell das nächste Kapitel!
Von:  bootred
2009-07-18T22:13:49+00:00 19.07.2009 00:13
ohhh... Mir hat bi s jetzt "Lächeln" am besten gefallen. ^^
Das war irgendwie... süß, wenn ich mir vorstelle vir Ulquiorra lächelt...
Und ich bitte um ENS ^^
LG freak

PS schreib bitte schnell das nächste Kapitel!
Von:  BoyWonder
2009-05-18T10:22:20+00:00 18.05.2009 12:22
Wirklich wieder sehr schön geschrieben! Mir gefällt es, wie nüchtern und doch irgendwo emotional du Ulquiorras Sicht schilderst. Du schaffst es, nur einen Hauch von Empfindung durchscheinen zu lassen, der dafür umso mehr berührt.
Ich hatte tatsählich eine Gänsehaut, als ich die letzten Sätze las.
Mir sind nur ein paar Dinge aufgefallen, die nicht so in dein wohlgewähltes Sprachbild passen wollen, z.B. :
"Er blieb noch volle fünf Minuten vor der Tür stehen, und hörte zu, wie sie sich die Augen ausheulte, nicht wissend, wie und ob er es irgendwie aufhalten konnte oder sollte. "
Wenn du das "Augen ausheulen" aus Ulquiorras Sicht abwertend meinst, dann ist es okay, aber wenn du anstelle von "ausheulen" vielleicht etwas wie "weinen" schreiben würdest, würde es schöner klingen.
Ansonsten wieder sehr toll gemacht!

Von:  BoyWonder
2009-05-16T18:03:17+00:00 16.05.2009 20:03
Ich bin wirklich beeindruckt! Mir gefallen deine Metaphern und Vergleiche. Deine Art und Weise als Autor zu denken und zu schreiben ist wirklich eindrucksvoll.
Wieder einmal wirklich hervorragend die Charaktere getroffen!
Von:  BoyWonder
2009-05-16T17:48:30+00:00 16.05.2009 19:48
Wow, wirklich sehr schön! Mir gefällt dein Stil zu Schreiben und beeindruckend finde ich, dass du Ulquiorra und Orihime so gut getroffen hast, immerhin geraten bei solcherlei FFs oft die Charaktere ins OOc.
Daumen hoch =^____^=
Von: abgemeldet
2009-05-14T21:13:57+00:00 14.05.2009 23:13
die augen sind der spiegel zur Seele sagt man doch so schön oder ^^
bloß bei ihm kann man eigentlich keine Seele erkennne
ivch fand das kapitel mal wieder sehr sehr schön
es hat mich richtig faszieniert ^^
ich freu mich schon aufs nächste ^^

LG Hitsu
Von: abgemeldet
2009-05-11T10:16:37+00:00 11.05.2009 12:16
uhi
das war mal wieder sehr schön geschrieben
und das mit den sprüchen zwischen durch war gut
orihime kann einem echt leid tun
den letzten satz fand ich immer noch am besten
^^
Von: abgemeldet
2009-05-09T09:59:18+00:00 09.05.2009 11:59
echt das wird immer besser
die drei berührungen
und wie er so eminte also ist die vier doch eine unglückszalh
echt genial

LG Hitsu
Von: abgemeldet
2009-05-09T09:54:07+00:00 09.05.2009 11:54
KAWAI
ich finde es gut das Orihime sich aufgelehnt
oder wie man es auch nennen mag hat
der vergleich mit phantom der oper war gut
echt super
mL GLEICH WIETER lesen
Von: abgemeldet
2009-05-09T09:34:38+00:00 09.05.2009 11:34
JUHU nummer 1
also ich finde deinen schreibstil sehr schön
lässt sich gut lesen
und ja Ulquiorra und Hime passen echt gut zusammen
ich lese gleich mal das nächste kapitel ^^

Lg Hitsu


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